Felizia & Felix - Armin A. Alexander - E-Book

Felizia & Felix E-Book

Armin A. Alexander

4,6

Beschreibung

Felizia und Felix gelten in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis als Traumpaar. Sie leben bereits seit sieben Jahren harmonisch zusammen. Nichts scheint ihre traute Zweisamkeit stören zu können. Bis Felizia sich ihrer BDSM-Phantasien bewusst wird. Zuerst sieht sie in ihnen nur eine vorübergehende Erscheinung, doch schieben sie sich immer stärker in den Vordergrund. Felizia entschließt sich, Felix davon zu erzählen. Zuerst nimmt Felix es relativ gelassen auf, doch dann macht Felizia eine ungeschickte Äußerung bezüglich »anderer Männer«, die Felix vollkommen missversteht. Und auf einmal scheint die ganze Harmonie zwischen Felizia und Felix nachhaltig gestört. Des Weiteren enthält der Band die Erzählungen: Marmeladentörtchen, Die neue Kollegin, Ein neues Zimmer, Überrascht! »Fünf Kurzgeschichten serviert uns Armin A. Alexander und jede ist voller Poesie und liebevoller Zärtlichkeit. Jede der fünf Storys ist ein Genuss. Ein wunderbares Buch für diese Jahreszeit. Es inspiriert dazu, es sich auf dem Sofa mit Wolldecke und Tee gemütlich zu machen, um zu lesen und zu träumen.« Zilli in den »Schlagzeilen« Nr. 106

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Armin A. Alexander

Feliza & Felix

Erzählungen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über

http://dnb.d-nb.de abrufbar

© 2009 Armin A. Alexander

Überarbeitete 2. Auflage Juli 2017

Umschlag, Umschlagphoto und Satz:

Armin A. Alexander

http://blog.arminaugustalexander.de

Herstellung und Verlag:

Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 9783744806589

Marmeladentörtchen

JETZT FING ES AUCH NOCH an zu regnen! Als ob es nicht schon reichte, im Dunkeln entlang dieser einsamen Landstraße zum Bahnhof laufen zu müssen, nur weil der stündlich verkehrende Bus zu früh abgefahren war! Hätte dieser nur eine halbe Minute gewartet – auch dann wäre er immer noch vier zu früh gewesen –, säße er bereits in seinem Zug nach Hause.

Sicher, er hätte die Stunde bis zum nächsten Bus – der dann garantiert zu spät gekommen wäre – an der Haltestelle warten oder zu seinem Gastgeber zurückgehen können. Lust hatte er zu beidem nicht gehabt. Außerdem war ein Spaziergang von einer dreiviertel Stunde so schlecht nun wieder auch nicht. Er hatte sowieso zu wenig Bewegung.

Zuerst waren es nur einige dünne Tropfen. Nicht so schlimm – glaubte er.

Weshalb hatte er die Einladung seines ehemaligen Mitschülers angenommen? Seit dem Abi vor fünfzehn Jahren hatten sie sich nicht mehr gesehen. Der Kontakt hatte sich auf einige wenige Grußkarten beschränkt. Letztlich hatte jeder nur aus Höflichkeit darauf geantwortet – so lassen sich auch Kontakte aufrechterhalten! Er wußte, daß der Schulfreund das Studium relativ schnell beendet hatte, um kurz darauf zu heiraten und zwei Kinder zu zeugen. Vor kurzem hatten sie ein Reihenhaus weit vor den Toren der Stadt bezogen, gewissermaßen in der Provinz, wo es ihn selbst niemals hingezogen hätte. Wie nicht anders erwartet, wurde die Einweihungsparty langweilig. Zu viele Ehepaare, die sich schon ewig zu kennen schienen und deren Gespräche sich um die immer gleichen Themen drehten. Das Wetter war sommerlich, deshalb wurde im Garten gefeiert. Er war von einer ehemaligen Mischülerin und deren Mann in Beschlag genommen worden. Sie waren ebenfalls fremd hier und schienen nicht an neuen Kontakten interessiert zu sein. Diese ›Zwangsgemeinschaft‹ förderte seine Stimmung nicht gerade, zumal die beiden über einen eingeschränkten Themenbereich zu verfügen schienen. Sie hatte er bereits während der gemeinsamen Schulzeit als eingeschränkt in ihren Interessen empfunden. Viel lieber hätte er sich mit jener großen attraktiven Frau unterhalten, die ihm gelegentlich einen freundlichen aufmunternden Blick zuwarf. Sie schien sich nicht weniger deplaziert zu fühlen. Je mehr Zeit er mit dem Ehepaar verbrachte, desto mehr ärgerte er sich, weil diese Frau sein Typ war; groß, dunkles kurzes Haar, volle weiche Lippen, endlos lange Beine. Daß sie um die Schönheit ihrer Beine wußte, zeigte der enge knielange Lederrock, die hochhackigen Schuhe und die zarten Nahtstrümpfe. Nicht daß er sich etwas ausgerechnet hätte, aber eine anregende Plauderei mit einer Frau wie ihr hatte etwas Angenehmes.

Die vereinzelten Tropfen summierten sich derart schnell auf, daß er sich, nachdem er kaum weitere hundert Meter zurückgelegt hatte, fühlte, als hätte er sich in seinen Kleidern unter die Dusche gestellt.

Von wegen »in den späten Abendstunden und während der Nacht ist mit leichten Niederschlägen zu rechnen«, wie es der Wetterbericht verkündet hatte! Das war ein mittlerer Wolkenbruch! Seine leichte Sommerjacke schützte ihn kaum. Die überwiegend jungen Bäume am Straßenrand boten ebenso wenig Schutz. Er befand sich ungefähr auf halbem Weg zwischen dem Haus seines Gastgebers und dem Bahnhof. Gleich welche Richtung er einschlug, er würde am Ziel gleichermaßen durchnäßt sein, falls ihm nicht der Zufall zu Hilfe kam. Seit er losgegangen war, war ihm noch kein Auto begegnet.

Er ging schneller, die Jacke dicht um den Körper gezogen. Das Wasser lief ihm übers Gesicht, die Haare klebten ihm am Kopf und in seinen Schuhen stand das Wasser. Es war eklig in den nassen Sachen. Leider war er nicht hydrophil.

Viel Zeit konnte nicht vergangen sein, seit der Guß eingesetzt hatte. Zuerst hielt er es für eine akustische Täuschung, dann sah er die Scheinwerfer sich im nassen Asphalt spiegeln und das Motorengeräusch wurde lauter. Er ging noch näher an den Straßenrand. Daß der Fahrer ihn mitnehmen würde, so naß wie er war, glaubte er nicht, aber er wollte zu allem Übel nicht noch überfahren werden.

Das Auto wurde zunehmend langsamer. Der Fahrer mußte ihn gesehen haben und ging wohl auf Nummer sicher. Zu seinem Erstaunen hielt das Auto nur wenige Schritte vor ihm an. Die Beifahrertür wurde aufgestoßen.

»Kommen Sie, steigen Sie ein«, forderte ihn eine freundliche Frauenstimme auf, als er auf der Höhe der offenen Tür war.

Ein wenig unschlüssig beugte er sich hinunter und sah ins Auto. Zu seiner Überraschung war es jene Frau, mit der er gerne geredet hätte.

»Wollen Sie weiter im Regen wandern? Oder sind Sie am Ende hydrophil? Das wäre etwas anderes«, meinte sie fröhlich.

Er mußte über die Gleichheit der Gedanken lachen und stieg ein. Kaum hatte er die Tür geschlossen, fuhr sie los.

Erst jetzt bemerkte er ihren eleganten schwarzen Lackmantel mit einem breiten Gürtel. Daß er die Ledersitze naß machte und in den Wagen tropfte wie eine undichte Hauptwasserleitung, störte sie nicht. Sie fragte ihn, weshalb er auf ihre Frage gelacht hatte. Er sagte es ihr. Darauf mußte sie gleichfalls lachen.

Ihr Lachen gefiel ihr. Es hatte etwas Herzliches, Vertrauenerweckendes.

»Wo wollen Sie hin?«

»Zum Bahnhof«, sagte er und versuchte weniger zu tropfen, was ihm aber nicht gelang.

»Fährt denn kein Bus mehr?«

»Schon, aber der war zu früh und da …«

»… dachten Sie, ein kleiner Regenspaziergang ist erfrischend«, vollendete sie mit freundlicher Ironie.

»Als ich losging, regnete es noch nicht«, meinte er lapidar.

»So kann ich Sie nicht nach Hause fahren lassen. Sie fangen sich sonst noch etwas ein.« Ihre Entschlossenheit duldete keinen Widerspruch. Davon abgesehen verspürte er auch wenig Lust, sich in den nassen Sachen in den Zug zu setzen. »Ich nehme Sie mit zu mir. Dort können Sie heiß duschen und Ihre Sachen werfen wir in den Trockner.«

»Wenn ich Ihnen damit keine Umstände mache.«

»Mumpitz«, sagte sie und über ihr Gesicht flog ein schelmisches Lächeln, das ihm aber entging.

Sie verließ die einsame Landstraße, um in eine befahrenere einzubiegen.

Sie redeten nicht viel. Er erfuhr lediglich, daß sie eine Schulfreundin der Gastgeberin war und diese auch seit dem Abi nicht mehr gesehen hatte. Wie bei ihm hatte sich der Kontakt auf gelegentliche Grußkarten beschränkt.

Sie näherten sich der Stadt, fuhren jedoch nicht ins Zentrum, sondern in einen ruhigen Vorort, in dem er seit Jahren nicht mehr gewesen war. Sie hielt vor einem kleinen, zurückliegenden Haus. Der Regen hatte aufgehört, aber das Wasser stand noch auf den Straßen. Ihn fröstelte, obwohl es eher warm war. Er wollte nur noch aus seinen nassen Sachen.

Sie zeigte ihm sogleich das Badezimmer. Er war so darauf fixiert, die nassen Sachen ausziehen zu können, daß er nicht einmal einen Blick auf ihre schöne Rückfront warf, ihren erotischen Lackmantel, den sie kaum wegen der regnerischen Witterung allein trug.

Er zog sich in Rekordzeit aus, dachte noch daran, Hausschlüssel und Portemonnaie aus den Taschen zu nehmen, damit sie nicht im Trockner landeten. Er trat erleichtert unter die Dusche. Er bemerkte nicht, wie sie hereinkam, seine Silhouette durch das Milchglas der Duschtür mit einem spitzbübischen Lächeln betrachtete, um dann seine nassen Sachen zu nehmen.

Gut gelaunt kam er unter der Dusche hervor, trocknete sich mit einem frischen flauschigen Badetuch ab, das seine Retterin bereitgelegt hatte und … wurde sich bewußt, daß er nichts zum Anziehen hatte, solange seine Sachen trockneten. Vermutlich hatte sie einen Bademantel, beruhigte er sich.

Das Badetuch um die Hüften geschlungen stand er unschlüssig da. Irgendwie traute er sich nicht aus dem Bad. Dabei war er nicht schüchtern. Aber einer fremden Frau so halbnackt gegenüber zu treten … andererseits wußte er nicht, ob sie allein lebte. Bevor er in ernsthafte Gewissenskonflikte geriet, kam sie herein.

»Hätten Sie vielleicht einen Bademantel oder etwas Ähnliches?« Er sah entschuldigend an sich hinunter.

»Leider nein. Ich benutze nie einen.« Sie schien es nicht zu bedauern. »Aber ich hätte etwas anderes.«

Weil er immer noch leicht beschämt ihrem Blick auswich, entging ihm das leicht diabolische Aufblitzen in ihren Augen.

»Wie kann ich Ihnen danken?«

Sie zuckte mit den Achseln. Mal sehen, was er vorschlug.

»Ich könnte uns etwas kochen. Kochen ist eine Passion von mir.«

»Ich habe nicht viel im Haus.« Es klang fast bedauernd.

»Das macht nichts. Ich stehe in dem Ruf, selbst aus den unterschiedlichsten Resten noch etwas Schmackhaftes zu zaubern.« Er fühlte sich herausgefordert.

»Dann laß ich mich überraschen. Ich hole Ihnen etwas zum Überziehen.«

Eine Minute später war sie zurück. Er traute seinen Augen nicht. In der Hand hielt sie eine rüschenbesetzte weiße Schürze, so wie sie zu Kaisers Zeiten Dienstmädchen getragen haben mußten. Gut, vorne verdeckte sie die edlen Teile mehr als ausreichend, aber hinten … dazu Pantoffeln mit flauschigen rosa Puscheln über dem Fuß und halbhohen Absätzen. War das ihr Ernst? Anscheinend, denn sie wirkte nicht, als scherzte sie.

»Etwas anderes habe ich leider nicht. Aber ich denke, zum Kochen paßt es.«

Täuschte er sich oder war ihr Bedauern alles andere als echt? Besser als nichts, dachte er, und stellte eine eigentümliche Freude bei sich fest, sich vor ihr so zu kleiden.

Ihm wurde schlagartig bewußt, daß sich bereits eine besondere Vertrautheit zwischen ihnen entwickelt hatte.

Sie ließ ihn allein. Er nahm das Handtuch ab und zog die Schürze an, die ihm bis zu den Knien reichte und seine Brust bedeckte. Der Stoff war weich und fest und gar nicht wie der einer gewöhnlichen Schürze. Daß die bequemen Pantoffeln ihm paßten – Größe 43! – fiel ihm nicht auf. Sie konnte allenfalls 40 haben. Er ging in die Küche hinunter.

Sie erwartete ihn mit einem mehr als zufriedenen Lächeln. Sie hatte sich nicht getäuscht. Die Schürze stand ihm, auch die Pantoffeln paßten als seien sie für ihn gemacht. Weil sie sich verhielt, als sei seine Aufmachung das natürlichste von der Welt, dachte er sich nichts mehr dabei. Er wollte ihr nur noch beweisen, daß er nicht übertrieben hatte.

»Viel habe ich nicht im Haus«, sagte sie noch einmal und setzte sich mit übereinandergeschlagenen Beinen an den Küchentisch.

»Das lassen Sie meine Sorge sein«, sagte er, während er den Inhalt des Kühlschranks begutachtete.

Im Gefrierfach fand er zwei Koteletts, im Gemüsefach eine halbe Gurke und vier Tomaten. Die beiden Koteletts legte er zum Auftauen in warmes Wasser, anschließend inspizierte er weiter die Küche. Der Ehrgeiz hatte ihn gepackt, daher vergaß er, daß er nur eine neckische Schürze und ebensolche Pantoffeln trug.

Am Ende gesellten sich zu den Tomaten, der halben Gurke und den fast aufgetauten Koteletts, Kartoffeln, Champignons und Bohnen in Dosen, Reis und eine reichhaltige Auswahl Gewürze. Demnach wurde hier vernünftig gekocht.

Die Bohnen, die Tomaten und die halbe Gurke verarbeitete er mit Essig, Öl, Zwiebeln und Gewürzen zu einem erfrischenden Salat. Die Koteletts schnitt er in Streifen und briet sie leicht in Olivenöl an, gab Zwiebeln dazu, schälte Kartoffeln und kochte sie. Die Champignons wanderten gleichfalls in die Pfanne. Er ging ganz in seiner Arbeit auf. Bemerkte nicht, wie sie ihm interessiert zusah, insbesondere den Blick auf seinem knackigen Po, den trotz seiner leichten Hagerkeit breiten sportlichen Schultern, den geraden Beinen, obwohl, wie Männerbeine nun mal sind, behaart, ruhen ließ. Die Pantoffeln machten ihn richtig sexy.

Bald war die Küche vom angenehmen Essensduft erfüllt. Wenn es nur halb so gut schmeckte, wie es duftete, hatte sich der Abend für sie bereits gelohnt.

Mehr gedankenverloren hatte sie von dem gutschmeckenden Salat genascht und dabei die Schüssel halb geleert, als er ihr seine Kreation servierte. Erwartungsvoll wie der Kellner in einem exklusiven Restaurant stand er neben ihr, die Hände vor dem Schoß gefaltet, als sie probierte. Sie ließ sich Zeit, schließlich war es kein schneller Imbiß. Es schmeckte nicht nur so gut, wie es duftete – es schmeckte sogar noch besser! Sie hielt mit ihrem Lob nicht zurück, was ihn mit Freude erfüllte. Dabei war er überzeugt, daß sie nicht anders urteilen konnte.

Während sie aß, stand er abwartend neben ihr, sah ihr zu. Obwohl für zwei gedeckt war, kam er nicht auf den Gedanken, sich zu setzten und gleichfalls zu essen. Dabei hatte ihm das Kochen wie gewöhnlich selbst Appetit gemacht.

Sie ließ sich Zeit, genoß ihr Mahl. Es gefiel ihr, daß er sich nicht zu ihr setzte, sondern wie ein braver Diener abwartete, bis seine Herrin zu Ende gespeist hatte. Er hatte, ohne sich dessen bewußt zu sein, die Rolle vorbehaltlos akzeptiert, die sie ihm zugeteilt hatte. Außerdem schien es ihm zu gefallen. Die sichtbare Ausbeulung unter seiner Schürze war beredt genug, was ihm nicht bewußt war, andernfalls hätte er nicht ruhig und abwartend dagestanden. Er fühlte sich wohl in ihrer Gegenwart, es ließ sich ohne weiteres sagen, geborgen. Er kam sich in seinem Aufzug keineswegs lächerlich vor, solange sie ihn darin nicht lächerlich fand.

Nachdem sie gegessen hatte, lobte sie ihn erneut und sah ihn wohlwollend und nicht wenig begehrend an. Ein Mann, der so gut kochen konnte, wußte auch auf anderen Gebieten den Appetit zu wecken und zu stillen.

»Ich mache mich jetzt ein wenig frisch und ziehe etwas Bequemeres an. In einer Stunde kannst du mir den Tee im Wohnzimmer servieren. Im rechten Schrank neben dem Herd müssen noch Kekse sein«, sagte sie freundlich, doch im Tonfall einer Herrin, die keinen Widerspruch duldet.

Sie verließ würdevoll die Küche, nicht ohne noch einen Blick auf seinen knackigen Po zu werfen, dabei eine deutliche Regung in ihrer Körpermitte verspürend. Mit einem unterdrückten Seufzer des Bedauerns, weil sie sich selbst eine Stunde des Abwartens auferlegt hatte, ging sie nach oben.

Er sah ihr nach, weidete sich an ihren schönen Beinen und ihrem festen Po. Ein leises Glücksgefühl ergriff von ihm Besitz, als er sich an den Tisch setzte und den Rest aß. Der Abend war noch nicht zu Ende.

Er hörte das Wasser im Bad rauschen. Er schmunzelte vor sich hin. Sie machte sich für ihn frisch. Er suchte nach den Keksen. Es waren gekaufte, noch in Zellophan verpackt. Er berührte die Packung mit spitzen Fingern, als enthielte sie etwas besonders Abstoßendes. Zwar war es eine bessere Marke, aber nichts im Vergleich zu selbstgebackenen! Nachdem er sich zuvor soviel Mühe gegeben hatte, erschien es ihm als Sakrileg, ihr fertige Kekse zum Tee zu servieren. Vor allem da ihre Tees sorgsam ausgewählte Mischungen waren. Wie konnte jemand mit soviel Stil bei einer Sache nur so nachlässig bei einer anderen sein? Nein, das würde er nicht unterstützen. Das war ein Fall für seine berühmten Marmeladentörtchen.

Mit diesen begeisterte er seine Gäste seit den Studententagen. Mittlerweile hatte er sie in derart vielen Varianten gebacken, daß er längst den Überblick verloren hatte. Geboren war das Rezept aus dem Umstand, daß das Geld stets schneller zur Neige ging als der Monat, und man seinen Gästen doch etwas mehr als Kaffee und Tee anbieten sollte. Für die Törtchen benötigte er lediglich etwas Mehl, ein bis zwei Eier, etwas Zucker, die eine oder andere Zutat, die er noch keinem verraten hatte und die Marmelade, die gerade im Haus war. Wie bei allem kam es auf die Mischung, weniger auf die Zutaten an.

Während sie duschte und sich umzog, dabei überlegte, wie sie den Abend für sie beide zu einem unvergeßlichen Erlebnis machen könnte, summte er in der Küche fröhlich vor sich hin und machte seine berühmten Marmeladentörtchen. Während sie im heißen Ofen vor sich hin buken, spülte und räumte er auf.

Als sie nach etwas mehr als einer Stunde gutgelaunt und wohlriechend in die Küche kam, war er fertig. Die Marmeladentörtchen kühlten auf einem großen Teller ab und der Tee erfüllte den Raum gemeinsam mit diesen mit einem aphrodisischen Duft.

Er hatte sie nicht kommen gehört, obwohl sie nicht leiser als sonst gegangen war. Erst als sie sagte, er könne den Tee servieren, schreckte er aus seiner Selbstversunkenheit.

Nach dem kurzen Schreck zog ein Strahlen des Bewunderns über sein Gesicht. Sie sah hinreißend aus. Sie trug ein leicht geschnürtes Korsett aus schwarzem Satin, das ihre vollen Brüste auf eine betörende Weise anhob und üppiger erscheinen ließen, schwarze, hauchzarte Nahtstrümpfe, schwarze Schuhe mit turmhohen Absätzen, auf denen sie sicher ging und ein wadenlanges, halbtransparentes leicht gegürtetes Négligé, das mehr sehen als ahnen ließ, daß sie darunter kein Höschen trug. Ihr Make-up war zwar verführerisch aber zugleich alles andere als aufdringlich oder gar vulgär. Es betonte ihre schönen braunen Augen und ihre vollen weichen Lippen.

Sie bemerkte seine Bewunderung und lächelte in sich hinein. Dieser interessante Mann war ihr ganz ergeben.

Ohne eine Antwort von ihm abzuwarten, ging sie ins Wohnzimmer. Das Nichts von einem Négligé wehte hinter ihr her. Ihr Po war hinreißend und ihn durchlief ein Gefühl des Begehrens und der Lust auf sie und eines der Angst, daß außer Schauen nichts sein würde. Trotz ihrer leibhaftig gewordenen Sinnlichkeit und Verführung glaubte er eine Mauer der Unnahbarkeit zu spüren.

Er gab sich innerlich einen Ruck. Er stellte die Teekanne, zwei Tassen, Milch, Zucker, Zitrone und seine berühmten Marmeladentörtchen auf ein großes Tablett und schritt mit bis zum Hals klopfendem Herzen, feuchten Händen und Revolte im Schoß formvollendet zu ihr ins stilvoll eingerichtete Wohnzimmer.

Sie saß würdevoll mit damenhaft übereinandergeschlagenen Beinen in einem bequemen beigen Ledersessel, das Négligé scheinbar nachlässig drapiert, so daß es zwar ihre langen Beine mit den muskulösen Schenkeln und den schmalen Fesseln ungehindert seinen bewundernden Blicken darbot, ihren Schoß jedoch beinahe züchtig verdeckte.

Während er das Tablett auf einem kleinen Tisch neben ihr abstellte, konnte er den Blick kaum von ihren Beinen wenden. Dabei bot sie insgesamt einen überaus atemberaubenden Anblick.

Er schenkte ihr Tee ein und wunderte sich, daß seine Hand nicht zitterte, obwohl sein Herz heftig schlug und er nichts anderes wollte, als dieser Frau jeden Wunsch zu erfüllen.

Auf seine Frage, mit einigermaßen ruhiger Stimme vorgebracht, wie sie ihren Tee wünsche, antwortete sie mit einem sanften Lächeln: »Nur etwas Zitrone, bitte.«

Sie nahm die Tasse mit dem dampfenden Tee entgegen und berührte dabei wie zufällig seine Hand. Ein elektrisierendes Gefühl durchströmte ihn. Fast hastig bot er ihr den Teller mit den noch warmen Marmeladentörtchen an, gespannt, ob sie auch davon begeistert wäre. Sie betrachtete sie interessiert. Jedenfalls dufteten sie gut und nach dem, was er ihr heute Abend kredenzt hatte, würde sich das nicht auf den Duft beschränken. Sie nahm eines. Er folgte gebannt mit dem Blick dem Törtchen, wie es zwischen ihren vollen Lippen verschwand. Sie ließ es sich auf der Zunge zergehen. Er sah an ihrer Mimik, daß er ihren Geschmack getroffen hatte. Sie sparte nicht mit Komplimenten. Nahm ein zweites, biß genüßlich hinein, und … da passierte es! Sie sahen sich betreten an. Sie war erstaunter als er und schien nicht glauben zu wollen, daß das halbe Törtchen – natürlich mit der Marmeladenseite, wie sollte es auch anders sein! – auf ihrer rechten Schuhspitze gelandet war – mitten drauf! Es lag da wie die Puscheln an seinen Pantoffeln, an die er sich längst gewöhnt hatte.

Nachdem sich die Überraschung gelegt hatte, bat sie ihn, das Törtchen dort zu entfernen. Wiewohl als Bitte vorgebracht, war die Aufforderung, der Befehl unüberhörbar. Er war für den Moment versucht, in die Küche zu gehen und einen Lappen zu holen. Doch dann tat er etwas, was ihn erst später überraschte, aber das war, was sie von ihm wollte; er kniete sich vor sie, nahm das Törtchen mit dem Mund von ihrem Schuh und leckte die Marmelade vom weichen Leder. So gut hatte ihm noch keines seiner Törtchen geschmeckt. Dabei hatte er schon das eine oder andere gemacht, das noch schmackhafter war als dieses.

Er konnte es aus seiner Position heraus nicht sehen, aber sie strahlte vollste Zufriedenheit aus. Sie hatte sich in ihm nicht getäuscht. Er hatte seine Probe bestanden. Jetzt würde sie ihn erhören!

Er leckte noch über ihren Schuh, als längst keine Marmelade mehr vorhanden war und er das halbe Törtchen bereits zerkaut und hinuntergeschluckt hatte.

»Ich glaube, am Absatz ist noch was«, meinte sie sanft, aber bestimmt.

Es war ihm unmöglich, ihr nicht bereitwillig zu folgen. Er war längst in der Stimmung, jede ihrer Anweisungen bedingungslos auszuführen. Er umspielte den hohen schlanken Absatz genüßlich mit der Zunge wie eine Zuckerstange, ja wie einen warmen, pulsierenden Phallus.

Sie nahm ein weiteres Marmeladentörtchen und – hoppla, was war sie heute aber ungeschickt! – es landete auf ihrem Knie.

Sie sagte es ihm. Er sah auf. Ihr Absatz glänzte von seinem Speichel, seine Augen leuchteten. Er hatte den Geschmack von Schuhleder und Marmeladentörtchen im Mund. Nur zu bereitwillig entfernte er auch dieses mit dem Mund und leckte über den zarten Stoff. Sie trank genüßlich einen Schluck Tee und delektierte sich an einem weiteren Törtchen, das diesmal gänzlich in ihrem Mund verschwand, während er über ihre Strümpfe leckte und sie mit seinem Speichel naß machte.

Als er das Törtchen von ihrem Knie genascht hatte, hob er erwartungsvoll den Blick. Er wollte mehr. Er lechzte danach, Törtchen von ihren Strümpfen, ihren Schuhen zu lecken. Sie sahen sich an. Ihre Augen glänzten. Sie schob sich ein weiteres Törtchen zwischen die feuchtglänzenden tiefroten Lippen. Er hoffte inständig, daß auch dieses den Weg auf ihre Beine oder ihre Schuhe finden würde. Doch nichts dergleichen. Sie aß es ›unfallfrei‹. Er war enttäuscht. Sie kaute genüßlich und nahm einen Schluck Tee.

Dann umfaßte sie, für ihn überraschend, seinen Kiefer mit einem festen Griff und zwang ihn so, den Mund zu öffnen. Ihre halblangen dunkelrot lackierten Nägel drückten sich in das weiche Fleisch seiner Wangen. Er hatte keine Wahl, wollte er sie nicht zurückstoßen, woran er nicht einen Moment dachte. Bevor er rätseln konnte, was sie beabsichtigte, beugte sie sich über ihn und ließ den Inhalt ihres Mundes aus vielleicht zwanzig Zentimetern Höhe in seinen laufen. Tee, vermischt mit ihrem Speichel und dem halbzerkauten Marmeladentörtchen.

Ihm blieb keine Wahl, als es zu schlucken, und er schluckte es gerne. Nein, das Marmeladentörtchen schmeckte noch besser als die beiden anderen! Ohne daß es ihm bewußt wurde, stand sein Schwanz in voller Größe unter der Servierschürze.

Sie ließ sein Gesicht los, spreizte leicht die Beine und setzte sich fast auf die Sesselkante. Dabei fiel ihr Négligé wie unbeabsichtigt seitlich hinunter und gab ihre wunderschöne nackte Scham frei. Er hatte kaum Gelegenheit dieses verführerische Kleinod zu betrachten, da landete ein Marmeladentörtchen mitten darauf. Sie brauchte nicht zu sagen, daß er es wegnehmen sollte. Er wollte nichts anderes. Er entfernte das Marmeladentörtchen und während er es genüßlich zerkaute, liebkoste er sie mit Lippen, Zunge und geschickten Fingern. Sie lehnte sich zurück, schloß die Augen, vergrub die Hände zärtlich in seinem dichten Haarschopf.

Wer so gut kochte, verstand auch andere Sinnesfreuden zu bereiten!

Nach einem ersten intensiven Orgasmus stand sie auf und befahl ihm, ihr nach oben zu folgen. Erregt bis zum Überlaufen folgte er ihr.

Im Schlafzimmer küßte sie ihn kurz, dann befahl sie ihm, sich aufs Bett zulegen.

»So wirst du mich am besten genießen können«, sagte sie, während sie ihn mit Ledermanschetten ans breite Metallbett fesselte.

Er war einverstanden damit. Er wußte, daß sie nichts tun würde, was ihm schaden könnte.

Nachdem sie sich überzeugt hatte, daß er bequem lag, begann sie, ihn ausgiebig zu liebkosen.

Sie entfernte die Schürze von seinen Brustwarzen, umspielte sie mit der Zunge und – biß hinein.

Stechender Schmerz durchfuhr ihn. Er glaubte, seine Erektion würde ins Nichts zusammenfallen, doch im nächsten Moment durchströmte ihn ein überaus lustvoll warmes Gefühl und seine Erregung steigerte sich. Zärtliches Streicheln wechselte mit kurzen Bissen und Kratzen ab. Ihre Nägel hinterließen gerötete Spuren auf seiner Haut. Immer wieder nahm sie seine Kiefer zwischen die Finger und ließ reichlich Speichel in seinen Mund laufen. Es war wundervoll auf diese Weise von einer Frau ›malträtiert‹ zu werden!

Weil all zu langes ›Quälen‹ leicht in richtige Qual umschlagen konnte und sie ihn gerne in sich spüren wollte, schlug sie die Schürze von seinem prall emporragenden Schwanz und stieg über ihn. Im Wissen, daß sie allein bestimmte, wann er kam, daß ihm nichts anderes übrigblieb, als sich von ihr ›durchficken‹ zu lassen, wollte er zu seinem Orgasmus kommen, ritt sie ihn. Sie drückte ihm die Knie in die Seiten und legte sich auf ihn. Er spürte den Stoff ihres Korsetts, ihrer Strümpfe, ihr Gewicht auf sich. Immer wieder biß sie ihn leicht in die Schulter und auch in den Hals. Für den Moment dachte er daran, daß sie ihm mit ihren festen Zähnen die Halsschlagader durchbeißen und er nichts dagegen machen könnte, daß sein Blut ihr Laken tränkte und er mit seinem Orgasmus zugleich sein Leben aushauchen würde. Statt ihn zu ernüchtern, verstärkte es seine Lust, denn tief in seinem Innern wußte er, daß sie es nicht tun würde.

Durch das ausgiebige Vorspiel kam er schnell, wenngleich sie sich Mühe gab, es hinauszuzögern.

Nun, einmal ist keinmal und auf einem Bein kann man(n) nicht stehen, dachte sie und er machte nicht den Eindruck, daß es ihm damit genug war. Sie setzte ihr zuvor begonnenes Spiel von Zuckerbrot und Peitsche fort.

Sie setzte sich über sein Gesicht, so daß er ausreichend Luft bekam, um während seines Zungenspiels an ihrer Liebesmuschel nicht zu ersticken.

Später, nachdem er ein zweites Mal in ihr und sie selbst mehr als auf ihre Kosten gekommen war, gab sie ihm erschöpft einen Kuß und legte sich glücklich atemholend neben ihm.

Er hatte die Augen geschlossen, dachte an die zurückliegenden Stunden und daß er mit einer Frau schon lange nicht mehr so glücklich gewesen war.

Nachdem sie sich etwas erholt hatte, band sie ihn los. Er nahm sie in die Arme und drückte sie zärtlichfest an sich. Sie erwiderte seine Umarmung mit derselben Intensität.

Draußen dämmerte es bereits. Die Vögel hatten mit ihrem morgendlichen Konzert begonnen.

Sie löste sich sanft aus seiner Umarmung. Sie zog das Négligé aus, schlüpfte in ihren Lederrock und zog ein schwarzes T-Shirt über.

»Deine Sachen müßten trocken sein. Ich bringe dich zum nahen Bahnhof. Der erste Zug dürfte in einer halben Stunde fahren.«

Natürlich war das ein Hinauswurf, aber ein so sanfter und nach den letzten Stunden sicherlich nicht böse gemeinter. Er fühlte selbst, wie er lieber im eigenen Bett schlafen würde.

Auf der Fahrt zum Bahnhof redeten sie nicht viel. Sie waren beide zu wohlig erschöpft. Sein Blick ruhte auf ihrem zartbestrumpften Schenkel, auf dem noch die Spuren der Marmeladentörtchen, die er abgeleckt hatte, zu sehen waren. Kurz bevor sie den Bahnhof erreichten, nahm er seinen ganzen Mut zusammen und legte die Linke auf ihren Schenkel. Sie ließ sie dort ruhen.

Dann hielt sie auf dem Vorplatz des kleinen Bahnhofs. Sie verabschiedete ihn mit einem fast schwesterlichen Kuß. Er nahm sie noch einmal in die Arme. Sie erwiderte seine Umarmung kurz, aber mit nicht weniger Intensität. Dann war er ausgestiegen und sah sie abfahren. Er sah ihr nach, bis sie um die nächste Straßenecke bog.

Es war kühl. Leichter Nebel stieg auf. Er war der einzige. Freiwillig war sonntags um diese Zeit kaum jemand unterwegs. Er schritt den Bahnsteig entlang. Sein Zug stand bereits auf der Anzeigetafel. Die letzte Nacht erschien ihm bereits wie ein Traum. Er schob die Hände in die Jackentaschen. Dabei erschrak er. Wo war sein Hausschlüssel?

Fahrig und etwas panisch durchsuchte er die Taschen. Schließlich fand er ihn. Er war nicht in der gewohnten gewesen. Dafür hatte er etwas anderes gefunden; einen kleinen gelben Zettel mit einer angenehmen weiblichen Handschrift: »Wenn Du mal wieder Marmeladentörtchen bäckst, rufe mich an.« Darunter stand ihre Telephonnummer! Nach der er sich nicht getraut hatte zu fragen.

Mit dem zufriedenen Lächeln der Gewißheit, daß die letzte Nacht lediglich ein Auftakt war, steckte er den Zettel zärtlich in sein Portemonnaie und stieg in den Zug, der in diesem Augenblick eingefahren war.

Die neue Kollegin

SIE WAR SEIT UNGEFÄHR einem Monat im Betrieb und irgendwie mochte sie jeder. Mit ihrem hübschen von dunklen Mädchenlocken umrahmten stets ungeschminkten Gesicht, den fröhlich bunten Blusen, den wadenlangen weiten Röcken, den halbhohen Absätzen ihrer Schuhe und ihrem freundlichen, aber immer etwas zurückhaltenden Auftreten, mehr Anfang als Mitte zwanzig wirkend, paßte sie perfekt in die Kategorie ›Schwiegermutterkompatibel‹. Außerdem schien sie alles zu tun, damit dieser Eindruck nicht den kleinsten Kratzer erhielt. Wurden beispielsweise die unvermeidlichen Zoten von wem auch immer gerissen, lächelte sie zwar, aber hinterließ den Eindruck, doch ein wenig peinlich berührt zu sein. So daß sich bald niemand mehr traute in ihrer Gegenwart einen zweideutigen Witz zu erzählen, so harmlos er letztlich auch sein mochte.

Anfangs hatte er sich bereitwillig dem Urteil der anderen angeschlossen. Doch weil alles so offensichtlich schien, weil sie sich verhielt, wie es die anderen von ihr erwarteten, begann er sie aufmerksamer zu beobachten. Schnell fand er sich erneut darin bestätigt, daß nichts so sehr täuscht wie der äußere Schein. Sie schminkte sich zwar nie, aber weil sie wußte, daß sie so hübscher wirkte. Das scheinbar verlegene Lächeln über die diversen Zoten war in Wahrheit ein Schmunzeln darüber, daß die anderen ihre mehr kindlich albernen als zweideutigen Witze für saftige Zoten ansahen. Ihre Röcke und Blusen waren vom Schnitt schon ›brav‹, entscheidender war, was sie darunter trug.

Es war zu Beginn ihres zweiten Monats. Als er den Kopierraum betrat, sah er, wie sie nach vorn gebeugt einen Stapel Blätter aufhob, der ihr auf den Boden gefallen sein mußte. Dabei spannte sich der Rock über ihren hübschen Po. Doch es war nicht dieser Anblick, der ihn schmunzeln ließ, sondern die Schatten, die sich unter dem leichten Sommerstoff abzeichneten; unverkennbar die Abdrücke von Strapsen. Daß sie Strümpfe trug hatte er von Anfang an vermutet, für die üblichen Strumpfhosen war das Material zu fein gewesen, sah zu edel aus.

Sie schien ihn nicht bemerkt zu haben und er nutzte die Gelegenheit, seinen Kennerblick noch ein wenig länger auf ihr ruhen zu lassen.

Ihre Taille schien ein wenig schmal für ihre Figur. Es war nicht auffällig, aber es sprach viel dafür, daß sie ein Korsett trug. Vor Jahren war er mit einer Korsettmacherin aus Leidenschaft liiert gewesen. Sie hatte ihm erzählt, was man(n)/frau über Korsetts wissen mußte und wie man erkannte, ob er oder sie es aus medizinischen Gründen, zur dauerhaften Reduktion der Taille oder einzig um des besonderen Tragegefühls willens anzog.

Damit es zu keiner peinlichen Situation kam, sobald sie sich wieder aufrichtete und ihn hinter sich stehend entdeckte, räusperte er sich. Mit einem verlegenen Lächeln erhob sie sich. Sie hatte alle Blätter beisammen.

»Mir sind die Blätter aus der Hand geglitten«, entschuldigte sie sich.

»Macht ja nichts«, sagte er freundlich lächelnd.

Sie sah ihn mit leicht schiefgelegtem Kopf und ein wenig nachdenklich an. Sollte sie bemerkt haben, daß er schon länger hier gestanden und sie betrachtet hatte? Daß ihm ihre Vorliebe für Korsetts und Strümpfe aufgefallen war? Oder spielte ihm seine Phantasie einen Streich?

Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, hatte sie die Kopien aus dem Ausgabefach genommen und den Raum verlassen.

Nachdenklich trat er an den Kopierer. Es wäre lohnend, mehr über sie herauszufinden.

Leider ergab sich vorerst keine Gelegenheit dazu. Manchmal glaubte er, daß sie ihm absichtlich aus dem Weg ging.

Der Sommer legte eine Pause ein und daher war es nicht auffällig, daß sie an diesem Tag eine Bluse mit langen Ärmeln trug. Auch er hätte sich nichts dabei gedacht, hätte nicht der Zufall sie zur selben Zeit ins Archiv geführt.

Sie versuchte aus einem der oberen Regale, das sie nur auf Zehenspitzen erreichen konnte, einen Ordner zu nehmen, als er hereinkam. Als vollendeter Kavalier und mehr als einen Kopf größer kam er ihr zur Hilfe und nahm ihr den Ordner ab, der kurz davor war, aus ihren schlanken Händen zu gleiten. Durch die hochgestreckten Arme waren die Ärmel ihrer Bluse hochgerutscht und gaben den Blick auf die Handgelenke frei. Daß die breiten roten Striemen nur von Seilen stammen konnten – sogar wie sie geflochten waren, war gut zu erkennen –, wäre auch einem Unbedarften aufgefallen, der sicherlich andere Schlüsse daraus gezogen hätte.

Ihre Blicke trafen sich und ein breites und – wie er meinte – verstehendes Grinsen huschte unwillkürlich über sein Gesicht. Von wegen ›braves‹ junges Mädchen! – im Sinne der anderen versteht sich. Eine Korsett- und Bondageliebhaberin war sie mindestens!

Er verspürte große Sympathie für sie. Unerwartet auf eine so liebenswerte Gleichgesinnte zu treffen, rührte ihn ein wenig. Bevor er etwas sagen konnte, hatte sie ihm den Ordner förmlich aus der Hand gerissen und floh mit leicht rotem Kopf aus dem Archiv.

Verdammt, durchfuhr es ihn. Sie hatte sein breites Grinsen mißverstanden. Warum hatte er diesen Reflex nicht unterdrücken können? Warum hatte er statt dessen nicht etwas Nettes gesagt? Er war doch sonst nicht auf den Mund gefallen. Was mochte sie jetzt über ihn denken? Ihm wurde bewußt,