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Der neue Erzählband der erfolgreichen Autors, Uli Zeller, enthält das Beste aus sieben Jahren Vorlesegeschichten für Senioren und Menschen mit Demenz. Mit viel Herz schreibt Uli Zeller schon seit vielen Jahren kurze Geschichten, Reime und Rätsel für Menschen mit Demenz. In seiner Arbeit nutzt er die eigenen Texten und hat jetzt das Beste aus sieben Jahren Vorlesegeschichten zusammengestellt und leicht überarbeitet. Die Geschichten sind praxiserprobt und eignen sich wunderbar zum Vor- oder Selbstlesen. Wer mit Menschen mit Demenz arbeitet weiß, dass lange Texte oft nicht bis zum Ende gelesen werden können. Die Geschichten in diesem Buch sind kurz, kurzweilig und erinnern an vergangene Zeiten. So zaubern sie Lesern und Zuhörern ein Lächeln ins Gesicht. Sie greifen auf bekannte Redensarten zurück oder laden zum Raten und Mitmachen ein. Das macht Spaß, trainiert das Gedächtnis und schenkt Erfolgserlebnisse. Mit dabei sind Geschichten zum Tagesverlauf, Geschichten zu den Jahreszeiten, Geschichten (nicht nur) für Männer und vieles mehr.
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Seitenzahl: 131
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Uli Zeller
Die besten Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz
Bibeltexte zitiert aus der Lutherbibel, revidierter Text 1984,
durchgesehene Ausgabe, © Deutsche Bibelgesellschaft
In diesem Band hat Uli Zeller das Beste aus sieben Jahren
Vorlesegeschichten zusammengestellt und leicht
überarbeitet. Die Geschichten sind aus folgenden Büchern:
Frau Schmitt fährt mit
Frau Janzen geht tanzen
Menschen mit Demenz begleiten
Frau Lehmann und der Schneemann
Frau Krause macht Pause
© 2023 Brunnen Verlag GmbH
www.brunnen-verlag.de
Umschlagmotiv: istockphoto.com
Umschlaggestaltung: Daniela Sprenger
ISBN Buch 978-3-7655-4383-8
ISBN E-Book 9783765576836
Frau B. hat Demenz – was ist das eigentlich?
Zehn Tipps zum Vorlesen
Kleine und große Abenteuer
Frau Braun steigt übern Zaun
Frau Bach steigt aufs Dach
Applaus für Doktor Klaus
Die Feuerwehr hat’s manchmal schwer
Wo bleibt der Pfarrer?
Die Geburtstagsüberraschung
Erna Maus will hoch hinaus
Wenn einer eine Reise tut
Pflaumengrüße per Postkarte
Blaue Flecken an allen Ecken
Willkommen an Deck, Frau Beck
Pension Pauline
Ein Wanderstock erzählt
Mit Küssen zur Küste
Zum Wohl, Frau Pohl
Vom Reisen und ankommen
Frau Schmitt fährt mit (Geburtstagsgeschichte)
Familie Rau steht gerne im Stau
Griechenland – ein Reisetagebuch
Leichtes Gepäck
Die Sandburg
Ein Wanderschuh erzählt
Klaus packt aus
Hund, Ziege, Papagei
Polly, der Papagei
Jerry und Strolchi
Ein Dackel namens Tölpel
Der Spitzbart von Pfarrer Erhard
Wie die Tiere übereinander reden
Ochse und Esel unterhalten sich
Weihnachten mit dem Esel
Viel Grund zum Danken
Ich zähle täglich meine Knöpfe
Der Tag erwacht nach der Nacht
Jeder Tag steckt voller Geschenke
Frau Locke und die Glocke
Ein zufriedenes neues Jahr
Man muss die Feste feiern, wie sie fallen
Besser gut gelaufen als schlecht gefahren
Zur Ruhe kommen
Frau Krause macht Pause
Ich liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein du, Herr, hilfst mir, dass ich sicher wohne.
Gedanken zur Nacht
Gute Nacht, Elfriede
Frau Kuhn darf ausruhn
Gute Nacht, Hilda
Herr Franke und die Schranke
Das reimt sich ja
Frau Hase, fall nicht auf die Nase!
Frau Klaus wird zum Nikolaus
Kerzenschein für Frau Klein
Herr Krug und der Zug
Immer Ärger mit Herrn Berger
Frau Barth hat gespart
Herr Mutz haut auf den Putz
Geschichten zu Sprüchen und Redensarten
Wo ein Willi ist, ist auch ein Weg
Alles neu macht Herr Mai
Alte Bäume soll man nicht verpflanzen
Mit Fritz ist gut Kirschen essen
Peter ist zum Glück Schmied
Redensarten rund um Handwerk und Beruf
Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz
Mir fällt ein Stein vom Herzen
Advent, Weihnachten und Winter
Max und die Krippe
Eine Tasse für den Winter
Eine Christbaumkugel erzählt vom Advent
Der Engel von der Post
Frank und die Lokomotive
Das Krippenspiel
Der Wettstreit der Monate
Besinnliches und Andachten
Wer hört hier schlecht?
Gott sucht keine Socken
Das Schlitzohr
Unter neuer Leitung
Der Nachfolger
Auch bis in euer Alter bin ich derselbe, und ich will euch tragen, bis ihr grau werdet.
Jesus sagt: Ich bin die Tür.
Gott braucht kein Hörgerät
„Wo geht’s denn in mein Zimmer?“, fragt Helene B. im breiten südbadischen Dialekt. Schelmisch blinzeln die klaren blauen Augen der 88-Jährigen über die kupferroten Ränder ihrer ovalen Brillengläser. Zum zehnten oder elften Mal an diesem Mittag die gleiche Frage: „Wo geht’s denn in mein Zimmer?“ Und sie wird heute wohl noch öfter nachhaken.
Es war in einer Nacht. Vor etwa zwei Jahren. Da klingelte das Telefon bei ihrem Sohn. Die Mutter Helene war dran: „Robert. Essen ist fertig. Kommt ihr?“
„Aber Mutter, es ist mitten in der Nacht“, gähnte Robert.
Im Laufe der Zeit wurde Helene B. dann im Alltag unsicherer – immer häufiger stürzte sie. Als die Hilfe von Angehörigen und ambulanter Pflege nicht mehr ausreichte, musste sie ihre Wohnung aufgeben. Sie lebt jetzt in einem Pflegeheim.
„Hilfst du mir?“, fragt sie mit ihrem verschmitzten Lächeln, das zum Mitlachen ansteckt.
Frau B. ist eine von zahlreichen Menschen mit Demenz. Wie kann man sich eine Demenz vorstellen? Im Laufe des Lebens wird ein Mensch reicher an Wissen, Worten, Fähigkeiten, Erinnerungen und inneren Bildern. Schätze stapeln sich wie ein Haufen Geldscheine auf. Von unten nach oben. Fegt die Demenz wie ein Wind über ein Leben hinweg, räumt sie diesen Stapel ab: von oben nach unten. Schein für Schein verschwindet. Zuerst hat Helene B. vergessen, was sie gerade eben gegessen hat. Dabei war es ihr Leibgericht: Fisch vom Bodensee.
Die dynamische, lebenslustige 88-Jährige hat viele solcher Scheine angehäuft, die nun fortgewirbelt werden: abenteuerliche Campingurlaube und rasante Fahrten auf dem Motorroller. Spritzige Wasserskifahrten und beschwingtes Segeln auf dem Bodensee. Ganze Erlebniswelten – fort! Gestohlen, geraubt, abhandengekommen. Einfach nicht mehr abrufbar.
Helene B. hält sich heute noch lachend den Bauch, wenn man sie an Szenen aus Filmen wie „Witwer mit fünf Töchtern“ mit Heinz Erhard erinnert. Schließlich arbeitete sie Ende der 1950er-Jahre als Platzanweiserin in einem Kino. Heute ist sie selbst darauf angewiesen, dass ihr jemand ihren Platz zeigt. Der Motorroller steht nun abseits. Die Fahrten waren zuletzt eher rasant statt amüsant. Früher blühte Frau B. auf, wenn sie an den Bodensee kam. Heute zieht ein Ausflug auf die Mainau fast spurlos an ihr vorbei. Die ehemalige Wasserratte sitzt auf dem Trockenen.
Wer Menschen mit Demenz etwas vorliest, berührt damit Altbekanntes. Geschichten wecken Erinnerungen an früher. Andachten, Rätsel, Gedichte, Redensarten und Gebete wollen an Überbleibsel im Altgedächtnis andocken. Die unteren Scheine des Stapels sollen dadurch noch eine Weile erhalten bleiben. So sollen sich Menschen mit Demenz nicht nur an frühere Erfahrungen erinnern. Vielmehr sollen sie auch jetzt – trotz Demenz – alte Erfahrungen erneuern können. Helene B. sitzt nun in ihrem Rollstuhl und fragt mit ihrem unbeholfenen und zugleich charmanten Lachen: „Hilfst du mir?“ Vielleicht findet sich ja jemand, der Helene etwas vorliest, mit ihr rätselt oder betet.
Uli Zeller
Hier einige Tipps, die sich bewährt haben. Mir hilft es, diese in den Alltag zu integrieren.
1
Ruhige Umgebung:
Schalten Sie Radio und Fernseher aus. Dröhnt draußen der Verkehrslärm, so schließen Sie die Fenster.
2
Deutlich vorlesen:
Betonen Sie die einzelnen Worte. Und sprechen Sie eher etwas zu tief als zu hoch.
3
Pausen machen:
Legen Sie eine Pause ein, wo ein Punkt steht. So klingen Ihre Worte nach. Und Sie können beobachten, wie es Ihrem Gegenüber geht. Ist er eher müde und gelangweilt? Oder aufmerksam und wach?
4
Wiederholen:
Legen Sie so viele Wiederholungen ein, wie nötig sind. Und gleichzeitig so wenig wie möglich. So erleichtern Sie das Zuhören, ohne den roten Faden der Geschichte zu verlieren.
5
Blickkontakt suchen:
Suchen Sie immer wieder Blickkontakt. Es ist wichtig, das richtige Maß zu finden. Wer zu lange fixiert wird, wird nervös. Findet gar kein Blickkontakt statt, kann das Vorlesen unpersönlich werden.
6
Vorbereiten:
Nähern Sie sich Menschen mit Demenz am besten innerhalb ihres Gesichtsfeldes. Kündigen Sie an, was Sie vorhaben: „Ich möchte Ihnen gerne eine Urlaubsgeschichte vorlesen.“ Oder: „Darf ich Ihnen eine Geschichte vorlesen?“
7
Gegenstände und Bilder einbeziehen:
Gegenstände mit einem Bezug zur Handlung können bei Ablenkungen helfen, leichter zur Erzählung zurückzufinden. Zum Beispiel können Sie ein Foto oder ein Modell eines VW Käfers mitbringen, wenn dieser in der Geschichte vorkommt. Ebenso denkbar wäre ein Fotoalbum vom Urlaub, eine Landkarte, ein Stadtplan, Sand vom Strand, eine Muschel oder Wanderschuhe. Wenn der Zuhörer das Bedürfnis hat, über ein anderes Thema zu reden, können Sie ihm entspannt zuhören und auf ihn eingehen. Danach können Sie den mitgebrachten Gegenstand einbeziehen und zur Geschichte zurückkommen.
8
Redensarten einbauen:
Sprichwörter, Lieder und Redewendungen können Ihren dementen Zuhörern ein Erfolgserlebnis verschaffen. Sie lesen die ersten Worte vor – Ihr Zuhörer rät das Ende mit. Oder Sie singen das Lied gleich gemeinsam. Zum Beispiel: „Die Fischerin vom … Bodensee“ oder „Die Gitarre und das … Meer.“ Der Zuhörer blüht auf und merkt: Das kann ich ja noch. Ich weiß noch etwas!
9
Mut zur Kürze:
Manchmal ist weniger mehr. Liest man zu viele Geschichten hintereinander vor, rauschen sie am Zuhörer nur noch vorbei. Beobachten Sie Ihren Zuhörer daher genau. Lesen Sie keine weitere Geschichte mehr vor, wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Gegenüber sich langweilt. Versuchen Sie stattdessen lieber ein Rätsel oder singen Sie zusammen. Machen Sie gemeinsam Gymnastik oder Atemübungen.
10
Setzen Sie sich mit diesen Tipps nicht unter Druck
. Probieren Sie zunächst am besten nur einen dieser Ratschläge aus. Erst wenn Sie diesen einen Punkt eingeübt haben, wenden Sie sich dem nächsten Tipp zu. Niemand schafft es, immer alles auf einmal „richtig“ zu machen. Auch ich schaffe das nicht. Bleiben Sie also Sie selbst und „verbiegen“ Sie sich nicht.
Tipp: Trinken Sie gemeinsam einen Tee. Bringen Sie ein paar Münzen als Anschauungsmaterial mit. Oder auch ein Foto eines Polizisten. Vielleicht finden Sie auch ein Bild, auf dem ein Haus mit einem Gartenzaun zu sehen ist.
Frau Braun ist eine alte Frau. Sie lächelt häufig verschmitzt. Dann zwinkert sie verstohlen über den Rand ihrer runden Brillengläser. Wer sie lachen sieht, denkt: Was wird Frau Braun wohl gerade im Schilde führen? So schelmisch wie jetzt im Alter war sie schon ihr ganzes Leben lang.
Früher hatte Frau Braun einen Nachbarn, den Herrn Semmelmaier. Frau Braun und Herr Semmelmaier waren öfter verschiedener Meinung. Aus diesem Grund stand auch ein Zaun zwischen beiden Gärten. Als Frau Braun einmal in ihrem Garten die Blumen goss, rief ihr Nachbar über den Zaun: „Ihre Brennnesseln sind ja schon höher als unser Gartenzaun. Die könnten Sie ruhig einmal abschneiden.“
Typisch, dachte sich Frau Braun. Der könnte doch die Brennnesseln selber ausreißen, wenn sie ihn stören. Sie stand auf und ging zum Gartenzaun. „Aber Herr Semmelmaier“, rief sie, „in einem gesunden Garten wachsen eben Brennnesseln. Die sind gut gegen Schädlinge.“
Herr Semmelmaier holte tief Luft und schimpfte: „Brennnesseltee soll auch gut sein fürs Hirn. Trinken Sie mal einen. Vielleicht leuchtet Ihnen dann ein, dass Ihr Unkraut die Nachbarschaft belästigt!“
Da reichte es Frau Braun. Sie hielt sich mit der linken Hand am Gartenzaun fest. Sie kletterte hinauf. Sie schwang sich hinüber. Mit dem rechten Arm holte sie aus. Mit der flachen Hand schlug sie Herrn Semmelmaier auf die Wange. Das knallte richtig laut.
Herrn Semmelmaiers Gesicht wurde knallrot. Seine Wange leuchtete. Er schüttelte den Kopf und rief zornig: „Das wird Folgen haben, Frau Nachbarin. Warten Sie nur ab!“ Er hielt sich die Wange und ging ins Haus.
Am nächsten Tag klingelte bei Frau Braun das Telefon: „Hallo, hier spricht die Polizei.“
Der Polizist war ein freundlicher Mann. Er kannte Frau Braun gut – und er kannte auch ihren Nachbarn. Der Polizist sagte: „Frau Braun, Ihr Nachbar, der grantige Semmelmaier, hat Sie angezeigt, weil Sie ihn geschlagen haben. Jetzt muss ich von Ihnen eine Strafe fordern. Ich würde sagen: Zahlen Sie mir fünf Mark. Wenigstens fünf Mark muss ich verlangen.“
Frau Braun brachte dem Polizisten die fünf Mark.
Am nächsten Tag war Frau Braun wieder in ihrem Garten und goss ihre Blumen. Da tauchte Herr Semmelmaier auf. Er rief: „Jetzt hab ich’s Ihnen aber gegeben, was? So schnell werden Sie mir keine mehr runterhauen.“
Frau Braun stand auf. Sie ging zum Nachbarn und meinte: „Ha, von wegen! Wenn ich gewusst hätte, dass das so billig ist, hätt ich Ihnen gleich noch eine Ohrfeige verpasst.“
Inzwischen ist Frau Braun eine alte Frau. Vieles hat sie vergessen, trotz Brennnesseltee. Aber ihren Nachbarn Semmelmaier, den hat sie nicht vergessen. Wenn sie an den denkt, steigt immer noch der Zorn von früher in ihr hoch.
Neulich hat ihr mal jemand gesagt: „Ärger dich nicht länger über die alten Geschichten. Das ist ungesund! Den alten Semmelmaier kannst du nicht ändern. Aber du kannst ihm vergeben.“
Frau Bach ist siebenundachtzig Jahre alt. Sie wohnt in einem alten Haus. Beim letzten Regen hat sie gemerkt, dass ihre Regenrinne verstopft ist. Da hat sie einen Handwerker angerufen.
Frau Bach klagt: „Ich warte schon lange auf den Handwerker. Aber er kommt nicht.“
Also krempelt Frau Bach ihre Ärmel nach oben. Sie sagt: „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.“ Und schon stellt die alte Frau eine Leiter ans Dach.
Wie bitte, mit siebenundachtzig Jahren? Ja, Alter schützt vor Torheit nicht. Tritt um Tritt klettert sie hinauf. Dann schwingt sie sich aufs Dach. Frau Bach setzt sich auf die Dachrinne und greift hinein. Sie zieht Moos und Blätter und Dreck heraus. In hohem Bogen wirft sie es auf den Hof. Dabei singt sie:
„Wenn wir erklimmen schwindelnde Höhen …“
Dann schaut Frau Bach in den Hof – und erschrickt. Dort unten steht ihr Hausarzt. Von oben bis unten hat sie ihn mit Dreck bespritzt. Seine Brille schimmert grün von Moos.
Der Arzt hat die Hände in den Taschen und schüttelt den Kopf. Er ruft: „Aber Frau Bach. Sie steigen ja noch höher als Ihr Blutdruck! Werden Sie bloß nicht zu waghalsig!“
Frau Bach ruft herunter: „Sie haben recht. In meinem Alter sollte man nicht mehr aufs Dach steigen.“
Der Arzt erhebt seinen rechten Zeigefinger. „Genau, bleiben Sie lieber auf dem Boden!“ Mit dem linken Zeigefinger wischt er sich einen Klumpen Moos von der Wange.
Als der Doktor schließlich nach Hause geht, murmelt er: „Gott sei Dank ist Frau Bach nichts passiert.“
Tipp: Jetzt können Sie das Lied gemeinsam singen, das Frau Bach auf dem Dach angestimmt hat:
„Wenn wir erklimmen schwindelnde Höhen,
steigen dem Gipfelkreuz zu,
in unsern Herzen brennt eine Sehnsucht,
die lässt uns nimmermehr in Ruh.
Herrliche Berge, sonnige Höhen,
Bergvagabunden sind wir.“
Tipp: Bringen Sie Bilder von verschiedenen Musikinstrumenten mit – oder auch ein Musikinstrument, das Sie selbst besitzen oder das Ihr Zuhörer früher gespielt hat.
Professor Klaus ist 83 Jahre alt. Er sieht aus wie ein richtiger zerstreuter Professor. Seine Brillengläser sind klein und rund. Und er hat zerzauste Haare.
Er hat schon immer einen Traum: Herr Klaus will ein Musikinstrument lernen. Genauer gesagt: Er will Tuba spielen lernen, also ein richtig großes Instrument. Darum ruft er beim Dirigenten vom Musikverein an.
Der Dirigent schmettert in den Hörer: „Herr Professor, wir haben leider keine weiteren Anfänger in Ihrem Alter. Aber Sie können mit unserer Kindergruppe Tuba spielen üben.“
Gesagt, getan. Also schleppt Professor Klaus seine Tuba jeden Donnerstagabend in den Probenraum. Er verzieht das Gesicht, wenn er das schwere Instrument durch die Gegend hievt, denn sein Rücken schmerzt. Im Probenraum übt er mit den Kindern.
Der Professor ist ein fleißiger Musikschüler. Er weiß: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Sondern: Übung macht den Meister. Er will den Kindern beweisen, dass man auch im Alter noch Neues lernen kann. Der Professor pustet und bläst jeden Tag in seine Tuba. Dabei bekommt er dicke Backen und einen roten Kopf. Es macht ihm mächtig Freude.
Eines Tages geht Professor Klaus einkaufen. Da zupft jemand an seinem Hemd. Der Professor schielt unter seinen runden Brillengläsern an sich hinunter. Ein Mädchen mit einer Zahnlücke und zwei Zöpfen schaut mit großen grünen Augen zu ihm auf. Lisa. Sie spielt ebenfalls in der Kindergruppe, und zwar Klarinette.
Sie hebt den Zeigefinger: „Du, Herr Professor, hast du denn schon geübt? Morgen ist die letzte Probe vor dem Konzert.“
Professor Klaus kratzt sich am Kopf: „Was für ein Konzert?“
Lisa schüttelt den Kopf: „Wir spielen in der Stadthalle. Weißt du das nicht?“
Professor Klaus lacht: „Ja, da spielt ihr Kinder. Aber ich alter Mann doch nicht. Ich komme nur zum Üben zu euch.“ Und er lacht noch lauter. Wie würde das aussehen, wenn er mit zehn kleinen Kindern auf die Bühne stolpert? Da würden sich ja alle Besucher auf die Schenkel klopfen vor Lachen.
Lisa legt ihre Stirn in Falten: „Meine Mama sagt immer: Mitgegangen – mitgehangen. Wenn du mit uns übst, musst du auch mit uns vorspielen, Herr Professor. Basta.“