Nachhilfestunden - Armin A. Alexander - E-Book

Nachhilfestunden E-Book

Armin A. Alexander

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Beschreibung

Ulla muß nur noch eine Prüfung machen, dann kann sie sich für die Abschlußarbeit anmelden. Allerdings ist sie bereits zweimal durch diese gefallen, bei der es lediglich ums Auswendiglernen geht. Ihr bleibt nur noch ein Versuch. Sie bittet ihren Kommilitonen Rüdiger um Hilfe. So sehr dieser sich auch bemüht; ihr gelingt es nicht, sich ausreichend zu konzentrieren. Er will bereits aufgeben, doch dann fällt ihm ein alter speckiger Erziehungsratgeber aus dem 19. Jahrhundert in die Hand, der ihn mit seinen drastischen Methoden zu einem letzten Versuch inspiriert; und es funktioniert. Ihr gelingt es, sich zu konzentrieren. Ferner enthalten sind die Erzählungen: Evamarias Gummiregenmantel, Das Hotelzimmer, Das kleine Schuhgeschäft, Nachbarschaftshilfe Die didaktischen Versuche gewinnen ein Eigenleben und die beiden genießen immer mehr die gemeinsamen Stunden. Armin A. Alexander erzählt seine Geschichte mit Esprit. Zilli in den »Schlagzeilen« Nr. 103

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Ulla muß nur noch eine Prufung machen, dann kann sie sich fur die Abschlußarbeit anmelden. Allerdings ist sie bereits zweimal durch diese gefallen, bei der es lediglich ums Auswendiglernen geht. Ihr bleibt nur noch ein Versuch. Sie bitten ihren Kommilitonen Rüdiger um Hilfe. So sehr dieser sich auch bemüht; ihr gelingt es nicht sich ausreichend zu konzentrieren. Er will bereits aufgeben, doch dann fällt ihm ein alter speckiger Erziehungsratgeber aus dem 19. Jahrhundert in die Hand, der ihn mit seinen drastischen Methoden zu einem letzten Versuch inspiriert; und – es funktioniert. Ihr gelingt es, sich zu konzentrieren.

Armin A. Alexander

Nachhilfestunden

Erzählungen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2009 Armin A. Alexander

Überarbeitete und erweiterte 2. Auflage Juli 2019

Umschlag, Umschlagfoto und Satz:

Armin A. Alexander

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 9783749443277

http://blog.arminaugustalexander.de

Nachhilfestunden

1.

»Was ist mit Ihnen los? Sie sind bereits zum zweiten Mal durch meine Prüfung gefallen. Erneut mit dem schlechtesten Ergebnis, was mir unbegreiflich ist. Ich frage doch lediglich Grundlagen ab. Es fällt Ihnen doch sonst leichter. Sie haben doch so gut wie alle Scheine beisammen. Wollen Sie das alles aufs Spiel setzen?«

Ulla senkte unter den väterlich strengen Worten ihres Baustoffkundeprofessors mehr als nur schuldbewußt den Blick. Er hatte mit allem recht und gerade das machte es so schlimm. Sie verstand es ja selbst nicht. Es ging wirklich nur ums Auswendiglernen, was ihr noch nie schwergefallen war.

Herbodtsheim unterbrach seine ›Standpauke‹ und betrachtete die bildhübsche junge Frau, die wie die sprichwörtliche arme Sündern in sich zusammengesunken auf dem Stuhl ihm gegenüber saß. In der Regel brachte er eine gehörige Portion Skepsis Studentinnen entgegen, die aussahen, als wären sie der Titelseite eines Hochglanzmodemagazins entstiegen. Das mochte bei Geisteswissenschaftlerinnen, Juristinnen und BWLerinnen nicht nur angehen, sondern sogar erwünscht sein, aber bei einer zukünftigen Ingenieurin fand er es fehl am Platz. Eine Baustelle ist nun einmal nicht der angemessene Ort für eine Modenschau. Doch bei dieser jungen Frau war einiges anders. Sie war fleißig und intelligent. Während einer Unterhaltung mit ihr traten die Äußerlichkeiten in den Hintergrund. Allerdings konnte er sie sich in Cordhosen und derben Schuhen auch gar nicht so recht vorstellen.

Ulla fühlte eine leichte Übelkeit aufsteigen. Herbodtsheim sah sie mit väterlichem Wohlwollen an, was sie absolut nicht mochte. Es genügte, wenn ihr leiblicher Vater sie so ansah. Überhaupt hatten er und Herbodtsheim manches gemein.

»Weiß Ihr Vater von Ihren Schwierigkeiten?« fragte er nun teilnahmsvoll.

Sie schrak auf und errötete leicht. Doch er schien es nicht zu bemerken.

»Nein, bisher nicht. Ich möchte ihn nicht unnötig beunruhigen«, erwiderte sie mit leicht zitternder Stimme.

»Sie sollten unbedingt mit ihm darüber sprechen. Er rechnet schließlich damit, daß Sie in naher Zukunft sein Konstruktionsbüro übernehmen.«

»Ja, das tut er«, erwiderte sie und unterdrückte einen Seufzer.

Seit der Oberstufe hatte ihr Vater kaum von etwas anderem gesprochen, sobald es ihre berufliche Zukunft betraf. Er unterstützte sie finanziell großzügig, damit sie sich ganz aufs Studium konzentrieren und sich die Dinge leisten konnte, die sie brauchte, um vom Streß des Studiums abschalten zu können, was ihr bei den Kommilitonen den Ruf einer Prinzessin eingebracht hatte. Lediglich ihre guten Leistungen und ihr offenes, fröhliches Wesen verhinderten, daß sie als eine verwöhnte ›Höhere Tochter‹ abgestempelt wurde, die nur aus ›Spaß‹ studiert. Ihr bisher gutes Abschneiden bei den meisten Prüfungen hatte ihren Vater Stolz auf seine ›schöne und kluge‹ Tochter werden lassen. Mittlerweile wußten so gut wie alle seine Geschäftsfreunde und Kunden, daß sie mittelfristig eine nicht unwichtige Rolle in seinem renommierten Büro für Tragwerksplanung spielen würde. Lediglich den Zeitpunkt, an dem er sich selbst aus dem Geschäft zurückziehen würde, hatte er noch nicht festgesetzt.

»Ich schätze Ihren Vater«, fuhr Herbodtsheim im Plauderton fort, der in ihren Ohren etwas aufgesetzt klang. »Ich hatte das Vergnügen, ihm unter anderem auf verschiedenen Tagungen zu begegnen. Ich bin überzeugt, daß Sie das Zeug haben, in seine Fußstapfen zu treten. Darum wäre es doppelt ärgerlich, wäre Ihnen wegen eines Scheins eine vielversprechende Karriere verbaut. Vielleicht sollten Sie eine Auszeit nehmen. Zeitlich sind Sie gut im Rennen und Sie stehen nicht unter finanziellem Druck, wie die meisten Ihrer Kommilitonen.«

Sie schüttelte entschieden den Kopf.

»Nein, das wäre nicht gut. Ich fürchte auch, daß mir die Ruhe dazu fehlt. Außerdem hat mein Vater mir angeboten, daß ich nach meinem Abschluß, wenn ich möchte, ein Jahr oder auch etwas länger tun und lassen kann, was ich will, bevor ich in die Firma eintrete.« Und außerdem würde ich das Studium gerne endlich hinter mich bringen, da es mich langsam zu nerven beginnt, fügte sie in Gedanken hinzu.

»Sie müssen es wissen«, erwiderte Herbodtsheim etwas kühl, weil sie seinen gut gemeinten väterlichen Rat nicht einmal überdenken wollte. »Vielleicht sollten Sie sich intensiv mit jemanden vorbereiten, der die Prüfung bereits bestanden hat«, womit er ihr zu verstehen gab, daß er das Gespräch als beendet betrachtete.

Mit leicht zitternden Knien stand sie auf, froh, entlassen zu sein.

Draußen auf dem Gang atmete sie tief durch, ehe sie den Gebäudetrakt der Ingenieurswissenschaftlichen Fakultät verließ, in dem die Büros der Professoren untergebracht waren.

Nüchtern betrachtet war sein Vorschlag das einzig erfolgversprechende, um die Prüfung beim nächsten Mal zu bestehen. Leicht fiel ihr die Erkenntnis nicht. Sie, die immer nur Nachhilfestunden gegeben und sich seit der achten Klasse, damit beträchtlich ihr Taschengeld aufgebessert hatte, brauchte zum allerersten Mal in ihrem Leben selbst welche, alles schön und gut, nur von wem?

Spontan wußte sie niemand. Zumindest niemand, der nicht eine gewisse Schadenfreude an den Tag legen würde.

Nachdenklich betrat sie die kleine Cafeteria.

Wie Freitagnachmittag üblich war sie spärlich besucht. Entweder fuhr man nach Hause oder hatte Besseres zu tun, als sich noch in der Alma mater aufzuhalten, weshalb sie auch nicht damit rechnete, hier irgendeinem Bekannten zu begegnen. Sie holte sich einen Kaffee, der zwar nichts Besonderes, aber immerhin genießbar und heiß war, und setzte sich an einen Tisch, von dem aus sie den Raum bequem überblicken konnte, ohne selbst sogleich ins Blickfeld Hereinkommender zu geraten. Sie streckte die schönen zartbestrumpften langen Beine mit den muskulösen Schenkeln aus, trank von ihrem Kaffee und ließ die Blicke gedankenverloren schweifen.

Rüdiger, wie üblich in der Nähe des Eingangs sitzend, war überrascht Ulla an einem Freitagnachmittag, um diese Zeit hier noch zu sehen. Es war nicht zu übersehen, daß sie etwas bedrückte. Er folgte ihr mit den Blicken, wie sie sich einen Kaffee holte und bei der gelangweilten Kassiererin bezahlte, die keinen Hehl daraus machte, daß sie es für unsinnig ansah, Freitagnachmittag für eine handvoll Studenten geöffnet zu lassen, die zudem nichts außer einer Tasse Kaffee oder Tee konsumierten. Ulla steuerte einen Platz an, von dem sie nahezu den gesamten Raum im Blick hatte. Und obwohl sie ihre Blicke schweifen ließ, nicht wirklich etwas sah.

Auf eine besondere Weise war er seit dem ersten Semester in sie verliebt. Aber das waren einige ihrer Kommilitonen und nicht nur die männlichen, selbst wenn es die wenigsten zugeben würden. Doch ernsthaft hatte er sich nie Hoffnungen gemacht, wie letztlich alle. Er war alles andere als schüchtern, das war es nicht. Aber sie gehörte zu den Frauen, bei denen scheinbar nur bestimmte Männer Erfolg haben. Zuerst hatte er in ihr lediglich eine von diesen verwöhnten ›Höheren Töchtern‹ gesehen, die mehr aus Langeweile irgendein Fach studieren, doch hatte er seine Meinung schnell ändern müssen, was ihn keine große Überwindung gekostet hatte. Im Gegenteil war er erleichtert, daß sich ein Klischee wieder einmal nicht bewahrheitet hatte. Sie war nicht nur ausnehmend attraktiv, sondern auch im gleichen Maße intelligent und von liebenswertem Wesen.

Sie blickte schon eine geraume Zeit in seine Richtung und sah ihn doch nicht. Sie hielt die Tasse mit beiden Händen, als wollte sie sich an ihr wärmen, und nahm hin und wieder einen Schluck daraus. Es hätte auch warmes Wasser sein können. Sie war derart mit ihren Gedanken beschäftigt, daß ihr der Unterschied nicht aufgefallen wäre. Ihr wollte kein Kommilitone einfallen, dem sie sich hätte anvertrauen wollen.

Für einen Augenblick erwog sie, Angela zu bitten. Doch dann dachte sie daran, daß Angela, seit sie sich vor einigen Monaten von ihrer Freundin getrennt hatte, ihr eindeutige Avancen machte und sie fürchtete, sie könnte es zu ihrem Vorteil ausnutzen. Nicht daß sie sich nicht vorstellen konnte, auch mit einer Frau zu vögeln, aber Angela wäre aus mehreren Gründen als letzte infrage gekommen. Ihr Bemühen, grundsätzlich einen androgynen Eindruck zu erwecken, war nur einer davon. Wenn schon eine Frau, dann das, was in der Szene mit einer ›Femme‹ bezeichnet wird, gerne auch mollig – sogar am liebsten mollig, wenn sie ehrlich gegen sich selbst sein sollte. Sie selbst entsprach dem Bild einer ›Femme‹ auf geradezu ideale Weise. Angelas fast schon derbe männliche Art sie anzubaggern, stand als weiterer Minuspunkt auf der Liste.

Darüber hinaus fiel ihr nur Wolfgang ein. Aber Wolfgang kam ebensowenig infrage. Er war ihr zwar nicht wirklich unsympathisch, besaß jedoch ein paar Eigenheiten, für die er zum Teil wenig konnte, die ihr seine Gegenwart aber unangenehm werden ließen. Es war nicht nur sein starkes Rauchen, so daß er zwangsläufig beim Sprechen immer das Aroma eines kalten Aschenbechers verbreitete. Schlimmer war sein chronisches Magenleiden, so daß er trotz der Einnahme spezieller Medikamente einen fortwährend unangenehmen Atem besaß, das Rauchen verstärkte es lediglich. Außerdem neigte er zur Ungeduld. Weshalb sie fürchtete, daß er rasch mißmutig wäre, wenn sie etwas nicht so zügig verstand, wie sie aus seiner Sicht sollte.

Es schien absurd, daß es unter mehr als einhundert Kommilitonen nicht einen geben sollte, der für sie als Nachhilfelehrer infrage kam.

Rüdiger schlug das Buch zu, in dem er seit Ullas Eintreten nicht mehr gelesen hatte, und trank den Rest von seinem längst erkalteten Tee. Während er beinahe ungeniert den Blick auf ihren langen Beinen ruhen ließ – daß sie ausschließlich Strümpfe und keine Strumpfhosen trug, hatte sein Kennerblick schnell herausgefunden – überlegte er, ob er noch etwas bleiben sollte. Mit ihr würde sich sicherlich kein Gespräch ergeben und nicht nur aufgrund offenkundiger Geistesabwesenheit. Die wenigen Male, die sie sich seit ihrer Erstimmatrikulation miteinander unterhalten hatten, ließen sich an den Fingern der rechten Hand abzählen. Wenn es überhaupt die Möglichkeit gegeben haben sollte, daß sich so etwas wie Freundschaft zwischen ihnen entwickelt – von einer Beziehung ganz zu schweigen – war diese längst vorübergegangen. Und versäumten Gelegenheiten pflegte er grundsätzlich nicht nachzutrauern.

Mit einem kaum wahrnehmbaren Achselzucken packte er gemächlich seine Sachen zusammen und verließ die Cafeteria, ohne noch einmal zu ihr hinüberzusehen.

»Ach, Rüdiger. Hättest du vielleicht einen Moment Zeit?«

Ullas leicht zitternde Stimme so dicht an seinem Ohr ließ ihn erschrocken zusammenfahren. Er war vielleicht drei Schritte weit gekommen.

»Oh, tut mir leid, wenn ich dich störe«, entschuldigte sie sich sichtlich verlegen, durch ihre innere Anspannung interpretierte sie seine Reaktion falsch.

Natürlich, es war auch blöd, ihm hinterzulaufen. Er hatte sicher Besseres zu tun als einer Kommilitonin, die er kaum kannte, für eine Prüfung zu helfen, die er bereits beim ersten Mal mit Leichtigkeit bestanden hatte. Er war nun einmal neben ihr einer der besten – sah man von ihren Schwierigkeiten in Bauststoffkunde ab. Ihm schien noch mehr als ihr alles zuzufliegen.

Er blieb stehen und sah sie interessiert an. Sie besaß in diesem Moment viel von einem kleinen leicht verschüchterten Mädchen. Dieser Gegensatz zu ihrem gewohnt selbstbewußten Auftreten stimmte ihn sanftmütig.

»Nein, du störst nicht«, sagte er freundlich, neugierig, was sie wollte.

»Da bin ich aber froh«, entfuhr ihr ein ehrlicher Seufzer.

Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

»Ich möchte dich um einen Gefallen bitten und ich kann verstehen, wenn du keine Zeit hast, es dir lästig sein sollte. Ich muß Baustoffkunde unbedingt bestehen. Ich habe nur noch einen Versuch. Den darf ich nicht verpatzen. Könntest du mit mir üben? Du mußt es auch nicht umsonst tun. Du bist der einzige, von dem ich weiß, daß er mir helfen kann«, sagte sie fast ohne Atem zu holen.

Ihr Mimik besaß etwas so offen Bittendes und damit auch etwas überaus Rührendes, daß es ihm, selbst wenn er es vorgehabt hätte, schwergefallen wäre, ihre Bitte abzulehnen.

»Warum nicht?«

»Wirklich?« Sie schien offenbar nicht mit seiner Zusage gerechnet haben. »Danke!«

Spontan drückte sie ihm einen Kuß auf die rechte Wange.

»Am Montag besprechen wir alles weitere, ja? Ich muß jetzt los!«

Er schaute ihr leicht kopfschüttelnd nach, wie sie sich mit schnellen und sicheren Schritten auf ihren hohen Absätzen entfernte. Die Stelle wo sie flüchtig seine Wange mit den Lippen berührt hatte, pulsierte angenehm warm.

Sie war so erleichtert über seine Zusage, daß sie nicht einen Moment auf den Gedanken kam, ob es ihm überhaupt recht gewesen war, ihm ihre Freude so familiär zu zeigen. Sie konnte nicht verstehen, warum sie nicht gleich an ihn gedacht hatte. Er war sympathisch. Sah gut aus. Sie wußte von keiner ›Unart‹. Er war für seine sprichwörtliche Engelsgeduld bekannt, solange sie nicht über Gebühr strapaziert wurde. Sie gab zu, daß sie zu Anfang ihres Studiums leicht in ihn verknallt gewesen war. Aber da er sich nie wirklich für sie zu interessieren schien, hatte es sich auf ihrer Seite schnell wieder abgekühlt. Wahrscheinlich war sie nicht sein Typ. Doch war es müßig darüber nachzudenken. Vermutlich war es besser so, somit bestand bei ihm kaum die Gefahr, dumm angebaggert zu werden. Das würde ein entspanntes Lernverhältnis ermöglichen.

2.

»Wir sehen uns dann Donnerstag.« Ulla reichte ihm zum Abschied die Hand.

Es war mehr eine vorsichtige Frage. Sie spürte, daß Rüdigers Geduld mit ihr langsam erschöpft zu sein schien, wenngleich er so kollegial war, es nicht offen zu zeigen. Sie wußte ja selbst, daß es ihr nicht gelingen wollte, sich zu konzentrieren. Sie konnte nicht verhindern, daß ihre Gedanken ständig abschweiften. Es blieb kaum etwas von dem haften, was er ihr erklärte. Dabei war der Stoff letztlich simpel. Sie ärgerte sich sicher selbst mehr darüber als er. Er war unglaublich geduldig und wirklich sehr liebenswürdig.

Sein Studium bestritt er zielstrebig, arbeitete in den Semesterferien noch nebenbei. Wie sie hätte er es nicht nötig gehabt, wenn auch seine häuslichen Zuwendungen weit weniger üppig waren als ihre. Häufig saß er allein in der Cafeteria in ein Buch vertieft, fast immer am selben Platz neben dem Eingang, und die Bücher hatten oft nichts mit dem Studium zu tun. Er sah außerdem alles andere als schlecht aus. Ob ihm bewußt war, daß er über einen ganz schönen Knackarsch verfügte? Wahrscheinlich, sie konnte sich nicht vorstellen, daß die eine oder andere Geschlechtsgenossin ihm das nicht bereits gesagt hatte. Diese hübsche schwarzhaarige Architekturstudentin, mit der sie ihn eine Zeitlang gesehen hatte, hatte es ihm bestimmt gesagt. Das war eine, die das zu schätzen wußte, und nicht nur das! Sie war wählerisch und nahm ihre Chancen wahr. Sie gehörte zu den Frauen, die ihren Körper und ihren Sexualtrieb nicht verleugneten, sondern mit beidem in Einklang standen und somit eine Faszination ausstrahlen, der sich letztlich kein Mann entziehen konnte.

»Donnerstag«, bestätigte er und drückte ihre Hand mehr pflichtschuldig, zumindest schien es ihr so.

Mit einem leicht gezwungenen Lächeln verließ sie ihn.

Nachdem er die Tür hinter ihr geschlossen hatte, ließ er die Hand einen Augenblick auf der Klinke ruhen, als wollte er die Tür noch einmal öffnen und ihr etwas hinterherrufen. Er hörte wie ihre Schritte im Treppenhaus verhallten und unten die Haustür ging.

Mit einem Kopfschütteln ging er in die kleine Küche und setzte Teewasser auf.

So würde das nie etwas werden. Wüßte er es nicht besser, nähme er an, daß ihr weder am Bestehen der Prüfung noch an ihrem Studium etwas lag. Selbst die einfachsten Dinge schien sie nicht behalten zu können oder zu wollen. Fortwährend kaute sie auf ihrem Bleistift herum und wippte, hatte sie die Beine übereinandergeschlagen, unausgesetzt mit dem freien Fuß, so daß der Stuhl, auf dem sie saß, permanent leise knarrte, ein Geräusch, das einem relativ schnell lästig wurde. Nicht daß er sie nicht gerne bei sich hatte, im Gegenteil. Er mochte sie, nicht nur, weil sie so gut aussah, schöne Beine hatte und gleich ihm ein Faible für echte Nylons und elegante hochhackige Schuhe besaß. Er hatte ihr diesbezüglich auch schon das eine oder andere Kompliment gemacht und nicht den Eindruck, daß es ihr mißfiel. Sie hatte sogar leicht verlegen gelächelt, als hätte sie es gerade aus seinem Mund nicht erwartet. Aber all das täuschte nicht darüber hinweg, daß seine Zuversicht, was das Bestehen ihrer Baustoffkundeprüfung betraf, nicht sehr groß war. Wenn sich Donnerstag bezüglich ihrer Unaufmerksamkeit nicht etwas einschneidend veränderte, würde er ihr sagen müssen, daß er keinen Sinn in einer Fortführung ihrer Nachhilfestunden sah und sie letztlich nur ihre Zeit verschwendeten. Er wußte, daß das hart war. Aber wozu Zeit und Energie in etwas investieren, das sich nicht auszahlte? Es wäre unredlich, nicht zuletzt, weil sie ihn doch dazu gebracht hatte, daß sie ihn für die Nachhilfestunden großzügig entlohnte. »Es handelt sich um Arbeit und du könntest die Zeit sicherlich sinnvoller für dich nutzen«, hatte sie auf ihrem Standpunkt beharrt, sich seine Hilfe nicht schenken zu lassen. Das Band der Freundschaft behinderte sie schließlich nicht, sie kannten sich ja kaum.

Das Teewasser kochte. Er schüttete das heiße Wasser über das Teesieb in die Kanne.

Andererseits hatte sie in der Matheklausur, die alles andere als leicht war, fast die volle Punktzahl erreicht. Überhaupt schien ihr alles, was mit Mathematik zu tun hatte, leicht zu fallen. Schließlich bestand das Studium zum größten Teil aus Mathematik. Am Ende sollte sie am simplen Auswendiglernen scheitern? Das wäre bitterböse Ironie des Schicksals. Eine Welle des Mitleids mit ihr durchströmte ihn.

Er sah auf die Uhr. Der Tee war ausreichend lang gezogen. Er holte das Sieb aus der Kanne. Er goß sich eine Tasse ein, gab einen kräftigen Spritzer Zitrone hinzu und setzte sich mit ausgestreckten Beinen aufs Sofa.

Was könnte er tun, das ihr half, sich besser zu konzentrieren?

Sie mußte sicher ein kleines Vermögen für ihre Strümpfe ausgeben, schließlich trug sie bald jeden Tag andere. Immerhin handelte es sich um echte Nylons, das hatte sein Kennerblick gleich entdeckt. Würde man einen Wettbewerb unter den Kommilitoninnen zur ›Miss Leg‹ veranstalten; Ulla stünde als Titelträgerin sofort fest. Andererseits besäßen Sandra und Ilka auch eine gewisse Chance. Noch etwas atemberaubender als ihre schönen, zartbestrumpften Beine empfand er ihre engen Röcke, die sie gelegentlich trug, und bei denen er sich mitunter fragte, wie es ihr gelungen waren, den Reißverschluß problemlos zu schließen. Wenn es etwas gab, daß die ›Harmonie‹ ihrer Figur ein bißchen aus dem Gleichgewicht brachte, waren es ihre, für ihre Figur, auffallend breiten Hüften, was ihr wiederum optisch eine schmale Taille bescherte. War es Absicht, geschah es unbewußt, oder war es mit breiten Hüften kaum möglich anders zu gehen? Jedenfalls besaß ihr Gang stets etwas mehr oder wenig erotisch Provozierendes. Allerdings wirkten breite Hüften auf ihn in der Regel erotisierend.

Hier ging es aber nicht um Ullas und schon gar nicht um Sandras oder Ilkas Beine, noch weniger um Ullas auffallend breite Hüften, sondern darum sie durch diese dämliche Baustoffkundeprüfung zu treiben.

Im Grunde war Herbodtsheim einfallslos, was seine Prüfungsfragen betraf. Er variierte sie von Jahr zu Jahr lediglich marginal. Eigentlich genügte es, eine beliebige zurückliegende Klausur zu nehmen und die Fragen und Antworten auswendig zu lernen, um problemlos bestehen zu können. Die Note würde einzig von der Stärke der Variation abhängen, aber selbst im ungünstigsten Fall deutlich auf der sicheren Seite liegen. Vielleicht sollte er ihr vorschlagen, seine Klausur, bei der er dreiundneunzig von einhundert möglichen Punkten erreicht hatte, solange auswendig lernen zu lassen, bis sie die im Schlaf hersagen konnte? Doch das war nicht sein Ding. Er wollte, daß sie es nicht nur herunterleiern konnte, sondern weitgehend begriff, wovon die Rede war.

Es müßte schön sein, mit ihr zu vögeln und nicht nur, aber auch gerade wegen ihrer breiten Hüften. Es war unübersehbar, daß sie zu genießen verstand, ihren Körper mochte und ihren Sexualtrieb nicht verleugnete. Nicht wenigen Frauen fiel es schwer zu akzeptieren, daß sie einen eigenen besaßen und sie das Recht hatten, diesen auszuleben. Wie Iliane – jene Architekturstudentin – deren Unstetigkeit und Laisser-faire nicht so ganz mit seiner Zuverlässigkeit harmonieren wollten, was letztlich zum Bruch geführt hatte. Ob Ulla ihr Schamhaar entfernte? Abgesehen davon, daß ihm aus mehreren Gründen eine nackte Scham besser gefiel, hatte es den nicht zu unterschätzenden praktischen Vorteil, sich im unpassendsten Augenblick nicht mit lästigen Härchen auf der Zunge herumplagen zu müssen, denn gerade in ihren Schoß würde er nur zu gerne das Gesicht vergraben.

Nein, so ging das nicht. Er schweifte ja selbst mit den Gedanken ständig ab. Anstatt konsequent zu überlegen, wie er ihr helfen könnte, ihre Konzentrationsprobleme zu lösen, stellte er sich vor, wie es wäre, mit ihr zu vögeln. Vermutlich spielte etwas die Tatsache mit hinein, daß er vor über drei Monaten das letzte Mal mit einer Frau – eben jener Iliane – Sex gehabt hatte, so etwas wurde als Entzugserscheinungen oder so ähnlich bezeichnet.

Er stand auf und stellte die leere Tasse auf dem Tisch ab.

Vielleicht sollte er noch kurz auf einen Sprung in seine Stammbuchhandlung gehen. In der Antiquariatsabteilung hatte er schon manch interessantes Buch gefunden.

Er löschte das Teelicht im Stövchen, schlüpfte in seine Schuhe und verließ seine kleine Studentenwohnung.

Es kam selten vor, daß ihn das Wühlen in der Grabbelkiste, aus der stets der muffige Geruch von alten Kellern und Dachböden strömte, nicht ablenkte. Aber seine Gedanken schienen heute fest auf Ulla fixiert zu sein.

Er achtete kaum auf die Titel der Bücher, die durch seine Finger gingen.

Seinen Entschluß, ihr nach dem nächsten Treffen zu sagen, daß er die Fortsetzung ihrer Nachhilfestunden aufgrund ihrer fortgesetzten Unaufmerksamkeit nicht für sinnvoll erachtete, hatte er bereits verworfen. Nicht allein, weil sie ihm als Mensch und als Frau gefiel, ihre Gesellschaft sehr angenehm war, wenn man nicht gerade versuchte ihr etwas beizubringen, das partout nicht in ihren hübschen braunen Lockenkopf wollte, warum auch immer. An den lukrativen Salär, der ihm dadurch entging, dachte er nicht einen Augenblick. Fiel das Scheitern des Schülers nicht auch immer auf den Lehrer zurück?

Ein guter Lehrer kann nahezu jedem Schüler etwas beibringen. Wenn dieser nicht aus sich heraus motiviert ist, muß er motiviert werden, notfalls auch mit ungewöhnlichen Methoden.

An das Motto seines Onkels, einem Lehrer aus Leidenschaft, der sich zu recht damit brüsten konnte, die mit Abstand geringste Quote von Wiederholern unter seinen Schülern zu haben, mußte er denken. Ulla einfach aufzugeben, verstieße gegen diesen Grundsatz und das wollte er seinem Lieblingsonkel nicht antun. Abgesehen davon fiel auch immer etwas vom Ruhm des Schülers auf dessen Lehrer zurück. Wer hat nicht gerne Erfolgserlebnisse, nimmt er sich einer Sache an?

Rüdiger haßte es zu scheitern. Ullas Scheitern wäre ebenso sein Scheitern.

Er hielt schon eine ganze Weile dieses kleine zerlesene Buch mit dem speckigen Leineneinband zwischen den Fingern, das muffiger als die anderen roch. Wie lange mochte es wohl auf irgendeinem Dachboden in irgendeinem alten staubigen Koffer sein Dasein gefristet haben, ehe es bei einer Wohnungsauflösung wieder aufgetaucht war?

Wie man verstockte Zöglinge zum Lernen anhält!

Den in Fraktur gesetzten Titel las er bereits zum zweiten Mal, ohne sich dessen recht bewußt zu sein. Gedankenverloren blätterte er einige der stark vergilbten, teilweise abgegriffenen, aber noch gut zu lesenden Seiten durch, bis er langsam bemerkte, was er da in den Händen hielt.

Zuerst schmunzelte er, paßte der Titel doch zu seiner Situation – oder wie ein anderer Onkel gerne salopp mit einem breiten Grinsen zu sagen pflegte: »Wie Arsch auf Eimer.«

Die wenigen Illustrationen waren aus heutiger Sicht kurios anzusehen und kaum real umsetzbar. Kinder auf einen Stuhl zu setzten, der mehr an ein mittelalterliches Folterinstrument erinnerte oder den Stuhl mit einer Fixiervorrichtung zu versehen, die kerzengerades aufrechtes Sitzen ermöglichte, war kaum mit modernen pädagogischen Erkenntnissen vereinbar. Abgesehen davon waren diese Stahlstiche von reichlich mäßiger Qualität, besaßen etwas unfreiwillig Karikierendes, was nicht nur an den mangelhaften anatomischen Kenntnissen des Illustrators lag.

Wahllos las er einige Stellen.

Ein Hauptproblem für Unaufmerksamkeit ist Ablenkung. Erfahrungsgemäß lassen sich selbst lernwillige Zöglinge gerne ablenken, wie sehr dann erst ein unwilliger? Darum sollten im Zimmer, in welchem der Zögling seine Hausarbeit verrichtet, so wenige Gelegenheiten wie möglich zum Ablenken vorhanden sein. Der Tisch sollte in Fensternähe stehen, wegen des Lichts, aber nicht zu nahe, damit der Zögling nicht durch das, was draußen vor sich geht, abgelenkt werden kann. Selbst die folgsamsten Jungen lassen sich durch das rege Treiben auf der Straße ablenken, giebt man ihnen nur die Gelegenheit dazu. Ein Zimmer auf einen ruhigen Hinterhof hinaus ist grundsätzlich einer lärmenden Straße vorzuziehen. Der Stuhl sollte solide mit festem Sitze sein. Alles, was ein allzu bequemes Sitzen ermöglicht, sollte thunlichst vermieden werden. Des Weiteren sollte es im Raum nicht zu warm sein, da Wärme träge werden läßt. Es sollte aber auch nicht zu kalt sein, da Frieren nicht weniger ablenkend sein kann, wenn auch aus anderen Gründen. Zwar ist es gut, erfährt der Zögling eine gewisse Abhärtung, doch alles mit Maaß und Ziel. Verständlicherweise sollten sich nur die Utensilien auf dem Tische und in Reichweite des Zöglings befinden, die unerläßlich für seine Arbeiten sind. Ebenso sollte der betreffende Knabe stets unter Aufsicht stehen. Er muß spüren, daß das kleinste Vergehen, das ihn von seiner Arbeit abhält, sofort geahndet wird. Das ist wichtig, damit ihm der Zusammenhang zwischen Strafe und Vergehen bewußt bleibt. Verstreicht zwischen Vergehen und Strafe zuviel Zeit, wird aus Sicht des Knaben der Zusammenhang nicht mehr so verständlich und es könnte bei ihm den Eindruck von Willkür erwecken, was weder seiner persönlichen Entwicklung noch der Sache an sich dienlich ist.

Er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Was die sich damals alles ausgedacht haben! Wann war das Büchlein erschienen? Er blätterte nach vorne zum Impressum. Der aufgeführte Verlag sagte ihm nichts. Vermutlich existierte der schon lange nicht mehr. Was ihn nicht wunderte. Hatte der noch mehr solche ›Ratgeber‹ herausgebracht, muß er gleichzeitig mit diesen aus der Mode gekommen sein. Druckort war Leipzig. Das Jahr ließ sich kaum noch eindeutig feststellen, lediglich die beiden ersten Ziffern waren zu erkennen, 1 und 8, die dritte könnte eine 6 oder auch eine 8 sein und die vierte vielleicht eine 3. Aber eigentlich war es nebensächlich. Solche Bücher mußte es seinerzeit zuhauf gegeben haben. Erziehungsregeln, die einem modernen Pädagogen die Hände vor Entsetzen über dem Kopf zusammenschlagen ließen, zumal bei Kindern mit so etwas ohnehin nur das Gegenteil erreicht wurde. Abgesehen davon wurde ausschließlich von Jungen und Knaben geredet, auch auf den Zeichnungen waren keine Mädchen zu sehen. Natürlich, nach damaliger Auffassung brauchten Frauen bloß das absolute Minimum an Bildung, damit sie ihren Männern den Haushalt führen und deren Kinder gebären konnten. Zum Glück waren diese Zeiten vorbei. Was sollte er auch mit einem Dummchen anfangen, selbst wenn sie so gut aussah wie Ulla oder Iliane? Grausliche Vorstellung. Er mußte sich angewidert schütteln.

Ist mit dem Wissenserwerb eine unangenehme Erfahrung verbunden, wird der Zögling sich noch einmal so gut an das erworbene Wissen erinnern. Denn, Hand aufs Herz, liebe leidgeprüfte Erzieher eines lernunwilligen Eleven, an was erinnern wir uns alle am besten? An Erfahrungen, die mit angenehmen Begleiterscheinungen einhergegangen sind oder an die doch viel zahlreicheren mit Unannehmlichkeiten verbundenen Dinge? Es handelt sich eindeutig um Letztere, die stärker mit unserem Gedächtnis verhaftet bleiben. Natürlich dürfen sie nicht zu unangenehm für den Zögling sein, also keine aus Wut und Enttäuschung über dessen Unwillen verabreichten Schläge, sondern sorgfältig dosirte, die ihm nicht schaden und die vor allem ohne persönlichen Groll angewendet werden. Der Zögling darf nicht den Eindruck gewinnen, daß er persönlich angegriffen wird, sondern muß immer und in jedem Falle erkennen, daß es nur zu seinem Besten ist und man es nicht thun würde, wenn es nicht unbedingt sein müßte, und einen selbst die Schläge noch mehr schmerzen als ihm.

Was Menschen mitunter doch für einen ausgemachten Blödsinn schreiben können, dachte er kopfschüttelnd. Obwohl die Sache mit der negativen Erfahrung klang schon modern, wenn er es genau betrachtete. Bernadette, die Psychologiestudentin, mit der er vor etwas mehr als einem Jahr zusammen gewesen war, hatte ihm ähnliches erzählt. Hätte sie nicht so penetrant versucht, seine Psyche zu analysieren, hätte mehr aus ihrer Beziehung werden können. Auch sie hatte wundervoll breite Hüften und einen faszinierend üppigen Busen, war das, was zu Zeiten jenes Erziehungsratgebers als ›bäuerlich‹ bezeichnet worden wäre.

Kopfschüttelnd schlug er das kleine Kuriosum zu und wollte es schon wieder in die Grabbelkiste zurückstellen, da hielt er mitten im Tun inne.