Käufliche Liebe Vol. 28 - Sissi Kaipurgay - E-Book

Käufliche Liebe Vol. 28 E-Book

Sissi Kaipurgay

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Beschreibung

Die Jungfrau Robin ist hoffnungslos romantisch. Er träumt davon, sein erstes Mal mit Mr. Right zu erleben. Als ihm seine Mutter zum Geburtstag, ohne sein Wissen, einen Callboy schenkt, der ihm seine Jungfräulichkeit nimmt, ist er entsetzt. Dabei ist Sebastian eigentlich sein Traumtyp. Sebastian steht auf nerdige Typen. Robin passt genau in dieses Schema. Leider will der von ihm nichts wissen. Das Riesenarschloch Moritz, genau wie Sebastian freiberuflich für die Escort-Agentur Begleiterscheinung tätig und dessen bester Freund, hat sich in einen Kunden verliebt. Warum sich sein Herz ausgerechnet für Austin, ein Riesenarschloch, entschieden hat, versteht er nicht. Er versucht, sich aus der Gefühlsverirrung zu befreien, doch Austin macht ihm einen Strich durch die Rechnung.

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Inhaltsverzeichnis

Die Jungfrau

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10. Das Riesenarschloch

11.

12.

13.

14.

15.

16.

Epilog – einige Wochen später

Käufliche Liebe Vol. 28

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

Texte: Sissi Kaipurgay/Kaiserlos

Korrekturen: Aschure, Dankeschön!

Fotos: Shutterstock 1798866655, Shutterstock_1129676318

CoverDesign: Lars Rogmann

Kontakt:

Sissi Kaiserlos/Kaipurgay

c/o Autorenservice Karin Rogmann

Kohlmeisenstieg 19

22399 Hamburg

Die Jungfrau

Robin ist hoffnungslos romantisch. Er träumt davon, sein erstes Mal mit Mr. Right zu erleben. Als ihm seine Mutter zum Geburtstag, ohne sein Wissen, einen Callboy schenkt, der ihm seine Jungfräulichkeit nimmt, ist er entsetzt. Dabei ist Sebastian eigentlich sein Traumtyp.

Sebastian steht auf nerdige Typen. Robin passt genau in dieses Schema. Leider will der von ihm nichts wissen.

1.

Kritisch betrachtete sich Robin im Garderobenspiegel. Seine Mutter hatte gesagt: Zieh das grüne Hemd an, Schatz. Die Farbe passt gut zu deinen Augen. Er fand, dass grün ihn blass wirken ließ. Auf der anderen Seite sah er in jeder Klamotte blass aus.

Normalerweise interessierte ihn das nicht die Bohne. Er zog stets irgendwas an. Meist die Sachen, die zuoberst lagen, wodurch er immer das Gleiche trug. Da seine Eltern ihn anlässlich seines Geburtstags zum Essen ausführten, gebot es die ihm anerzogene Höflichkeit, sich ausnahmsweise Mühe mit seinem Äußeren zu geben. Er hatte sich sogar rasiert. Eine Verbesserung, da sein Bartwuchs nicht nur lückenhaft, sondern auch farblich eine Katastrophe war. Es schien jede Schattierung, von rot bis schwarz, vertreten zu sein.

Nach einem letzten Blick in den Spiegel ging er in die Küche. Die Styling-Aktion hatte ihn durstig gemacht. Weil er dazu neigte, zu kleckern, begnügte er sich mit einem großen Glas Wasser, anstatt Cola zu trinken. Er war bekennend koffeinsüchtig. Immer stand auf seinem Schreibtisch ein Kaffeebecher, wovon auch die vielen braunen Ringe auf der Holzfläche zeugten.

Plötzlich fiel ihm ein, wie er das Problem, an dem er seit Tagen tüftelte, lösen konnte. Er griff nach einem Kuli, von denen überall welche rumlagen und benutzte die Rückseite eines Kassenbons, um die Formel zu notieren.

Seine Mutter bezeichnete ihn liebevoll als Bücherwurm. Sie konnte sich mit dem Wort Nerd nicht anfreunden, trotzdem es zutreffender war. Schließlich steckte er seine Nase nicht in Bücher, sondern saß ständig vorm Computer. Sie behauptete, es wäre das Gleiche, weil beides mit lesen zu tun hatte. In gewisser Weise traf das zu, nur war sein Tun interaktiv, während lesen ein passiver Vorgang war.

Der Vibrationsalarm seines Handys riss ihn aus seinen Gedanken. Vorsichtshalber, weil er dazu neigte, das reale Leben zu vergessen, hatte er das Gerät programmiert. Es war Zeit aufzubrechen.

An der Haustür durfte er gleich wieder umkehren, weil er seine Mütze vergessen hatte. Entsprechend musste er den Weg zum Bahnhof im Laufschritt zurücklegen, um den Zug zu erreichen.

Bei besonderen Anlässen, wozu sein Geburtstag zählte, reservierten seine Eltern stets in dem spanischen Restaurant, das zwei Straßen entfernt von ihrer Wohnung lag. Dem Wirt, Enrico, waren sie daher wohlbekannt. Entsprechend wurde Robin mit Glückwünschen und einer Umarmung begrüßt. Anschließend ließ er sich von seiner Mutter umarmen. Sein Vater begnügte sich mit einem Schulterklopfen und Lächeln.

Der Tisch war festlich mit Blumen geschmückt. An Robins Platz stand ein Küchlein mit einer Kerze darin. Same procedure as every year, dachte er, als er sich setzte. Und genau wie in all den Jahren davor war er Jungfrau. Nicht, dass ihn das großartig störte. Er fand, dass Sex zu viel Bedeutung beigemessen wurde. Zum Druckabbau reichte doch eine gesunde Hand. Davon besaß er sogar zwei, wobei es mit links schlechter als mit rechts klappte.

Neulich hatte seine Mutter ihn durch die Blume gefragt, wie es um sein Liebesleben stand. Hast du deinen erotischen Erfahrungshorizont erweitert?, lauteten ihre Worte.

Ihm war klar gewesen, dass sie damit nicht das Ansehen von Pornos meinte, dennoch hatte er geantwortet: „Ich hab gestern einen neuen Film runtergeladen. Jetzt weiß ich endlich, was Natursekt ist.“

Ihre Erwiderung bestand in einem Seufzer. Wenigstens war damit das Thema erledigt. Es gab kaum etwas Peinlicheres, als mit den Eltern über Sex zu reden. Okay, noch peinlicher war, sie dabei zu erwischen oder selbst ertappt zu werden. Letzteres hatte er ja klugerweise vermieden, indem er erst gar nicht welchen praktizierte.

Beim ersten Gang, ein Blätterteigröllchen mit undefinierbarer Füllung, erzählte seine Mutter Neuigkeiten aus der Nachbarschaft. Die alte Frau Weber aus dem 1. Stock hatte ein künstliches Hüftgelenk bekommen. Herr und Frau Meier, die im Erdgeschoss wohnten, wollten sich scheiden lassen und das nach dreißig Jahren Ehe. Nach Robins Meinung ein guter Grund. Jeder Mensch brauchte mal Abwechslung. Er konnte sich nicht vorstellen, überhaupt mit jemandem zusammen zu leben.

Beim zweiten Gang, ein gemischter, kleiner Salat, fragten seine Eltern ihn nach seinem Studium aus. Seine Mutter interessierte sich lediglich für die zwischenmenschlichen Aspekte. Beide verstanden nichts von Informatik. Insofern war dieses Thema nicht ergiebig.

Der Hauptgang, Paella mit extra viel Meeresfrüchten, sorgte eine Weile für Ruhe. Bevor ein neues Gespräch in Gang kommen konnte, erschien ein Typ, der Gitarre spielte und dazu sang.

Im Anschluss, als ihr Tisch abgeräumt worden war, tauchte Enrico mit einer Eisbombe, in der brennende Wunderkerzen steckten, auf. Das Licht wurde gedimmt. Der Wirt und die beiden Kellner sangen Happy Birthday, bevor Enrico das Dessert vor ihm platzierte.

Als zwölfjähriger hatte Robin das Prozedere toll gefunden. Nun, mit zweiundzwanzig, war es ihm, genau wie in den Jahren davor, peinlich.

„Hach!“ Seine Mutter strahlte. „Ist das nicht immer wieder wunderschön?“

Sein Vater, der genauso wenig begeistert wie er wirkte, tauschte mit ihm einen resignierten Blick und zuckte mit den Achseln. In der Ehe seiner Eltern hatte seine Mutter die Hosen an. Sie würden also das Ritual ertragen müssen, bis sie die Lust daran verlor.

Nachdem er, wie es von ihm erwartet wurde, die Eisbombe angeschnitten und drei Portionen auf die bereitstehenden Teller verteilt hatte, bestellten sie Espresso.

Gerade hatte er den ersten Bissen seines Desserts gegessen, da geriet ein attraktiver Mann in sein Sichtfeld. Der Typ steuerte auf seine Mutter zu und sagte: „Doris! Was für ein Zufall!“

„Sebastian! Das gibt’s ja nicht!“ Sie sprang auf, schüttelte dem Mann die Hand und wies erst auf seinen Vater, dann auf ihn. „Das ist mein Gatte Mark und das mein Sohn Robin. Wir feiern gerade seinen Geburtstag.“

Als ob das nicht offensichtlich wäre. Innerlich verdrehte er die Augen.

„Sebastian ist ein ehemaliger Arbeitskollege von mir“, erklärte seine Mutter und fügte, an Sebastian gewandt, hinzu: „Setz dich doch zu uns. Wir schaffen die Eisbombe nicht allein.“

Etwas Kaltes tropfte auf Robins Schoß, was ihm bewusst machte, dass er, den Löffel auf halbem Weg zum Mund, in der Bewegung erstarrt war und den Typen anglotzte. Rasch senkte er den Blick, legte seinen Löffel zurück und griff nach einer Serviette, um den Schaden zu beheben.

Während er an dem Fleck herum rubbelte, hörte er Sebastian erwidern: „Ich will euch nicht stören. Wollte nur kurz guten Tag sagen.“

„Papperlapapp! Keine Widerrede! Setz dich“, entgegnete seine Mutter.

Als er aufschaute, hatte Sebastian auf dem freien Stuhl neben ihm Platz genommen. Der Kellner brachte ihre Getränke. Seine Mutter orderte einen weiteren Espresso für den Neuankömmling und bat um einen zusätzlichen Teller, den der Ober sofort holte.

„Schatz? Schneidest du bitte für Sebastian ein Stück ab?“, richtete sie das Wort an ihn und wies mit dem Kinn auf die Eisbombe.

Drei Gänge hatte er ohne zu kleckern überstanden. Das machte er nun wett, indem er, als er sich ein Messer schnappte, seine Kaffeetasse anstieß. Sebastian griff zu und bewahrte sie davor, umzukippen. Beim Schneiden stellte er sich einigermaßen geschickt an. Leider kippte das Stück, als er es auf dem Teller platzierte. Er warf Sebastian einen entschuldigenden Blick zu, woraufhin der grinste und mit den Schultern zuckte.

„Robin ist heute zweiundzwanzig geworden“, erzählte seine Mutter. „Ich kann gar nicht glauben, dass mein Junge schon so groß ist. Es kommt mir wie gestern vor, dass ich seine Windeln gewechselt habe.“

Hitze stieg Robin in die Wangen. Er stocherte in seiner Eisportion herum und hoffte, dass sie nicht anfing, aus dem Nähkästchen zu plaudern.

„Inzwischen studiert er und wohnt auch nicht mehr bei uns“, redete sie weiter. „Dabei haben wir genug Platz. Sein Zimmer steht leer.“

Darin wäre aber nicht genug Platz für sein ganzes Equipment. Außerdem musste er unbedingt der elterlichen Fürsorge entkommen.

„Was studierst du denn?“, erkundigte sich Sebastian.

„Informatik“, murmelte er, wobei er weiterhin seinen Teller fixierte.

„Sind Sie in der gleichen Abteilung wie meine Frau?“, meldete sich sein Vater zu Wort.

„Sebastian war im Marketing“, erwiderte seine Mutter. „Leider hat er vor einiger Zeit den Arbeitgeber gewechselt.“

„Sehr vernünftig. In dem Irrenhaus würde ich es auch nicht lange aushalten“, sagte sein Vater.

„Als ob es in deiner Bank besser wäre“, konterte seine Mutter.

„Dann hast du also Ahnung von Computern“, sprach Sebastian erneut Robin an.

„Kann man so sagen.“ Vorsichtig spähte er hoch. Braune Augen betrachteten ihn aufmerksam. Sebastian trug die Haare im Nacken verknotet. Manbun nannte man das, glaubte Robin sich zu erinnern.

„Mein Notebook fährt nicht mehr hoch. Meinst du, du könntest dir das mal ansehen?“

Sofort war sein Interesse geweckt. „Hast du es hier?“

Sebastian schüttelte den Kopf. „Ich kann es dir morgen Abend vorbeibringen, wenn das für dich okay ist.“

„Welches Betriebssystem?“

„Ähm ... ich glaube Windows 10.“

„Robin kann dir bestimmt helfen. Mein Sohn ist ein kleines Genie. Neulich hat sich mein Mann ein Virus eingefangen. Ratz-fatz, hat Robin es vernichtet.“ Voller Stolz lächelte seine Mutter ihn an.

Trotz der schwachen Beleuchtung bemerkte Robin, dass sein Vater errötete. Das Virus stammte nämlich von einer Website, die sein alter Herr aufgrund der E-Mail von Veronica besucht hatte. Dort sollte es nackte Tatsachen zu sehen geben.

„Ich geb dir mal meine Adresse.“ Robin zückte einen Kuli und begann, auf eine Serviette zu kritzeln.

„Du solltest dir Visitenkarten anschaffen“, fand seine Mutter.

„Sowas brauche ich nicht“, brummelte er, schob Sebastian die Serviette rüber und steckte den Schreiber zurück in die Brusttasche seines Hemdes. Das war das einzig praktische an dem Teil: Die Tasche. Ansonsten bevorzugte er seine Sweatshirts.

„Passt es dir gegen sieben?“, fragte Sebastian.

Er nickte.

„Nun will ich echt nicht länger stören.“ Sebastian erhob sich. „Danke für das Dessert.“

„Ich hoffe, wir sehen uns bald mal wieder“, erwiderte seine Mutter mit einem charmanten Lächeln.

Als Sebastian wegging, kam Robin nicht umhin, den kernigen Hintern in der Anzughose zu bewundern. Vielleicht wurde Sex doch nicht überbewertet, wenn er mit einem Typen wie diesem stattfand. Für ihn war Sebastian ja leider unerreichbar. Jemand, der so toll aussah, gab sich niemals mit einem Nerd wie ihm ab.

2.

Obwohl wie ein Mantra durch seinen Kopf lief, dass Sebastian lediglich seine fachmännische Hilfe brauchte, begann Robin am nächsten Nachmittag um fünf damit, sich auf den Besuch vorzubereiten. Beim Duschen nahm er sich seiner wuchernden Schamhaare an. Die hatten ihn eh schon immer gestört, also war der Zeitpunkt gekommen, unten Kahlschlag zu machen. Das tat er nicht für Sebastian, sondern nur, um sich besser zu fühlen. Schließlich wollte er entspannt wirken.

Als Rothaariger war er auf mehrfache Weise von der Natur benachteiligt. Käsebleiche Haut, farblose Augen, die mal grün, mal grau aussahen. Sommersprossen, wohin man auch blickte. Auf seinem Kopf: Ein rotes Vogelnest. Da er Friseure mied, ein Trauma aus seiner Kindheit, weil seine Mutter ihn regelmäßig hingeschleppt und mit den schlimmsten Ergebnissen wieder nach Hause gebracht hatte, wuchsen sie einfach vor sich hin. Ab und zu ließ er eine Freundin ran, die das Ganze stutzte.

Einziger Pluspunkt: Dunkle, lange Wimpern. Wieso die Dinger fast schwarz waren? Keine Ahnung. Vermutlich, weil sein Bartwuchs auch verschiedene Farben aufwies. Na ja, Bartwuchs ... Krautsalat traf es eher.

Schöne Wimpern wogen den Rest nicht auf. Schwule Männer standen nicht auf Wimpern, sondern auf attraktive, gutgebaute Typen. Davon war er Äonen entfernt. Würde sich das Schönheitsideal irgendwann in Richtung Streichholz mit Brille ändern, wäre er das Non-plus-ultra. Bis dahin rangierte er unter Mitleidsfick, wovon er bisher Abstand genommen hatte. Wenn, dann sollte es Mr. Right sein. Nicht mehr, nicht weniger.

Ja, zugegeben, er träumte von dem Ritter, der auf einem weißen Ross dahergeritten kam und um ihn freite. Und ja: Dreißig Jahre Ehe gehörte auch zu seinen geheimen Träumen. Das gestand er sich selten ein. Es machte ihn bloß depressiv, da er als Single sein Dasein beenden würde. Als Single mit Jungfrauenstatus.

Beim Zähneputzen erwog er, statt seiner Brille Kontaktlinsen zu tragen. Ach, nein, das wäre zu auffällig. Sebastian hatte ihn ja schon damit gesehen. Außerdem mochte er die Linsen nicht. Seine Augen fingen stets zu jucken an, wenn er sie ein paar Stunden drin hatte.

Mit seinen Haaren hielt er sich nicht auf. Sie widersetzten sich eh jeglichem Stylingversuch.

Im Schlafzimmer stand er vor dem Kleiderschrank und dem nächsten Problem: Was sollte er anziehen? Natürlich durfte er nicht zu aufgebrezelt aussehen. Nun, für solchen Zweck hatte er eh nichts passendes parat. Das grüne Hemd vom Vortag schied aus, weil sich darauf ein Fleck befand. Vermutlich stammte er von der Eisbombe, genau wie der auf seiner Hose.

Erst um zehn vor sieben war er einigermaßen mit seinem Outfit zufrieden: Jeans, dazu ein weißes T-Shirt und eine schwarze Strickjacke. Wie letztere zwischen seine Sweatshirts geraten war, entzog sich seiner Kenntnis. Vielleicht hatte seine Mutter sie hinein geschmuggelt.

Er warf die Klamotten, die er bei seiner Aktion auf dem Bett verteilt hatte, zurück in den Kleiderschrank. In der Küche setzte er die Kaffeemaschine in Betrieb. Vorhin, auf dem Rückweg von der Uni, hatte er Kekse besorgt, die er seinem Gast anbieten wollte. Nun kam ihm das lächerlich vor; so, als ob er eine alte Dame zum Kaffeekränzchen erwartete. Dennoch drapierte er sie auf einen Teller, wobei einer über den Rand rutschte und auf den Boden fiel. Wie sollte es anders sein? Natürlich zerbrach der Keks. Krümel spritzten in alle Richtungen.

Kehrblech und Besen waren stets parat, da solche Unfälle zu Robins Alltag gehörten. Flink fegte er alles zusammen und entsorgte es in den Mülleimer. Just in dem Moment bimmelte die Türglocke. Vor Schreck zuckte er zusammen. Einen Augenblick stand er wie vom Donner gerührt da, dann stellte er sein Werkzeug beiseite und eilte, um den Öffner zu betätigen, in den Flur.

Sein Puls raste vor Aufregung. Er amtete tief durch, bevor er die Wohnungstür öffnete.

Schritte auf der Treppe. Sebastian tauchte in seinem Blickfeld auf. Diesmal trug er keinen Manbun, sondern die Haare offen, Jeans statt Stoffhose, darüber eine braune Lederjacke und ein Notebook unterm Arm. Sebastian war einer der attraktivsten Männer, die er je gesehen hatte. Robins Herzschlag legte erneut zu.

Sebastian blieb vor ihm stehen, ein charmantes Lächeln auf den Lippen. „Hi.“

„Hallo“, krächzte er, plötzlichen einen Frosch im Hals, und gab den Weg frei.

An der Garderobe streifte sich Sebastian die Sneakers von den Füßen und warte, bis er die Tür geschlossen hatte, um ihm das Notebook zu überreichen. „Hier ist der Patient.“

Robin räusperte sich. „Möchtest du einen Kaffee?“

„Gern.“

Er brachte das Notebook in die Küche, legte es auf den Tisch und nahm Becher aus einem der Oberschränke. Es gelang ihm, obwohl seine Finger zitterten, beide ohne zu kleckern zu füllen.

„Ich find’s total super, dass du mir hilfst“, meldete sich Sebastian, der – inzwischen ohne Jacke – im Türrahmen lehnte, zu Wort.

Robin zuckte betont lässig mit den Achseln. „Ist doch selbstverständlich. Schließlich bist du ein ehemaliger Kollege meiner Mutter.“

Ins Wohnzimmer wollte er Sebastian nicht lassen. Dort befand sich sein vollgemüllter Schreibtisch und die gesamte Computerperipherie. Außerdem würde sein Gast ja eh nur so lange bleiben, bis das Notebook-Problem gelöst war.

„Komm rein und setz dich“, bar er und stellte die Kaffeebecher auf den Küchentisch, der groß genug war, um zu zweit daran zu sitzen.

Nachdem er eine Tüte Milch aus dem Kühlschrank geholt hatte, nahm er gegenüber Sebastian Platz und klappte das Notebook auf. Als er auf den Startknopf drückte, passierte nichts.

„Es könnte sein, dass der Akku leer ist“, teilte Sebastian ihm mit.

Robin besorgte ein Netzkabel, verband es mit Steckdose und Computer und versuchte es erneut. Das Gerät sprang an. Mehr geschah allerdings nicht. Der Monitor blieb schwarz. Stirnrunzelnd kratzte er sich am Kinn. Das sah nach mehr Arbeit aus als gedacht. Er würde das Betriebssystem neu aufspielen müssen.

„Darf ich einen Keks haben?“, erkundigte sich Sebastian.

Einen Moment stand er auf dem Schlauch, dann fiel sein Blick auf den Teller neben der Kaffeemaschine. Er beeilte sich, das Gebäck auf den Tisch zu befördern. „Natürlich.“

Während er unterschiedliche Tastenkombinationen austestete, vernichtete Sebastian einige Kekse. Das nahm er lediglich am Rande wahr, denn seine Aufmerksamkeit war aufs Notebook gerichtet. Computer besaßen für ihn nicht nur hohe Anziehungskraft, sie lenkten ihn auch von sämtlichen Störfaktoren ab. Entsprechend hatte sich seine Pulsfrequenz ebenfalls normalisiert.

„Sorry, aber das bekomme ich auf die Schnelle nicht hin“, gestand er und schaute rüber zu Sebastian, der gerade einen Schluck Kaffee trank. „Kannst du das Notebook ein paar Tage entbehren?“

Sein Gegenüber grinste schief. „In dem Zustand nützt es mir wenig.“

„Wahrscheinlich schaffe ich es morgen oder übermorgen, mich näher damit zu befassen.“

„Ich lass dir meine Handynummer da. Ruf bitte an, wenn ich es wieder abholen kann.“

Robin zückte sein Smartphone. Kurz darauf befand er sich im Besitz von Sebastians Mobilnummer und steckte das Gerät wieder weg.

---ENDE DER LESEPROBE---