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Sander hat über Weihnachten und Silvester ein Häuschen am Plöner See gebucht. Der Urlaub, den er mit seinem Partner Lothar zu verbringen gedenkt, verläuft jedoch anders als geplant. Dann ist da noch der Nachbar mit dem Hund, der auch auf den Namen Sander hört. Ein lustiger Zufall und merkwürdiger Typ. Außerdem scheint es im See ziemlich große Fische zu geben. Hat sich das Ungeheuer vom Loch Ness eine neue Bleibe gesucht?
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Seitenzahl: 105
Inhaltsverzeichnis
Fisch oder Fleisch?
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
Epilog - zwei Monate später
Fisch oder Fleisch?
Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Copyright Texte: Sissi Kaipurgay/Kaiserlos
Fotos: Stockfoto-Nummer: 1782116210 von ThomsonD, Depositphotos_46547789_L
Cover-Design: Lars Rogmann
Korrektur: Aschure, dankeschön!
Kontakt:http://www.bookrix.de/-sissisuchtkaiser/, https://www.sissikaipurgay.de/
Sissi Kaiserlos/Kaipurgay
c/o Karin Rogmann
Kohlmeisenstieg 19
22399 Hamburg
Sander hat über Weihnachten und Silvester ein Häuschen am Plöner See gebucht. Der Urlaub, den er mit seinem Partner Lothar zu verbringen gedenkt, verläuft jedoch anders als geplant. Dann ist da noch der Nachbar mit dem Hund, der auch auf den Namen Sander hört. Ein lustiger Zufall und merkwürdiger Typ. Außerdem scheint es im See ziemlich große Fische zu geben. Hat sich das Ungeheuer vom Loch Ness eine neue Bleibe gesucht?
Sander parkte seinen Wagen direkt vorm Grundstück. Durchs Seitenfenster betrachtete er das Haus, das halb durch eine Hecke verdeckt wurde. Es entsprach den Bildern im Internet, mit den grünen Fensterläden und strohgedecktem Dach. Auf ihn wirkte es ein bisschen wie ein verwunschenes Hexenhäuschen. Das lag wohl auch an der urigen Umgebung, einem Wäldchen, das einen märchenhaften Eindruck vermittelte.
Er stieg aus und betrat den Garten. Der Rasen war von Moos durchsetzt, bestimmt wegen der Bäume, die das Areal überschatteten. Hinter den Sträuchern auf der rechten Seite sah man das Ziegeldach des Nachbarhauses. Links gab es nur Bäume.
Wie vereinbart lag der Schlüssel unter dem Blumentopf neben der Tür. Kein einfallsreiches Versteck, aber was gab es in Ferienhäusern auch schon groß zu stehlen?
Drinnen roch es ein bisschen muffig. Wahrscheinlich war die Bude seit den letzten Schulferien nicht vermietet gewesen. In der Küche, gleich hinter der Eingangstür, öffnete er das Fenster. Die Einrichtung entsprach nicht dem neuesten Stand der Technik, war aber sauber und gepflegt. Desgleichen im Bad. Angesichts der dunkelgrünen Fliesen schmunzelte Sander. Bestimmt würde Lothar eine Schimpftirade auf die Mode der Achtziger loslassen.
Sein Partner lebte in einer Wohnung, die so mancher als Klinikum bezeichnen würde. Weiß, grau und dunkelgrau dominierten. Lothar weigerte sich, irgendwelchen kurzlebigen Trends nachzueifern und beharrte auf einen puristischen Stil. Behaglich war das nicht, aber Sander konnte damit leben, so lange alles andere stimmte. Außerdem wohnten sie eh nicht zusammen. Insofern gab es kein Krisenpotential bezüglich der Einrichtung.
Lothar musste heute noch arbeiten, daher war er schon mal allein losgefahren. Auch eine Sicherheitsmaßnahme, um den Zustand ihres Feriendomizils zu überprüfen. Im letzten Jahr hatten sie ein Appartement auf Sylt angemietet, in dem die Sauberkeit zu wünschen übrig ließ. Fast wäre Lothar sofort wieder abgereist. Mit Engelszungen hatte Sander seinen Liebsten überredet, einen Kaffee trinken zu gehen und in der Zeit den Schmutz beseitigt. Ehrlich gesagt fand er die Reaktion übertrieben. Ein bisschen Staub war doch kein Weltuntergang.
Neben der Küche gab’s im Erdgeschoss noch Wohnzimmer und Gäste-WC. Im 1. Stock befanden sich ein Bad mit Wanne und das Schlafzimmer. Die Räume waren ebenfalls einwandfrei. Nachdem er auch im Schlafzimmer ein Fenster geöffnet hatte, ging er zurück zum Auto, um sein Gepäck zu holen.
Es dauerte eine Weile alles zu verstauen, weil er einen Haufen Lebensmittel eingepackt hatte. Lothar lästerte stets, dass er Angst hätte zu verhungern. Sander war nur gern gut vorbereitet. Nichts hasste er mehr, als gleich nach der Ankunft nach dem nächsten Supermarkt zu suchen. Na gut, dank Internet war er darüber informiert, trotzdem ...
Bevor er zu einem Rundgang aufbrach, schloss er die Fenster und stellte die Heizkörper an. Hinterm Haus fand er einen Stapel Brennholz für den Kamin. Ein schmaler Weg führte zum rückwärtigen Ende des Grundstücks. Hinter der Pforte wurde aus dem Steinweg ein Trampelpfad und innerhalb des Waldstücks, hinter dem der See lag, ein Bohlenweg. Das Gelände wirkte sumpfig, woraus sich der Sinn dieser Maßnahme erschloss.
Der Steg mündete in einer Plattform, die von einem Geländer eingefasst war. Ein daran festgebundenes Ruderboot dümpelte auf dem Wasser. Beiderseitig Schilf bot einigermaßen Sichtschutz. Im Sommer war es also möglich, ungestört ein FKK-Sonnenbad zu nehmen.
Er schaute hinaus auf den See. Vor seiner Abfahrt hatte er sich das Gewässer via Satellit angeguckt. Unglaublich, wie groß es war. An einigen Stellen war es auch unheimlich tief.
Ein Geräusch lenkte seine Aufmerksamkeit nach links. In einiger Entfernung paddelte ein Hund in den Fluten.
„Sander!“, rief jemand, was ihn veranlasste, sich erstaunt umzuschauen.
„Sander! Komm sofort da raus!“, erklang erneut die Stimme, womit offenbar der Hund gemeint war, denn das Tier drehte um.
Er lehnte sich, so weit er es wagte, übers Geländer. Auf einer Plattform ähnlich der, auf der er sich befand, stand ein grauhaariger Mann. Zwischen ihnen gab es noch eine in dieser Art. Bestimmt die seines direkten Nachbarn.
Der Hund paddelte an dem Typen vorbei und verschwand damit aus seinem Sichtfeld. Auch der Mann tauchte in die Deckung des Schilfes. Lustig, dass der Hund den gleichen Namen wie er trug.
Gemächlich ging er den Weg, den er gekommen war, zurück und verließ das Grundstück auf der anderen Seite. Er wandte sich nach rechts - links lag die Straße - und schlenderte, beide Hände in den Hosentaschen vergraben, am Nachbarshaus vorbei. Im nächsten dürfte der Grauhaarige wohnen. Dichte, immergrüne Büsche behinderten die Sicht. Leider war das Gartentor ebenfalls zu hoch, um darüber zu spähen.
Das Gelände dahinter lag brach. Sander guckte nach links und rechts, ehe er durch hohe Grasbüschel stapfte, um nach einer Lücke in der Hecke zu suchen. Erst am hinteren Ende des Areals wurde er fündig. Dort waren die Büsche niedriger, so dass er - wenn er sich auf seine Zehenspitze stellte - hinüber sehen konnte.
Das Haus besaß ungefähr die Dimensionen wie sein Domizil, mit einem Anbau, der einen großen Teil des rückwärtigen Grundstücks einnahm. Letzterer bestand fast nur aus Fenstern. Die Konstruktion auf dem Dach schien ein Oberlicht zu sein. Handelte es sich um ein Atelier? Oder eine Werkstatt? Hund und Herrchen war weit und breit nicht zu entdecken.
Sander begab sich zurück zum Weg und setzte seine Wanderung fort, wobei er über den Grauhaarigen nachdachte. Für einen Künstler wäre die Umgebung perfekt: Ruhe und inspirierende Ausblicke über den See. Er besaß keine kreative Ader, nahm aber an, dass beides hilfreich war. Ihm wäre es auf Dauer zu einsam. Ständiges Alleinsein lag ihm nicht, weshalb er echt froh über seine Beziehung mit Lothar war.
Vor fünf Jahren - zu dem Zeitpunkt befand er sich in einer schweren Anfang-dreißig-Krise - hatten sie sich auf einer Party kennengelernt. Am selben Abend waren sie zusammen in der Kiste gelandet. Seitdem führten sie eine monogame Partnerschaft, allerdings mit getrennten Wohnungen. Das zu ändern, wäre ziemlich schwer. Niemals käme Lothar mit seinem Einrichtungsstil zurecht und umgekehrt wollte er nicht in einer Klinik leben. Sie müssten schon ein entsprechend großes Haus mieten oder kaufen, damit jeder seinen Bereich behielt.
Nach einer Weile, er war an diversen Ferienhäusern vorbeigegangen, kehrte er um. Als er das Anwesen von Sanders Herrchen passierte, vernahm er Hundegebell. Dieses Anzeichen von Leben in der Siedlung, die ansonsten wie tot dalag, zauberte ein Lächeln auf seine Lippen.
In seinem Domizil legte er alle benötigten Zutaten für den geplanten Grünkernauflauf auf die Arbeitsfläche in der Küche. Er aß entweder vegetarisch oder Geflügel. Das hatte sich im Laufe der Zeit so eingebürgert. Lediglich wenn er seine Eltern besuchte, - die beiden lebten seit Renteneintritt in Görlitz, dem Geburtsort seines Vaters - kam mal Fleisch auf den Tisch.
Normalerweise fuhr er über Weihnachten hin, doch in diesem Jahr hatten seine Eltern beschlossen, die Feiertage im Süden zu verbringen. Ende Januar, wenn sie von dem Urlaub auf den Kanaren zurück waren, wollten sie ihr Treffen nachholen.
Leise vor sich hin summend bereitete er den Grünkernschrot vor. Dieser musste zehn Minuten in Gemüsebrühe köcheln, danach eine Weile quellen. In der Wartezeit widmete er sich auf der Couch der Lektüre des Tagesblattes. Er las es in Papierform, weil er sich ans digitale Format nicht gewöhnen konnte. Es fehlte das Knistern beim Umblättern und überhaupt ... Internet war nicht für alles ein adäquater Ersatz. Beispielsweise konnte man darin keine Gemüseabfälle einwickeln, was mit einer Zeitung jedoch hervorragend klappte.
Nach einer halben Stunde war der Grünkernschrot genug gequollen. Er schälte Kartoffeln und schnitt sie in Scheiben. Während sie in etwas Salzwasser garten, fertigte er aus Zwiebeln, Knoblauch, Petersilie, saurer Sahne, zwei Eiern und Sangrita eine Sauce. Anschließend schichtete er Grünkern und Kartoffeln in eine Auflaufform, übergoss alles mit der Mixtur und verteilte zum Schluss geriebenen Gouda darauf.
Er schob die Form in den Backofen und schaute auf die Uhr. Halb vier. Es begann zu dämmern. Sander hasste diese Zeit, in der es derart früh dunkel wurde. Der Dezember ging noch einigermaßen, weil überall bunte Beleuchtung die Fenster erhellte. Januar und Februar waren jedoch einfach nur trostlos.
Am nächsten Morgen fuhr er nach dem Frühstück in die Plöner Ortsmitte, um frisches Gemüse und Geflügel zu besorgen. Das kleinstädtische Ambiente gefiel ihm sehr. Die Leute schienen mehr Zeit zu haben als Großstädter und es gab sogar das eine oder andere Schaufenster, das sein Interesse weckte. Sowas war in Hamburg ja inzwischen eine Rarität. Es gab auch einen kleinen Weihnachtsmarkt. Imbissstände verströmten den Geruch von Grillwürstchen und Glühwein. Mit Schnee wäre die kleine Zeltstadt rund um die Kirche bestimmt ziemlich romantisch gewesen.
Da Lothar bald eintreffen wollte, trödelte er nicht allzu lange rum. Zurück in seinem Domizil bereitete er einen Imbiss vor. Die Reste des Abendessens, dazu Tomatensalat und Knobibrot. Letzteres liebte Lothar über alles.
Pünktlich um eins, zur ankündigten Zeit, hielt ein silberner Audi vorm Grundstück. Vom Küchenfenster aus beobachtete Sander, wie Lothar aus dem Wagen kletterte und durch die Gartenpforte schritt. Wie immer sah sein Liebster wie aus dem Ei gepellt aus. Perfekt sitzende Jeans, dazu ein Rollkragenpulli und darüber ein Sakko. Manchmal fragte er sich, was der erfolgreiche Personalchef eines Logistikunternehmens an einem kleinen Licht wie ihm, Finanzbeamter mittlere Laufbahn, fand.
Er eilte zur Haustür und begrüßte Lothar mit einem Küsschen auf die Wange. „Ich hoffe, du hast Hunger mitgebracht.“
„Im Moment hab ich keinen. Was hältst du von einem Spaziergang?“
„Willst du dir nicht erst das Haus angucken?“
Lothar schüttelte den Kopf. Ein ungutes Gefühl ergriff von Sander Besitz. Gab es etwas Wichtiges zu besprechen? Gefiel Lothar die Gegend nicht? Hastig schlüpfte er in Schuhe und Jacke, wickelte sich einen Schal um den Hals und trat vors Haus. Lothar stand am Wagen und zog gerade einen Mantel über.
Sie schlugen den Weg ein, den er am Vortag entlanggewandert war. Lothar hatte beide Hände in den Manteltaschen vergraben und den Blick gesenkt. Das sah gar nicht gut aus.
Als sie an dem Haus von Sanders Herrchen vorbeikamen, fing hinter der Hecke der Hund zu bellen an. „Sander! Aus!“, ertönte die Stimme des Mannes.
Aus dem Augenwinkel sah er, dass Lothar stirnrunzelnd in die Richtung guckte, aus der das Organ erklang. Es erfolgte aber kein Kommentar. Noch ein schlechtes Zeichen. Normalerweise hätte Lothar einen dummen Spruch gemacht.
Schweigend gingen sie ein Weilchen nebeneinander her. Schließlich seufzte Lothar und ergriff das Wort: „Zwischen uns läuft es ein bisschen suboptimal.“
Also hatte er richtig vermutet, dass ein Krisengespräch bevorstand. „Was meinst du damit?“
„Wir sind doch nur noch aus Gewohnheit zusammen.“
Sander öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch er schloss ihn wieder, denn diese Feststellung enthielt mehr als ein Körnchen Wahrheit.