Fateful Mister Dark Eyes - Kim S. Caplan - E-Book

Fateful Mister Dark Eyes E-Book

Kim S. Caplan

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Beschreibung

Er ist ein Aufreißer, der es versteht, die Frauen auf seine charmante Art um den Finger zu wickeln. Und dann serviert er sie eiskalt ab … Nach einer schmerzhaften Trennung sucht Elisa Ablenkung in ihrer Lieblingsbuchhandlung. Dort versinkt sie in der heilen Welt der romantischen Liebesgeschichten. Doch was ist das? In einer der Geschichten glaubt sie, die Lovestory ihrer Großmutter wiederzuerkennen. Es ist genauso, wie sie es ihr unzählige Male erzählt hat. Ein Zufall? Auf der Suche nach dem Verfasser des Romans erfährt Elisa, dass dieser bereits verstorben ist. Das Rätsel scheint nicht mehr lösbar zu sein. Aber dann entdeckt sie bei weiteren Recherchen den Enkel des Mannes, einen bekannten Thriller-Autor – Ronan Maguire. Sie sucht ihn bei einer Lesung in London auf und ist sofort von ihm fasziniert. Und nicht nur mit seinen geheimnisvollen dunklen Augen zieht er sie in seinen Bann. Doch anstatt ihr zu helfen, lässt er Elisa eiskalt abblitzen. Aber warum? Fateful Mister Dark Eyes ist ein abgeschlossener Liebesroman mit heißen Szenen und Happy End.

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Fateful Mister Dark Eyes

 

Kim S. Caplan

 

Inhaltsverzeichnis

 

Buchbeschreibung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Epilog

Nachwort

Impressum

 

Buchbeschreibung

 

Er ist ein Aufreißer, der es versteht, die Frauen auf seine charmante Art um den Finger zu wickeln. Und dann serviert er sie eiskalt ab …

 

Nach einer schmerzhaften Trennung sucht Elisa Ablenkung in ihrer Lieblingsbuchhandlung. Dort versinkt sie in der heilen Welt der romantischen Liebesgeschichten. Doch was ist das? In einer der Geschichten glaubt sie, die Lovestory ihrer Großmutter wiederzuerkennen. Es ist genauso, wie sie es ihr unzählige Male erzählt hat. Ein Zufall?

Auf der Suche nach dem Verfasser des Romans erfährt Elisa, dass dieser bereits verstorben ist. Das Rätsel scheint nicht mehr lösbar zu sein. Aber dann entdeckt sie bei weiteren Recherchen den Enkel des Mannes, einen bekannten Thriller-Autor – Ronan Maguire.

Sie sucht ihn bei einer Lesung in London auf und ist sofort von ihm fasziniert. Und nicht nur mit seinen geheimnisvollen dunklen Augen zieht er sie in seinen Bann.

Doch anstatt ihr zu helfen, lässt er Elisa eiskalt abblitzen. Aber warum?

 

Fateful Mister Dark Eyes ist ein abgeschlossener Liebesroman mit heißen Szenen und Happy End.

 

Kapitel 1

 

~ Elisa ~

 

Ich muss hier raus! Da sitzt dieses Scheusal breitbeinig auf dem Sofa und versucht mir weiszumachen, er hätte nichts mit der Fitnesstrainerin gehabt, von der er sich seit ein paar Wochen über den Strand von Brighton scheuchen lässt.

»Ach, halt den Mund, Matt!«, stoppe ich seine Schwüre und hebe die Hand hoch.

»Elisa, komm schon, Liebling …«, säuselt er.

»Hannah hat euch gesehen. Ihr habt wild herumgeknutscht und euch befummelt«, erkläre ich mit Nachdruck. »Willst du etwa andeuten, meine beste Freundin würde lügen?«

»Du weißt, dass sie aus Eitelkeit manchmal keine Brille trägt und ihre Kontaktlinsen oft vergisst …«

Ich lache hämisch auf. Seine Ausreden werden immer dämlicher. »Begreifst du nicht? Es ist aus!«, rufe ich.

»Gib mir noch eine Chance …«, fleht er.

»Nein«, bleibe ich hart und starre aus dem Fenster. Ich kann den Typen nicht mehr sehen, in seinem blöden neongelben Laufshirt, mit dem Stirnband und dem Fitnesstracker, den er neuerdings am Arm trägt. Ein fleischgewordener Sporttrottel.

»Okay, ich pack dann meine nötigsten Sachen«, gibt er endlich auf, nachdem wir schon eine geschlagene Stunde darüber diskutiert haben.

»Das wäre das Beste«, antworte ich patzig, mit dem Schmerz einer Betrogenen.

»Meine restlichen Sachen hole ich mit einem Kumpel ab.«

»Ich werde alles in Kartons räumen«, verspreche ich eigennützig, denn ich möchte nicht, dass er eventuell Sachen mitnimmt, die mir gehören. Dabei denke ich nicht an meine Slips, sondern eher an ein paar lieb gewonnene Dinge wie Bücher oder Souvenirs aus dem Urlaub.

»Alle klar«, vernehme ich seine Stimme, die bedrückt klingt. Sein Gesicht sehe ich nur schemenhaft als Spiegelung in der Scheibe. Es wirkt versteinert. Aber dies ist nicht der richtige Augenblick, um über seine Gefühle nachzudenken. Der Mistkerl hat meine Gefühle verletzt, verdammt noch mal! Und ich blöde Kuh habe geglaubt, in ihm meine große Liebe gefunden zu haben. Nach drei Jahren stehen wir nun vor dem Scherbenhaufen unserer Beziehung. Mehr ist davon nicht geblieben.

Irgendwie habe ich gerade das Gefühl, zu ersticken. Ich muss diese vier Wände verlassen, brauche dringend frische Luft! Im Flur ziehe ich meine Jeansjacke an und schnappe mir meine Handtasche. »Lass dir Zeit. Ich bin weg!«, rufe ich Matt durch die einen Spalt offen stehende Schlafzimmertür zu. Er stopft seine Kleidung gerade in die Reisetasche.

»Wo gehst du hin?«, erkundigt er sich mit gerecktem Hals.

»Ich weiß noch nicht … Und es geht dich auch nichts an …«, antworte ich, ziehe die Wohnungstür auf und lasse sie hinter mir krachend ins Schloss fallen, wie ein Statement, dass es nun mit einem Knall vorbei ist.

Mit einem fiesen Gefühl in der Magengrube gehe ich die Treppe hinunter. Mit jeder Stufe löst sich die Anspannung in meinem Körper und die Tränen beginnen zu fließen. Ich bin so traurig, aber gleichzeitig auch wütend auf Matt! Dass er mich mit dieser Tussi betrogen hat! Wir wollten doch nächstes Jahr heiraten, hatten bereits mit der Planung angefangen. Das Zerplatzen dieses Traums tut unendlich weh. Sich im anderen dermaßen getäuscht zu haben – das hat eine Wunde in mir aufgerissen, die lange nicht heilen wird, da bin ich mir sicher. Ich ziehe ein Papiertaschentuch aus der Handtasche, wische mir die Tränen von den Wangen und verlasse das Haus.

Der Himmel über der Küstenstadt färbt sich an diesem Samstagmittag im Frühling in ein verwaschenes Grau, als ich wie in Trance über die Promenade laufe. Die Menschen sitzen in bester Wochenendlaune in den Straßencafés. Abrupt bleibe ich stehen. Da vorn ist ein Café, in dem Matt und ich oft miteinander gefrühstückt haben. Diese Ära ist nun vorbei. Es ist wie ein Schlag ins Gesicht.

Langsam setze ich mich wieder in Bewegung und schlage den Weg zum Pier ein, einem meiner bevorzugten Plätze hier in meiner Heimatstadt. Ich verbinde damit unbeschwerte Kindheitserinnerungen, Fahrten auf dem Karussell und tonnenweise Eiscreme.

Am Ende des Piers bleibe ich stehen und schaue aufs tosende Meer. Körper und Geist fühlen sich träge an, mein Herz ist schwer wie ein Stein. Ich bin zweiunddreißig und es ist nun schon meine dritte Liebe hintereinander, die zerbrochen ist. Immer wurde ich aufs Hinterhältigste betrogen. Mein Vertrauen zu Männern ist zerstört. Ich werde mich eine Weile zurückziehen müssen, um alles zu verarbeiten. Bevor ich mich in trüben Gedanken verliere, sollte ich weitergehen. Es zieht mich in die Stadt, wo ich meinen Lieblingsbuchladen aufsuchen möchte. Auf dem Weg liegt meine Arbeitsstätte, die Sprachschule, in der ich unterrichte. Es macht mir enormen Spaß, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus dem Ausland die englische Sprache beizubringen oder ihre Kenntnisse zu verbessern. Ich selbst beherrsche fließend Spanisch und Französisch, bin von Kindheit an sprachbegabt. Lesen und das Schreiben von Kurzgeschichten gehören dazu.

Vor dem Buchladen angekommen, schaue ich ins Schaufenster, das stets mit den Neuerscheinungen bekannter Autoren bestückt ist. Ich öffne die Tür. Das zarte Klingeln des Glöckchens ist ein mittlerweile vertrautes Geräusch. In diesem alten Buchladen fühle ich mich wie im Wohnzimmer meiner leider verstorbenen Grandma – willkommen und behütet. Die Atmosphäre dort wirkt irgendwie tröstlich auf mich. Und das Schwelgen in diversen Liebesromanen ist für mich das größte auf der Welt.

»Guten Morgen, Elisa«, begrüßt mich der Inhaber, ein älterer Herr um die sechzig, der mich kennt, seit ich klein bin. Sobald ich lesen konnte, bin ich mit meiner Mum in den Buchladen gegangen und habe mein vorwitziges Näschen in Kinderbücher gesteckt, die von Abenteuern in fernen Ländern und starken Mädchen und Jungs handelte. »Bist du wieder auf der Suche nach einer besonderen Lektüre?«, will er wissen.

»Guten Morgen, George! Ich möchte nur ein wenig stöbern …«

»Aha.« Er lächelt, denn er weiß, dass mein Stöbern stets mit dem Kauf von zwei oder drei Büchern endet.

Immer wenn ich ihn sehe, muss ich schmunzeln, denn er ist ein echtes Original. Seine Lesebrille hängt an einer Kette um den Hals, was ein wenig großmütterlich aussieht. Und auch das graue Haar wird länger und länger, sodass er sich bald einen Zopf machen könnte.

Er deutet zum Fenster. »Sieht aus, als würde es jeden Moment anfangen, zu regnen. Hier bist du gut aufgehoben.«

»Ja«, stimme ich zu, denn ich habe vergessen, einen Schirm mitzunehmen.

»Komm mal mit nach hinten«, lockt George mich mit dem gekrümmten Zeigefinger. »Ich muss dir unbedingt etwas zeigen«, treibt er meine Neugier an.

»In Ordnung.« Ich folge ihm zu der Ecke mit den antiquarischen Büchern.

»Hier, ganz neu reingekommen«, sagt er, zieht ein Buch aus dem Regal und überreicht es mir.

Ich betrachte zuerst das Cover, auf dem die Schatten eines tanzenden Paares zu sehen sind. Im Hintergrund eine Laterne und ein dunkler Fluss. Der Titel lautet: Tanz an der Themse. Ich drehe das Buch um und lese den Klappentext. Es handelt sich um eine Liebesaffäre in London, Ende der 1950er-Jahre. »Das klingt interessant …«, murmle ich.

»Ich weiß doch, was dir gefällt«, erwidert George stolz. »Es stammt aus der Wohnungsauflösung einer verstorbenen Lady. Ihre Tochter hat mir einen ganzen Karton dieser alten Schätzchen überlassen.«

»Ich nehme es. Aber ich stöbere trotzdem noch einen Moment weiter«, sage ich, denn so schnell möchte ich den Laden nicht verlassen. Ich lasse mir Zeit, hole nacheinander ein paar Bücher aus dem Regal, lese die Klappentexte und stelle sie wieder zurück. Leider ist nichts Weiteres dabei. Die meisten Liebesromane kenne ich schon. Ein wenig enttäuscht, dass es diesmal bei nur einem Buch bleibt, gehe ich zur Kasse, hole mein Portemonnaie heraus, überreiche George die geforderte Summe und freue mich diebisch, denn es ist ein wahres Schnäppchen. Wobei ich fest glaube, dass George es einem anderen Interessenten teurer verkauft hätte. Er mag mich. Und das beruht auf Gegenseitigkeit.

»Vielen Dank! Und viel Freude mit dem Buch!«, wünscht er mir mit einem Augenzwinkern. »Es ist was Besonderes. Lass dich überraschen …«

»Danke schön«, murmle ich. Seine Worte machen mich neugierig. Ich verabschiede mich und verlasse den Laden. Noch regnet es nicht, aber die Wolken werden sich bald über der City erleichtern.

Ich habe Glück, entdecke auf der Außenterrasse des nächsten Lokals einen freien Platz, stürme darauf zu, bevor ihn mir jemand wegnimmt, und bestelle mir einen Cappuccino. In Brighton hat sich entgegen zum herkömmlichen Teegenuss in England eine großartige Kaffee-Kultur entwickelt, mit unzähligen Baristas, die einen mit ihren Kreationen und Schaumfiguren in Entzücken versetzen.

Während ich warte, streiche ich beinahe feierlich über den Bucheinband. Ein altes Buch hat eine Geschichte außer der, die der Autor verfasst hat. Wem hat es gehört? Was hat es dem Besitzer bedeutet? Warum ist es hier gelandet, in der hintersten Ecke des Buchladens? Fragen, die mir niemand beantworten kann. Nun ist es in meinen Besitz übergangen und es wird in meinem Bücherregal ein bleibendes Zuhause finden, wenn es mir gefällt.

Ich schlage das Buch auf und fange an, die ersten Zeilen zu lesen. Hach, ist das romantisch! Vielleicht gerade für mich zu romantisch, zu sehr heile Welt. Das Paar lernt sich auf einer Ausstellung in London kennen. Sie verabreden sich am nächsten Tag zu einem Spaziergang an der Themse. Die Frau heißt Mathilda, ist scheu und ein wenig schüchtern. Der junge Mann, Raymond, versteht es, sie mit seinem Charme, Humor und der unbändigen Lebenslust, die er versprüht, zu beeindrucken. Er selbst ist schon vom ersten Augenblick an Feuer und Flamme, hält sich aber zurück, denn er befürchtet, sie dadurch zu vertreiben.

Hach, sich zu verlieben, ist so schön. Und ich bin nun allein. Mit zitternden Lippen trinke ich meinen Cappuccino und wische mir den Milchschaum von den Lippen. Einige Tränen stehlen sich aus meinen Augenwinkeln. Verflucht! Ich wische sie mit dem Handrücken ab. Dies werden nicht meine letzten Tränen sein. Ganz gewiss nicht.

Zu dem Wasser aus meinen Augen gesellt sich ein anderes. Die ersten Regentropfen fallen auf mein Haar. Das Buch! Schnell versuche ich, meine neue Errungenschaft in der Handtasche zu verstauen, doch diese ist winzig. Mist! Um das Schätzchen vor Nässe zu schützen, verberge ich es unter meiner Jacke und klemme fest den Arm darüber. Jetzt aber schnell nach Hause! Ich winke der Bedienung und zahle.

Mit eingezogenem Kopf wähle ich den kürzesten Weg zu meiner Wohnung. Nass wie ein begossener Pudel öffne ich die Haustür und gehe nach oben, nur noch mit dem Wunsch beseelt, es mir mit dem Buch auf dem Sofa gemütlich zu machen. Ich schließe die Wohnungstür auf, gehe hinein und bleibe im Flur stehen. Der Duft von Matts Rasierwasser hängt noch in der Luft. Ich hatte es ihm zum Geburtstag geschenkt. Beinahe ein wenig angeekelt rümpfe ich die Nase. Bilde ich es mir ein oder gefällt mir der Duft plötzlich gar nicht mehr? Sein Betrug stinkt mir im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich lege das Buch auf die Kommode und betrete das Badezimmer, um mir ein Handtuch für mein nasses Haar zu holen. Während ich es frottiere, betrachte ich mich forschend im Spiegel über dem Waschbecken. Meine jadegrünen Augen scheinen den Glanz verloren zu haben. Die Enttäuschung hat einen Schatten über das Leuchten gelegt, das sie früher besaßen. Ich sehe müde aus. Selbst mein Haar gefällt mir nicht. Es besitzt eigentlich eine schöne Farbe, ist haselnussbraun, mit einem rötlichen Schimmer. Unserer Familie verdanke ich nicht nur den Hang zur Rothaarigkeit, sondern auch die blasse Haut mit der Neigung zu Sommersprossen. Ein paar davon tanzen auf meiner Nase und den Wangen. An manchen Tagen mag ich sie, finde sie keck und ein bisschen frech, an anderen verfluche ich sie. Heute ist so ein Tag, an dem mir nichts an mir gefällt. Ich wende mich vom Spiegel ab, verlasse das Bad, nehme im Flur das Buch und lege es im Wohnzimmer auf das Tischchen vor der Couch. Anschließend suche ich im Küchenschrank nach Keksen, finde eine angebrochene Packung, die ich mit ins Wohnzimmer nehme. Perfekt vorbereitet lümmle ich mich auf die Couch, greife nach dem Buch und schlage es auf. Langsam fange ich an zu lesen, ermahne mich zur Bedächtigkeit, weil ich eine Leseratte bin, die alles schnell verschlingt. Mit der freien Hand angle ich einen Keks aus der Tüte und beiße ab. Es gibt nichts Besseres als den doppelten Genuss von Lesen und Naschen. Das Buch zieht mich so sehr in den Bann, dass ich einen Keks nach dem anderen verschlinge, bis sich in der Tüte nur noch ein paar Krümel befinden. Der Roman ist wunderschön geschrieben, der Schriftsteller schildert die Atmosphäre des alten Londons so, wie man es aus Filmen kennt. Und erst die Lovestory – sie fängt mit so zarten Banden an, so behutsam. Ich bin fasziniert und tauche in eine Zeit ab, die noch nicht von One-Night-Stands bestimmt war. Dieses Buch ist nicht nur eine Rarität, weil es so alt ist, sondern auch, weil es einem ein warmes Gefühl gibt.

Irgendwann reißt mich das Klingeln meines Handys aus dem Zauber meines Kopfkinos. Mein Blick fällt auf die Uhr. Es sind bereits Stunden vergangen. Ich lege das Buch aufgeschlagen beiseite und gehe ran.

»Hey, Hannah!«, sage ich zu meiner besten Freundin.

»Alle klar bei dir, Süße?«, will sie wissen.

»Nicht wirklich …«, gebe ich zu und erzähle ihr, dass ich Matt mit ihrer Beobachtung konfrontiert habe und was danach geschehen ist.

»Es tut mir so leid …«, sagt sie. »Der Mistkerl!«, flucht sie dann laut. »Du musst auf andere Gedanken kommen! Was machst du gerade?«

»Ich liege auf dem Sofa und lese ein Buch.«

»Wie wäre es, wenn du dich in schicke Klamotten schmeißt, in ein Taxi setzt und in unseren Lieblingspub kommst?«

»Nein, ich habe keine Lust«, lehne ich ab.

»Das kann ich irgendwie verstehen. Aber was glaubst du, was Matt heute macht? Er lässt sich bestimmt von der dürren Schlampe die Stange polieren …«

»Mann, Hannah! Jetzt hast du einen verschissenen Film in meinem Kopf ausgelöst«, erwidere ich sauer und versuche, die Bilder durch ein Bohren meines Fingers in die Schläfe zu verdrängen.

»Sorry! Das war nicht meine Absicht! Manchmal sollte ich nachdenken, bevor ich spreche«, gibt sie selbstkritisch zu.

»Nicht nur manchmal.«

»Ach komm, Liebes, verzeih mir …«

»Schon geschehen. Aber vergiss das mit dem Pub. Es ist alles noch zu frisch … Ich habe keinen Bock, mich von ein paar bescheuerten Typen anbaggern zu lassen und dämliche Sprüche zu hören.«

»Weißt du, womit letztens ein Typ bei mir landen wollte?«

»Erzähl …«

»›Hey, Beauty‹, sprach er mich an, taxierte mich mit glasigen Augen und bewegte sein Becken rhythmisch. ›Hast du zwanzig Minuten Zeit und Platz für fünfundzwanzig Zentimeter?‹«

»Was hast du geantwortet?«, frage ich voller Spannung, denn Hannah ist schlagfertig wie keine andere Frau auf diesem Planeten.

»›Hey! Warum? Willst du mich mit deiner Nase vögeln? Du bist so ein verfickt schlechter Lügner, dass diese gerade nämlich ganz schön gewachsen ist!‹«

Damit bringt mich Hannah tatsächlich zum Lachen. Womit könnte das besser gelingen, als mit einer Betrogenen über Kerle zu lästern?

»Gut. Wie du meinst. Dann ziehe ich allein los«, gibt sie sich schnell geschlagen, weil sie meine Sturheit kennt. »Wenn du es dir anders überlegst – du weißt, wo du mich findest.«

»Alles klar! Ich wünsche dir viel Spaß!«

»Den werde ich haben«, erwidert meine Freundin, die mit dem Selbstbewusstsein eines Superstars gesegnet ist. »Ich werde den silbernen Glitzerfummel tragen, den ich mir neulich auf unserer Shoppingtour gekauft habe.«

»Vergiss nicht, einen Slip darunter anzuziehen. Sonst sieht jeder dein senkrechtes Lächeln«, warne ich sie, denn das Teil ist ultrakurz.

»Mal sehen …«, antwortet sie prustend. »Gut, dass du mich daran erinnerst. Ich muss meine Bikinizone noch rasieren. Ein Damenbart kommt weder auf der Oberlippe noch unten gut an …«

»Hannah, du bist unverbesserlich!«

»Stimmt. Und unwiderstehlich …«

»Dein Selbstbewusstsein möchte ich besitzen …«

»Ja, von mir kannst du dir eine Scheibe abschneiden. Möglichst am Po«, witzelt sie weiter mit mir herum, um mich auf andere Gedanken zu bringen.

Ich lache lauthals.

»Dann widme dich ruhig wieder deinem langweiligen Schmöker …«, schließt Hannah mit dem Einfühlungsvermögen eines Elefanten im Porzellanladen das Gespräch.

»Das ist kein langweiliger Schmöker«, wehre ich mich empört, »sondern ein ganz besonderes antiquarisches Buch, das ich heute in Georges Laden gekauft habe.«

»Auch das noch …«, erwidert sie, unterlegt von einem gelangweilten Seufzen.

»Davon verstehst du nichts«, erwidere ich, ein bisschen beleidigt.

»Ich mache mir eben nichts aus Büchern.«

»Ich weiß. Du kannst nur was mit Filmen und deinen bescheuerten Serien anfangen«, gebe ich ihr patzig eine Retourkutsche.

»O Mann, Süße! Ich kann verstehen, dass du schlechte Laune hast, aber lass sie bitte nicht an mir aus. Du, ich muss mich noch ein bisschen aufbrezeln … Wie gesagt – du triffst mich im Pub. Oder du versauerst auf dem Sofa …«

Nach dem Telefonat gerate ich ins Grübeln, fühle mich ein wenig hin- und hergerissen. Buch oder Ausgehen? Das ist hier die Frage. Selbstverständlich würde ich meine Freundin gern sehen. Aber im dichten Gedränge könnten wir ohnehin nicht in Ruhe miteinander reden. Ich werfe einen Blick auf das Buch. Die Geschichte zieht mich magisch an, ich muss unbedingt wissen, wie es weitergeht. Ich lege mich auf die Couch, ziehe die Decke über meine Beine, schalte die Lampe hinter mir an, nehme es in die Hände und tauche in die Welt der Protagonisten ab, die mich als stille Zuschauerin an ihrer außergewöhnlichen Liebe teilhaben lassen. Das Buch ist so fabelhaft geschrieben, dass ich mich fühle, als wäre ich hautnah dabei. Ich spüre sämtliche Emotionen, die die beiden durchleben, Glück, Freude, aber auch Verzweiflung. Und immer, wenn die Protagonistin ihrem Liebsten ein Kompliment über seine wundervollen dunklen Augen macht, die sie an Zartbitterschokolade erinnern, scheine ich mit ihr in die Augen dieses Mannes schauen zu können und darin zu versinken, bis tief hinunter in seine Seele.

 

Kapitel 2

 

~ Elisa ~

 

Mit einem Top und einer Yoga-Hose bekleidet, sitze ich am nächsten Morgen mit einem Kamillentee auf dem Balkon, mein Gesicht den ersten Sonnenstrahlen entgegenhaltend. Über Nacht hat es sich abgeregnet. Der heutige Tag soll laut Wetterbericht warm und trocken werden.

Gestern Abend habe ich mir eine Pizza in den Ofen geschoben und komplett aufgegessen. Daher habe ich heute Morgen noch keinen Appetit. Die halbe Flasche Rotwein spüre ich außerdem im Kopf. Aber das wird sich an der frischen Luft schnell legen.

Noch bis weit in die Nacht habe ich gelesen und das Buch daher fast beendet. Dann wurden meine Augenlider so schwer, dass ich zu Bett gegangen bin. Nun bin ich gespannt auf das Ende. Ich schlage es auf der Seite auf, an der ich das Lesezeichen gesetzt habe. Es fehlen noch einige Abschnitte. Am liebsten möchte ich sie verschlingen, doch ich lasse mir Zeit. Dieser so liebevoll verfasste Roman hat ein wenig Bedächtigkeit verdient. Und irgendwie möchte ich nicht, dass er endet.

Nach der letzten Seite seufze ich und schlage das Buch zu. Es stimmt mich ein wenig traurig, dass es kein richtiges Happy End gab. Die Liebenden haben sich am Ende nicht wiedergefunden. Doch die Reise mit den wunderbaren Charakteren war trotzdem schön. Ich schließe die Lider und träume ein wenig vor mich hin, lasse einige Sequenzen Revue passieren. Dann schießt es mir wie ein Blitz durch den Kopf. Ich kenne die Geschichte irgendwoher. Bloß woher? Wurde sie verfilmt? Ich kann mich nicht genau erinnern, grabe tiefer und tiefer in meiner Erinnerung und finde einige Bruchstücke. Das kann doch nicht sein! Aufgeregt erhebe ich mich und gehe ins Wohnzimmer, tigere dort hin und her. Meine Großmutter Theresa hat mir immer solch eine Geschichte erzählt, als ich klein war. Sie schwor, sie hätte diese selbst erlebt. Und ich hatte ihr geglaubt. Je mehr ich nachdenke, desto klarer wird die Erinnerung. Als sie ganz jung war, reiste sie für einige Wochen nach London und begegnete dort einem jungen Mann. Er kam aus Irland und hatte die Ambitionen, ein großer Schriftsteller zu werden. Er war ein Träumer, nicht bodenständig, so wie die Männer, die sie zuvor kennengelernt hatte. Sie verliebte sich Hals über Kopf in ihn und die beiden verbrachten ein paar wundervolle, leidenschaftliche Tage zusammen, bis sie wieder in ihre Heimatstädte zurückkehrten. Sie schrieben sich noch eine Weile, aber dann verloren sich ihre Spuren.

O mein Gott, könnte diese Story tatsächlich die wahre Geschichte meiner Großmutter und ihrer Liaison sein? Oder bin ich jetzt vollkommen verrückt geworden?

Ich nehme das Buch und setze mich mit klopfendem Herzen in den Sessel. Nochmals lese ich die Passage, in der sie das Café besuchen. Die junge Frau war so aufgeregt, dass sie den Tee verschüttet hat, auf die edle weiße Tischdecke. Es war ihr unfassbar peinlich, doch ihr Begleiter hat nur gelacht und gesagt: »Schau mal, der Fleck hat genau die Umrisse von Italien.« Charmant hat er ihr kleines Missgeschick zum Anlass genommen, einen Traum daraus entstehen zu lassen. »Was meinst du, sollen wir mal gemeinsam nach Italien reisen? Hand in Hand über die Spanische Treppe in Rom laufen? Ein paar Münzen in den Trevi-Brunnen werfen?«, hatte er verliebt gefragt.

Mein Kopf wird heiß. Meine Großmutter hat es mir ähnlich erzählt. Das kann kein Zufall sein! Aufgeregt blättere ich weiter, bis ich zu der Szene komme, an der beide über den Markt schlendern. Sie bewundert die üppigen, bunten Blumensträuße eines Standes und genießt den süßen Duft. Als sie danach einen Park aufsuchen und sich auf eine Bank setzen, verschwindet er unter einem Vorwand und taucht Minuten später mit einem Strauß in der Hand auf. Sie ist beinahe zu Tränen gerührt, so sehr freut sie sich über seine Aufmerksamkeit.

Gütiger Himmel! Das hat mir Grandma immer in den schönsten Worten erzählt, so lebendig, dass ich glaubte, den Duft der Blüten wahrnehmen zu können. Und noch etwas sehr Romantisches kommt mir in den Sinn. Eine der Blüten hat sie zwischen Löschpapier gelegt und in ein Buch gepresst, sodass sie dort trocknete. Diese Erinnerung hat sie für immer aufbewahrt.

Es muss die Lovestory meiner Grandma sein! Der Autor hat die Frau anders geschildert, als meine Großmutter aussah, und sie hatte im Roman auch einen anderen Namen, aber das muss nichts bedeuten. Wahrscheinlich hat er es mit Absicht getan, wollte nicht zu viel preisgeben.

Es gibt niemanden in meiner Familie, den ich fragen könnte. Meine Großmutter ist tot. Sie besaß keine Geschwister und auch meine Mutter, die ihr einziges Kind war, ist leider Gottes verstorben. Vor ein paar Jahren erlag sie einer plötzlichen, schweren Krankheit. Jeder Gedanke an sie tut noch immer weh, dieser Schmerz vergeht nie. Ich vermisse sie unendlich. Und mein Vater? Er lebt inzwischen mit seiner neuen Lebensgefährtin im Ausland, auf den sonnigen Kanaren. Mit Familiengeschichten hat er sich außerdem nie befasst. In seinem neuen Leben habe ich außerdem keinen Platz mehr.

Ich rufe Hannah an, die wie eine Schwester für mich ist, die ich leider nicht besitze. Mum und Dad machten mir klar, dass es keine Geschwister für mich geben würde, denn weitere Kinder wollten sie nicht. Hannah weiß immer einen Rat. Auf dem kleinen Balkontisch liegt mein Handy. Ich gehe hinaus, setze mich und wähle ihren Kontakt.

»Scheiße, Elisa … Hast du eine Ahnung, wie spät es ist?«, vernehme ich ihre belegte Stimme.

»Ja. Halb elf.«

»Eben. Halb elf sonntags«, erwidert sie, als hätte ich sie zu nachtschlafender Zeit geweckt. »Ich habe noch eine Arbeitskollegin getroffen und wir sind letzte Nacht in einem Klub versackt …«

»Entschuldige. Das hätte ich mir denken können.«

»Was gibt’s so Wichtiges?«

»Das erkläre ich dir besser persönlich …«

»Okay. Ich dusche schnell und komme dann rüber. Aber erst muss ich den Typen nach Hause schicken, der neben mir im Bett liegt.«

Beinahe kippe ich mit meinem Balkonstuhl um. »Mensch, Hannah! Hattest du wieder einen One-Night-Stand?«

»Was ist schon dabei? Das Leben ist zu kurz, um auf Mister Right zu warten …«, erwidert sie. »Zumindest weiß ich seinen Namen, das ist doch schon mal was. Er heißt Liam und sieht echt schnucklig aus …«

»Frag ihn doch nach seiner Telefonnummer. Es muss schließlich nicht bei einer Nacht bleiben …«, gebe ich ihr einen Denkanstoß.

»Mal sehen …«, antwortet sie. »Setz schon mal einen starken Kaffee auf. Ich bringe frische Brötchen mit. Die können wir mit salziger Butter und Marmelade essen.«

»Himmlisch! Ich danke dir. Bis gleich!« Ich lege das Handy beiseite, betrete die Küche und bereite den Kaffee zu. Während er durchläuft, stelle ich die Zutaten fürs Frühstück auf ein Tablett, Butter und verschiedene Sorten Marmelade, bringe alles mitsamt Geschirr und Besteck auf den Balkon. Das schöne Wetter muss man ausnutzen.

Wenig später klingelt es an der Tür, denn Hannah wohnt nur ein paar Straßen weiter und konnte zu Fuß kommen.

Ich drücke auf den Summer und öffne schon mal die Wohnungstür, bleibe dort stehen. Das Klackern ihrer Schuhe auf den Stufen hallt durchs Treppenhaus. Sie besitzt nur schickes Schuhwerk, so was wie bequeme Sneakers findet man in ihrem Schuhschrank nicht. Da kommt sie! Wie immer ein Wow-Effekt. Sie trägt ein kanarienvogelgelbes Kleid und ihr klassisch geschnittener Bob glänzt wie eingeölt. Erst letzte Woche hat sie sich ihr langes Haar schwarz färben und kurz schneiden lassen. Eine krasse Typveränderung, denn eigentlich ist sie blond. Fast keimt ein bisschen Neid in mir auf. Wie macht sie das, nach einer durchfeierten Nacht und Sex mit einem Wildfremden so fabelhaft auszusehen?

Sie lächelt und schwenkt die Bäckertüte in der Hand. »Guten Morgen, Süße!«, ruft sie dann und umarmt mich im Türrahmen.

»Guten Morgen! Danke, dass du gekommen bist«, sage ich.

»Sag mal, hast du etwa schon Sport getrieben?«, meint sie in Bezug auf mein Outfit.

»Wie lange kennst du mich?«, antworte ich, vor Lachen japsend, und winke ab.

»Eigentlich zu lange, um so eine dämliche Frage zu stellen«, gibt sie zu und stimmt in mein Lachen ein.

Ich führe sie auf den Balkon, bitte sie, Platz zu nehmen, schütte die Brötchen in den Korb und schenke ihr einen Becher Kaffee ein.

»Ah … Das ist es, was ich brauche«, sagt sie, pustet darauf und trinkt dann den ersten Schluck. »Nach dem süßen Typen in meinem Bett …«

»Hast du ihn nach seiner Nummer gefragt?«

Sie schüttelt den Kopf so stark, dass ihre Haare fliegen, und schaut mich mit ihren blauen Augen durchdringend an.

---ENDE DER LESEPROBE---