Frostmagie - Unbreak my Heart - Katie McLane - E-Book
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Frostmagie - Unbreak my Heart E-Book

Katie McLane

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Beschreibung

Frost Creek ist bekannt für seine Magie. Doch wirkt sie auch auf widerspenstige Herzen und verletzte Seelen?

Jeff Parker wollte in seiner verhassten Heimatstadt nur ein wenig zur Ruhe kommen, bevor seine berufliche Zukunft den Bach runtergeht. Er wollte keine alten Freunde treffen, kein vielversprechendes Jobangebot bekommen und erst recht nicht zum Winterball gehen. Geschweige denn ein Interesse für die süße Tierärztin entwickeln.

In Frost Creek hat Kayleigh Scott den Ort gefunden, an dem sie heilen konnte und wieder glücklich ist. Sie braucht kein Mitleid, keinen Winterball und erst recht keinen Mann. Geschweige denn den Sohn des Sheriffs, der sich viel zu leicht in ihr Herz schleicht.

Dies ist Band 11 der Frostmagie-Reihe mit 196 magischen Taschenbuchseiten.

14 Autorinnen entführen euch in 14 romantisch – weihnachtlichen Geschichten nach Frost Creek. Lasst euch von der Frostmagie verzaubern!

Alle Bände sind unabhängig voneinander lesbar.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Epilog
Danksagung
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Meine Buchtipps
Never Really Me
Black Orchid – Session One
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Personal Protections – Blackmailed
Personal Protections – Stalked
Private Delights

 

 

 

 

 

 

 

Buchbeschreibung:

Frost Creek ist bekannt für seine Magie – doch wirkt die auch auf gebrochene Herzen und ausgebrannte Seelen?

 

Jeff Parker wollte in seiner verhassten Heimatstadt nur ein wenig zur Ruhe kommen, bevor seine berufliche Zukunft den Bach runtergeht. Er wollte keine alten Freunde treffen, kein vielversprechendes Jobangebot bekommen und erst recht nicht zum Winterball gehen. Geschweige denn ein Interesse für die süße Tierärztin entwickeln.

 

In Frost Creek hat Kayleigh Scott den Ort gefunden, an dem sie heilen konnte und wieder glücklich ist. Sie braucht kein Mitleid, keinen Winterball und erst recht keinen Mann. Geschweige denn den Sohn des Sheriffs, der sich viel zu leicht in ihr Herz schleicht.

 

14 Autorinnen entführen euch in 14 romantisch – weihnachtlichen Geschichten nach Frost Creek. Lasst euch von der Frostmagie verzaubern!

 

 

 

Über die Autorin:

Gestatten? Katie McLane.

Musik im Blut, Pfeffer im Hintern, Emotionen im Herzen, prickelnde Geschichten im Kopf.

 

Ich lebe mit Mann, Maus und Hund im Herzen NRWs und schreibe Romance für alle Sinne.

Fast alle meine Liebesromane spielen in New York, meiner absoluten Traumstadt.

Sie drehen sich um dominante Männer und starke Frauen.

Sind leidenschaftlich, sinnlich und erotisch.

Voll prickelnder Lust, überwältigendem Verlangen und absoluter Hingabe.

Und sie treffen mit all ihren Emotionen mittens ins Herz - bis zum Happy End.

 

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https : // www . Katie - McLane . de / Katies - Herzenspost

 

 

 

 

 

 

Frostmagie - Unbreak my Heart

 

 

 

Von Katie McLane

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Autorin zulässig. Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

1. Auflage, 2020

 

Cover: Grace C. Stone

Lektorat: Franziska Schenker

© Katie McLane – alle Rechte vorbehalten

Katie McLane

c/o easy-shop

K. Mothes

Schloßstraße 20

06869 Coswig Anhalt

 

[email protected]

www.katie-mclane.de

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

 

»Na? Sehen wir dich dieses Jahr endlich auf dem Ball?«

Kayleigh Scott blinzelte überrascht und wandte sich zu der warmen, ruhigen Stimme um.

»Hey, hallo, Maryanne! Schön, dich zu sehen.« Sie strahlte die pensionierte Highschoollehrerin an und umarmte sie mit dem freien Arm.

»Hallo, wie geht es dir?«

»Super, wie immer.« Die Frauen lösten sich voneinander und Kayleigh strich sich ein paar Haare zurück, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatten. »Warst du bei Mandy? Steht dir gut.«

»Oh, danke!« Maryanne Parker lachte. »Ja, ich wollte vor dem Ball wieder frische Farbe und einen schicken Schnitt. Passt auch besser zu meinem neuen Kleid.«

Kayleigh lächelte und betrachtete den dunkelblonden, kinnlangen Bob, der das scharf konturierte Gesicht mit der spitzen Nase umspielte. »Ich wette, du und Clive werdet alle Blicke auf euch ziehen.«

Sie und ihr Mann, der Sheriff, waren ein beeindruckendes Paar, aber nicht nur äußerlich. Sie strahlten Wärme und Herzlichkeit aus, was Kayleigh sofort berührt hatte, als sie vor fast zwei Jahren in die Stadt gekommen war. Eigentlich war es sogar mehr als das, sie hatte sich praktisch in die Parkers verliebt.

»Ach was!« Maryanne winkte ab und wies auf das geschmackvoll gestaltete Plakat für den magischen Winterball am 23.12. »Wie sieht es also bei dir aus? Was wirst du zum Ball tragen? Hast du schon ein Kleid?«

»Nein, ich gehe nicht hin.« Sie zuckte mit den Schultern und hielt den Stoß Bücher hoch, um Maryannes Aufmerksamkeit auf das zu lenken, weswegen sie hier war.

Die nickte, drehte sich um und ging zum Empfangstresen der Bibliothek voran, in der sie halbtags arbeitete, um zu Hause nicht vor Langeweile zu sterben.

Kayleigh atmete erleichtert auf, als sie der Älteren folgte. Sie legte die Bücher auf den Tresen, zog den Mitgliedsausweis aus der Tasche ihrer offenstehenden Winterjacke und wischte sich mit der anderen Hand über die Stirn. Hier drin war es für ihren Geschmack immer zu warm.

Die Frau des Sheriffs lief zu dem Tisch mit den Reservierungen hinüber, um die Notizzettel an den Stapeln zu inspizieren. »Warum nicht? Es ist das Ereignis des Jahres, alle gehen hin.«

Mit dem richtigen Stoß Bücher kam sie zum Tresen, ergriff den Ausweis und scannte ihn mit dem Handgerät. Dann nahm sie die mitgebrachten Romane und las die Barcodes nacheinander ein.

»Ich wünsche euch allen auch sehr viel Spaß, aber als Single habe ich da echt nichts verloren.«

Maryanne hielt inne und öffnete den Mund, doch Kayleigh hob eine Hand und lachte. »Spar’s dir, okay? Ich habe da nichts zu suchen.«

»Sehr schade«, murmelte die Ältere nachdenklich und las anschließend die vorbestellten Bücher ein. Beim letzten breitete sich unvermittelt ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht aus. »Nun, vielleicht müssen wir dir nur eine Begleitung organisieren.« Sie nahm den Stapel Romane mit der Karte obendrauf und legte sie vor Kayleigh auf den Tresen.

Die lachte auf und schob den Mitgliedsausweis in ihre Jackentasche. »Wen denn? Sam Hutchins? Oder Benson Ruler? Nein, danke!«

Jeder in der Stadt hatte schon mitbekommen, dass die beiden jungen Farmer ein Auge auf sie geworfen hatten, aber speziell auf die konnte sie getrost verzichten. Wie generell auf alle Männer.

»Als ob das die einzigen Kandidaten wären, die ...«

Kayleigh unterbrach sie mit einer abfälligen Handbewegung. »Bitte, vergiss es einfach, okay?«

»Wenn du meinst ...«

»Ja, meine ich. Oh, und da ich gerade hier bin ... Denkt ihr daran, dass Officer noch vor Weihnachten seine Impfung bekommt?«

»Ich werde Clive daran erinnern.« Maryanne zwinkerte ihr zu.

»Und sonst? Irgendwelche Neuigkeiten bei euch?«

Ihr Lächeln wurde wärmer, liebevoller. »Jefferson kommt zu Besuch und bleibt bis Neujahr.«

»Mensch, das freut mich aber! Wie lange habt ihr ihn schon nicht mehr gesehen?«

»Ostern vor zwei Jahren, da waren wir bei ihm in New York.«

Kayleigh streckte die Hand nach ihr aus und strich ihr über den Oberarm. »Dann wird das ja ein ganz besonderes Weihnachtsfest für euch. Ich wünsche euch eine ganz wunderbare Zeit.«

»Danke, dafür werde ich sorgen.«

»Das glaube ich dir gerne. Mir läuft jetzt noch das Wasser im Mund zusammen, wenn ich an den Gewürzkuchen denke, den du letzten Dezember gebacken hast.« Sie schloss ihre Jacke, nahm die Bücher vom Tresen und drückte den Stapel mit dem linken Arm gegen ihre Brust.

»Dann sorge ich dafür, dass du zwei Stücke bekommst.«

»Ach, du bist einfach die Beste.« Sie warf der Älteren einen Handkuss zu. »Wir sehen uns.«

»Ja, bis dann!«

Kayleigh wandte sich ab und marschierte zur Tür, schob den Reißverschluss bis zum Kinn hoch und verließ das Gebäude. Die Sonne schien zwar noch immer vom hellblauen Himmel, doch aus Südwesten wurden die ersten Wolken sichtbar. Der eisige Wind pfiff ihr entgegen, als sie die Stufen hinab und zum Parkplatz hinübereilte, auf dem ihr dunkelblauer Dodge RAM stand. Sie öffnete per Fernbedienung die Zentralverriegelung, dann die hintere Tür. Tyler hob den Kopf und beobachtete aufmerksam, wie sie die Bücher in ihren großen Weidenkorb legte.

»Ja, mein Süßer, jetzt geht es los«, raunte sie ihm zu und kraulte ihn kurz hinterm Ohr. Woraufhin er sich aufsetzte, soweit das Anschnallgeschirr es zuließ.

Sie zog sich zurück, warf die hintere Tür zu und öffnete die Fahrertür, schob sich auf den Sitz. Der kraftvolle Turbodiesel erwachte auf Knopfdruck mit einem satten Grollen, und sie legte den Hebel auf Drive, schnallte sich an und steuerte das Biest aus der Parklücke.

Auf der Fahrt hinaus zum Butler-Gestüt drehte sie das Radio lauter und summte einen älteren Weihnachtspopsong mit. Ein Grinsen zwang ihre Mundwinkel auseinander, in drei Wochen war es endlich soweit. Sie liebte und genoss diese Zeit immer wieder aufs Neue. Sie backte Unmengen an Plätzchen, die sie auch in ihrer Praxis anbot. Sie zündete Kerzen an, strickte noch mehr als sonst oder kuschelte sich mit einer Tasse Tee und einem guten Buch auf die Couch.

An diesen besonderen Tagen ließ sie es öfter zu, in Erinnerungen an ihre Kindheit zu schwelgen, und fühlte sich ihren Eltern dadurch immer ungewöhnlich nah.

Hinter ihr klimperte das Geschirr, dann schob Tyler den Kopf zwischen den Kopfstützen hindurch und hechelte. Ja, er kannte den Weg ganz genau.

Kayleigh setzte den Blinker, ging vom Gas und bog kurze Zeit später von der Landstraße ab. Die asphaltierte Zufahrt zur Ranch führte vorbei am geschmackvollen Wohnhaus der Familie, einem hellen Bungalow mit umlaufender Veranda, zu den Ställen und mündete auf einem Vorplatz. Sie parkte den Wagen neben zwei anderen Fahrzeugen, stieg aus und hob die Hand. »Hallo, Nelly!«

Die Besitzerin hielt im Striegeln ihres Pferdes inne und grüßte zurück. »Hallo, Kay!«

Kayleigh ging um den Wagen herum, öffnete die hintere Tür. Sie befreite Tyler vom Geschirr und trat zur Seite, damit er herausspringen konnte. Der schüttelte erstmal sein weizenfarbiges Kurzhaarfell und folgte ihr dann schwanzwedelnd zur Ladefläche. Sie löste die starre Abdeckung an der Heckklappe, drückte sie ein Stück hoch und holte den Behälter voller Möhren und Äpfel heraus, den sie an der Seitenwand festgezurrt hatte. Verriegelte alles, marschierte mit dem Plastikeimer in den Stall hinein und bis zur Box, in dem ihr Paint Horse untergebracht war. Da tauchte Peppers schwarzer Kopf über der Tür auf, er sah ihr entgegen und wieherte leise.

»Hallo, mein Süßer!« Sie trat mit einem Lächeln zu dem Wallach, strich über seinen Nasenrücken und drückte einen Kuss darauf. Zur Antwort schnaubte er und zupfte mit den Lippen am Kragen ihrer Winterjacke.

Sie griff in den Eimer, förderte einen kleinen Apfel zutage und hielt ihn Pepper hin. Der verspeiste ihn geräuschvoll und sie nutzte die Gelegenheit, um die Tür zu öffnen und in seine Box zu treten. Den Plastikbehälter stellte sie am Eingang ab, dann legte sie die Hände an seinen Hals und glitt bis zum Schweif an seinem Körper entlang. Sie konnte nicht aus ihrer Haut, sie musste sich jedes Mal vergewissern, dass es ihm gutging. Genauso, wie sie es regelmäßig bei Tyler tat.

Kayleigh sattelte ihr Pferd, steckte ihm noch eine Möhre zu und gab ihrem Hund ein Stück Apfel. Am Zaumzeug führte sie Pepper aus der Box, verriegelte sie und ging mit ihm sowie Tyler auf den Hof hinaus. Dort saß sie auf und lenkte den Wallach mit leichtem Schenkeldruck zum Pfad zwischen den nächstgelegenen Feldern. Der führte zu einem Waldgebiet, in dessen Mitte sich ein kleiner See befand.

Dies war ihr Ritual, das sie nach Möglichkeit wöchentlich genoss. Freitags schloss sie ihre Praxis um eins, machte noch ein paar Erledigungen und läutete mit einem Ausritt das Wochenende ein. Herrlich.

Sie entspannte sich und begrüßte das warme Glücksgefühl, welches in ihr aufstieg.

Pepper verfiel in einen lockeren Trab, den Tyler mitging, und Kayleigh atmete mehrmals tief durch. Ihr Blick glitt zum Himmel, Richtung Südwesten. Es roch nach Schnee, und der würde, wenn sie sich nicht irrte, nicht lange auf sich warten lassen.

 

Kayleigh sollte Recht behalten, schon am kommenden Tag begann es zu schneien. Auf der morgendlichen Runde mit Tyler waren es noch viele kleine Flocken, die sofort liegenblieben. Doch es steigerte sich beinahe stündlich.

Sie frühstückte und putzte bei lauter Musik – natürlich Christmas Rock – ihre Wohnung. Den Weihnachtsbaum platzierte sie in der Ecke zwischen dem zweiten Gaubenfenster und der Terrassentür, so dass sie diese noch öffnen konnte, und stellte die Kisten mit Weihnachtsdekoration um sich herum auf.

Draußen fielen inzwischen unaufhörlich dicke Flocken und auf der Terrasse lagen bestimmt schon fünfzig Zentimeter Schnee. Sie lächelte. Endlich! Das gehörte einfach zur Vorweihnachtszeit dazu.

Passend zur Stimmung wählte sie ruhigere Weihnachtsmusik aus und machte sich daran, ihre Wohnung und den Baum in Silber, weiß und grau zu verschönern. Und danach würde sie es sich mit Tee und Strickzeug auf der Couch gemütlich machen.

 

2.

 

Willkommen in Frost Creek! Schön, Sie wiederzusehen!

Beim Anblick des Ortseingangsschildes verzog Jefferson Parker das Gesicht und nahm Gas weg, so dass der Hybridantrieb auf den Elektromotor umschaltete. Schnell zog er ein letztes Mal an der Zigarette und schnippte die Kippe durch den Fensterspalt, dann ließ er die beiden vorderen Fenster komplett herab, um den Wagen zu lüften. Ihm fröstelte, als er langsam die frisch geräumte Straße Richtung Ortsmitte entlangfuhr und im Dämmerlicht die Schneemengen betrachtete, die sich links und rechts davon über einen Meter hoch auftürmten. Seitdem er fortgegangen war, hatte er nicht mehr so viel Schnee erlebt.

Wieder verzog er das Gesicht. Wenn es nach ihm ginge, würde er sich noch immer von dieser beschissenen Kleinstadt fernhalten, in der er aufgewachsen war. Aber aktuell gab es keinen anderen Ort, an den er gehen konnte. Er brauchte die beiden Menschen, die ihm mehr Eltern gewesen waren, als seine Erzeuger.

Dad weiß, was ich tun muss.

Er seufzte und strich sich über die Augen. Er war so unglaublich müde, seit Wochen schon, und die fast sechsstündige Fahrt hier herauf hatte ihn noch zusätzlich erschöpft. Außerdem waren stur geradeausführende Highways nicht wirklich anspruchsvoll, so dass sein Hirn immer wieder die Szenen durchspielte, die ihn zu dieser Fahrt gezwungen hatten. Insbesondere das Gespräch mit seinem Captain.

Also fraßen die Zweifel und Selbstvorwürfe sich tiefer in seine Eingeweide. Wie er sich drehte und wendete, er sah nur Trümmer um sich herum, durch die es keinen Ausweg gab. Und niemand anderes war schuld daran, nur er allein.

Die nächste Ampel schaltete auf Rot und Jeff hielt an der Kreuzung, hinter der das Zentrum der Stadt begann. An diesem Sonntagnachmittag herrschte nicht viel Verkehr und so nutzte er die Gelegenheit, sich bei der Weiterfahrt umzusehen. Alles war bereits weihnachtlich geschmückt, mit Dekoration und Lichterketten, und der Schnee tat sein Übriges, um Frost Creek ein beinahe zauberhaftes Glitzern zu verleihen. Fast wie in einer Schneekugel.

Ob es den Laden noch gab, der genau davon eine große Auswahl verkaufte?

Er schüttelte den Kopf und grummelte. Seit wann interessierte ihn so etwas?

Mit Druck auf beiden Tasten ließ er die Fenster hinaufgleiten und verließ die Stadt am anderen Ende wieder. Wenige Kurven später bog er auf die Zufahrt zum Haus seiner Adoptiveltern ein. Auch hier türmte sich der Schnee, aber der Bereich vor der offenstehenden Doppelgarage und der Weg zur Haustür waren ordentlich geräumt.

Der Dodge Charger des Sheriffs fehlte auf dem Platz neben dem Ford seiner Mutter. Er selbst stellte seinen Toyota ganz rechts auf der geräumten Fläche ab, um niemanden zu behindern, und schaltete den Motor aus. Einen Moment lang hielt er sich am Lenkrad fest und betrachtete das hellgraue Haus, aus dessen Sprossenfenstern im Erdgeschoss warmes Licht auf den Schnee fiel. Seine gesamte Teenagerzeit hatte er hier verbracht, im Dachgeschoss über der Garage. Diese Jahre waren nicht übel gewesen, im Vergleich zu den zehn Jahren davor sogar das reinste Paradies. Maryanne und Clive hatten ihm ein richtiges Zuhause gegeben, Wärme, Liebe, und nach zwei oder drei Jahren begann er, sie Mom und Dad zu nennen. Trotzdem konnte er es kaum erwarten, mit 18 zum Studium nach New York zu verschwinden und Kriminalpolizist zu werden.

Mit einem Seufzen stieg er aus, holte seine Reisetasche aus dem Kofferraum und stapfte zur Haustür hinauf. Nur wenige Sekunden nach dem Klingeln wurde diese aufgerissen und Maryanne Parker strahlte ihn an. Gleich darauf verblasste das Lächeln und ihre Augen füllten sich mit Sorge.

»Oh, Jeff.« Sie legte ihm die Hände ums Gesicht.

Zu Hause!

»Hi, Mom!« Er rang sich ein schiefes Lächeln ab. Seine Brust zog sich schmerzhaft zusammen, Tränen brannten ihm in den Augen, doch er drängte das verärgert zurück.

Stattdessen ließ er sich in ihre Arme hinabsinken und erwiderte die Umarmung mit dem freien Arm. Einige Minuten stand er nur da, mit geschlossenen Augen, und genoss die Wärme und den vertrauten Duft seiner Mutter.

Als sie sich schließlich von ihm löste und ihn ins Haus bugsierte, merkte er genau, dass sie genauso um Beherrschung rang.

»Komm rein, mein Junge, das Essen ist fast fertig.« Maryanne schob ihn zur Garderobe. »Lass alles erst einmal hier, wir gehen in die Küche. Möchtest du einen Kaffee?«

»Ja, gerne.« Er stellte die Tasche neben der Treppe ab, schlüpfte aus der Jacke und hängte sie auf den nächsten freien Haken. Dann folgte er ihr ins gemütliche Herz des Hauses.

Bis auf den moderneren Esstisch mit sechs Stühlen hatte sich in diesem Raum kaum etwas verändert – die holzverkleidete Küche mit den hellen Arbeitsflächen aus Stein, der Duft nach Vanille und Zimt - und das berührte ihn erneut. Natürlich war er in den letzten fünfzehn Jahren manchmal zu Hause gewesen, eher selten, aber genau jetzt fühlte es sich an, als ob er in der Vergangenheit ankam.

»Setz dich schon mal hin!«, wies sie ihn an und ging zu dem Kaffeevollautomaten hinüber. Okay, der war wohl auch neu. »Noch immer schwarz?«

»Klar.« Jeff musste schmunzeln. Er zog den Stuhl hervor, an dessen Position am alten Tisch er immer gesessen hatte, und ließ sich darauf fallen. Während seine Mutter ihnen Kaffee zubereitete, lauschte er dem Klimpern des Geschirrs und dem Brummen des Mahlwerks. Er ließ den Blick über ihren zierlichen Körper wandern, der so viel stärker war, als er aussah. »Wann kommt Dad?«

»Vielleicht in einer halben Stunde, du weißt ja, das kann man nie so genau vorhersagen.«

Sie kam zum Tisch, stellte ihm den Kaffee hin und nahm mit ihrem Cappuccino ihm gegenüber Platz. »Wie war die Fahrt?«

»Monoton und anstrengend. Warum hast du mir vorgestern nicht gesagt, dass so viel Schnee liegt?« Jeff führte die Tasse an den Mund und nippte vorsichtig an dem aromatischen Gebräu.

Sie lachte. »Weil es erst in der Nacht danach angefangen hat, zu schneien. Und das hat bis gestern Abend angehalten.«

»In New York vergisst man echt, wie schnell das hier oben gehen kann.«

Maryanne stellte ihre Tasse ab und betrachtete ihn mit diesem Blick, den er in der ersten Zeit ihres gemeinsamen Lebens beinahe täglich gesehen hatte. Eine Mischung aus Sorge, Wärme und Zuversicht. »Wie geht es dir? Du siehst schlecht aus.«

»Nun, das trifft es ganz gut.«

»Was ist passiert? Es macht mich wahnsinnig, dass du am Telefon nichts sagen wolltest.«

»Ehrlich gesagt möchte ich auch heute noch nicht darüber reden. Ich muss erst einmal runterkommen. Und schlafen. Ist das okay?« Er blickte sie über den Rand der Tasse hinweg an.

»Natürlich, das weißt du doch.« Maryanne griff nach seiner freien Hand und drückte sie.

»Danke!«

»Soll ich dir zur Ablenkung vielleicht den neuesten Klatsch erzählen?«

Er lachte leise. »Von mir aus.«

»Prima. Also gut, lass mal überlegen ...« Sie schürzte die Lippen. »Dein Schulfreund Mason ist zurück in der Stadt, er hat die Feuerwache übernommen, als der alte Chief starb.«

Melancholie breitete sich in ihm aus. »Das ist ja mal eine gute Nachricht. War er nicht vorher in L.A.?«

»Stimmt genau. Ich weiß nur, dass es dort ein Unglück gab, wegen dem er dort gekündigt hat und zurückgekommen ist. Etwas Genaueres weiß ich leider nicht, aber ihr werdet bestimmt die Zeit finden, euch auf ein Bier zu treffen.«

»Ja, bestimmt.« Seine Mutter erzählte weiter, doch er blendete das aus. Er und Mason waren gute Kumpel gewesen und hatten denselben Wunsch gehabt – eine Karriere in ihrem jeweiligen Traumberuf, in einer Großstadt. Sollten sie jetzt etwa aus einem sehr ähnlichen Grund wieder hier sein? Nein, im Gegensatz zu Mason wollte er nicht bleiben. Gleich nach Neujahr fuhr er zurück nach New York.

»Du hörst mir gar nicht mehr zu.«

»Was?« Jeff blinzelte, setzte sich auf und schaute seine Mutter an.

»Schon gut, mein Schatz.« Sie tätschelte seine Hand. »Geh ins Bett und schlaf dich mal richtig aus. Oder willst du auf das Abendessen warten?«

»Nein, ich habe gar keinen richtigen Appetit«, gab er zu und stürzte den Rest Kaffee herunter.

»Dann ab ins Bett mit dir!« Maryanne stand auf, ging zu einem der Küchenschränke und holte eine Flasche Wasser heraus. »Hier, nimm die mit. Schlaf einfach, so lange du willst. Du musst auf niemanden von uns Rücksicht nehmen, und wenn keiner da ist, weißt du ja, wo du alles findest. Im Zweifel rufst du mich an.«

»Okay. Danke, Mom!« Er stemmte sich hoch, nahm die Flasche und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Du bist die Beste, weißt du das?«

Sie lachte auf. »Oh, das höre ich tatsächlich öfter.«

»Weil es die Wahrheit ist. Bis morgen!«

»Schlaf gut, mein Schatz!«

Er ging hinaus in den Flur, schulterte seine Reisetasche und schleppte sich die Treppe zum Obergeschoss hinauf. Bog nach rechts ab und öffnete die Tür am Ende des Flurs, schaltete das Licht ein. Überwältigt von dem vertrauten Anblick seines eigenen kleinen Reichs schloss er die Tür hinter sich und ließ seine Tasche danebenfallen. Noch immer tauchten die Deckenstrahler das winzige Wohnzimmer mit Couch, Fernseher und Playstation in warmes Licht. Dahinter, auf einem Podest am Ende des Dachgeschosses, stand sein altes Futonbett unter den beiden Dachfenstern. Alles schien frisch geputzt und bezogen, und es roch angenehm nach dem Zitronenputzmittel seiner Mutter.

Wie früher!

Niemals hätte er angenommen, das mal zu denken, aber er war tatsächlich froh, hier zu sein.

Die Anspannung fiel ein gutes Stück weit von ihm ab. Dafür schlug die Müdigkeit über ihm zusammen, sodass er sich einfach nur an Ort und Stelle auszog und die Sachen liegenließ. Die Flasche Wasser stellte er neben dem Bett ab, dann löschte er das Licht und kroch in Slip und Shirt unter die Bettdecke. Kaum hatte er es sich gemütlich gemacht, stieß er ein erleichtertes Seufzen aus und schlief kurz danach ein.

 

3.

 

Der ungeheuer anregende Geruch von Kaffee, Rührei und Speck stieg Jeff in die Nase, sobald er die Treppe zum Untergeschoss erreichte, und sein Magen reagierte mit einem vernehmlichen Knurren darauf. Was ungewöhnlich für ihn war, nach einem Abendessen wie den Steaks, die er gestern mit seinem Vater und Mason im Frosts Inn genossen hatte. Ob es daran lag, dass seine Lebensgeister zurückkehrten?

Er hatte bis zum frühen Nachmittag geschlafen, ausgiebig geduscht und sich dann mit einer Tasse Kaffee auf die Veranda hinterm Haus verkrümelt, um eine Zigarette zu rauchen. Schon nach drei Zügen verzog er das Gesicht und drückte sie im Gästeaschenbecher aus, es schmeckte einfach nur grässlich. Auch gut.

Dort saß er eine Zeitlang, trank Kaffee und schaute auf den Schnee im Garten sowie den Feldern und Bäumen dahinter. Seine Gedanken trieben dahin, von Belanglosigkeiten zu Kleinkram, und landeten schließlich in der Vergangenheit, seiner Teenagerzeit in diesem Haus.

Irgendwann kam die Nervosität, vor der Begegnung mit seinem Vater und der unausweichlichen Beichte, die er ablegen musste. Erst wenn Clive Parker sämtlliche Details kannte, würde er seinem Sohn einen Rat geben können.

Doch es lief anders als erwartet. Kein Wort über New York oder was ihn herführte. Er schloss Jeff umstandslos in die Arme und hieß ihn willkommen. Und gleich darauf verkündete er, sie würden sich mit Mase zu einem Männerabend treffen. Weil der anscheinend Redebedarf hatte.

Im Erdgeschoss angekommen hielt Jeff sich am Antrittspfosten der Treppe fest, schwang herum und lief in die Küche. »Guten Morgen, Mom!«

Sie saß am Küchentisch, in der linken Hand eine Kaffeetasse, und sah lächelnd von ihrem Buch auf. »Jeff, guten Morgen!«

Unter dem Tisch wurden Geräusche laut, ein Schaben und Klickern, dann eilte der altdeutsche Schäferhund schwanzwedelnd auf ihn zu.

»Morgen, Officer!«, begrüßte Jeff ihn, legte die Hände um seinen Kopf und kraulte ihn kräftig hinter beiden Ohren.

»Hast du Hunger?«

»Und wie«, gab er zu, ließ von dem Polizeihund ab und ging zum Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. »Ist Dad noch da?« Nein, das konnte eigentlich nicht sein, es war fast neun Uhr.

»Du meinst, weil Officer hier ist?« Maryanne lief zum Kühlschrank und holte Eier, Speck und Butter heraus.

»Ja.«

Sie schüttelte den Kopf und nahm eine Schüssel aus dem Unterschrank, die Pfannen standen noch auf dem Herd, einmal ausgewischt. »Officer muss heute zu Dr. Scott, er braucht noch eine Impfung. Und ich hatte gehofft, ich könnte dich überreden, das zu übernehmen. Ich habe so viel zu erledigen, bevor ich in die Bibliothek muss.«

»Dr. Scott? Ist der neu?«

»Äh ... ja. Seit fast zwei Jahren.«

»Okay, kein Problem. Wann macht er auf?« Er nahm sich eine Tasse aus dem Schrank und stellte sie unter den Auslauf des Kaffeevollautomaten.

»Um zehn. Danke, du bist ein Schatz.«

»Ich weiß.« Mit einem Grinsen tippte er auf die entsprechende Taste und das Mahlwerk begann zu arbeiten.

Maryanne schlug drei Eier in die Schüssel und verquirlte sie mit der Gabel, dann gab sie Butter in die eine Pfanne und ein paar Speckscheiben in die andere. »Wie war es denn gestern Abend?«

»Cool«, gab er zu. »Mase und ich haben echt einiges nachzuholen, aber es war beinahe wie früher. Wusstest du, dass er schwer verknallt ist?«

Seine Mutter lachte. »Ja, dein Vater hat es erwähnt. Da gibt es wohl ein paar Anlaufschwierigkeiten.«

»Mandy ist doch die Kleine vom Friseurladen, oder? Sie ist ein paar Jahre jünger.«

»Genau, sie hat den Laden von ihrem Vater übernommen.«

»Tja, bleibt zu hoffen, dass Mase es nicht ganz versaut hat.« Er nahm seinen Kaffee, drehte sich um und lehnte sich mit dem Hintern an den Rand der Arbeitsfläche.

»Ich denke, das wird schon.« Sie holte einen Teller aus dem Schrank. »Möchtest du Toast?«

»Gerne.«

Also nahm sie eine Scheibe aus der Packung und schob sie in den Toaster. Dann prüfte sie die Hitze der Pfanne, in der die Butter zerlief. Der Speck begann zu brutzeln.

»Und wie sieht es bei dir aus? Eine Frau in Sicht?«

Jeff verzog das Gesicht. »Nein. Ich scheine da ebenfalls kein glückliches Händchen zu haben, ich versaue es auch ständig.«

»Du setzt den Job an erste Stelle, ich glaube, das ist das Problem.«

Prompt versteifte er sich, er musste sich verteidigen. »Ich trage enorme Verantwortung, das wollte noch keine Frau akzeptieren.«

»Nun, die Richtige würde es, aber ...«

»Die ist mir bis jetzt noch nicht begegnet«, wehrte er rüde ab und ging zum Tisch, um sich auf seinen Stuhl fallen zu lassen. Er hörte seine Mutter seufzen.

»Dein Job macht dich auf Dauer nicht glücklich«, stellte sie fest und gab das Ei in die heiße Pfanne.

Er starrte in seinen Kaffee und hörte, dass Officer sich zu seinen Füßen niederließ.

Das weiß ich auch, verdammt!

Sie schwiegen, bis Maryanne ihm den Teller vor die Nase stellte, Besteck und Serviette danebenlegte. »Guten Appetit!«

»Danke, Mom!«

»Darf ich fragen, ob du gar keine Frau möchtest? Eine Familie?«

»Daran habe ich noch keinen Gedanken verschwendet«, meinte er und aß die erste Gabel voll Rührei. Als sich das Aroma in seinem Mund entfaltete, hätte er am liebsten aufgeseufzt. Warum schmeckte es bei seiner Mutter immer extra gut?

»Nun, vielleicht solltest du das endlich tun, du wirst nicht jünger«, entgegnete sie mit Nachdruck und nahm ihre Tasse vom Tisch, um sich einen Cappuccino zu holen.

»Vielen Dank auch«, grummelte er und schob sich eine Scheibe Bacon in den Mund.

»Wann warst du das letzte Mal mit einer Frau zusammen?«

Er verschluckte sich beinahe am Speck und sah auf. »Mom!« Sie stand mit dem Rücken zu ihm und wählte mit Nachdruck einen Cappuccino aus.

»Herrgott, ich will nicht wissen, wann du das letzte Mal Sex hattest.« Jetzt klang sie wirklich verärgert. »Wann war deine letzte Beziehung?«

Jeff schüttelte den Kopf, es war wie früher, sie nahm noch immer kein Blatt vor den Mund. »Keine Ahnung, zwei Jahre oder so.«

»Warum ist es vorbei?«

»Sie meinte, ich hatte nicht genug Zeit für sie.«

»Hast du sie geliebt?«

Sein Magen verkrampfte sich, doch er konnte sich nicht dagegen wehren, ihr zu antworten. Auch das würde sich wohl niemals ändern. »Nein.«

Mit einem Seufzen nahm sie ihre Tasse und kehrte zum Tisch zurück. »New York hat dich abgestumpft, Jeff. Und es macht dich krank.«

»Es liegt nicht an der Stadt«, wehrte er ab.

»Nein? Woran dann? So haben wir dich nicht erzogen. Ich glaube, du würdest die richtige Frau nicht einmal erkennen, wenn sie direkt vor dir steht.«

Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit einer Standpauke dieser Art. »Und was soll ich, deiner Meinung nach, tun, um das zu ändern?«

Seine Mutter schwieg, bis er aufsah. »Darüber reden wir, wenn du bereit bist.«

»Wie meinst du das?«

»Das weißt du ganz genau.«

Er schluckte und richtete sich auf. Nein, sie konnte unmöglich wissen, was in New York passiert war. Aber ... ahnte sie etwas?

Ihr Gesichtsausdruck wurde weich. »Du magst vielleicht nicht mein leiblicher Sohn sein, Jeff, aber ich bin trotzdem deine Mutter. Ich spüre, dass etwas in dir vorgeht. Und ich sehe, was es mit dir macht. Trotzdem werden weder Dad noch ich dich dazu zwingen, uns davon zu erzählen. Das musst du von ganz allein tun.«

Er nickte und senkte den Kopf. »Ich weiß.«

Obwohl ihm der Appetit vergangen war, schlang er die letzten Bissen hinunter, wischte sich den Mund ab und legte Besteck sowie Serviette auf den Teller.

»Wann triffst du dich wieder mit Mason?«, wechselte Maryanne Thema und Stimmlage.

Erleichtert trank Jeff von seinem Kaffee. »Mal sehen. Wir haben unsere Nummern ausgetauscht und wollen mal eine Runde Pool spielen gehen.«

»Klingt gut. Er verkriecht sich zu sehr in seiner Feuerwache. Und du kannst das auch gut gebrauchen.«

Eigentlich wollte er die Vergangenheit nicht wieder aufwärmen und auch keine Freundschaften in dieser zu engen Stadt aufleben lassen. Doch er musste zugeben, dass der gestrige Abend sich nicht unangenehm angefühlt hatte. Vielleicht würden die Wochen hier ganz nett werden.

Nach dem Essen trank er noch eine Tasse Kaffee, dann wurde es Zeit, zum Tierarzt zu fahren. Er stellte die Ersatztransportbox aus der Garage in seinen Kofferraum und ließ Officer hineinspringen, die Leine landete daneben. Seine Mutter reichte ihm den Hundeausweis.

»Muss ich irgendetwas wissen?« Jeff steckte ihn ein und sah sie an.

»Nein, er ist mit allen Hunden sehr verträglich, besonders mit Doktor Scotts. Und Katzen bringt er den nötigen Respekt entgegen.«

»Okay. Soll ich ihn dann zu Dad bringen?«

»Ja, kannst du. Hast du noch etwas vor?«

»Nichts Bestimmtes. Vielleicht fahre ich ein bisschen durch die Gegend und gucke, was sich so getan hat.«

»Mach das. Bis später!«

»Bis heute Abend!« Jeff stieg in seinen Wagen und machte sich auf den Weg zur Tierarztpraxis, die auf der anderen Seite der Stadt lag, auf halbem Weg zum Waldgebiet mit dem kleinen See in der Mitte. Er musste grinsen, wenn er sich daran erinnerte, wie oft sie als Jugendliche dort gebadet hatten, obwohl das Wasser eiskalt war.

Nur zwei Autos standen auf dem Parkplatz vor dem quadratischen Haus mit der Veranda vorn und dem Obergeschoss, das nur aus Gauben mit bodentiefen Doppelfenstern zu bestehen schien. Im Gegensatz zu seiner Kindheit war es nun in strahlendem Weiß gestrichen und die Fensterrahmen waren farblich an das schiefergraue Dach angepasst worden. Die Praxis betrat man über die Veranda, an der Seite befand sich ein separater Eingang zur Privatwohnung im Obergeschoss. Soviel er wusste, besaß die auf der Rückseite eine Terrasse, von der aus eine Treppe in den überschaubaren Garten hinabführte.

Jeff öffnete Heckklappe und Box, leinte Officer an und ließ ihn hinausspringen. Dann schloss er den Wagen und lief mit ihm über den freigeschaufelten Weg zur Veranda. Er schob die Tür auf, trat mit dem Polizeihund ein und blieb erstaunt stehen. Baulich hatte sich nichts verändert, aber die helle, moderne Gestaltung der Räume strahlte eine anziehende Gemütlichkeit aus. Sie standen in dem offenen Eingangsbereich mit Empfangstresen, rechts davon begann sofort der Wartebereich, links gab es zwei Behandlungszimmer. Außerdem war alles weihnachtlich dekoriert, mit Tannenzweigen, ein paar goldenen Schleifen, roten Kugeln und Kerzen, und es roch nach Punsch und Plätzchen.

Hinter dem Empfang tauchte ein weiblicher Kopf mit hellgrauem Bob auf, in dem ein Haarreifen steckte.

»Hallo, kommen Sie näher!«, rief eine unerwartet junge Stimme. Als er ihrer Aufforderung folgte, bemerkte er, dass die Frau in blauer OP-Kleidung und mit der dicken Strickjacke darüber höchstens Anfang zwanzig und das Haar gefärbt war. Aus dem herzförmigen Gesicht funkelten ihn ebenso graue Augen an. »Kann ich Ihnen helfen?«

»Oh, äh, ja.« Er lachte leise. »Ich bin Jefferson Parker und bringe Officer zur Impfung.«

Jennifer, wie das Namensschild verkündete, stand auf und warf einen Blick über den Tresen. »Hey, Officer!«

Jeff sah auf den Hund hinab, der die Lefzen hochzog und die Tierarzthelferin anhechelte.

»Haben Sie den Ausweis dabei?«

»Ja, klar.« Er zog ihn aus der Tasche und legte ihn auf den Tresen.

Sie nahm ihn, begutachtete Jefferson mit geschürzten Lippen und warf ihm schließlich ein freches Lächeln zu. »Und Sie sind also der Sohn von Clive und Maryanne, ja?«

Innerlich verdrehte er die Augen, die Kleine war ja noch ein Kind. »Ja, sieht so aus.«

»Schön, dass Sie mal wieder in der Stadt sind.« Sie klimperte mit den Wimpern und wandte sich dann ihrem Computer zu.

Hinter ihr bemerkte Jeff eine Bewegung, ein großer, hellbrauner Hund richtete sich in seinem Korb auf und gähnte. Dann tapste er steifbeinig heraus und dehnte sich ausgiebig. Schließlich kam er um den Tresen herum und die beiden Hunde begrüßten sich schwanzwedelnd. Er kam auch zu Jeff, der ihm die Hand zum Schnuppern hinhielt. Die leckte der Hellbraune einmal ab, bevor er sich wieder in seinen Korb verabschiedete.

»Gut, dann nehmen Sie doch noch einen Moment Platz!« Jennifer gab ihm den Hundeausweis zurück und deutete zum Wartezimmer. »Und bedienen Sie sich gerne bei Kaffee und Plätzchen, vom Doc persönlich gebacken.«

Er runzelte verwirrt die Stirn. Ein Arzt, der Plätzchen backte?

»Danke.« Er führte Officer in den Wartebereich, nickte einer Dame mit Katzenkorb auf dem Schoß zu und blieb vor einer überaus faszinierenden Konstruktion stehen. Ein alter aufgearbeiteter Holzschrank, hellgrau gestrichen und mit Schubladen im unteren Bereich, bei dem die Türen der oberen Hälfte entfernt worden waren.

---ENDE DER LESEPROBE---