Fighter - Tatjana Kronschnabl - E-Book

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Tatjana Kronschnabl

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Beschreibung

Der Millionärssohn Dante Acaimo hat alles, was er sich nur wünschen kann.
Geld, Macht, Frauen. Dennoch ist er unglücklich.
Ihm fehlt der Sinn seines Lebens, der ganze Spaß, den er hat, reicht ihm einfach nicht mehr.
Bei einem Trip durch den Untergrund der Stadt muss er feststellen, wie kalt und dreckig die Welt eigentlich ist. Dante lernt eine junge Frau namens Rahel kennen. Scheinbar kalt und unberechenbar. Was er nicht ahnt; diese Frau kann weitaus mehr als nur ihre Fäuste benutzen...



Diese Story ist leider noch nicht überarbeitet, also wer Fehler findet, darf sie behalten. ^^

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Tatjana Kronschnabl

Fighter

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Prolog

Knack. Ihr Kiefer mochte zwar geknackt haben, doch der ausbleibende Schmerz war ein Zeichen dafür, dass nichts gebrochen war.

Es war ihr egal wenn man ihr die Rippen, das Schlüsselbein oder den Arm brach, doch auf ein entstelltes Gesicht war sie nicht scharf. Sie hatte bisher immer Glück gehabt. Die schlimmsten Verletzungen hatte sie schon erlitten, nur im Gesicht hatte sie noch nichts abbekommen.

Gott sei Dank!, wie sie immer dachte. Auch, wenn sie genau genommen nicht an Gott glaubte.

Erneut flog eine mächtige Faust auf sie zu, doch nun schaffte sie es mit Leichtigkeit auszuweichen und einen Gegenangriff zu starten. Die Anfeuerungsrufe wurden lauter. Sie waren auf ihrer Seite, war es doch selten das eine Frau im Ring stand.Ihr Name war Rahel und mit dreiundzwanzig Jahren war sie wohl eine der jüngsten hier.

Die Kämpfer die hier einstiegen waren in den meisten Fällen noch viel jünger wie sie, natürlich umso unerfahrener. Logisch, dass sie sich nicht lange hielten und sich hauptsächlich die alten Hasen in diesem Geschäft halten konnten.

Cagefights waren heutzutage nicht mehr ungewöhnlich, doch einige unterschieden sich voneinander. Es gab die legalen, die teilweise von Showkämpfern bestritten wurden, und die illegalen, an denen sie selbst teilnahm.

Diese zwei Welten könnten nicht weiter voneinander entfernt sein. Natürlich ging bei den legalen Kämpfen alles mit rechten Dingen zu. Es gab genug Geld, die Bedingungen konnten nicht besser sein und auch Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen.

Rahel besaß genug Talent um in dieser Liga mitzuspielen, doch sie hielt sich nicht umsonst im Untergrund.

Ja, in der illegalen Szene war es weitaus gefährlicher. Hier ging es um Leben und Tod, auf niemanden wurde Rücksicht genommen. Die Gegner hier waren gefährlicher, tödlicher, doch das Geld für einen Sieg war umso höher. Rahel brauchte die Kohle.

Irgendjemand musste die Schulden ihrer Mutter ja abbezahlen. Seit ihr Vater sie verlassen hatte, war es mit der Frau abwärts gegangen.

Rahel lebte bereits alleine, doch sie liebte ihre Mutter und konnte nicht mit ansehen, wie diese im Chaos versank. Ihre Mutter litt zudem noch an Depressionen und konnte sich die Medikamente nicht leisten, also half sie auch da aus.

Egal wie stolz Rahel auch auf den Ruf war, den sie sich erkämpft und aufgebaut hatte, doch insgeheim war sie noch immer eine liebenswürdige Frau, die so gut wie alles für ihre Mutter tun würde.

Ein gezielter Schlag gegen das Brustbein ihres Gegners und der Kampf war beendet.

Jubel brach aus, doch Rahel realisierte es kaum. Ihr Schädel dröhnte, ihr Gleichgewichtssinn war bedenklich angeschlagen und ihre Beine zitterten. Sie war trainiert, keineswegs schwach und hielt viel aus, doch jeder Kampf verlangte ihr einiges ab.

Neben den Jubelrufen ertönten nun auch Buhrufe, als der Schiedsrichter den Käfig betrat und ihren Arm in die Höhe riss. Bei den Zuschauern handelte es sich hauptsächlich um Männer, viele von ihnen sahen eine Frau im Ring nicht gerne. Doch dieses frauenfeindliche Verhalten spornte Rahel nur an. Sie wollte es ihnen beweisen. Beweisen, dass sie keine Frau war, die man beschützen musste...

 

Part 1

 

Gelangweilt starrte er auf die Bierflasche in seiner Hand. Er hatte alles. Geld, Frauen, Macht.

Und doch war er nicht mit sich im Reinen. Es war ihm schwergefallen, doch er war nach einiger Zeit sogar zu seinen Eltern gegangen und hatte ihnen von seinen Zweifeln erzählt.

Doch wie nicht anders erwartet, hatten die nicht viel Verständnis für ihn übrig gehabt. Hatten sie ihm doch ernsthaft gesagt, er solle sich auf Wohltätigkeitsveranstaltungen blicken lassen, um das Ansehen seiner Familie zu steigern. Was sollte der Mist? Seine Eltern mochten vielleicht über fünfzig sein, doch war das Grund genug alle Auftritte der Öffentlichkeit auf ihn zu schieben?

Er war sechsunszwanzig verdammt, er hatte andere Dinge im Kopf als Geschäfte! Auch, wenn die vielleicht nicht unbedingt so wichtig waren...

Ein Klopfen an der großen und massiven Holztür ließ den Mann aufschauen. Wer auch immer sich hinter der Tür verbergen mochte, er besaß nicht den Anstand auf eine Reaktion zu warten und kam einfach herein.

„Hey, Dante.“

Dante fuhr sich mit der Hand durch seine fast kinnlangen, glatten, schwarzen Haare und seufzte, als er Jay entdeckte, der die große Tür gerade hinter sich zuschlug.

„Was willst du?“, brummte der Mann an seinem Schreibtisch und musterte seinen Kindheitsfreund nun genauer. Jay war mit seinen einen Meter fünfundsiebzig eher klein gewachsen und dank seiner schlacksigen Figur auch nicht sonderlich angsteinflößend, doch dank seiner lockeren und unbeschwerten Art kam er genauso gut bei den Frauen an wie Dante selbst.

Der immer gut gelaunte Mann hatte sich schon zu Schulzeiten mit Dante angefreundet, ohne zu wissen wer er eigentlich war. Auch hatte ihn das ganze Geld nie beeindruckt, er war mit Dante befreundet weil dieser Mann einfach für jeden Spaß zu haben war, genauso wie er selbst.

„Ich hab gehört, du langweilst dich schon wieder?“, begann Jay nun und blieb vor seinem Schreibtisch stehen. Dante verzog das Gesicht als sein Kumpel sich am besagten Tisch abstützte und ihm das Bier aus der Hand nahm. Dreist nahm er einen großen Schluck, worauf Dante missmustig die Lippen verzog.

„Ich glaube kaum, dass dir das meine Eltern erzählt haben“, erwiderte er mit seiner leisen, dennoch eindringlichen Stimme. Jay erschauerte. Er wusste nicht woran es lag, doch Dantes Stimme war einfach unheimlich. Schon immer war seine Stimme so leise gewesen, doch das tat der Eindringlichkeit und Grausamkeit keinen Abbruch. Ob es daran lag, dass sie so kratzig und rau war? Vielleicht. Fakt war, dass die Frauen sich gleichermaßen vor ihm fürchteten und von ihm angezogen fühlten.

„Ich weiß eben, wenn mein bester Freund sich langweilt. Also was ist, Lust auf einen kleinen Ausflug?“, antwortete Jay nun mit zuckenden Mundwinkeln und reichte Dante sein Bier zurück.

Dankend nahm dieser es wieder entgegen und er kam nicht drumherum, nun leichtes Interesse zu zeigen.

„Wohin soll's gehen?“, hakte er aufmerksam nach.

Bei Jay musste man manchmal aufpassen. Wenn er nicht mit der Sprache herausrücken wollte, wurde es gefährlich und er hatte irgendwelchen Unsinn im Kopf. Schon oft hatte es Abende gegeben, an denen die beiden torkelnd durch die Stadt gestolpert waren. Natürlich immer im Fokus der Fotografen, die für die unzähligen Klatschblätter arbeiteten. Sie alle waren scharf auf Storys, in denen die Familie Acaimo für einen Skandal sorgte. Das war Dante natürlich schon des Öfteren gelungen, doch aufgrund der darauf folgenden Predigten seiner Eltern war ihm der Spaß an solchen Exzessen vergangen. Außerdem war er in den letzten Jahren reifer geworden, verstand nun mehr worum es wirklich in seinem Leben ging. Für seine Eltern war er einfach nur der Nachfolger seines Vaters, der das Ansehen der Familie zu wahren hatte. Ob er damit einverstanden war? Natürlich nicht. Doch wenn er sich widersetzen würde, gäbe es kein Geld mehr.Und er musste gestehen, dass er auf seinen Lebensstandard nun wirklich nicht verzichten wollte.

Zu verlockend war eben der Gedanke daran, alles haben zu können was er wollte. Ausnahmen gab es nicht.

Jay beugte sich vor, wobei seine graublauen Augen verräterisch blitzten.

„In den Untergrund“, hauchte er und wich auch schon wieder zurück.

Skeptisch zog Dante die Augenbrauen hoch, dann verengten sich seine blassgrünen Augen.

Das hörte sich alles andere als gut an. Er musste gar nicht erst nach einer Erklärung verlangen, denn Jay zog zwei kleine Kärtchen aus seiner ausgefransten Hosentasche und knallte sie vor Dante auf den Tisch.

„Ein Geschenk meines Cousins. Das Ganze ist illegal aber gerade das macht es doch so reizvoll, findest du nicht?“

Dante seufzte, er hatte es geahnt. Mit flinken Fingern schnappte er sich eine der Karten und nahm sie genauer unter die Lupe. Es handelte sich offenbar um Eintrittskarten, die lediglich Uhrzeit, Ort und Sitzplatz angaben. CF – The Beast vs. Steelfist war als Überschrift zu lesen.

„Was soll das heißen?“, knurrte und und warf das Kärtchen zurück.

Jay zuckte schmunzelnd mit den Schultern.

„Es soll recht spannend sein und Kontakte knüpft man auch ganz schnell. Außerdem ist das die Gelegenheit, mal andere Seiten der Stadt kennenzulernen. Hast du es nicht satt, immer nur im Licht zu stehen? Der Schatten kann auch ganz interessant sein.“

Dante hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Eine illegale Veranstaltung, im Untergrund, bei der es sich der Namen nach zu Urteile um eine Art Kampf zu handeln schien? Wenn er bei solch einer Veranstaltung gesehen wurde, könnte er ganz schöne Schwierigkeiten bekommen.

Nachdenklich sah er aus dem Fenster, hinaus in den riesigen Garten hinter dem Anwesen.

Andererseits hatte er den schwarzen Kapuzenpulli in seinem Schrank schon ewig nicht mehr angehabt, es war also mal wieder an der Zeit. Mit einem leisen Schnauben schnappte er sich die Karte erneut.

„Also gut, gehen wir hin. Aber ich mache dich für alles verantwortlich, hast du verstanden?“, knurrte er und erhob sich in einer geschmeidigen Bewegung.

Jay sah zu Dante auf. Teufel noch mal, er hasste es das dieser Mann über einen Meter neunzig groß war. Dennoch nickte er untergeben und schnappte sich die andere Karte.

 

Part 2

 

Während Rahel die Bandagen um ihre Hände fester anzog, fiel ihr Blick auf den kleinen Gang, durch den die Zuschauer hereinkamen. Zwei Männer betraten das kleine Lagerhaus und sahen sich verdächtig auffällig um. Die Frau schmunzelte. Während einer von ihnen ganz offen seine Neugier zeigte und sich beeindruckt umsah, hatte der andere seine schwarze Kapuze ins Gesicht gezogen und hielt den Blick so tief wie nur möglich. Scheinbar wollte er nicht erkannt werden. Oder es war ihm schlicht und weg einfach unangenehm hier zu sein.Vermutlich sogar beides., dachte Rahel grimmig. Trotz aller Faszination, solche Leute hatten hier nichts zu suchen. Meistens waren sie zu unvorsichtig, gerieten ins Visier der Polizei, wobei schlussendlich das ganze Gelände entdeckt und gesperrt wurde. Schon öfter war das passiert, doch aufhalten konnte man diesen „Verein“ nicht. Der Chef suchte sich ein neues, verlassenes Lagerhaus und das Ganze begann von Neuem.

Rahel hielt inne als sie sah, dass die beiden Neuankömmlinge direkt an den Rand des Käfigs traten. Wie hatten die beiden sich das leisten können? Recht wohlhabend sahen sie nicht aus, auch nicht so, als hätten sie Kontakte oder würden hier jemanden kennen.

Schnaubend wandte sie sich ab. Konnte ihr auch egal sein. Wer wusste schon, was für krumme Dinge diese Typen drehten.

„Beast.“

Die Frau drehte sich um und entdeckte Kattl, ihren heutigen Gegner.

„Steelfist“, erwiderte sie monoton und reichte dem bulligen Mann ihre Hand.

Für einen Augenblick musterten die beiden sich von oben bis unten ganz genau. So nett waren bei weitem nicht alle Kämpfer miteinander. Meistens ignorierten sie sich oder waren sogar feindselig zueinander.

„Ich muss ehrlich zugeben, dass ich auf den Kampf mit dir gespannt bin“, gab Kattl zu und trat distanziert einen Schritt zurück. Na klar., dachte Rahel belustigt. Du unterschätzt mich ja auch!

„Dito“, erwiderte sie am Ende lediglich.

Trotz aller Manieren und Freundlichkeit, im Käfig gäbe es keine Zurückhaltung mehr.

Kattl trug seinen Spitznamen Stahlfaust nicht umsonst. Sein massiver und bulliger Körper konnte einen schnell zerquetschen. Kattls eindringliche Stimme riss sie erneut aus den Gedanken.

„Im Einsatz sind bereits dreitausendfünfhundert. Also, bist du bereit?“

Perplex zog Rahel die Brauen hoch.

„Dreitausendfünfhundert?“, murmelte sie.

Normalerweise kamen nie mehr als zweitausend zusammen. Wie von selbst ging ihr Blick zurück zu den beiden Neuankömmlingen. Ob man sie abgezockt hatte?

Es war nämlich so; Das Geld das der Sieger bekam, wurde von den Eintrittsgeldern finanziert. Und so dermaßen viel kam da eigentlich nicht zusammen. Da Kattl nichts erwiderte, richtete sie ihren Blick auf den Mann und deutete auf den Käfig.

„Meinetwegen kann's losgehen“, sagte sie leise.

 

Die feindseligen Blicke mit denen man sie bedachte waren ihm herzlich egal. Solange keiner sah, wer er wirklich war, war alles in Ordnung. Dante gab zu das ihm die ganze Situation nicht geheuer war. Jay schien die angespannte Situation hingegen gar nicht zu bemerken. Andauernd ließ er den Blick schweifen, bis zwei Menschen in den Käfig traten.

Augenblicklich kehrte Ruhe in der Lagerhalle ein. Auch Dante hielt inne, als er die Frau im Käfig sah. Solch eine Frau nahm an solch einem Kampf teil? Sollte so etwas nicht verboten sein? Dante musterte sie und nahm dabei jede Kleinigkeit in Augenschein.

Sie war recht klein, gerade mal über einen Meter sechzig und wirkte dadurch wie eine Fee, was durch ihre schneeweiße Haut nur noch verstärkt wurde. Ihre blauschwarzen Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten, der ihr bis zur Mitte des Rückens reichte.Die ungewöhnliche Haarfarbe und der blasse Teint sorgten dafür, dass ihre großen und stahlgrauen Augen hervorstachen. Ihre feinen Gesichtszüge wurden dank der Augen und den vollen, rosafarbenen Lippen nahezu in den Schatten gestellt. Wenn man ihr Gesicht betrachtete, würde man niemals darauf kommen, dass sie an diesen Kämpfen teilnahm. Bis man ihren Körper betrachtete.

Ihre Arme und Beine waren recht schmal und zierlich, sahen unglaublich zerbrechlich aus.

Sie hatte einen großen Busen, der von einem schwarzen Sporttop gehalten wurde, eine schmale Taille und widerrum ausladende Hüften. An ihrem Bauch zeigte sich der Ansatz eines Sixpacks, gefährlich lauerten die Muskeln unter ihrer makellosen Haut. Würde sie ein Shirt tragen würde selbst ein erfahrener Sportler nicht erkennen, wie trainiert sie zu sein schien.

Dantes Blick fiel auf ihre Hände, die klein und langgliedrig waren und dank der gepflegten Fingernägel dann doch noch einen wirklich guten Eindruck machten.

Er gab zu, dass er fasziniert war. Doch irgendwie auch besorgt und abgeschreckt. Eine so zarte Frau hatte hier wirklich nichts zu suchen, egal wie trainiert sie sein mochte.

Plötzlich ging alles ganz schnell.

Der Kampfrichter trat ebenfalls in den Käfig, deutete erst auf die Frau die er mit „The beast“ betitelte, und dann auf den Mann mit dem Namen „Steelfist“.

Kurz erklärte der Richter die Regeln. Die es eigentlich gar nicht gab. Denn alles war erlaubt. Gewonnen hatte der, der seinen Gegner kampfunfähig gemacht hat. Und dann schnellte auch schon die Hand des Richters herab und der Kampf begann.

Jay jubelte als er sah, wie hart die beiden gleich zur Sache gingen. Keiner nahm Rücksicht auf den anderen, Fäuste schnellten hervor und auch Beine traten ohne Gnade zu.

Dante schluckte. Er liebte den Nervenkitzel und war offen für Neues, doch das hier traf nicht seinen Geschmack. Neugierig und vollkommen in den Bann gezogen verfolgte er die anmutigen und geschmeidigen Bewegungen der kleinen Frau, die verdammt schnell war wie er nun feststellte.

Die mächtige Pranke des Mannes ihr gegenüber raste auf sie zu, doch sie duckte sich darunter hinweg, wich ein Stück zur Seite aus und trat dem Mann gegen die Fersen, dessen Beine daraufhin wegbrachen. Mit einem lauten Rumpeln landete der bullige Typ auf dem Boden.

Die Frau nutzte die Chance, setzte sich rittlings auf den Mann drauf und hob die Faust. Doch plötzlich wendete sich das Blatt. Sie dachte sie hätte die Oberhand, täuschte sich aber gewaltig.

Noch bevor sie zum Schlag kam, traf sie die flache Hand des Mannes mit voller Wucht im Gesicht.

Mit einem weiteren Rumpeln flog sie von ihm herunter, prallte auf dem Boden auf und blieb liegen.

Für alle Zuschauer ein Schockmoment. Sie wussten wie zäh diese Frau war und obwohl sie geahnt hatten wie schwierig dieser Gegner für sie sein würde, war es für sie alle ein Schock sie nun regungslos am Boden zu sehen.

Auch Dante konnte eine impulsive Handlung nicht unterdrücken. Seine Finger verkrallten sich im Gitter des Käfigs, schnitten ihm bereits in die Haut.

„Komm schon, Kleines. Steh auf“, hauchte er, ohne das es jemand wahrnahm.

Seine gehauchten Worte gingen in den Zurufen unter. Auch die anderen Zuschauer feuerten sie an, wollten das sie wieder aufstand, doch sie regte sich nicht. Lag einfach da, ihr Gesicht durch ihre Haare verschleiert. Ihr Gegner seufzte tief, wischte sich ein Rinnsal Blut von der Schläfe und trottete auf die Frau zu. Wenn sie liegen blieb, hatte er gewonnen. Er würde sich also nur von ihrer Bewusstlosigkeit überzeugen müssen. Ein wenig schade fand er es dennoch. Er hatte erwartet, dass sich der Kampf ein bisschen in die Länge ziehen würde. Schließlich hatte dieses junge Ding einiges drauf. Die Platzwunde an seiner Schläfe bewies, was für einen festen Schlag sie hatte.

Bei der Frau angekommen ging Kattl in die Knie, um ihr die Haare aus dem Gesicht zu streifen. Dante, der das Geschehen noch immer aufmerksam verfolgte, krallte sich fester an's Gitter.

Warum nur erschien ihm diese Geste so falsch?

Gerade als Kattl dem Kampfrichter ein Zeichen geben wollte, schlug Rahel die Augen auf. Sie nutzte des Mannes gedankliche Abwesenheit und zog das Knie an, trat ihm dadurch ordentlich in die Kronjuwelen und schlug ihm zusätzlich noch mit der Faust in den Magen. Spätestens jetzt würde Kattl nicht mehr so schnell auf die Beine kommen. Würgend krümmte er sich auf dem Boden zusammen, die Frau hingegen richtete sich in gemütlicher Geschwindigkeit auf und schnaubte.

„Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass du mich mit solch einem laschen Schlag außer Gefecht setzen würdest, oder?“, knurrte sie und pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Stille breitete sich in der Halle aus. Ein lascher Schlag war das keinesfalls gewesen. Rahels Wange war knallrot, ihre Lippe war aufgeplatzt und Blut rann ihr über's Kinn. Doch offenbar hatte sie ein etwas anderes Schmerzempfinden, als andere. Fast schon abwertend stupste Rahel den Mann mit der Fußspitze an, während sie den Kampfrichter heranwinkte.

„Nicht meine beste Taktik aber ich würde mal sagen, das war's“, sagte sie ausdruckslos und verschränkte schlussendlich die Arme.

Das sahen auch alle anderen so. Zustimmend nickten die Zuschauer, hatten allerdings auch Mitleid mit dem sich nun übergebenden Mann. Als Mann waren solche Schmerzen wirklich unerträglich.

„Nicht sehr elegant, wenn du mich fragst“, murmelte Jay und stieß Dante leicht an.

„Ziemlich brutal, wenn du mich fragst“, erwiderte Dante mit seiner leisen Stimme.

Plötzlich richtete sich Rahels Blick auf den verhüllten Mann. Dante hielt inne. Diese Frau starrte ihn so eindringlich an, dass er sich nackt fühlte, entlarvt. Hatte sie etwas unter seiner Kapuze ausmachen können? Aus einem Reflex heraus zog er sich die Kapuze noch tiefer ins Gesicht, doch das schreckte die Frau wie zu erwarten nicht ab. Noch während der Kampfrichter Kattl genauer unter die Lupe nahm, trat Rahel an den Rand des Käfigs. Der Käfig war höhergelegen als der Rest der Halle, um mit Dante auf Augenhöhe zu sein musste sie also in die Hocke gehen.

Mit forschendem und doch distanziertem Blick versuchte die Frau Gesichtszüge im Schatten auszumachen.

„Brutal, also?“, hauchte sie als Antwort auf seine vorigen Worte.

Sowohl Jay, als auch Dante selbst zog verblüfft die Brauen hoch.

„Das hast du gehört?“, kam Jay dem Millionärssohn zuvor.

Dante betrachtete die Frau vor ihm genauer. Ihre Augen mochten stahlgrau sein, wiesen in diesem Moment aber keine Kälte auf, so wie er erwartet hatte. Sie blickte ihn eher...geduldig an.

„Ich bin nicht taub“, erwiderte die Frau, seltsam gelassen.

Die beiden Männer stellten fest, dass ihre Stimme genauso leise war wie die von Dante. Sie war zwar viel melodischer, doch genauso leise und eindringlich.

Erneut richtete sich ihr Blick auf Dante. Die ganze Zeit über hatte sie seinen stechenden Blick bemerkt. Doch es ärgerte sie, dass sie seinen Blick nicht erwidern konnte. Zu gerne hätte sie gewusst wer sich unter dieser Kapuze verbarg. Gut möglich, dass es irgendein hässlicher und entstellter Ex-Knacki war, doch das wäre Rahel egal. Sie wollte ihrem Gegenüber einfach nur in die Augen sehen können. Sie hätte schon ausflippen können, wenn ihr Gesprächspartner nur eine Sonnenbrille trug. Doch davon ließ sie sich natürlich nichts anmerken.

Schon früh hatte sie gelernt, ihr wahres Gesicht zu verbergen. Aufgrund ihrer Mutter musste sie immer stark sein, allem voran für andere als wie für sich selbst. Irgendwie war ihr das in Fleisch und Blut übergegangen. Sie sorgte sich nicht um ihr eigenes Wohl, viel mehr um hilflose Hunde in der Gasse oder einem Betrunkenen in der Kneipe um die Ecke. Nichts desto Trotz blieb sie eine einfühlsame Frau, die sehr liebevoll sein konnte. Wenn sie denn wollte...

„Du...“, begann sie, doch der Kampfrichter unterbrach sie und zog sie in die Mitte des Rings zurück.

„Sieger des Kampfes: The beast!“, brüllte er, worauf lauter Jubel ausbrach.

Doch irgendwie konnte Rahel sich nicht über ihren Sieg freuen. Solch frauenhafte Tricks wie die eben interessierten heutzutage keinen mehr und erweckte auch nicht wirklich Eindruck. Gut, als Frau durfte sie solche Tritte anwenden, doch sie war alles andere als stolz darauf. Es wirkte eben einfach...hilflos. Und alles andere als stark. Nachdenklich blickte Rahel zurück zum Käfigrand, doch die beiden Männer waren verschwunden.

Nachdem Rahel geduscht und sich um ihre kleinen Wunden gekümmert hatte, trat sie nur in Unterwäsche vor den gesplitterten Spiegel, der in der Umkleide stand.

Frauen und Männer hatten sich diesen Raum zu teilen, doch das störte Rahel nicht. Die Typen hielten sich von ihr fern, warfen ihr dennoch neugierige Blicke zu. Ab und zu war auch ernsthaftes Interesse zu erkennen, doch das lag wohl eher an ihren Kurven.

In Gedanken versunken löste Rahel den Zopf, der ihre langen Haare zusammenhielt.

Sie betrachtete sich, wobei ihr ausschließlich die ganzen Narben auffielen, die sich über ihren Körper verteilten. Es waren alles kleine Verletzungen gewesen, die dennoch Spuren hinterlassen hatten.

Als die alte und verbeulte Stahltür in ihrem Rücken quietschend geöffent wurde, drehte sie sich halb um. Sie entdeckte Kattl, der noch immer in gebeugter Haltung in den Umkleideraum trottete.

„Entschuldige“, sagte sie leise und deutete auf seinen Schritt.Die Mundwinkel des Mannes zuckten, als er sich vorsichtig auf eine der Bänke niederließ.

„Ach was“, erwiderte er. „Ich bin selbst Schuld, wenn ich auf diesen alten Bewusstlosigkeits-Trick hereinfalle.“

Mit diesen Worten war ihr Gespräch beendet. Rahel wandte sich ihrer Alltagskleidung zu, die aus einem weißen Tanktop, einer schwarzen Hotpants und schweren, schwarzen Boots bestand. Zudem trug sie einige Nietengürtel, fingerlose Lederhandschuhe und silberne Ketten um Hals und Hüfte.

Nicht gerade unauffällig, doch sie wollte in der breiten Masse nicht untergehen.

Eilig zog Rahel sich an, dann schlug sie ihren Schrank, den man ihr zur Verfügung gestellt hatte, zu.

Den Umschlag mit dem Geld, den man ihr schon überreicht hatte, war schon sicher in ihren Boots verstaut. Ein Seufzen verließ ihren Mund. Sie mochte hiermit verdammt viel Geld verdienen, doch für sie selbst blieb nicht viel übrig. Sie konnte sich eine gute Wohnung leisten und kam auch locker über die Runden, doch das war es auch schon. Der Rest wurde von den Schulden verschluckt.

Nur wenige Minuten später ertönte draußen auf den Fluren aufgeregte Rufe.

„Was ist denn nun schon wieder los?“, murmelte Kattl, auf dem Weg in den Waschraum.

Rahel ließ das unkommentiert und verließ die Umkleide. Nach den Kämpfen gab es ständig irgendwelche Auseinandersetzungen, Rahel scherte sich schon gar nicht mehr darum. Dachte sie zumindest, bis sie zurück in die Lagerhalle kam.

Am Rande der Halle, im Schatten einer Ecke, hatte sich eine Menschentraube gebildet. In der Mitte des kleinen Kreises erkannte Rahel zwei bekannte Gestalten. Ein kleiner schlacksiger Blondschopf und ein großer, verhüllter Mann. Ganz klar, die zwei Neuen.

So wie es aussah, waren sie in Schwierigkeiten geraten. Sie wurden ziemlich übel beschimpft und offensichtlich drohte man ihnen auch. Klingen blitzten auf und brachten Rahel dazu, einzuschreiten.

In zielsicheren Schritten trat sie vor die beiden Fremden und stieß den Drahtzieher dieser Situation zurück.

„Wenn du dich prügeln willst, dann komm mit mir in den Käfig“, knurrte sie.

Ihre blitzenden Augen flößten auch dem taffen Kerl vor ihr Angst und Respekt ein. Er trat ein paar Schritte zurück und bedeutete seinen Kollegen dann, den Rücktritt anzutreten. Es dauerte nicht lange, da gehörte dieses Territorium wieder Rahel. Selbstbewusst drehte die Frau sich zu den Männern um.

„Ihr gehört hier wirklich nicht her“, fauchte sie leise.

Dante, der noch immer verhüllt war, trat einen Schritt auf sie zu.

„Und du glaubst, das beurteilen zu können?“

Seine raue Stimme ließ Rahel erschauern, doch sie ließ es sich nicht anmerken.

„Ich weiß, dass ich das kann“, erwiderte die Frau gereizt und stemmte die Hände in die Hüften.

„Jetzt hört mir mal zu, ihr beiden“, begann sie streng und so leise, dass nur die beiden es hören konnten. „Neuankömmlinge sind hier eh schon nicht gerne gesehen, da müsst ihr euch nicht auch noch so panne benehmen.“

Jays Augen verengten sich. Das die Frau sich hier so aufspielte, machte ihn echt wütend.

„Was soll das denn heißen?“, knurrte er und musterte Rahel abschätzig.

Deren Fauchen wurde lauter, als sie antwortete.

„Das diese Typen sich wie die Mücken auf euch gestürzt haben, war bei deiner zur Schau gestellten Neugier und deiner Maskerade kein Wunder.“

Sie zeigte erst auf Jay, dann auf Dante. Letzterer überlegte just in diesem Moment wirklich, ob er sich ihr nicht zeigen sollte. Wenn sie sah wer er war, würde sie nicht mehr so vorlaut sein. Doch das konnte auch nach hinten losgehen. Wenn ihn jemand anders erkannte, war er geliefert. Seine Hand zuckte, worauf auch Rahel aufmerksam geworden war. Die Frau seufzte leise und wandte sich ab.

„Du wirst deine Gründe haben, warum du dich verhüllst. Aber tu' dir selbst einen Gefallen und halte dich im Schatten.“

Rahel ging, ohne zurückzublicken.

Doch Dante konnte und wollte das nicht so auf sich sitzen lassen. Er machte ein paar große Schritte, hatte die Frau schnell eingeholt und bekam sie am Arm zu fassen.

Er riss sie herum, beugte sich herab und verharrte mit seinem Gesicht direkt vor ihrem. Rahel sah im Schatten seiner Kapuze grüne Augen aufblitzen. Sie erahnte seine maskulinen Gesichtszüge, doch das war es dann auch schon. Rahel war fassungslos. Schon ewig war ihr keiner mehr so nahe gekommen. Im Kampf natürlich ausgeschlossen. Klar hatte sie schon einige Beziehungen gehabt, doch auf Dauer waren die alle in die Brüche gegangen. Die Männer wollten einfach nicht akzeptieren, womit sie ihr Geld verdiente. Außerdem schreckte ihre Stärke viele ab, die meisten trauten sich gar nicht erst, sie anzusprechen. Dementsprechend überrascht war sie nun über Dantes Handlung.

Dieser stellte gerade erneut fest, wie hübsch die Frau eigentlich war.