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Im 22. Jahrhundert versucht ein Raumschiffkommando mit einer außerirdischen Zivilisation Kontakt aufzunehmen. Doch diese ist in einem fatalen Zustand, seit über 100 Jahren befindet sich das fremde Planetensystem in einer Phase eines kalten Krieges und Wettrüstens.
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Seitenzahl: 585
Mit Fiasko knüpft Stanisław Lem an jene Phase seines literarischen Schaffens an, die mit Romanen wie Solaris (1972) und Der Unbesiegbare (1967) seine größten erzählerischen Erfolge aufwies. Fiasko, ein Buch von grandiosem pessimistischem Zuschnitt, nimmt eine Idee auf, die die intellektuelle Science-fiction zumeist vermieden hat: die Möglichkeit der Selbstzerstörung unseres Planeten Erde. Im 22. Jahrhundert versucht ein Raumschiffkommando mit einer außerirdischen Zivilisation Kontakt aufzunehmen. Doch diese ist in einem fatalen Zustand, seit über 100 Jahren befindet sich das fremde Planetensystem in einer Phase eines kalten Krieges und Wettrüstens. Auch der Planet Quinta, den die Menschen ansteuern, ist militarisiert worden und Teil einer gewaltigen »Sphäromachie«, in der unzählige hochautomatisierte Satelliten sich gegenseitig in Schach halten.
Die Kontaktaufnahme gestaltet sich ob des »kosmischen Vorbeiredens« als so schwierig, daß eine Katastrophe, obwohl nicht unvermeidlich, nicht abzuwenden ist. Ein Fiasko der Astronauten, aber auch all derer, die sich eine Verständigung mit einer fremden Zivilisation erhofft hatten.
»Stanisław Lem ist der lächelnde Weise der Science-fiction, der Philosoph und Poet zugleich, der mit Witz und Wortspiel die planetaren Schöpfungsakte und Fehlkonstruktionen beschreibt.«
Ludwig Harig, FAZ
Stanisław Lem wurde am 12. September 1921 im polnischen Lwów (Lemberg) geboren, lebte zuletzt in Krakau, wo er am 27. März 2006 starb. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er als Übersetzer und freier Schriftsteller. Er wandte sich früh dem Genre Science-fiction zu, verfaßte aber auch gewichtige theoretische Abhandlungen und Essays zur Kybernetik, Literaturtheorie und Futurologie. Stanisław Lem zählt zu den bekanntesten und meistübersetzten Autoren Polens. Viele seiner Werke wurden verfilmt.
Stanisław Lem
Fiasko
Roman
Aus dem Polnischenvon Hubert Schumann
Suhrkamp
Titel der Originalausgabe:
Fiasco
© 1986 by Stanisław Lem
Die Übersetzung wurde vom Autor autorisiert.
Umschlagfoto: Roger Ressmeyer / Corbis
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2013
© der deutschen Ausgabe
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2000
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Umschlag: Göllner, Michels, Zegarzewski
eISBN 978-3-518-74316-4
www.suhrkamp.de
I Birnams Wald
II Die Beratung
III Der Verunglückte
IV SETI
V Beta Harpyiae
VI Die Quinta
VII Auf Fang
VIII Der Mond
IX Die Verkündung
X Der Angriff
XI Demonstration der Stärke
XII Der Paroxysmus
XIII Kosmische Eschatologie
XIV Das Märchen
XV Sodom und Gomorrha
XVI Die Quintaner
»Diese Landung hast du ja noch mal sauber hingekriegt.« Der Mann, der das sagte, sah den Piloten, der im Raumanzug, den Helm unterm Arm, vor ihm stand, nicht mehr an, sondern trat an eine der gläsernen Wände, die den runden Kontrollraum mit seinen hufeisenförmig angeordneten Steuerpulten umschlossen. Man erkannte von hier aus trotz der Entfernung die Größe des zylindrischen Raumschiffs und den Ruß an seinen Düsen, aus denen immer noch ein schwärzlicher Auswurf auf den Beton kleckerte. Der andere Fluglotse, ein vierschrötiger Mann, der eine Baskenmütze auf dem Kahlkopf trug, ließ die Bandaufzeichnungen rückwärtslaufen und schielte dabei nach dem Ankömmling nur aus den Augenwinkeln, wie ein Vogel mit reglosen Lidern. Er hatte Kopfhörer auf und vor sich eine Reihe chaotisch flimmernder Monitore.
»Es ging zu machen«, warf der Pilot hin. Er stemmte sich leicht gegen die vorstehende Kante eines Pultes, als brauchte er das, um die schweren Handschuhe mit den doppelten Säumen auszuziehen. In Wahrheit hatte er nach dieser Landung noch weiche Knie.
»Was war denn los?«
Der Kleine am Fenster, der ein Mausgesicht hatte, unrasiert war und in einer schäbigen Lederjacke steckte, klopfte auf der Suche nach Zigaretten die Taschen ab.
»Eine Deflexion des Schubs«, brummelte der Pilot, den diese ganze phlegmatische Begrüßung ein wenig verblüfft hatte.
Der andere hatte seine Zigarette inzwischen im Mund, nahm einen Zug und fragte durch den ausgeatmeten Rauch: »Aber warum? Wissen Sie das nicht?«
»Nein«, wollte der Pilot antworten, aber er verschluckte es, weil ihm schien, er hätte es wissen müssen. Das Band war abgelaufen, sein Ende raschelte um die wirbelnde Trommel. Der Große stand auf, nahm den Kopfhörer ab, nickte dem Besucher jetzt erst zu und sagte heiser: »Ich bin London, und das ist Gosse. Willkommen auf dem Titan. Was trinken wir? Wir haben Kaffee und Whisky da.«
Der junge Pilot wurde verlegen. Er kannte diese Männer mit Namen, hatte sie aber nie gesehen und willkürlich angenommen, Gosse, der Chef, müsse der Große sein, nun aber war es umgekehrt. Er traf im Kopf die notwendige Umstellung und entschied sich für Kaffee.
»Was für Fracht? Karborundköpfe?« fragte London, als sie zu dritt an einem aus der Wand gezogenen Tisch saßen. Der Kaffee dampfte in Gefäßen, die an Laborgläser erinnerten – sie hatten Tüllen.
Gosse spülte mit dem Kaffee eine gelbe Tablette hinunter, er atmete tief durch, mußte husten und schneuzte sich, daß ihm die Tränen kamen.
»Und Strahler haben Sie auch gebracht, nicht?« wandte er sich dem Piloten zu.
Dieser, von neuem erstaunt, daß seine Leistung kein größeres Interesse fand, bejahte nur mit einem Nicken. Schließlich passiert es nicht alle Tage, daß es einer Rakete bei der Landung den Schub abwürgt. Statt der Frachtliste hatte er den fertigen Bericht auf den Lippen gehabt, wie er, ohne erst lange die Düsen durchzuspülen oder den Hauptschub zu erhöhen, sofort die Automatik abgeschaltet und nur mit den Boostern aufgesetzt hatte, ein Kunststück, das er außerhalb des Simulators noch nie probiert hatte, und auch das war lange her. Er mußte seine Gedanken also erneut umstellen.
»Habe ich«, sagte er aus alledem heraus und verspürte sogar Genugtuung, denn es hatte nicht schlecht geklungen. So lakonisch nach überstandener Gefahr!
»Aber nicht dorthin, wo sie hingehörten«, lächelte Gosse, der Kleinere.
Der Pilot wußte nicht, ob das ein Scherz sein sollte. »Wieso nicht? Ihr habt mich doch angenommen. Angefordert habt ihr mich«, korrigierte er.
»Das mußten wir.«
»Ich verstehe nicht.«
»Sie sollten doch im Gral landen.«
»Wozu habt ihr mich dann vom Kurs geholt?«
Ihm wurde heiß, die Aufforderung hatte einen kategorischen Klang gehabt. Zwar hatte er unterwegs einen Funkspruch des Grals über einen Unfall aufgefangen, aber wegen des Störrauschens wenig davon verstanden. Er flog den Titan nämlich vom Saturn aus an, um durch dessen Gravitation die Geschwindigkeit zu drosseln und Treibstoff zu sparen. Das Raumschiff hatte die Magnetosphäre des Riesen gestreift, so daß es auf allen Wellenlängen nur so prasselte. Gleich darauf war der Ruf vom hiesigen Kosmodrom gekommen, der Flugkontrolle hat der Navigator zu gehorchen, und nun ließen sie ihn nicht einmal den Raumanzug ausziehen, sondern nahmen ihn gleich ins Verhör. Im Geiste war er immer noch im Steuerraum, die Gurte schnitten ihm scheußlich in Brust und Rücken, als die Rakete mit den ausgefahrenen Landestelzen auf den Beton knallte, die noch nicht leergebrannten Booster Feuer spien und den ganzen Rumpf durcheinanderrüttelten.
»Worum geht es? Wo sollte ich eigentlich landen?«
»Ihr Stückgut gehört dem Gral«, erklärte der Kleine und putzte sich die gerötete Nase. Er hatte Schnupfen. »Wir haben Sie oberhalb der Umlaufbahn abgefangen und hierher gerufen, weil wir Killian brauchen, Ihren Passagier.«
»Killian«, wunderte sich der junge Pilot. »Der ist nicht bei mir an Bord. Bei mir ist nur Sinko, mein Kopilot.«
Die beiden waren verdattert.
»Wo ist Killian?«
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