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Sammelband mit drei Liebesromanen. „Millionaires and Surprising Secrets“ vereint die abgeschlossenen Romane „Fateful Mister Dark Eyes“, „Surprise, Mr. CEO“ und „The Darkness of Your Memories“. Drei prickelnde Romanzen – voller Witz, leidenschaftlicher Momente und viel Liebe. Buch 1 Fateful Mister Dark Eyes: Er ist ein Aufreißer, der es versteht, die Frauen auf seine charmante Art um den Finger zu wickeln. Und dann serviert er sie eiskalt ab … Ronan Maguire verdreht der jungen Elisa nach einer Trennung den Kopf. Wohin führt die schicksalhafte Begegnung mit dem geheimnisvollen Thriller-Autor? Buch 2 Surprise, Mr. CEO: Er ist geheimnisvoll. Er ist heiß. Kann sie ihm widerstehen? Scheidungsanwältin Julie wagt einen Neuanfang auf Long Island. Da kommt Kane, ihr sexy Vermieter, gerade recht. Doch er ist nicht der Mann, der er vorgibt zu sein … Buch 3 The Darkness of Your Memories: Ein Roadtrip der etwas anderen Art. Eine Liebe, die zu scheitern droht. Und eine Krankheit, die das Leben auf den Kopf stellt ... Romantisch. Emotional. Fesselnd.
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Millionaires and Surprising Secrets
Sammelband mit drei Liebesromanen
Kim S. Caplan
Inhalt
Buchbeschreibung
Fateful Mister Dark Eyes
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Epilog
Surprise, Mr. CEO
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Epilog
The Darkness of Your Memories
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Epilog
Nachwort
Impressum
Sammelband mit drei Liebesromanen. „Millionaires and Surprising Secrets“ vereint die abgeschlossenen Romane „Fateful Mister Dark Eyes“, „Surprise, Mr. CEO“ und „The Darkness of Your Memories“. Drei prickelnde Romanzen – voller Witz, leidenschaftlicher Momente und viel Liebe.
Buch 1 Fateful Mister Dark Eyes:
Nach einer schmerzhaften Trennung sucht Elisa Ablenkung in ihrer Lieblingsbuchhandlung. Dort versinkt sie in der heilen Welt der romantischen Liebesgeschichten. Doch was ist das? In einer der Geschichten glaubt sie, die Lovestory ihrer Großmutter wiederzuerkennen. Es ist genauso, wie sie es ihr unzählige Male erzählt hat. Ein Zufall?
Auf der Suche nach dem Verfasser des Romans erfährt Elisa, dass dieser bereits verstorben ist. Das Rätsel scheint nicht mehr lösbar zu sein. Aber dann entdeckt sie bei weiteren Recherchen den Enkel des Mannes, einen bekannten Thriller-Autor – Ronan Maguire.
Sie sucht ihn bei einer Lesung in London auf und ist sofort von ihm fasziniert. Und nicht nur mit seinen geheimnisvollen dunklen Augen zieht er sie in seinen Bann.
Doch anstatt ihr zu helfen, lässt er Elisa eiskalt abblitzen. Aber warum?
Buch 2 Surprise, Mr. CEO:
Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere zerbricht der Lebenstraum der New Yorker Scheidungsanwältin Julie in tausend Scherben. Als sie ihren Verlobten auf einer Firmenfeier in flagranti mit einer anderen erwischt, kündigt sie überstürzt ihren Job und flüchtet in ein Strandhaus auf Long Island.
Julie entschließt sich, einen Neuanfang zu wagen. Wenn da nicht der Vermieter des Hauses, Kane Chambers, wäre. Der attraktive Lebenskünstler verdreht ihr mächtig den Kopf. Doch ihn umgibt ein dunkles Geheimnis. Denn Kane ist nicht der Mann, der er vorgibt zu sein.
Genau in dem Moment, als Julie beginnt, sich ernsthaft zu verlieben, blockt Kane schroff ab und bricht ihr das Herz. Zurück in New York, versucht sie, den Mistkerl zu vergessen. Aber die leidenschaftliche Zeit mit Kane hat ungeahnte Folgen. Und was hat es mit der Million Dollar auf sich, die auf dem Konto ihrer Wohltätigkeitsorganisation gelandet ist?
Buch 3 The Darkness of Your Memories:
In was für ein Schlamassel bin ich da nur geraten. Meine Ehe mit einem mächtigen Filmproduzenten war eine Katastrophe. Nach der schmutzigen Scheidung bleibt mir nur die Flucht aus Los Angeles.
Typisch für mich, findet der Roadtrip in der Einöde von Texas durch eine Autopanne ein jähes Ende. Da stehe ich nun – der glühenden Mittagssonne ausgeliefert. Ein Wagen nähert sich auf dem staubigen Weg. Ein Mann steigt aus. Braun gebrannt, Dreitagebart, muskulös.
Hat man mich nicht gewarnt, in das Auto eines Fremden zu steigen? Egal, ich brauche seine Hilfe. Darren Fuller bringt mich auf seine heruntergekommene Ranch, wo er mit seinem Vater lebt. So ein Mist, nun hänge ich ausgerechnet hier im Nirgendwo fest.
Doch die Tage werden gar nicht so öde, wie ich gedacht habe. Darren übt eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Allerdings ist es nicht leicht, an ihn heranzukommen. Scheinbar hat er eine unüberwindbare Mauer um sich errichtet. Fasziniert von diesem geheimnisvollen Mann, versuche ich, diese Mauer Stein für Stein einzureißen, um zu erfahren, wer er wirklich ist. Langsam lerne ich Darren immer besser kennen – vielleicht sogar lieben?
Oder gehen meine Probleme jetzt erst richtig los?
Liebesroman 1 von 3
Er ist ein Aufreißer, der es versteht, die Frauen auf seine charmante Art um den Finger zu wickeln. Und dann serviert er sie eiskalt ab …
Nach einer schmerzhaften Trennung sucht Elisa Ablenkung in ihrer Lieblingsbuchhandlung. Dort versinkt sie in der heilen Welt der romantischen Liebesgeschichten. Doch was ist das? In einer der Geschichten glaubt sie, die Lovestory ihrer Großmutter wiederzuerkennen. Es ist genauso, wie sie es ihr unzählige Male erzählt hat. Ein Zufall?
Auf der Suche nach dem Verfasser des Romans erfährt Elisa, dass dieser bereits verstorben ist. Das Rätsel scheint nicht mehr lösbar zu sein. Aber dann entdeckt sie bei weiteren Recherchen den Enkel des Mannes, einen bekannten Thriller-Autor – Ronan Maguire.
Sie sucht ihn bei einer Lesung in London auf und ist sofort von ihm fasziniert. Und nicht nur mit seinen geheimnisvollen dunklen Augen zieht er sie in seinen Bann.
Doch anstatt ihr zu helfen, lässt er Elisa eiskalt abblitzen. Aber warum?
~ Elisa ~
Ich muss hier raus! Da sitzt dieses Scheusal breitbeinig auf dem Sofa und versucht mir weiszumachen, er hätte nichts mit der Fitnesstrainerin gehabt, von der er sich seit ein paar Wochen über den Strand von Brighton scheuchen lässt.
»Ach, halt den Mund, Matt!«, stoppe ich seine Schwüre und hebe die Hand hoch.
»Elisa, komm schon, Liebling …«, säuselt er.
»Hannah hat euch gesehen. Ihr habt wild herumgeknutscht und euch befummelt«, erkläre ich mit Nachdruck. »Willst du etwa andeuten, meine beste Freundin würde lügen?«
»Du weißt, dass sie aus Eitelkeit manchmal keine Brille trägt und ihre Kontaktlinsen oft vergisst …«
Ich lache hämisch auf. Seine Ausreden werden immer dämlicher. »Begreifst du nicht? Es ist aus!«, rufe ich.
»Gib mir noch eine Chance …«, fleht er.
»Nein«, bleibe ich hart und starre aus dem Fenster. Ich kann den Typen nicht mehr sehen, in seinem blöden neongelben Laufshirt, mit dem Stirnband und dem Fitnesstracker, den er neuerdings am Arm trägt. Ein fleischgewordener Sporttrottel.
»Okay, ich pack dann meine nötigsten Sachen«, gibt er endlich auf, nachdem wir schon eine geschlagene Stunde darüber diskutiert haben.
»Das wäre das Beste«, antworte ich patzig, mit dem Schmerz einer Betrogenen.
»Meine restlichen Sachen hole ich mit einem Kumpel ab.«
»Ich werde alles in Kartons räumen«, verspreche ich eigennützig, denn ich möchte nicht, dass er eventuell Sachen mitnimmt, die mir gehören. Dabei denke ich nicht an meine Slips, sondern eher an ein paar lieb gewonnene Dinge wie Bücher oder Souvenirs aus dem Urlaub.
»Alle klar«, vernehme ich seine Stimme, die bedrückt klingt. Sein Gesicht sehe ich nur schemenhaft als Spiegelung in der Scheibe. Es wirkt versteinert. Aber dies ist nicht der richtige Augenblick, um über seine Gefühle nachzudenken. Der Mistkerl hat meine Gefühle verletzt, verdammt noch mal! Und ich blöde Kuh habe geglaubt, in ihm meine große Liebe gefunden zu haben. Nach drei Jahren stehen wir nun vor dem Scherbenhaufen unserer Beziehung. Mehr ist davon nicht geblieben.
Irgendwie habe ich gerade das Gefühl, zu ersticken. Ich muss diese vier Wände verlassen, brauche dringend frische Luft! Im Flur ziehe ich meine Jeansjacke an und schnappe mir meine Handtasche. »Lass dir Zeit. Ich bin weg!«, rufe ich Matt durch die einen Spalt offen stehende Schlafzimmertür zu. Er stopft seine Kleidung gerade in die Reisetasche.
»Wo gehst du hin?«, erkundigt er sich mit gerecktem Hals.
»Ich weiß noch nicht … Und es geht dich auch nichts an …«, antworte ich, ziehe die Wohnungstür auf und lasse sie hinter mir krachend ins Schloss fallen, wie ein Statement, dass es nun mit einem Knall vorbei ist.
Mit einem fiesen Gefühl in der Magengrube gehe ich die Treppe hinunter. Mit jeder Stufe löst sich die Anspannung in meinem Körper und die Tränen beginnen zu fließen. Ich bin so traurig, aber gleichzeitig auch wütend auf Matt! Dass er mich mit dieser Tussi betrogen hat! Wir wollten doch nächstes Jahr heiraten, hatten bereits mit der Planung angefangen. Das Zerplatzen dieses Traums tut unendlich weh. Sich im anderen dermaßen getäuscht zu haben – das hat eine Wunde in mir aufgerissen, die lange nicht heilen wird, da bin ich mir sicher. Ich ziehe ein Papiertaschentuch aus der Handtasche, wische mir die Tränen von den Wangen und verlasse das Haus.
Der Himmel über der Küstenstadt färbt sich an diesem Samstagmittag im Frühling in ein verwaschenes Grau, als ich wie in Trance über die Promenade laufe. Die Menschen sitzen in bester Wochenendlaune in den Straßencafés. Abrupt bleibe ich stehen. Da vorn ist ein Café, in dem Matt und ich oft miteinander gefrühstückt haben. Diese Ära ist nun vorbei. Es ist wie ein Schlag ins Gesicht.
Langsam setze ich mich wieder in Bewegung und schlage den Weg zum Pier ein, einem meiner bevorzugten Plätze hier in meiner Heimatstadt. Ich verbinde damit unbeschwerte Kindheitserinnerungen, Fahrten auf dem Karussell und tonnenweise Eiscreme.
Am Ende des Piers bleibe ich stehen und schaue aufs tosende Meer. Körper und Geist fühlen sich träge an, mein Herz ist schwer wie ein Stein. Ich bin zweiunddreißig und es ist nun schon meine dritte Liebe hintereinander, die zerbrochen ist. Immer wurde ich aufs Hinterhältigste betrogen. Mein Vertrauen zu Männern ist zerstört. Ich werde mich eine Weile zurückziehen müssen, um alles zu verarbeiten. Bevor ich mich in trüben Gedanken verliere, sollte ich weitergehen. Es zieht mich in die Stadt, wo ich meinen Lieblingsbuchladen aufsuchen möchte. Auf dem Weg liegt meine Arbeitsstätte, die Sprachschule, in der ich unterrichte. Es macht mir enormen Spaß, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus dem Ausland die englische Sprache beizubringen oder ihre Kenntnisse zu verbessern. Ich selbst beherrsche fließend Spanisch und Französisch, bin von Kindheit an sprachbegabt. Lesen und das Schreiben von Kurzgeschichten gehören dazu.
Vor dem Buchladen angekommen, schaue ich ins Schaufenster, das stets mit den Neuerscheinungen bekannter Autoren bestückt ist. Ich öffne die Tür. Das zarte Klingeln des Glöckchens ist ein mittlerweile vertrautes Geräusch. In diesem alten Buchladen fühle ich mich wie im Wohnzimmer meiner leider verstorbenen Grandma – willkommen und behütet. Die Atmosphäre dort wirkt irgendwie tröstlich auf mich. Und das Schwelgen in diversen Liebesromanen ist für mich das größte auf der Welt.
»Guten Morgen, Elisa«, begrüßt mich der Inhaber, ein älterer Herr um die sechzig, der mich kennt, seit ich klein bin. Sobald ich lesen konnte, bin ich mit meiner Mum in den Buchladen gegangen und habe mein vorwitziges Näschen in Kinderbücher gesteckt, die von Abenteuern in fernen Ländern und starken Mädchen und Jungs handelte. »Bist du wieder auf der Suche nach einer besonderen Lektüre?«, will er wissen.
»Guten Morgen, George! Ich möchte nur ein wenig stöbern …«
»Aha.« Er lächelt, denn er weiß, dass mein Stöbern stets mit dem Kauf von zwei oder drei Büchern endet.
Immer wenn ich ihn sehe, muss ich schmunzeln, denn er ist ein echtes Original. Seine Lesebrille hängt an einer Kette um den Hals, was ein wenig großmütterlich aussieht. Und auch das graue Haar wird länger und länger, sodass er sich bald einen Zopf machen könnte.
Er deutet zum Fenster. »Sieht aus, als würde es jeden Moment anfangen, zu regnen. Hier bist du gut aufgehoben.«
»Ja«, stimme ich zu, denn ich habe vergessen, einen Schirm mitzunehmen.
»Komm mal mit nach hinten«, lockt George mich mit dem gekrümmten Zeigefinger. »Ich muss dir unbedingt etwas zeigen«, treibt er meine Neugier an.
»In Ordnung.« Ich folge ihm zu der Ecke mit den antiquarischen Büchern.
»Hier, ganz neu reingekommen«, sagt er, zieht ein Buch aus dem Regal und überreicht es mir.
Ich betrachte zuerst das Cover, auf dem die Schatten eines tanzenden Paares zu sehen sind. Im Hintergrund eine Laterne und ein dunkler Fluss. Der Titel lautet: Tanz an der Themse. Ich drehe das Buch um und lese den Klappentext. Es handelt sich um eine Liebesaffäre in London, Ende der 1950er-Jahre. »Das klingt interessant …«, murmle ich.
»Ich weiß doch, was dir gefällt«, erwidert George stolz. »Es stammt aus der Wohnungsauflösung einer verstorbenen Lady. Ihre Tochter hat mir einen ganzen Karton dieser alten Schätzchen überlassen.«
»Ich nehme es. Aber ich stöbere trotzdem noch einen Moment weiter«, sage ich, denn so schnell möchte ich den Laden nicht verlassen. Ich lasse mir Zeit, hole nacheinander ein paar Bücher aus dem Regal, lese die Klappentexte und stelle sie wieder zurück. Leider ist nichts Weiteres dabei. Die meisten Liebesromane kenne ich schon. Ein wenig enttäuscht, dass es diesmal bei nur einem Buch bleibt, gehe ich zur Kasse, hole mein Portemonnaie heraus, überreiche George die geforderte Summe und freue mich diebisch, denn es ist ein wahres Schnäppchen. Wobei ich fest glaube, dass George es einem anderen Interessenten teurer verkauft hätte. Er mag mich. Und das beruht auf Gegenseitigkeit.
»Vielen Dank! Und viel Freude mit dem Buch!«, wünscht er mir mit einem Augenzwinkern. »Es ist was Besonderes. Lass dich überraschen …«
»Danke schön«, murmle ich. Seine Worte machen mich neugierig. Ich verabschiede mich und verlasse den Laden. Noch regnet es nicht, aber die Wolken werden sich bald über der City erleichtern.
Ich habe Glück, entdecke auf der Außenterrasse des nächsten Lokals einen freien Platz, stürme darauf zu, bevor ihn mir jemand wegnimmt, und bestelle mir einen Cappuccino. In Brighton hat sich entgegen zum herkömmlichen Teegenuss in England eine großartige Kaffee-Kultur entwickelt, mit unzähligen Baristas, die einen mit ihren Kreationen und Schaumfiguren in Entzücken versetzen.
Während ich warte, streiche ich beinahe feierlich über den Bucheinband. Ein altes Buch hat eine Geschichte außer der, die der Autor verfasst hat. Wem hat es gehört? Was hat es dem Besitzer bedeutet? Warum ist es hier gelandet, in der hintersten Ecke des Buchladens? Fragen, die mir niemand beantworten kann. Nun ist es in meinen Besitz übergangen und es wird in meinem Bücherregal ein bleibendes Zuhause finden, wenn es mir gefällt.
Ich schlage das Buch auf und fange an, die ersten Zeilen zu lesen. Hach, ist das romantisch! Vielleicht gerade für mich zu romantisch, zu sehr heile Welt. Das Paar lernt sich auf einer Ausstellung in London kennen. Sie verabreden sich am nächsten Tag zu einem Spaziergang an der Themse. Die Frau heißt Mathilda, ist scheu und ein wenig schüchtern. Der junge Mann, Raymond, versteht es, sie mit seinem Charme, Humor und der unbändigen Lebenslust, die er versprüht, zu beeindrucken. Er selbst ist schon vom ersten Augenblick an Feuer und Flamme, hält sich aber zurück, denn er befürchtet, sie dadurch zu vertreiben.
Hach, sich zu verlieben, ist so schön. Und ich bin nun allein. Mit zitternden Lippen trinke ich meinen Cappuccino und wische mir den Milchschaum von den Lippen. Einige Tränen stehlen sich aus meinen Augenwinkeln. Verflucht! Ich wische sie mit dem Handrücken ab. Dies werden nicht meine letzten Tränen sein. Ganz gewiss nicht.
Zu dem Wasser aus meinen Augen gesellt sich ein anderes. Die ersten Regentropfen fallen auf mein Haar. Das Buch! Schnell versuche ich, meine neue Errungenschaft in der Handtasche zu verstauen, doch diese ist winzig. Mist! Um das Schätzchen vor Nässe zu schützen, verberge ich es unter meiner Jacke und klemme fest den Arm darüber. Jetzt aber schnell nach Hause! Ich winke der Bedienung und zahle.
Mit eingezogenem Kopf wähle ich den kürzesten Weg zu meiner Wohnung. Nass wie ein begossener Pudel öffne ich die Haustür und gehe nach oben, nur noch mit dem Wunsch beseelt, es mir mit dem Buch auf dem Sofa gemütlich zu machen. Ich schließe die Wohnungstür auf, gehe hinein und bleibe im Flur stehen. Der Duft von Matts Rasierwasser hängt noch in der Luft. Ich hatte es ihm zum Geburtstag geschenkt. Beinahe ein wenig angeekelt rümpfe ich die Nase. Bilde ich es mir ein oder gefällt mir der Duft plötzlich gar nicht mehr? Sein Betrug stinkt mir im wahrsten Sinne des Wortes.
Ich lege das Buch auf die Kommode und betrete das Badezimmer, um mir ein Handtuch für mein nasses Haar zu holen. Während ich es frottiere, betrachte ich mich forschend im Spiegel über dem Waschbecken. Meine jadegrünen Augen scheinen den Glanz verloren zu haben. Die Enttäuschung hat einen Schatten über das Leuchten gelegt, das sie früher besaßen. Ich sehe müde aus. Selbst mein Haar gefällt mir nicht. Es besitzt eigentlich eine schöne Farbe, ist haselnussbraun, mit einem rötlichen Schimmer. Unserer Familie verdanke ich nicht nur den Hang zur Rothaarigkeit, sondern auch die blasse Haut mit der Neigung zu Sommersprossen. Ein paar davon tanzen auf meiner Nase und den Wangen. An manchen Tagen mag ich sie, finde sie keck und ein bisschen frech, an anderen verfluche ich sie. Heute ist so ein Tag, an dem mir nichts an mir gefällt. Ich wende mich vom Spiegel ab, verlasse das Bad, nehme im Flur das Buch und lege es im Wohnzimmer auf das Tischchen vor der Couch. Anschließend suche ich im Küchenschrank nach Keksen, finde eine angebrochene Packung, die ich mit ins Wohnzimmer nehme. Perfekt vorbereitet lümmle ich mich auf die Couch, greife nach dem Buch und schlage es auf. Langsam fange ich an zu lesen, ermahne mich zur Bedächtigkeit, weil ich eine Leseratte bin, die alles schnell verschlingt. Mit der freien Hand angle ich einen Keks aus der Tüte und beiße ab. Es gibt nichts Besseres als den doppelten Genuss von Lesen und Naschen. Das Buch zieht mich so sehr in den Bann, dass ich einen Keks nach dem anderen verschlinge, bis sich in der Tüte nur noch ein paar Krümel befinden. Der Roman ist wunderschön geschrieben, der Schriftsteller schildert die Atmosphäre des alten Londons so, wie man es aus Filmen kennt. Und erst die Lovestory – sie fängt mit so zarten Banden an, so behutsam. Ich bin fasziniert und tauche in eine Zeit ab, die noch nicht von One-Night-Stands bestimmt war. Dieses Buch ist nicht nur eine Rarität, weil es so alt ist, sondern auch, weil es einem ein warmes Gefühl gibt.
Irgendwann reißt mich das Klingeln meines Handys aus dem Zauber meines Kopfkinos. Mein Blick fällt auf die Uhr. Es sind bereits Stunden vergangen. Ich lege das Buch aufgeschlagen beiseite und gehe ran.
»Hey, Hannah!«, sage ich zu meiner besten Freundin.
»Alle klar bei dir, Süße?«, will sie wissen.
»Nicht wirklich …«, gebe ich zu und erzähle ihr, dass ich Matt mit ihrer Beobachtung konfrontiert habe und was danach geschehen ist.
»Es tut mir so leid …«, sagt sie. »Der Mistkerl!«, flucht sie dann laut. »Du musst auf andere Gedanken kommen! Was machst du gerade?«
»Ich liege auf dem Sofa und lese ein Buch.«
»Wie wäre es, wenn du dich in schicke Klamotten schmeißt, in ein Taxi setzt und in unseren Lieblingspub kommst?«
»Nein, ich habe keine Lust«, lehne ich ab.
»Das kann ich irgendwie verstehen. Aber was glaubst du, was Matt heute macht? Er lässt sich bestimmt von der dürren Schlampe die Stange polieren …«
»Mann, Hannah! Jetzt hast du einen verschissenen Film in meinem Kopf ausgelöst«, erwidere ich sauer und versuche, die Bilder durch ein Bohren meines Fingers in die Schläfe zu verdrängen.
»Sorry! Das war nicht meine Absicht! Manchmal sollte ich nachdenken, bevor ich spreche«, gibt sie selbstkritisch zu.
»Nicht nur manchmal.«
»Ach komm, Liebes, verzeih mir …«
»Schon geschehen. Aber vergiss das mit dem Pub. Es ist alles noch zu frisch … Ich habe keinen Bock, mich von ein paar bescheuerten Typen anbaggern zu lassen und dämliche Sprüche zu hören.«
»Weißt du, womit letztens ein Typ bei mir landen wollte?«
»Erzähl …«
»›Hey, Beauty‹, sprach er mich an, taxierte mich mit glasigen Augen und bewegte sein Becken rhythmisch. ›Hast du zwanzig Minuten Zeit und Platz für fünfundzwanzig Zentimeter?‹«
»Was hast du geantwortet?«, frage ich voller Spannung, denn Hannah ist schlagfertig wie keine andere Frau auf diesem Planeten.
»›Hey! Warum? Willst du mich mit deiner Nase vögeln? Du bist so ein verfickt schlechter Lügner, dass diese gerade nämlich ganz schön gewachsen ist!‹«
Damit bringt mich Hannah tatsächlich zum Lachen. Womit könnte das besser gelingen, als mit einer Betrogenen über Kerle zu lästern?
»Gut. Wie du meinst. Dann ziehe ich allein los«, gibt sie sich schnell geschlagen, weil sie meine Sturheit kennt. »Wenn du es dir anders überlegst – du weißt, wo du mich findest.«
»Alles klar! Ich wünsche dir viel Spaß!«
»Den werde ich haben«, erwidert meine Freundin, die mit dem Selbstbewusstsein eines Superstars gesegnet ist. »Ich werde den silbernen Glitzerfummel tragen, den ich mir neulich auf unserer Shoppingtour gekauft habe.«
»Vergiss nicht, einen Slip darunter anzuziehen. Sonst sieht jeder dein senkrechtes Lächeln«, warne ich sie, denn das Teil ist ultrakurz.
»Mal sehen …«, antwortet sie prustend. »Gut, dass du mich daran erinnerst. Ich muss meine Bikinizone noch rasieren. Ein Damenbart kommt weder auf der Oberlippe noch unten gut an …«
»Hannah, du bist unverbesserlich!«
»Stimmt. Und unwiderstehlich …«
»Dein Selbstbewusstsein möchte ich besitzen …«
»Ja, von mir kannst du dir eine Scheibe abschneiden. Möglichst am Po«, witzelt sie weiter mit mir herum, um mich auf andere Gedanken zu bringen.
Ich lache lauthals.
»Dann widme dich ruhig wieder deinem langweiligen Schmöker …«, schließt Hannah mit dem Einfühlungsvermögen eines Elefanten im Porzellanladen das Gespräch.
»Das ist kein langweiliger Schmöker«, wehre ich mich empört, »sondern ein ganz besonderes antiquarisches Buch, das ich heute in Georges Laden gekauft habe.«
»Auch das noch …«, erwidert sie, unterlegt von einem gelangweilten Seufzen.
»Davon verstehst du nichts«, erwidere ich, ein bisschen beleidigt.
»Ich mache mir eben nichts aus Büchern.«
»Ich weiß. Du kannst nur was mit Filmen und deinen bescheuerten Serien anfangen«, gebe ich ihr patzig eine Retourkutsche.
»O Mann, Süße! Ich kann verstehen, dass du schlechte Laune hast, aber lass sie bitte nicht an mir aus. Du, ich muss mich noch ein bisschen aufbrezeln … Wie gesagt – du triffst mich im Pub. Oder du versauerst auf dem Sofa …«
Nach dem Telefonat gerate ich ins Grübeln, fühle mich ein wenig hin- und hergerissen. Buch oder Ausgehen? Das ist hier die Frage. Selbstverständlich würde ich meine Freundin gern sehen. Aber im dichten Gedränge könnten wir ohnehin nicht in Ruhe miteinander reden. Ich werfe einen Blick auf das Buch. Die Geschichte zieht mich magisch an, ich muss unbedingt wissen, wie es weitergeht. Ich lege mich auf die Couch, ziehe die Decke über meine Beine, schalte die Lampe hinter mir an, nehme es in die Hände und tauche in die Welt der Protagonisten ab, die mich als stille Zuschauerin an ihrer außergewöhnlichen Liebe teilhaben lassen. Das Buch ist so fabelhaft geschrieben, dass ich mich fühle, als wäre ich hautnah dabei. Ich spüre sämtliche Emotionen, die die beiden durchleben, Glück, Freude, aber auch Verzweiflung. Und immer, wenn die Protagonistin ihrem Liebsten ein Kompliment über seine wundervollen dunklen Augen macht, die sie an Zartbitterschokolade erinnern, scheine ich mit ihr in die Augen dieses Mannes schauen zu können und darin zu versinken, bis tief hinunter in seine Seele.
~ Elisa ~
Mit einem Top und einer Yoga-Hose bekleidet, sitze ich am nächsten Morgen mit einem Kamillentee auf dem Balkon, mein Gesicht den ersten Sonnenstrahlen entgegenhaltend. Über Nacht hat es sich abgeregnet. Der heutige Tag soll laut Wetterbericht warm und trocken werden.
Gestern Abend habe ich mir eine Pizza in den Ofen geschoben und komplett aufgegessen. Daher habe ich heute Morgen noch keinen Appetit. Die halbe Flasche Rotwein spüre ich außerdem im Kopf. Aber das wird sich an der frischen Luft schnell legen.
Noch bis weit in die Nacht habe ich gelesen und das Buch daher fast beendet. Dann wurden meine Augenlider so schwer, dass ich zu Bett gegangen bin. Nun bin ich gespannt auf das Ende. Ich schlage es auf der Seite auf, an der ich das Lesezeichen gesetzt habe. Es fehlen noch einige Abschnitte. Am liebsten möchte ich sie verschlingen, doch ich lasse mir Zeit. Dieser so liebevoll verfasste Roman hat ein wenig Bedächtigkeit verdient. Und irgendwie möchte ich nicht, dass er endet.
Nach der letzten Seite seufze ich und schlage das Buch zu. Es stimmt mich ein wenig traurig, dass es kein richtiges Happy End gab. Die Liebenden haben sich am Ende nicht wiedergefunden. Doch die Reise mit den wunderbaren Charakteren war trotzdem schön. Ich schließe die Lider und träume ein wenig vor mich hin, lasse einige Sequenzen Revue passieren. Dann schießt es mir wie ein Blitz durch den Kopf. Ich kenne die Geschichte irgendwoher. Bloß woher? Wurde sie verfilmt? Ich kann mich nicht genau erinnern, grabe tiefer und tiefer in meiner Erinnerung und finde einige Bruchstücke. Das kann doch nicht sein! Aufgeregt erhebe ich mich und gehe ins Wohnzimmer, tigere dort hin und her. Meine Großmutter Theresa hat mir immer solch eine Geschichte erzählt, als ich klein war. Sie schwor, sie hätte diese selbst erlebt. Und ich hatte ihr geglaubt. Je mehr ich nachdenke, desto klarer wird die Erinnerung. Als sie ganz jung war, reiste sie für einige Wochen nach London und begegnete dort einem jungen Mann. Er kam aus Irland und hatte die Ambitionen, ein großer Schriftsteller zu werden. Er war ein Träumer, nicht bodenständig, so wie die Männer, die sie zuvor kennengelernt hatte. Sie verliebte sich Hals über Kopf in ihn und die beiden verbrachten ein paar wundervolle, leidenschaftliche Tage zusammen, bis sie wieder in ihre Heimatstädte zurückkehrten. Sie schrieben sich noch eine Weile, aber dann verloren sich ihre Spuren.
O mein Gott, könnte diese Story tatsächlich die wahre Geschichte meiner Großmutter und ihrer Liaison sein? Oder bin ich jetzt vollkommen verrückt geworden?
Ich nehme das Buch und setze mich mit klopfendem Herzen in den Sessel. Nochmals lese ich die Passage, in der sie das Café besuchen. Die junge Frau war so aufgeregt, dass sie den Tee verschüttet hat, auf die edle weiße Tischdecke. Es war ihr unfassbar peinlich, doch ihr Begleiter hat nur gelacht und gesagt: »Schau mal, der Fleck hat genau die Umrisse von Italien.« Charmant hat er ihr kleines Missgeschick zum Anlass genommen, einen Traum daraus entstehen zu lassen. »Was meinst du, sollen wir mal gemeinsam nach Italien reisen? Hand in Hand über die Spanische Treppe in Rom laufen? Ein paar Münzen in den Trevi-Brunnen werfen?«, hatte er verliebt gefragt.
Mein Kopf wird heiß. Meine Großmutter hat es mir ähnlich erzählt. Das kann kein Zufall sein! Aufgeregt blättere ich weiter, bis ich zu der Szene komme, an der beide über den Markt schlendern. Sie bewundert die üppigen, bunten Blumensträuße eines Standes und genießt den süßen Duft. Als sie danach einen Park aufsuchen und sich auf eine Bank setzen, verschwindet er unter einem Vorwand und taucht Minuten später mit einem Strauß in der Hand auf. Sie ist beinahe zu Tränen gerührt, so sehr freut sie sich über seine Aufmerksamkeit.
Gütiger Himmel! Das hat mir Grandma immer in den schönsten Worten erzählt, so lebendig, dass ich glaubte, den Duft der Blüten wahrnehmen zu können. Und noch etwas sehr Romantisches kommt mir in den Sinn. Eine der Blüten hat sie zwischen Löschpapier gelegt und in ein Buch gepresst, sodass sie dort trocknete. Diese Erinnerung hat sie für immer aufbewahrt.
Es muss die Lovestory meiner Grandma sein! Der Autor hat die Frau anders geschildert, als meine Großmutter aussah, und sie hatte im Roman auch einen anderen Namen, aber das muss nichts bedeuten. Wahrscheinlich hat er es mit Absicht getan, wollte nicht zu viel preisgeben.
Es gibt niemanden in meiner Familie, den ich fragen könnte. Meine Großmutter ist tot. Sie besaß keine Geschwister und auch meine Mutter, die ihr einziges Kind war, ist leider Gottes verstorben. Vor ein paar Jahren erlag sie einer plötzlichen, schweren Krankheit. Jeder Gedanke an sie tut noch immer weh, dieser Schmerz vergeht nie. Ich vermisse sie unendlich. Und mein Vater? Er lebt inzwischen mit seiner neuen Lebensgefährtin im Ausland, auf den sonnigen Kanaren. Mit Familiengeschichten hat er sich außerdem nie befasst. In seinem neuen Leben habe ich außerdem keinen Platz mehr.
Ich rufe Hannah an, die wie eine Schwester für mich ist, die ich leider nicht besitze. Mum und Dad machten mir klar, dass es keine Geschwister für mich geben würde, denn weitere Kinder wollten sie nicht. Hannah weiß immer einen Rat. Auf dem kleinen Balkontisch liegt mein Handy. Ich gehe hinaus, setze mich und wähle ihren Kontakt.
»Scheiße, Elisa … Hast du eine Ahnung, wie spät es ist?«, vernehme ich ihre belegte Stimme.
»Ja. Halb elf.«
»Eben. Halb elf sonntags«, erwidert sie, als hätte ich sie zu nachtschlafender Zeit geweckt. »Ich habe noch eine Arbeitskollegin getroffen und wir sind letzte Nacht in einem Klub versackt …«
»Entschuldige. Das hätte ich mir denken können.«
»Was gibt’s so Wichtiges?«
»Das erkläre ich dir besser persönlich …«
»Okay. Ich dusche schnell und komme dann rüber. Aber erst muss ich den Typen nach Hause schicken, der neben mir im Bett liegt.«
Beinahe kippe ich mit meinem Balkonstuhl um. »Mensch, Hannah! Hattest du wieder einen One-Night-Stand?«
»Was ist schon dabei? Das Leben ist zu kurz, um auf Mister Right zu warten …«, erwidert sie. »Zumindest weiß ich seinen Namen, das ist doch schon mal was. Er heißt Liam und sieht echt schnucklig aus …«
»Frag ihn doch nach seiner Telefonnummer. Es muss schließlich nicht bei einer Nacht bleiben …«, gebe ich ihr einen Denkanstoß.
»Mal sehen …«, antwortet sie. »Setz schon mal einen starken Kaffee auf. Ich bringe frische Brötchen mit. Die können wir mit salziger Butter und Marmelade essen.«
»Himmlisch! Ich danke dir. Bis gleich!« Ich lege das Handy beiseite, betrete die Küche und bereite den Kaffee zu. Während er durchläuft, stelle ich die Zutaten fürs Frühstück auf ein Tablett, Butter und verschiedene Sorten Marmelade, bringe alles mitsamt Geschirr und Besteck auf den Balkon. Das schöne Wetter muss man ausnutzen.
Wenig später klingelt es an der Tür, denn Hannah wohnt nur ein paar Straßen weiter und konnte zu Fuß kommen.
Ich drücke auf den Summer und öffne schon mal die Wohnungstür, bleibe dort stehen. Das Klackern ihrer Schuhe auf den Stufen hallt durchs Treppenhaus. Sie besitzt nur schickes Schuhwerk, so was wie bequeme Sneakers findet man in ihrem Schuhschrank nicht. Da kommt sie! Wie immer ein Wow-Effekt. Sie trägt ein kanarienvogelgelbes Kleid und ihr klassisch geschnittener Bob glänzt wie eingeölt. Erst letzte Woche hat sie sich ihr langes Haar schwarz färben und kurz schneiden lassen. Eine krasse Typveränderung, denn eigentlich ist sie blond. Fast keimt ein bisschen Neid in mir auf. Wie macht sie das, nach einer durchfeierten Nacht und Sex mit einem Wildfremden so fabelhaft auszusehen?
Sie lächelt und schwenkt die Bäckertüte in der Hand. »Guten Morgen, Süße!«, ruft sie dann und umarmt mich im Türrahmen.
»Guten Morgen! Danke, dass du gekommen bist«, sage ich.
»Sag mal, hast du etwa schon Sport getrieben?«, meint sie in Bezug auf mein Outfit.
»Wie lange kennst du mich?«, antworte ich, vor Lachen japsend, und winke ab.
»Eigentlich zu lange, um so eine dämliche Frage zu stellen«, gibt sie zu und stimmt in mein Lachen ein.
Ich führe sie auf den Balkon, bitte sie, Platz zu nehmen, schütte die Brötchen in den Korb und schenke ihr einen Becher Kaffee ein.
»Ah … Das ist es, was ich brauche«, sagt sie, pustet darauf und trinkt dann den ersten Schluck. »Nach dem süßen Typen in meinem Bett …«
»Hast du ihn nach seiner Nummer gefragt?«
Sie schüttelt den Kopf so stark, dass ihre Haare fliegen, und schaut mich mit ihren blauen Augen durchdringend an. »Nein. Aber er hat nach meiner gefragt.«
»Hast du sie ihm gegeben?«
»Wo denkst du hin? Aber er hat mir seine einfach auf einen Zettel gekritzelt und auf den Tisch gelegt. Ich habe ihn zerknüllt und in den Papierkorb geworfen.«
»Findest du es nicht schade, dass du ihn nicht wiedersehen wirst, wo du ihn doch so süß findest?«
»Es gibt noch andere Mütter mit attraktiven Söhnen«, meint sie keck, schneidet ein Brötchen in zwei Hälften und bestreicht es mit Butter und Orangenmarmelade.
Ich nicke nur. Obwohl Hannah meine beste Freundin ist, werde ich einige Handlungen von ihr nie verstehen. Warum gibt sie ihm keine Chance, sie kennenzulernen? In ihrem tiefsten Herzen möchte sie schließlich auch eine Beziehung. Aber das würde sie nur zugeben, wenn sie einen über den Durst getrunken hat. Es hat keinen Zweck, mit ihr darüber zu diskutieren, daher trinke ich einen Schluck Kaffee und mache mir ein Brötchen mit Erdbeermarmelade.
»Was wolltest du mit mir besprechen?«, hakt Hannah neugierig nach.
Ich berichte ihr von dem mysteriösen Buch, doch ihre Reaktion fällt anders aus als erwartet. Sie zuckt nur mit den Schultern.
»Dazu hast du nichts zu sagen?«, frage ich ungläubig.
»Bestimmt nur reiner Zufall …«, meint sie lapidar und isst weiter.
»Denkst du wirklich?«, lasse ich mich verunsichern.
Hannah lacht spöttisch. »Klar!« Dann schaut sie mich sanft an. »Tut mir leid, Liebes. Dir scheint es mit dieser Sache mächtig ernst zu sein.«
»Was soll ich nur tun?« Verzweifelt runzle ich meine Stirn.
»Hast du schon im Netz nachgesehen?«
»Im Netz?«, frage ich begriffsstutzig.
»Schusselchen …«, tadelt sie mich grinsend. »Dann wollen wir mal sehen, was es über den Autor ausspuckt. Wie heißt der Typ?«
»Robert Peter Maguire«, erkläre ich.
Sie tippt den Namen in ihr Handy ein.
Ich rücke mit meinem Stuhl näher an sie heran und lese mit ihr das Ergebnis:
Robert Peter Maguire, geboren am 19. März 1933 in Dublin, Irland, gestorben am 29. September 2017 in London, war ein bekannter Krimi-Schriftsteller. Viele seiner Kriminalromane wurden für die Theaterbühne adaptiert und zwei sogar verfilmt. Seine berühmtesten Schöpfungen waren der schrullige Kommissar Oscar Murphy sowie die taffe Ermittlerin Clara Fog. Er verfasste auch einen Liebesroman, der allerdings kein Bestseller wurde, so wie seine anderen Werke.
»Er ist also bereits tot«, flüstere ich bedrückt. »Dann hat er das Geheimnis mit ins Grab genommen …«
»Nicht unbedingt …«
»Was meinst du?«
»Vielleicht hat er Nachkommen, die von der Sache wissen …« Mit flinken Fingern schreibt Hannah etwas in die Suchmaske. »Aha!«, ruft sie dann aus und deutet auf einen Artikel.
»Ronan Patrick Maguire, Enkel des berühmten Schriftstellers Robert Peter Maguire, hat mit seinem neuesten Thriller Der dunkle Fluch des Killers die Bestsellerlisten gestürmt«, lese ich laut vor und schaue fasziniert auf das Foto, das einen attraktiven Mann mit dunklen Haaren und Dreitagebart zeigt, dessen intensiver Blick einen zu hypnotisieren scheint. Wow, hat der wundervolle dunkle Augen. Zartbitterschokolade kommt mir als Erstes in den Sinn. Wie die Frau im Roman immer sagte.
»Er hat offenbar das Talent seines Großvaters geerbt«, stellt Hannah fest und reißt mich aus meiner Träumerei.
Ein Geistesblitz schlägt in mein Hirn ein. »Ich könnte eines seiner Bücher kaufen. Meistens steht eine Kontaktmöglichkeit zum Autor darin. Dann kann ich ihm eine Nachricht schreiben und mein Anliegen schildern. Oder besitzt er vielleicht eine Website?«
Hannah sucht fieberhaft im Netz. »Nein, leider nicht. Auch auf Social Media ist er nicht aktiv. Seltsam …«
»Offenbar ist er etwas introvertiert. Das sind Künstler manchmal. Nicht jeder möchte alles über sich preisgeben«, nehme ich ihn in Schutz, obwohl ich ihn nicht kenne.
»Kann sein. Er ist nur auf der offiziellen Webseite des Verlages zu finden. Warte, da steht was Interessantes! Der siebenunddreißigjährige Autor hält nächsten Freitagabend eine seiner seltenen und begehrten Lesungen – mit Signierstunde.«
»Wo? In London?«, spreche ich meine Wunsch-Stadt aus und sehe mich bereits vor meinem geistigen Auge in dem zauberhaften alten Buchgeschäft. Hoffentlich findet es nicht in einer dieser großen Einkaufszentrum-Buchhandlungen statt.
»Bingo!«, ruft Hannah freudig aus. »London!«
»Wo genau?«
»In Richardson’s Bookshop. Er soll einer der ältesten des Landes sein.«
»Wundervoll!« Ich klatsche begeistert in die Hände.
»Du solltest hinfahren«, rät sie mir dann voller Eifer.
»Meinst du wirklich?«, frage ich zaghaft, obwohl diese Option bereits die ganze Zeit durch meine Gedanken schwirrt.
»Ja, das solltest du.« Hannah nickt zur Bestätigung. »Am besten, wir suchen dir gleich ein Hotel raus.«
»Ich weiß nicht …« Zögernd beiße ich mir auf die Unterlippe.
»Süße, die Trennung von Matt war schmerzhaft und ist noch frisch. Ich weiß, dass du dich schlecht aufraffen kannst … Aber tu es einfach! Das Leben muss weitergehen. Dies ist die beste Gelegenheit, mal aus deinem Alltag herauszukommen und deine Sorgen zu vergessen.«
»Du meinst, dieses Buch ist ein Wink des Schicksals …«
»Wenn du es so sehen willst …«, erwidert Hannah seufzend.
»Ja!«, rufe ich dann aus. »Ich tue es! Schau mal bitte nach einem Hotel in der City«, fordere ich meine Freundin auf.
»Wie lange willst du bleiben? Übers Wochenende?«
»Hm …«, überlege ich. »Warum nicht länger, bis zum Sonntag darauf? Ich kann mir problemlos meinen Jahresurlaub nehmen, dann habe ich danach auch noch ein bisschen frei. Die neue Lehrkraft an der Sprachschule ist eingearbeitet und kann mich vertreten.«
»Du hast recht. Wenn schon, denn schon.« Hannah lacht.
Nachdem wir uns mehrere Hotelseiten angesehen haben, fällt meine Wahl auf eine luxuriöse Unterkunft direkt im Stadtkern von London, die einen Sonderpreis anbietet, wenn man über eine Woche bleibt. Laut Karte kann ich von dort die Buchhandlung und viele andere Sehenswürdigkeiten zu Fuß erreichen.
»Na, das war doch gar nicht so schwer …« Hannah schenkt uns Kaffee nach und lehnt sich zufrieden zurück.
Meine Emotionen schwanken zwischen Aufregung und Freude. Habe ich mir im Überschwang der Gefühle zu viel zugemutet? Ich weiß es nicht.
~ Elisa ~
Am nächsten Freitag …
Auf nach London! Am Morgen verstaue ich mein Gepäck im Kofferraum meines Autos, steige angespannt, aber voller Vorfreude ein und programmiere den Zielort in mein Handy, das mir als Navi die beste und schnellste Route aufzeigen wird. Ich starte den Motor. Mein alter Wagen hat zwar ein paar Dellen, aber er hat mich bisher noch nie im Stich gelassen. Da ich schon öfter nach London gefahren bin, ist mir die Strecke nicht komplett fremd. Hier und da eine Umfahrung durch eine Baustelle, dann bin ich wieder auf einem vertrauten Weg.
Gegen die Weltmetropole London ist Brighton ein Dorf. Ein Besuch dort ist deshalb immer enorm aufregend. Während mein Wagen über die Straße gleitet, gehe ich gedanklich durch, was ich mir alles vorgenommen habe. Nach der Lesung steht ein Besuch in einem hippen Pub auf meiner To-do-Liste. Ob ich mich dies jedoch trauen werde, so allein, steht noch infrage. Es gibt viele Schatten, über die ich springen muss. Noch wirken sie düster und wie ein Loch, in das ich hineinfallen könnte. Doch vielleicht kann ich mich überwinden und finde den Mut, es zu tun.
Zwei Stunden später erreiche ich das Hotel. Wow, was für ein imposanter Kasten das denkmalgeschützte Gebäude aus dem Jahr 1900 ist! Ich steuere meinen Wagen in die ausgewiesene Tiefgarage in der Nähe, für deren Zufahrt ich einen Code erhalten habe. Dort stelle ich meine Rostlaube ab, steige aus und nehme mein Gepäck. Nun wird es ernst. Ich verlasse die Tiefgarage und gehe zögerlich auf den Eingang zu. Das Hotel ist piekfein, wirkt ein bisschen einschüchternd. Mit weichen Knien steuere ich die Rezeption an, um einzuchecken. Die junge Frau hat alles schnell mit mir abgewickelt und überreicht mir meine Schlüsselkarte. Ich bedanke mich und steige in den Aufzug, denn mein Zimmer liegt in einer der oberen Etagen. Der Aufzug macht Ping und ich schaue auf den Flur hinaus. Ja, hier bin ich richtig. Am Ende des langen Gangs liegt mein Zimmer. Beinahe fällt mir vor Aufregung die Karte aus den Händen. Es ist ein Gefühl, als würde ich einen Tresor öffnen. Langsam schiebe ich die Tür auf und trete ein. Ist das schön hier! Ganz in Weiß, Anthrazit und Safrangelb gehalten, strahlt der Raum Wärme und gleichzeitig Frische aus. Ich stelle meine Reisetasche ab und begebe mich ans Fenster. Die Aussicht ist faszinierend. Ich drehe mich um. Und das riesige Boxspringbett! Ich lasse mich rücklings darauf fallen und merke, dass sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitet. Endlich bin ich wieder ein bisschen glücklich. Das Leben geht weiter, auch als Single.
Ich stehe auf und hole mein Handy heraus, denn ich habe versprochen, Hannah gleich anzurufen, wenn ich im Hotel bin.
»Hey, Liebes! Ich bin bereits auf meinem Zimmer«, teile ich ihr mit.
»Und – wie ist es?«
»Fantastisch! Genau wie auf den Fotos.«
»Und? Bist du schon aufgeregt?«
»Wahnsinnig!«
»Ruf mich nachher unbedingt an!«
»Selbstverständlich.«
»Klar! Ich drück dir die Daumen, dass du persönlich mit Ronan Maguire sprechen kannst«, schließt Hannah unser Gespräch.
»Danke. Ja, das hoffe ich auch. Bis später.« Ich lege mein Handy beiseite, verstaue meine Sachen im Schrank und begebe mich ins Bad, um mich frisch zu machen.
Am frühen Abend ziehe ich erwartungsvoll los. Weil es ganz London-typisch regnet, habe ich mich für eine wetterfeste Jacke mit Kapuze entschieden. Ein Schirm wäre mir zu lästig. Ich schlage den Weg nach links ein. In Großstädten verliere ich schnell die Orientierung, aber den Buchladen werde ich finden, denn ich habe mir die Karte eben noch auf dem Handy angeschaut.
Mein Herz schlägt schneller, als ich entdecke, dass sich vor dem Laden eine Menschenschlange gebildet hat. Die Menschen stehen brav und gesittet an, wie an den Bushaltestellen hier in London. Krass, wie viele Fans er hat! Es ist weitgehend weibliches Publikum. Seltsam, man sagt doch, dass auch Männer gern Thriller lesen. Es muss an der attraktiven Erscheinung des Autors liegen, dass die Ladys sich hier versammeln, als wäre Ausverkauf im Schuhladen.
Ich reihe mich hinter die letzten in der Reihe ein, zwei jungen Frauen, die aus dem Schwärmen über das aktuelle Werk des Autors und ihn selbst nicht herauskommen. Die Aufregung steigt von Sekunde zu Sekunde. Ich werfe einen Blick auf das Lesungsplakat, das im Schaufenster hängt. Darauf sind das Autorenfoto von Ronan Maguire zu sehen sowie das Cover seines neuesten Thrillers. Er sieht wie ein Model aus.
Endlich geht die Tür auf. Relativ gesittet betreten die Besucher den Buchladen. Auch hier gibt es keinen Ansturm wie auf eine Grabbelkiste mit Sonderangeboten, alle bleiben ruhig.
Ich schaue mir die bis zur Decke reichenden Regale aus dunklem Holz an, die mit Büchern gefüllt sind. Bücher sind für mich die größte Verlockung, ich möchte nicht wissen, wie viel Geld ich schon dafür ausgegeben habe. Aber was soll’s, dafür mache ich mir nichts aus anderen Dingen wie Schmuck, Parfüm oder Handtaschen und Schuhen.
Auf einem Podest steht ein Stuhl, ein kleiner Tisch mit einem Mikrofon, einer Lampe sowie einem Glas und einer Flasche Mineralwasser. Dort wird der Künstler gleich seine Lesung halten.
Auf der Verkaufstheke liegt ein Stapel Bücher bereit. Ich stelle mich an und erwerbe ein Exemplar. Anschließend steuere ich auf die Stuhlreihen zu. Meine Wahl fällt auf einen mittigen Platz in der dritten Reihe. Prima. Von hier kann ich ihn bestimmt bestens sehen und hören.
Geht es schon los? Ein grauhaariger älterer Herr in einem Tweed-Jackett setzt sich an den Tisch und richtet das Mikro.
»Guten Abend und herzlich willkommen! Ich bin James Richardson, der Besitzer dieses Buchladens«, stellt er sich vor. »Heute habe ich das Vergnügen, Ihnen einen der beliebtesten Thriller-Autoren des Landes vorzustellen, Mr Ronan Maguire. Mit Der dunkle Fluch des Killers hat er sich selbst übertroffen und die Spannung auf die Spitze getrieben. Ich will nicht zu viel verraten, aber der Killer ist dermaßen furchteinflößend … Nach dem Lesen habe ich im Schlafzimmer das Licht angelassen und traute mich nicht, die Augenlider zu schließen. Jedes noch so kleine Geräusch ließ mich hochschrecken …«
Zustimmendes Gelächter ist aus den Reihen zu hören.
»Nun, es gibt leider einen kleinen Wermutstropfen. Mr Maguires Flieger hatte Verspätung. Aber keine Panik – er sitzt gerade bereits im Taxi und ist auf dem Weg zu uns. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend und viel Spaß.« Mr Richardson erhebt sich und verschwindet hinter dem Vorhang.
Ich schlage das Buch auf, das ich in meinen Händen halte. Noch ist es unwirklich, dass der Autor es gleich für mich signieren wird. Ich besitze kein Buch mit persönlicher Widmung, es wird daher etwas ganz Besonderes für mich sein. Die Wartezeit macht mich kribbelig, denn ständig wabert die Frage durch meinen Kopf, ob ich überhaupt ein Wort herausbekomme, wenn ich vor ihm stehe. Mal abwarten. Ich lese die ersten Zeilen. Diese sind dermaßen spannend, dass sich mir fast die Zehennägel kräuseln.
Die anderen Besucher werden zunehmend unruhiger. Endlich tut sich was hinter dem Vorhang. Ich schlage das Buch zu und beobachte alles genau. Eine Hand schiebt ihn beiseite und dann tritt er hervor – Ronan Maguire persönlich. Ich starre ihn nur an, bin zu keinem richtigen Gedanken fähig. Wow! Er sieht genau so fantastisch aus wie auf den Fotos, ist groß und breitschultrig. Der Dreitagebart und die sonnengebräunte Haut sind sehr sexy. In einer dunklen Hose und Hemd mit geöffneten oberen Knöpfen wirkt er elegant als auch lässig.
Das Publikum gibt ihm mit tosendem Applaus Vorschusslorbeeren, die er mit einer Bewegung seiner Hand stoppt. Bedächtig nimmt er hinter dem Tisch Platz.
Ich bin so gespannt auf seine Stimme! Mit aufeinandergepressten Lippen erwarte ich seine ersten Worte.
»Guten Abend!« Er schaut langsam über die Stuhlreihen, als wolle er jedem einzelnen Besucher ins Gesicht sehen.
O mein Gott, gerade schaut er mich an!
»Wie Mr Richardson Ihnen bereits mitgeteilt hat, hatte meine Maschine Verspätung«, fährt er fort. »Ich komme gerade vom Surfen aus Portugal. Wenn ich ein Buch geschrieben habe und meine einzige Art von Bewegung eine Drehung in meinem Schreibtischstuhl war, brauche ich immer etwas Action …«, erklärt er, ohne sich zu entschuldigen. Damit hat er sogleich den ersten Lacher auf seiner Seite.
Heilige Scheiße, hat der Typ eine Stimme! Wie ein Synchronsprecher, stark beeindruckend und tief. Und dass er sich nicht für eine Sache entschuldigt, für die er nichts kann, zeugt von großer Selbstsicherheit.
Ronan Maguire schenkt sich mit Gelassenheit ein Glas Wasser ein und trinkt einen Schluck. Dann schlägt er das Buch auf. »Suzanne tapst vorsichtig auf nackten Füßen durch den Flur. Es ist dunkel. Stockdunkel. Und sie hat Angst. Es ist eine schreckliche Form von Angst, existenziell, um ihr Leben bangend. Sie spürt etwas Klebriges an ihren Füßen. Was ist das? Ein metallischer Geruch steigt ihr in die Nase. Das muss Blut sein! Die Panik in ihr steigert sich. Suzanne möchte schreien, doch sie weiß, dass sie es nicht tun darf. Fest presst sie sich eine Hand vor den Mund und geht weiter. Dann hört sie ein Wimmern. So leise, dass sie es zuerst für eine Sinnestäuschung hält …«
Alle hören ihm gebannt zu. Irgendwie bin ich zu aufgeregt, um den Text zu verfolgen. Der Klang seiner Stimme lässt ein so starkes Prickeln durch meinen Körper jagen, als würde er gerade eine heiße erotische Szene vorlesen. Moment – schaut er mich gerade etwa an? Oder ist das nur Einbildung? Am liebsten würde ich mir mit der Hand Luft zufächeln, doch das könnte Aufsehen erregen. Deshalb lasse ich es sein.
Er liest und liest und liest … Ich hänge an seinen Lippen.
Dann lässt mich ein Riesenapplaus aufschrecken.
Mr Maguire nimmt ihn mit einem kurzen, dankenden Nicken entgegen. »Der Ladeninhaber hat Ihnen versprochen, dass Sie mir nun ein paar Fragen stellen dürfen.« Er dreht sich um und schaut ihn an. »Das war nicht vereinbart, Mr Richardson …«
Der ältere Herr zuckt mit den Schultern und lächelt verschmitzt.
»Also? Wer will den Anfang machen?«, fragt Ronan und lässt seinen Blick durch den Raum schweifen.
Eine junge Frau, die in der Reihe vor mir sitzt, hebt schüchtern die Hand. »Wie lange wird es dauern, bis wir einen neuen Roman von Ihnen lesen dürfen?«, will sie mit piepsiger Stimme wissen.
Der Autor lächelt amüsiert. Ich weiß nicht, ob es wegen dem maushaften Piepsen der Lady oder ihrer Frage ist.
»Sie sind aber ungeduldig«, antwortet er grinsend. »Aber ich arbeite bereits am Plot meines nächsten Thrillers. Im Urlaub kam mir eine Idee, die mich nicht losgelassen hat.«
Ein Mann um die vierzig in einem Cord-Sakko, mit einer bunten Fliege um den Hals, meldet sich. Ich ahne Böses. Solche Typen fallen immer unangenehm auf.
»Woher nehmen Sie Ihre Ideen?«, fragt er in schneidendem Klugscheißer-Tonfall.
»Ich besitze eine rege Fantasie … Anders kann ich es nicht erklären …«
»Hatten Sie selbst schon mal Mordgelüste?«
»Gerade in diesem Moment«, antwortet der Autor schlagfertig.
Alle lachen, nur der Fragesteller nicht.
Eine Dame in der ersten Reihe meldet sich. »Ihre Romane spielen ausschließlich in England oder Irland. Haben Sie Ambitionen, eine Handlung mal nach Amerika zu verlegen?«
Ronan überlegt kurz. »Berechtigte Frage. Dort gibt es auch ziemlich viele Bösewichte, wie man weiß«, fügt er leicht sarkastisch und augenzwinkernd hinzu. »Nein, ich bleibe bei den gewohnten Ländern. Dort kenne ich mich am besten aus.«
»Verstehe! Ich liebe die Atmosphäre in ihren Romanen«, gibt sich die Lady mit seiner Antwort zufrieden. »Man bekommt stets Lust, dorthin zu reisen … Wenn sich da nur nicht so ein schrecklicher Killer herumtreiben würde …«, setzt sie nach, was die Menge und den Autor zum Lachen bringt.
Eine Dame mittleren Alters hebt die Hand, weiße Bluse und Brille, Typ Lehrerin. »Wie viele Stunden schreiben Sie täglich?«
»Das kann ich nicht genau sagen. Wenn ich in einen Flow gerate, schreibe ich nächtelang. Oder tagelang … Je nachdem.«
»Was essen Sie dann zwischendurch? Bestellen Sie sich was beim Lieferdienst?«, hakt sie nach.
»Mein leibliches Wohl scheint Ihnen am Herzen zu liegen …« Mr Maguire grinst. »Tja, was ich esse … Auch das ist unterschiedlich. Meistens bestelle ich mir was, worauf ich gerade Lust habe. Oder meine Haushälterin bereitet mir etwas zu. Um unter Leute zu kommen, gehe ich auch öfter mal aus. Ich liebe zum Beispiel indisches Essen. Aber generell bin ich offen für alles …«
»Wie wäre es mit Buchstabensuppe?«, ruft ein besonders vorwitziger Besucher in den Raum, was alle wieder erheitert.
»Eins zu null für Sie!«, ruft der Autor zurück.
»Was machen Sie, wenn es beim Schreiben stockt?«, will die junge Frau neben mir wissen.
»Dann kritzle ich Strichmännchen auf den Block neben mir …«
»Malen kann er also auch«, treibt die Frau einen Scherz, der zur allgemeinen Erheiterung beiträgt.
»Wenn keiner mehr eine Frage hat, gehen wir zum Signieren über«, beschließt Ronan Maguire, dem es offensichtlich Freude gemacht hat, mit seinen Lesern in Kontakt zu treten, obwohl er selten in der Öffentlichkeit auftritt.
Nun habe ich meine Chance verpasst! Vielleicht ist es noch nicht zu spät. Ich ringe mit mir, hebe dann zögerlich die Hand. Blitzschnell senke ich sie wieder, weil mich der Mut verlässt. Erleichtert atme ich durch. Es hat keiner gesehen.
»Die junge Lady da – in der dritten Reihe …«, sagt Mr Maguire laut und fixiert mich mit seinem Blick. »Immer heraus mit der Sprache! Ich beiße nicht.« Er lächelt breit und zeigt dabei seine weißen Zähne.
Ich muss schlucken. Verflucht! »Mr Maguire … Denken Sie, dass Sie Ihr Talent von Ihrem Großvater geerbt haben?«, presse ich dann hervor. Geschafft! Ich wünschte, es gäbe hier jemanden, der mir wie in einem OP die Stirn trocken tupft.
Er streicht sich nachdenklich übers Kinn. »Das ist eine wirklich gute Frage … Ich habe keine Ahnung, ob sich ein Talent einfach vererbt – wie Geheimratsecken oder schütteres Haar … was ich Gott sei Dank nicht abbekommen habe …« Er lacht und die anderen stimmen mit ein. »Da müssten Sie einen Wissenschaftler fragen …«
Ich nicke verkrampft lächelnd.
»Wer möchte sein Buch signiert haben?« Mr Maguire reibt sich erwartungsvoll die Hände und greift dann zu seinem teuren Füller.
Alle stehen auf und reihen sich vor seinem Tisch ein, so auch ich. Meine Handflächen werden leicht feucht, sodass ich hoffe, das Buch wird mir nicht aus den Fingern rutschen.
~ Ronan ~
Nachdem ich fast alle Bücher signiert habe, schaue ich auf. Die letzte in der Schlange ist die junge Lady, die mir die abschließende Frage gestellt hat. Sie schiebt das Buch aufgeschlagen zu mir herüber.
»Für wen darf ich es signieren?«, frage ich. Die Kleine ist echt süß. Sie hat ein zartes, herzförmiges Gesicht mit ein paar Sommersprossen und eine Superfigur, womit ich meine, dass sie heiße Kurven besitzt und nicht zu dünn ist. Somit fällt sie voll in mein Beuteschema.
»Für … für mich …«, stammelt sie.
Ich grinse breit.
»Äh … ich heiße Elisa …«
»Ein schöner Name …«, sage ich. »Er passt zu Ihnen …« Schwungvoll schreibe ich ihr eine Widmung hinein.
»Finden Sie?«
»Ja. Absolut.« Die Tinte ist getrocknet, ich klappe das Buch zu und reiche es ihr hinüber, doch sie ergreift es nicht.
»Sie haben da einen wundervollen Füller …«, macht sie mir ein Kompliment.
»Er hat meinem Grandpa gehört.«
»Robert Peter Maguire?«
»Ja, so ist es. Ich habe Glück, denn wir haben dieselben Initialen. R. P. M. Sehen Sie? Diese sind hier eingraviert.«
»Wie gesagt, wunderschön … Ich hätte da noch eine Frage …«, sagt sie und streicht sich eine Haarsträhne hinters Ohr.
»Die hätten Sie mir doch auch eben stellen können«, erwidere ich verwundert.
»Nein. Es geht um was Persönliches …«
»Ich bin hier, um eine Lesung zu halten und Bücher zu signieren. Interviewanfragen laufen über meinen Verlag oder meine Agentur«, erkläre ich sachlich und lege das Buch an die Tischkante.
»Sie verstehen nicht … Ich habe eine private Frage. Hätten Sie vielleicht kurz Zeit, um unter vier Augen mit mir zu sprechen?«
»Hm …«, brumme ich und sehe sie eindringlich an. Sie legt den Kopf schief und ihre grünen Augen, die mich an die Farbe eines Edelsteins erinnern, blitzen so zauberhaft, dass ich kaum widerstehen kann. Jade – ihre Augen haben die Farbe von Jade. »Tut mir leid, ich habe eine Verabredung und muss gleich weg«, weise ich sie ab.
»Nur ein paar Minuten …«, bittet sie mich.
»Nein«, bleibe ich hart, denn trotz ihres niedlichen Auftretens vermute ich, dass sie eine Journalistin ist, die sich so ein Interview erschleichen will. Auf diese Masche bin ich zu Anfang meiner Karriere mehrmals hereingefallen. Das passiert mir jetzt nicht mehr.
»Aber … ich bin extra wegen Ihnen hergekommen«, versucht sie, mich weiter zu bearbeiten.
»Damit sind Sie nicht allein«, erwidere ich uncharmant und stehe auf. Aufdringliche Journalisten gehen mir mächtig auf den Geist.
»Vielleicht haben Sie morgen Zeit für mich? Ich bleibe noch einige Tage in London …«, kämpft sie weiter.
Ich schüttle den Kopf. »Bedaure.«
Sie entgegnet nichts, nimmt ihr Buch an sich, hält es mit beiden Händen umklammert vor den Bauch gepresst und verlässt mit eiligen Schritten den Laden.
Ich schaue ihr nach. Unter anderen Umständen hätte ich mich vielleicht auf einen Flirt mit der Beauty eingelassen, wäre mit ihr in ein Restaurant gegangen und hätte mich zum Schein auf ihr Spiel eingelassen. Aber in einem Pub ein paar Straßen weiter wartet eine Blondine auf mich, die ich ewig nicht gesehen habe. Weil ich es kaum erwarten kann, verabschiede ich mich daher von Mr Richardson und seinem Team, die alles so perfekt organisiert haben. Es liegt mir am Herzen, alteingesessene Buchhandlungen wie diese zu unterstützen. Uns verbindet inzwischen eine gute Freundschaft.
Im Büro des Buchhändlers ziehe ich meine Jacke an. Mein Gepäck habe ich direkt ins Hotel bringen lassen.
Mit dem Ablauf der Lesung mehr als zufrieden, gehe ich hinaus. Leichter Nieselregen schwebt herab. London, du hast mich wieder. Zumindest für eine gewisse Zeit. Früher einmal habe ich hier gelebt. Doch irgendwann wurde es Zeit für mich, die Zelte abzubrechen. Nun bin ich hier nur noch zu Gast. Selbstverständlich fühle ich mich dabei nicht wie ein gewöhnlicher Tourist, denn ich kenne jeden Winkel dieses Viertels. Zielstrebig steure ich daher den Pub an. Ein seltsames Gefühl überkommt mich, als würde mich jemand verfolgen. Ich schüttle den Kopf über mich selbst. Der Thriller-Autor dreht durch und sieht schon Gespenster.
~ Elisa ~
Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, habe ich mich entschlossen, Ronan Maguire zu folgen. Was für eine bescheuerte Idee! Für einen kurzen Moment habe ich eben geglaubt, er hätte mich entdeckt. Fast ist mir das Herz stehen geblieben. Er drehte sich um, doch dann ging er weiter.
Ich bin sehr wütend. Dieses arrogante Arschloch! Für wen hält er sich? Für einen Star? Nun, das ist er auch. Er hätte mir jedenfalls ein paar Minuten seiner wertvollen Zeit opfern können. Was wäre dabei gewesen?
Wo ist er hin? Durch einen Augenblick der Unachtsamkeit hätte ich ihn beinahe verloren. Dann sehe ich Gott sei Dank, wie er in eine Gasse einbiegt. Mensch, ist das aufregend. Wie ein Schatten folge ich ihm und beobachte, dass er einen Pub betritt.
Resigniert bleibe ich vor der Tür stehen. Hier endet meine Verfolgung. Hineinzugehen, wäre zu auffällig. Mir bleibt nur, abzuwarten, bis er wieder herauskommt. Ich könnte mich im Lokal gegenüber ans Fenster setzen und den Ausgang im Auge behalten. Dann darf ich noch nicht einmal eine Pinkelpause einlegen, zu groß wäre die Gefahr, dass er inzwischen den Pub verlässt. Detektiv zu spielen ist gar nicht so einfach, stelle ich gerade fest. Wahrscheinlich habe ich zu viele schlechte Filme gesehen. Da sitzen die Detektive lässig mit einem Becher Kaffee und einem Fernglas oder einer Kamera mit Teleobjektiv in ihrem Auto.
Ein Pulk Touristen geht auf den Pub zu, Frauen und Männer in etwa meinem Alter. Sie unterhalten sich laut. Mir geht ein Licht auf. Dieses bunte Trüppchen wäre die perfekte Tarnung. Entschlossen gehe ich herüber.
Der Letzte hält mir freundlich die Tür auf. »Hey! Wen haben wir denn da? So eine hübsche Lady geht allein in einen Pub? Nicht zu fassen! Ich bin Alfie. Meine Freunde und ich wollen gerade meinen dreißigsten Geburtstag feiern«, lässt der sportlich aussehende Typ mit den zum Pferdeschwanz gebundenen lockigen, braunen Haaren einen Redeschwall auf mich hinabprasseln.
»Äh … na dann … herzlichen Glückwunsch«, stammle ich.
»Magst du dich uns anschließen?«
»Gern!«, freue ich mich, dass mein Plan aufgeht.
»Na komm! Ich stelle dich der Bande vor«, sagt er strahlend und führt mich weit nach hinten. Meine Taktik – zur Seite drehen und Kapuze ins Gesicht gezogen – funktioniert, als wir an der Theke vorbeigehen, wo Ronan mit einer ultrajungen Blondine sitzt. Ha! Anders hatte ich ihn auch nicht eingeschätzt.
Die Freunde von Alfie haben sich an den großen Tisch gesetzt. Er ist stehen geblieben, gibt sich weiter gentlemanlike, nimmt mir die nasse Jacke ab und hängt sie an der Garderobe auf. Anschließend stellt er mir seine Bekannten vor. Ich kann mir in der Aufregung nicht alle Namen merken, bin ganz auf meine Mission fokussiert, den unnahbaren Autor zu beschatten.
Alfie bittet mich, Platz zu nehmen, und setzt sich neben mich. Für meinen Geschmack rückt er mir ein bisschen zu nahe, aber was soll ich tun? Es ist verdammt eng hier. Offensichtlich ist dies nicht der erste Pub, in dem die wilde Meute und er ihren Durst stillen.
Einer seiner Freunde übernimmt die Getränkebestellung, nachdem er uns alle nach unseren Wünschen gefragt hat.
»Was treibt dich hierhin, so allein?«, will Alfie wissen und schaut mich mit glasigen Augen an.
Ich fühle mich zunehmend unwohler. Sein Atem riecht nach Alkohol und Zigaretten. »Ich habe eben die Lesung eines Triller-Autors besucht und brauche einen Absacker«, gebe ich ihm Auskunft.
»Sieh an, sieh an. Eine Frau, die Bücher liest …«, gibt er sich beeindruckt.
»Ach, tu doch nicht so, Alfie«, fährt ihm eine junge Frau in die Parade, deren Namen ich unter Sarah abgespeichert habe. »Du besitzt doch nur ein Buch. Und das hast du unter deinem wackelnden Küchentisch eingeklemmt.«
Alle lachen ohrenbetäubend laut.
Ich schaue zur Theke herüber, an der Ronan noch immer mit der Blonden sitzt. Die beiden sind in ein Gespräch vertieft. Die junge Frau gestikuliert dabei wild mit den Händen. Ein Streit? Ich wünschte, ich könnte etwas hören, doch das ist in dieser Kulisse unmöglich.
Unsere Getränke kommen an den Tisch und wir lassen Alfie hochleben. Er bedankt sich und wir trinken. Die meisten, wie auch ich, haben ein süffiges Guinness gewählt.
»Wie alt bist du eigentlich?«, fragt mich Alfie, nachdem er sein Glas abgestellt hat.
»Eine Lady fragt man nicht nach dem Alter …«, entgegne ich.
»Bist du denn eine?«, hakt er anzüglich grinsend nach und presst unter dem Tisch seinen Schenkel gegen meinen.
»Ich … bin …«, gelingt mir nur ein dämliches Stammeln. »Zweiunddreißig.«
»Hm … Eigentlich stehe ich eher auf jüngere Frauen, um die zwanzig«, meint er und kratzt sich am Kinn.
Ich starre ihn entsetzt an. Jüngere Frauen? Bin ich etwa eine weißhaarige Oma am Krückstock? Was denkt sich der Kerl überhaupt? Dass ich ihm heute Nacht das Bettchen wärme, nur weil ich seine Einladung angenommen habe? Mir wird schlecht. Ich stehe auf, will auf die Toilette flüchten. Wo ist sie bloß? Auf der Suche nach einem Hinweisschild drehe ich mich um die eigene Achse und pralle dabei gegen eine breite Brust. Ein »Sorry