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Ferdinand Sauerbruch war einer der bedeutendsten Chirurgen im 20. Jahrhundert. Seine Leistungen waren bahnbrecehnd und retteten unzähligen Menschen das Leben. Gelegentlich wird er aber auch als "Streiter für die Homöopathie" bezeichnet - und diese Behauptung soll hier in diesem Buch beantwortet werden. Sauerbruch selbst kann sich ja selbst gegen diese Vereinnahmung nicht mehr wehren. Von daher ging der Autor dieser Frage nach und beleuchtete das Verhältnis Sauerbruchs zur Homöopathie und stieß hierbei auf erstaunliche Fakten. Gleichzeitig wird auch Leben und Wirken des begnadeten Chirurgen beleuchtet.
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Seitenzahl: 60
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Vorbemerkung
Teil 1 Sauerbruch – Das war sein Leben
1.1 Kindheit und Schulbesuch
1.2 Studium und Assistentenzeit
1.3 Professur und erste Stellen als Oberarzt und Dozent
1.4 An der Charité
1.5 Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg
1.6 Nach dem Kriege
1.7 Prominente Patienten
1.8 Sauerbruch als Mensch
Teil 2 Wirken und Leistungen
2.1 Die Thorax-Chirurgie
2.2 Prothetik
2.3 Weitere Leistungen
2.4 Sauerbruch und der Nobelpreis
Teil 3 Sauerbruch – Ein Nazi?
3.1 Vor der Machtergreifung
3.2 An die Ärzteschaft der Welt
3.3 Der Staatsrat
3.4 Der Deutsche Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft
3.5 Antisemitismus
3.6 Aktion T4 und KZ-Versuche
3.7 Die Mittwochsgesellschaft
3.8 Entnazifizierung
Teil 4 Sauerbruch und die Homöopathie
4.1 August Bier
4.2 Sauerbruch und Bier
4.3 „Eine Lanze für August“
4.4 Stellvertreterkrieg
4.5 Schlussbetrachtung
Teil 5 Literaturverzeichnis
5.1 Zitierte Literatur
5.2 Weitere benutzte Literatur
Sauerbruch – wer kennt den Namen nicht, Hand hoch! Na… immerhin. Wohl alle die Serie „Charité“ gesehen? Nein, im Ernst, der Name Sauerbruch ist, wenn auch nicht mit so vielen Einzelheiten, irgendwie doch im kollektiven Gedächtnis. Wollen wir den Einzelheiten mal ein wenig nachhelfen?
Ferdinand Sauerbruch war einer der bedeutendsten Chirurgen im 20. Jahrhundert. Seine Leistungen waren bahnbrechend und retteten unzähligen Menschen das Leben. Gelegentlich wird er aber auch als „Streiter für die Homöopathie“ bezeichnet – und das hat mich nun interessiert. Der Mann kann sich ja selbst gegen Vereinnahmung nicht mehr wehren. Ich bin der Frage nachgegangen, wie Sauerbruchs Verhältnis zur Homöopathie tatsächlich war und bin auf erstaunliche Fakten gestoßen. Gleichzeitig möchte ich mit diesem Artikel auch das Leben und Wirken dieses begnadeten Chirurgen etwas beleuchten.
Ursprünglich erschien dieser Text als Serie auf meinem Blog „Onkel Michaels kleine Welt“.
1.1 Kindheit und Schulbesuch
Es war der 3. Juli 1875, als Ernst Ferdinand Sauerbruch in Barmen im Bergischen Land geboren wurde. Nachdem der Vater Ferdinand nur zwei Jahre nach seiner Geburt verstorben war, zog die Mutter mit ihm ins nahegelegene Elberfeld zum Großvater, dem Schuhmachermeister Friedrich Hammerschmidt. Sie arbeitete in der Schusterei des Vaters mit, um ihrem Sohn eine gute Schulbildung finanziell zu ermöglichen. Von 1885 bis 1895 besuchte Sauerbruch das Realgymnasium und legte am altsprachlichen Gymnasium in Mülheim an der Ruhr für die Zulassung zum Studium zusätzlich das Graecum ab.
1.2 Studium und Assistentenzeit
1895 nahm er ein Studium der Naturwissenschaften in Marburg auf, wo er sich aber nicht so richtig aufgehoben fühlte. Ein Mann von Entschlusskraft, wechselte er zum Studium der Medizin in Leipzig und Jena. Nachdem er 1901 das medizinische Staatsexamen abgelegt hatte, begann er unter dem bekannten Internisten Heinrich Curschmann mit der Arbeit an seiner Dissertation, die den Titel „Ein Beitrag zum Stoffwechsel des Kalks und der Phosphorsäure bei infantiler Osteomalacie“ trug, sich also mit Mechanismen der damals noch verbreiteten Rachitis bei Kindern beschäftigte.
In den wenigen Jahren von 1901 bis 1903 hatte er gleich mehrere Stellungen inne, zuerst als Landarzt im Thüringischen, dann als Assistent in der chirurgischen Abteilung des Diakonissenkrankenhauses in Kassel, im Städtischen Krankenhaus in Erfurt und im Pathologischen Institut in Berlin-Moabit.
Interessant ist hier vor allem der Wechsel von Kassel nach Erfurt. Seine unkonventionelle Art sowie die eigenmächtige Aufnahme von je einem Schwerkranken an zwei Sonntagen, von denen der eine sogar umgehend operiert werden mußte, brachten ihm aber schon sehr bald seitens des Konsistoriums [des Diakonissenhauses, Anm. Verf.] den öffentlichen Vorwurf der Gotteslästerung, der Nichtachtung der Heiligkeit des Sonntags und der groben gottesdienstlichen Störung ein, was für ihn Anlaß genug war, Ende Juli 1901 einer drohenden Bestrafung durch die Kündigung zuvorzukommen. Nachdem der ärztliche Direktor der Anstalt, Dr. Rockwitz, dem jungen Sauerbruch ungeachtet dessen noch eine Zeitlang in seiner eigenen Privatpraxis beschäftigt hatte, bis ein Ersatz für ihn gefunden worden war, scheint er ihm schließlich auch noch behilflich gewesen zu sein, an dem Städtischen Krankenhaus in Erfurt eine neue Anstellung zu finden. (1)
Bemerkenswert ist übrigens das Zeugnis, das Rockwitz ihm ausstellte. Darin heißt es: Der Approb. Arzt Herr Ernst Ferdinand Sauerbruch war von Anfang April bis Anfang August 1901 als Assistenzarzt des Hessischen Diakonissenhauses dahier angestellt. Während dieser Zeit hatte derselbe anerkennenswerten Eifer, Zuverlässigkeit und Sorgfalt bei der Behandlung der Kranken sowie ein vorzügliches wissenschaftliches Interesse bewiesen, welches, unterstützt durch tüchtige klinische und anatomisch-physiologische Kenntnisse, seine Arbeit anregend und fruchtbringend gestaltete. Besonders gewandt ist er in chemischen und bakteriologischen Untersuchungen. Auch zu selbstständigen chirurgischen Eingriffen hat er Gelegenheit gehabt und dabei Geschick und Umsicht bewiesen. Er läßt sich leiten von einer durchaus idealen Auffassung der ärztlichen Berufsarbeit und hat für die Kranken ein warmes Herz. So hat sich Herr Sauerbruch in seiner jetzigen Stellung vollkommen bewährt und sich mir persönlich als tüchtiger, schätzenswerter, liebenswürdiger Kollege erwiesen. Ich bedaure, daß er seine Stelle äußerer Umstände halber schon nach kurzer Zeit verläßt und trage keine Bedenken, ihn angelegentlich zu empfehlen. (2)
Der Sanitätsrat Dr. Ernst Adolph Brock, seit 1895 ärztlicher Leiter und Oberarzt am Erfurter Städtischen Krankenhaus, war von diesem Zeugnis und einem persönlichen Besuch Sauerbruchs so angetan, dass er gegenüber dem Erfurter Magistrat nachdrücklich dessen Einstellung befürwortete. Brock schrieb: Herr Dr. Sauerbruch hat sich ebenfalls persönlich vorgestellt, macht einen angenehmen, frischen Eindruck und ist von seinem bisherigen Oberarzt sehr gut empfohlen. Es spricht wohl für ihn, dass er freiwillig nach seinem amtlichen Ausscheiden noch in seiner Stellung geblieben ist, um den Oberarzt zu unterstützen bis Ersatz für ihn selbst gefunden war. (1)
Nachdem sowohl der Magistrat als auch die Erfurter Krankenhauskommission zugestimmt hatten, wurde Sauerbruch im Oktober 1901 Assistenzarzt im dortigen Krankenhaus. In Erfurt hatte er neben seiner regulären chirurgischen Tätigkeit auch die Möglichkeit zu eigenen Forschungen. Während dieser Zeit erschien auch seine erste wissenschaftliche Arbeit mit dem Titel Klinische Beiträge zur Diagnose der eitrigen Perityphlitis (Blinddarmvereiterung) in den Correspondenz-Blättern des Allgemeinen ärztlichen Vereins von Thüringen.
Als Ferdinand Sauerbruch zum 1. Januar 1903 kündigte, erhielt er von seinem Vorgesetzten Dr. Brock wiederum ein hervorragendes Zeugnis: Neben vortrefflichen allgemeinen Kenntnissen hat er hier große Geschicklichkeit und unermüdlichen Eifer gezeigt, ist in den Grundzügen und der Technik der Asepsis völlig zu Hause und hat wiederholt auch größere Operationen (Laparotomien in meiner Vertretung und zu vollster Zufriedenheit ausgeführt. Auch dem Krankenhaus als solchem (Ausbildung der Schwestern und Wärter) hat er sich mit großem Interesse und weit über das nach Dienstordnung Notwendige hinaus gewidmet. (1) Und sogar die Lokalzeitung bezeichnete den Weggang des „tüchtigen und beliebten Arztes“ als einen „entscheidenden Verlust.“ (1)
Sauerbruch wechselte an die Prosektur des Krankenhauses in Berlin-Moabit. Dort wurde ihm dringend empfohlen, seine bisherigen wissenschaftlichen Arbeiten an den Straßburger Internisten Bernhard Naunyn und den Breslauer Chirurgen Johann von Mikulicz-Radecki zu schicken. Und obschon letzterer sich zu dieser Zeit zu einem Studienaufenthalt in den USA aufhielt, reagierte er prompt und bot Sauerbruch zum 1. Oktober 1903 eine Stelle als Volontärarzt an der chirurgischen Universitätsklinik zu Breslau an. Und so war wieder seines Bleibens in der neuen Stelle nicht lange.