Sommersplitter Vol. 6 - Sissi Kaipurgay - E-Book

Sommersplitter Vol. 6 E-Book

Sissi Kaipurgay

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Beschreibung

Julian ist gar nicht erbaut über den Wechsel in der Führungsspitze seines Arbeitgebers. Der neue Chef hat krasse Vorstellungen, wie das Programm des Senders aussehen soll. Am liebsten berichtet Julian über Politikskandale oder andere negative Vorkommnisse. Eine Dokumentation über Leute, die auf den Kanaren in Höhlen leben, käme ihm nie in den Sinn. Leider findet sein Chef Gefallen an der Idee und schon sitzt er mit seinem Kollegen Karel im Flugzeug.

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Inhaltsverzeichnis

Sommersplitter Vol. 6 – Der Aussteiger

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

Epilog – zwei Jahre später

Sommersplitter Vol. 6

Der Aussteiger

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

Copyright Texte: Sissi Kaipurgay/Kaiserlos

Fotos: Cover shutterstock_ 2421688639, Depositphotos_2257956_l-2015

Cover-Design: Lars Rogmann

Korrektur: Aschure, dankeschön!

Kontakt: https://www.sissikaipurgay.de/

Sissi Kaiserlos/Kaipurgay

c/o Autorenservice Karin Rogmann

Kohlmeisenstieg 19

22399 Hamburg

Sommersplitter Vol. 6 – Der Aussteiger

Julian ist gar nicht erbaut über den Wechsel in der Führungsspitze seines Arbeitgebers. Der neue Chef hat krasse Vorstellungen, wie das Programm des Senders aussehen soll. Am liebsten berichtet Julian über Politikskandale oder andere negative Vorkommnisse. Eine Dokumentation über Leute, die auf den Kanaren in Höhlen leben, käme ihm nie in den Sinn. Leider findet sein Chef Gefallen an der Idee und schon sitzt er mit seinem Kollegen Karel im Flugzeug.

1.

„Die Kekse waren auch schon mal besser“, murrte Manfred und schnappte sich einen weiteren von einem der beiden Teller, die auf dem Tisch standen.

Nicht nur die Kekse waren vor der Machtübernahme – wie Julian es nannte – besser gewesen. Den Kaffeeautomat hatte man durch eine Filtermaschine, die Plörre produzierte, ersetzt und die Möglichkeit, im Homeoffice zu bleiben, streng limitiert. So gut wie jedes Sendeformat wurde von dem neuen Chef unter die Lupe genommen und die Verantwortlichen mit tausend Fragen bombardiert.

Julian hatte es besonders schwer getroffen. Er war zuständig für das Ressort Dokumentationen. Von dem alten Chef, Werner Brömmer, hatte er immer nur Lob erhalten. Seit Werner durch Dr. Korbinian von Welsenburg ersetzt worden war, stand er im Kreuzfeuer. Nichts konnte er dem Neuen recht machen. Sein letztes Projekt, Leben im Ghetto, hatte von Welsenburg kurzerhand in die Tonne befördert.

„Sowas will heutzutage niemand sehen. Wir brauchen positive Themen. Denken Sie sich etwas Entsprechendes aus“, lautete die Begründung.

Positiv ... dazu war ihm der Anstieg von HIV-Infektionen eingefallen. Von Welsenburg würde ihn in der Luft zerreißen, wenn er mit dem Thema: HIV-positiv aufkreuzte.

Endlich, mit zehn Minuten Verspätung, betrat der Chef den Konferenzraum und ließ sich am Kopfende des Tisches nieder. Wie immer hatte von Welsenburg ein Notebook dabei, das er aufklappte und auf der Tastatur rumtippte, bevor er in die Runde blickte.

„Es freut mich, dass Sie Zeit für mich erübrigen konnten“, ergriff der Chef das Wort. „Bitte halten Sie Ihre Antworten kurz. Wir wollen das Meeting ja nicht unnötig ausdehnen.“

Auch darin unterschied sich der Neue von Werner. Beim alten Chef waren Meetings eher ein geselliges Zusammensein gewesen. Man hatte viel gescherzt und so manche Stunde auf diese Weise zugebracht. Von Welsenburg hingegen wurde schnell ungeduldig und duldete keine witzigen Bemerkungen.

„Lieber Herrn Knott. Wie weit sind Sie mit ihrer neuen Sendung?“, wandte sich von Welsenburg an Florian, der das Pech hatte, direkt neben dem Chef zu sitzen und das Quiz-Ressort leitete.

Alle Kollegen bemühten sich, möglichst weit weg vom Chef einen Platz zu finden. Das führte dazu, dass einige bereits eine halbe Stunde vor dem Termin in den Raum schlichen. Bald würden sie morgens Zelte vor der Tür aufbauen, genau wie die Leute vor den Apple-Stores, wenn ein neues Produkt rauskam.

„Das Konzept steht. Nächste Woche ist die erste Probe geplant“, erwiderte Florian.

Von Welsenburg hackte etwas in die Tastatur und richtete das Wort an Monika, die den Seniorenbereich betreute.

Alles, was sie sagten, wurde protokolliert. Spätestens eine halbe Stunde nach dem Sitzungsende erhielt jeder Teilnehmer eine E-Mail mit dem Protokoll sowie eine stichpunktartige To-do-Liste.

Julian kam als Vorletzter dran. Hat sich die Verkehrssituation durch die in den letzten Jahren geschaffenen Radwege geändert?, war sein erster Themenvorschlag. Sein zweiter galt für eine Serie: Mit der Bahn kreuz und quer durch Europa. Leider war Irina für die Sparte Natur-Dokus zuständig, sonst hätte er vorgeschlagen, das Liebesleben der Rotkehlchen oder welches Tieres auch immer zu beleuchten. Er hatte den Posten Soziales/Politisches inne. Da gab es eben kaum Positives zu berichten.

Mit stoischer Miene hörte sich von Welsenburg seine Vorschläge an, tippte und richtete den Blick auf Irina. „Frau Kaulfeld?“

Seine Kollegin sagte irgendwas mit Bären und Wölfen. Er hörte nur mit halbem Ohr hin. Gedanklich war er bei der Planung seines Abendessens.

Stille trat ein. Julian riss sich von seinem Speiseplan los und beobachtete, wie von Welsenburg auf die Tastatur einhackte. Schließlich klappte der Chef das Notebook zu, erhob sich und lächelte in die Runde. Das megaweiße Gebiss erinnerte an einen Filmstar. Von Welsenburg wäre für die Rolle des Bösewichts geeignet. Erst lächeln, dann ein Messer in den Rücken rammen.

„Vielen Dank, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben. Bis zum nächsten Mal.“ Sprach’s, klemmte sich den Computer unter den Arm und eilte aus dem Raum.

„Puh!“, machte Irina neben ihm. „Mein Deo hat versagt.“

„Und ich hab kalte Füße“, brummelte Manfred auf seiner anderen Seite. „Ich überlege, ob ich zur Konkurrenz gehe.“

Als ob man dort sehnsüchtig auf ihn warten würde. Die Arbeitsplätze bei den Privatsendern waren genauso heiß begehrt wie bei den öffentlich-rechtlichen. Einen bei Letzteren zu ergattern, galt als Hauptgewinn. Sowas gab man nicht wieder auf. Rein kam man nur, wenn man Vitamin B besaß. In Julians Fall durch den Gatten einer Freundin seiner Mutter. Das Paar war kinderlos, sonst hätten der Mann garantiert den eigenen Nachwuchs protegiert.

In seinem Büro ließ er sich in den Schreibtischsessel fallen und drehte sich zum Fenster. Nach seinem Journalismus Studium hatte er hier und da gearbeitet, zuletzt bei einer großen Tageszeitung. Was dort passierte, hatte mit objektiver Berichterstattung nichts zu tun. Einzige Prämisse: Steigerung der Auflagezahlen, egal um welchen Preis.

Als er vor sechs Jahren beim Sender angefangen hatte, war er überglücklich gewesen. Das ruhige Fahrwasser hätte ihn in als Berufseinsteiger verrückt gemacht. Nach der Erfahrung im Affenzirkus war es hochwillkommen. Zudem wurde es gut bezahlt.

Er drehte sich zurück zum Schreibtisch, weckte den Monitor und tippte sein Passwort ein. Drei E-Mail waren eingetroffen. Zwei stammten von Kollegen. Irina hatte einen abgedroschenen Management-Witz geschickt. Florian fragte, ob sie am nächsten Tag zusammen essen gehen würden.

Die dritte hatte von Welsenburg geschickt: „Bitte kommen Sie morgen um halb neun in mein Büro. Ich möchte mit Ihnen über Ihr neues Projekt sprechen. Mit freundlichem Gruß.“

Welches der beiden Projekte meinte sein Chef? Sollte er nachhaken? Nein, lieber nicht. Wer dumm fragte, bekam dumme Antworten. Hoffentlich bevorzugte von Welsenburg die Fahrradwege. Die lösten ja nicht nur positive Reaktionen aus. Er könnte einige negative Meinungen als Gegenpol einflechten. Seine Nachbarin, die alte Frau Dill, wäre neulich fast von einem Radler, der den Radweg in der falschen Richtung benutzte, umgenietet worden. Verkehrsregeln schienen viele Fahrradfahrer nicht zu kennen oder sie als Kann-Vorgabe zu betrachten.

Noch viel lieber würde er über E-Scooter berichten. Dieses Verkehrsmittel hatte sich explosionsartig ausgebreitet. Alle naslang stolperte man über Roller, die kreuz und quer auf den Gehwegen standen. Mehr als einmal hatte er der Versuchung widerstanden, das Ding kurzerhand ins nächste Gebüsch zu werfen. Warum man diese Fahrzeuge bislang noch nicht auf die gleiche Stufe wie Mofas gestellt hatte, war ihm ein Rätsel. Das Ausbleiben von Restriktionen ließ vermuten, dass es mal wieder Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Politik gab. Im schlimmsten Fall gehörten die E-Scooter-Verleihe sogar irgendeinem Parteifuzzi. Wer sich in Deutschland über Korruption in anderen Staaten aufregte, sollte erstmal vor der eigenen Tür kehren. Hier war einiges im Argen.

Er guckte auf die Uhr. Noch zwanzig Minuten bis zum Feierabend. Nachdem er Florian eine Zusage geschickt hatte, begab er sich in die Teeküche. Dort fand sich immer, um die restliche Zeit rumzukriegen, jemand zum Plaudern.

Auf dem Heimweg besorgte er die Lebensmittel, die er für seine Abendessenpläne benötigte. Im Supermarkt bettelte ihn ein kleiner Junge, schätzungsweise zwischen acht und zwölf Jahren, um einen Euro an. Er gab dem Bengel einen Fünfer mit der Ermahnung, sich dafür nur gesundes Zeug zu kaufen. Freudestrahlend flitzte der Junge davon und zwar in die Gasse mit den Süßwaren.

Julian begab sich zur Kasse, wobei er amüsiert schmunzelte. Als Kind war er genauso drauf gewesen.

Sein Arbeitsplatz befand sich in Wandsbek, seine Wohnung im gleichen Stadtteil. Von Tür zu Tür brauchte er nur dreißig Minuten. Durch den Abstecher ins Einkaufscenter kam er aber erst um fünf nach Hause. Wie immer tauschte er als erstes sein Hemd gegen ein T-Shirt aus, bevor er die Lebensmittel wegräumte.

Genau wie sein Job, war die Wohnung ein Glücksgriff: zentral und trotzdem ruhig. Vom Balkon guckte man in eine gepflegte Grünanlage. Sie bestand aus zwei großen Zimmern mit Einbauküche und Vollbad und das Tüpfelchen auf dem I war die Tiefgarage. Parkplätze gab es in der Umgebung nämlich nur wenige.

Kochen war sein Hobby. Stets kaufte er frische Zutaten und züchtete in den Balkonkästen einige Kräuter. Entgegen dem allgemeinen Trend zur asiatischen Küche, bevorzugte er italienische und spanische Rezepte. Aktuell hatte er vor, Saltimbocca mit mediterranem Gemüse zuzubereiten.

Kurz nach sechs saß er auf dem Balkon und verspeiste sein Mahl. Das Kalbfleisch, das er beim Schlachter seines Vertrauens erworben hatte, war herrlich zart. Bei jedem Bissen schloss er genüsslich die Augen. Seinen letzten Freund hatte er abserviert, weil der Banause seine Mühen nicht zu würdigen wusste. Na gut, nicht nur deswegen. Gero war ihm auch auf den Zeiger gegangen. Von wegen Gegensätze zogen sich an. Intellektuell hatte Gero ihm nicht das Wasser reichen können, was sich auf Dauer nicht mit Sex kompensieren ließ.

Im Anschluss recherchierter er zu dem Thema Radwege. Sein Beruf war nun mal zugleich seine Passion. Oder nannte sich das nur penetrante Neugier? Na ja, die gehörte dazu, wenn man Erfolg haben wollte. Er konnte nur über Dinge schreiben oder berichten, die ihn interessierten.

Am nächsten Morgen klopfte er um Punkt halb neun an von Welsenburgs Tür. Auf das durchs Holz gedämpfte „Herein“ hin öffnete er sie. Sein Kollege Karel Sass, altgedienter Kameramann und Multitalent, saß bereits auf einem der beiden Besucherstühle. Er nahm auf dem anderen Platz.

„Einen wunderschönen guten Morgen.“ Von Welsenburg schenkte ihm ein Haifischlächeln. „Sie und Herr Sass fliegen am Montag auf die Kanaren.“

Mühsam unterdrückte Julian den Impuls, dem Chef einen Vogel zu zeigen. Werner hatte ihn nie einfach so irgendwohin geschickt ...

„Ihr Ziel ist La Gomera. Dort gibt es Höhlen, die regelmäßig von Hippies bewohnt werden. Sie werden einen Beitrag darüber produzieren“, fuhr von Welsenburg fort.

... geschweige denn, ihm irgendwelche Themen aufs Auge gedrückt.

„Hört sich super an“, brummelte Karel. „Wollte schon immer mal Höhlenforschung betreiben.“

„Eine Woche haben Sie für die Vorbereitungen, zwei weitere sind für das Sammeln von Material eingeplant. Wenden Sie sich wegen der Flugtickets und Hotelbuchungen an Cordula.“ Von Welsenburg lehnte sich zurück. „Natürlich stehe ich jederzeit für Rückfragen zur Verfügung.“

Cordula war die Assistentin des Chefs und genauso unglücklich über Werners Ausscheiden wie alle anderen Kollegen.

Julian fand seine Sprache, die es ihm verschlagen hatte, wieder. „Aber das ist doch nicht positiv.“

Sowohl Karel als auch von Welsenburg guckten ihn mit fragend hochgezogenen Augenbrauen an.

„Wir produzieren einen Beitrag über Obdachlose“, erklärte er. „Leute ohne Perspektive.“

„Aussteiger und Obdachlose sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Letztere leben nicht freiwillig auf der Straße“, erwiderte von Welsenburg.

„Und sie fliegen nicht auf die Kanaren“, sagte Karel, der Verräter.

Julian wurde den Verdacht nicht los, dass sein Kollege hinter der Sache steckte. Karel, eingefleischter Gomera-Fan, verbrachte jeden Urlaub auf der Insel.

Von Welsenburg warf einen unmissverständlichen Blick auf die garantiert schweineteure Armbanduhr, die er am Handgelenk trug.

Karel erhob sich und ging zur Tür. Julian folgte ihm.

Auf dem Flur funkelte er seinen Kollegen böse an. „Das ist doch auf deinem Mist gewachsen.“

„Kann sein, dass ich in der Gegenwart des Chefs irgendwas gesagt habe, was ihn auf diese Idee gebracht hat.“

Streit war kontraproduktiv, daher zügelte er seinen gerechten Zorn und steuerte auf die Teeküche zu.

Karel heftete sich an seine Fersen. „Sieh’s doch mal so: Es ist praktisch bezahlter Urlaub.“

„Und du weißt bestimmt auch schon, wo wir nach diesen Leuten suchen müssen“, gab er zurück.

„Klar“, entgegnete Karel. „Es ist allerdings fraglich, ob wir schnell jemanden finden, der bereit ist, sich filmen zu lassen und mit uns zu reden.“

Julian pumpte Kaffee-Plörre in einen Becher. „Was für eine Scheiße! Ich wollte Mittwoch mit ein paar Leuten zum Swift-Konzert.“

„Du bist ein Swiftie?“, staunte Karel.

„Du etwa nicht?“

„Nein, aber meine Frau. Verkaufst du mir deine Karte?“

Sie verhandelten über den Preis. Letztendlich war Karel bereit, den horrenden Schwarzmarktwert zu zahlen. Einigermaßen besänftigt wegen des guten Geschäftsabschlusses begab sich Julian in sein Büro.

2.

Montagmorgen um sechs stieg er mit Karel in einen Flieger. Bis zur Landung pennte sein Kollege. Julian beneidete Karel um die Gemütsruhe. Hoffentlich war er in dem Alter, mit Ende fünfzig, auch so gelassen drauf. Er war nicht mehr so aufbrausend wie in jungen Jahren, aber noch weit davon entfernt, sein Temperament im Griff zu haben.

Von Welsenburgs überhebliche Art brachte ihn zur Weißglut. Das ganze Wochenende hatte er sich über den Typen geärgert. Die Stimme, die in seinem Kopf flüsterte, dass er zu lange eine ruhige Kugel geschoben hatte, befeuerte den Zorn, zumal er ihr recht geben musste. Unter Werner war das Arbeitsleben ein ruhiger, vorhersehbarer Fluss gewesen. Sinkende Zuschauerzahlen hatten zwar manchmal zu Schelte aus der Führungsriege geführt, doch sonst keine Konsequenzen gehabt.

Um kurz nach elf landeten sie auf Teneriffa. Ein Taxi brachte sie nach Los Christianos, wo sie an Bord der Fähre gingen.

„Meine Holde wäre am liebsten mitgekommen“, berichtete Karel, der ekelhaft ausgeruht wirkte. „Nur das Konzert hat sie davon abgehalten, ein Ticket zu buchen.“

Karels Gattin war eine sympathische Frau. Die beiden hatten sich verdient.

„Nun hör auf, so griesgrämig zu gucken.“ Karel tätschelte seine Schulter. „Wir frühstücken die Aussteiger-Sache schnell ab und legen uns den Rest der Zeit an den Strand.“

„Kennst du das Hotel, in dem wir untergebracht sind?“

Karel nickte. „Aber nur von außen. Greta und ich mieten immer das gleiche Appartement.“

„Kriegt man davon nicht Monotonie?“

Karel lachte. „Ich mag Monotonie.“

In San Sebastian stand ein Mietwagen bereit. Ihr Gepäck, Karel war mit zwei riesigen Hartschalenkoffern unterwegs, passte nur knapp hinein. Entweder war Cordula gezwungen, das günstigste Fahrzeug buchen oder sie hatte sich einen Spaß erlaubt. Schließlich wusste sie, dass Karels technische Ausrüstung umfangreich war.

Julian setzte sich hinters Steuer. Ein Navi gab es nicht, aber er hatte ja Karel, der sich bestens auskannte.

Anfangs war die Steigung der Straße gemäßigt, dann folgten Serpentinen. Sie schraubten sich einen Berg hoch, wobei Julian Mühe hatte, sich von der grandiosen Aussicht nicht ablenken zu lassen. Er musste höllisch aufpassen, da oft Grünzeug den Blick auf die nächste Haarnadelkurve verstellte.

Die - laut Karel – Abkürzung führte sich durch ein Dorf, durch das sich nur ein schmaler Asphaltstreifen schlängelte. Das erforderte noch mehr Konzentration. Danach fuhren sie über eine Piste, die man bestenfalls als Feldweg bezeichnen konnte. Die Stoßdämpfer ächzten bei jedem Buckel.

Endlich, als Julian schon überlegte, das Steuer an Karel zu übergeben, erreichten sie wieder eine Straße. Dichte Vegetation säumte die Strecke. Die Büsche und Bäume wichen gedrungenen Häusern. Anschließend kamen sie an einem Stausee vorbei, bevor sich der Blick aufs Tal öffnete.

---ENDE DER LESEPROBE---