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"Gamemaker - Seine Regeln": Der erste Teil der dreiteiligen Chapter-by-Chapter-Veröffentlichung des Mega-Bestsellers aus den USA!
Als die Studentin Natalie Porter in einer Bar einem atemberaubend attraktiven Mann begegnet, ahnt sie noch nicht, dass es sich um den Leibwächter handelt, den ihr unbekannter Vater geschickt hat, um sie zu beschützen. Alexandr Sevastyan nimmt sie mit nach Russland in eine Welt des Reichtums und des Überflusses. Doch mit jedem Tag in seiner Gesellschaft verfällt Natalie mehr seinem düsteren Charme und seinem Versprechen, ihre verbotensten Wünsche zu erfüllen.
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Seitenzahl: 225
Titel
Über dieses Buch
Prolog
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Anmerkung der Autorin
Über die Autorin
Impressum
KRESLEY COLE
Gamemaker
Seine Regeln
Ins Deutsche übertragen
von Bettina Oder
Als die Studentin Natalie Porter in einer Bar einem atemberaubend attraktiven Mann begegnet, ahnt sie noch nicht, dass es sich um den Leibwächter handelt, den ihr unbekannter Vater geschickt hat, um sie zu beschützen. Alexander Sewastian nimmt sie mit nach Russland in eine fremde Welt des Reichtums und des Überflusses. Doch mit jedem Tag in seiner Gesellschaft verfällt Natalie mehr seinem düsteren Charme und seinem Versprechen, ihre verbotensten Wünsche zu erfüllen …
Von: [email protected]
Gesendet: Samstag, 14:51
Betreff: Spannen Sie mich nicht auf die Folter …
Lieber Mr Zironow,
es tut mir leid, Sie mit E-Mails zu bombardieren, aber ich bin so aufgeregt wegen der möglichen DNA-Übereinstimmung, die Sie letzten Monat entdeckt haben. Nachdem ich nun schon seit sechs Monaten nach meinen biologischen Eltern suche, würde ich schrecklich gerne hören, was es Neues gibt, selbst wenn sich der Hinweis als falsch herausgestellt haben sollte. Ich habe versucht, Sie anzurufen, aber Ihre Mailbox ist voll. Ich habe nicht genug Geld, um mit einem neuen Ermittler noch einmal von vorne anzufangen, also würden Sie bitte, bitte antworten?
Mit freundlichen Grüßen
Natalie Porter
Von: [email protected]
Gesendet: Donnerstag, 01:14
Betreff: Antwort dringend erwartet!
Lieber Mr Zironow,
langsam beginne ich mir Sorgen zu machen. Bitte antworten Sie mir. Sie haben mir solche Hoffnung gemacht, dass ich bald meine Mutter und meinen Vater finden könnte. Ich kann Ihnen meine letzten Ersparnisse überweisen. Alles, was Sie nur wollen.
Aber Sie müssen mir unbedingt antworten.
Mit freundlichen Grüßen
Natalie
Gesendet: Donnerstag, 01:15
Betreff: Mail delivery failed
The following address(es) failed: [email protected]
Mailbox is FULL
»Muttersöhnchen. Serienbetrüger. Spaßbremse. Niete im Bett.« Bei jedem Kerl, der die Studentenbar auf dem Campus betrat, tat ich meinen betrunkenen Freundinnen meinen ersten Eindruck kund.
Ich hatte eine geradezu unheimliche Fähigkeit, Männer zu durchschauen – ich war eine regelrechte »Mannalytikerin«. Mein Geheimnis? Ich sah immer das Negative, und die Kerle, tja, die passten sich immer meinem Urteil an.
Die Mädels am Tisch – ein paar Freundinnen meiner Zimmergenossin und ein paar von meinen – sahen mich an, als ob ich eine Comedyshow ablieferte. Ihre Komiker-Freundin. Dafür waren die Getränke gratis.
Nach der Woche, die ich hinter mir hatte, kam dieses Abendessen, das aus Tequila, Salz und Zitrone bestand, genau richtig.
»Du solltest lieber aufpassen, meine pingelige Prüde, sonst nimmst du dein Jungfernhäutchen noch mit ins Grab. Wie eine Hautwucherung«, flüsterte mir meine beste Freundin Jessica ins Ohr.
Sie allein wusste, dass ich noch Jungfrau war – und warum. »Das war ein Tiefschlag, Jess«, sagte ich ruhig. Genau wie bei ihr brauchte es einiges, um mich aus der Ruhe zu bringen, was einer der Gründe war, warum wir so gute Zimmergenossinnen waren.
Davon abgesehen waren wir so verschieden wie nur möglich. Sie hatte lange Beine, gebräunte Haut, funkelnde blaue Augen und kurz geschnittenes schwarzes Haar. Ich hingegen war klein, hatte ordentlich Oberweite, langes, rotes Haar und eine Haut, so weiß wie ein Porzellanwaschbecken.
Ich war ein lernbesessener Workaholic, der an seiner Dissertation in Geschichte arbeitete. Nach Jahren nicht abgeschlossener Seminare hatte Jess endlich einen Blick in die grundlegenden Kurse ihres Hauptfachs – Freizeitwissenschaft – geworfen und prompt entschieden, dass die Uni nur was für »jämmerliche Verlierer« wäre, die auf so einen »Scheiß« stünden. Obwohl das Semester in vollem Gang war, würde sie morgen zusammen mit ihrer reichen Familie auf eine Reise zu den griechischen Inseln aufbrechen.
Eine weitere Runde Tequila kam bei uns an, spendiert von einem Trio Verbindungsstudenten, die ein paar Tische weiter saßen. Wir hoben unsere Gläser, und dann leckten, klopften und saugten wir pflichtgemäß. Den Tequila, nicht die Jungs.
Während andere Frauen diese Typen, die man oberflächlich attraktiv hätte nennen können, angeblickt und potenzielle Partner oder auch einen guten One-Night-Stand in ihnen gesehen hätten, sah ich nur drohendes Kopfweh. Andere Frauen machten die Drinks und ihre Aufrisse heiß; mich hingegen ließ das alles einfach kalt.
So war ich nicht immer gewesen.
»Nimm dir die Jungs mal vor, Nat!«, rief unsere Freundin Polly. Sie war ein kräftiges, mit Mais gemästetes Mädchen aus Nebraska. Die Farm ihrer Familie befand sich in einer Kleinstadt bei Lincoln, nur wenige Kilometer von unserer entfernt. Das heißt, es war ja nicht mehr unsere Farm, nachdem Mom letztes Jahr alles verkauft hatte.
»Viel zu leicht«, sagte ich, da ich das Trio natürlich längst abgecheckt hatte. Der erste Kerl hatte unaufhörlich die Sportergebnisse im Fernsehen verfolgt, während sein Bein auf und ab wippte. Der zweite war ein trübseliges Häufchen Elend, dessen eigene Freunde angesichts seiner Betrunkenheit die Augen verdrehten. Der dritte war fanatisch perfekt gekleidet, gepflegt und überprüfte ständig sein Aussehen im Spiegel hinter der Bar.
»Von links nach rechts?«, fragte ich. »Unverbesserlicher Spieler, Gewohnheitstrinker, und – wie sag ich es am besten? – der Dritte verfügt über eine eher bescheidene Ausstattung.«
Ich seufzte. Yep, diese Kerle waren einfach zu leicht zu durchschauen. Wo blieb denn da der Reiz? Hier saß ich nun in derselben Bar in Lincoln, in die ich immer ging, mit denselben Leuten, mit denen ich immer rumhing. Morgen hatte ich Frühschicht in dem einen Restaurant und Spätschicht im anderen, und am Montag musste ich dann in meine Seminare gehen und unterrichten. In den letzten Wochen hatte ich durchschnittlich nicht mehr als fünf Stunden Schlaf pro Nacht gekriegt. Was machte ich überhaupt hier?
Aber schlafen konnte ich schließlich immer noch, wenn ich tot war.
»Ich habe mir meine Beute für heute Abend ausgesucht«, verkündete die schöne Jess. »Der mit der bescheidenen Ausstattung gehört mir.« Wie gewöhnlich würde sie eine weitere Eroberung abschleppen und mit zu ihm gehen, damit sie abhauen konnte, sobald sie mit ihm fertig war. »Diese Sorte Mann«, fuhr sie ungeniert fort, »sieht normalerweise zu, dass sie jegliche Defizite mit dem Mund wettmacht. Ist echt wahr.«
»Du solltest lieber aufpassen, liebe Jessebel«, ermahnte ich sie, »sonst ziehst du dir einen weiteren Bewunderer an Land, der wie eine Klette an dir klebt.«
»Ich kann doch nichts dafür, dass das hier« – sie zeigte auf ihren Schritt – »das Bermudadreieck ist und jeder Typ, der sich dorthin wagt, einfach nicht mehr wegwill.«
Ich tippte mir gegen das Kinn. »Oh, und ich dachte, du nennst es so, weil es schon so viele Matrosen eingesaugt hat.«
»Das ist absolut zutreffend«, brachte sie zwischen Anfällen schallenden Gelächters heraus.
Jetzt konnten wir darüber lachen, aber ich hatte die Folgen ihrer Affären schon erlebt: die Verzweiflungsgeschenke, die nächtlichen Anrufe, das Stalking.
Was für einen Sinn sollte dieses Drama haben? Diese ganze Angst? Verabredungen, Liebe und Sex wurden allesamt überbewertet, wie ich Jess schon wiederholt zu erklären versucht hatte. Dann setzte sie immer dieses geheimnisvolle Lächeln auf und sagte: »Eines Tages wird es dich wie aus heiterem Himmel treffen. Ich hoffe nur, dass ich das miterleben darf.«
Als das Lachen abgeflaut war, meinte Polly: »Nimm dir doch den da«, und wies mit einer Hand auf die Tür.
»Na schön.« Ich seufzte aus purer Langeweile – verdien dir deinen Alk, du Comedy-Schlampe – und drehte mich zum Eingang um. Um dort den bestaussehenden Mann zu sehen, dem ich je begegnet war.
Seine Augen leuchteten golden und standen in krassem Gegensatz zu seinem dichten schwarzen Haar, das er ziemlich lang trug, sodass es bis auf den Kragen reichte. Er hatte eine römische Nase, die vermutlich schon mal gebrochen gewesen war, und eine rasiermesserdünne Narbe, die sich über beide Lippen zog. Ein Kämpfer?
Das passte allerdings nicht zu seiner teuren Kleidung: maßgefertigter schwarzer Mantel, Hemd, dunkelgraue Anzughose, schwarze Lederschuhe und Gürtel. Durch Jess hatte ich genug über Mode gelernt, um einen guten Stoff zu erkennen. Sein Outfit kostete vermutlich mehr als meine gesamte Garderobe.
Als er an der Bar stand und einen Drink bestellte, sah ich, dass er an der einen Hand drei Ringe trug sowie einen Ring am Daumen seiner anderen Hand und dass ein verrucht aussehendes Tattoo aus seinem gestärkten Kragen herauslugte.
Er war groß, schlank, aber kräftig gebaut, und sah aus wie vielleicht neunundzwanzig oder dreißig, doch sein Gesicht wirkte erschöpft wie das eines älteren Mannes. Mit diesen rauen Gesichtszügen wirkte er auf gewisse Weise gut aussehend, wenn auch nicht im klassischen Sinne.
Ihn umgab eine Aura von Ennui, doch zugleich wirkte er extrem wachsam. Was zur Hölle sollte das? Mein innerer Mannalysator surrte verwirrt. Kann nicht berechnet werden!
Ich konnte fühlen, dass meine Freundinnen mich anstarrten, aber ich stand auf dem Schlauch. »Ich … ich weiß nicht.« War er ein Raufbold, ein reicher Playboy oder beides? Zu allem Überfluss spürte ich auch noch die Kopfnote Europäer – zusammen mit starken Untertönen von Gefahr.
Er war wie ein Geschichtsbuch, das in einer Schrift verfasst war, die ich noch nie gesehen hatte. Faszinierend.
Jess kniff mich in die Seite, um meine Aufmerksamkeit auf ihr selbstgefälliges Grinsen zu lenken. »Du kannst den Mund jetzt wieder zumachen.« In herablassendem Tonfall fuhr sie fort: »Willkommen in meiner Welt – wo erste Begegnungen immer in Zeitlupe stattfinden, begleitet von dem Song ›At Last‹ in Dauerschleife.«
Oh nein, ihre Welt war voller Angst und total überdreht. Aber warum war mein Blick nur zu diesem Mann zurückgehuscht?
»Das ist ja mal ein heißes Gerät – auf eine gewisse Art. Eine Mischung aus Cagefighter und GQ-Model.« Jess hatte offenbar nicht vor, das Thema zu wechseln. »Vermutlich kriegt der mehr nackte Frauen zu sehen als eine Klobrille. Aber er hat dich dazu gebracht, zweimal hinzusehen, was ihn zu einer seltenen und wundersamen Kreatur macht, sozusagen zum Einhorn dieser Bar. Das erfordert eine nähere Begutachtung, meinst du nicht auch?«
Ich könnte ihn befragen, ihn einordnen und anschließend alle Gedanken an ihn aus meinem Kopf verbannen. Ich war beschwipst genug, um diese Möglichkeit ernsthaft in Erwägung zu ziehen. »Sollte ich mal hingehen und mich vorstellen?«
Sie nickte. »Es sei denn, du willst eine Spielverderberin sein. Und nun ziehe vertrauensvoll von hinnen, denn du siehst heute Abend einfach wunderhübsch aus.«
Jess’ Stil war sexy-glamourös! Meiner hingegen? Wenn ich dir nicht gefalle, guck doch woanders hin, du Penner! Heute Abend trug ich allerdings einen kurzen Wildlederrock, der sich eng um meine Hüften schmiegte, und ein verführerisches rotes Oberteil – eines von Jess’ trendy, tief ausgeschnittenen Teilen. Und ausnahmsweise trug ich mal keinen Minimizer-BH.
Dieses Outfit war dadurch zustande gekommen, dass sich sämtliche Klamotten, die ich normalerweise getragen hätte – Jeans und Rolli – in einem übervollen Wäschekorb befanden. Die schwarzen, kniehohen Stiefel, die Jess mir gekauft hatte, hatte ich angezogen, um ihr zu zeigen, wie sehr ich die Dinger zu schätzen wusste.
Ich erhob mich, strich mir noch einmal das wellige Haar über die Schultern und zog den Rock hinunter, was Jess dazu veranlasste, mir zur Ermutigung einmal laut auf den Hintern zu klatschen. Als ich an ihrem Tisch vorbeikam, prosteten die jämmerliche Ausstattung und der Gewohnheitstrinker mir zu, was meinem Selbstbewusstsein nicht schadete.
Als ich den halben Weg zu dem harten Kerl zurückgelegt hatte, sah er mich an. Sein Blick wurde immer intensiver, und augenblicklich fühlte sich meine Umgebung kleiner, wärmer an. Ich unterdrückte den Drang, mir Luft zuzufächeln. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich ein wenig … schwindelig.
Als ich mich neben ihn an die Bar stellte, wandte er sich mir zu. Von Nahem sah er sogar noch einschüchternder, noch attraktiver aus. Größer, als ich gedacht hatte.
Seine fesselnden Augen hatten die Farbe von Bernstein, mit einem schwarzen Kreis drum herum.
Während mir weitere Einzelheiten auffielen – vernarbte Knöchel, Tattoos auf den Fingern unter seinen Ringen, eine glatt rasierte, gemeißelte Kinnlinie –, nahm ich die Hitze wahr, die sein riesiger Körper ausstrahlte. Dann traf mich die erste Welle seines atemberaubenden Dufts.
Frisch, männlich, berauschend.
Wie aus heiterem Himmel.
Sag was, Nat. Ich musste aufschauen, um ihm ins Gesicht sehen zu können. »Ähm, hi, ich bin Natalie.« Ich hielt ihm meine Hand hin, aber er ergriff sie nicht. Okay … Ich schluckte. »Darf ich Ihnen einen Drink ausgeben?« War das ein Wodka on the rocks, den er bestellt hatte? Er sah nicht aus, als würde er billige Cocktails trinken.
Er legte den Kopf auf die Seite und musterte mein Gesicht, genau so, wie ich die Gesichter von Männern musterte. Nach wie vor stumm wie ein Fels. Vielleicht sprach er ja nicht unsere Sprache. An der UNL gab es eine Menge ausländische Studenten. »Drink?« Ich zeigte auf sein unberührtes Glas und tat so, als würde ich etwas eingießen.
Seine Miene gab so wenig preis, dass es mir vorkam, als ob ich mit der Wand redete.
Während meine Wangen rot anliefen, murmelte ich: »Also, das ist ja prächtig gelaufen. War nett, sich mit dir zu unterhalten, Junge.« Mit gedemütigtem Lächeln drehte ich mich um –
Eine schwielige Hand schloss sich um meinen Ellenbogen, seine Ringe fühlten sich kühl an im Vergleich zu seiner Haut. Der Kontakt war so elektrisierend, dass ich erschauerte.
»Warten Sie«, sagte er. Hatte ich da den Hauch eines gerollten Rs gehört?
Mein Herz tat einen Satz. Vielleicht war er ja … Russe. Ich drehte mich wieder um, diesmal ein aufrichtiges Lächeln im Gesicht. »Kommen Sie aus Russland?«, fragte ich und fügte noch ein »Straast-wui-tje« – Hallo – hinzu.
Er hielt nach wie vor meinen Ellenbogen umfasst. Wie konnte seine Hand nur so heiß sein? Ich unterdrückte Fantasien, in denen er andere Körperteile von mir berührte und mit diesen Händen eine Spur der Hitze hinterließ …
»Dann sprechen Sie also meine Sprache?«
Bingo, ein Russe! »Ein wenig«, sagte ich entzückt. Ich konnte ihn über das Land ausquetschen, mehr über den Ort meiner Geburt erfahren! »Ich hab ein, zwei Kurse belegt.« Oder auch fünf. Für mein Studium hatte ich nachweisen müssen, dass ich eine zweite Sprache fließend beherrschte, und ich hatte Russisch gewählt.
Er blickte sich aufmerksam um, so als ob er damit rechnete, dass ihm jederzeit jemand einen Schlag verpassen könnte. Dann sah er wieder mich an. »Von allen Männern in dieser Bar haben Sie sich ausgerechnet mich ausgesucht?« Sein Englisch war sehr gut, wenn er auch mit starkem Akzent sprach. »Suchen Sie etwa Ärger?«
Mit einem Selbstbewusstsein, das ich nicht fühlte, erwiderte ich herausfordernd: »Vielleicht.« Meine Stimme klang atemlos; ich war noch immer nicht zum Durchatmen gekommen, seit er mich zum ersten Mal berührt hatte. »Bin ich fündig geworden?«
Er blickte nach unten und schien überrascht, als er entdeckte, dass er nach wie vor meinen Arm festhielt. Abrupt ließ er mich los und schien mit jeder Sekunde wütender zu werden. »Nein, kleines Mädchen, das bist du nicht.« Mit angewiderter Miene wandte er sich ab und marschierte hinaus.
Ich starrte die Tür an, während ich mit meiner Fassungslosigkeit kämpfte. Was war denn da gerade passiert? Ich hatte doch Interesse in seinem Blick gesehen, oder hatte ich mich etwa geirrt?
Doch dann hatte er sich auf einmal wie ein Vampir aufgeführt, der gerade festgestellt hatte, dass ich ein verdammter Sonnenstrahl war.
»Hey, was hast du angestellt – ihn gebissen?« – »Hast du etwa seine Männlichkeit infrage gestellt?« – »Lass mich mal deinen Atem riechen.«
Ich war lange genug in der Bar geblieben, um mir den Spott meiner Freundinnen anzuhören, denn den hatte ich verdient, und schließlich war ich keine Spielverderberin. Ich bemühte mich generell, mich nicht allzu ernst zu nehmen; immerhin nannte ich mich selbst »die Mannalytikerin«. Mein Lebensmotto: Scheiß auf sie, wenn sie keinen Spaß verstehen.
Ein paar Drinks später hatte ich mich verabschiedet und mich ziemlich betrunken auf den Heimweg gemacht, in die Bude, die ich mir mit Jess teilte, ungefähr fünf Blocks entfernt.
Es waren immer noch massenweise Studenten unterwegs, die vor der Zwischenprüfung noch einmal Dampf ablassen wollten. Es war eine kühle Herbstnacht, und der Vollmond schien hell. Ich zog meine Jacke enger um mich. So kurz vor der Ernte lag der Duft des reifen Mais in der Luft – immer eine aufregende Zeit für mich, da ich in den Tiefen meines Herzens ein Farmmädchen bin.
Ein Pärchen nach dem anderen schlenderte Hand in Hand an mir vorbei, und ich sah ihnen ein wenig wehmütig hinterher. Auch wenn ich für Männer und das ganze Drama drum herum null Toleranz hatte, hätte ich nichts dagegen, jemanden zu haben, an den ich mich in diesem Winter kuscheln könnte.
Jemanden, dem auffiel, dass meine Hände kalt waren, und der sie zwischen seine nehmen würde.
Denk nicht an den Russen, denk nicht an …
Zu spät. Ich sah mich zwar nicht unbedingt händchenhaltend und Weihnachtslieder summend mit dem Kerl über den Campus spazieren, aber irgendwas hatte er schon gehabt –
Plötzlich überkam mich das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich fuhr mit der Hand über meinen Nacken und sah mich um. Nichts als Studenten, die durch die Straßen zogen, in diverse Bars drängten oder herausströmten.
Vermutlich setzte gerade nur die Wirkung des Tequilas ein. Oder es war der Stress von dem wahnsinnigen Arbeitsprogramm diese Woche. Was die Sicherheit betraf, war das einzig Gruselige an diesem Campus seine tödliche Eintönigkeit.
Also schüttelte ich meine Unruhe ab, zog mein Handy aus der Tasche und checkte meine E-Mails. Nichts von Zironow. Langsam begann ich zu befürchten, dass mein Ermittler mich mächtig hinters Licht geführt hatte. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass mich einer von denen übers Ohr gehauen hatte. Hatte ich das Trinkgeld eines ganzen Jahres an diesen DNA-Schwachkopf vergeudet?
Ich hatte eine E-Mail von Mom, die sich fragte, warum ich so viel arbeitete, und sich Sorgen machte. Wenn sie je von meiner Suche erfuhr, würde sie es persönlich nehmen, und wir konnten nicht noch mehr Reibung zwischen uns gebrauchen.
Endlich zu Hause. Ich schlenderte den Weg entlang, der sich durch unseren Vorgarten schlängelte. Unser Haus war ein echt hübscher Bungalow aus der Mitte des letzten Jahrhunderts, der Jess’ Eltern gehörte. Sie nannte ihn »das Bungaloch«; ein perfektes Beispiel für ihren Reifegrad.
Drinnen angekommen, legte ich auf dem Weg in die Küche meinen Mantel ab. Eiskaltes Gatorade, meine geheime Vorsorgemaßnahme gegen den Kater, erwartete mich.
Als ich einen Laut im Eingangsbereich des Hauses hörte, rief ich vom Kühlschrank aus: »Jess, bist du das?« Ich klang ziemlich betrunken. »Was machst du denn schon hier?« Vielleicht hatte sie ja diesmal auch einen Korb gekriegt? Dann konnten wir uns gegenseitig bemitleiden.
Keine Antwort. Ich zuckte mit den Achseln. Das Bungaloch gab mehr Geächze und Gestöhne von sich als ein Pornofilm.
Ich schloss den Kühlschrank. Die halbe Tür war mit Hochglanzbildern aus Jess’ allgegenwärtigen Modezeitschriften zugepflastert. Meine Hälfte war mit Postkarten bedeckt. Sie schickte sie von all den aufregenden Orten, die sie in jeden Ferien besuchte. Auch wenn ihre Familie mich eingeladen hatte, mitzukommen, und ich mich danach sehnte zu verreisen, war ich dauernd bis über beide Ohren mit Arbeit eingedeckt. Bislang war ich noch nicht einmal aus dem Mittleren Westen rausgekommen.
Ich hatte noch nie einen Meeresstrand gesehen, geschweige denn den Eiffelturm.
Wenn ich für jedes Mal, wenn ich diese Karten anstarrte und mir selbst das Versprechen Eines Tages … gab, einen Dollar bekommen würde …, dann bräuchte ich keine drei Jobs.
Nachdem ich meine Gatorade-Dosis runtergekippt hatte, zog ich mich leicht schlingernd in mein Zimmer zurück und steckte mir die Haare auf dem Kopf zu einem Knoten zusammen, weil ich noch in die Badewanne wollte. Einige Minuten später, als ich mich in dem dampfenden Wasser zurücklehnte, überkam mich eine zweite Welle trunkener Enttäuschung.
Nachdem mein erster Aufriss völlig in die Hose gegangen war, konnte ich nicht umhin, mich darüber zu wundern, dass Männer immer wieder Frauen anbaggerten, wo sie dabei doch immerzu riskierten, eine Abfuhr zu bekommen. Ich dachte an all die Männer, die ich schon abgewiesen hatte – hatte ich damit etwa ihr Selbstbewusstsein unwiderruflich zunichtegemacht?
Ich kapierte einfach nicht, warum der Russe so wütend geworden war. Und was zum Teufel war an mir eigentlich dermaßen abstoßend gewesen? Ich war keine Schönheit wie Jess, aber seitdem mir Brüste gewachsen waren, hatte ich mich über mangelndes Interesse vonseiten der Männerwelt eigentlich nie beklagen können.
Ich fuhr mit den Händen über meine Beine. Sie waren echt gut in Form, da ich beim Kellnern stundenlang herumlaufen musste, genau wie meine Arme, die vom Tragen der Tabletts schön schlank waren.
Meine Hände strichen zu den Hüften hinauf. Die waren zugegebenermaßen ziemlich breit, aber meine Taille war schmal. Und meine Brüste? Sie waren schön groß und wippten im Wasser, und die Nippel, die über der Wasseroberfläche tanzten, hatten die Farbe von Korallen. Ich hatte heute Abend alles gezeigt, was ich zu bieten hatte, aber dieser Russe hatte meinem Vorbau nicht einmal einen zweiten Blick gegönnt.
Was wäre geschehen, wenn ich ihn nicht abgestoßen hätte? Wie hätten sich wohl seine heißen, rauen Hände angefühlt, während sie meinen Busen kneteten? Bei dem Gedanken überkam mich eine Welle der Erregung, die so stark war, dass es mich fast überwältigte. Meine Nippel wurden noch härter. Als das Badewasser gegen sie schwappte, blieb mir die Luft weg.
Ich hatte mich nicht mal zwei Minuten mit ihm unterhalten, ihn weniger als zehn Minuten gesehen, und er hatte eine derartige Wirkung auf mich?
Scheißegal. Er konnte mich verschmähen, solange er wollte, aber er konnte mich nicht davon abhalten, von ihm zu träumen. Mit dem Gedanken Fick dich, Russe griff ich zwischen meine Beine und begann mich zu streicheln, wobei ich mir seine breiten Schultern, seine kantige Kieferpartie, seinen Mund vorstellte. Diesen verschleierten Blick seiner goldenen Augen.
Sogar im Wasser spürte ich deutlich, wie feucht ich geworden war. Mein Zeigefinger glitt über meine Schamlippen, teilte sie. Als ich meine Klitoris erreichte, fühlte sie sich geschwollen und supersensibel an.
Vor Verlangen stieß ich einen Seufzer aus und begann, meine Knospe in langsamen Kreisen zu reiben. Meine Lider schlossen sich und meine Knie sanken gegen die Seiten der Badewanne. Mit meiner freien Hand streichelte ich meine Brüste und bearbeitete meine Nippel mit dem Daumen, bis sie prall und fest waren.
Ich überlegte, ob ich einen meiner erprobten Vibratoren unter dem Bett hervorholen sollte, aber dann stellte ich mir den Russen dabei vor, wie er meinen Oberkörper mit Küssen bedeckte, und mir wurde klar, dass ich die Dienste meines batteriebetriebenen Freundes diesmal nicht brauchen würde.
Auch wenn mich noch kein Kerl mit der Zunge verwöhnt hatte, konnte ich den dunklen Kopf des Russen geradezu zwischen meinen Schenkeln sehen, wie er begann, mich zu lecken. Bei der nächsten Berührung wand ich mich im Wasser und schnappte nach Luft. Seine Lippen würden sich fest gegen meine nasse Haut drücken, während er mich gierig mit der Zunge bearbeitete. Er würde es darauf anlegen, mich immer feuchter zu machen, und ich würde seinem Wunsch entsprechen.
In diesem Traum lag nicht mein eigener Finger an meiner sehnsüchtig pochenden Klit, sondern seine gierige Zunge.
Als mein Körper kurz vor dem Orgasmus erstarrte, schien sich alles in mir zusammenzuziehen, wie bei einem Stern, der kurz vor der Explosion steht. Ich rieb meine Handfläche über meine harten Nippel, ein weiterer intensiver Reiz. So kurz davor, nur noch einige wenige Bewegungen … Ich öffnete meine Augen einen Spalt, um mich zu beobachten, wie ich mich in meiner Erregung wand. Da erspähte ich aus den Augenwinkeln etwas wirklich Seltsames … ich bildete mir ein, durch die Dampfschwaden hindurch den Russen zu sehen.
Er stand in der Tür und blickte mit glühenden Augen auf mich hinab.
Seine breite Brust hob und senkte sich heftig, während er mit den Zähnen knirschte.
Seine Muskeln waren angespannt, als ob er kurz davorstände, über mich herzufallen.
Ich versuchte, mit zusammengekniffenen Augen durch den Dunst hindurchzusehen. Es musste sich um ein Fantasiegebilde meines benebelten Verstandes handeln. War ich denn dermaßen betrunken? Ich stand so kurz davor zu kommen; meine Zehen verkrampften sich bereits. Als ich in die hypnotisierenden Augen dieses Trugbilds blickte, beschloss mein Finger, noch einmal über meine Klit zu fahren, sodass ich erschauerte.
Der Russe stieß scharf den Atem aus, seine großen Hände öffneten und schlossen sich. Seine Miene verriet, dass er mich gleich packen und Stück für Stück verschlingen würde.
So kurz davor … bis mir schließlich dämmerte, dass er tatsächlich in der Tür zu meinem Badezimmer stand.
Der Russe war in mein Haus eingebrochen und spionierte mir hinterher wie so ein Psycho!
Mit einem Schlag saß ich aufrecht in der Wanne und holte tief Luft, um einen Schrei auszustoßen, aber er fuhr mir über den Mund: »Bedecke dich, Natalie.« Seine Stimme war rau, die Brauen zusammengezogen. »Wir müssen reden.« Mit einem üblen russischen Fluch auf den Lippen verließ er das Bad.
Mich bedecken? Reden?
Nächtliche Stalker-Serienmörder laberten doch nicht so einen Scheiß!
Ich war so verwirrt, dass ich nicht mal einen Schrei zustande brachte. Mein Mund bewegte sich, aber es kamen keine Worte heraus. Hastig kletterte ich aus der Wanne, griff nach einem Handtuch und wickelte mich darin ein. Sogar in dieser Aufregung sog ich zischend den Atem ein, als der Frottee über meine Nippel rieb.
Ich sah mich nach einer Waffe um, griff mir schließlich den Deckel des Spülkastens und schwang ihn mir über die Schulter wie einen Baseballschläger. Aus der Sicherheit des Badezimmers heraus rief ich: »Ich weiß nicht, was Sie in meinem Haus tun, aber Sie müssen es auf der Stelle verlassen. Sonst rufe ich die Polizei!«
»Ihr Vater hat mich hergeschickt«, erwiderte er von meinem Schlafzimmer aus.
Ich geriet ins Schwanken und ließ meine improvisierte Waffe ein wenig sinken. Angesichts seines russischen Akzents – und des Timings – wusste ich, dass er über meinen biologischen Vater sprechen musste. Dennoch sagte ich: »Mein Vater ist vor sechs Jahren gestorben.«
»Sie wissen, dass ich nicht ihn meine.«
»Was wissen Sie von ihm?«, fragte ich hastig. »Wer sind Sie? Warum sind Sie in mein Haus eingebrochen?«
»Eingebrochen?« Ein spöttisches Schnauben. »Ihr Schlüssel lag unter einem Plastikstein. Wo ihn jeder finden kann«, fügte er in tadelndem Tonfall hinzu. »Ihr Vater ist ein sehr wichtiger – und wohlhabender – Mann. Er hat mir die Aufgabe übertragen, Ihr neuer Bodyguard zu sein.«
»Bodyguard! Warum sollte ich denn einen Bodyguard brauchen?«
»Jeder, der einer Familie angehört, die über ein Vermögen in zehnstelliger Höhe verfügt« – mir blieb die Luft weg – »braucht Schutz.«
»Sie wollen damit sagen, er ist ein … Milliardär?« Wollte der Typ mich verarschen? Vielleicht meinte er Rubel oder so was.
»Korrekt. Sein Name ist Pawel Kowalew. Er hat erst vor Kurzem von Ihrer Existenz erfahren, durch den Ermittler, den Sie angeheuert haben.«
Jetzt kannte ich den Namen meines Vaters.
Ursprünglich hatte ich etwas über meine biologischen Eltern erfahren wollen, weil ich generell unglaublich neugierig war. Dann fiel mir ein, dass ich diese Neugier möglicherweise von meinen Eltern geerbt haben könnte.
Ich hatte mir einen Mann und eine Frau in den Vierzigern vorgestellt, die ständig über das Kind nachgrübelten, das sie vor vierundzwanzig Jahren einem russischen Waisenhaus überlassen hatten. Dieser Gedanke hatte mich dazu gebracht, einen weiteren Job anzunehmen, um unablässig weiterzuforschen. Ich hatte nicht nur um meinetwillen Nachforschungen angestellt, sondern auch um ihretwillen.
Er sollte gar nicht gewusst haben, dass ich existierte? Dann runzelte ich die Stirn. »Mein Ermittler, Zironow. Er hat meine E-Mails und Anrufe nicht mehr beantwortet.«
»Er wurde darauf hingewiesen, dass wir uns ab sofort intern um diese Angelegenheit kümmern würden.«
»Oh.«