Es geschah am Tage X - John Wyndham - E-Book

Es geschah am Tage X E-Book

John Wyndham

0,0
2,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Das Dorf der Verdammten

In der Nacht vom 26. auf den 27. September geschieht in dem kleinen, verschlafenen Örtchen Midwich in Großbritannien etwas Unglaubliches: die Telefonleitungen funktionieren nicht mehr, Busse, die durch den Ort fahren sollten, kehren nicht zurück, und die RAF meldet ein unbekanntes fliegendes Objekt. Doch niemand kann sich am nächsten Tag erinnern, was genau passiert ist. Erst Monate später machen die Frauen und Mädchen in Midwich eine erschreckende Entdeckung: Sie sind alle schwanger. Die Kinder, die sie zur Welt bringen, haben seltsame goldene Augen und verhalten sich sehr merkwürdig. Ihre Eltern bekommen es mit der Angst zu tun – völlig zu recht …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 247

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



JOHN WYNDHAM

ES GESCHAH AM TAGE X …

Roman

Das Buch

In der Nacht vom 26. auf den 27. September geschieht in dem kleinen, verschlafenen Örtchen Midwich in Großbritannien etwas Unglaubliches: die Telefonleitungen funktionieren nicht mehr, Busse, die durch den Ort fahren sollten, kehren nicht zurück, und die RAF meldet ein unbekanntes fliegendes Objekt. Doch niemand kann sich am nächsten Tag erinnern, was genau passiert ist. Erst Monate später machen die Frauen und Mädchen in Midwich eine erschreckende Entdeckung: Sie sind alle schwanger. Die Kinder, die sie zur Welt bringen, haben seltsame goldene Augen und verhalten sich sehr merkwürdig. Ihre Eltern bekommen es mit der Angst zu tun – völlig zu recht …

Der Autor

John Wyndham Parkes Lucas Beynon Harris wurde am 10. Juli 1903 in der Nähe von Birmingham, England, geboren und besucht im Laufe seiner Schulzeit verschiedene Internate. Nach seinem Abschluss arbeitete er unter anderem als Landwirt, Grafiker und Werbefachmann, bevor er sich ab 1931 dem Schreiben widmete. Er ist einer der wichtigsten Science-Fiction-Autoren Englands und benutzte eine Reihe von Pseudonymen, darunter auch Lucas Parkes und John Beynon. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er als Verschlüsselungsexperte für das Royal Corps of Signals und nahm an der Landung in der Normandie teil. Nach dem Krieg wandte er sich, inspiriert und angespornt vom Erfolg seines Bruders Vivian Beynon Harris, erneut dem Schreiben zu. 1951 landete er mit Die Triffids einen Bestseller, dem sechs weitere Romane folgten. Zahlreiche seiner Werke wurden verfilmt, darunter auch Die Triffids und Das Dorf der Verdammten

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Titel der Originalausgabe

THE MIDWICH CUCKOOS

Aus dem Englischen von Gisela Stege

Überarbeitete Neuausgabe

Copyright © 1957 by John Wyndham

Copyright © 2016 der deutschsprachigen Ausgabe by

Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Covergestaltung: Das Illustrat

Satz: Thomas Menne

Kapitel 1

Es war eine der glücklichsten Fügungen des Schicksals für meine Frau, dass sie einen Mann geheiratet hatte, der am 26. September geboren war. Sonst wären wir beide zweifellos in der Nacht vom 26. auf den 27. zu Hause in Midwich gewesen. Dass ihr die Folgen jener Nacht erspart blieben, dafür werde ich ewig dankbar sein.

Da es jedoch mein Geburtstag war und auch, weil ich am Tag zuvor den Vertrag mit einem amerikanischen Verleger unterzeichnet hatte, begaben wir uns am Morgen des 26. nach London, wo wir ein wenig zu feiern gedachten. Und es wurde wirklich sehr hübsch. Ein paar nette Besuche, Hummer und Chablis, Uistnovs letzte Extravaganz, ein leichtes Abendessen, und dann zurück ins Hotel, wo sich Janet mit jener Begeisterung der Benutzung des Bades hingab, die sie stets beim Anblick fremder Badezimmerinstallationen überfällt.

Am nächsten Morgen gemächlicher Aufbruch nach Midwich. Kurzer Aufenthalt in Trayne, dem nächstgelegenen Einkaufszentrum, dann weiter die Hauptstraße entlang durch das Dörfchen Stouch, rechts abbiegen auf die Landstraße nach … Doch nein! Die Fahrbahn ist zur Hälfte verbarrikadiert durch einen Balken, von dem ein Schild mit dem Hinweis »Straße gesperrt« herabhängt, und daneben steht ein Polizist und hebt die Hand.

Also halte ich. Der Polizist tritt an den Wagen. Ich glaube ihn zu kennen; er muss aus Trayne sein.

»Tut mir leid, Sir, aber die Straße ist gesperrt.«

»Dann muss ich wohl über Oppley fahren?«

»Nein, Sir. Dort ist leider auch gesperrt.«

»Aber was …?«

Hinter mir hupt es.

»Wenn Sie ein bisschen nach links zurücksetzen könnten, Sir?«

Ich gehorche leicht erstaunt, und an uns vorbei holpert ein Militär-Dreitonner, besetzt mit Männern in Khakiuniformen.

»Revolution in Midwich?«, frage ich.

»Manöver«, antwortet er. »Die Straße ist unpassierbar.«

»Aber doch nicht beide Straßen! Wir wohnen nämlich in Midwich, Konstabler.«

»Das ist mir bekannt, Sir. Aber im Augenblick können auch Sie leider nicht nach Midwich. An Ihrer Stelle würde ich nach Trayne zurückfahren, Sir.«

Janet macht die Wagentür auf und nimmt ihre Einkaufstaschen. »Ich gehe zu Fuß, und du kommst nach, wenn die Straße wieder frei ist«, sagt sie.

Der Konstabler zögert. Dann sagt er leise: »Da Sie hier wohnen, Ma'am, will ich's Ihnen ausnahmsweise verraten. Sie brauchen's gar nicht versuchen, Ma'am. Kein Mensch kommt nach Midwich 'rein, glauben Sie mir.«

Wir starren ihn an.

»Aber warum denn nur?«, fragt Janet.

»Das versucht man eben festzustellen, Ma'am. Also, an Ihrer Stelle würde ich in den Adler nach Trayne gehen. Ich werde Sie benachrichtigen, sobald die Straße frei ist.«

Janet und ich, wir sehen uns an.

»Von mir aus«, sagt sie zu dem Polizisten. »Das kommt mir zwar alles höchst sonderbar vor, aber wenn Sie ganz sicher sind, dass wir nicht durchkommen …«

»Ich bin sicher, Ma'am. Außerdem habe ich auch Befehl, niemanden durchzulassen. Wir geben Ihnen Nachricht, sobald Sie nach Hause fahren können.«

Eine Szene zu machen hat keinen Zweck; der Mann tut nur seine Pflicht, und zwar in aller Höflichkeit.

»Na, schön«, erkläre ich. »Gayford ist mein Name, Richard Gayford. Ich werde im Adler Anweisung geben, eine Nachricht für mich in Empfang zu nehmen, falls ich nicht da sein sollte.«

Ich setzte den Wagen rückwärts, bis wir uns wieder auf der Hauptstraße befanden. Hinter Stouch bog ich von der Straße ab in einen Feldweg.

»Die ganze Sache kommt mir höchst merkwürdig vor«, sagte ich. »Sollen wir querfeldein laufen und mal nachsehen, was eigentlich los ist?«

»Ja, der Polizist war reichlich mysteriös«, stimmte Janet zu und öffnete ihre Tür. »Los, komm!«

Ja, die Sache an sich war schon merkwürdig genug, aber noch merkwürdiger wurde sie durch die Tatsache, dass Midwich bekanntermaßen ein Ort war, an dem sich nichts, aber auch gar nichts ereignete.

Janet und ich lebten damals seit etwas über einem Jahr dort und hielten diese Tatsache für Midwichs hervorstechendsten Charakterzug; und deshalb wird uns auch der Grund, warum ausgerechnet Midwich als Schauplatz der ungewöhnlichen Ereignisse des 26. September auserwählt wurde, ein ewiges Geheimnis bleiben.

Man halte sich die einmalige Durchschnittlichkeit des Ortes vor Augen: Midwich liegt etwa acht Meilen west-nordwestlich von Trayne. Die Hauptstraße von Trayne nach Westen führt durch die benachbarten Ortschaften Stouch und Oppley, in denen je eine Landstraße zweiter Ordnung nach Midwich abzweigt, das solchermaßen an der Spitze eines Straßendreiecks liegt, dessen untere Ecken von Oppley nach Stouch gebildet werden. Der einzige andere Zugang ist ein Weg, der sich fünf Meilen weit bis nach Hickham schlängelt, das drei Meilen nördlich von Midwich liegt.

Das Zentrum von Midwich bildet ein dreieckiger, kleiner Dorfplatz mit fünf schönen Ulmen und einem Dorfteich. In dem der Kirche nächstgelegenen Winkel des Platzes steht das Kriegerdenkmal, und in die besten Grundstücke rings um den Anger herum teilen sich die Kirche selbst, das Pfarrhaus, das Gasthaus, die Schmiede, die Post, Mrs. Welts Laden und eine Anzahl kleiner Häuser. Insgesamt gehören einige sechzig Landhäuser und andere Häuser zum Dorf, ein Rathaus, Kyle Manor und der Meierhof.

Die Kirche ist gotisch, mit normannischem Westportal und Taufstein; das Pfarrhaus georgianisch, der Meierhof viktorianisch, und Kyle Manor besitzt neben tudorischen Grundzügen zahlreiche Anbauten späterer Baustile. Bei den Landhäusern findet man fast jeden Stil, doch noch jüngeren Datums als die beiden Häuser des County Council sind die Laborflügel, die an den Meierhof angebaut wurden, als das Ministerium das Gebäude für Forschungszwecke übernahm.

Niemals hat es einen triftigen Grund für Midwichs Existenz gegeben. Es war weder ein Markt, noch lag es an einer wichtigen Handelsstraße; es muss irgendwann einmal einfach aus dem Nichts entstanden sein. Deomesday bezeichnet es als einen Flecken, und ein Flecken ist es geblieben, denn die Eisenbahn meidet es.

Soweit bekannt, birgt sein Boden keinerlei begehrte Mineralien; keine Behörde sah in ihm einen geeigneten Platz für einen Flughafen, einen Bombenübungsplatz oder eine Kampfschule. Nur das Ministerium erschien auf dem Plan, doch der Umbau des Meierhofes hatte kaum Auswirkungen auf das Leben im Dorf selbst. Midwich lebt seit über tausend Jahren in arkadischer Verträumtheit, oder vielmehr, es hatte gelebt – bis zum späten Abend des 26. September.

Und seine Einwohner waren zufrieden. Ja, außer dem Pfarrer und seiner Frau, den Zellabys in Kyle Manor, dem Arzt, der Bezirksschwester, uns und natürlich den Wissenschaftlern hatte seit Generationen jedermann hier sein Leben in ruhigem Gleichmaß verbracht, einem Zustand, der gewissermaßen zum rechtlichen Status erhoben worden war.

Während des 26. September scheint niemand eine Vorahnung gehabt zu haben. Höchstens wurde Mrs. Brant, wie sie hinterher behauptete, beim Anblick von neun Elstern von leichter Unruhe ergriffen; und Miss Ogles, der Postmeisterin, Schlaf mag in der Nacht zuvor durch einen Traum von ungewöhnlich großen Vampiren gestört worden sein. Aber bis zum späten Abend deutete nichts darauf hin, dass sich in Midwich Ungewöhnliches vorbereitete. Und doch, am Dienstag, den 27. …

Wir schlossen den Wagen ab, kletterten über das Gatter und liefen an der Hecke entlang über das Stoppelfeld. Danach überquerten wir ein zweites, sich leicht bergan ziehendes Stück Land, das sehr groß und von einer sehr hohen Hecke begrenzt war. Wir mussten ziemlich weit nach links laufen, bis wir ein Gatter fanden, über das wir klettern konnten. Die Mitte der dahinterliegenden Weide bildete die Hügelkuppe, und von hier aus konnten wir nach Midwich hinübersehen. Die vielen Bäume gewährten uns keinen direkten Einblick, doch wir erkannten den Kirchturm bei den Ulmen und ein wenig grauen Rauch, der träge senkrecht in die Höhe stieg. Und mitten auf der angrenzenden Wiese vier oder fünf Kühe, die, offenbar in tiefem Schlaf, am Boden lagen.

Ich bin kein Bauer, ich wohne nur auf dem Land. Doch dunkel ahnte ich, dass irgendetwas an den Kühen nicht stimmte. Kühe lassen sich nieder und käuen wieder, ja; aber Kühe liegen nicht da und schlafen. Doch zu diesem Zeitpunkt weckte dieser Anblick sonst keinen Verdacht in mir. Wir gingen weiter.

Wir stiegen über den Zaun der Wiese mit den Kühen und wollten weiterlaufen, als uns von links jemand etwas zurief. Ich sah mich um und entdeckte mitten auf der nächsten Wiese einen in Khaki gekleideten Mann. Was er rief, verstand ich nicht, doch wie er den Stock schwang, das war unmissverständlich ein Zeichen für uns, umzukehren. Ich blieb stehen.

»Ach, komm, Richard. Der ist noch meilenweit weg«, sagte Janet ungeduldig und lief voraus.

Ich zögerte. Der Mann schwenkte jetzt seinen Stock noch energischer und rief noch lauter, obzwar kaum verständlicher. Ich beschloss, Janet zu folgen. Sie war mir jetzt um etwa zwanzig Meter voraus, und da, eben als ich weitergehen wollte, schwankte sie, brach lautlos zusammen und blieb unbeweglich liegen.

Ich stand wie vom Donner gerührt.

Mein Schock dauerte jedoch nur Sekunden, dann lief ich weiter. Vage hörte ich links noch immer den Mann rufen, doch ich kümmerte mich nicht weiter darum. Ich lief zu ihr.

Doch ich erreichte sie nicht.

Kapitel 2

Wie gesagt, alles war wie immer in Midwich, am 26. Ich habe mich erkundigt und kann genau sagen, wer was getan hat an jenem Abend.

Im Lamm, zum Beispiel, saß die übliche Anzahl Gäste. Einige der jüngeren Dorfbewohner waren in Trayne im Kino. Im Postbüro saß Miss Ogle mit einer Strickarbeit an ihrem Schaltbrett und fand wieder einmal, dass richtige, echte Gespräche weit interessanter sind als das Radio. Mr. Tapper, der Gelegenheitsgärtner gewesen war, bevor er groß im Toto gewonnen hatte, war schwärzester Laune, weil sein Farbfernseher verrückt spielte, und belegte ihn mit Ausdrücken, vor denen sich seine Frau bereits fluchtartig ins Bett verzogen hatte. In den Laboratorien des Meierhofs brannte noch hier und da Licht, aber man war ja daran gewöhnt, dass die Wissenschaftler oft bis tief in die Nacht hinein arbeiteten.

Doch so normal auch ein Tag verläuft, für irgendjemand bringt er meist doch etwas Ungewöhnliches. So war es für mich mein Geburtstag, wie ich schon sagte, und unser Häuschen lag still und dunkel. Und oben in Kyle Manor war es der Tag, da Miss Ferrelyn Zellaby Mr. Alan (zur Zeit: Leutnant) Hughes darauf aufmerksam machte, dass zu einer Verlobung mehr als zwei gehören, und dass es eine nette Geste wäre, wenn er mit ihrem Vater darüber spräche.

Nach einigen Einwänden ließ sich Alan dazu bestimmen, Gordon Zellaby in seinem Studierzimmer aufzusuchen und ihn über die Lage der Dinge ins Bild zu setzen.

Er fand den Herrn von Kyle Manor bequem in einem großen Ohrensessel liegend, die Augen geschlossen, den feingeschnittenen weißen Kopf an das rechte Ohr des Sessels gelehnt, so dass es aussah, als habe ihn die herrliche Musik, die den Raum füllte, in Schlaf gewiegt. Stumm, ohne die Augen zu öffnen, zerstörte er jedoch diese Illusion mit einem Wink der Hand, der den Besucher in einen zweiten Sessel dirigierte. Dann legte er, um Ruhe bittend, den Finger auf die Lippen.

Auf Zehenspitzen schlich sich Alan zu dem bezeichneten Sessel und nahm Platz. Und dann vergaß er alle Phrasen, die er für diese Begegnung vorbereitet hatte, und gab sich während der nächsten zehn Minuten eingehend der Betrachtung des Allerheiligsten hin.

Eine Wand war vom Boden bis zur Decke, und nur von der Tür, durch die er eingetreten war, durchbrochen, mit Büchern vollgestellt. Niedrigere Bücherregale liefen fast um den gesamten Raum herum und ließen lediglich Platz für die Fenstertüren, den Plattenspieler und den Kamin, in dem ein lustiges, wenn auch nicht unbedingt erforderliches Feuer flackerte. Eines der verglasten Bücherregale war den verschiedenen Ausgaben von Zellabys Werken in allen Sprachen vorbehalten und ließ im untersten Fach noch Raum für Neuerscheinungen.

Über diesem Regal hing die Rötelzeichnung eines jungen Mannes, in dem man auch jetzt, nach vierzig Jahren, noch Gordon Zellaby erkannte. Auf einem anderen Regal kündete eine schwere Bronzebüste von dem Eindruck, den er etwa fünfundzwanzig Jahre später auf Epstein gemacht hatte. Hier und da an den Wänden hingen signierte Porträts prominenter Leute. Die Wand über und neben dem Kamin war reserviert für Fotografien von Gordon Zellabys Vater, Mutter, Bruder, zweier Schwestern, Ferrelyn und deren Mutter (Mrs. Zellaby Nr. 1).

Eine Fotografie von Angela, der jetzigen Mrs. Zellaby, zierte den Mittelpunkt des Zimmers, einen großen, lederbezogenen Schreibtisch, an dem die Meisterwerke entstanden.

Bei diesem Gedanken fragte sich Alan, ob er den Zeitpunkt seines Besuches nicht etwas ungeschickt gewählt hätte, da im Augenblick ein neues Werk im Entstehen begriffen zu sein schien, eine Tatsache, die sich stets durch eine gewisse Geistesabwesenheit Mr. Zellabys manifestierte.

»Das ist immer so, wenn er brütet«, hatte Ferrelyn ihm erklärt. »Er ist dann nie ganz da. Er macht lange Wanderungen, weiß am Ende nicht mehr, wo er ist, und ruft an, dass wir ihn holen. Es ist ein bisschen lästig für uns, aber wenn er erst einmal angefangen hat zu schreiben, ist alles vorbei. Solange aber müssen wir ihn eben ein bisschen gängeln und darauf achten, dass er isst.«

Der Raum mit seinen bequemen Sesseln, dem angenehmen Licht und dem dicken Teppich wirkte auf Alan wie das in die Praxis umgesetzte Resultat der Meditationen seines Eigners über ein ausgeglichenes Leben. In dem einzigen Werk, das er gelesen hatte, bezeichnete Zellaby sowohl Askese als auch übermäßigen Genuss gleichermaßen als Ausdruck der Unausgeglichenheit. Das Buch war interessant, aber deprimierend, fand Alan. Der Autor schien der Tatsache, dass die junge Generation dynamischer war und gewitzter als die vorige, nicht genügend Gewicht beigemessen zu haben.

Schließlich endete die Musik. Zellaby stellte mit einem Knopf an seinem Sessel den Apparat ab, öffnete die Augen und musterte Alan.

»Hoffentlich nehmen Sie mir das nicht übel«, entschuldigte er sich. »Ich finde immer, man sollte Bach bis zu Ende hören. Außerdem«, fügte er mit einem Blick auf den Plattenspieler hinzu, »fehlt uns immer noch das richtige Gefühl für den Umgang mit diesen neuen Erfindungen. Ist die Kunst eines Komponisten weniger respektheischend, wenn er nicht persönlich anwesend ist? Was gebietet uns die Höflichkeit? Dass ich mich vor Ihnen verbeuge, dass Sie sich vor mir verbeugen, dass wir beide uns vor dem Genius verbeugen, und sei es ein Genius aus zweiter Hand? Niemand kann es uns sagen.

Wir sind offenbar nicht sehr geschickt im Eingliedern dieser Erfindungen in unser gesellschaftliches Leben, nicht wahr? Mit dem letzten Jahrhundert ist die Welt der Etikette untergegangen und seitdem nie mehr ein Kodex aufgestellt worden, der uns vorschreibt, wie wir uns in Bezug auf diese Neuerungen verhalten sollen. Keine Regeln mehr, die von den Individualisten durchbrochen werden können – ein schwerer Schlag für die Sache der Freiheit. Schade, finden Sie nicht?«

»Hm … Ja«, sagte Alan. »Ich … Eh …«

»Obgleich es«, fuhr Mr. Zellaby fort, »etwas aus der Mode gekommen ist, die Existenz eines solchen Problems überhaupt anzuerkennen. Der wahre Spross dieses Jahrhunderts ist kaum daran interessiert, sich mit Neuerungen auseinanderzusetzen. Er greift sie einfach gierig auf, wie sie kommen. Nur wenn er auf etwas wirklich Großes stößt, erkennt er das sozialwissenschaftliche Problem, und dann sucht er, anstatt Konzessionen zu machen, nach dem nicht-existenten leichten Ausweg, sucht die Erfindung zu annullieren, zu unterdrücken … Genau wie bei der Bombe.«

»Hm … Ja. Ich glaube schon. Was ich …«

Mr. Zellaby entging der Mangel an Enthusiasmus in der Antwort nicht. »Wenn man jung ist«, sagte er verständnisvoll, »hat die ungeregelte, unbekümmerte Lebensweise noch einen gewissen romantischen Reiz. Doch so, das müssen Sie wohl zugeben, kann man eine derart komplexe Welt nicht regieren. Glücklicherweise haben wir im Westen uns noch einen Rest unserer Ethik erhalten, doch gibt es Anzeichen, dass es für alte Knochen immer schwerer wird, das Gewicht modernen Wissens mit Zuversicht zu tragen. Meinen Sie nicht auch?«

Alan holte tief Luft. Erinnerungen an vorhergehende Verstrickungen im Fangnetz Zellabyscher Diskurse zwangen ihn zu direktem Vorgehen.

»Eigentlich, Sir, habe ich Sie in einer anderen Angelegenheit aufgesucht«, sagte er.

Wenn Zellaby Unterbrechungen seiner lauten Kontemplationen überhaupt bemerkte, nahm er sie gewöhnlich gutmütig hin. Auch jetzt schob er weitere Betrachtungen des ethischen Moments beiseite und sagte: »Aber natürlich, mein Lieber! Worum handelt es sich denn?«

»Es ist … Es handelt sich um Ferrelyn, Sir.«

»Um Ferrelyn? Ach ja. Die ist leider in London, um ihre Mutter zu besuchen. Morgen kommt sie zurück.«

»Eh … Sie ist heute zurückgekommen, Mr. Zellaby.«

»So?«, sagte Zellaby. Er dachte nach. »Ja, natürlich, Sie haben recht! Sie war ja beim Abendessen. Und Sie auch«, schloss er triumphierend.

»Ja«, sagte Alan. Mit Todesverachtung packte er die Gelegenheit beim Schopf und sprudelte seine Neuigkeit heraus, obgleich er voller Verzweiflung erkannte, dass von einem sorgfältig präparierten Phrasengebäude kein Stein mehr auf dem andren stand. Trotzdem aber brachte er es irgendwie hinter sich.

Zellaby hörte ihn geduldig an, bis er endlich stockend zum Ende kam: »Und so hoffe ich, Sir, dass Sie nichts dagegen einzuwenden haben, wenn wir unsere Verlobung offiziell bekanntgeben.«

»Mein Lieber, Sie überschätzen meine Situation. Ferrelyn ist ein vernünftiges Mädchen, und ich bin sicher, dass sie und ihre Mutter inzwischen alles über Sie in Erfahrung gebracht und gemeinsam eine wohlerwogene Entscheidung getroffen haben.«

»Aber ich habe Mrs. Holder noch nicht kennengelernt«, wandte Alan ein.

»Würden Sie sie kennen, hätten Sie bestimmt einen anderen Eindruck von der Lage. Jane ist hervorragend im Organisieren«, sagte Mr. Zellaby und sah wohlwollend zu einem der Bilder auf dem Kaminsims hinüber. Er stand auf.

»Nun, nachdem Sie Ihren Part so überaus lobenswert in Szene gesetzt haben, muss ich wohl ebenfalls Ferrelyns Ansprüchen gerecht werden. Würden Sie die Gesellschaft zusammentrommeln, während ich die Flasche hole?«

Als sich Weib, Kind und zukünftiger Schwiegersohn um ihn versammelt hatten, hob er das Glas. »Trinken wir«, toastete er, »auf das Sich-Finden gleichgestimmter Geister. Es ist richtig, dass die Institution der Ehe, wie Kirche und Staat sie proklamieren, eine bedrückend mechanistische Einstellung zur Partnerschaft verrät. Der menschliche Geist jedoch ist zähe, und es geschieht nicht selten, dass die Liebe trotz allem diesen harten, institutionellen Druck übersteht. Hoffen wir daher …«

»Daddy«, unterbrach ihn Ferrelyn, »es ist schon nach zehn, und Alan muss vor Zapfenstreich in der Kaserne sein, sonst wird er bestraft. Du brauchst wirklich nicht mehr zu sagen als ›herzlichen Glückwunsch euch beiden‹!«

»So?«, sagte Mr. Zellaby. »Ist das auch wirklich genug? Kommt mir sehr kurz vor. Aber wenn du meinst, dann will ich's sagen, Kleines. Und zwar von ganzem Herzen!«

Alan setzte sein leeres Glas ab. »Leider hat Ferrelyn recht, Sir. Ich muss jetzt gehen«, sagte er.

Zellaby nickte mitfühlend. »Es ist sicher eine schwere Zeit für dich. Wie lange hast du noch vor dir?«

Alan sagte, er hoffe, in drei Monaten ein freier Mann zu sein. Zellaby nickte abermals.

»Ich nehme an, diese Erfahrung hat auch ihre Werte. Na, dann gute Nacht, mein Lieber. Es ist …« Er brach ab. Ihm war ein Gedanke gekommen. »Mein Gott, ich weiß zwar, dass du Alan heißt, aber deinen Nachnamen kenne ich, glaube ich, nicht. Vielleicht sollten wir da Abhilfe schaffen.«

Alan sagte ihm seinen Namen, und sie schüttelten sich noch einmal die Hand.

»Verflixt, jetzt muss ich aber laufen. Bis morgen, Liebling. Sechs Uhr. Gute Nacht, mein Schatz.«

An der Haustür küssten sie sich zum Abschied heiß, aber kurz, dann sprang er die Treppe hinunter zu seinem kleinen, roten Flitzer, der in der Einfahrt stand. Der Motor heulte auf, Alan winkte noch einmal und stob davon, dass der Kies aufspritzte.

Ferrelyn sah ihm nach, bis die Hecklichter verschwanden. Als das Motorengeräusch nur noch fernes Brummen war, schloss sie die Tür. Auf dem Rückweg ins Studierzimmer sah sie auf der Uhr in der Diele, dass es zehn Uhr fünfzehn war.

In Midwich war noch immer alles wie gewöhnlich.

Noch warfen viele Fenster gelben Schein in den milden Abend hinaus, der in der Nässe eines kurzen Regenschauers glitzerte. Viele der ganz Alten und ganz Jungen lagen bereits im Bett, und müde Ehefrauen füllten schläfrig ihre Wärmflaschen.

Die letzten Gäste im Lamm hatten noch ein paar Minuten herumgestanden und waren dann ihrer Wege gegangen, und um zehn Uhr fünfzehn war alles zu Hause, bis auf Alfred Wait und einen gewissen Harry Crankhart, die mit dem Fachsimpeln über Düngemittel kein Ende fanden.

Nur ein Ereignis stand noch zu erwarten: das Eintreffen des Busses, der die Unternehmungslustigeren aus Trayne zurückbrachte. Dann konnte Midwich sich endlich zur Ruhe begeben.

Im Pfarrhaus dachte Miss Polly Rushton um zehn Uhr fünfzehn, dass sie, wäre sie vor einer halben Stunde zu Bett gegangen, jetzt in Ruhe ihr Buch genießen könnte, das unbeachtet auf ihren Knien lag. Und wie viel angenehmer wäre das, als so dem Wettstreit von Onkel und Tante ausgesetzt zu sein. Denn in der einen Ecke des Zimmers versuchte Onkel Hubert, Pfarrer Hubert Leebody, im Dritten Programm einer Abhandlung über die prä-sophokleische Konzeption des Ödipus-Komplexes zu folgen, während in der anderen Tante Dora ein Telefongespräch führte. Mr. Leebody, entschlossen, der Weisheit zum Siege über das Geschwätz zu verhelfen, hatte schon zweimal die Lautstärke erhöht und am Knopf noch eine Vierteldrehung in Reserve. Man konnte es ihm kaum ankreiden, dass er nicht ahnte, wie wichtig dieser für ihn so überaus nichtige Austausch weiblicher Freundlichkeiten noch werden sollte. Niemand ahnte das.

Der Anruf kam von South Kensington, London, von wo aus Mrs. Cluey den Rat ihrer alten Freundin Mrs. Leebody suchte. Um zehn Uhr sechzehn war sie zum Kern der Sache vorgedrungen.

»Und jetzt, Dora, sag mal ehrlich – aber ganz ehrlich, hörst du? Sollen wir für Kathy weißen Satin oder weißen Brokat nehmen?«

Mrs. Leebody zögerte. Dies war ganz offensichtlich eine Angelegenheit, bei der das Wort »ehrlich« relativ zu nehmen war. Und sie fand es, milde ausgedrückt, höchst rücksichtslos von Mrs. Cluey, derart unbefangen eine solche Frage zu stellen. Satin, dachte Mrs. Leebody, doch sie wollte die jahrelange Freundschaft nicht so mir nichts, dir nichts aufs Spiel setzen. Sie angelte nach einem Anhaltspunkt.

»Sicher, für eine sehr junge Braut … Aber Kathy ist wohl keine so sehr junge Braut mehr. Vielleicht …«

»Sehr jung nicht«, stimmte Mrs. Cluey zu und wartete.

Mrs. Leebody wünschte die Hartnäckigkeit ihrer Freundin zum Teufel und ebenfalls das Radioprogramm ihres Mannes, das ihr das Denken so schwer machte.

»Nun ja«, sagte sie schließlich, »hübsch aussehen kann beides, aber für Kathy halte ich eigentlich …«

Und hier brach ihre Stimme unvermittelt ab.

Weit fort in Kensington drückte Mrs. Cluey ungeduldig immer wieder die Gabel herunter und sah auf die Uhr. Dann wählte sie Null.

»Ich möchte mich beschweren«, sagte sie. »Ich bin mitten in einem wichtigen Gespräch unterbrochen worden.«

Das Amt teilte mit, man würde die Verbindung wiederherzustellen versuchen. Wenige Minuten später musste es sich zu einem Misserfolg bekennen.

»Einfach unerhört!«, sagte Mrs. Cluey. »Ich werde schriftliche Beschwerde einreichen. Ich weigere mich, auch nur eine Sekunde mehr zu bezahlen, als wir gesprochen haben. Eigentlich sehe ich überhaupt nicht ein, warum ich zahlen soll, unter diesen Umständen. Wir sind um genau zehn Uhr siebzehn getrennt worden.«

Der Mann in der Vermittlung gab eine taktvolle Antwort und notierte sich die Zeit: 26. September, 22.17 Uhr.

Kapitel 3

Von zehn Uhr siebzehn jenes Abends an wurden die Informationen über Midwich fragmentarisch. Die Telefonleitungen blieben stumm. Der Bus, der durch Midwich fahren sollte, traf in Stouch nicht ein, und ein Lastwagen, der nach dem Bus ausgeschickt wurde, kam nicht zurück. Die RAF teilte Trayne mit, dass ein unbekanntes fliegendes Objekt in der Nähe von Midwich durch Radar festgestellt worden und möglicherweise notgelandet sei. Jemand aus Oppley meldete einen Brand in Midwich, um den sich anscheinend niemand kümmere. Die Feuerwehr von Trayne rückte aus – und ließ nichts mehr von sich hören. Die Polizei von Trayne entsandte einen Wagen, um festzustellen, was mit dem Löschzug geschehen war, und auch er verschwand spurlos. Oppley meldete einen zweiten Brand, und offenbar kümmerte sich immer noch niemand darum. Konstabler Gobby in Stouch wurde angerufen und per Fahrrad nach Midwich geschickt; auch von ihm sah und hörte man nichts mehr.

Der Anbruch des 27. brachte grauen Himmel mit dunklen Wolkenfetzen, durch die blasses Licht drang. Dessen ungeachtet begrüßten in Oppley und Stouch die Hähne mit ihrem Krähen und andere Vögel mit melodischeren Liedern den Tag; in Midwich sang kein einziger Vogel.

In Oppley und Stouch, genau wie in anderen Orten, brachten Hände die Wecker zum Schweigen; in Midwich rasselten sie weiter, bis sie abgelaufen waren.

In anderen Dörfern traten verschlafene Männer aus den Häusern und begrüßten müde ihre Arbeitskollegen; in Midwich begrüßte sich niemand. Denn Midwich lag im Schlaf!

Während die ganze Welt den Tag mit Lärm zu erfüllen begann, schlief Midwich ruhig weiter. Seine Männer und Frauen, seine Pferde, Kühe und Schafe, seine Schweine, sein Geflügel, seine Lerchen, Maulwürfe und Mäuse – alles lag und schlief.

Und während der Tag noch jung war, brach von Trayne ein olivgrüner Lastwagen mit der eben noch lesbaren Aufschrift »Post-Telefone« auf mit der Absicht, die Verbindung zwischen Midwich und der übrigen Welt wiederherzustellen.

In Stouch hielt er an der Telefonzelle, um festzustellen, ob Midwich inzwischen ein Lebenszeichen gegeben hatte. Midwich hatte nicht; es war noch immer so incommunicando wie seit 22.17 Uhr. Der Wagen ratterte weiter.

Kurz hinter Stouch bog er scharf nach rechts und holperte etwa eine halbe Meile weit die Nebenstraße nach Midwich entlang. Dann, hinter der nächsten Kurve, traf er auf eine Situation, die die ganze Geistesgegenwart des Fahrers verlangte.

Er sah einen Löschzug, halb umgekippt, zwei Räder im Graben, und eine schwarze Limousine, die etwas weiter den Abhang der anderen Straßenseite zur Hälfte hinaufgefahren war. Dahinter lag halb im Graben ein Mann mit einem Fahrrad. Der Fahrer zog den Wagen scharf herüber, um mit einer S-Kurve zwischen den Fahrzeugen hindurchzukommen. Doch noch ehe er sie vollenden konnte, geriet sein eigener Wagen auf das schmale Bankett, holperte noch ein paar Meter weiter und blieb in einer Hecke stecken.

Eine halbe Stunde später ratterte der erste Bus mit waghalsigem Tempo – er hatte nie einen Passagier, bevor in Midwich die Schulkinder nach Oppley einstiegen – um dieselbe Kurve und klemmte sich, somit die Straße endgültig blockierend, sauber in die Lücke zwischen Löschzug und Lastwagen.

Auch die andere Straße nach Midwich, die Oppley-Straße, vermittelte mit ihrem Durcheinander gestrandeter Fahrzeuge auf den ersten Blick den Eindruck, sie sei über Nacht zum Schuttabladeplatz geworden. Und hier war der Postwagen der erste, der anhielt, ohne selbst betroffen zu sein.

Einer der Männer stieg aus und ging zu Fuß weiter, um die Lage zu prüfen. Er näherte sich eben dem Heck des Busses, als er urplötzlich zu Boden sank. Dem Fahrer blieb der Mund offenstehen, und er starrte ungläubig hinaus. Dann wanderte sein Blick weiter, und er entdeckte im Bus die Köpfe mehrerer Passagiere – alle reglos. Hastig setzte er zurück, wendete und jagte nach Oppley, dem nächsten Telefon zu.

Inzwischen war die Situation drüben auf der Stouch-Seite vom Fahrer eines Bäckerwagens bemerkt worden, und zwanzig Minuten später entwickelte sich auf beiden Zuwegen nach Midwich die gleiche Aktivität. Ambulanzen rasten herbei, Türen flogen auf, uniformierte Männer sprangen heraus. Sachverständigen Blickes musterten sie den Trümmerhaufen, entrollten ihre Bahren und machten sich auf den Anmarsch.

Auf der Straße nach Oppley erreichten die beiden ersten Träger den liegenden Postboten zwar, doch dann, als sie die Bahre neben ihm ausrichteten, sackte der eine zusammen und fiel quer über die Beine des letzten Opfers. Dem Hintermann wollten vor Verwunderung schier die Augen aus dem Kopf treten. Aus dem Gemurmel hinter sich schnappte er das Wort »Gas!« auf, ließ die Bahre fallen, als sei sie glühend, und machte hastig kehrt.

Jetzt trat man zur Beratung zusammen. Kopfschüttelnd sprach der Ambulanzfahrer das Ergebnis aus: »Nicht unser Ressort«, sagte er. »Schlägt mehr ins Fach der Feuerwehr, würde ich sagen.«