Franz Kafka - Bernd Oei - E-Book

Franz Kafka E-Book

Bernd Oei

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Beschreibung

Um Kafka zu verstehen, müsste man in seinem Kopf sitzen. So bleiben nur seine Tagebücher samt Träume, um seinen Gedanken zur zögerlichen Geburt zu verhelfen. Im Fokus stehen sein kompliziertes Verhältnis zu Frauen, zum Vater, zur Religion und zum Prager Kreis. Der Vergleich mit den von Kafka geschätzten Zeitgenossen Werfel, Walser und Weiß hilft bei der hermeneutischen Spurensuche. Studien zu Kierkegaard, Hoffmann und Nietzsche erhellen so manche Stelle. Deutsche und französische Philosophen (haben Kafka interpretiert und teils vereinnahmt, aber auch Wege zu seinem Gesetz aufgezeigt. Die literarischen Vorlieben Kafkas, u. a. zu Kleist, Hoffmann und Grillparzer, dienen zum besseren Verständnis, auch von Begriffen wie das Absurde. Die zusammengehörigen Romane und Erzählungen werden methodisch untersucht, exemplarisch auf Rollenmuster wie den Gehilfen und Tiermetaphern oder die Funktion von Räumen, Fenstern, Türen und jeweils kontextualisiert. In Prag zog Kafka acht mal um, ohne das Stadtviertel zu verlassen: auch dieses Detail verrät etwas von seinen Zwängen. Kafkas Wirken koinzidiert mit dem Umbruch auf dem taumelnden Kontinent, dem kollabierenden Habsburger Reich samt Prag und dem Weltkrieg, aber auch der Industrialisierung, von der Kafka persönlich betroffen wurde. Da das Attribut kafkaesk als Synonym für Camus Terminologie des Absurden Verwendung findet, wird es auf Leitmotive, die es abbildet überprüft. Der Umstand, dass Kafka acht mal im gleichen Viertel umzog und seine Geburtsstadt erst kurz vor seinem Tod verließ, sagt vieles über sein neurotisches Wesen aus. Die Interpretation auf Grundlage einer überarbeiteten, erweiterten und verbesserten Version von 2015 beschränkt sich auf die Spiegelung der Texte in Tagebüchern und Briefen, liefert Querverweise zu bereits erfolgten Studien wie die Martin Walsers oder Detlev Leisegangs. Kafka bildet auch Gegenstand in der Monografie zu Kleist, Nietzsche unter deutschen Literaten und Camus: Revolution und Revolte.

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Bernd Oei

Franz Kafka: Mein Leben ist Zögern vor der Geburt

Grenzgänger zwischen Philosophie und Poesie

Bernd Oei

Franz Kafka

Mein Leben ist Zögern vor der Geburt

Literaturwissenschaft

Impressum

Texte:             © 2021 Copyright by Bernd Helmert

Umschlag:      © 2021 Copyright by Belinda Helmert

Verantwortlich

für den Inhalt:      Bernd Oei

Malerstr. 63

28207 Bremen

[email protected]

Druck:      epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

Inhalt

Prolog      7

I. Biografie oder Leben am Abgrund      10

I. 1. Vor dem Ausbruch der Krankheit      10

I. 2. Die gelöste Verlobung      15

I. 3. Fieberträume oder die Agonie des Verstummens      19

I. 4. Das Vater - Sohn Verhältnis      21

I. 5. Die Frauen Kafkas      28

I. 6. Das literarische Umfeld (Prager Kreis)      35

I. 7. Die Rolle des Judentums      38

I. 8. Gleichnischarakter von Tieren      43

II. Tagebücher      46

II. 1. Selbstinterpretation      46

II. 1. 2. Schreiben als physischer Prozess und Reinigung      48

II. 3. Der Kampf um Gott mit Pascal      52

II. 4. Selbstgespräche      53

II. 5. Träume      58

II. 6. Verwandlung in Zeit-und Raum      60

III. Komparatistik mit Zeitgenossen      64

III. 1. Robert Walser, „Jakob von Gunten“      64

III. 2. Ernst Weiß, „Die Galeere“      69

III. 3. Franz Werfel, „Der Abituriententag“      72

IV. Komparatistik mit Vorläufern      76

IV. 1. Heinrich von Kleist      76

IV. 2. Sören Kierkegaard      83

V. 3. Friedrich Nietzsche      94

IV. 4. E. T. A. Hoffmann      101

V. Philosophische Stimmen      116

V. 1. Albert Camus      116

V. 2. Dieter Leisegang      118

V. 3. Walter Benjamin      122

V. 4. Theodor Adorno      126

V. 5. Hannah Arendt      131

V. 6. Martin Heidegger      134

V. 7. Jaques Derrida      138

V. 8. Jean Francois Lyotard      140

V. 9. Gilles Deleuze      142

V. 10. Michel Foucault      143

V. 11. Roland Barthes      144

V. 12. Georges Bataille      148

V. 13. Maurcie Blanchot      149

VI. Romane      153

VI. 1. Amerika      153

VI. 2. Der Prozess      169

VI. 3. Das Schloss      191

VII. Erzählungen      212

VII. 1. Das Urteil      212

VII. 2. Ein Landarzt      218

VII. 3. Die Verwandlung      225

VII. 4. In der Strafkolonie      236

VII. 5. Die Sängerin Josefine oder das Volk der Mäuse      245

Epilog      252

Literaturverzeichnis      255

Prolog

Ungeduld erschien ihm als größtes aller Laster und so erklärte er sein Zögern zu einer Tugend. Ihn verstehen zu wollen, hieße ihn vom Ende her denken zu können. „Was zuerst in Erinnerung kommt, wenn man darüber nachdenkt, was für Geschichten Kafka eigentlich erzählt, sind Geschichten vom Ende. Es ist der Untergang einer Welt, der da erzählt wird, das Verslöschen und Verschwinden des Menschlichen.“1

Über Kafka ein Buch zu schreiben, scheint vermessen oder trivial; denn alles über ihn erscheint bereits gesagt. Die Motivation, es dennoch zu wagen, erfolgte aus drei Gründen: erstens gehört er in die Reihe der „Grenzgänger“ – sowohl aufgrund der selbstzerstörerischen Leidenschaft für das Schreiben und der Unmöglichkeit, einer bestimmten Epoche oder Weltanschauung zuzuordnen, als auch aufgrund seiner Vorliebe zu anderen Grenzgängern Kierkegaard, Nietzsche, Kleist, Dostojewski und Flaubert. Zweitens wird in folgender Monografie das Leben nicht als bestimmendes, sondern ergänzendes Erklärungsmodell herangezogen. Drittens spiegelt das Buch Kafka philosophische Reflexionen und philosophische Kommentare über den Autoren. Dabei tritt das Zusammenspiel von Form und Inhalt hervor.

Vieles von ihm blieb Bruchstück und als Fragment erscheint nicht nur sein Leben, sondern die durch den Weltkrieg auseinanderfallende Epoche. Da Kafka keine für ihn tauglichen Vorbilder findet, schafft er sich auf künstlerische Weise eine eigene Sprache und damit Identität; er erfindet sich selbst. Reale Welt des Lebens und ideale Welt des Schreibens interagieren in Kafkas Fall wie Traum und Erwachen.

Um die Jahrhundertwende bietet Prag ein einzigartiges Kaleidoskop diverser Ethnien und poetischen Nährboden. Zum Prager Kreis gehören so unvereinbare Poeten wie Rilke, Werfel, Winder, Meyerink, Kisch, Weiß. Brod und Janowitz. Symptomatisch für sein unstetes Wesen ist, dass es Kafka meist nur zu Kuraufenthalten verlässt und dabei neunmal innerhalb meist desselben Stadtviertels seine Wohnung wechselt.

Bezeichnend erscheint auch der Tod Kafkas: erstens aufgrund seiner Krankheit in Unfähigkeit, sich zu artikulieren, zweitens außerhalb Prags. Kurt Krolop hält fest, dass er nach eignen Erfahrungen bei Kriegsende als Deutscher in der Tschechoslowakei seiner Ausweisung, hätte man ihn gefragt, sofort zugestimmt hätte, weil ihm eine eigene Identität, ein halbwegs eigenständiges, selbstbestimmtes Leben nicht mehr möglich schien.2

Erst mit 30 Jahren bekennt er sich zu seinem künstlerischen Schaffen, dennoch bleibt Kafka übermäßig von Familie und seinen von Bindungsängsten geprägten Beziehungen zu Frauen geprägt. Der Wunsch nach einer Verwandlung und der Zwang, zu beobachten oder die eigene Handlungsweise zu rechtfertigen, stehen auch literarisch im Vordergrund.

Das erste Kapitel beleuchtet perspektivisch das enigmatische Werk, teilweise aus analytischer Außenperspektive und partiell aus poetischer Introspektion. Die an seinen Tagebüchern orientierten Abschnitte zollen Kafkas Umfeld und seiner von Angst und Zögern geprägten Empfindungen Tribut.

Im zweiten Teil der Studie rückt der Einfluss der von Kafka rezipierten Autoren in den Fokus. Dies stiftet Vergleichsmöglichkeiten zur zeitgenössischen Literatur und vier, von Kafka selbst hervorgehobenen, Einflussquellen und Lesegewohnhei-ten. Wer Kafkas Schriften wenig kennt, wird sich vielleicht verloren fühlen oder aber Anreiz finden, sie (neu) kennenzulernen. Um es mit Susan Sontag zu formulieren: Kafka erzeugt eine „Sackgasse des Glücks.“ Sich selbst finden heißt auch immer gegen sich denken zu lernen. Schreiben wohnt die Doppelexistenz des Konstruierens und Destruierens inne.

Die anschließende Komparatistik mit Walser, Weiß und Werfel dokumentiert, dass Entfremdung, Identitätskrise und Gewalt die Epoche prägende Leitmotive für die Kunst sind, aber auch, welche disparaten Formen der Kritik, Ablösung aus den Ruinen des Denkens und Erneuerung – von Robert Musil als „das tausendjährige Reich“ bezeichnet des dafür vorliegen.

Wie alle „Grenzgänger“ beschäftigt sich auch Kafka mit Philosophie als existenzielle Fragekunst und wird gleichsam von Philosophen als Beispiel für eine literarische Form der Daseins-bewältigung angeführt. Diesen Umstand trägt der vierte Ab-schnitt Rechnung, der die poetischen Wurzeln Kafkas zum Gegenstand hat. Dabei kommt der von Kleist thematisierten Ver-störung und Geschlechterkampf eine bedeutsame Rolle zu. Kierkegaards Entweder Oder - Haltung steht am Beginn einer sich von systemischem Denken ablösenden und die Spannung zwischen Ästhetik, Ethik und Religion zum Mittelpunkt des individuellen Daseinsentwurfes erhebenden Denkart. Nietzsche als Meister der Metabole, der Paradoxie und der ewigen Wiederkehr des Zweifels liefert Nährboden für Kafkas Parabeln.

Im fünften Abschnitt gewähren Stimmen von Philosophen eine Synopsis über die Vieldeutigkeit Kafkas in Abhängigkeit einer gewählten Leseperspektive und Methodik. So vergleicht der Strukturalist Roland Barthes Kafka mit Flaubert, einem seiner Vorbilder aufgrund ihrer Relation von Ordnung und Chaos und den von ihnen betriebenen physischen Aufwand des Schreibens: „Für den, der sich bemüht, seinem Inneren Ausdruck zu verschaffen, ist Kunst nicht etwas Geisteswissenschaftliches, sondern etwas Körperliches wie der Fingerabdruck.“3

Das Kapitel sechs untersucht die drei Romane Kafkas et, um neben einer Sprachanalyse gesondert die Aspekte Erotik, Religion, Sozialkritik, Psychologie und Philosophie zu eruieren und eine textnahe Exegetik vorzunehmen.

Das siebte Kapitel verfährt nach gleichem hermeneutischem Muster mit fünf ausgewählten Erzählungen mit repräsentativen Charakter unter mindestens vier Perspektiven.

Es wäre ein weiterer Mythos zu behaupten, Kafka als nicht wahrgenommenes Genie zu stilisieren. Er wurde bereits zu Lebzeiten veröffentlicht und übersetzt, erhielt einen kleinen Literaturpreis, Einladungen zu Lesungen und besaß als in Prag einen Kreis Bewunderer. So notiert der gleichfalls in Prag aufgewachsene Rainer Maria Rilke: „Ich habe nie eine Zeile von diesem Autor gelesen, die nicht auf das eigentümlichste mich angehend oder erstaunend gewesen wäre.“4

Einige wie Tucholsky erkennen früh seinen Genius, dennoch steht er im Schatten anderer, deren Namen heute häufig vergessen sind. Kafka ist im nietzscheanischen Wortsinn ein „Unzeitgemäßer“. Sein Begriff „Pathos der Distanz“ trifft dessen Einsamkeit und Fremdheit in der Welt. Im Zeitalter unmittelbar von und nach dem Ersten Weltkrieg erweisen sich Menschen zunehmend unfähig und unwillig, sich auf intime Beziehungen einzulassen. Nietzsche nennt es die höchste Aufgabe der Kunst, den Menschen von seiner Scham zu erlösen, und dies trifft in besonderem Maße auf Kafka zu. Leben und Werk sind vielleicht nicht trennbar, doch das eine monokausal auf das andere zurückzuführen oder zu deuten, wird der Kunst nicht gerecht. Den Abschluss bildet der Epilog mit dem Erkenntniswert Kafkas, der selbst nicht erkannt sein wollte

I. Biografie oder Leben am Abgrund

I. 1. Vor dem Ausbruch der Krankheit

Er ist allein. Vielleicht gewollt, denn nur so kann er schreiben. Er lebt nur für seine Idee. Die Technik ist im Grunde das Sittliche der Poesie - nicht weit vom Neutrum entfernt. Er hat die Geliebte gehen lassen. Die Dialektik des Imaginären zwingt ihn dazu. Im Zustand des Glückes lässt sich nicht schreiben und im Begehren nicht mehr der Text bewältigen. Nein, das Schreiben duldet keine Rivalin, es muss das einzige Brennen unter der Haut bleiben! „Mein Roman ist der Felsen, an dem ich hänge, und ich weiß nichts von dem, was in der Welt vorgeht.“5

Der Traum geht singend in das Tägliche über, ein Lied haust im nächtlichen Fieberwahn, doch lässt der Lärm der Straßen die Melodie verstummen und es sterben die Klänge in stündlichem Rauschen. Er fühlt unsagbare Angst vor dem Schreiben und fürchtet die Nacht, den Schlaf, den Kontrollverlust; die Angst vor dem Kontrollverlust zehrt seine Seele auf. Seine Existenz wiegt nicht mehr als der leichte Stoß Papier, den schreibt. Wenn der Vater kommt, wird er seine Worte vom Tisch nehmen wie das schwere Buch, das der Vater so achtlos bei Seite legt. Ich habe jetzt und hatte schon heute Nachmittag ein großes Verlangen meinen ganzen bangen Zustand ganz aus mir heraus zu schreiben und ebenso wie er aus der Tiefe kommt in die Tiefe des Papiers hinein.

Franz schreibt diese Worte mit seinem Blute, dass sich der Ausdruck in den Leib einschleicht, in den Atem einweicht. Er wird das Leben bald tragen wie einen unendlichen feuchten Raum, dessen Schalen vielleicht auf der Haut trocknen. Nein, es ist nicht sinnlos zu schrieben, wie der geschäftige Vater meint, denn wir brauchen Bücher, die auf uns wirken wie ein Unglück. Ein Unglück, das so schmerzt wie der Tod jener, die wir einst liebten. Ja, Poesie muss wie eine Axt sein für das ganze gefrorene Meer in uns, um die Eisstücke zu zerhauen. Die Schollen werden uns tragen müssen zu neuen Ufern. Schreiben ist wichtig, doch wenn ich etwas sage verliert es sofort seine Wichtigkeit, erst aber durch das Schreiben vermag es auch eine neue Bedeutung gewinnen.

Franz weiß nicht, ob er noch träumt oder schon schläft, das Licht erreicht zögerlich seine zuckende Pupille, es ist immer ein wenig Lärm und Geruch um ihn herum, so viele leben in dem engen Haus, und der Vater scheint nie wirklich zu ruhen. Sein langer Schatten schmeckt nach dem Ginster auf dem Fenster-brett, es ist als könnte er dem Verlöschen des Körpers zusehen. Die Welt hörte auf, wenn sein Ich nicht mehr existierte, freilich nicht stofflich, doch als Erlebnis bliebe die Farbe ohne das sie betrachtende Auge unsichtbar.

Tagsüber hat er im Büro Aktenberge gesichtet, brennende Kopfschmerzen, weil er nicht durchschlafen kann, Ich und Es sind im permanenten Tanz und Tausch miteinander. Im Leben macht Franz Kompromisse, im Schreiben nicht. Die Welt ist ohnehin reich an Unvollkommenem. Tatsächlich, in Liebe und Lust liegt ein entsetzliches Geheimnis und so entstehen innere Räume, aus denen wir sprechen; gläserne Träume werden zu Stahl. „Unsere ganze Gesellschaft ist aufgebaut auf dem Ich und das ist ihr Fluch – doch aus Begeisterung und Liebe fließt alles Schöne.“6

Was könnte schöner sein als das Lächeln einer Frau, für die Einbildungen das tägliche Brot ist. Die Frauen haben ein Talent. dafür, sich mit verschiedenen Tugenden zu putzen und diese fremd zu führen. Doch diejenigen, die wirklich Schiffbruch in der Liebe erleiden, sind nicht unglücklich zu nennen, es sind immer die Unentschlossenen und Halb-Verzagten, die besonders leiden. Auch Felice ist rätselhaft und oft gewinnt sie durch ihren Makel an seltener Schönheit wie ihr Nacken, den er sanft küssen möchte. Für Frau und Kind nützlich zu sein und sich zu opfern, darin liegt das bürgerlich verordnete Glück. Doch welch Privileg haben die anderen, die einen Anfang zu machen wissen - er weiß, es bedürfte der Entschlossenheit dazu. Die meisten in seiner Zeit haben keine Überzeugungen, bloß noch Meinungen, die sie wie die Kleider wechseln, bevor sie abgetragen sind. Was, wenn er seiner verbrauchten Bekleidung enthoben, neu zu atmen lernte in aufrechtem Gang? Unbeschreibliches Staunen liegt in seinem Schweigen geborgen, jenem Bauch des Seins, der den Blick hat für den silbernen Schatten gleich jener Schneeflocke, die im schrägen Winkel niederfällt und die Haut kühl benetzt.

Es ekelt ihn vor dieser Welt aus Mängeln, den Menschen, die wie Wetter-fahnen sind und den nächtlichen Stürmen im Wasserglas. Für Franz existieren keine eindeutigen Wahrheiten, die Lüge ist wahrhaftiger. Was es gibt, sind Gesetze, denen er sich niemals ganz zu nähern wagt, weil dies der völligen Unterwerfung gleichkäme. Er sieht sich einem Labyrinth, das ihn den Ausgang verbietet. Der liebe Gott als letzter Ausweg musste sterben, weil es überfällig war, dass die Tradition verbrannte. Es braut sich ein Krieg zusammen, in dem alles zu Boden sinken wird wie eine überreife faulende Frucht. Niemals packt uns das Mitleid so heftig wie beim Anblick der Schönheit, die vom verderblichen Atem der Unzucht berührt ist. Die Schönheit verträgt nur Tugend und Reinheit und deshalb muss er für sich bleiben gleich einer Monade, die sich selbst zur Geburt bringt.

Der fast Dreißigjährige hat das Grübeln erfunden, es ist mit ihm geboren oder hat auf den Säugling gewartet. Sein Leben sorgt dafür, sich mit verschiedenen Tugenden zu putzen und diese fremd zu führen. Doch diejenigen, die wirklich Schiffbruch in der Liebe erleiden, sind nicht unglücklich zu nennen, es sind immer die Unentschlossenen und Halb-Verzagten, die besonders leiden. Auch Felice ist rätselhaft und oft gewinnt sie durch ihren Makel an seltener Schönheit wie ihr Nacken, den er sanft küssen möchte. Für Frau und Kind nützlich zu sein und sich zu opfern, darin liegt das bürgerlich verordnete Glück. Doch welch Privileg derjenigen, die einen Anfang zu machen wissen, es bedürfte der Entschlossenheit dazu. Die meisten seiner Zeit haben keine Überzeugungen, bloß noch Meinungen, die sie wie die Kleider wechseln, bevor sie abgetragen sind. Was, wenn er seiner verbrauchten Bekleidung enthoben, neu zu atmen lernte in aufrechtem Gang? Unbeschreibliches Staunen liegt in seinem Schweigen geborgen, jenem Bauch des Seins, der den Blick hat für den silbernen Schatten gleich jener Schneeflocke, die im schrägen Winkel niederfällt und die Haut kühl benetzt.

Es ekelt ihn vor dieser Welt aus Mängeln, den Menschen, die wie Wetter-fahnen sind und den nächtlichen Stürmen im Wasserglas. Für Franz existieren keine eindeutigen Wahrheiten, die Lüge ist wahrhaftiger. Was es gibt, sind Gesetze, denen er sich niemals ganz zu nähern wagt, weil dies der völligen Unterwerfung gleichkäme. Er sieht sich einem Labyrinth, das ihn den Ausgang verbietet. Der liebe Gott als letzter Ausweg musste sterben, weil es überfällig war, dass die Tradition verbrannte. Es braut sich ein Krieg zusammen, in dem alles zu Boden sinken wird wie eine überreife faulende Frucht. Niemals packt uns das Mitleid so heftig wie beim Anblick der Schönheit, die vom verderblichen Atem der Unzucht berührt ist. Die Schönheit verträgt nur Tugend und Reinheit und deshalb muss er für sich bleiben gleich einer Monade, die sich selbst zur Geburt bringt.

Der fast Dreißigjährige hat das Grübeln erfunden, es ist mit ihm geboren oder hat auf den Säugling gewartet. Sein Leben gleicht der „Beschreibung eines Kampfes“ und die einzige Rettung, die Ehe, ist doch zugleich sein Tod. Nun hat er Felice kennen gelernt und schwankt wie das Schiff auf hoher See in seinem Traum. Amerika. Vielleicht ist sie die Richtige, vielleicht sollte er den Schritt mit ihr aus der Enge des Hauses, der väterlichen Umklammerung wagen und weit fort ziehen. In diesem August haben sie sich in der Wohnung des Freundes Max kennen gelernt. Er kann ihren Augen nicht mehr ausweichen, wie er es früher bei den anderen Frauen getan hat. Seine wachsenden Verlangen nach ihr erscheint ihm wie Gogols Nase, die ihrem Herren entlaufen ist und diesem zuruft: Sie irren, mein Herr, ich existiere an sich.

Beziehungen zwischen ihr und ihm, eine Unmöglichkeit. Be-ziehungen generell. Er wird sie ins Unglück stürzen, ihre Erwartungen enttäuschen und sie wird ihn von der eigentlichen Arbeit abhalten. Vielleicht aber wächst er, weil er es muss, hinaus aus der Enge seines Büros und des nächtlichen Zimmers, vielleicht ist das Verlieben und Verloben nicht alles ein hoffnungsloser Fall. Wenn er nur gesund bliebe und sich ein wenig erholte! Ein Urlaubsgesuch ist gestellt, Urlaub steht ihm zu, das Gesetz schreibt dies vor. Ein anderer Ausweg: der Krieg. Er hört die blutigen Arme an die Tür pochen, das Land fliegt dem Schlachtfeld sehnsuchtsvoll entgegen, wofür hätten die Gardisten sonst Jahrzehnte im Dreck gelegen und vor Prag Manöver einstudiert?

Hüte dich vor Leidenschaften, so hat es ihm der Vater gesagt. Auch scheint seine Ehe ihm aufgetragen zu sein, der Mutter aufgezwungen so-gar. Es gibt nichts Schrecklicheres als die Ehe, diesen Kampf zweier Körper um eine Seele, höhnisch lacht der Vater, als er sich mit einer Silbe verrät. Er solle sich doch zu den Bordellen begeben, wenn er das Fleisch reden höre.

Wie schamvoll ist da sein Blick zu Boden gesunken. Erdulden muss er des Vaters laute Stimme und sein verzagtes Zittern über das lächerliche Reinheitsbehagen. Er fühlt sich schmutzig und wäscht die Hände, als hätten sich die wühlenden Finger verräterisch in Felices Fleisch geschlagen. Nächtlich träumt er von fallenden Messern, Fleisch in Stücke schneidenden Apparaturen, so gierig ist er, dass er morgens stets hungrig erwacht.

Morgendlich steht ein Becher Milch auf dem Nachttisch für ihn bereit, dann hustet er Schleim aus seiner Lunge ab, die Räume ungeheizt und kalt, gar nicht gut für die bereits stechende Brust. An ihnen hängt wohl ein besonderes Gewicht der Weltuhr, deren Zeiger die Verbindung von Eltern und Kind sind. Das Gleichgewicht darf nicht zerstört werden, es sind heilig blutige Bande.

Manchmal vernimmt er eine Stimme des Widerstands, der Mensch sei nicht zum Nutzen der Gesellschaft oder der Familie wegen, sondern nur um seiner selbst willen auf der Erde. Franz, wer bist du, hat sie ihn gefragt und zärtliche Briefe geschrieben, die ihn in seiner Einsamkeit aufspüren. Es ist doch möglich, über Gefühle adäquat zu schreiben und so zu seinem tiefsten Ich zu finden. Der Chandosbrief7 irrt. Meine Sprache ist nicht verloren, sie umkreist nur die Mitte dessen, was sie zu sagen sucht. Er hat sich dieser Aufgabe angenommen, denkt sich das Innen und das Außen eine gemeinsame Kraft verbunden wie Lebens- und Todestrieb. Er will zu Felice und damit das Ende seiner bisherigen Existenz. Mein Leben ist das unendliche Zögern vor der Geburt; Vielleicht bedeutet Existieren nur Akzeptanz des Unverständlichen. Jede Stunde heimlich dem Schicksal gestohlen. „Wir können uns in die Überwelt des noch Ungeborenen hinein tragen, wenn wir die konkrete Welt überwinden. Aber zentnerschwer hängt der sichtbare Himmel über uns und lässt unseren Kopf nicht durch die materiellen Wolken hindurch.“8

Seltsam fallen die Tage dahin in bleierner Schwere vollendeter Monotonie. Selten erreicht seine Gangart ein scharfes Allegro, nun gehen Sie schon, ruft Franz dem Kafka zu, verbunden mit einer müd gewordenen Telefonschnur, gestern hätten ihm ihre verhaltene Antwort nutzen mögen und mehr noch die ungestellte Frage, doch heute denkt er nur noch an das Amt, den unaufgeräumten Bürotisch, das Leben hinter den Zahlen verschwindend, noch nicht in ihnen aufgehend und den lamentierenden Vater, der den Nachteil nicht ganz schließender Wände der schlecht beheizten Wohnung beklagt. Für einen Ausweg ist es längst zu spät, also wird er sich weiter gedulden müssen.

Am Ende geht es doch nur um eines: „in gesteigerter Erlösung vergessen - sein wie all ihre Brüder.“9 Der Künstler muss blind sein für alles, was ihn umgibt, um sehend zu werden für das Besondere, das in allem ist. Wie mit einem Sprunge muss er im Inneren atmen hören und flüstern die Gänge, die Wände und selbst noch das letzte Ohr. Diesen unerträglichen Geräuschen muss er standhalten, auch die vergitterten Fenster muss er als seine Freiheit begreifen lernen. „Die Grundschwäche der Menschen besteht nicht etwa darin, daß er nicht siegen, sondern daß er den Sieg nicht ausnützen kann.“ Die gegebene Freiheit ist schon keine mehr, nur die selbst errungene, sich abverlangte tägliche Mühe darf als solche gelten.

Er horcht auf. Stille auf dem Gang. Schwere Schritte, die Stiefel seines Vaters, auf dessen Grund er schwankend wird. Ist die Erinnerung noch präsent, an das Unglaubliche, das ihn durch die Gitterstäbe seines hölzernen Bettgestells für immer von der atmenden Sorglosigkeit abgetrennt hat? Ist es nicht eigenartig, welche Gefühle die Einsamkeit umschließt und in Selbstverlassenheit sich senkt wie ein blauer Federkiel, der mit Blut ge-schrieben die Maschinerie der Gedanken schmierte, keinen Platz

lassend für andere Bilder als das Grauen. Der Vater geht in die Küche, Dort wird er sehen, dass sein Sohn die für ihn zubereitete Speise nicht angerührt hat, er wird lächeln über die Ängste seines schwächlichen und stets ein wenig kränkelnden Sohnes, der es nicht über seine leichenblassen Lippen brachte, von angegrautem Brot zu essen oder sich von einer bereits angeschnitten und vom Alter befleckten Frucht zu nehmen.

Sein gedankliches Kreisen um den Vater gleicht dem Kreisen um einen Turm, das ein anderer Sohn Prags beschrieb. „Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise Jahrtausende lang; und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang.“10

Er sucht die Stille, ist kein guter Redner, aber ein umso besserer Beobachter und Zuhörer, ein Genießer der Ästhetik des Schweigens. „Die erzählende Prosa von Kafka und Becket wirkt verwirrend, denn sie scheint den Leser dazu aufzufordern, ihr hochgradige symbolische und allegorische Bedeutungen zuzuschreiben, und weist dabei diese Zuschreibungen zugleich zurück.“11

I. 2. Die gelöste Verlobung

Entzweit, schon zum zweiten Male - wie einst Kierkegaard und Strindberg vor ihm. Aus ihm würde kein Werther werden, so viel war sicher. „Besserer Zustand, weil ich Strindberg („Entzweit“) gelesen habe. Ich lese ihn nicht, um ihn zu lesen, sondern um an seiner Brust zu liegen. Er hält mich wie ein Kind auf seinem linken Arm. Ich sitze dort wie ein Mensch auf einer Statue. Bin zehnmal in Gefahr, abzugleiten, beim elften Versuche sitze ich aber fest, habe Sicherheit und große Übersicht. Der ungeheure Strindberg. Diese Wut, diese im Faustkampf erworbenen Seiten.“12

Gelebte Ambivalenz! Verzweifelter Krieg gegen das ge-schlechtliche Keuchen und Zittern, jenes entwürdigende Stoßen und Brabbeln, Seufzen und Quieken, wo sich stets Elementares und Dämonisches begegnen. Des Mannes Verhältnis zum Weibe ist es, „worin die Polemik gegen moderne Emanzipationsideen die geringste Rolle spielt und eine desto größere der ewige mythische Todhass der Geschlechter. Es gibt in keiner Literatur eine teuflischere Komödie als seine Eheerfahrungen, als seine Verfallenheit an das Weib und sein Grauen vor ihm, seine heilig monogame Verehrung und Verklärung der Ehe und sein völliges Unvermögen, es darin auszuhalten.“13

Entzweit einsam. Schon die Titel eine Verheißung nach Untergang, dem Inferno aller Geschichten des Ehestandes. „Im ersten Jahr wurden natürlich eine Menge von Illusionen über die Ehe als einen Zustand absoluter Seligkeit zu Grabe getragen; im nächsten Jahr kam das Kind, und nun lies ihnen die Mühsal des Lebens nicht mehr viel Zeit zu Grübeleien übrig.“

Felicitas, mit herb männlichen Zügen und energischem Gesicht Dame passt nicht zum viel zu ernsten Kind, das Franz nun einmal ist. Die Vermittlungs- und Schlichtungsversuche der Freunde vermögen den gordischen Knoten nicht zu lösen. Wie gotische Kathedralen stehen sie sich gegenüber, schweigend, aber nicht schweigsam genug. Sieht sie nicht, dass alles, was er ihr zu sagen hat, in den Briefen bereits gesagt ist? Hier hat er die Zeit, exakt zu formulieren, bis das Gefühl sich entschwindelt hat. „Wir müssen neu anfangen“ lautet seine Botschaft, die er an

Felice sendet. Seine Liebe gleicht dünn gestreichelten Umrissen, übervorsichtigem Annähern und leisem Verteidigen der jüngst eroberten Stelle. Sie nur in Briefen zu umarmen ist auf Dauer unmöglich, aber nichts kann schöner sein als das erste Verlangen. Durch das als Verhör empfundene Gespräch im Askanischen Hof ist der Unschuld letzter Zeuge bloß gestellt. Er wird es lebenslang seine Inquisition heißen und das Urteil seinem Prozess einverleiben. Er ist zu müde, um alles einzusehen.

In jenem Berliner Hotel, am 12. Juli 1914, fügt sich seinen traumatisierten „Forschungen eines Hundes“14 ein weiteres Mosaik seines Zögerns hinzu. Kindlich böse Worte verlassen dort ihren zärtlich der Unschuld beraubten Mund. Vorwürfe, so lange versteckt und heimlich unter ihrem Herzen genährt, genug gewachsen, um ihn zu prügeln. Sie schien das Ver-trauen oder die Geduld in seine künstlerische Existenz verloren zu haben. Das feste Unverrückbare zwischen ihnen ward schwankend geworden. Eine Seite in seinem Tagebuch fehlt seither, da er es nicht erträgt, das Geschriebene bei sich zu er-halten. Erst nach mehrfachem Erbrechen sendet er ihr folgende Zeilen. „So wenig ich sein mag, niemand ist hier, der Verständnis für mich im Ganzen hat. Einen haben, der dieses Verständnis hat, etwa eine Frau, das hieße Halt und auf allen Seiten haben, Gott haben.“15

Gott zu finden ist schwer, der Ausbruch des Krieges fällt da schon leichter. Er fühlt nur die Last in der Lust nach dem der flüchtig einander suchenden und fliehenden Geschlechter. Da er nicht eingezogen, sondern für untauglich befunden wird, fühlt sich Franz um das Recht der Selbstbehauptung betrogen. Er formuliert eine Petition an die Geschäftsleitung, doch er gilt als unverzichtbarer Bestandteil des Unternehmens, einer zu Fleisch gewordenen Akte. Sein Vater glaubt, vom Krieg profitieren zu können und erwirbt eine Fabrik. Für einen wie ihn erscheint das schlimmer als Krieg, denn dessen Logik ist klar und bedarf keiner Entscheidungen. Er fällt in Depression, will der Versicherungsanstalt kündigen, tagelang liegt er nur im Bett, eine Verwandlung greift in ihm ein und durch.

Er will ausziehen, sich endlich von der Familie lösen, er hasst die ihn nährende und zugleich fesselnde Sicherheit. Die Versicherungsanstalt ködert ihren Angestellten mit Beförderung. Er fühlt sich schuldig, wagt nicht, seine Kündigung abzugeben. Der Krieg macht ohnehin all seine Pläne zunichte. In den Tod darf er nicht, er ist zum Leben verurteilt. Seiner Entlobung folgt der drohender Bankrott des Vaters, Eruption der blutigsten Schlachten, köstliche Katastrophen für den Liebhaber des Untergangs und Tragödiendichter. Verzweifeltes Verlangen nach intimen Momenten, Inseln des Glücks, Wonnen der Behaglichkeit staut sich, findet kein Echo, verliert sich im Raum.

Gespenster regieren Prag, Gespenster und Beamte, die bleiben dürfen am behaglichen Herd. Er fühlt sich wie ein Käfer, zertreten und nutzlos, am Boden kriechend, zornig und doch noch immer um Vorsicht und Rücksichtnahme bemüht. Getrennt von der Gewöhnlichkeit und dem unentbehrlichen Ritual, mit Freunden im Kaffee die geheiligte Poesie zu besprechen. Sie alle dienen nun an der Front: Werfel und Weiß sogar mit ihn beängstigender Begeisterung. Alle sind weit weg entschwunden, räumlich und gedanklich.

Die stille und treue Ottla, die geliebte Schwester, wandelt zum ersten Mal und unverhofft für den älteren Bruder auf Amors Wegen, zerreißt den heilige Bund zweier einsamer Seelen. Ein Fremder hat sich auf die Schwelle gestellt. Tscheche, Beamter, in Zahlen aufgehende Rechenmaschine und damit kein wirklicher Mensch, kein Nachbar, an dessen Tür er klopfen will. Er versteht es wohl, sie sucht einen mächtigeren Bündnispartner für ihre Rebellion, die er selbst oft versucht, aber nie erprobt hat. Der Bankbeamte flößt selbst dem autoritären Vater Respekt ein, jeder Zorn prallt an der Rechenmaschine ab, Ottla zieht aus. Widerspenstigkeit und bewusster Wille haben die entschlossene Tat gezeitigt, zu der er sich nie hat aufraffen können. Er bleibt zurück, allein und seiner mächtigsten Waffe beraubt, dem Entrinnen zu ihr, der zärtlich gehüteten Schwester. Sie ist dem „hei-matlichen Rudel“ entlaufen und auf das Land gezogen, von wo aus sie die Familie mit Milch, Obst und Gemüse versorgt. Was bleibt, ist das stumpf-sinnige Nebeneinander von stummen Schreien auf nächtlichem Flur. Franz vermisst Ottla, ihr wissendes Lächeln, ihre heimlichen Botschaften, das verständige Zuhören. Ein fremder Verführer hat das einst misstrauische Mädchen abgelenkt vom geschwisterlichen Weg.

Sein Leiden wird fruchtbar für das Schreiben. August1914, wie die Massen hysterisch aufschreien, Blut mit Eisen und Dampf fordern und die heilig ernüchterte Schläfe unter blass-blauen Schatten der Lider zuckt. Wenig später sieht er sich Ott-la, seiner Auserwählten treuesten Zuhörerin, vielleicht der Ein-zigen, die zwischen den Zeilen zu lesen versteht, beraubt. Die Erzählung „Hochzeitsvorbereitungen auf dem Land“ entsteht. Es hätte die seine werden sollen, doch die ihre ist es geworden. Der unentschlossene, weil unglückliche Bräutigam Raban flüchtet vor traurigem Regen in Tagträume und die tröstliche Vorstellung, die schwere Zeit im Winterschlaf als großes Insekt zu verbringen. Er schickt seinen abgelösten Körper auf die Reise zur Braut, aufs Land, auf dem Ottla nun wohnt. Geschichten des Verkriechens und Eingrabens gibt es viele bei Kafka. „Ich suche mir ein gutes Versteck und belauere den Eingang meines Hauses.“16Neunmal wechselt er die Wohnung im selben Quartier.

Täglich steigt in sein Haus hinab mit verwelkenden Gesten wie in ein Grab. Allnächtlich verliert sich in den Gassen Prags

die dem anthroposophischen Labyrinth eines weit verzweigten Höhlenbaus gleichen. Der Mensch als zoologischer Garten. In-sekt, Hund, Schakal, Affe, Dachs. Wer ist er wirklich oder doch alles zugleich? Er will sein Haus nicht mehr verlassen, wie ein toter, wie Jäger Gracchus, der zur Unzeit heimgetragen wird und nicht begreifen mag, dass er schon lange an seiner Angst gestorben ist. Der Jäger hat sich auf das Lauern eingerichtet, das verendende Tier, seine Beute, seinen Tod. Er möchte sein „Leben in der Beobachtung des Eingangs zu verbringen und immerfort mir vor Augen zu halten und darin mein Glück zu finden, wie fest mich der Bau, wäre ich darin, zu sichern imstande wäre.“

Er vergräbt sich, seine Wut und seine vertagte Lebenslust. Inzwischen hat er sich daran gewöhnt, sein Leben im Konjunktiv zu führen. Ist es überhaupt noch seine Existenz oder nicht schon längst die eines anderen, den er zu beobachten einfach nicht zu unterlassen vermag?

I. 3. Fieberträume oder die Agonie des Verstummens

Kierling, Klosterneuburg, Niederösterreich. Die andere Seite des Mondes. Zerstörtes Gewebe, wohin man auch blickt. Süßlicher Geruch des Todes beim Ausatmen. Fortwährender Durst, ins Unerträgliche gesteigert, wenn andere trinken. Ein Glas Wasser vor seinen Augen, unerreichbar von eigener Hand zu trinken und höllische Schmerzen, es Tropfen für Tropfen zu leeren. Es geht alles langsam, rückwärts, sprachlos. „Ich kämpfe, niemand weiß es …ich erfülle meine täglichen Pflichten. ... Natürlich kämpft jeder, aber ich kämpfe mehr als andere. Etwas ist allerdings anders…ich rede vom Freigelassen-sein, es ist nur ein Erklärungsversuch aus Not.“17

Max sitzt an einem Ende des Bettes, Dora an dem anderen. Die letzten Zeugen eines unwürdigen Zuckens. Die Lungentuberkulose, der Kehlkopf geschwollen, zum hässlichen Pfeifen und Röcheln verdammt, ein lebendig Begrabener, ein spindeldürrer Verwesender. Max repräsentiert die dem Patienten verschlossene Welt des praktischen Tuns, des Erfolgs und des Glücks, das sich mit beiden Händen packen lässt. Er hat geschafft, wozu Franz nie in der Lage gewesen ist, Heirat und Kinder, das Schreiben läuft wie von selbst neben seinem Beruf her, seine Lesungen weisen kaum Lücken im Publikum auf. Dora, diese kraftvolle Frau, fünfzehn Jahre jünger als der Siechende, die nichts kennt außer den kommenden Sommer und die Liebe zum einfachen Leben, selbst ihn weiß sie noch mit lächelnder Gebärde zu streicheln. Das väterliche Veto, sie sei eine nicht standesgemäße Erscheinung, für ihn ein Donnerschlag, hat sie nicht einmal betrübt. Wenn sie mitleidet, so tut sie es still und nicht vorwurfsvoll, da er sie mittellos zurück lassen wird auf dieser Welt. In vielem gleicht der todkranke Franz dem Hungerkünstler und Mäusesänger aus seinen letzten Erzählungen. Er ist abgemagert, besteht nur noch aus Schatten und Schmerz. Lieber wären ihm die Morphiumspritze und der folgende gläserne Schlaf als das unwürdige Stammeln.

Max bringt die Korrekturfahnen zum „Hungerkünstler“, auch wenn er weiß, die frisch gedruckten Blätter wird ein anderer riechen, so will er sein Werk vollenden. Ein Todgeweihter bittet darum, diese letzte Qual zu lassen. Eine Träne quillt verstohlen, aus seinem scheuen Augenwinkel hervor, als würde sie sich ihrer Geburt schämen. „Wie ich zu essen anfing, senkte sich im Kehlkopf irgendetwas, worauf ich wunderbar frei war.“18

Vor dem Gesetz kämpfen alle nur einen Kampf, denn es gibt keinen Selb-ständigen im Krieg mit sich selbst. So steht es auch in der Erzählung vom „Bau der chinesischen Mauer“, die doch die Mauer aller Menschen ist. Was macht uns mehr zu Brüdern als das Bewusstsein von Leid und Schmerz, wenn seltsam sich schmiegen die Lippen an Staunen? Dora schenkt ihrem Verlob- ten ein dem Vergessen abgerungenes Lächeln, das sich an keiner Welle bricht. Ob er sich vor dem Sterben fürchtet, fragt sie mühelos beinahe, es und er antwortet ihr, unterbrochen von rotem Husten, mit einem Satz aus dieser Erzählung: „Den Glauben muss man richtig verteilen zwischen den eignen Worten und den eigenen Überzeugungen.“19

Führen Frage und Antwort noch zueinander oder trennen sie nur was im Schweigen noch Vereinigung finden? „Früher be-griff ich nicht, warum ich auf meine Frage keine Antwort be-kam, heute begreife ich nicht, wie ich glauben konnte, fragen zu können…“20 Dora glaubt, einem Sterbenden dürfe man keinen Wunsch abschlagen, doch dies ist falsch. Man darf ihn nicht länger belügen, das genügt. Max zittert beim Anblick seines schwächlichen Körpers und glaubt doch an Rettung durch ein Wunder. Denn wen Gott liebt, den züchtigt er, aber den vernichtet er nicht. Max glaubt an das unsterbliche Talent hinter der gebrechlichen Fassade, er hat es immer gesagt, der Franz ist unvergleichlich, doch wer schenkt seiner weltgewandten Zunge Ge-hör schenken? Seine Schwellungen am Kehlkopf, Tod durch Ersticken, das ist umso vieles realer als träumerische Poesie. In seinen kalten braunen Augen, in denen noch ein Duft des letzten Herbstes liegt, flüstert er ihm zu: „Es gibt kein Haben, nur … ein nach letztem Atem nach Ersticken verlangendes Sein.“ Gedulde doch noch ein wenig, antwortet der Freund, du wirst wieder gesund, wirst schon sehen, und glücklich. Franz aber lächelt boshaft in sich hinein. Was ihn glücklich macht, besitzt auch die Kraft hat, ihn zu zerbrechen.

I. 4. Das Vater - Sohn Verhältnis

Viele der in den Tagebüchern ausführlich niedergeschriebenen Träume beziehen sich auf den allmächtigen Vater. Einer davon handelt vom Versuch des Vaters, aus dem Fenster zu springen und dem des Sohnes, ihn zurückzuhalten. „Aus Bosheit streckt er sich noch weiter hinaus … Ich denke daran, wie gut es wäre, wenn ich meine Füße mit Stricken an irgendetwas Festem anbinden könnte, um nicht vom Vater mitgezogen zu werden. Allerdings müsste ich, um das zu bewerkstelligen, den Vater wenigstens ein Weilchen lang loslassen.“21

Dieser Traum ist an Symbolkraft wie die Aussage in der Niederschrift an Eindeutigkeit kaum zu übertreffen: Kafka vermag seinen Vater nicht loszulassen; gerettet will er von ihm ohnehin nicht werden und zugleich fürchtet der Sohn, durch den Vater in einen Abgrund gerissen zu werden. Omnipotenz und Ohnmachtsgefühle wachsen mit jeder leidvollen Erfahrung.

In einem anderen Traum sieht er seinen Vater als Redner, dessen an eine Predigt erinnernder Monolog das Publikum zu überzeugen versucht. Die Rede ist schlecht, die Idee nicht originell, der Durchfall bei den Zuhörern vorprogrammiert, da „er es weder von der Originalität noch der Brauchbarkeit seiner Idee überzeugt hat.“ Am Ende sitzt der Vater allein und auf dem Boden, fühlt sich aber noch immer im Recht. Kafka füllt nur die Lücken im Publikum als ein hilfloser Beobachter in gelähmter Passivität des Leidens.

Die Situation zu Hause bleibt stets angespannt, die Mutter schweigt, der Vater ist laut, grob, autoritär und gibt seinem Erstgeborenen zu verstehen, dass er mehr Entschlossenheit und Männlichkeit von ihm erwartet. Er argumentiert mit Sätzen aus der Tori, gegen die sich der Sohn nicht wehren darf und mit seiner entbehrungsreichen Zeit, gegen die er sich nicht wehren kann. Von klein auf sieht sich der Sohn mit Schuldgefühlen bela-den, da er es nicht nur besser haben soll, sondern auch muss, um das bitterste Los auf Erden ist zwischen ihnen entbrannt, ein Duell, das der Sohn nicht gewinnen kann, weil er nur Anwalt, der Vater aber der Richter ist.

Zunehmend gewinnt die Monotonie an Raum. „Trostloser Abend heute in der Familie … Vor Langeweile dreimal im Badezimmer hintereinander mir die Hände gewaschen.“22 Besonders nach den Zerwürfnissen träumt Kafka schlecht und schreibt am folgenden Tag nichts. Er hasst die peinlich bürokratische Sorgfalt an sich selbst, die ihn zu sehr an den Vater erinnert, die väterlich „abergläubischen Vorsichtmaßregeln“, doch er ist seines Blutes. Kafkas Selbstaussagen zufolge fürchtet er sich vor dem Vater, besonders „wenn er vom Letzten, von Ultimo sprach.“ Sein Leben erscheint ihm abgezirkelt, zweck- und bedeutungslos, aufgegangen in Zwang und Ritual, manchmal Hass. „Ich habe geradezu mich in Haß gegen meinen Vater geschrieben.“23Er träumt von einem Windhund - Esel, der aus-sieht wie der Vater, nur etwas kleiner. Im Fremden spiegelt sich die Erweckung des höheren Selbst. Vielleicht ist der Vater dazu da, ihn anzutreiben, ein besserer Mensch zu werden.

Hermann Kafka bringt eine traurige Geschichte mit in die Familie: den Selbstmord seiner Mutter, die sich in der Elbe er-tränkt, weil sie über den Tod ihres Mannes nicht hinwegkommt und glaubt, des Überlebens schuldig zu sein. Das Gefühl, kein Recht auf Leben zu haben, überträgt sich auf Enkel Franz. Er leidet unter der Minderwertigkeit, von schweren Gewichten behangen unterzugehen, ist ihm nicht fremd.

Zwei Selbstaussagen Kafkas verdeutlichen eine, an Autismus grenzende, Isolation: „Ich bin ein verschlossener, schweigsamer, ungeselliger, unzufriedener Mensch … Ich lebe unter meiner schließlich hat er nicht so gelitten wie der Vater. Ein Zweikampf meiner Familie fremder als ein Fremder ... Alles, was nicht Literatur ist, langweilt mich.“ „Wo finde ich Rettung? Zu meiner Befreiung wäre ein Hammer nötig, der mich vorher zer-schlägt.“

Für das bürgerliche Familienleben fehlen ihm Talent, Neigung, Ehrgeiz und Willenskraft. Als ihn der Vater zur Mitarbeit und einer finanziellen Beteiligung in seiner Asbestfabrik nötigt, schreibt er: „Wenn ich mich töten sollte, hat gewiß niemand Schuld … Ich gehöre hinunter, ich finde keinen anderen Aus-gleich.“ Früh gewinnt er die Überzeugung, den Vater nicht überleben, nicht gegen ihn gewinnen zu können und steht unter dem Bann des erdrückend dominanten Vaters. Das störrisch-eigenwillige Verhalten Kafkas gleicht der „Verweigerung der Erwartung und der Eingliederung in bürgerliche Ordnung“.

Er empfindet seine Existenz als Unglück, das mit stetem Zweifel und scharfem analytischen Verstand einhergeht. Wie weit Selbstmordfantasien ihn suizidal gefährden oder verdrängte Mordlust am Vater sind, bleibt ödipale Spekulation, doch sind Selbstanklagen unübersehbar; Kafkas Essstörung scheint auf die väterlichen Tiraden beim Mittagstisch zurückzugehen; die Geräuschempfindlichkeit auf das cholerische Temperament des Vaters. Der Patriarch weiß mit seinem hypersensiblen, scham-vollen Sohn nichts anzufangen. Er drängt ihn, ein Bordell auf-zusuchen, damit er nicht krank werde und um nicht aus sexueller Not zu heiraten. Ihm droht das Schicksal des ewigen Junggesellen. Die väterliche Autorität ist Fleisch gewordene Gesetz.

Brief an den Vater

Mehrfach schreibt Kafka seinem Vater einen Brief zur Aus-sprache, doch er schickt keinen von ihnen ab. Sein als Erzählung veröffentlichter Brief (1919) wird daher meist als biografischer Beleg gewertet, doch es bleibt ein Kunstwerk, ein Kunstgriff zwischen stilisierter Fiktion und Erinnerung, in dem der Sohn Kläger und Verteidiger zugleich ist, eine typische Haltung Kafkas gegenüber einer realen und doch imaginierten Erscheinung des Vaters. Publik wurde der Brief erst 1952, da Kafka ihn als Vertrauensbeweis 1920 seiner Geliebten Milena übergab. Auf Umwege geriet er spät in die Hände des Nachlassverwalters Max Brod. Von den vielen Themen, die Kafka darin unmittelbar nach seiner zweiten aufgelösten Verlobung (mit der unstandesgemäßen Julie) aufgreift, sind einige paradigmatisch, insbesondere die Selbstanklage.

Das Thema der Schuld klammert die singulären Bereiche, denn offensichtlich sieht sich der Sohn sowohl mit Fremd- als auch Selbstvorwürfen konfrontiert. Das erste Sujet betrifft das Kräfteverhältnis. „Ich wäre glücklich gewesen, Dich als Freund, als Chef, als Onkel, als Großvater, ja selbst als Schwiegervater zu haben. Nur eben als Vater warst Du zu stark für mich … Deine äußerst wirkungsvollen, wenigstens mir gegenüber niemals versagenden rednerischen Mittel bei der Erziehung waren: Schimpfen, Drohen, Ironie, böses Lachen und – merkwürdiger Weise – Selbstbeklagung …“24

Schuld ist ein großes Wort, größer noch als ein Grab es tragen kann. So sieht sich der Sohn täglich mit Fremd- als auch Selbstvorwürfen konfrontiert. Das erste Sujet betrifft das Kräfteverhältnis. „Ich wäre glücklich gewesen, Dich als Freund, als Chef, als Onkel, als Großvater, ja selbst als Schwiegervater zu haben. Nur eben als Vater warst Du zu stark für mich … Deine äußerst wirkungsvollen, wenigstens mir gegenüber niemals versagenden rednerischen Mittel bei der Erziehung waren: Schimpfen, Drohen, Ironie, böses Lachen und – merkwürdiger Weise – Selbstbeklagung …“

Es ist wie ein Spaziergang kurz vor der „Hochzeit auf dem Lande“, einer Hochzeit, die nie stattfindet: um den Namen der Braut zu vergessen, muss man sie erst geheiratet haben. Offensichtlich hat der Vater seinem Sohn auch durch die Schilderung seiner Armut ein schlechtes Gewissen (erfolgreich) eingeredet. Der Zwang sich zu vergleichen spielt eine Rolle in ihrem Verhältnis. Dies gilt nicht nur für Gesetz und Autorität, sondern auch zu einem Wunsch; und vor allem bezieht es sich auf die Gegenüberstellung der väterlichen (Kafka) und der mütterlichen (Lewy) Linie. Die Ambivalenz und Suche nach Identität spiegelt sich in der Familienherkunft und charakterlichen Gegensätzen.

Kafka betont seine Ängste und wie schwer es ihm fällt, sich von diesen als Erwachsener zu lösen. Als Beispiel führt er an, wie ihn der Vater, um seine Nachtruhe zu gewährleisten, in der Nacht auf den kalten Vorzimmerflur stellte, weil er als Kind so laut schrie. Blicke und Gesten verdeutlichen Ohnmacht; Blicke, die ihn als Kind vernichteten und selbst als Erwachsener schwer demütigen „oft mit beherrschendem Gefühl der Nichtigkeit“.

Neben dem Komplex seiner Inferiorität und seiner Scham, dem väterlichen Wunschbild eines Sohnes nicht zu entsprechen, thematisiert Kafka das Recht zu strafen. Wenn der Vater das Gesetz verkörpert, dann spielt das Recht, es einzusehen, anzufechten oder zu umgehen, eine zentrale Rolle. Der Sohn schildert den Vater als gnadenlos in seinem Urteil und zudem, weit wichtiger, als undurchschaubar in seinen Begründungen.

Hermann Kafka scheint keine politische, religiöse, nicht einmal eine private Meinung zu haben; alle sind ihm verdächtig und schuldig. Nichts schien ihm eindeutig zu ge- oder zu missfallen. „Das bezog sich auf Gedanken so gut wie auf Menschen … man war gegen dich vollständig wehrlos.“. Im Haus Kafkas herrscht das Recht des despotischen Patriarchen, dem alles erlaubt ist und dem Gehorsam zu leisten ist. Kafkas eigene Solidarität mit den vermeintlich Schwächeren leitet sich daraus ab. Problematisch ist jede Form der Kommunikation: „Ich konnte nicht auswählen. ich mußte alles nehmen. Und zwar, ohne et-was dagegen vorbringen zu können, denn es Dir von vornherein nicht möglich, ruhig über eine Sache zu sprechen…“

Das Recht und die Rechtfertigung, frei entscheiden zu dürfen, bleiben ein Scheinrecht für den Sohn, der das Reden verlernt und mit ihm das fließende Sprechen. Alles im Hause ist nicht geborgen, sondern fremd, nicht vertraut, sondern erkämpft. Der Vater hat Macht, der Sohn ist sein „Erziehungsergebnis“ und betont: „Du verstärktest nur, was war, aber du verstärktest es so sehr, weil Du eben mir gegenüber sehr mächtig warst und alle Macht dazu verwendetest.“ Vielleicht erklärt dies den Titel von Kafkas: „Beschreibung eines Kampfes“: „Ich war bald erledigt;was übrig blieb, war Flucht, Verbitterung, Trauer, innerer Kampf.“

Die Alternativen bilden Gehorsam und Auflehnung oder Flucht. „Man wurde ein mürrisches, unaufmerksames, ungehorsames Kind, immer auf eine Flucht, meist eine innere, bedacht.“ Eine Form der Flucht, sogar die wichtigste in Kafkas Augen neben dem Schreiben, ist die Ehe. „In Wirklichkeit wurden die Heiratsversuche der großartigste und hoffnungsreichste Versuch, Dir zu entgehen, entsprechend großartig war dann allerdings auch das Misslingen.“

Die Ehe hat mindestens widersprüchliche Aspekte für Kafka: er bewundert sie als höchste Ehre, verbunden mit der Eigenständigkeit, auf den eigenen Füßen stehen zu können. In seinen Aphorismen, die zeitgleich mit dem Brief entstehen, schreibt er: „Das Glück begreifen, dass der Boden, auf dem Du stehst, nicht größer sein kann, als die zwei Füße ihn bedecken.“25

Erst mit der Ehe ist das Terrain gegen das Väterliche abgesteckt. Da sie nicht erfolgt, fühlt sich Kafka minderwertig und isoliert. Der Bau der chinesischen Mauer erinnert an Gefangenschaft, Gefühl des Ausgeliefert-Seins und der Starre bis zur Versteinerung. Andererseits betrachtet Kafka die Ehe als einen Kampf gegen die eigene Schwäche, Entscheidungen zu treffen. Die Verantwortung für eine Frau soll ihn gleichsam erhöhen, ihn befreien aus dem alten Kleid kindlichen Verhaltens. Ferner beinhaltet Ehe die Anerkennung der Sexualität, mit der Kafka seine Probleme hat, wie das Verhältnis zu den Frauenbekanntschaften nahe legt. Aufgrund des väterlichen diametralen Sittenkodexes sind keine zweideutigen Liebschaften zulässig, folglich kann er nur im Ehestand seine Scham überwinden.

Viertens bildet die durch Krankheit bedingte physische Schwäche für Kafka einen Makel, gleichzeitig befreit sie ihn von konkurrierenden Bedürfnissen. Erst als Ehemann fühlt Kafka sich dem Vater ebenbürtig. Ob dieser ihn als Ungeziefer beschimpft, was in „Die Verwandlung“ geschieht, bleibt spekulativ. Über den direkten Bezug der Formulierung „Tod durch Ertrinken“ in „Das Urteil“, das die Entlobung und eine Verfehlung des Sohnes zum Gegenstand haben, bestehen kaum Zweifel.

Ausführlich schildert Kafka in seinem Brief, wie er als Sechzehnjähriger eine Bemerkung des Vaters so auffasst, dass Geschlechtsverkehr stets geheim wie unter einem Stigma erfolgen müsse. Als peinlich empfindet er die Weisung, ins Bordell zu gehen, notfalls mit dem Vater zusammen, damit er ihm mit einer unüberlegten Vermählung aus sexueller Not keine Schan-de mache. Den negativen Höhepunkt der Einmischung liefern sein Forcieren der Hochzeit mit Felice (auch ein Grund, die Verlobung zu lösen) und das anschließende Veto gegen Julie. Die ausdrücklich tiefste Demütigung er-fährt Kafka mit den sinngemäß wiedergegebenen Worten: „Sie hat wahrscheinlich irgendeine ausgesuchte Bluse angezogen, wie das Prager Jüdinnen verstehen und daraufhin hast Du Dich natürlich entschlossen sie zu heiraten. Und zwar möglichst rasch …“26

Schuld ist das häufigste Wort und damit Leitmotiv Kafkas. Die Furcht, die Kinder zahlen den Vätern die eigene Schuld heim oder erben die Schuld der Väter ist auch für Kierkegaard, der wichtigsten Inspirationsquelle. Seine Lektüre bleibt zwischen 1916 und 1921 neben der von Kleist stets präsent. Es sind die Jahre, in denen er sich wie der Däne gegen die Ehe und gegen die Verpflichtung der Nachkommenschaft entscheidet. Kafka fühlt sich diesem Druck nie gewachsen. Wie Kierkegaard, der unter der Furcht eines Familienfluchs leidet, hält er sich für unzureichend, eine eigene Familie zu gründen.

Sein bevorzugtes Goethes ist nicht zufällig „Hermann und Dorothea“, das vom Konflikt zwischen Vater und Sohn handelt, der, ausgelöst wird durch die Weigerung des Vaters, Hermann die Brautwahl zu überlassen. Der Sohn wird dazu verurteilt, über den Vater hinaus zu streben oder zu sterben, was geschieht.

Um Abstand von seinem Vater zu gewinnen, geht er viel allein spazieren. Einige Seltsamkeiten Kafkas erklären sich aus seinem Ohnmachtsgefühl, etwa die Abneigung gegen Regen, weil er sich diesem mehr oder minder schutzlos ausgesetzt fühlt.

In zahlreichen kurzen Erzählungen, meist Parabeln, be-schreibt Kafka zudem seine Flucht vor dem Vater unverschlüsselt. „Der plötzliche Spaziergang“ etwa besteht nur aus einem einzigen Satz, beginnend mit „Wenn man sich am Abend end-gültig entschlossen zu haben scheint“27- ein Widerspruch in sich. Der Gedanke beschreibt wie häufig ein Dilemma, das auf eine Entscheidung drängt „… und wenn man nun trotz alledem in einem plötzlichen Unbehagen aufsteht …“

Kafka beschreibt die „schon unerwartete Freiheit“ auf der Gasse als ein Bedürfnis nach schneller Veränderung, dem Kreis der Familie zu entgehen; „dann ist man für diesen Abend gänz-lich aus seiner Familie ausgetreten, die ins Wesenslose ab-schwenkt, während man selbst, ganz fest, … sich zu seiner wah- ren Gestalt erhebt.“ In wenigen Worten hat Kafka mit einer Kleinigkeit schon alles über den Zwang gesagt. Die Kreisbewegung (hermeneutischer Zirkel) führt zu seiner Beschäftigung mit Erkenntnissystemen, die redlichen Willen zur objektiven Wahrheitsfindung mit mathematischer Präzision bekunden.

Einer seiner Aphorismen ironisiert den Anspruch auf objektives Erkennen aus der Subjektivität heraus: „Ein Philosoph … glaubte nämlich, die Erkenntnis jeder Kleinigkeit, also z. B. auch die eines sich drehenden Kreisel genüge zur Erkenntnis des Allgemeinen … war die kleines Kleinigkeit wirklich erkannt, dann war alles erkannt, deshalb beschäftigte er sich nur mit dem sich drehenden Kreisel.“28

Er meint, das Leben der anderen zu leben und sich selbst dabei zu entfremden, so, als würde man sich als Erwachsener immer mehr vom eigenen Kern entfernen. Atemzüge eines Sommertages später sind wir in die unförmige Masse der anderen aufgegangen. „Wir sind uns unbekannt, wir Erkennenden, wir selbst uns selbst: das hat seinen guten Grund. Wir haben nie nach uns gesucht … Bei solchen Sachen waren wir, fürchte ich, nie recht „bei der Sache“: wir haben eben unser Herz nicht dort — und nicht einmal unser Ohr! …: wer sind wir eigentlich? … Wir bleiben uns eben notwendig fremd, wir verstehen uns nicht, wir müssen uns verwechseln…“29

I. 5. Die Frauen Kafkas

Felice Bauer

Kafka lernt die vier Jahre jüngere Berlinerin Felice Bauer (ihr Vater ist wie Kafka Versicherungsvertreter) August 1912 in Prag kennen. Seine erste Bemerkung über sie notiert er am 13. August, wo er sie als unscheinbar, „knochiges leeres Gesicht, das seine Leere offen trug“ wenig vorteilhaft beschreibt. Sie arbeitet als Prokuristin und Messerepräsentantin für eine Firma, die Diktiergeräte vertreibt, „Lärmtrompeten des Nichts“. Er empfindet sich als zu schwächlich, ungebildet und unrein für einen Flirt. Seinem Tagebuch vertraut er an, er müsse sich sein Glück erst durch Leid erarbeiten. Insgesamt fünf Jahre währt ihre physische Beziehung, wenn man die wenigen Treffen zwischen zwei Ver- und zwei Entlobungen so nennen will. Die letzte Zusammenkunft ereignet sich Weihnachten 1917.

Möglich, dass er sich zu einer Ehe zwingen will und vergeblich auf das Verliebtsein wartet. Möglich ist auch Versagens-angst und Impotenz, erfahren ist der junge Mann nicht. Angsterweist sich mit Scham als zentrales Lebensgefühl Kafkas, bei-des bleibt mit Schuld verbunden. Die biblische Verleugnung der Frau erwähnt Kafka als Mythos mehrfach in seinen Tage-büchern, als ob er seine Schwäche durch das Alte Testament zu rechtfertigen suchen würde. Dafür spricht auch seine in Briefen wie Tagebüchern anklingende Reue, seine Selbstverurteilung, in „Das Urteil“ und „Der Prozess“, die Kafka nach der Auflösung der ersten Verlobung 1912 niederschreibt aus dem Gefühl der Sünde heraus (wie er selbst sagt). Nach der zweiten Entlobung 1917 entstehen die Erzählungen „Ein Landarzt“ und „In der Strafkolonie“, die thematisch mit ihnen konvergieren.

Kafka wird während seiner Verlobung von Gewaltfantasien in seinen Träumen heimgesucht, wie aus Tagebüchern als auch Briefen an Felice hervorgeht. Als Beispiel dafür dient die nicht veröffentlichte und Fragment gebliebene Erzählung vom 22. Juli 1916. Sie beginnt mit den Worten: „Sonderbarer Gerichtsgebrauch. Der Verurteilte wird in seiner Zelle vom Scharfrichter erstochen, ohne daß andere Personen zugegen sein dürfen.“30

Die Erlaubnis zum geheimen Töten kommt auch in anderen Geschichten vor, ebenso wie die der Dialog von Henker und Opfer, die in bestem Einvernehmen zur Hinrichtung schreiten, solange dabei nur die Form gewahrt bleibt. So sagt der Verurteilte: „Gerade weil es unmöglich ist, ist dieser sonderbare Gerichtsgebrauch eingeführt worden.“ Gebiss, Geräusche und Gerüche verraten ihm mehr als ihr lockendes Versprechen.

In allen genannten Erzählungen kommt der Verurteilte gegen ein übermächtiges Naturgesetz nicht an, sein Urteil steht fest und eine Rebellion ist zwecklos. Zwei Aussagen belegen, dass der Zusammenhang von schuldhafter Geburt und schuldhaftem Leben ein kafkaeskes Leitmotiv ist, das auf Bindungs-angst beruht. „Der Anblick des Ehebettes zu Hause … kann mich bis zum Erbrechen reizen, kann mein Inneres nach außen kehren, es ist, als wäre ich nicht endgültig geboren, käme immer wieder ausdiesem dumpfen Leben in diese dumpfe Stube zur Welt, müsse mir dort immer wieder Bestätigung holen … noch an meinen Laufen wollenden Füßen hängt es wenigstens, sie stecken noch im ersten formlosen Brei… und kann doch ohne verrückt zu werden gegen das Naturgesetz nicht revoltieren, also wieder Haß und nichts als Haß. Du gehörst zu mir, …ich kann nicht glauben, daß um irgendeine Frau mehr und verzweifelter gekämpft worden ist als um Dich in mir.“31

Elias Canetti behandelt das Beziehungsdrama in „Der andere Prozess. Kafkas Briefe an Felice“ (1984) als eine „Geschichte des fünfjährigen Sich Entziehens“. Er sieht sich zugleich als ein Opfer und Verurteilter, aber auch als Täter. Sein Zögern stellt bei den strengen jüdischen Konventionen Felice und ihre Familie auf eine harte Geduldsprobe: „Wesentlich durch meine Schuld trägt sie ein Äußerstes an Unglück … In Kleinigkeiten hat sie Unrecht… im Ganzen aber ist sie eine unschuldig zu schwerer Folter Verurteilte.“ Ihre Beziehung bleibt Stückwerk, ein Anfang ohne wirklich „vorwärts zu kommen“.32

Kafka fühlt sich doppelt verurteilt: zur Krankheit und zu-gleich zum Leidensstifter für seine Familie, deren Hoffnungen er nicht erfüllt. Zweifellos reagiert sein Körper somatisch auf die Beziehungsproblematik; er ist häufig nach einem Treffen mit ihr krank oder erkrankt bei ihrem bevorstehenden Besuch, den er damit vertagen kann. Über allem steht die Unmöglichkeit, sich fest zu binden oder eine endgültige Entscheidung zu treffen.

Inspiriert von Kierkegaard schreibt er mehrfach Pro und Contra Positionen ihrer Beziehung auf, spricht vom notwendig-gen „Sprung“ in eine ungewisse Zukunft, die am Ende aus-bleibt. Ihre Entlobung erscheint ihm in einem Traum in Gestalt zweier vor einem Wagen gespannten und von gepeitschten Pferde; dieser Traum erinnert an die wilden Rosse in „Ein Landarzt“ (1917), der unmittelbar nach der zweitenEntlobung entsteht. Kafka stellt sich auch hier vor ein fiktives Gericht, klagt an, verteidigt und anerkennt seine Schuld, der Protagonist stirbt. Er diagnostiziert sein „glattes Unvermögen zum Leben“. Vor diesem Hintergrund erscheint auch seine Lektüre Strindberg und Kierkegaard bedeutsam, da beide die Ehe als Tragödie auffassen. Wie sie fasst Kafka das missglückte Verhältnis von Mann und Frau als Erbsünde auf, den auch „Der Prozeß“ vergegenwärtigt. Kafka steht vor dem Dilemma zwischen der Pflicht, eine Familie zu gründen und Künstler zu sein.

Schon bald gerät der Dreißigjährige in einen Gewissenskonflikt: soll er mit ihr seine bürgerliche Existenz zementieren oder als freier Schriftsteller nach Berlin ziehen? „Ich konnte damals nicht heiraten, alles in mir hat dagegen revoltiert, sosehr ich F. immer liebte. Es war hauptsächlich die Rücksicht auf meine schriftstellerische Arbeit, die mich abhielt, denn ich glaubte die Arbeit durch die Ehe gefährdet.“

Die Frage der Ehe bedeutet zugleich eine Entscheidung gegen die künstlerische Existenz. Kafka erkennt in der Beziehung zu Felice ein großes Unglück für beide: „Ich bin an F. verloren … Ich würde mich auf der Gehaltsleiter fortschleppen und immer trauriger und einsamer werden, solange ich es eben überhaupt aushielte.“ Indes, er möchte sich ihr nicht zumuten oder auslie-fern und tut es dennoch. Die erste Verlobung findet am 1. Juni 1914 statt, auf der bereits am 12. Juli die Entlobung folgt. Hin-tergrund bilden Indiskretionen und Vorwürfe der gemein-samen Freundin Grete Bloch im Berliner Hotel „Askanischer Hof“ ihr vorläufiges Ende. Die Frauen werfen ihm vor, er sei unschlüssig, untreu und unzuverlässig. Diese Inquisition löst ein Trauma in ihm aus, da sie die bereits vorhandenen Selbstvor-würfe intensiviert. Kafka unterliegt fortan einem starken Gewohnheitszwang. Er müsste ihr zuliebe „ein anderer Mensch werden“ und ahnt oder befürchtet, sie könnte ihn nicht genug lieben: „Ich hatte … selbst in der Zeit unseres herzlichsten Verhältnisses oft Ahnungen und durch Kleinigkeiten begründete Befürchtungen, daß F. mich nicht so sehr lieb hat …“

Über Briefkontakt nähert sich das Paar Mai 1916 wieder an. Unter anderem unternimmt es eine Reise nach Budapest; die glücklichste Zeit ereignet sich wohl kurz darauf in Bad Kar-stadt, sehr wahrscheinlich kommt es dort wohl auch zum ersten Intimverkehr. Die zweite Verlobung erfolgt im Juli 1917, wird aber bereits im Dezember erneut aufgelöst.Ein von Kafka er-wähnter Grund dafür ist, dass er in der glücklichen Zeit mit Felice unproduktiv bleibt. Einträge wie: „In der Zeit mit F. nichts geschrieben“ belegen dies. In dieser Hinsicht empfindet er sie als bedrohlich, da sie sich hartnäckig aufdrängt und ihn von der Arbeit abhält. Ehe und Schreiben bleiben unvereinbar Rivalen.

Rationale Gründe für Kafkas Zögern gibt es mehrere, doch die entscheidenden sind wohl irrational: die Angst vor ihn überforderten Neuerungen und das Minderwertigkeitsgefühl, sexuell unzureichend für die Anforderungen einer Ehe zu sein. Existenzängste, Abneigung vor der bürgerlichen Familienidylle und Bequemlichkeiten des Junggesellenlebens, seine Tuberkulose halten ihn davor zurück, den letzten entscheidenden Schritt zu gehen. „Es ist kennzeichnend, dass Kafka immer wieder von Gespenstern, von der Angst spricht, die sich damals zuerst gezeigt hätten, und von der unschuldigen Unschuld der vorhergehenden Zeit, von einem Niemandsland, einem Schweben dem Nichts.“ Er vermag die Zukunft nicht vorherzusagen, empfindet aber eine „Unverträglichkeit des Augenblicks und des gegenwärtigen Zustandes.“