Feuer und Blut - Erstes Buch - George R.R. Martin - E-Book
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Feuer und Blut - Erstes Buch E-Book

George R.R. Martin

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Beschreibung

Wie alles begann!
Die packende Vorgeschichte um die Herrschaft des Königshauses Targaryen.


Was für Tolkiens Leser das Silmarillion ist, ist für die George R.R. Martin-Fans »Feuer und Blut«. Die epische Vorgeschichte von »Das Lied von Eis und Feuer«, bekannt als TV-Serienhit »Game of Thrones«, erzählt den Aufstieg und Fall des Hauses Targaryen. Das Buch spielt drei Jahrhunderte, bevor Martins berühmte Westeros-Saga beginnt, nämlich als Aegon Targaryen mit seinen Schwestergemahlinnen und ihren drei Drachen den Kontinent Westeros eroberte. 280 Jahre währte die Herrschaft seiner Nachkommen. Sie überstanden Rebellion und Bürgerkrieg – bis Robert Baratheon den irren König Aerys II. vom Eisernen Thron stürzte. Dies ist die Geschichte des großen Hauses Targaryen, niedergeschrieben von Erzmaester Gyldayn, transkribiert von George R.R. Martin.

Als »House of the Dragon« von HBO verfilmt – Weltpremiere am 21. August 2022!

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Seitenzahl: 1303

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FEUER

UND

BLUT

ERSTES BUCH

AUFSTIEG UND FALL DESHAUSES TARGARYEN VON WESTEROS

Deutsch von Andreas Helweg

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »Fire & Blood: 300 Years Before a Game of Thrones (A Targaryen History)«bei Bantam Books, New York.

Copyright der Originalausgabe © 2018 by George R. R. MartinPublished by agreement with the author and the author’s agents, Lotts Agency, Ltd.Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2018 by Penhaligon in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Teile dieses Buches wurden bereits veröffentlicht, zum Teil in gekürzter Fassung:»Die Eroberung«, in: »Westeros – Die Welt von Eis und Feuer« von George R. R. Martin, Elio M. Garcia, Jr., und Linda Antonsson, copyright © 2014 by George R. R. Martin. Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2015 by Penhaligon in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

»The Sons of the Dragon«, in: »The Book of Swords«, herausgegeben von Gardner Dozois, copyright © 2017 by George R. R. Martin

»Die Prinzessin und die Königin oder die Schwarzen und die Grünen«, in: »Königin im Exil«, herausgegeben von George R. R. Martin und Gardner Dozois, copyright © 2013 by George R. R. Martin and Gardner Dozois. Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2015 by Penhaligon in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

»Der Bruder des Königs«, in: »Der Bruder des Königs«, herausgegeben von George R. R. Martin und Gardner Dozois, copyright © 2014 by George R. R. Martin and Gardner Dozois. Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2016 by Penhaligon in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Redaktion: Sigrun Zühlke und Thomas Gießl Covergestaltung: Isabelle Hirtz, Hamburg, nach einer Originalvorlage von: Program Legal: Copyright © 2022 Home Box Office, Inc. All rights reserved. Promotional Materials Legal: © 2022 Home Box Office, Inc. All rights reserved HBO® and related channels and service marks are the property of Home Box Office, Inc.

Innenillustrationen: copyright © Doug Wheatley

Karte Vor- und Nachsatz: copyright © Franz Vohwinkel

Stammbaum Umschlaginnenseite: copyright © Andreas Hancock

HK · Herstellung: sam

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-23339-6V007www.penhaligon.de

Für Lenore, Elias, Andrea und Sid, die Mountain Minions

INHALT

Aegons Eroberung

Die Herrschaft des Drachen – Die Kriege König Aegons I.

Drei Köpfe hatte der Drache – Die Regierung unter König Aegon I.

Die Söhne des Drachen

Ein Prinz wird König – Der Aufstieg Jaehaerys’ I.

49 n.A.E. – Das Jahr der drei Bräute

Herrscher im Überfluss

Zeit der Bewährung – Die Erneuerung des Reiches

Geburt, Tod und Verrat unter König Jaehaerys I.

Jaehaerys I. und Alysanne – Ihre Triumphe und Tragödien

Jaehaerys I. und Alysanne – Politik, Nachwuchs und Pein

Die Erben des Drachen – Eine Frage der Thronfolge

Das Sterben der Drachen – Die Schwarzen und die Grünen

Das Sterben der Drachen – Sohn um Sohn

Das Sterben der Drachen – Der rote und der goldene Drache

Das Sterben der Drachen – Rhaenyra triumphiert

Das Sterben der Drachen – Rhaenyras Sturz

Das Sterben der Drachen – Die kurze, traurige Herrschaft Aegons II.

Nachwehen – Die Stunde des Wolfs

Unter den Regenten – Die Hand unter der Haube

Unter den Regenten – Krieg und Frieden und Viehmärkte

Unter den Regenten – Alyn Eichenfausts Reise

Der Lysenische Frühling und das Ende der Regentschaft

Die Erbfolge des Hauses Targaryen von Westeros

Anmerkungen

Feuer und Blut

Eine Chronik der Targaryen-Könige von Westeros

Erstes BuchVon Aegon I. (dem Eroberer)bis zur Regierungszeit vonAegon III. (dem Drachentod)Verfasst von Erzmaester Gyldayn aus der Zitadelle von Altsass(In der Niederschrift von George R. R. Martin)

AEGONS EROBERUNG

Die Maester der Zitadelle, die die Geschichte von Westeros bewahren, nutzen seit dreihundert Jahren Aegons Eroberung als Ausgangspunkt ihrer Zeitrechnung. Geburten, Todesfälle, Schlachten und sonstige Ereignisse werden entweder v.A.E. (vor Aegons Eroberung) oder n.A.E. (nach Aegons Eroberung) datiert.

Der wahre Gelehrte weiß, wie unpräzise solche Angaben sind. Aegon Targaryens Eroberung der Sieben Königreiche fand nicht an einem einzigen Tag statt. Zwischen Aegons Landung und seiner Krönung in Altsass verstrichen mehr als zwei Jahre … und selbst danach war die Eroberung noch nicht vollendet, weil Dorne noch nicht unterworfen war. Vereinzelte Versuche gab es während König Aegons Herrschaft immer wieder, sogar noch während der Herrschaft seiner Söhne. Daher ist es unmöglich, ein genaues Datum für das Ende der Eroberungskriege anzugeben.

Sogar das Anfangsdatum basiert auf einer irrigen Vorstellung. Fälschlicherweise wird oft angenommen, die Herrschaft König Aegons I. Targaryen habe an dem Tag begonnen, als er an der Mündung des Schwarzwassers landete, am Fuß der drei Hügel, um die herum sich später die Stadt Königsmund erheben sollte. Das stimmt nicht! Der Tag von Aegons Landung wurde zwar vom König und seinen Nachfahren gefeiert, doch der Eroberer selbst zählte die Jahre seiner Herrschaft in Wirklichkeit nach dem Tag, an dem er in der Sternensepte von Altsass vom Hohen Septon des Glaubens zum König gesalbt und gekrönt wurde. Diese Krönung fand zwei Jahre nach Aegons Landung statt, und zwar einige Zeit nachdem die Targaryen die drei großen Schlachten der Eroberungskriege geschlagen und gewonnen hatten. Man sieht also, der Großteil von Aegons tatsächlicher Eroberung fand in den Jahren 2 bis 1 vor Aegons Eroberung statt.

Die Targaryen entstammen reinstem valyrischen Blut und waren Drachenherren eines alten Geschlechts. Zwölf Jahre vor dem Verhängnis von Valyria (114 v.A.E.) verkaufte Aenar Targaryen seine Besitzungen im Freistaat und in den Ländern des Langen Sommers und zog mit seinen Gemahlinnen, seinem ganzen Besitz, allen Sklaven, Drachen, Geschwistern, Kindern und Verwandten nach Drachenstein, einer trostlosen Inselzitadelle unter einem rauchenden Berg in der Meerenge.

Auf seinem Höhepunkt war Valyria die größte Stadt der bekannten Welt, der Mittelpunkt der Zivilisation. Hinter seinen glänzenden Mauern wetteiferten vierzig rivalisierende Häuser um Macht und Ruhm am Hof und im Rat und stiegen und fielen im endlosen, wechselvollen und oft gewaltsamen Kampf um die Herrschaft. Die Targaryen gehörten bei Weitem nicht zu den mächtigsten Drachenherren, und so verurteilten ihre Rivalen ihre Flucht nach Drachenstein als einen Akt der Kapitulation und Feigheit. Doch Lord Aenars jungfräuliche Tochter Daenys, die für immer als Daenys die Träumerin in die Geschichte einging, hatte die Zerstörung Valyrias durch Feuer vorausgesehen. Und als zwölf Jahre später das Verhängnis über Valyria kam, waren die Targaryen die einzigen Drachenherren, die überlebten.

Drachenstein war seit zwei Jahrhunderten der westlichste Vorposten valyrischer Macht gewesen. Seine Lage quer zur Gurgel erlaubte es seinen Herren, die Schwarzwasserbucht in den Würgegriff zu nehmen, weshalb sich sowohl die Targaryen als auch ihre engen Verbündeten, die Velaryons von Driftmark (ein niederes Haus valyrischer Herkunft), am Handel in der Region bereichern konnten. Die Flotte der Velaryons kontrollierte zusammen mit einem weiteren valyrischen Haus, den Celtigars von der Klaueninsel, den mittleren Bereich der Meerenge, während die Targaryen mit ihren Drachen den Himmel beherrschten.

Dennoch richtete das Haus Targaryen den größten Teil der ersten hundert Jahre nach dem Verhängnis (die sehr treffend als das Jahrhundert des Blutes bezeichnet werden) seinen Blick eher nach Osten als nach Westen und zeigte kaum Interesse an Westeros. Gaemon Targaryen, Bruder und Gemahl von Daenys der Träumerin, folgte Aenar dem Auswanderer als Lord von Drachenstein und wurde berühmt als Gaemon der Glorreiche. Gaemons Sohn Aegon und seine Tochter Elaena herrschten nach seinem Tod gemeinsam. Ihnen folgten ihr Sohn Maegon, dessen Bruder Aerys und Aerys’ Söhne Aelyx, Baelon und Daemion. Der letzte der drei Brüder war Daemion, dessen Sohn Aerion schließlich Lord von Drachenstein wurde.

Jener Aegon, den die Geschichte als Aegon den Eroberer und Aegon den Drachen kennt, wurde im Jahre 27 v.A.E. auf Drachenstein geboren. Er war der einzige Sohn und das zweite Kind von Aerion, Lord von Drachenstein, und Lady Valaena aus dem Hause Velaryon, die über ihre Mutter selbst eine halbe Targaryen war. Aegon hatte zwei ehelich geborene Geschwister, eine ältere Schwester, Visenya, und eine jüngere Schwester, Rhaenys. Seit Langem war es Sitte bei den Drachenherren von Valyria, Bruder und Schwester miteinander zu verheiraten, um das Blut rein zu halten, aber Aegon nahm sogar beide Schwestern zur Gemahlin. Der Tradition nach hätte er nur seine ältere Schwester Visenya ehelichen müssen; Rhaenys zur zweiten Gemahlin zu nehmen war ungewöhnlich, wenn auch nicht ohne historisches Vorbild. Manche sagten, Aegon vermählte sich mit Visenya aus Pflichtgefühl, aber mit Rhaenys, weil er sie begehrte.

Alle drei Geschwister hatten sich bereits vor ihrer Hochzeit als Drachenherren erwiesen. Von den fünf Drachen, die mit Aenar dem Auswanderer nach Drachenstein geflogen waren, lebte in Aegons Tagen nur noch einer: die große Bestie Balerion, der Schwarze Schrecken. Die anderen beiden, Vhagar und Meraxes, waren jünger und erst auf Drachenstein geschlüpft.

Unter Unwissenden hält sich der Mythos, Aegon Targaryen habe vor dem Tag, an dem er in See stach, um Westeros zu erobern, nie einen Fuß auf den Boden des Kontinents gesetzt, doch dies kann nicht der Wahrheit entsprechen. Schon Jahre vor dieser Reise war auf Lord Aegons Geheiß hin die Bemalte Tafel geschnitzt und verziert worden: eine riesige Holzplatte, ungefähr fünfzig Fuß lang, in Form der Landmasse von Westeros, mit allen Wäldern und Flüssen und Städten und Burgen der Sieben Königreiche bemalt. Offenbar hatte sich Aegon schon lange vor den Ereignissen, die ihn in den Krieg trieben, sehr für Westeros interessiert. Es gibt auch verlässliche Berichte über einen Aufenthalt des jungen Aegon und seiner Schwester Visenya in der Zitadelle von Altsass sowie einen Besuch zur Falkenjagd auf dem Arbor, als Gäste von Lord Rothweyn. Er könnte auch Lennishort besucht haben. Hier widersprechen sich die Quellen.

In Aegons Jugend war Westeros in sieben streitsüchtige Königreiche aufgeteilt, und es gab kaum Zeiten, in denen nicht zwei oder drei dieser Königreiche gegeneinander Krieg führten. Der weite, kalte und steinige Norden wurde von den Starks von Winterfell regiert. In den Wüsten Dornes war das Wort der Fürsten aus dem Hause Martell Gesetz. Die goldreichen Westlande beherrschten die Lennisters von Casterlystein, die fruchtbare Weite die Gärtners von Rosengarten. Das Grüne Tal, die Finger und die Mondberge gehörten dem Haus Arryn. Doch die streitbarsten Könige zu Aegons Zeiten regierten die beiden Reiche, die Drachenstein am nächsten waren – Harren der Schwarze und Argilac der Arrogante.

Von ihrer großen Zitadelle Sturmkap aus hatten die Sturmkönige des Hauses Durrandon einst die östliche Hälfte Westeros’ vom Zornkap bis zur Krabbenbucht beherrscht, doch ihre Macht schwand schon seit Jahrhunderten. Die Könige der Weite hatten sich Gebiete im Westen einverleibt, die Dornischen bedrängten sie im Süden, und Harren der Schwarze und seine Eisenmänner vertrieben sie vom Trident und aus den Ländern nördlich des Schwarzwassers. König Argilac, dem letzten Durrandon, gelang es, diesen Niedergang für einige Zeit aufzuhalten, indem er noch als Knabe eine Invasion der Dornischen zurückschlug. Danach überquerte er die Meerenge, wo er dem großen Bündnis gegen die »Tiger« von Volantis beitrat; zwanzig Jahre später erschlug er Gars VII. Gärtner, den König der Weite, in der Schlacht bei Sommerfeld. Doch da hatte das Alter Argilac eingeholt: Seine berühmte schwarze Mähne war grau geworden, und seine Stärke im Waffengang hatte nachgelassen.

Nördlich des Schwarzwassers beherrschte Harren der Schwarze aus dem Hause Hoffartt, der König der Inseln und der Flüsse, die Flusslande mit blutiger Hand. Harrens Großvater Harwyn Harthand, ein Eisenmann, hatte den Trident Argilacs Großvater Arrec abgenommen, dessen Ahnen Jahrhunderte zuvor den letzten Flusskönig niedergeworfen hatten. Harrens Vater hatte seine Herrschaft nach Osten bis Dämmertal und Rosby ausgeweitet. Harren selbst widmete den größten Teil seiner fast vierzigjährigen Herrschaft dem Bau einer riesigen Burg am Götterauge, doch in dem Maße, in dem sich Harrenhal der Fertigstellung näherte, waren die Eisenmänner bereit für neue Eroberungen.

Kein König in Westeros wurde mehr gefürchtet als der Schwarze Harren, der in allen Sieben Königreichen für seine legendäre Grausamkeit bekannt war. Und kein König in Westeros fühlte sich bedrohter als Argilac der Sturmkönig, der letzte Durrandon – ein alternder Krieger, dessen einzige Erbin seine jungfräuliche Tochter war. Und so kam es, dass Argilac sich an die Targaryen auf Drachenstein wandte und Lord Aegon die Hand seiner Tochter anbot, dazu als Mitgift alles Land östlich des Götterauges vom Trident bis zum Schwarzwasser.

Aegon Targaryen lehnte das Angebot des Sturmkönigs ab. Er habe bereits zwei Gemahlinnen, führte er aus, und benötige keine dritte. Außerdem gehörte das angebotene Brautland bereits seit über einer Generation Harrenhal, Argilac konnte es also gar nicht verschenken. Offensichtlich wollte der alternde Sturmkönig die Targaryen am Schwarzwasser als Puffer zwischen seinen eigenen Ländern und denen Harrens dem Schwarzen haben.

Doch der Lord von Drachenstein unterbreitete ihm ein Gegenangebot. Er würde das ihm angebotene Brautland nehmen, wenn Argilac ihm zusätzlich Massies Haken und die Wälder und Ebenen südlich des Schwarzwassers bis zum Fluss Wendwasser und dem Quellgebiet des Manders überließ. Der Pakt sollte durch die Heirat von Argilacs Tochter mit Orys Baratheon, Lord Aegons Recken und Kindheitsfreund, besiegelt werden.

Diesen Vorschlag wies Argilac der Arrogante zornig zurück. Es ging das Gerücht, Orys Baratheon sei ein unehelicher Halbbruder Lord Aegons von niederer Geburt. Der Sturmkönig wollte seine Tochter nicht entehren, indem er ihre Hand einem Bastard gewährte. Allein der Vorschlag erzürnte ihn über alle Maßen. Argilac ließ Aegons Boten die Hände abhacken und schickte sie ihm in einem Kästchen zurück. »Das sind die einzigen Hände, die Euer Bastard von mir bekommen wird«, schrieb er.

Aegon antwortete nicht. Stattdessen rief er seine Freunde, Vasallen und wichtigsten Verbündeten nach Drachenstein. Ihre Zahl war klein. Die Velaryons von Driftmark waren durch Eid an das Haus Targaryen gebunden, ebenso die Celtigars von der Klaueninsel. Von Massies Haken kamen Lord Bar Emmon von Scharfspitze und Lord Massie von Steintanz, die beide durch Eid an Sturmkap gebunden waren, jedoch engere Verbindungen zu Drachenstein unterhielten. Lord Aegon und seine Schwestern berieten sich mit ihnen und besuchten sogar gemeinsam die Burgsepte, um zu den Sieben von Westeros zu beten, obwohl Aegon bis dahin nicht für seine Frömmigkeit bekannt gewesen war.

Am siebten Tag stieg ein Schwarm Raben von Drachensteins Türmen auf und trug Lord Aegons Wort in die Sieben Königreiche von Westeros. Die Vögel flogen zu den sieben Königen, zur Zitadelle von Altsass, zu großen und kleinen Lords. Alle trugen sie die gleiche Nachricht: Von diesem Tage an würde es nur noch einen König in Westeros geben. Wer das Knie vor Aegon aus dem Hause Targaryen beuge, werde seine Länder und Titel behalten. Wer die Waffen gegen ihn erhöbe, werde niedergeworfen, gedemütigt und vernichtet.

Die Berichte über die Zahl der Schwerter, die mit Aegon und seinen Schwestern von Drachenstein aufbrachen, sind widersprüchlich. Manche nennen dreitausend, andere zählen nur Hunderte. Dieses bescheidene Heer der Targaryen landete an der Mündung des Schwarzwassers, am Nordufer, wo sich drei bewaldete Hügel über einem kleinen Fischerdorf erhoben.

Zu Zeiten der Einhundert Königreiche hatten viele Kleinkönige die Herrschaft über die Flussmündung beansprucht, darunter die Finsterlyns von Dämmertal, die Massies von Steintanz und die alten Flusskönige, ob nun Schlamms, Fischers, Brackens, Schwarzhains oder Hakens. Immer wieder hatten Türme und Festen die drei Hügel gekrönt, nur um anschließend in diesem oder jenem Krieg zerstört zu werden. Nun hießen nur zerbrochene Steine und überwucherte Ruinen die Targaryen willkommen. Obgleich sowohl Sturmkap als auch Harrenhal die Flussmündung für sich beanspruchten, wurde sie nicht verteidigt, und die nächsten Burgen wurden von niederen Lords ohne große Macht oder militärische Stärke gehalten, Lords, die zudem nur wenig Grund hatten, ihren Lehnsherrn, Harren den Schwarzen, zu lieben.

Aegon Targaryen ließ den höchsten Hügel mit einer Palisade aus Holz und Erde befestigen und schickte seine Schwestern los, die benachbarten Burgen zu unterwerfen. Rosby ergab sich Rhaenys und ihrem goldäugigen Meraxes ohne Kampf. Bei Schurwerth schossen einige Armbrustschützen Bolzen auf Visenya, bis Vhagars Flammen die Dächer der Burg in Brand setzten. Danach ergaben sie sich ebenfalls.

Die erste echte Herausforderung für den Eroberer stellten Lord Finsterlyn von Dämmertal und Lord Muton von Jungfernteich dar, die sich zusammenschlossen und mit dreitausend Mann nach Süden marschierten, um die Eindringlinge zurück ins Meer zu werfen. Aegon schickte Orys Baratheon los, der sie noch unterwegs überfallen sollte, während er selbst sich mit dem Schwarzen Schrecken aus der Luft auf sie stürzte. Beide Lords fielen in der ungleichen Schlacht. Daraufhin übergaben Finsterlyns Sohn und Mutons Bruder ihre Burgen und schworen ihre Schwerter dem Haus Targaryen. In jener Zeit war Dämmertal der wichtigste Hafen von Westeros an der Meerenge und durch Handel reich geworden. Visenya Targaryen verbot die Plünderung der Stadt, zögerte jedoch nicht, ihre Reichtümer für sich zu beanspruchen, was die Truhen der Eroberer kräftig füllte.

Diese Stelle bietet sich vielleicht an, ein paar Worte über die unterschiedlichen Charaktere Aegon Targaryens und seiner Schwestergemahlinnen und Königinnen zu verlieren.

Visenya, die Älteste der drei, war eine ebenso grimmige Kriegerin wie Aegon selbst und fühlte sich im Kettenhemd genauso wohl wie in Seide. Sie trug ein Langschwert aus valyrischem Stahl, Dunkle Schwester, mit dem sie hervorragend umgehen konnte, weil sie seit frühester Kindheit zusammen mit ihrem Bruder den Umgang mit den Waffen geübt hatte. Obgleich sie mit dem silbergoldenen Haar und den violetten Augen Valyrias gesegnet war, war ihre Schönheit eher herb. Selbst jene, die sie liebten, beschrieben Visenya als streng, ernst und nachtragend. Manche behaupteten sogar, sie habe mit Giften herumgespielt und sich mit dunkler Magie eingelassen.

Rhaenys, die Jüngste der drei Targaryen, verkörperte das genaue Gegenteil ihrer Schwester. Sie war verspielt, neugierig, impulsiv und gab sich gern Träumereien hin. Rhaenys war keine wahre Kriegerin, dafür liebte sie Musik, Tanz und Poesie und unterstützte Sänger, Mimen und Puppenspieler. Dennoch heißt es, Rhaenys habe mehr Zeit auf dem Rücken ihres Drachen verbracht als ihr Bruder und ihre Schwester zusammen, denn das Fliegen liebte sie über alles. Einmal soll sie gesagt haben, sie wolle vor ihrem Tod einmal auf Meraxes über das Meer der Abenddämmerung fliegen, um zu sehen, was an seiner Westküste liegt. Während niemand je Visenyas Treue zu ihrem Brudergemahl infrage stellte, umgab sich Rhaenys mit hübschen jungen Männern und, so wurde geflüstert, vergnügte sich mit einigen von ihnen im Bett, wenn Aegon die Nacht bei ihrer älteren Schwester verbrachte. Trotz dieser Gerüchte entging es Beobachtern bei Hofe nicht, dass auf jede bei Visenya verbrachte Nacht etwa zehn Nächte mit Rhaenys kamen.

Aegon Targaryen selbst war seltsamerweise für seine Zeitgenossen ein ebenso großes Rätsel wie für uns. Er zählte zu den größten Kriegern seiner Zeit und führte Schwarzfeuer, eine Klinge aus valyrischem Stahl; dennoch hatte er für Waffentaten nicht viel übrig und ritt weder im Turnier, noch kämpfte er im Buhurt. Sein Drache war Balerion der Schwarze Schrecken, doch bestieg er ihn nur zur Schlacht oder um schnell über Land und Meer zu reisen. Dank seiner gebieterischen Art fiel es ihm leicht, Männer um seine Banner zu scharen, doch abgesehen von Orys Baratheon, dem Gefährten seiner Jugend, hatte er keine engen Freunde. Frauen fühlten sich zu ihm hingezogen, aber Aegon blieb seinen Schwestergemahlinnen stets treu. Als König vertraute er seinem Kleinen Rat und seinen Schwestern viele Aufgaben an und überließ ihnen einen Großteil der alltäglichen Regierungsgeschäfte, zögerte jedoch nicht, die Dinge in die eigenen Hände zu nehmen, wann immer er es für notwendig hielt. Mit Rebellen und Verrätern ging er hart ins Gericht, aber gegenüber ehemaligen Feinden, die das Knie beugten, zeigte er sich stets großzügig.

Dies bewies er zum ersten Mal in der Aegonfeste, der schlichten Schanze aus Holz und Erde, die er auf dem Berg errichtet hatte, der von nun an Aegons Hoher Hügel heißen sollte. Nachdem er ein Dutzend Burgen eingenommen und die Mündung des Schwarzwassers an beiden Ufern gesichert hatte, befahl er die besiegten Lords zu sich. Sie legten ihm ihre Schwerter zu Füßen, doch Aegon half ihnen auf und bestätigte sie in ihren Ländern und Titeln. Seinen ältesten Gefolgsleuten verlieh er neue Ehren. Daemon Velaryon, den Lord der Gezeiten, berief er zum Meister der Schiffe und gab ihm den Befehl über die königliche Flotte. Triston Massie, Lord von Steintanz, wurde zum Meister des Rechts ernannt, Crispian Celtigar zum Meister der Münze. Und Orys Baratheon nannte er »meinen treuen Schild und Gefolgsmann, meine starke, rechte Hand«. Deshalb gilt Baratheon als erste Hand des Königs.

Bei den Lords von Westeros waren Wappenbanner längst Tradition, doch die Drachenherren des Alten Valyria hatten so etwas nie verwendet. Als Aegons Ritter seine große Schlachtstandarte aus Seide entrollten, die einen roten, feuerspeienden Drachen mit drei Köpfen auf schwarzem Grund zeigte, nahmen die Lords dies als Zeichen dafür, dass er nun wahrhaft einer der ihren geworden war, ein würdiger Hochkönig von Westeros. Als Königin Visenya ihrem Bruder einen mit Rubinen besetzten Reif aus valyrischem Stahl aufs Haupt setzte und Königin Rhaenys ihm als »Aegon, der Erste Seines Namens, König von ganz Westeros und Schild Seines Volkes« huldigte, brüllten die Drachen, und die Lords und Ritter jubelten … doch am lautesten schrie das gemeine Volk, Fischer und Feldarbeiter und Frauen.

Nur die sieben Könige, die Aegon der Drache zu entthronen gedachte, jubelten nicht. In Harrenhal und Sturmkap hatten Harren der Schwarze und Argilac der Arrogante bereits zu den Fahnen gerufen. Im Westen ritt König Mern aus der Weite die Meerstraße hinauf nach Norden nach Casterlystein, um sich mit König Loren aus dem Hause Lennister zu treffen. Die Fürstin von Dorne sandte einen Raben nach Drachenstein und bot Aegon im Kampf gegen Argilac den Sturmkönig Unterstützung an … aber als gleichrangige Verbündete, nicht als Untertanin. Ein weiteres Bündnisangebot kam von dem Kindkönig aus Hohenehr, Ronnel Arryn, dessen Mutter anbot, Aegon gegen den Schwarzen Harren zu unterstützen, und dafür im Gegenzug alle Länder östlich des Grünen Arms des Tridents verlangte. Selbst im Norden saß König Torrhen Stark von Winterfell mit seinen Lords und Beratern bis spät in die Nacht zusammen und besprach, wie sie sich diesem Möchtegern-Eroberer gegenüber verhalten sollten. Das ganze Reich erwartete mit Sorge Aegons nächsten Schritt.

Bereits wenige Tage nach seiner Krönung marschierten Aegons Heere wieder. Der größere Teil zog unter dem Befehl Orys Baratheons nach Süden gegen Sturmkap. Königin Rhaenys begleitete ihn auf Meraxes, dem Drachen mit den goldenen Augen und silbernen Schuppen. Die Flotte der Targaryen verließ unter Daemon Velaryon die Schwarzwasserbucht und wandte sich nach Norden, Möwenstadt und dem Grünen Tal zu. Ihnen schloss sich Königin Visenya auf Vhagar an. Der König selbst marschierte nach Nordwesten zum Götterauge und nach Harrenhal, der gigantischen Festung, Stolz und Wahn König Harrens des Schwarzen.

Alle drei Targaryen-Heere stießen auf erbitterten Widerstand. Die Lords Errol, Grimm und Buckler, Vasallen Sturmkaps, überraschten die Vorhut von Orys Baratheons Heer, als sie den Wendwasser überquerte, und machten mehr als tausend Mann nieder, ehe sie sich wieder zwischen die Bäume zurückzogen. Eine hastig zusammengestellte Flotte der Arryns, unterstützt von einem Dutzend Kriegsschiffe der Braavosi, griff die Targaryen-Flotte im Meer vor Möwenstadt an und besiegte sie. Dabei fiel auch Aegons Admiral Daemon Velaryon. Aegon selbst wurde am Südufer des Götterauges angegriffen, und das nicht nur einmal, sondern gleich zweimal. Die Schlacht im Schilf endete mit einem Sieg für die Targaryen, doch sie erlitten schwere Verluste bei den Wehklagenden Weiden, als zwei Söhne König Harrens den See in Langbooten mit umwickelten Rudern überquerten und ihnen in den Rücken fielen.

Solche Niederlagen erwiesen sich jedoch nur als kleine Rückschläge, denn letztlich hatten Aegons Feinde seinen Drachen nichts entgegenzusetzen. Die Männer aus dem Grünen Tal versenkten ein Drittel der Targaryen-Schiffe und enterten fast genauso viele, doch als sich Königin Visenya aus dem Himmel auf sie stürzte, verbrannten ihre eigenen Schiffe. Die Lords Errol, Grimm und Buckler verbargen sich in den ihnen vertrauten Wäldern, bis Königin Rhaenys auf Meraxes in den Kampf eingriff. Eine Feuerwand wälzte sich durch den Wald und verwandelte die Bäume in Fackeln. Und die Sieger bei den Wehklagenden Weiden, die über den See nach Harrenhal zurückruderten, waren schlecht gewappnet, als Balerion aus dem Morgenhimmel über sie kam. Harrens Langboote verbrannten. Und Harrens Söhne ebenfalls.

Aegons Gegner wurden auch von anderen Feinden geplagt. Als Argilac der Arrogante seine Schwerter in Sturmkap versammelte, landeten Piraten von den Trittsteinen an der Küste des Zornkaps und nutzten die Abwesenheit der Krieger aus. Dornische Räuberbanden strömten aus den Roten Bergen und fegten durch die Marschen. Im Grünen Tal musste sich der junge König Ronnel mit einer Rebellion auf den Drei Schwestern herumschlagen, als diese Hohenehr die Treue aufkündigten und Lady Marla Sunderland zu ihrer Königin ausriefen.

Doch das alles waren nur Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was Harren dem Schwarzen widerfuhr. Obwohl das Haus Hoffartt seit drei Generationen in den Flusslanden herrschte, liebten die Menschen am Trident ihre Lehnsherren von den Eiseninseln nicht. Tausende waren beim Bau der großen Burg Harrenhal ums Leben gekommen, die Flusslande waren geplündert worden, und in seiner Gier nach Gold hatte Harren der Schwarze Lords wie Volk an den Bettelstab gebracht. Und so erhoben sich die Flusslande unter Lord Edmyn Tully von Schnellwasser. Tully, der zur Verteidigung von Harrenhal gerufen worden war, erklärte sich für das Haus Targaryen, ließ das Drachenbanner über seiner Burg hissen und brach auf, um sich mit seinen Rittern und Bogenschützen Aegon anzuschließen. Sein Trotz machte anderen Flusslords Mut. Einer nach dem anderen schworen die Lords vom Trident Harren ab und erklärten sich für Aegon den Drachen. Schwarzhains, Mallisters, Vankes, Brackens, Peipers, Freys, Krafts … sie alle riefen zu den Fahnen und zogen gegen Harrenhal.

Plötzlich in der Unterzahl, suchte König Harren der Schwarze Zuflucht in seiner vermeintlich uneinnehmbaren Feste. Als größte Burg, die je in Westeros errichtet worden war, protzte Harrenhal mit fünf gigantischen Türmen, einer unerschöpflichen Trinkwasserquelle, riesigen unterirdischen Gewölben voller Vorräte und massiven Mauern aus schwarzem Stein, die höher als jede Leiter und zu dick waren, um von Rammen durchbrochen oder von Triböcken zerschmettert zu werden. Harren verrammelte die Tore und bereitete sich mit seinen verbliebenen Söhnen und Gefolgsleuten auf eine Belagerung vor.

Doch Aegon von Drachenstein hatte andere Pläne. Nachdem er mit Edmyn Tully und den anderen Flusslords zusammen die Burg umzingelt hatte, schickte er unter dem Friedensbanner einen Maester zu den Burgtoren und bat um eine Unterredung. Harren – ein alter, grauer Mann, aber immer noch grimmig in seiner schwarzen Rüstung – kam selbst heraus, um mit ihm zu sprechen. Jeder König wurde von einem Bannerträger und seinem Maester begleitet, weshalb die Worte, die sie wechselten, auch heute noch bekannt sind.

»Ergebt Euch jetzt«, begann Aegon, »und Ihr bleibt Lord der Eiseninseln. Ergebt Euch jetzt, und Eure Söhne werden leben und nach Euch regieren. Ich stehe mit achttausend Männern vor Euren Mauern.«

»Was vor meinen Mauern vorgeht, kümmert mich nicht«, entgegnete Harren. »Diese Mauern sind dick und stark.«

»Aber nicht hoch genug, um Drachen abzuhalten. Drachen können fliegen.«

»Ich habe in Stein gebaut«, stellte Harren fest. »Stein brennt nicht.«

Worauf Aegon erwiderte: »Bei Sonnenuntergang wird Euer Geschlecht ausgestorben sein.«

Es heißt, daraufhin habe Harren ausgespuckt und sei in seine Burg zurückgekehrt. Dort habe er all seine Männer auf die Wehrgänge geschickt, bewaffnet mit Speer und Bogen und Armbrust. Dem, der den Drachen erlegte, versprach er Land und Reichtümer. »Hätte ich eine Tochter, so würde der Drachentöter sie ebenfalls bekommen«, verkündete Harren der Schwarze. »Stattdessen werde ich ihm eine von Tullys Töchtern geben, oder gleich alle drei, wenn ihm das gefällt. Oder er kann sich eine der Töchter von Schwarzhain oder Kraft aussuchen. Oder irgendein Mädchen von diesen Verrätern am Trident, diesen Lords aus gelbem Schlamm.« Dann zog sich Harren der Schwarze in seinen Turm zurück, umgeben von seiner Leibwache, und nahm mit seinen verbleibenden Söhnen das Nachtmahl ein.

Im letzten Licht des Tages starrten die Männer des Schwarzen Harren in die heraufziehende Dunkelheit und umklammerten ihre Speere und Armbrüste. Als kein Drache erschien, mögen manche Aegons Warnung für eine leere Drohung gehalten haben. Doch Aegon Targaryen war mit Balerion so hoch in den Himmel hinaufgestiegen, dass er die Wolkendecke durchbrochen hatte, immer höher und höher, bis der Drache aussah wie eine Fliege vor dem Mond. Erst dann stürzte er sich in die Tiefe, und zwar innerhalb der Burgmauern. Auf pechschwarzen Schwingen jagte Balerion durch die Nacht, und als die großen Türme von Harrenhal unter ihm auftauchten, brüllte der Drache vor Zorn und hüllte sie in schwarzes Feuer, durchsetzt mit roten Wirbeln.

Stein brennt nicht, hatte Harren geprahlt, doch seine Burg bestand nicht nur aus Stein. Holz und Wolle, Hanf und Stroh, Brot und Trockenfleisch und Getreide, all das ging in Flammen auf. Und auch Harrens Eisenmänner waren nicht aus Stein. In Flammen gehüllt rannten sie schreiend über die Höfe, taumelten von den Wehrgängen und starben auf dem Boden darunter. Und sogar Stein zerspringt und schmilzt, wenn das Feuer nur heiß genug ist. Die Flusslords vor der Burg berichteten später, die Türme von Harrenhal hätten rot in der Nacht geglüht, wie fünf große Kerzen … und wie Kerzen verbogen sie sich, fingen an, sich zu verformen und zu schmelzen, während Ströme flüssigen Steins an ihren Mauern herabrannen.

Harren und seine letzten Söhne starben in dem Feuer, das seine riesige Burg in dieser Nacht verschlang. Mit ihnen starb das Haus Hoffartt und endete die Herrschaft der Eisenmänner in den Flusslanden. Am Tag darauf nahm König Aegon vor den rauchenden Ruinen von Harrenhal Edmyn Tullys Treueid entgegen und erhob ihn zum Obersten Lehnsherrn am Trident. Die anderen Flusslords huldigten ihnen ebenfalls – Aegon als ihrem König und Edmyn Tully als ihrem Lehnsherrn. Als die Asche so weit abgekühlt war, dass die Burg wieder gefahrlos betreten werden konnte, wurden Männer hineingeschickt, um die Schwerter der Gefallenen einzusammeln. Viele waren geborsten, geschmolzen oder vom Drachenfeuer verdreht, und Wagenladungen davon wurden zurück zur Aegonfeste geschickt.

Im Süden und Osten bewiesen die Vasallen des Sturmkönigs wesentlich mehr Treue als König Harrens Flusslords. Argilac der Arrogante versammelte bei Sturmkap ein großes Heer um sich. Der Sitz der Durrandons war eine mächtige Feste, deren große Ringmauer sogar dicker war als die Mauern von Harrenhal. Auch diese Burg galt als uneinnehmbar. Bald jedoch erreichte die Nachricht vom Fall König Harrens seinen alten Feind König Argilac. Die Lords Grimm und Buckler, die vor dem anrückenden Heer zurückwichen (Lord Errol war gefallen), hatten ihn über Königin Rhaenys und ihren Drachen unterrichtet. Der alte Kriegerkönig brüllte, dass er nicht vorhabe, wie Harren zu enden und sich wie ein Spanferkel mit Apfel im Maul in seiner eigenen Burg rösten zu lassen. Lieber werde er sein Schicksal selbst bestimmen, mit dem Schwert in der Hand. Und so verließ Argilac der Arrogante Sturmkap und ritt ein letztes Mal aus, um sich seinem Feind in einer offenen Feldschlacht zu stellen.

Der Vormarsch des Sturmkönigs überraschte Orys Baratheon und seine Männer nicht; Königin Rhaenys hatte auf Meraxes beobachtet, wie Argilac Sturmkap verließ, und konnte die Hand des Königs genau über die Größe und Aufstellung des feindlichen Heeres in Kenntnis setzen. Orys bezog auf den Hügeln südlich von Bronzetor eine starke Stellung und grub sich auf hochgelegenem Gelände ein, um die Ankunft der Sturmländer zu erwarten.

Als die Heere aufeinanderprallten, machten die Sturmlande ihrem Namen alle Ehre. Der stetige Regen, der am Morgen zu fallen begann, wuchs sich bis mittags zu einem heulenden Sturm aus. In der Hoffnung auf besseres Wetter drängten König Argilacs Vasallen ihn, den Angriff um einen Tag zu verschieben, doch der Sturmkönig hatte fast doppelt so viele Männer wie die Eroberer und verfügte über fast viermal so viele Ritter und schwere Reiterei. Der Anblick der Targaryen-Banner, die durchnässt auf seinen eigenen Hügeln flatterten, erzürnte ihn, und dem erfahrenen Krieger entging nicht, dass der Wind von Süden wehte und den Targaryen-Männern den Regen ins Gesicht blies. Also gab Argilac der Arrogante den Befehl zum Angriff, und die Schlacht, die die Historiker den Letzten Sturm nennen, begann.

Die blutigen Kämpfe dauerten bis weit in die Nacht und verliefen längst nicht so einseitig wie Aegons Eroberung von Harrenhal. Dreimal führte Argilac der Arrogante seine Ritter gegen Baratheons Stellungen, aber die Hänge waren steil, und der Regen hatte den Boden aufgeweicht, sodass die Pferde einsanken und strauchelten und der Angriff an Wucht und Schlagkraft verlor. Die Sturmländer hatten mehr Erfolg, als sie ihre Speerträger zu Fuß die Hügel hinaufschickten. Vom Regen geblendet, sahen die Invasoren sie erst, als es zu spät war. Dazu kam, dass der Regen die Sehnen ihrer Bögen durchnässt und unbrauchbar gemacht hatte. Ein Hügel fiel, dann ein zweiter, ein dritter, und mit dem vierten Angriff brachen der Sturmkönig und seine Ritter in Baratheons Mitte ein … wo sie sich Königin Rhaenys und Meraxes gegenüberfanden. Selbst am Boden schlug sich der Drache hervorragend. Dickon Morrigen und der Bastard von Schwarzburg, die die Vorhut befehligten, wurden zusammen mit den Rittern aus Argilacs Leibwache vom Drachenfeuer erfasst. Die Streitrösser gerieten in Panik, machten voller Schrecken kehrt, krachten in die Reiterei hinter ihnen und verwandelten den ganzen Angriff in Chaos. Der Sturmkönig selbst wurde aus dem Sattel geworfen.

Doch Argilac kämpfte weiter. Als Orys Baratheon mit seinen Kriegern den schlammigen Hügel hinunterstürmte, fand er den alten König, wie er eigenhändig ein halbes Dutzend Männer zurückschlug und ebenso viele bereits tot zu seinen Füßen lagen. »Tretet beiseite«, befahl Baratheon und stieg ab, um Argilac auf Augenhöhe entgegenzutreten. Er bot dem Sturmkönig eine letzte Gelegenheit zur Unterwerfung. Argilac verfluchte ihn stattdessen. Und so kämpften sie, der alte Kriegerkönig mit wehendem weißen Haar gegen Aegons grimmige, schwarzbärtige Hand. Es heißt, jeder habe eine Wunde vom anderen davongetragen, doch am Ende erfüllte sich der Wunsch des letzten Durrandon: Er starb mit dem Schwert in der Hand und einem Fluch auf den Lippen. Die Sturmländer verloren nach dem Tod ihres Königs allen Mut, und als sich die Nachricht von Argilacs Tod verbreitete, streckten seine Lords und Ritter die Waffen und flohen.

Einige Tage stand zu befürchten, Sturmkap könne das gleiche Schicksal erleiden wie Harrenhal, als Argilacs Tochter Argella die Tore ihrer Burg vor Orys Baratheon und dem Targaryen-Heer verrammelte und sich selbst zur Sturmkönigin ausrief. Sie werde nie das Knie beugen, und die Verteidiger von Sturmkap würden bis zum letzten Mann kämpfen, erklärte sie, als Königin Rhaenys auf Meraxes zu Verhandlungen in die Burg flog. »Mögt Ihr auch meine Burg einnehmen, Ihr werdet nichts als Knochen und Blut und Asche gewinnen«, verkündete sie … doch die Soldaten ihrer Garnison waren nicht so erpicht auf den Tod. In jener Nacht hissten sie das Friedensbanner, öffneten das Burgtor und lieferten Lady Argella nackt, geknebelt und in Ketten in Orys Baratheons Lager aus.

Es heißt, Baratheon habe sie eigenhändig losgebunden, ihr seinen Mantel umgelegt, Wein eingeschenkt und ihr mit freundlichen Worten vom Mut ihres Vaters und seinem Tod erzählt. Um den gefallenen König zu ehren, übernahm er später Wappen und Sinnspruch des Hauses Durrandon, der gekrönte Hirsch wurde sein Wappen, Sturmkap sein Sitz und Lady Argella seine Gemahlin.

Da sich nun sowohl die Flusslande als auch die Sturmlande in der Hand Aegons des Drachen und seiner Verbündeten befanden, erkannten die verbliebenen Könige von Westeros, dass sie als Nächste an der Reihe waren. In Winterfell rief König Torrhen zu den Fahnen; doch er wusste, dass es angesichts der großen Entfernungen im Norden einige Zeit dauern würde, ein Heer zu versammeln. Königin Sharra aus dem Grünen Tal, die ihrem Sohn Ronnel als Regentin diente, suchte Zuflucht in Hohenehr, verstärkte ihre Verteidigungsanlagen und schickte ein Heer zum Bluttor, der Pforte ins Grüne Tal von Arryn. In ihrer Jugend war Königin Sharra als »die Blume des Berges« gepriesen worden, die schönste Maid der Sieben Königreiche. Vielleicht hoffte sie, Aegon mit ihrer Schönheit auf ihre Seite ziehen zu können, denn sie schickte ihm ein Bildnis von sich und bot an, ihn zu heiraten, wenn er ihren Sohn Ronnel im Gegenzug zu seinem Erben erklärte. Zwar erreichte das Bild Aegon irgendwann, doch bleibt unbekannt, ob er jemals auf den Vorschlag antwortete; er hatte bereits zwei Königinnen, und Sharra Arryn war längst verblüht und obendrein zehn Jahre älter als er.

Inzwischen hatten sich die beiden großen Könige des Westens auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt, um Aegon zu vernichten. Von Rosengarten kam Mern IX. aus dem Hause Gärtner, der König der Weite, mit einem mächtigen Heer. Unter den Mauern von Burg Goldhain, dem Sitz des Hauses Esch, traf er Loren I. Lennister, den König vom Stein, der sein Heer aus den Westlanden herabgeführt hatte. Gemeinsam befehligten die Zwei Könige das größte Heer, das Westeros je gesehen hatte: fünfundfünfzigtausend Mann, darunter sechshundert große und kleine Lords und über fünftausend Ritter auf Pferden. »Unsere Eiserne Faust«, prahlte König Mern. Seine vier Söhne ritten neben ihm, und seine beiden jungen Enkel dienten ihm als Knappen.

Die Zwei Könige hielten sich nicht lange bei Goldhain auf. Ein Heer solcher Größe muss in Bewegung bleiben, sonst frisst es das umgebende Land kahl. Die Verbündeten brachen sofort auf und stießen durch hohes Gras und goldene Weizenfelder nach Nordnordosten vor.

Als Aegon, der noch am Götterauge lagerte, davon erfuhr, sammelte er seine Männer und marschierte den neuen Feinden entgegen. Er verfügte nur über ein Fünftel der Truppen, die die Zwei Könige ins Feld führten, und ein Großteil war durch Eid an die Flusslords gebunden, die erst jüngst zum Haus Targaryen gestoßen waren und ihre Treue noch nicht unter Beweis gestellt hatten. Allerdings war Aegon mit dem kleineren Heer weitaus beweglicher als seine Gegner. Bei der Stadt Steinsepte gesellten sich seine Königinnen auf ihren Drachen zu ihm – Rhaenys kam von Sturmkap und Visenya vom Klauenhorn, wo sie inbrünstige Treueide der dortigen Lords entgegengenommen hatte. Gemeinsam beobachteten die drei Targaryen aus der Luft, wie Aegons Heer den Oberlauf des Schwarzwassers überquerte und nach Süden eilte.

Die beiden Heere trafen südlich des Schwarzwassers auf der weiten, offenen Ebene aufeinander, nahe der Stelle, wo später die Goldstraße verlaufen würde. Die Zwei Könige frohlockten, als sie von ihren Kundschaftern Zahl und Aufstellung des Targaryen-Heeres erfuhren. Sie hatten fünfmal so viele Männer wie Aegon, und das Verhältnis von Lords und Rittern gegen Gemeine war wesentlich günstiger. Und das Land war weit und offen, nur Gras und Weizen, so weit das Auge reichte, ideal für die schwere Reiterei. Aegon Targaryen hatte nicht den Vorteil einer höheren Stellung wie Orys Baratheon während des Letzten Sturms; der Boden war fest, nicht schlammig. Auch störte sie kein Niederschlag. Der Tag war heiter, wenn auch windig. Seit über zwei Wochen hatte es nicht geregnet.

König Mern hatte mehr Männer mitgebracht als König Loren, etwa drei Viertel der gesamten Streitmacht stand unter seinem Befehl, daher beanspruchte er die Ehre, den Befehl über die Mitte zu führen. Edmund, sein Sohn und Erbe, kommandierte die Vorhut. König Loren und seine Ritter bildeten die rechte Flanke, Lord Eichenherz die linke. Da Aegon keinen natürlichen Schutz für sein Heer nutzen konnte, planten sie, die feindlichen Flanken zu umgehen und von hinten anzugreifen, während ihre »Eiserne Faust«, ein großer Keil aus gepanzerten Rittern und hohen Lords, Aegons Mitte zerschmettern sollte.

Aegon Targaryen stellte seine eigenen Truppen in einer ungefähren Halbmondformation auf, die zum größten Teil aus Speer- und Spießträgern bestand. Direkt dahinter standen die Bogen- und Armbrustschützen, die Seiten wurden von leichter Reiterei flankiert. Den Befehl über sein Heer übertrug Aegon Jon Muton, dem Lord von Jungfernteich, der zu den Ersten gehört hatte, die zu ihm übergelaufen waren. Der König selbst beabsichtigte, aus dem Himmel an der Seite seiner Königinnen zu kämpfen. Aegon war die lange Trockenperiode ebenfalls nicht entgangen; das Gras und der Weizen, die beide Heere umgaben, standen hoch und reif für die Ernte … und waren knochentrocken.

Die Targaryen warteten, bis die Zwei Könige die Trompeten blasen ließen und unter einem Meer von Bannern losmarschierten. König Mern selbst führte auf seinem goldenen Hengst den Angriff gegen die Mitte, sein Sohn Gawen trug neben ihm sein Banner, eine große grüne Hand auf weißem Feld. Brüllend und schreiend, angefeuert von Hörnern und Trommeln, preschten die Gärtners und Lennisters durch einen Pfeilhagel auf den Feind zu, brachen durch seine Linien und machten die Speerträger der Targaryen nieder. Doch in der Zwischenzeit waren Aegon und seine Schwestern in die Lüfte aufgestiegen.

Aegon flog auf Balerion über die feindlichen Reihen hinweg und stieß wieder und wieder durch einen Sturm aus Speeren, Steinen und Pfeilen herab, um seine Gegner in Flammen zu baden. Rhaenys und Visenya setzten auf der Windseite und im Rücken des Feindes den Boden in Brand. Trockenes Gras und Weizen fingen Feuer wie Zunder. Der Wind fachte die Flammen an und trieb den vorrückenden Männern der Zwei Könige den Rauch entgegen. Der Brandgeruch versetzte die Pferde in Panik, und als sich der Qualm verdichtete, nahm er Tieren und Reitern die Sicht. Als rund um sie herum Feuerwände aufloderten, begannen die Reihen der Zwei Könige sich aufzulösen. Lord Mutons Männer, die in sicherem Abstand jenseits des Brandes lauerten, machten mit Bogen und Speer alle nieder, die verbrannt oder brennend aus dem Inferno taumelten.

Später erhielt die Schlacht den Namen »das Feld des Feuers«.

Über viertausend Männer starben in den Flammen. Weitere tausend fielen durch Schwert, Speer und Pfeil. Zehntausende erlitten Verbrennungen, manche so schlimm, dass sie für den Rest ihres Lebens gezeichnet blieben. König Mern IX. zählte zu den Gefallenen, ebenso seine Söhne, Enkel, Brüder, Vettern und andere Verwandte. Ein Neffe überlebte noch drei Tage. Als er seinen Verbrennungen erlag, starb mit ihm das Haus Gärtner. König Loren vom Stein überlebte; er floh durch eine Wand aus Flammen und Rauch, als er erkannte, dass die Schlacht verloren war.

Die Targaryen verloren nicht einmal hundert Mann. Königin Visenya traf ein Pfeil in die Schulter, doch sie erholte sich rasch. Während sich seine Drachen an den Gefallenen gütlich taten, gab Aegon Befehl, die Schwerter der Gefallenen einzusammeln und flussabwärts zu schicken.

Loren Lennister wurde am folgenden Tag gefangen genommen. Der König vom Stein legte Aegon Schwert und Krone zu Füßen, beugte das Knie und huldigte ihm. Und Aegon hielt sein Versprechen, half seinem besiegten Feind auf, bestätigte ihn in seinen Ländern und Titeln und erklärte ihn zum Lord von Casterlystein und Wächter des Westens. Lord Lorens Vasallen folgten seinem Beispiel und mit ihnen viele Lords der Weite, die das Drachenfeuer überlebt hatten.

Doch noch war die Eroberung des Westens nicht abgeschlossen, also trennte sich König Aegon von seinen Schwestern und marschierte in aller Eile nach Rosengarten, um es zur Aufgabe zu zwingen, ehe ein anderer Anspruch darauf erheben konnte. Wie sich herausstellte, befand sich die Burg in den Händen Harlan Tyrells, des Haushofmeisters, dessen Geschlecht den Gärtnern schon seit Jahrhunderten diente. Tyrell übergab die Schlüssel der Burg ohne Kampf und sicherte dem Erobererkönig seine Unterstützung zu. Zur Belohnung sprach ihm Aegon Rosengarten mit all seinen Ländern zu, erhob ihn zum Wächter des Südens und Obersten Lehnsherrn am Mander und machte ihn zum Herrscher über alle ehemaligen Vasallen des Hauses Gärtner.

König Aegons ursprünglicher Plan sah vor, weiter nach Süden zu marschieren und Altsass, den Arbor und Dorne in die Knie zu zwingen, doch während er in Rosengarten weilte, erhielt er Kunde von einer neuen Herausforderung. Torrhen Stark, der König des Nordens, hatte die Eng durchquert und war an der Spitze von dreißigtausend wilden Nordmännern in die Flusslande eingefallen. Aegon brach sofort nach Norden auf und eilte seinem Heer auf Balerion dem Schwarzen Schrecken voraus. Er benachrichtigte auch seine Königinnen und alle Lords und Ritter, die ihm nach Harrenhal und dem Feld des Feuers die Treue geschworen hatten.

Als Torrhen Stark das Ufer des Tridents erreichte, erwartete ihn auf der Südseite des Flusses ein Heer, das anderthalbmal so groß war wie sein eigenes. Flusslords, Westmänner, Sturmländer, Männer aus der Weite … alle waren gekommen. Und über ihrem Lager drehten Balerion, Meraxes und Vhagar stetig größer werdende Kreise am Himmel.

Torrhens Kundschafter hatten die Ruinen von Harrenhal gesehen, wo unter dem Schutt noch immer rote Feuer schwelten. Der König des Nordens hatte auch viele Berichte über das Feld des Feuers gehört. Er wusste, dass ihn das gleiche Schicksal erwartete, wenn er versuchen sollte, den Fluss mit Gewalt zu überqueren. Manche seiner Lords drängten ihn dennoch zum Angriff; sie glaubten, die Tapferkeit des Nordens werde letztlich den Sieg davontragen. Andere wollten sich lieber nach Maidengraben zurückziehen und die Schlacht auf dem Boden des Nordens schlagen. Der Bastardbruder des Königs, Brandon Schnee, bot an, allein im Schutz der Dunkelheit den Trident zu überqueren und die Drachen im Schlaf zu erschlagen.

König Torrhen schickte Brandon Schnee tatsächlich über den Fluss, jedoch mit drei Maestern an seiner Seite und nicht als Meuchelmörder, sondern als Unterhändler. Die ganze Nacht hindurch wurden Botschaften zwischen den beiden Parteien ausgetauscht. Am nächsten Morgen überquerte Torrhen Stark selbst den Trident. Dort, am Südufer des Flusses, kniete er, legte Aegon die uralte Krone der Könige des Winters zu Füßen und schwor ihm Treue. Er erhob sich als Lord von Winterfell und Wächter des Nordens und war nicht länger ein König. Seit diesem Tag gedenkt man Torrhen Starks als des Knienden Königs … doch kein einziger Nordmann ließ verbrannte Gebeine am Trident zurück, und die Schwerter, die Aegon Lord Stark und seinen Vasallen abnahm, waren weder verbogen noch geschmolzen.

Abermals trennten sich Aegon Targaryen und seine Königinnen. Aegon wandte sich erneut gen Süden und marschierte nach Altsass, während seine beiden Schwestern ihre Drachen bestiegen – Visenya für einen zweiten Versuch im Grünen Tal von Arryn, und Rhaenys, um nach Sonnspeer und in die Wüsten Dornes aufzubrechen.

Sharra Arryn hatte die Verteidigung von Möwenstadt verstärkt, ein starkes Heer am Bluttor postiert und dazu die Besatzung der Stein-, Schnee- und Himmelsburg verdreifacht, der Festungen, die den Aufstieg nach Hohenehr schützten. Gegen Visenya Targaryen, die auf Vhagars Lederschwingen über all das hinwegflog und im Innenhof von Hohenehr landete, erwiesen sich diese Maßnahmen jedoch als nutzlos. Als die Regentin des Grünen Tals mit einem Dutzend Wachen nach draußen stürmte, um sich ihr zu stellen, fand sie ihren Sohn Ronnel Arryn auf Visenyas Knie sitzend vor. Wie verzaubert starrte der Junge den Drachen an. »Mutter, darf ich mit der Dame fliegen?«, fragte der Kindkönig. Es gab weder Drohungen noch wütende Worte. Stattdessen lächelten die beiden Königinnen einander an und tauschten Höflichkeiten aus. Dann schickte Lady Sharra nach den drei Kronen (dem Diadem der Regentin, das sie selbst trug, der kleinen Krone ihres Sohnes und der Falkenkrone von Berg und Grünem Tal, die die Arryn-Könige seit Jahrtausenden trugen) und überreichte sie Königin Visenya zusammen mit den Schwertern ihrer Besatzung. Und später hieß es, der kleine König sei dreimal um den Gipfel der Riesenlanze geflogen und danach als Lord wieder gelandet. So brachte Visenya Targaryen das Grüne Tal von Arryn in das Reich ihres Brudergemahls.

Rhaenys Targaryen war keine so leichte Eroberung vergönnt. Ein Heer dornischer Speerkämpfer bewachte den Fürstenpass, das Tor durch die Roten Berge. Doch Rhaenys hielt sich nicht mit ihnen auf. Sie flog über den Pass hinweg, dann über die Roten und die Weißen Sande und landete in Vaith, um die Übergabe der Festung zu verlangen. Doch die Burg war leer und verlassen. In der Stadt unterhalb der Mauern harrten nur noch Frauen, Kinder und Greise aus. Auf die Frage, wohin ihre Lords gegangen seien, antworteten sie nur: »Fort.« Rhaenys folgte dem Fluss abwärts nach Göttergnad, dem Sitz des Hauses Allyrion, doch auch hier fand sie niemanden vor. Also flog sie weiter bis zur Plankenstadt an der Mündung des Grünbluts. Dort lagen Hunderte Stakkähne, Fischerboote, Barken, Hausboote und Schiffsrümpfe in der sengenden Sonne. Alle waren mit Seilen und Ketten und Planken miteinander verbunden, sodass sie eine schwimmende Stadt bildeten. Doch als Rhaenys auf Meraxes darüber kreiste, blickten nur vereinzelte alte Frauen und kleine Kinder zu ihr auf.

Schließlich führte ihr Flug die Königin nach Sonnspeer, den uralten Sitz des Hauses Martell, wo sie die Fürstin von Dorne wartend in ihrer verlassenen Burg vorfand. Meria Martell war achtzig Jahre alt, berichten die Maester, und regierte die Dornischen bereits seit sechzig Jahren. Sie war sehr dick, blind und nahezu kahl. Ihre Haut war blassgelb und faltig. Argilac der Arrogante hatte sie »die Gelbe Kröte von Dorne« genannt, doch weder Alter noch Blindheit hatten ihren Verstand getrübt.

»Ich werde nicht gegen Euch kämpfen«, erklärte Fürstin Meria, »aber genausowenig werde ich das Knie vor Euch beugen. Dorne hat keinen König. Sagt das Eurem Bruder.«

»Das werde ich«, erwiderte Rhaenys, »doch wir werden zurückkommen, Fürstin, und das nächste Mal mit Feuer und Blut.«

»Eure Worte«, gab Fürstin Meria zurück. »Unsere lauten Ungebeugt, Ungezähmt, Ungebrochen. Ihr könnt uns verbrennen, Mylady … aber Ihr werdet uns niemals beugen, brechen oder zwingen, uns zu unterwerfen. Dies ist Dorne. Ihr seid hier nicht erwünscht. Wenn Ihr zurückkehrt, tut Ihr das auf eigene Gefahr.«

Und so trennten sich die Königin und die Fürstin, und Dorne blieb unerobert.

Im Westen wurde Aegon Targaryen ein herzlicherer Empfang zuteil. Altsass, die größte Stadt von Westeros, war von dicken Mauern umgeben und wurde von den Hohenturms vom Hohen Turm regiert, dem ältesten, reichsten und mächtigsten Adelshaus der Weite. Altsass war außerdem das Zentrum des Glaubens. Dort residierte der Hohe Septon, der Vater der Gläubigen, die Stimme der Neuen Götter auf Erden, der auf den Gehorsam der Frommen in den Königreichen zählen durfte, deren Zahl in die Millionen ging (nur nicht im Norden, wo die Alten Götter auch heute noch herrschen), und die Klingen der Militärischen Orden befehligte, den Kriegerischen Arm des Glaubens, den das gemeine Volk die Schwerter und die Sterne nannte.

Doch als Aegon Targaryen und sein Heer nach Altsass kamen, fanden sie die Stadttore offen, und Lord Hohenturm erwartete ihn, um sich ihm zu unterwerfen. Denn zu dem Zeitpunkt, da die Nachricht von Aegons Landung in Altsass eintraf, so erzählt die Legende, hatte sich der Hohe Septon für sieben Tage und Nächte in der Sternensepte eingeschlossen und die Götter um Führung ersucht. Er hatte nichts außer Brot und Wasser zu sich genommen und seine wachen Stunden im Gebet verbracht, wobei er von einem Altar zum nächsten schritt. Am siebten Tag hatte das Alte Weib seine goldene Laterne erhoben und ihm den Weg, der vor ihm lag, gezeigt. Falls Altsass gegen Aegon den Drachen zu den Waffen greife, so hatte Seine Hohe Heiligkeit in einer Vision gesehen, werde die Stadt mit Sicherheit niedergebrannt und der Hohe Turm, die Zitadelle und die Sternensepte zerstört.

Manfred Hohenturm, der Lord von Altsass, war ein umsichtiger, frommer Mann. Einer seiner jüngeren Söhne war den Söhnen des Kriegers beigetreten, ein anderer hatte unlängst die Gelübde eines Septons abgelegt. Als der Hohe Septon ihm von der Vision erzählte, die das Alte Weib ihm geschickt hatte, entschied Lord Hohenturm, dem Eroberer nicht mit Waffengewalt zu begegnen. Und so brannte kein Mann aus Altsass auf dem Feld des Feuers, obwohl die Hohenturms Vasallen der Gärtners von Rosengarten waren. Und so kam es, dass Lord Manfred Hohenturm Aegon dem Drachen entgegenritt und ihm sein Schwert, seine Stadt und seinen Eid anbot. (Manche sagen, Lord Hohenturm habe ihm auch die Hand seiner jüngsten Tochter angeboten, was Aegon jedoch höflich ablehnte, weil er seine beiden Königinnen nicht erzürnen wollte.)

Drei Tage später salbte Seine Hohe Heiligkeit selbst Aegon in der Sternensepte mit den sieben Ölen, setzte ihm eine Krone aufs Haupt und proklamierte ihn zu Aegon aus dem Hause Targaryen, dem Ersten Seines Namens, König der Andalen, der Rhoynar und der Ersten Menschen, Herr der Sieben Königreiche und Protektor des Reiches. (»Herr der Sieben Königreiche« lautete der Titel, obwohl Dorne sich nicht unterworfen hatte. Und sich auch mehr als ein Jahrhundert lang nicht unterwerfen würde.)

Nur eine Handvoll Lords waren bei Aegons erster Krönung an der Mündung des Schwarzwassers zugegen gewesen, doch Hunderte bezeugten seine zweite, und Zehntausende aus dem gemeinen Volk jubelten ihm danach auf den Straßen von Altsass zu, als er auf Balerions Rücken durch die Stadt ritt. Bei Aegons zweiter Krönung waren auch die Maester und Erzmaester der Zitadelle anwesend. Vielleicht gilt deshalb diese Krönung als Anfang seiner Herrschaft und nicht die Krönung in der Aegonfeste oder der Tag seiner Landung.

So wurden die Sieben Königreiche von Westeros durch den Willen Aegons des Eroberers und seiner Schwestern zu einem einzigen großen Reich geschmiedet.

Viele glaubten, König Aegon würde nach dem Krieg Altsass zu seinem königlichen Sitz machen, andere dachten, er würde von Drachenstein aus herrschen, jener alten Inselzitadelle der Targaryen. Der König aber überraschte sie alle, indem er verkündete, er werde in der neuen Stadt Hof halten, die unter den drei Hügeln an der Schwarzwassermündung entstand, an dem Ort, wo er und seine Schwestern zum ersten Mal den Boden von Westeros betreten hatten. Königsmund sollte die neue Stadt heißen, von der aus Aegon der Drache über sein Reich herrschen wollte. Hof wollte er auf dem großen Sitz aus Eisen halten, geschmiedet aus den geschmolzenen, verdrehten, schartigen und zerbrochenen Klingen seiner besiegten Feinde, einem gefährlichen Sitz, der schon bald als der Eiserne Thron von Westeros in der ganzen Welt berühmt werden würde.

DIE HERRSCHAFT DES DRACHEN

DIE KRIEGE KÖNIG AEGONS I.

Die lange Herrschaft König Aegons I. Targaryen (1–37 n.A.E.) war weitgehend friedlich … insbesondere in den späteren Jahren. Aber dem Frieden des Drachen, wie die letzten beiden Jahrzehnte seiner Herrschaft später von den Maestern der Zitadelle genannt werden sollten, gingen die Kriege des Drachen voraus, deren letzter einer der grausamsten und blutigsten Konflikte war, die je in Westeros ausgefochten wurden.

Obwohl es heißt, die Eroberungskriege seien zu Ende gewesen, als Aegon vom Hohen Septon in der Sternensepte von Altsass gekrönt und gesalbt wurde, hatte sich längst nicht ganz Westeros seiner Herrschaft unterworfen.

Im Biss hatten die Lords der Drei Schwestern das Chaos während Aegons Eroberung genutzt, um sich unabhängig zu erklären und Lady Marla aus dem Hause Sunderland zu ihrer Königin zu krönen. Da die Flotte der Arryns während der Eroberung weitgehend zerstört worden war, befahl der König seinem Wächter des Nordens, Torrhen Stark von Winterfell, die Rebellion der Schwestermänner niederzuschlagen. Von Weißwasserhafen stach ein Heer Nordmänner unter dem Befehl von Ser Warrick Manderly mit einer Flotte aus in Braavos angeheuerten Galeeren in See. Der Anblick der Segel und das plötzliche Erscheinen von Königin Visenya und Vhagar am Himmel über Schwestering beraubten die Schwestermänner ihres Mutes; prompt setzten sie Königin Marla zugunsten ihres jüngeren Bruders ab. Steffon Sunderland erneuerte den Treuschwur seines Hauses gegenüber Hohenehr, beugte das Knie vor Königin Visenya und übergab ihr seine Söhne als Unterpfand für zukünftiges Wohlverhalten. Einer sollte als Mündel von den Manderlys aufgezogen werden, der andere von den Arryns. Seine Schwester, die abgesetzte Königin, wurde verbannt und eingesperrt. Fünf Jahre später wurde ihr die Zunge herausgeschnitten, und sie verbrachte den Rest ihres Lebens bei den Schweigenden Schwestern, wo sie sich um die adeligen Toten kümmerte.

Auf der anderen Seite von Westeros, auf den Eiseninseln, herrschte Chaos. Das Haus Hoffartt hatte viele Jahrhunderte über die Eisenmänner geherrscht und war dann in einer einzigen Nacht untergegangen, als Aegon Balerions Feuer auf Harrenhal losgelassen hatte. Obwohl Harren der Schwarze und seine Söhne in den Flammen gestorben waren, erklärte sich Qhorin Volmark von Harlau, dessen Großmutter eine jüngere Schwester von Harrens Großvater gewesen war, zum rechtmäßigen Erben der »schwarzen Linie« und beanspruchte die Königswürde für sich.

Allerdings erkannten nicht alle Eisenmänner seinen Anspruch an. Auf Alt Wiek versammelten sich die Priester des Ertrunkenen Gottes unter Naggas Gebeinen und setzten einem der ihren eine Treibholzkrone aufs Haupt, dem barfüßigen heiligen Mann Lodos, der sich zum lebenden Sohn des Ertrunkenen Gottes erklärte und dem man nachsagte, Wunder wirken zu können. Dazu erhoben sich auf Groß Wiek, Peik und Orgmont weitere Anwärter, sodass sich ihre Anhänger ein Jahr lang zu Land und zu See bekämpften. Es heißt, im Wasser zwischen den Inseln trieben so viele Leichen, dass Kraken zu Hunderten vom Blut angelockt wurden.

Aegon Targaryen machte den Kämpfen ein Ende. Auf Balerion fiel er im Jahre 2 n.A.E. über die Inseln her. Mit ihm kamen Kriegsflotten vom Arbor, aus Rosengarten und Lennishort und sogar einige Langschiffe von der Bäreninsel, die Torrhen Stark entsandt hatte. Die Eisenmänner, deren Zahl nach einem Jahr Bruderkrieg dezimiert war, leisteten nur wenig Widerstand … viele jubelten sogar bei der Ankunft der Drachen. König Aegon erschlug Qhorin Volmark mit Schwarzfeuer, erlaubte jedoch seinem Sohn, einem Kleinkind, die Ländereien und die Burg seines Vaters zu behalten. Auf Alt Wiek rief der Priesterkönig Lodos, der angebliche Sohn des Ertrunkenen Gottes, die Kraken der Tiefe an, sich zu erheben und die Schiffe der Invasoren in die Tiefen zu reißen. Als das jedoch nicht geschah, füllte Lodos seine Robe mit Steinen und ging ins Meer, »um bei seinem Vater Rat zu suchen«. Tausende folgten ihm. Ihre aufgedunsenen, von Krebsen angefressenen Leichen wurden noch Jahre später an der Küste von Alt Wiek angespült.

Danach stellte sich die Frage, wer die Eiseninseln für den König regieren sollte. Vorgeschlagen wurde, die Eisenmänner zu Vasallen der Tullys von Schnellwasser oder der Lennisters von Casterlystein zu machen. Manche drängten gar darauf, die Inseln Winterfell zuzuschlagen. Aegon hörte sich jeden Vorschlag an, entschied aber am Ende, den Eisenmännern zu gestatten, ihren Obersten Landesherrn selbst zu wählen. Sie wählten einen der ihren, was niemanden überraschte: Vickon Graufreud, den Lord Schnitter von Peik. Lord Vickon huldigte König Aegon, und der Drache zog mit seiner Flotte von dannen.

Graufreuds Macht beschränkte sich allerdings auf die Eiseninseln; er entsagte allen Ansprüchen auf die Länder, die das Haus Hoffartt auf dem Festland erobert hatte. Aegon gab die Burgruine von Harrenhal und die dazugehörigen Länder seinem Waffenmeister auf Drachenstein, Ser Quenten Qoherys, verlangte jedoch von ihm, Lord Edmyn Tully von Schnellwasser als Lehnsherrn anzuerkennen. Der neuerhobene Lord Quenten hatte zwei starke Söhne und einen dicken Enkel, um die Erbfolge sicherzustellen, doch da seine erste Gemahlin drei Jahre zuvor dem Fleckfieber erlegen war, stimmte er außerdem zu, sich mit einer von Lord Tullys Töchtern zu vermählen.

Mit der Unterwerfung der Drei Schwestern und der Eiseninseln herrschte Aegon Targaryen über das gesamte Westeros südlich der Mauer, mit Ausnahme von Dorne. Also wandte der Drache als Nächstes Dorne seine Aufmerksamkeit zu. Erst versuchte Aegon, die Dornischen mit Worten zu gewinnen, entsandte eine Abordnung hoher Lords, Maester und Septone nach Sonnspeer, um mit Fürstin Meria Martell, der Gelben Kröte von Dorne, zu verhandeln und ihr die Vorteile schmackhaft zu machen, die es ihr eintrüge, wenn sie ihr Reich mit dem seinen vereinte. Die Verhandlungen dauerten fast ein Jahr, blieben jedoch ohne Ergebnis.

Der Beginn des Ersten Dornischen Kriegs wird gewöhnlich auf das Jahr 4 n.A.E. datiert, als Rhaenys Targaryen nach Dorne zurückkehrte. Und dieses Mal kam sie mit Feuer und Blut, so wie sie es angedroht hatte. Auf dem Rücken von Meraxes stieß die Königin aus dem heiteren blauen Himmel herab und setzte die Plankenstadt in Brand. Die Flammen sprangen von Boot zu Boot, bis die Mündung des Grünbluts voll mit brennendem Treibgut war. Sogar von Sonnspeer aus war die Rauchsäule noch zu sehen. Die Bewohner der schwimmenden Stadt suchten im Fluss Schutz, sodass weniger als hundert Opfer zu beklagen waren, und die meisten von ihnen waren ertrunken, statt durch Drachenfeuer zu sterben. Doch das erste Blut war vergossen.

An anderer Stelle führte Orys Baratheon eintausend handverlesene Ritter den Knochenweg hinauf, während Aegon selbst an der Spitze eines Heers aus dreißigtausend Mann, dem beinahe zweitausend Ritter und dreihundert Lords und Vasallen voranritten, durch den Fürstenpass marschierte. Lord Harlan Tyrell, der Wächter des Südens, soll gesagt haben, dass sie so stark waren, dass sie auch ohne Aegon und Balerion jede dornische Armee hätten zerschmettern können.

Zweifelsohne lag er damit nicht falsch, auch wenn die Richtigkeit dieser Behauptung nie bewiesen wurde, da die Dornischen sich keiner offenen Schlacht stellten. Stattdessen zogen sie sich zurück, brannten die Ernte auf den Feldern ab und vergifteten jeden Brunnen. Die Angreifer fanden die dornischen Wachtürme in den Roten Bergen vernachlässigt und verlassen vor. In den Bergpässen stieß Aegons Vorhut auf Barrikaden aus geschorenen Schafskadavern, die durch Verwesung ungenießbar geworden waren. Als das Heer des Königs den Prinzenpass hinter sich gelassen hatte und die dornischen Sande erreichte, wurden bereits Vorräte und Futter knapp. Aegon teilte seine Streitmacht und schickte Lord Tyrell nach Süden gegen Uthor Uller, den Lord von Höllhain, während er selbst sich ostwärts wandte, um Lord Vogler in seiner Bergfestung Himmelshöh zu belagern.