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In "Frauen lügen nie und werden höchstens 39" nimmt sich Bestsellerautorin Monika Bittl die goldene Seite des Älterwerdens vor: Denn wir hatten uns zwar jünger in Erinnerung, wenn wir morgens in den Spiegel schauen ‒ aber auch ein wenig weniger klug. Denn das Schöne am Älterwerden ist: mit jedem Jahr wächst die Lebenserfahrung und Lebensklugheit ‒ und damit auch die Raffinesse, mit der wir die Widrigkeiten des Lebens ein wenig austricksen können. In herrlich unterhaltsamen Alltagsgeschichten erzählt Monika Bittl von Dingen im Leben, die man ab 40 genießen ‒ und solchen, die man getrost über Bord werfen kann. "Frauen lügen nie und werden höchstens 39" ist das perfekte Geschenk für alle Frauen ab 40. Ein Buch mit hohem Schmunzelfaktor und so unterhaltsam und wie ein Abend mit der besten Freundin.
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Monika Bittl
Down-Aging für Anfängerinnen
Knaur eBooks
In »Frauen lügen nie und werden höchstens 39« nimmt sich Bestsellerautorin Monika Bittl die goldene Seite des Älterwerdens vor: Denn wir hatten uns zwar jünger in Erinnerung, wenn wir morgens in den Spiegel schauen ‒ aber auch ein wenig weniger klug. Denn das Schöne am Älterwerden ist: mit jedem Jahr wächst die Lebenserfahrung und Lebensklugheit ‒ und damit auch die Raffinesse, mit der wir die Widrigkeiten des Lebens ein wenig austricksen können. In herrlich unterhaltsamen Alltagsgeschichten erzählt Monika Bittl von Dingen im Leben, die man ab 40 genießen ‒ und solchen, die man getrost über Bord werfen kann.
»Frauen lügen nie und werden höchstens 39« ist das perfekte Geschenk für alle Frauen ab 40. Ein Buch mit hohem Schmunzelfaktor und so unterhaltsam und wie ein Abend mit der besten Freundin.
Widmung
Vorbemerkung
Vorwort
Mein kleiner grüner Kaktus
Lügen haben lange Beine
Wenn das Leben dir Saures gibt, mach einen Limetten-Smoothie draus!
Ein lupenreiner Mord
Sternzeichen Altfrau
Liebe geht durch den Magen
Weiblicher Lebenslauf mit Zielvorgaben
Wir haben unseren eigenen Kopf
Männer verführen, reloaded
Frauen und Technik
Das Geheimnis der Mona Lisa
Speed
Sommer, Sonne, Urlaubsfeeling
Always the same old shit but a different day
Bindungstest für Partnerinnen ab vierzig
Auflösung Bindungstest für Partnerinnen ab vierzig
Bindungstest für Single-Frauen ab vierzig
Auflösung Bindungstest für Single-Frauenab vierzig
Bindungstest für Männer ab vierzig
Auflösung Bindungstest für Männer ab vierzig
Fix und vierzig
Sweet little lies
Vermisstenanzeige
Durch dick und dünn
Gefallene Mädchen
Mixed Generation
Berufsjugendliche
Der neue Tisch
Da bewegt sich doch noch was
Hilfe! Lauter alte Leute hier auf dem Spielplatz!
Einstellungswechsel und Stellungswechsel
Zehn Sexstellungen für Frauen ab fünfzig
Wenn das Wörtchen »noch« nicht wär
Omas 70. Geburtstag – eine Familien-WhatsApp-Story
Ich kann das!
Mansplaining
Was zeichnet eine Frau ab vierzig aus?
Da stimmt die Chemie!
Elegante Trennungsmöglichkeit
Die innere Mutter Teresa
Perfect Fake
Was wir alles so abzutragen haben
Neue Wege
Das Spezialwerkzeug ist der Hammer!
Mit mir ist kein Blumentopf zu gewinnen
Werbung erwünscht!
Glaskugel
Secondhand-Life
In Zukunft werden wir alle alt aussehen – ein Frauenleben in Dekaden
Damenwahl
Das Leben als Familiengruppe
Meiner Mama
Ähnlichkeiten mit lebenden
oder mit mir lebenden Personen
sind rein zufälliger Natur.
Uns Frauen ab vierzig macht keiner mehr was vor – aber wir können anderen etwas vormachen! Wir wissen, dass wir großartig sind, auch wenn der Spiegel manchmal anderer Meinung ist und unter »neuen Entfaltungsmöglichkeiten« etwas anderes versteht als wir selbst. Älterwerden ist nichts für Anfängerinnen – da sind schon coole Profis gefragt!
Ab vierzig sind wir schlau genug, um andere nicht mehr mit rücksichtslosen Wahrheiten vor den Kopf zu stoßen. Wo ich vor zwanzig Jahren noch Grundsatzdebatten darüber führte, warum die Hausarbeit zwischen Partnern 50:50 geteilt gehört, stehe ich heute zwar auch noch zu dieser Forderung, aber ich verfolge sie wesentlich pragmatischer mit anderen Mitteln. Ich sage nicht mehr: »Am System wird sich nie etwas ändern, wenn die reproduktive Arbeit weiter nur den Frauen überlassen wird!«, sondern vielmehr geheimnisvoll lächelnd: »Schatz, bring doch bitte den Müll noch weg, dann kann ich noch ins Bad, und so haben wir für Aufregenderes mehr Zeit …«
Früher hätte ich mir für so einen Satz lieber die Zunge abgebissen. Heute denke ich: »So what?« Muss ich hier privat in meiner Beziehung wirklich die ganze Emanzipation im Kleinen noch mal durchkämpfen? Erspare ich mir nicht Stunden (wenn nicht Tage!) an Diskussionen, wenn ich nur mal schnell in die Trickkiste meiner lebensklugen Oma greife? Denn die Generationen von Frauen vor uns verstanden sich darauf, mit weiblicher Raffinesse einfacher ans Ziel zu kommen. Sie wussten: »Wenn Lügen kurze Beine haben, dann zieh ich eben Stöckelschuhe an!« Wir heute haben hingegen Skrupel, mit High Heels zu bestimmten Zielen zu gelangen.
Wir sind die erste Generation von Frauen, die nicht mehr mit Maschen (oder gar sexy gefakten Laufmaschen) hantieren müssen. Stattdessen können wir Männern ganz offen an den Kopf knallen: »Wenn du dich weiter so als Macho aufführst, bin ich morgen weg!« Wir können Kinder alleine aufziehen, uns scheiden lassen und sogar Bundeskanzler werden. Wir sind selbstbewusst genug geworden, um uns weder von einem System noch von einem einzelnen Mann einschüchtern zu lassen. Frauen ab vierzig wissen: Wir haben die Wahl, mit einem Partner zu leben oder fröhlicher Single zu bleiben. Wir können Karriere machen, einen esoterischen Weg ins Nirwana suchen oder auf Malle einen Ökoladen eröffnen. Rein theoretisch stehen uns alle Wege offen.
Nicht nur in Bezug auf den Partner haben wir uns emanzipiert und die Rolle der »schwächeren Hälfte« aufgegeben. Wir wissen um das Gendergap im Büro und trauen uns – für frühere Generationen undenkbar –, unverschämte Gehaltsforderungen an den Chef zu stellen oder uns einfach selbstständig zu machen, nachdem wir die Löhne von Männern und Frauen verglichen haben. Wir verdonnern unsere Söhne tendenziell zu mehr Hausarbeit als unsere Töchter und stehen im Zweifel bei einer Rentendiskussion auf der Seite unserer Mütter und nicht unserer Väter. Wir pfeifen auf die Meinung unserer Nachbarn und machen unser Selbstbewusstsein nicht von einer sozialen Kontrolle abhängig, die uns vorschreiben will, wie wir zu leben hätten. Alles richtig, alles gut so. Noch besser aber: Um für diese Haltung einzustehen, verschwenden wir unsere wertvolle Zeit nicht nervenaufreibend in privaten Grabenkämpfen, sondern wissen, dass wir pragmatisch schneller ans Ziel kommen. Denn das Ziel, um das jede Frau ab vierzig mehr oder weniger bewusst weiß, heißt: Ich will jeden Tag so glücklich wie möglich verbringen, weil mein Leben die Summe meiner verbrachten Tage ist. Und jeder miese Tag wird in dieser Bilanz abgezogen.
Eine Frau von vierzig Jahren ist rein statistisch gesehen heute in Europa etwa in der Mitte des Lebens angekommen. Die erste Halbzeit ist vorbei – dieser brutalen Erkenntnis stellen wir uns gefühlt meist erst etwas später, denn unser Unterbewusstsein lässt uns noch eine Weile Zeit, so zu tun, als hätten wir noch die alten Kräfte und wachten nach einer durchgefeierten Nacht nicht mit Augenringen wie ein Pandabär auf. Wenn uns dann aber endlich dämmert, dass die zweite Lebenshälfte längst begonnen hat, leben wir voll nach dem Motto: »Erst die Jugend, dann das Vergnügen.«
Meist wissen wir nun endlich, was wir wollen. Wir treffen uns nicht mehr mit Leuten, die uns langweilen, wir vergeuden unsere Minuten nicht mehr mit sinnlosen Diskussionen mit doofen Kollegen. Wir erwarten keinen Dank mehr für »Aufopferungen« für die Familie – stattdessen wissen wir, dass unsere Familie mehr von uns hat, wenn wir uns mit einer Tasse Dufttee und einem guten Buch eine Auszeit in der Badewanne gönnen und so »vollgetankt« bei uns selbst sind, auch wenn der Mann an unserer Seite unterdessen die Küche mit seinen neuen Kochkünsten in Schutt und Asche legt. Auch wenn die Kinder heimlich glotzen und gamen, weil wir zu erschöpft sind, um sie mal wieder an die Hausaufgaben zu erinnern. Auch wenn der Chef behauptet, ohne unsere Überstunden ginge die Firma pleite. Wir sind keine Mädchen für alles mehr, sondern erwachsene Frauen, die nicht mehr alles mit sich machen lassen. Wir suchen uns die Fehler, die wir machen wollen, selbst aus. Manchmal denke ich: »Im nächsten Leben komme ich gleich als Vierzigjährige zur Welt.«
Jetzt haben wir verstanden, dass wir zuerst auf uns selbst schauen müssen, damit wir und in der Folge auch andere glücklich werden. Wir haben die Reihenfolge und endlich den entscheidenden Zusammenhang kapiert: Zuerst muss es mir gut gehen, ich muss glücklich sein, nur dann kann ich auch anderen etwas geben und sie glücklich machen. Liebe dich selbst – dann können dich andere gernhaben!
Nachdem wir im Zuge der Frauenemanzipation gelernt haben, mit harten Bandagen in den Boxring zu steigen und zu kämpfen, besinnen wir uns jetzt wieder auf alte »Tugenden« der weiblichen Raffinesse, die das Leben enorm erleichtern. Wir setzen nicht mehr auf Teufel komm raus zu einem Haken an, sondern bemühen bisweilen doch mal wieder einen kleinen Trick, um uns die Nase nicht blutig zu schlagen. Dank der Kämpfe der Frauengenerationen vor uns müssen wir uns nicht mehr beweisen, eine emanzipatorische Kondition zu haben – auch wenn wir natürlich über sie verfügen. Aber wir wissen, wann und wo wir uns verausgaben oder wo wir uns das Leben einfach gemütlicher machen. Wir haben keine Angst mehr vor mächtigen Männern und gelernt, uns durchzusetzen gegen alle Widerstände. Aber wir fragen uns auch plötzlich: Ist es das auch wirklich wert? Muss ich mir wirklich alles erkämpfen? Komme ich nicht effizienter ans Ziel?
»Very tricky«, bemerkte mein Sohn eines Tages, als er beobachtete, wie ich meinen Mann dazu brachte, dass er »freiwillig« die Küche putzt. Ich hatte erneut mit der Einstellung einer Putzfrau gedroht, deren Bezahlung ihn monatlich teuer zu stehen kommen würde, denn selbstverständlich habe ich die Rechnung nur mit seinem Einkommen aufgemacht. Mein erwachsener Sohn quittierte dies mit Hochachtung, betrachtete mich fortan erst recht als »starke Frau«, die ihre Ziele durchsetzen kann. Da klingelte etwas in mir: Männer respektieren uns sogar mehr, wenn wir mit weiblichen Waffen unsere Ziele erreichen – falls sie unsere Taktik überhaupt verstehen.
Abgesehen von ein paar weiblichen Überfliegern muss eine Frau heute aber meist erst ein paar Jährchen anhäufen, um so souverän über ihr Arsenal verfügen zu können. Je nach Situation greift sie entweder zum Degen – »Ohne Gehaltserhöhung kündige ich!« – oder zu einem tiefen Ausschnitt im Kleid und einer Säuselstimme: »Ach, ich arbeite so gerne hier, aber leider weiß ich nicht, ob ich mir das noch weiter leisten kann …«
Im Weg steht uns dabei eigentlich nur unser schlechtes Gewissen, scheinbar so »fies« zu sein, zu schummeln, so taktisch vorzugehen oder gar zu lügen. Das ist neu für unsere Zeit, denn früher wurden Taktik, Schummeln und höfliches Vorgehen sogar zur »Kunst« erklärt, zur »Verstellungskunst«, die seiten- und buchweise abgehandelt wurde. Nicht nur mit Blick auf die Frauen, sondern auch auf die Männer. Epochen vor uns hegte kaum jemand Zweifel daran, dass »Verstellungskunst« das soziale Miteinander extrem erleichterte. Keinem Menschen bei Verstand wäre damals in den Kopf gekommen, »authentisch sein« als Wert zu sehen. Unser Zeitgeist raunt uns hingegen unaufhörlich zu, wir müssten immer wir selbst und »bei uns« sein. »Ungefilterte Gefühle«, die wir »rauslassen müssen«, gelten als Mittel der ersten Wahl, zu einem persönlichen Lebensglück zu finden.
»Wie bitte?«, hätten sich die Leute damals gefragt. »Es ist doch barbarisch, jemanden vor den Kopf zu stoßen, indem man ihm offen sagt, was für ein unmöglicher Mensch er ist!« Es galt unter halbwegs gebildeten Ständen als ethisches und moralisches Gebot, den anderen immer das Gesicht wahren zu lassen. Höflichkeit als wertschätzende Umgangsform hieß das größte soziale Gebot.
Heute werden Schummeleien, Taktik und Lügen generell verteufelt – aber jeder »sündigt« trotzdem täglich. Männer übrigens mehr als Frauen. Und zwar nicht »ein wenig mehr«, sondern laut Statistik fast doppelt so häufig. Nach einer Untersuchung des Science Museum in London mit 300 befragten Personen flunkern Männern etwa 1100-mal im Jahr, Frauen rund 700-mal. Dabei ist Lüge nicht gleich Lüge. Es lässt sich unterscheiden zwischen Notlügen, kleinen Lügen und Lebenslügen. Die Grenzen sind natürlich fließend. Interessanterweise geben die meisten Menschen an, zuweilen aus Höflichkeit zu lügen, um einen anderen Menschen nicht unnötig zu verletzen.
Das deckt sich mit einem verschüttgegangenen Wissen, wie es etwa Baltasar Gracián in Handorakel und Kunst der Weltklugheit schon im 17. Jahrhundert beschrieb, wenn er beispielsweise erläutert, wie wir andere nicht »alt aussehen« lassen, indem wir unsere Vorzüge nicht so ganz eitel zur Schau tragen, sondern uns mit unauffälligen Lügen etwas unbedarfter geben, als wir sind. Denn die Klügere kann sich dumm stellen – umgekehrt ist das etwas schwieriger. Und die Souveränen unter uns beantworten unhöfliche Fragen nach dem Alter einfach ironisch und augenzwinkernd mit: »Frauen lügen nie und werden höchstens 39.«
In manchen Fällen – um das mal klar einzuwerfen – gilt es aber auch nur, die Wahrheit zu sagen. Nämlich immer dann, wenn es ernst wird, wenn es um Eingemachtes geht. Im Job, in der Partnerschaft, in der Freundschaft. Aber Eingemachtes kommt bei uns nur in Krisen und eher selten auf den Tisch. Die moralische Frage, die jedoch fast täglich verhandelt wird, ist doch vielmehr: Wie respektvoll gehe ich mit anderen im Alltag um? Und Respekt vor den anderen Menschen heißt beispielsweise, einen Kerl, mit dem man leider unter zu viel Alkoholeinfluss eine Nacht verbracht hat, nicht am nächsten Tag per SMS wissen zu lassen: »Junge, das mit uns war ein Irrtum. Du bist nicht gut im Bett. Vergiss es!« Sondern vielmehr, sich dezent zurückzuziehen und die Bekanntschaft noch länger im Glauben zu lassen, doch eine Wucht in der Kiste gewesen zu sein. Meldet er sich nach ein paar Tagen, um locker-flockig (die Absichten sind klar) ein Date zu vereinbaren, schützen wir Zeitmangel vor oder geben uns zickig oder kompliziert oder immer noch unter dem Eindruck von »alten Beziehungsproblemen«. Das Gegenüber kriegt damit die Chance, uns als das Problem zu sehen und nicht sich selbst. Das wird seinen weiteren Lebensweg erleichtern. Wir handeln somit rücksichtsvoll und voller Respekt dem anderen gegenüber, wenn wir nicht auf seinem Selbstbewusstsein herumtrampeln.
Manche von uns stellen jetzt fest, dass sie glattweg lügen, wenn sie eine Migräne vortäuschen, nur weil sie keinen Bock auf Sex mit dem Partner haben. Wir gehen nach einem an Wahnsinn grenzenden Schuh-Einkaufs-Flash Diskussionen um das Budget des gemeinsamen Familienhaushalts aus dem Weg, indem wir einfach behaupten: »Die Schuhe waren reduziert!«
Kleine Schummeleien erhalten nicht nur die Liebe, sondern auch die Freundschaft. Wir sagen zur besten Freundin, die völlig übertrieben geschminkt ist, wenn sie nervös zu einem Parship-Treffen aufbricht und es höchst eilig hat: »Du siehst umwerfend gut aus« – denn es bliebe keine Zeit mehr für neues Make-up.
Höflichkeiten und kleine Schummeleien haben nicht nur im Alltag eine erstaunlich befreiende Wirkung. Sie ermöglichen uns sogar noch mehr – nämlich ehrlich zu sein, wenn es wirklich darauf ankommt. Wer andere nie unnötig verletzt, kann schließlich viel mehr auf deren Wohlwollen stoßen, wenn bisweilen doch eine unbequeme Wahrheit auf den Tisch kommen muss.
Und nein, nichts soll zurückgeschraubt werden, bloß nicht wieder zurück zu »Kinder, Küche, Kerl« wie noch vor gut fünfzig Jahren angesagt. Aber wir sollten uns entspannen, uns wieder wertschätzen und uns auf die gar nicht so verwerflichen Geheimnisse früherer Epochen besinnen. Respektvolle Höflichkeiten, die auch kleine Lügen inkludieren, sind unsere besten Freunde.
Frauen ab vierzig sind hochpragmatisch geworden und wissen, dass sie alkoholische Getränke nicht mixen sollten. Sie wissen, wie sie einen Mann verführen, wann es sich lohnt, lieber den Job als die Friseurin zu wechseln und dass die Nachtcreme wichtiger als die Tagespflege ist. Wir sind unabhängig, trotzen Konventionen, Chefs und spießigen Ehemännern. Wo Jüngere keinen Schimmer haben, sagt uns unser gewachsener Instinkt, dass wir wieder Rücksicht auf Beziehungsgeflechte und unseren Drang zur Harmonie nehmen sollten. Wir hatten diese Teile unserer Weiblichkeit verkümmern lassen, weil wir sie abgewertet hatten – jetzt können wir sie neu entdecken und selbstbewusst zu ihnen stehen.
Die Zeit ist eine miserable Kosmetikerin. Wir fragen uns bisweilen mit der Zeichentrickfigur unserer Kindheit: »Wer hat an der Uhr gedreht? Ist es wirklich schon so spät?« Dabei haben wir uns gerade erst an uns selbst gewöhnt. Und deshalb ist es auch wunderbar, die vierzig zu überschreiten.
Unser größter Schatz ist nicht mehr ein Mann, sondern unser Erfahrungsschatz. Wir entdecken das neue Zauberwort »nein«, statt weiter am kindlichen »bitte« festzuhalten. Wir vergeuden unsere Zeit nicht mehr mit Idioten, die uns nur Energie absaugen. Wir wissen, wo wir stehen und was wir wollen – meistens jedenfalls. Und selbst wenn wir mal nicht genau wissen, was wir wollen – wir wissen jedenfalls, wie wir es bekommen!
Dieses Buch beschreibt jedoch nicht nur Kniffs und Tricks, die wir erst jetzt beherrschen, sondern beleuchtet auch verschiedene Aspekte des weiblichen Älterwerdens. Sie erfahren hier, warum die Zeit plötzlich so rast, wie Männer prinzipiell zu verführen sind, warum Sie einer verschenkten Mutter-Teresa-Karriere nicht nachtrauern sollten oder welche generellen Vorteile es hat, Akne gegen Botox zu tauschen. Wenn Sie Manipulationsmechanismen verstehen, einen Blick in die weibliche Emanzipationsgeschichte werfen oder das Leben mit dem seltsamen Typen neben Ihnen (also Ihrem Partner!) besser verstehen wollen – dann liegen Sie hier richtig.
Weibliches Älterwerden heißt heute, die rosarote Brille der Jugend gegen so ein scheußliches Gleitsicht-Ding mit Kette zu tauschen – aber eben auch zufriedener, selbstbewusster und vor allem auch glücklicher zu werden.
»Mein kleiner grüner Kaktus steht draußen am Balkon,
hollari, hollari, hollaro!
Was brauch’ ich rote Rosen, was brauch’ ich roten Mohn,
hollari, hollari, hollaro!«
Die meisten haben den Titel vermutlich schon einmal gehört: »Mein kleiner grüner Kaktus« von den Comedian Harmonists. Das so unpolitische Lied des damals berühmten Sextetts wurde im Dezember 1934 veröffentlicht. Hitler und die Nazis waren aber schon an die Macht gelangt und begannen, Juden systematisch aus dem öffentlichen Leben auszuschließen und zu verfolgen. Die Comedian Harmonists bekamen ein Auftrittsverbot, weil drei der Mitglieder jüdisch beziehungsweise nicht arisch waren. Eine Weile fing das Ensemble das noch mit Auslandsauftritten auf, dann jedoch zerbrach die Gruppe letztlich an den Folgen der Nazispaltung, der sich die deutschen Musiker nicht konsequent genug entgegenstellten oder stellen konnten.
Die Geschichte der Comedian Harmonists sei aber hier nur am Rande erwähnt – mir schoss der Evergreen einfach immer wieder in den Kopf, als ich kurz nach meinem 39. Geburtstag eines Tages die Idee schlechthin hatte, wie ich Machtkämpfen und harten Familienauseinandersetzungen ganz elegant aus dem Weg gehen kann und doch zu meinem Ziel gelange.
Hintergrund: Mein Sohn Lukas lag uns seit gefühlten hundert Jahren damit im Ohr, dass er unbedingt ein Haustier möchte. Mal war es eine Katze, dann ein Hamster, etwas später ein Riesenschlange, bald darauf ein Aquarium – und schließlich einigte er sich sogar mit Schwester Eva auf ein gemeinsames Tier, um die Anschaffung mit vereinten Kräften gegen mich durchzusetzen. Wohlgemerkt gegen mich, denn mein Mann meinte zu den Vorhaben immer nur: »Warum nicht? Ist doch eine schöne Idee!« Ich spare mir an dieser Stelle einen Seitenhieb auf einen Mann (also meinen), der eine Riesenschlange im Haushalt »eine schöne Idee« findet. Ich lasse mich hier ausdrücklich nicht darüber aus, was das über den Infantilitätsgrad eines Typen aussagt. Und nein, nein, nein, ich würde mir lieber auf die Zunge beißen, als zuzugeben, dass ich damals mehrmals dachte: »Der hat sie doch nicht mehr alle, der ist ja noch kindischer als die Kinder!«
Warum ich überhaupt ob all dieser Diskussionen so wütend wurde, wurde mir erst eines Abends klar: Eigentlich habe ich nicht mal etwas gegen Haustiere, soll sie jeder haben, wie er gerade lustig ist. Eine Freundin von mir hält sich im Wohnzimmer sogar eine Muräne in einem Riesenaquarium. Das hat mich noch nie gestört. Im Gegenteil, ich habe das erzhässliche Tier so aufrichtig bewundert mit der Bemerkung: »Toll, wie ungewöhnlich du bist, dass du sogar solche Tiere in dein Herz schließt.«
An diesem Abend wurde mir bewusst, dass jeder, wirklich jeder, sogar meine Familienmitglieder, Haustiere halten können, wie sie wollen. Aber keiner, auch meine Familienmitglieder nicht, dürfen über meine Zeit verfügen, wie sie gerade wollen. Und als Frau mit Lebenserfahrung wurde mir mit einem Schlag bewusst, was mich in all den Debatten so empörte – für mich war sonnenklar, dass nach der ersten Euphorie über den neuen Mitbewohner alle Arbeit mit dem Tier an mir hängen bleiben würde. Mit einem Hund würde ich nach drei Monaten allein Gassi gehen müssen, ein Katzenklo würde spätestens nach zwei Wochen ich alleine regelmäßig reinigen, die Futterbesorgung für den Hamster würde nach drei Wochen nur in meine Verantwortung übergehen – und mit einer Riesenschlange müsste ich regelmäßig zum Tierarzt, wenn sie sich an einer Computermaus verschluckte.
Diese Erkenntnis war wichtig, denn zuvor hatte man mich in die ideologische Ecke gedrängt: »Was hast du eigentlich gegen Tiere?« »Bist du so der Natur entfremdet?« »Zählt bei dir nur noch Arbeit?« (Die größte Unverschämtheit gegenüber einer Familienmutter, die im Grunde genommen den ganzen Laden schmeißt – niemals darauf eingehen! Das sind rein rhetorische Mittel, um Eigeninteressen durchzusetzen!) Zeitgleich mit dieser Erkenntnis schoss mir die zweite in den Kopf: Argumente helfen hier nicht weiter. Sagte ich offen: »Legt euch gerne jedes Haustier zu, das ihr haben möchtet, aber ich werde mich nicht darum kümmern!«, würde ich von den Kindern stürmisch umarmt werden und zu hören kriegen: »Danke, Mama! Super! Natürlich kümmern wir uns selbst darum!« Mein Mann Alex würde noch eins draufsetzen und sagen: »Liebling, du bist echt toll! Du bist wirklich jung geblieben, weil du deine Meinung noch mal ändern kannst!« Zack – und drin wäre ich in der Falle! Denn so oder so müsste ich den anderen unterstellen, dass sie sich garantiert nicht an ihre Zusagen halten würden. Damit käme ich in eine höchste undankbare Position, nämlich, den anderen mein Misstrauen auszusprechen. Was nun wirklich nicht förderlich für den Familienfrieden wäre.
Ich weiß nicht, warum, aber nach einer der 397 Debatten zum Thema beim Abendessen (»Mama, Max hat Schildkröten! Die möchten wir auch! Warum kriegen wir nie, nie, nie ein Haustier?«) schoss mir plötzlich der Song »Mein kleiner grüner Kaktus« in den Kopf, und ich erklärte seelenruhig am Esstisch vor der versammelten Familienrunde: »Einverstanden. Könnt ihr haben. Bloß vorher möchte ich gerne einen kleinen Testlauf machen, ob euch das auch wirklich so taugt.«
Große Augenpaare staunen mich an – so, als hätte ich verkündet, dass wir morgen mit einer Kapsel zum Mars fliegen. Alle verstummen schlagartig. Ich führe weiter aus: »Tiere gewöhnen sich an die Menschen, und dann kann man sie nicht mehr einfach so weggeben, das kann man ihnen wirklich nicht antun!«
Drei Köpfe am Esstisch nicken zustimmend und schweigend, wohl immer noch schockiert über die unverhoffte Zusage meinerseits.
»Und deshalb machen wir das jetzt so: Wir machen einen Testlauf mit Pflanzen, an denen ihr übt, sagen wir drei Monate. Und dann könnt ihr noch mal entscheiden.«
»Wie?«, fragt mein Sohn Lukas. »Wie muss man sich denn um Pflanzen kümmern?«
»Na, Rosen brauchen jeden Tag frisches Wasser in der Vase«, erklärt Eva souverän, sich gut fühlend mit ihrem Wissensvorsprung vor dem Bruder.
»Das kommt immer auf die Pflanzen an«, fachsimpelt mein Mann Alex. »Die Mama hat mir schon oft gezeigt, wie Orchideen einen Extradünger brauchen und der Efeu ganz von alleine wuchert.«
Unglaublich, was sich mein Mann wohl in einem lichten Moment gemerkt hat! Ich bin völlig baff, bis mir einfällt, dass er einmal die Bierkästen für eine WM auf dem Balkon abstellen wollte und ich ihm erklärt habe, dass die Orchideen sehr empfindlich seien und es nicht vertrügen, wenn sie wegen der Bierkästen in den Keller verbannt werden müssten.
»Es kommt also ganz auf die Pflanzen an«, führt Alex weiter aus.
»Dann nehmen wir doch die pflegeleichtesten Pflanzen!«, erkläre ich zustimmend. »Ich will ja niemandem Steine in den Weg legen. Also Kakteen …«
»Ja!«, unterbricht mich Alex begeistert. »Die hatten wir auch im alten Büro. Die sind unkaputtbar!«
»Die brauchen keinen Dünger und nur ab und zu Wasser«, erkläre ich.
»Weiß ich von Bio!«, stimmt Lukas zu.
Eva sieht mich etwas zweifelnd an. Sie riecht einen Braten, kann ihn aber nicht benennen.
Einen Tag später kriegen die Kinder jeweils drei Kakteen für ihr Zimmer, und ich zeige ihnen, wo die Gießkanne steht.
Tag um Tag sehe ich die Kakteen vor sich hin siechen. Eva gießt jeden Tag. Lukas gar nicht.
Ich beiße mir auf die Zunge und beruhige mein schlechtes Gewissen damit, dass Kakteen nur Pflanzen und keine Tiere sind.
Irgendwann versuche ich Ableger abzuschneiden, da das Ende der kleinen grünen Pflanzen sichtlich naht und sie wenigstens Nachwuchs haben sollten, wenn ich sie hier schon so elendig verrecken lasse.
Fünf Monate nach der Zusage beim Abendessen sind die Kakteen braun, nicht mehr verwurzelt, verdorrt oder zu Matsch geworden.
Ich erinnere ganz bewusst nicht an den »Testlauf«, sondern frage nur dezent nach, was denn mit den kaputten Pflanzen in den Jugendzimmern geschehen soll, die würden mittlerweile so seltsam riechen.
»Ach, das stinkt so!«, meint Eva, die am Tag zuvor einschlägigen »Herrenbesuch« hatte. »Richtig peinlich!«
»Ich bring die zur Biotonne, dann kommen sie in den ökologischen Kreislauf zurück«, bemerkt Alex sachlich.
»Was?«, fragt Lukas, der vorher nur auf sein Handy gestarrt hatte. »Was kommt in die Biotonne?
»Die Kakteen!«, sagt Alex.
»Welche Kakteen?«, fragt Lukas geistesabwesend. Wir glotzen ihn alle an, er überlegt fieberhaft. »Ach so, ja, diese Pflanzen, die stehen da auch nur blöd rum im Zimmer! Hab gar nicht mehr an sie gedacht! Gute Idee, Papa!«
Am nächsten Tag entsorgt Alex die Pflanzen – und das Thema Haustiere war seither nie, nie, nie wieder Thema bei uns!
»Was brauch’ ich rote Rosen, was brauch’ ich roten Mohn,
wenn ich die Raffinesse und einen kleinen grünen Kaktus hab!«
Sind Sie eine jener Frauen wie meine alte Bekannte Gabi, die darauf schwören, immer ehrlich zu sein und es stets mit der Wahrheit zu halten? Würden Sie sich lieber die Zunge abbeißen, als dem Kompliment des Chefs zu einer angeblich grandiosen Leistung einer Kollegin zuzustimmen? Sagen Sie Ihrer betagten, gebrechlichen Mutter auch die Wahrheit, wenn Sie gefragt werden, wie ihr der neue Hut mit den grotesk großen Früchten drauf steht? Und sagen zu Ihrer besten Freundin, wenn sie im siebten Himmel schwebt, weil sie meint, ihren Traummann gefunden zu haben: »Vergiss es! Der Typ ist ein Macho der besten Sorte, der dich nach der zweiten Nacht schon betrügen wird!«
Sie haben sich einmal vorgenommen, nie wie Ihre Mutter oder Großmutter zu werden, die um die Wahrheit herumlavieren, weil sie zu wenig selbstbewusst sind, um zur eigenen Meinung zu stehen? So wie ich einmal. Jahre- wenn nicht jahrzehntelang hielt ich es für meine erste Pflicht als emanzipierte Frau, bloß nichts und niemanden schönzureden um des lieben Friedens willen. Dazu stehe ich auch heute noch. Aber mittlerweile differenziere ich und verbuche jeden Absolutheitsanspruch, speziell diesen, unter der Rubrik »jung und dumm«. Denn seit einiger Zeit weiß ich: Es geht nicht darum, immer die Wahrheit zu sagen, sondern nur immer dann, wenn es wichtig ist oder den anderen oder die andere nicht unnötig verletzt. Warum soll ich meiner besten Freundin sagen, dass ich den Neuen für einen ausgemachten Macho halte, der sie irgendwann brutal verletzen wird? Vielleicht täusche ich mich ja auch ganz einfach. Warum soll ich meiner Mutter die Begeisterung über den neuen Hut nehmen, nur weil ich ihn scheußlich finde? Warum soll ich der neuen Kollegin nicht die Freude über das Kompliment des Chefs lassen, wenn ich doch ohnehin weiß, dass seine Begeisterung sich früher oder später von alleine in Ungefallen auflösen wird?
Normalerweise verliert sich der absolute Wahrheitsanspruch und »Ehrlichkeitsdrang« im Laufe der Zeit und weicht einem gar nicht bewussten höflichen Mix aus »Dichtung und Wahrheit«. Als ich neulich eine Nachbarin von früher traf, die verdammt gut und jung für ihre 45