Eurythmie als Entwicklungsweg - Dirk Walter Meersmann - E-Book

Eurythmie als Entwicklungsweg E-Book

Dirk Walter Meersmann

0,0

Beschreibung

Das Buch bietet aufschlussreiche Einblicke in die Praxis eines erfahrenen Eurythmisten, dem es gelingt, Freiräume für die Kreativitätsentfaltung seiner Schüler in allen Altersstufen zu schaffen. Es ist nicht nur für Eurythmielehrer/Innen, sondern auch für all jene Kollegen/Innen lesenswert, die sich mit diesem Thema in ihrem Unterricht beschäftigen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 121

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Titelbild: Schüler aus einer der achten Klassen des Verfassers

Inhaltsverzeichnis:

Vorwort

Einleitung

Die Unterrichtsreihe mit Klasse 3

Die Unterrichtsreihe mit Klasse 9

Resümee

Literaturverzeichnis

Vorwort

Dirk Meersmann unterrichtet seit nahezu 40 Jahren als Eurythmist an der Christian-Morgenstern-Schule in Wuppertal, einer Förderschule mit den Schwerpunkten Emotionale Entwicklung und Lernen. Dort begleiten die Klassenlehrer in den unteren Jahrgangsstufen ihre Schüler/Innen in allen Fachunterrichten, weil die Kinder aufgrund ihrer besonderen Vorbedingungen (z. B. seelische Traumata) eine kontinuierliche persönliche Anbindung brauchen.

Ich habe in meiner Eigenschaft als ehemaliger Klassenlehrer zwei Züge mit Dirk Meersmann durchlebt. Über die Begleitung des Eurythmieunterrichts in den ersten beiden Jahrgangsstufen hinaus ergab sich auch in den folgenden Jahren ein gewinnbringender Austausch von Beobachtungen und Erkenntnissen aus unseren Unterrichten.

Um diesen Austausch zu intensivieren, hospitierte ich regelmäßig, im Bedarfsfall auch spontan, im Eurythmie-Unterricht und war immer wieder fasziniert von Dirk Meersmanns Lebendigkeit und Gestaltungskraft.

Sein Unterricht ist von der ersten bis zur letzten Sekunde durchchoreographiert. Selbst die Ruhephasen, die er scheinbar beiläufig einstreut, sind zeitlich exakt bemessen, wirken aber nicht wie durch eine Stoppuhr vorgegeben, sondern von einem gesunden Atem getragen. Der Ablauf einer jeden Unterrichtsstunde ist so stark von Kraft und Bewusstsein durchdrungen, dass sich alles wie in einem gesunden Organismus ineinanderfügt. Über genau 35 Minuten, zuzüglich zweimal fünf Minuten Umkleiden, erstreckt sich die Meersmannsche Choreographie – keine Sekunde mehr, keine weniger.

Ebenso bemerkenswert ist die Begeisterung die Dirk Meersmann in seinen Unterricht hineinfeuert. Sein Astralleib tanzt, sprüht, wirbelt um die Schüler herum, wovon insbesondere die Langsamen und im Erfassen von

Wahrnehmungen Schwachen profitieren. Denn nach dem Pädagogischen Gesetz bringt der Meersmannsche Astralwirbel die Ätherleiber dieser Schüler/Innen in Bewegung und öffnet die Tore der Sinne für die Welt der Eurythmie. Für viele Schüler hat sich eine ihre Entwicklung fördernde Wahrnehmungsfähigkeit erst durch die Eurythmie ergeben.

Was dieser Eurythmist in der Unterstufe an astralischem Feuer versprüht, um unter anderem die Sinne zu öffnen, leistet er in der Oberstufe für die seelische Entwicklung der Jugendlichen. Indem Eurythmie als Ideal vorgelebt wird, regt er die Ich-Entwicklung der Schüler/Innen so weit an, dass sie dieses Fach auch noch Jahre nach dem Schulabschluss mit ihrer persönlichen Entwicklung eng verknüpft sehen.

Der Unterricht erweckt den Eindruck vollkommener Erfülltheit und der Sinnhaftigkeit jeder Bewegung, Geste, jeden Wortes und jeden Klangs (Klavierbegleitung durch Robert Bosman). Die Schüler/Innen steigen in einen Fluss, spüren seine wogende Kraft, werden von ihm aber nicht fortgerissen, sondern angeregt, sich aus eigenen Impulsen anzuschließen.

Ich habe mich anfangs gefragt, ob dieser Eurythmist total genial ist und seinen Unterricht aus dem scheinbaren Nichts, oder besser: aus dem Weltenäther und aus der Weltenastralität, hervorzaubert, oder ob er alles in unendlich mühevoller Kleinarbeit durchkalkuliert, vorausplant und dann wie ein Uhrwerk ablaufen lässt. Letzteres ist auszuschließen, weil Dirk Meersmann den Unterricht nicht mechanisch ‚abnudelt‘, sondern auf all das angemessen reagiert, was unsere Schüler/Innen an Unvorhersehbarem seinem Wirken entgegenbringen.

Kurzum! In ihm verbindet sich beides: Harte, stundenlange Vor- und Nacharbeit, insbesondere das Einbeziehen von Schüler/Innen-Verhaltens-Originalitäten in das eigene vorausgeplante Reaktionsmuster und eine Intuition, die sich aus der intensiven Beschäftigung mit den Biographien unserer Schüler/innen ergibt.

Hier ein Beispiel für Dirk Meersmanns verblüffendes Reaktionsvermögen: E., der „beweglichste“ Schüler einer fünften Klasse, benimmt sich schon beim Aufstellen wie ein Troll. Er zupft an seinen Mitschülern herum und äfft gleichzeitig Herrn Meersmann nach.

„Gut, E.!“, ruft dieser. „Wenn du noch ein wenig übst, kannst du den Unterricht übernehmen.“ E. verhält sich schlagartig ruhig, denn er stellt sich vor, wie das wohl funktionieren soll, wenn er den Unterricht gestaltet. Damit beschäftigt er sich aber nicht lange. Bei der ersten Übung, dem Seitgalopp, äfft er Herrn Meersmann nach, sobald dieser seinen Blick von E. abwendet. Der Eurythmist ahnt, was sich „hinter seinem Rücken“ abspielt, wendet sich blitzschnell nach E. um und meint: „Das war ein toller Scherz, E. Wenn du do weiter machst, darfst mir den Scherz nach dem Unterricht in der Hofpause noch einmal vormachen.“ E. lehnt dankend ab und arbeitet für den Rest der Stunde so gut mit, wie es sein Konzentrationsvermögen zulässt. Nach der Eurythmiestunde sehe ich E. auf dem Schulhof den Seitgalopp üben. „Macht‘s Spaß?“, frage ich. Der Schüler antwortet: „Eurythmie ist voll geil.“ Das leuchtet auch mir ein, und ich entferne mich.

In einer Übstunde wollte ich die Fertigkeiten der Kinder in der Freihandgeometrie vertiefen. „Können wir vielleicht den Siebenerstern üben?“, scholl es mir entgegen. Ich ahnte zwar, was sich hinter dieser Frage verbarg, stellte mich aber dumm: „Warum denn ausgerechnet den Siebenerstern? Ich würde erst einmal beim Fünferstern beginnen.“ – „Wir wollten es einfach mal probieren“, riefen meine Lieben im Chor. – „Steckt vielleicht Herr Meersmann dahinter?“ – Die Mutigste meldete sich: „Klar doch. Bis zur nächsten Stunde sollen wir ihn alle an die Tafel zeichnen können.“ – „Seid ihr ihn schon in der Eurythmie gelaufen?“ – „Und wie!“, tönte mir der Klassenchor entgegen. Ich nickte zufrieden und meinte: „Wenn ihr ihn schon gelaufen seid, dann wird es auch mit dem Zeichnen klappen.“ Nach einer halben Stunde hatten ihn alle ‚auf dem Schirm‘. In der nächsten Eurythmiestunde konnten sie ihn an die Tafel zeichnen, mein Kollege war zufrieden, und ich freute mich über die gute Verkoppelung von Eurythmie und Geometrie.

Jede „Mersi-Stunde“, wie die Schüler/Innen den Unterricht liebevoll betiteln, ist von einem großen Spannungsbogen getragen. Er beginnt mit dem Element der Andacht, geht zu ‚geführten Aushäusigkeiten‘ über und mündet dann in eine Phase der höchsten Konzentration ein, um am Ende wieder locker zu werden. Dabei lernen die Schüler in jeder Stunde etwas Neues. Sie haben das Gefühl, sich zu entwickeln und durch die Eurythmie Fähigkeiten zu erlangen, die sowohl lebenspraktisch wie auch im Unterricht eine sinnhafte Weiterverwendung finden.

Dadurch hat Eurythmie an der Christian- Morgenstern-Schule einen hohen Stellenwert. So ergab eine Schüler/Innen-Umfrage aus dem Jahre 2000, dass dieses Fach in der Beliebtheitsskala neben dem Sport ganz oben stand. In der Tat erscheinen die Schüler/Innen aus eigenem Antrieb pünktlich zur Eurythmiestunde, gleich ob ihr Meister sie vom ersten Obergeschoss aus beobachtet und durch aufmunternde Gesten zum rechtzeitigen Erscheinen animiert, oder ob er schon an der Eingangstür zum Umkleideraum auf sie wartet.

‚Eurythmie ist cool, weil der Lehrer viel verlangt und gerecht ist‘, ‚entschuldigen‘ die Schüler/Innen ihr freudiges Mitwirken im Eurythmie-Unterricht.

Wie es Magdalena Brzozowksa-Majorek im „Kompendium der Heilpädagogik“ als Postulat für unsere Schulen formuliert, hat Dirk Meersmann in seine Arbeit viele Elemente der Heilpädagogik hineinverwoben. So werden den Kindern der ersten Jahrgangsstufen jene Übungen, die ihre Willenssinne schulen, in bildhafter und phantasievoller Weise einverleibt. Sie bilden von der dritten bis zur zwölften Jahrgangsstufe eine solide Grundlage für die eurythmische Arbeit. Denn nur Schüler, deren Willenssinne hinreichend geschult sind, können in jener Weise kreativ werden, wie es in der hier veröffentlichten Arbeit beschrieben wird.

Wie aber gelingt es Dirk Meersmann, selbst die in der Wahrnehmung und damit auch in der Nachahmung schwachen Schüler/Innen an die Eurythmie heranzuführen? Es sind neben der guten, den Ätherleib der Kinder stärkenden Struktur des Unterrichts zahllose speziell heilpädagogische Übungen – wie der „Moossteinchen-Sitz“:

Wenn Dirk Meersmann in den unteren Jahrgangsstufen merkt, dass die „schwachen“ Kinder in der Konzentration nachlassen, ruft er „Moossteinchen“, und alle hocken sich in einer Reihe auf den Boden, kreuzen ihre Beine übereinander und halten mit den Händen – ebenfalls über Kreuz – die Füße fest. Ruft der Eurythmist schließlich „Kugel“, dann neigen die Kinder ihren Kopf so weit herunter, dass ihre Stirnen die Zehenspitzen berühren.

Damit haben sie zum einen ihre Extremitäten zweimal überkreuzt. Sie sind also ganz bei sich. Zum anderen wird durch die Berührung der Stirn mit den Zehen der obere Mensch mit dem unteren ‚kurzgeschlossen‘, bzw. das analytische mit dem synthetischen System verbunden. Wir finden dieses Prinzip abgewandelt in der Unterrichtsreihe für die Drittklässler in der Vorübung des Ein- und Auseinanderrollens wieder. Hier wird die Resonanz angeregt, um die Schüler für die im Hauptteil der Stunde geplanten Impulse empfänglich zu machen.

Das ist nur eine der vielen heilpädagogischen Übungen dieses Eurythmisten. In jeder Unterrichtsreihe treten nämlich neue hinzu. Der „Moossteinchensitz“ und andere Übungen werden also immer wieder variiert und metamorphosiert, damit sie einen gelungenen Einstieg in den Unterricht gewährleisten. So dürfen die Kinder ihre Geschlossenheit im „Moossteinchensitz“ nie auskosten. Denn sobald die ersten vollends in ihm ruhen, wird das erste Kind schon wieder aufgefordert, eine Übung nachzuahmen, die der Eurythmist blitzschnell vormacht. Das animiert auch die Anderen, sich zu melden und damit aus der vermeintlichen Untätigkeit erlöst zu werden.

Ein anderes Element, das mich zutiefst fasziniert, ist Dirk Meersmanns Umgehen mit den drei Ebenen der Raumlage. Was bei Karl König in der „Heilpädagogischen Diagnostik“ (S. →-→) aus einer reichen Erfahrung dargelegt wird, konnte ich in Dirk Meersmanns Eurythmie-Unterricht praktisch umgesetzt erleben. Eine jede Stunde beginnt mit Übungen, die der Bewegung in den drei Raumlage-Ebenen gewidmet sind: Springen im Oben und Unten, Ballen und Spreizen im Vorwärts und Rückwärts, der Seitgalopp im Rechts und Links bereiten in den großartigsten, kaum vorstellbaren Variationen das vor, was dann im Arbeitsteil seines Unterrichts an Erlernten aufgegriffen und vom Lehrer oder von den Schüler/Innen verwandelt wird. Blick (frontal und sagittal), Griff (horizontal und sagittal) und Tritt (frontal, horizontal und sagittal) werden auf vielfältigste Weise eingespannt, um die Sinnesreife unserer Schüler zu fördern, zu erhalten und ggf. auch nachreifen zu lassen.

Was Dirk Meersmann in der hier zitierten Masterarbeit als ‚den Sonderfall der Kreativitätsanregung‘ beschreibt, praktiziert er eigentlich in jeder Unterrichtsstunde. Entweder wird das kreative Schüler-/Innenverhalten vorbereitet oder aber, wenn er die Gelegenheit dazu als gegeben erachtet, ermöglicht. Dann entsteht ein weiter Raum, in dem die Schüler/Innen taktvoll und geistesgegenwärtig begleitet werden. Nur selten gelingt der Griff nicht auf Anhieb. Dann wird dieses kleine Missgeschick unter der Rubrik „wertvolle Erfahrung“ verbucht und für die nächste Stunde sinnstiftend verwertet.

Dass Dirk Meersmann uns durch die nun folgende Masterarbeit Einblicke in seine Arbeit gewährt, ist ein Geschenk, das nur durch den Unterricht, den er unseren Schülern angedeihen lässt, im Wert zu überbieten ist.

Gerhard Hallen

Einleitung: Kann Eurythmie an Förderschulen (E/L) als Entdeckungsweg unterrichtet werden?

Als junger Lehrer habe ich so oft wie es mir möglich war, bei anderen Eurythmie-Kollegen hospitiert, um die Kunst des Unterrichtens durch verschiedenste Eindrücke zusätzlich zu den pädagogischen Seminaren zu erlernen.

Dabei hatte ich das Glück, viele großartige Kollegen zu erleben. Oft habe ich aber auch gelitten, wenn das Kunstwerk Eurythmie in ein erstarrtes Regelwerk überführt wurde. Diese Kollegen hatten große Ideale und Ziele, wenn der Funke aber nicht übersprang, versuchten sie, die Schüler zu ändern und nicht mit der Eurythmie auf den Entwicklungsstand und die Bedürfnisse der Klassen einzugehen. Die Schüler waren frustriert, sie fanden die Eurythmie langweilig und überflüssig. Schließlich versuchten sie, den Unterricht zu boykottieren oder passiven Widerstand zu leisten.

So sah ich mich vor folgende Grundfrage gestellt: Erziehe ich nach Regelbefolgung, oder versuche ich, kreatives Weiterentwickeln der Eurythmieelemente zu veranlagen? Die Bedingung war, dass jede Stunde für die Klasse neu, der Inhalt jedoch gleich sein sollte. –

Warum mehrmals ein gleicher Inhalt? Nur durch die Wiederholung von Bewegungsabläufen können diese als Fertigkeit angeeignet werden. Niemand kann nach der ersten Tanzstunde sicher tanzen. Vera F. Birkenbihl1 hat dies treffend auf den Punkt gebracht: „Wissen wird durch Lernen erworben, Verhaltensweisen hingegen durch Training!“

Ich sah meinen Weg darin, die von mir entwickelten oder übernommenen Eurythmieübungen

größtmöglich zu vereinfachen,

sie im Laufe der Unterrichtsstunden zu erweitern

und dann zu variieren.

Bei der Anwendung dieser Abfolge blieben die Schüler am Unterricht interessiert und lernten, ohne es direkt zu bemerken (implizites Lernen). Mit der Zeit erkannte ich, dass die Schüler selbst aktiv wurden, wenn sie etliche Variationen einer Sache geübt hatten und eigene Varianten erfanden (Transfer/Kreativität).

Das war jedoch der Anfang, aber noch nicht das, was eigentlich erreicht werden sollten. Vor ungefähr zehn Jahren demonstrierte mir ein Schüler, der gut im Eurythmieunterricht mitarbeitete, ein eurythmisches „Schubladen-M“, indem er die Hände mechanisch mehrmals gegeneinander bewegte und dazu sagte: „Das ist Eurythmie“.

Ich war schockiert, dass eine derart unkünstlerische Bewegung bei ihm das „Markenzeichen“ für mein Unterrichtsfach geworden war und begann meinen Unterricht in der dritten Jahrgangsstufe stark in Frage zu stellen. Dort führte ich nämlich die Gebärden der eurythmischen Laute ein.

Damals hatte ich zur Einführung des M in der Regel ein Gedicht von Hedwig Diestel genommen: „Das M bemisst mir Maß um Maß...“. Zu diesem Text hatte ich ein bis zwei verschiedene Möglichkeiten der Gestaltung mit den Schülern gemeinsam erarbeitet.

Wenn die Kinder dann lernten, ihren Namen eurythmisch zu lautieren, hatte jeder Laut aber nur eine Grundgebärde. Die Methodik war zwar offen für die Kreativität der Schüler, mein künstlerischer Ansatz fußte aber auf einer „Wörterbuch-Eurythmie“. Er war schematisch und damit das Gegenteil von Kunst.

Bei der Suche nach einem wahren künstlerischen Ansatz stieß ich auf einen Beitrag von Vera F. Birkenbihl, in dem sie ein Rechtschreib-Detektiv-Spiel vorstellte2.

Darauf Bezug nehmend, begann ich in der nächsten dritten Klasse ein eurythmisches Detektiv-Spiel: Ich gab z.B. eine „normale“ B-Gebärde vor und ließ die Kinder entdecken, wo man mit Hilfe anderer Körperregionen ebenfalls ein B machen könne.

Am Anfang gab ich Hilfen, indem ich mit den Zeigefingern gestaltete; dies reichte als Anreiz, damit einzelne Schüler auf die Idee kamen, die anderen Finger zu benutzen. Dann leitete ich die Aufmerksamkeit auf alle anderen möglichen Körperregionen.

So hatte ich die Kinder vielfältige Möglichkeiten zur Gestaltung jedes Konsonanten entdecken lassen. Jede Stunde arbeitete ich nur mit höchstens zwei Konsonanten. Bei den ersten Lauten waren noch Hilfestellungen für das Einbeziehen der Raumlage-Ebenen notwendig. Ich lenkte die Aufmerksamkeit der Schüler auf vorne, hinten, oben, unten, links und rechts (Horizontal-, Sagittal-, Frontalebene, vgl. dazu das Vorwort). Also arbeiteten wir mit Ober- und Unterarm, den Händen und den einzelnen Fingern. Es folgten das rechte und das linke Bein, die Oberschenkel, Unterschenkel, Füße und beide Beine zusammen. Letzteres war das größte Rätsel:

„Geht das?“ Eine Schülerin fand die Lösung, indem sie sich auf den Rücken legte, so dass beide Beine frei waren. Ich ließ auch die Brustregion, den Rücken, den Kopf und den Mund ‚lautieren‘. Zur Veranschaulichung dessen, was getan wurde, folgen hier die M-Variationen mit beiden Händen:

Beide Hände gemeinsam nach vorne, nach hinten, nach unten, nach oben, zu beiden Seiten nach außen, zueinander nach innen, nach oben und nach unten.

Je nachdem, ob die Finger der senkrecht gehaltenen Hand nach oben oder nach unten zeigen, ergeben sich weitere vielfältige Möglichkeiten. Dann nach unten, bis die Handflächen fast den Boden erreichen, und zurück nach oben, bis alle auf den Fußballen stehen.

So ergeben sich für die Kinder vielfältigste Gestaltungsmöglichkeiten, aus denen sie dann bei entsprechenden Gelegenheiten etwas ihnen Gemäßes auswählen können – wie zum Beispiel ihren Namen eurythmisch zu gestalten.