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Néomi Laress war in den zwanziger Jahren eine berühmte Balletttänzerin in New Orleans. Doch als sie von ihrem Verlobten getötet wird, verwandelt sie sich in einen Geist und versucht seither vergeblich, Kontakt zu den Lebenden aufzunehmen. Da begegnet ihr der Vampirkrieger Conrad, der sie als Einziger sehen kann. Néomis Erscheinung treibt Conrad an den Rand des Wahnsinns, und er entbrennt in wilder Leidenschaft zu der schönen Tänzerin. Doch Néomi wird von dunklen Mächten bedroht, und Conrad muss alles aufs Spiel setzen, um sie zu retten...
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Seitenzahl: 498
Titel
Widmung
Prolog
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Aus dem lebendigen Buch des Mythos
Danksagung
Impressum
Kresley Cole
Roman
Ins Deutsche übertragen von Bettina Oder
Für Lauren, meine phänomenale Redakteurin, die sich von Anfang an von ganzem Herzen für meine Bücher eingesetzt hat.
Dies ist unser zehntes gemeinsames Projekt, und es ist immer noch genauso verrückt und aufregend wie das erste.
„Eine Femme fatale? Die als Burleskentänzerin aufgetreten ist? Da sind Sie wohl an die Falsche geraten. Ich bin nur eine einfache Balletttänzerin, bloß ein kleiner, zarter Spatz.“
Néomi Laress, Primaballerina, einstige Femme fatale und Burleskentänzerin (geboren circa 1901, gestorben am 24. August 1927)
„Hiermit schwöre ich, mein Leben der Vernichtung aller Vampyre zu widmen. Nicht einer unter ihnen soll meiner gewärtig sein und leben.“
Conrad Wroth im Alter von dreizehn Jahren, bei seiner Einführung in den Orden von Kapsliga Uur im Jahre 1609
Prolog
New Orleans
24. August 1927
Dafür, dass du mich zurückgewiesen hast, sollst du sterben …
Néomi Laress stand am oberen Ende ihrer Prachttreppe und blickte auf den brechend vollen Ballsaal hinab, während sie sich bemühte, die Erinnerung an Louis Robicheaux’ Drohung zu verdrängen.
Sie hielt mehrere in Seide gehüllte Rosenbouquets im Arm, so wie man einen Säugling halten würde. Es waren Geschenke von einigen Männern, die sich nun in der Menge der Ballgäste amüsierten, einer kunterbunten Mischung aus ausgelassen feiernden Freunden, reichen Gönnern und Zeitungsreportern. Eine schwüle Brise zog aus dem Bayou herauf und durch den Saal und trug einige Takte der Musik des zwölfköpfigen Orchesters mit sich nach draußen.
… du wirst mich um Gnade anflehen.
Sie unterdrückte einen Schauer. In letzter Zeit war das Verhalten ihres Exverlobten noch erschreckender geworden und seine Versöhnungsgeschenke noch extravaganter. Néomis langjährige Weigerung, mit Louis zu schlafen, hatte diesen frustriert und verärgert, aber die Auflösung ihrer Beziehung hatte ihn in Wut versetzt.
Der Blick in seinen blassen Augen heute Abend … Sie versuchte, jeglichen Gedanken daran abzuschütteln. Für diese Veranstaltung hatte sie Wachen engagiert. Louis hatte keine Möglichkeit, an sie heranzukommen.
Ein Bewunderer, ein gut aussehender Bankier aus Boston, bemerkte sie auf ihrem erhöhten Aussichtspunkt und begann zu klatschen. Die Menschenmenge folgte seinem Beispiel, und sie stellte sich vor, dass sich ein Vorhang hob. Langsam breitete sich ein liebenswürdiges Lächeln auf ihrem Gesicht aus.
„Bienvenue!“ Sie begann die Stufen hinabzusteigen. „Seien Sie alle herzlich willkommen.“
Niemand würde je ihre Angst bemerken. Sie war eine ausgebildete Ballerina, aber vor allem war sie Unterhaltungskünstlerin. Sie würde sich durch den ganzen Saal arbeiten, hier mit leichtem Spott necken, dort ein geflüstertes Bonmot fallen lassen, sie würde sämtliche Kritiker mit ihrem Charme überwältigen und sogar den seriösesten Gästen ein Lachen entlocken.
Obwohl ihre Arme bereits von dem Gewicht der zahlreichen Bouquets schmerzten und sie von einem Blitzlicht nach dem anderen geblendet wurde, verlor sie ihr Lächeln nicht. Sie stieg eine weitere Stufe hinab.
Sie würde es auf keinen Fall zulassen, dass Louis ihr diesen Abend des Triumphes verdarb. Vor drei Stunden hatte sie vor ausverkauftem Haus die Vorstellung ihres Lebens abgeliefert und Elancourt, ihr frisch renoviertes Herrenhaus im gotischen Stil, wurde von tausend Kerzen glänzend hell erleuchtet. Durch das Tanzen hatte sie die sorgfältige Wiederherstellung ihres neuen Heims, sowie dessen kostspielige Ausstattung bezahlen können.
Die Party war perfekt bis ins kleinste Detail, und draußen schmiegte sich eine Mondsichel an den Himmel. Ein Mond, der ihr Glück bringen würde.
Ihr Kleid für diesen Abend war eine etwas gewagtere Version des Kostüms, das sie vorhin auf der Bühne getragen hatte, der Satin so pechschwarz wie ihr Haar. Es besaß ein enges Mieder, das vorne geschnürt wurde wie ein Korsett aus vergangenen Zeiten, und einen Schlitz im Rock, der fast bis zu der Stelle hinaufreichte, wo ihre Strümpfe am Strumpfgürtel befestigt waren. Ihr Make-up orientierte sich am Stil der Hollywood-Diven. Sie hatte sich die Augen mit dunklem Kajal umrandet, blutroten Lippenstift aufgetragen und die kurzen Fingernägel in einem dunklen Karminrot lackiert.
Zusammen mit dem eng anliegenden Juwelenhalsband und den Ohrringen hatte das Ensemble sie ein kleines Vermögen gekostet, aber der heutige Abend war es wert. Heute Abend waren all ihre Träume endlich in Erfüllung gegangen.
Nur Louis konnte ihn noch ruinieren. Sie zwang sich, ihre dunklen Vorahnungen zu ignorieren, und verfluchte ihn innerlich sowohl auf Englisch als auch auf Französisch, wodurch sich ihre Anspannung endlich etwas löste.
Um ein Haar wäre sie auf den Stufen ins Stolpern geraten. Dort war er, stand am Rande der Menschenmenge und starrte zu ihr hinauf.
Ganz im Gegensatz zu seinem für gewöhnlich so perfekten und gepflegten Äußeren hatte er den Krawattenknoten gelockert, und sein blondes Haar war zerzaust.
Wie war er bloß an den Wachen vorbeigekommen? Louis war unglaublich reich – hatte der Mistkerl sie bestochen?
Seine blutunterlaufenen Augen brannten in einem wahnsinnigen Feuer, dennoch war sie davon überzeugt, dass er es nicht wagen würde, ihr vor so vielen Zeugen etwas anzutun. Schließlich befanden sich Hunderte von Menschen in ihrem Haus, Reporter und Fotografen eingeschlossen.
Allerdings traute sie ihm durchaus zu, eine Szene zu machen oder ihre skandalträchtige Geschichte an die Öffentlichkeit zu bringen. Ihre vornehmen Gönner drückten angesichts der Possen und Mätzchen von Néomi und ihren Freunden gerne mal ein Auge zu, aber sie hatten nicht die geringste Ahnung, was sie war, geschweige denn, welchen Beruf sie früher ausgeübt hatte.
Mit erhobenem Kinn und durchgedrückten Schultern setzte sie ihren Weg über die Stufen fort, aber ihre Hände umklammerten die Rosen mit stählernem Griff. In ihrem Inneren kämpften Ärger und Furcht miteinander. Gott möge ihr beistehen, aber sie würde ihm die Augen auskratzen, wenn er ihr das hier verderben würde.
Kurz bevor sie die unterste Stufe erreicht hatte, begann er, sich mit Ellbogeneinsatz durch die Menschen zu drängen. Sie versuchte, dem stattlichen Wachmann an der geöffneten Terrassentür ein Zeichen zu geben, aber die Menschenmenge schloss sie ein, sodass sie buchstäblich in der Falle saß. Sie versuchte sich einen Weg zu der Wache zu bahnen, aber jeder wollte der Erste sein, der ihr gratulierte.
Als Néomi hörte, wie Louis die Leute hinter ihr zur Seite schubste, verwandelten sich ihre sanften Entschuldigungen – „Pardonnez-moi, ich bin gleich wieder bei Ihnen“ – in ein „Lassen Sie mich durch!“.
Er näherte sich ihr. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie seine Hand einen Gegenstand aus seiner Jackentasche hervorholte. Doch nicht etwa noch ein Geschenk? Das wird schrecklich peinlich werden.
Als seine Hand vorschoss, wirbelte sie herum und ließ die Bouquets fallen. Metall glitzerte im Kerzenlicht. Mit weit aufgerissenen Augen schrie sie auf …
Gerade als er ihr ein Messer in die Brust stieß.
Schmerz … unvorstellbarer Schmerz. Sie konnte hören, wie die Klinge über ihre Knochen schabte, spürte seine Kraft, die die Messerspitze in ihrem Rücken wieder austreten ließ. Während sie sich in seine Arme krallte, drangen widerliche Laute aus ihrer Kehle. Die Umstehenden wichen entsetzt zurück.
Das darf nicht geschehen …
Erst als er die blutbefleckten Finger vom Messergriff löste, brach ihr Körper auf dem Fußboden zusammen. Überall um sie herum lagen Rosenblüten verstreut, Blütenblätter legten sich sanft um das Heft, das aus ihrer Brust herausragte. Stumm starrte sie an die Decke, während warmes Blut aus ihrem Rücken sickerte und sich in einer Pfütze um sie herum sammelte. Sie nahm die Stille im Saal wahr, in dem nur Louis’ gehetztes Atmen zu hören war, der sich nun neben sie hinkniete und zu weinen begann.
Das ist alles nicht wahr …
Dann zerriss der erste hysterische Schrei die Stille. Menschen flüchteten, schubsten und drängelten sich um sie. Schließlich hörte sie die Rufe der Wachen, die sich durch die Menge kämpften.
Und noch immer war Néomi am Leben. Sie war zäh, eine Überlebenskünstlerin – sie würde nicht in ihrem Traumhaus an ihrem Traumabend sterben. Kämpfe …
Louis umfasste erneut den Messergriff, sodass sich die Klinge in ihrem Leib bewegte. Todesqualen … zu viel … ich ertrage es nicht … Aber sie hatte nicht genug Luft, um zu schreien, nicht die Kraft, um ihre matten Arme zu erheben und sich zur Wehr zu setzen.
Mit ersticktem Gebrüll drehte er die Klinge in der Wunde herum. „Fühl es für mich, Néomi“, keuchte er ihr ins Ohr. Der Schmerz vervielfältigte sich, strahlte von ihrem Herzen bis in die entlegensten Teile ihres Körpers aus. „Fühle, was ich erleiden musste!“
Zu viel! Die Versuchung, einfach die Augen zu schließen, überwältigte sie fast. Doch noch hielt sie sie offen, sie lebte weiter.
„Siehst du, wie sehr ich dich liebe? Jetzt werden wir zusammen sein.“ Mit einem schmatzenden Laut riss er ihr das Messer aus dem Leib. Kurz bevor er überwältigt und zu Boden gerissen werden konnte, schlitzte er sich die Kehle von einem Ohr zum anderen auf.
Als sich endlich ein Arzt neben sie hockte und ihr Handgelenk umfasste, hatte ihr Blut schon begonnen, sich abzukühlen. „Kein Puls“, sagte er zu irgendjemandem, den sie nicht sehen konnte, seine erhobene Stimme war über dem Aufruhr im Saal deutlich hörbar. „Sie ist von uns gegangen.“
Aber das war sie nicht! Noch nicht!
Néomi war jung, und es gab noch so vieles, was sie erleben wollte. Sie verdiente es zu leben. Ich sterbe nicht. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Ich weigere mich.
Doch als die Brise auffrischte, erlosch Néomis Sehkraft wie eine Kerze. Nein, nein … ich lebe noch … kann nichts sehen, kann nichts sehen … solche Angst.
Einige Rosenblätter wurden vom Wind erfasst und über ihr Gesicht getrieben. Sie spürte jeden einzelnen kühlen Kuss, den sie ihr schenkten.
Dann … das Nichts.
1
Außerhalb von New Orleans
Gegenwart
Bleib ruhig. Verhalt dich ganz normal, wiederholt er im Geiste immer wieder, während er den wackeligen Landungssteg entlanggeht. Rechts und links von ihm nichts als Wasser, so schwarz wie Teer. Vor ihm gedämpftes Licht aus der Kneipe am Bayou. Eine Bar der Mythenwelt. Ein einsames Neonschild flackert über den flachen Ruderbooten, die unterhalb der Kneipe angelegt haben. Musik und Lachen dringen an sein Ohr.
Bleib ruhig … du musst die Wut unterdrücken. Bis es vorbei ist.
Drinnen. „Whisky.“ Seine Stimme ist leise, rau, nachdem er sie so lange nicht mehr benutzt hat.
Der Wirt verzieht das Gesicht. Genau wie gestern Abend. Andere reagieren ängstlich. Ob sie wohl spüren, wie sehr ich mich danach sehne zu töten? Das Flüstern um ihn herum wirkt auf seine zerrütteten Nerven wie das Kratzen von Metall auf einer Schiefertafel.
„Conrad Wroth, der war früher mal ein Kriegsherr … verrückter als jeder andere Vampir, den ich in all meinen Jahrhunderten zu Gesicht bekommen habe.“
„Ein Auftragsmörder. Wenn der in deiner Stadt auftaucht, dann verschwinden mit Sicherheit bald ein paar von unseren Leuten.“
Verschwinden? Es sei denn, ich will, dass sie gefunden werden.
„Ich hab gehört, er saugt sie so brutal aus, dass von ihren Kehlen nichts mehr übrig bleibt.“
Ich bin eben nicht wählerisch.
„Ich hab gehört, er frisst sie auf.“
Nichts als verdrehte Gerüchte. Oder war Letzteres doch wahr?
Wieder einmal verbreiteten sich die Geschichten über seinen Wahnsinn wie ein Lauffeuer. Ich habe mein Ziel noch nie verfehlt – wie verrückt kann ich schon sein? Er beantwortet seine eigene Frage: Total durchgeknallt, verdammt noch mal.
Er wird von Erinnerungen überwältigt. Die Erinnerungen seiner Opfer, die er zusammen mit ihrem Blutzoll in sich aufgenommen hat und deren Anzahl ständig anwächst. Ich weiß nicht mehr, was wirklich ist, kann nicht entscheiden, was Illusion ist. Die meiste Zeit ist er kaum in der Lage, seine eigenen Gedanken zu verstehen. Es vergeht kein Tag, an dem er nicht irgendeiner Halluzination zum Opfer fällt und Schatten angreift, die ihn umzingeln.
Eine scharf gemachte Handgranate, so nennen sie ihn. Es ist nur noch eine Frage der Zeit.
Sie haben recht.
Bleib ruhig … verhalt dich normal. Er lacht leise in sich hinein, als er sich mit dem Glas in der Hand auf den Weg zu einem spärlich beleuchteten Tisch weiter hinten macht. Normal? Er ist ein gottverdammter Vampir in einer Bar voller Gestaltwandler, Dämonen und spitzohriger Feen. Der hintere Teil der Kneipe ist weihnachtlich geschmückt: Lichter in den Augenhöhlen menschlicher Schädel, die um einen Spiegel drapiert sind. In der Ecke streichelt eine Dämonin träge die Hörner ihres Geliebten, was den Mann sichtlich erregt. An der Bar bleckt ein riesiger Werwolf seine Fänge und beugt sich beschützend vor, während er eine zierliche Rothaarige hastig hinter sich schiebt.
Du kannst dich wohl nicht entscheiden, ob du angreifen sollst, Lykae? Stimmt, ich rieche nicht nach Blut. Ein Trick, den ich mir angeeignet habe.
Das Pärchen verlässt die Bar, wobei der Lykae die Rothaarige hinter sich herzerrt. Als sie durch die Tür treten, wirft sie einen Blick über ihre Schulter zurück, ihre Augen wie Spiegel. Dann sind sie fort. Draußen in der Nacht, wo sie hingehören.
Hinsetzen. Mit dem Rücken zur Wand. Er rückte die Sonnenbrille zurecht, die seine roten Augen verbirgt, schmutzig rote Augen. Während er den Raum absucht, kann er sich nur mit Mühe beherrschen, nicht mit der Hand über seinen Nacken zu fahren. Beobachtet mich jemand?
Aber schließlich habe ich dieses Gefühl doch ständig.
Er schnappt sich seinen Drink und blickt mit zusammengekniffenen Augen auf seine ruhige Hand. Mein Verstand mag ja verrotten, aber auf meine Schwerthand ist immer noch Verlass. Eine gefährliche Kombination.
Er nimmt einen ordentlichen Schluck. Der Drink. Der Whisky dämpft das Verlangen zuzuschlagen. Nicht dass es vergangen wäre.
Schon Kleinigkeiten bringen ihn in Rage. Ein schiefer Blick. Jemand nähert sich ihm zu schnell. Geht ihm nicht weit genug aus dem Weg. Seine Fänge schärfen sich bei der kleinsten Provokation. Als ob ein lebendiges Wesen in mir wäre, das hungert. Das nach Blut giert und nach einer Kehle, die es zu zerfetzen gilt. Jedes Mal, wenn seine Wut ihn zum Handeln verleitet, vergiften erneut die Erinnerungen anderer seine eigenen.
Noch ist er so weit bei Verstand, dass er in der Lage ist, sein Ziel im Auge zu behalten – seine Brüder. Er wird Vergeltung üben an Nikolai und Murdoch Wroth, dafür, dass sie ihm das Unaussprechliche antaten. Sebastian, der dritte Bruder, ist ein Opfer so wie er, aber auch er muss beseitigt werden, aus dem einfachen Grund, dass er ist, was er ist.
Und meine Zeit rückt näher. Das erkennt er mit der Instinktsicherheit eines Tieres. Er hat sie gefunden, an diesem mysteriösen Ort der Sümpfe, der Dunstschleier und der Musik. Er hat Nikolai und Sebastian mit ihren Frauen beobachtet. Er hätte Neid verspüren können, als er seine Brüder mit ihnen lachen sah. Dass sie sie besitzergreifend berührten, mit Staunen in ihren klaren Augen. Aber der Hass erstickt jegliche Eifersucht, die nur zu Verwirrungen führt.
Nachwuchs wird geboren werden. Er wird auch ihre Frauen töten. Sie vernichten. Mich selbst vernichten. Bevor mich meine Feinde einholen.
Er rückt den Verband zurecht, der sich unter dem rechten Ärmel seines Hemdes verbirgt. Die klaffende Wunde darunter will einfach nicht heilen. Vor fünf Tagen wurde er von einem Traumdämon gezeichnet, der ihm mithilfe ebendieser Verletzung folgen kann. Der Dämon versprach ihm, dass sein sehnlichster Traum und meistgefürchteter Albtraum der Zeichnung folgen würden.
Er zieht die Augenbrauen zusammen. Bald wird der Jäger der Gejagte sein – sein Leben nähert sich dem Ende.
Ein Hauch des Bedauerns. Was bedauert er am meisten? Er versucht sich zu erinnern, wonach er sich so sehr sehnt. Die Erinnerungen eines anderen bombardieren ihn, explodieren in seinen Gedanken. Seine Hand schießt nach oben und presst sich gegen seine Stirn …
Nikolai betritt die Bar, gefolgt von Murdoch. Ihre Mienen sind ernst.
Sie sind gekommen, um mich zu töten. Wie er es erwartet hatte. Er hatte vermutet, dass er sie aus der Reserve locken könnte, indem er immer wieder hierher zurückkehren würde. Er lässt die Hand sinken, und langsam entblößen seine Lippen seine Fangzähne. In der nächsten Sekunde ist die Bar wie leer gefegt.
Dann … Stille. Seine Brüder starren ihn an, als ob sie einen Geist sehen würden. Draußen veranstalten Insekten einen Höllenlärm. Der näher kommende Regen tränkt die Luft. Als ein Blitz in einiger Entfernung einschlägt, tritt auch Sebastian ein und stellt sich neben die beiden anderen. Er hat sich mit ihnen verbündet? Das hatte er nicht erwartet.
Er nimmt die Sonnenbrille ab und offenbart seine roten Augen. Der Älteste, Nikolai, kann sich nur mit Mühe beherrschen, bei seinem Anblick nicht zurückzuweichen, doch dann reißt er sich zusammen und kommt auf ihn zu. Die drei scheinen überrascht zu sein, dass er bleibt, um es mit ihnen aufzunehmen, statt sich fortzutranslozieren. Sie sind stark und geschickt, aber dennoch erkennen sie die Macht nicht, über die er verfügt. Sie erkennen nicht, in was er sich verwandelt hat.
Er kann sie alle drei, ohne mit der Wimper zu zucken, abschlachten, und er wird es genießen. Sie haben ihre Schwerter nicht gezückt? Dann gehen sie ihrem Verderben entgegen. Ich darf sie nicht warten lassen.
Er springt auf, setzt über den Tisch und schlägt Sebastian mit einem Hieb k.o., der dessen Schädel bersten lässt und ihn gegen die hintere Wand schleudert. Noch bevor die beiden anderen auch nur einen Finger rühren können, um dem verletzten Bruder zur Seite zu springen, packt er sie bei den Kehlen. Er hält einen von ihnen in jeder Hand und drückt immer fester zu, während sie verzweifelt versuchen, sich zur Wehr zu setzen, um sich zu befreien.
„Dreihundert Jahre habe ich hierauf gewartet“, zischt er. Ihre Anstrengungen nutzen überhaupt nichts, ihre entsetzten Mienen stellen ihn zufrieden. Er drückt fester zu …
Hinter ihm knarrt Holz. Er springt zur Seite und schleudert seine Brüder dem neuen Angreifer entgegen. Zu spät. Der Lykae ist zurückgekehrt, er attackiert ihn mit gespreizten Klauen und schlitzt ihm den Leib auf. Blut schießt heraus.
Wütend schreit er auf und greift den Werwolf an, weicht Klauen und Zähnen mit unheimlicher Geschwindigkeit aus und wirft den Gegner zu Boden. In dem Moment, als er seine Hände um den muskulösen Hals des Lykae legt, lässt diese Bestie etwas um sein rechtes Handgelenk einschnappen.
Handschellen? Er drückt noch fester zu und stößt ein harsches Lachen aus. „Du glaubst doch wohl nicht, dass mich das aufhalten kann?“ Unter seinen Händen brechen Knochen. Gleich ist es geschafft, und er würde seine Genugtuung über den Tod seines Feindes am liebsten laut in die Nacht hinausschreien.
Der Werwolf schließt die Handschellen um sein linkes Handgelenk.
Was ist das? Das Metall weigert sich nachzugeben. Es bricht nicht. Die wollen mich lebendig kriegen, verdammt noch mal!? Er springt auf die Füße und bereitet sich auf die Translokation vor. Nichts. Sebastian liegt auf dem Boden, Blut strömt aus einer Wunde an seiner Schläfe, doch er hält seinen Bruder an den Fußknöcheln fest.
Er tritt Sebastian, trifft dessen Brust mit voller Wucht. Rippen krachen. Gleich darauf wirbelt er herum, gerade noch rechtzeitig, um die massive Fußstange von der Bar abzufangen, mit der der Lykae mitten in sein Gesicht zielt.
Er gerät ins Taumeln, bleibt aber auf den Beinen.
„Was zum Teufel ist denn mit dem los?“, brüllt der Lykae und schwingt die Stange erneut mit aller Kraft.
Der brutale Schlag trifft ihn am Hals und lässt ihn den Bruchteil einer Sekunde lang zögern. Lange genug, dass seine Brüder ihn zu Boden ringen.
Er schlägt und beißt um sich, schnappt mit seinen Fängen nach ihnen. Komme nicht los … kann mich nicht … Sie befestigen die Fesseln um seine Handgelenke an einer weiteren Kette. Er tritt wild um sich, nur um fassungslos festzustellen, dass sie auch seine Beine fesseln.
Schäumend vor Wut wehrt er sich mit aller Kraft gegen die Fesseln. Das Metall durchschneidet seine Haut bis auf die Knochen. Ohne Erfolg.
Gefangen. Er brüllt, spuckt Blut auf seine Gegner, nimmt kaum wahr, dass sie miteinander reden.
„Ich hoffe, euch ist ein guter Platz eingefallen, wo ihr ihn unterbringen könnt“, sagt Sebastian, der immer noch heftig atmet.
„Ich habe ein Herrenhaus gekauft, das schon seit Langem leer steht“, erwidert Nikolai krächzend. „Das Ding heißt Elancourt.“
Trotz seiner Wut spürt er die eisigen Schauer, die ihn durchströmen. Der Schmerz in seinem verletzten Arm steigert sich ins Unerträgliche. Ein Traum. Sein Verhängnis. Er kann nicht in dieses Haus gehen, so viel weiß er mit primitiver Gewissheit. Er ist zu stark, als dass sie ihn translozieren könnten – es bleibt immer noch Zeit zu entkommen.
Wenn sie ihn dorthin bringen, dann jedenfalls nicht lebendig …
Unter einem bewölkten Nachthimmel kniete der Geist von Néomi Laress in der Einfahrt an der Grenze ihres Besitzes und starrte gierig auf die Zeitung, die in Plastik eingewickelt vor ihr lag.
Auch heute wieder hatte der Zeitungsbote – dieser launenhafte Unmensch – die Einfahrt verfehlt und das Bündel diesmal einfach auf die verlassene Landstraße geworfen.
Néomi sehnte sich verzweifelt nach dieser Zeitung, nach den Nachrichten, Besprechungen und Kommentaren, die die Monotonie ihres Lebens – beziehungsweise ihres nunmehr achtzig Jahre währenden Lebens nach dem Tode – aufbrechen würden.
Aber sie konnte das Grundstück nicht verlassen, um sie zu holen. Als Geist war Néomi imstande, Gegenstände mithilfe von Telekinese zu bewegen, und auf Elancourt waren ihrer Macht praktisch keine Grenzen gesetzt – sie konnte sämtliche Fenster klappern lassen oder das Dach abreißen, wenn sie Lust dazu verspürte, und oftmals passte sich das Wetter ihren Emotionen an –, aber außerhalb ihres Besitzes war sie machtlos.
Ihr geliebtes Heim war zu ihrem Gefängnis geworden, ihrer Zelle für alle Ewigkeit, die fünfundzwanzig Morgen und ein Herrenhaus umfasste, das einen langsamen Tod starb. Es war nur einer von zahlreichen Flüchen des Schicksals – jeder einzelne anscheinend eigens in der Absicht entworfen, sie auf persönliche und speziell auf sie zugeschnittene Art und Weise zu quälen –, dass Néomi diesen Ort nicht verlassen konnte.
Sie wusste nicht, wieso – nur dass es so war und stets so gewesen war, seit sie an jenem Morgen nach ihrer Ermordung die Augen aufgeschlagen hatte. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie sie ihr geisterhaftes Spiegelbild zum ersten Mal gesehen hatte. Und Néomi erinnerte sich an den genauen Moment, in dem sie erkannt hatte, dass sie tot war, in dem sie zum ersten Mal begriffen hatte, was aus ihr geworden war.
Ein Geist. Sie war zu etwas geworden, das sogar sie selbst in Angst und Schrecken versetzte. Etwas Unnatürliches. Nie wieder würde sie eine Geliebte oder eine Freundin sein. Niemals eine Mutter, wie sie es immer geplant hatte, für die Zeit nach ihrer Karriere als Tänzerin. Während draußen ein Sturm getobt hatte, hatte sie stundenlang unhörbar geschrien.
Das Einzige, wofür sie dankbar sein konnte, war, dass Louis nicht zusammen mit ihr dort gefangen saß.
Sie versuchte es noch einmal mit all ihrer Kraft. Ich muss … diese Zeitung … haben!
Néomi war nicht sicher, wieso sie überhaupt noch geliefert wurde. In einer der letzten Ausgaben hatte sie einen Artikel über die Probleme gelesen, die sich aufgrund einer „mehrfachen Belastung von Kreditkarten“ ergeben konnten, und sie nahm an, dass sie von der nachlässigen Kontrolle der Kreditkartenabrechnungen ihrer letzten Mieterin profitierte. Die Lieferung konnte jederzeit enden. Jede einzelne Ausgabe war kostbar.
Schließlich kapitulierte sie. Sie gab auf und setzte sich mitten in die von Unkraut überwucherte Einfahrt. Aus Gewohnheit strich sie sich über die Oberschenkel, doch sie spürte die Berührung nicht.
Néomi konnte nichts mehr fühlen. Nie wieder. Sie war ein immaterielles Wesen, so wenig greifbar wie der Nebel, der vom Bayou herankroch.
Danke vielmals, Louis. Oh, und von mir aus kannst du in der Hölle verrotten, denn da bist du mit Sicherheit gelandet …
An diesem Punkt des Ringens um die Zeitung kämpfte sie für gewöhnlich gegen das Verlangen an, sich die Haare auszureißen, und fragte sich, wie lange sie diese Existenz wohl noch ertragen konnte und womit sie das verdient hatte.
Sicher, am Abend ihres Todes hatte sie sich geweigert zu sterben, aber das war doch lachhaft.
Doch so verzweifelt sie sich auch nach den gedruckten Worten sehnte, so ging es ihr doch nicht ganz so schlecht wie sonst. Denn am vorherigen Abend war ein Mann in ihr Haus gekommen. Ein groß gewachsener, gut aussehender Mann mit ernstem Blick. Vielleicht würde er ja heute Abend wiederkommen. Vielleicht würde er sogar einziehen.
Aber sie sollte besser nicht zu große Hoffnungen auf den Fremden setzen, die am Ende dann doch nur wieder zerschmettert werden würden …
Ein grelles Licht blendete Néomi, und gleich darauf zerriss das Geräusch quietschender Reifen die Stille der Nacht. Als ein Wagen über den Kies der Einfahrt schoss, hob sie vergeblich die Arme, um ihr Gesicht zu schützen, und stieß einen stummen Schrei aus. Er fuhr genau durch sie hindurch, und der Motor ließ ihren Kopf dröhnen wie bei einem Erdbeben, als er ihre Geistergestalt durchquerte.
Das Fahrzeug fuhr, ohne das Tempo zu drosseln, über die von Eichen gesäumte Einfahrt weiter auf Elancourt zu.
2
Néomi blinzelte. Ihre gut ausgeprägte Nachtsichtigkeit kehrte nur langsam zurück. Selbst nach all diesen Jahren war sie immer noch überrascht, dass sie unverletzt geblieben war.
Sie erkannte den schnittigen, tief liegenden Wagen vom Vorabend wieder, der sich deutlich von den Trucks unterschied, die gewöhnlich über diese alte Landstraße tuckerten. Was bedeutete … was bedeutete …
Er ist zurückgekommen! Der Mann mit den ernsten Augen, der gestern Abend hier war!
Augenblicklich war die Zeitung vergessen, und sie materialisierte sich auf einem Treppenabsatz in Elancourt, von dem aus sie den Haupteingang im Blick hatte. Mit weit ausgestreckten Armen schwebte sie auf das Fenster zu, als ob sie sich mit beiden Händen an den Fensterrahmen festhalten wollte.
Dort draußen in der Einfahrt stand sein Wagen.
Bitte zieh doch hier ein!, hatte sie ihn am vergangenen Abend anflehen wollen, als der Mann das Herrenhaus inspiziert hatte. Er hatte die Säulen untersucht, die Tücher von einigen der übrig gebliebenen Möbelstücke heruntergezogen und schließlich sogar den Heizstrahler im großen Salon in Gang gesetzt. Offensichtlich zufrieden, dass er funktionierte, hatte er dann die Rohre geprüft, die unter dem Fußboden lagen, indem er wiederholt auf die Marmorfliesen gestampft hatte.
Die Heizung wird funktionieren, hatte sie innerlich geschrien. Vor zehn Jahren war das Herrenhaus von einem jungen Paar modernisiert worden, das eine ganze Zeit lang dort gewohnt hatte.
Doch sie war leider nicht in der Lage, diesem mysteriösen Fremden die Vorzüge von Elancourt näherzubringen. Denn sie war ein Geist. Wie sich herausgestellt hatte, war es ihr unmöglich zu sprechen oder sich zumindest auf eine Art und Weise zu äußern, die andere zu hören vermochten, genauso wenig wie sie sich für andere sichtbar machen konnte.
Was vermutlich auch gut so war. Ihr Spiegelbild wirkte sogar auf sie selbst erschreckend. Obwohl Néomis Erscheinungsbild eine recht getreue Kopie ihres Aussehens in der Nacht, als sie gestorben war, darstellte – dasselbe Kleid, derselbe Schmuck –, wirkten ihre Haut und ihre Lippen so bleich wie Reispapier. Ihr Haar wallte in ungebärdigen Strähnen, in die sich zahllose Rosenblütenblätter verfangen hatten, über ihre Schultern, während sich die Haut unter ihren Augen verdunkelt hatte, sodass ihre Iris im Kontrast dazu in extremem Blau leuchteten.
Sie konzentrierte sich wieder auf den Wagen, aus dem tiefe, maskuline Stimmen erklangen. Anscheinend war der Mann nicht allein gekommen.
Vielleicht wieder zwei von diesen „eingefleischten Junggesellen“, wie das gut aussehende Paar, das in den Fünfzigern hier gelebt hatte?
Wer auch immer sich in diesem Wagen befand, sollte sich lieber beeilen. Den ganzen Abend lang hatte wiederholt Herbstregen eingesetzt, und Blitze zuckten in immer kürzeren Abständen auf. Sie hoffte nur, dass die Männer die Fassade nicht im Schein der Blitze näher inspizierten. Mit ihren Bögen und Überhängen und den farbigen Glasfenstern konnte das Herrenhaus ziemlich … abweisend wirken. Eben die gotischen Züge, die sie selbst so bewundert hatte, schienen andere abzuschrecken.
Das Fahrzeug begann jetzt auf seinen breiten Reifen von einer Seite zur anderen zu schaukeln, und die Stimmen wurden lauter. Dann war das Brüllen eines Mannes zu hören. Ihr Mund öffnete sich, als ein Paar riesiger Stiefel die Heckscheibe eintraten und sie vollkommen zerschmetterten, sodass sich die Glasscherben auf den Kies ergossen.
Jemand, den sie nicht sehen konnte, zerrte den Mann mit den Stiefeln wieder hinein, aber dann wölbte sich plötzlich eine der hinteren Türen nach außen. Waren die Autos heutzutage so zerbrechlich, dass ein Mann sie mit Tritten deformieren konnte? Nein, nein, sie hatte pflichtbewusst immer sämtliche Reportagen über Crashtests gelesen, und darin stand …
Die Tür wurde aus den Angeln gesprengt und bis zur Veranda geschleudert. Sie fuhr zusammen, als ein offensichtlich wahnsinniger Mann mit wildem Blick aus dem Wagen stürzte. Er war sowohl an den Händen wie auch an den Füßen mit Ketten gefesselt und von oben bis unten mit Blut bedeckt. Gleich darauf rutschte er in dem glitschigen Matsch der Einfahrt aus und wurde von drei anderen Männern zu Boden gerungen.
Einer von ihnen war ihr zukünftiger Mieter von gestern Abend.
Dann erkannte sie, dass sie alle blutverschmiert waren – weil der Gefesselte sie damit bespuckte, während er wild um sich trat.
„Nein … nein!“, brüllte er und wehrte sich mit aller Kraft dagegen, das Haus zu betreten. Ob er womöglich spürte, dass es hier mehr gab, als das Auge zu sehen vermochte? Da wäre er der Erste.
„Conrad, hör endlich auf, dich zu wehren!“, stieß der Mieter zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Wir wollen dir nicht wehtun.“
Aber der Verrückte, den sie Conrad nannten, ließ einfach nicht nach. „Gott verdamme dich, Nikolai! Was hast du mit mir vor?“
„Wir werden dich von diesem Wahnsinn befreien, deine Blutgier besiegen.“
„Ihr Narren!“ Er begann wie ein Wahnsinniger zu lachen. „Niemand kehrt zurück!“
„Sebastian, nimm seine Arme!“, befahl dieser Nikolai einem der anderen. „Murdoch, du hältst seine verfluchten Beine fest!“ Als Murdoch und Sebastian eiligst zur Tat schritten, fiel ihr auf, dass sie beide Nikolai ähnelten. Alle drei hatten denselben grimmigen Gesichtsausdruck sowie die gleichen hochgewachsenen, kräftigen Körper.
Brüder. Ihr Gefangener musste auch einer von ihnen sein.
Sie schleppten den blutigen, wild um sich schlagenden Conrad auf die großen Doppeltüren des Haupteingangs zu. Blut in ihrem Zuhause. Sie erschauerte. Sie verabscheute Blut, hasste schon den bloßen Anblick, den Geruch. Sie würde niemals vergessen, wie es sich angefühlt hatte, in ihrem eigenen Blut dazuliegen, als es um ihren sterbenden Körper herum langsam gerann und auskühlte.
Hatte Elancourt davon nicht bereits mehr als genug gesehen?
In einem Anfall von Panik raste sie nach unten und riss die Hände in die Höhe, sodass eine unsichtbare Kraft auf die Türen einwirkte. Mit aller Kraft hielt sie den Eingang geschlossen. Jetzt konnte niemand mehr eindr…
Die Tür flog auf. Die Männer wälzten sich durch sie hindurch, und sie erschauerte, als ob sie sich in Spinnweben verfangen hätte. Ein Windstoß blies ins Haus hinein und wirbelte die Blätter und den Schmutz durcheinander, die den Fußboden bedeckten.
Über welche Kraft sie verfügten! Sicher, sie waren von gewaltiger Statur, aber sie hatte die Tür mit der Kraft von zwanzig Männern zugehalten.
Sobald sie den dunklen Raum betreten hatten, warf Nikolai ohne Rücksicht auf den italienischen Marmor eine Kette über den Boden.
Der Irre konnte sich ein weiteres Mal losreißen und sprang auf die Füße. Er war riesig! Schwerfällig setzte er sich in Richtung Tür in Gang, aber seine gefesselten Füße sorgten dafür, dass er gleich darauf in einen antiken, mit einem Tuch verhüllten Schrank stolperte, der unter dem Aufprall in sich zusammenbrach.
Vollkommen zerschmettert.
Sie hatte zwei Vorstellungen tanzen müssen, um sich dieses Stück leisten zu können, und erinnerte sich noch gut daran, wie sie es mit viel Liebe höchstpersönlich poliert hatte. Es war eines der wenigen Originalmöbelstücke, die ihr noch geblieben waren.
Nachdem Murdoch und Sebastian ihn aus den Überresten herausgezogen hatten, schlang Murdoch seinen starken Arm um Conrads Hals und umfasste mit der freien Hand seinen Hinterkopf. Sie konnte deutlich sehen, wie Murdoch seinen Bruder mit aller Kraft festhielt, seinen Griff noch verstärkte, bis sich seine Miene vor Anstrengung verzog und die Muskeln an seinem Hals durch die Anspannung hervortraten.
Trotzdem schien Conrad für einige schier nicht enden wollende Augenblicke unbeeinträchtigt. Doch dann hörte er endlich auf, sich zu wehren, und sein Körper erschlaffte. Während Murdoch ihn auf den Boden legte, brachte Nikolai hastig die Kette an demselben Heizkörper an, den er vergangene Nacht überprüft hatte, und befestigte das andere Ende an Conrads Handschellen.
Darum hatte Nikolai ihn einer so sorgfältigen Prüfung unterzogen? Weil er diesen Irren hier einsperren wollte?
Warum hier?
„Hättest du keinen gruseligeren Ort finden können, um ihn festzuhalten?“, fragte Sebastian heftig keuchend, als sie sich jetzt alle wieder aufrichteten. In diesem Augenblick leuchtete ein Blitz auf. Die hohen Buntglasfenster, die an einigen Stellen zerbrochen waren, warfen farbiges Licht in das Innere des Hauses und verzerrten die Schatten. „Wieso nehmen wir nicht die alte Mühle?“
„Dort könnte ihn jemand zufällig finden“, erwiderte Murdoch. „Und Kristoff weiß von der Mühle. Wenn er oder seine Männer erfahren, was wir planen …“
Wer ist Kristoff? Und was haben sie vor?
„Außerdem wurde mir Elancourt empfohlen“, fügte Nikolai hinzu.
„Wer sollte denn so was empfehlen?“ Sebastian wedelte mit der Hand. „Das sieht aus wie in einem Horrorfilm.“
Sie wünschte, er hätte unrecht, aber gleich darauf blitzte es erneut, und von allen Seiten schienen Schatten auf sie zuzugleiten, um sich auf sie zu stürzen. Sebastian hob die Augenbrauen, als ob er sagen wollte: Hab ich’s euch nicht gesagt?
Nikolais Blick richtete sich auf die Gesichter seiner Brüder, um ihre Reaktion auf seine Antwort zu beobachten. „Das war Nïx.“ Er zögerte, offenbar unsicher, ob sie lachen, fluchen oder nicken würden.
Murdoch zuckte die Achseln, und Sebastian nickte grimmig.
Wer ist Nïx?
Sebastian sah sich um. „Trotzdem – mir sträuben sich hier sämtliche Nackenhaare.“ Wieder blitzte es. „Fast so, als ob … als ob es hier spukt.“
Sebastian hat sich einen Keks verdient.
„Und ihr wisst, dass ich so was nicht leichtfertig sagen würde. Conrad hat es offensichtlich ebenfalls gespürt.“
Na klar doch, denn abgesehen davon geht es ihm ja bestens.
„Durch das Wetter sieht es schlimmer aus, als es ist.“ Nikolai fuhr mit der Hand durch sein feuchtes Haar und wischte sich das Gesicht mit einem Zipfel seines Hemdes ab. „Und selbst wenn hier ein paar Geister rumspuken – habt ihr denn vergessen, was wir sind? So ein Geist täte gut daran, uns zu fürchten.“
Sie zu fürchten? Kein lebendes Wesen konnte sie – Néomi – berühren.
„Genau genommen ist es ideal, weil dieses Haus die Leute abschreckt“, fuhr Nikolai fort, während erneut ein Donnerschlag krachte. „Das Haus der Walküren ist auch nicht weit weg, und es gibt nur wenige Mythenweltgeschöpfe, die sich in die Nähe ihres Zuhauses wagen würden.“
Walküren? Mythenwelt? Ihr fiel ein Zeitungsartikel ein, der vor ein paar Jahren erschienen war und sich mit dem Straßenjargon, den Kriminelle untereinander benutzten, beschäftigt hatte. Diese Männer benutzten so einen Slang. Was sollte es sonst sein?
„Vielleicht haben die Walküren etwas gegen Vampire in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft“, sagte Murdoch.
Vampire? Keine Gang? Sie sind alle wahnsinnig. Mon Dieu, ich brauche einen Bourbon.
„Ist das Ding überhaupt bewohnbar?“, erkundigte sich Sebastian in spöttischem Ton.
Nikolai nickte. „Die Bausubstanz und das Dach sind solide …“
Wie ein Fels in der Brandung.
„… und wenn wir erst einmal ein paar kleine Veränderungen vorgenommen haben, wird es für unsere Zwecke ideal sein. Wir reparieren nur, was wir brauchen: ein, zwei Schlafzimmer, eine Dusche, die Küche. Ich hatte heute schon die Hexen hier, für einen Schutzzauber rund um das Grundstück. Solange Conrad diese Ketten trägt, kann er die Grenze nicht übertreten.“
Hexen? So langsam reicht’s jetzt aber! Néomi hob die Hand, um sich die Schläfe zu massieren. Auch wenn sie nichts spürte, fühlte sie sich durch die vertraute Geste beruhigt.
Inzwischen wanderte Murdoch durch den Salon und wischte ein paar Spinnweben fort. „Conrad wusste, dass wir in die Kneipe kommen würden.“
„Daran besteht kein Zweifel“, erwiderte Nikolai. Er ging zu einem der Fenster, das vor Schmutz starrte, und warf einen Blick nach draußen. „Er hat uns erwartet. Um uns zu töten.“
„Offensichtlich ist er inzwischen ziemlich gut in so was.“ Sebastian tastete vorsichtig seine Rippen ab und zuckte zusammen.
Als Néomi genauer hinsah, erkannte sie, dass sie alle auf irgendeine Art und Weise verletzt zu sein schienen. Selbst Conrad sah aus, als habe ihm eine wilde Bestie mit ihren Klauen die Brust zerfetzt. „Es bereitet ihm Vergnügen.“
Töten bereitet ihm Vergnügen? Ein Mörder in meinem Haus. Schon wieder. Ob er wohl dieselbe Art Mann wie Louis war – einer, der einer wehrlosen Frau ein Messer mitten ins Herz stieß? Ganz ruhig, Néomi … Der Wind wurde heftiger. Zügle deine Emotionen.
„Na, das musste er wohl, wenn es wahr ist, was man so über seine Beschäftigung hört.“
Ein professioneller Killer?
„Dass wir ihn ausgerechnet jetzt gefunden haben … Das hätte wirklich zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt passieren können“, sagte Sebastian. „Wie sollen wir das bloß schaffen?“
„Wir befinden uns im Krieg, hintergehen unseren König, versuchen, uns nicht allzu viele Sorgen um Kaderin und Myst zu machen, und gleichzeitig tun wir unser Bestes, damit Con bald wieder seinen gesunden Vampirverstand zurückerlangt“, erwiderte Nikolai mit ruhiger Stimme.
Murdoch hob eine Augenbraue. „Ach, und ich hatte mir schon eingebildet, wir hätten uns zu viel vorgenommen.“
Die Brüder begannen die benachbarten Räume zu erforschen, überprüften das Holz auf Trockenfäule hin, zogen die Laken von den Möbeln und erkundeten ihre Umgebung.
Néomi hatte in der Vergangenheit immer sehr viel Glück mit den Bewohnern von Elancourt gehabt. Nette Familien waren gekommen und gegangen, dazu ein paar harmlose Obdachlose. Leider besagte rein gar nichts an diesen Männern Wir sind nett und harmlos!
Das galt insbesondere für den in Ketten liegenden Mörder. Er lag auf dem Boden, in seinem Mundwinkel sammelte sich Blut, das schließlich herabtropfte.
Tropf … tropf … Eine karmesinrote Pfütze hob sich grell von ihrem hellen Marmorfußboden ab. Genau wie damals. Unterdrücke es. Beherrsche es.
Schlagartig öffneten sich die Augen des Wahnsinnigen. Sie konnte die anderen nicht warnen! Schnell wie ein Blitz sprang er auf die mit Ketten gefesselten Füße und humpelte mit übernatürlicher Geschwindigkeit davon. Noch bevor sie auch nur die Arme heben konnte, um ihn aufzuhalten, hatte er die Kette straff gespannt … und der Heizkörper bog sich unter dem ungeheuren Druck.
Er konnte ihn nicht herausreißen. Unmögl…
Mit einem gewaltigen Knall löste sich der Heizkörper aus der Verankerung, während der Wahnsinnige mitten durch den Saal schoss, auf die Tür zu – die Tür, in der sie stand. Sie starrte ungläubig auf den Heizkörper, den er wild hin und her schleudernd hinter sich herzog und der alles zerstörte, was sich ihm in den Weg stellte.
Mit einem Mal brach das Netz der unter dem Fußboden verlegten Heizungsrohre durch den Boden – Meter für Meter stöhnendes Metall, explodierender Marmor und herumfliegende Splitter.
Wieder stürzten sich die drei Männer auf ihn. Der ganze Haufen aus Männerleibern rutschte über den Boden, bis er kurz vor ihren Füßen zum Stehen kam.
Sie starrte mit weit aufgerissenen Augen um sich. Ihr Heim, ihr geliebtes Heim! Innerhalb von fünfzehn Minuten hatte der Wahnsinnige Elancourt schlimmer zerstört, als die gesamten vergangenen achtzig Jahre es vermocht hatten.
Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Beherrsche es. Aber ihr Haar wirbelte bereits um ihr Gesicht, und Rosenblätter flogen wie von Sturmwinden getrieben um ihren Körper herum. Draußen nahm der Wind an Stärke zu, strömte durch die Löcher in den hohen Fenstern und wirbelte Dreck und Staub auf, bis sie in der Lage war, das volle Ausmaß der Zerstörung zu erkennen.
Der Marmor! Als ihre Augen sich vor Trauer mit Tränen füllten, begann draußen Regen herabzuströmen.
Bekämpfe es.
Zu spät. Blitze nahmen das Haus unter Beschuss und erleuchteten die Nacht wie eine ganze Serie von Bombenexplosionen. Ganz unten in dem Haufen aus Männerleibern hob Conrad mit einem Ruck den Kopf und blickte in ihre Richtung.
Blitzschnell wirbelte Néomi herum, sodass ihr Haar sich wie ein Schleier über ihr Gesicht legte, während sie sich auflöste, um Sekundenbruchteile später auf einem Treppenvorsprung wieder aufzutauchen, von dem aus sie auf ihn hinunterblickte.
Conrad starrte nach wie vor auf die Stelle, an der sie eben noch gestanden hatte. Er blinzelte hektisch, und seine Gegenwehr nahm immer weiter ab, als ob er vollkommen aus dem Konzept geraten wäre.
War es möglich, dass … er sie gesehen hatte?
Das war noch nie zuvor geschehen. Nicht ein einziges Mal. Sie wurde nun schon seit so langer Zeit durchweg ignoriert, dass sie schon begonnen hatte, sich zu fragen, ob sie tatsächlich existierte.
Von Nahem hatte sie sehen können, dass das Weiße in seinen Augen … rot war. Sie hatte zunächst angenommen, er sei verletzt, dass geplatzte Blutgefäße für diese Färbung verantwortlich seien, hatte dann aber erkannt, dass sie vollkommen gleichmäßig rot verfärbt waren.
Was waren das für Wesen? Konnten es tatsächlich … Vampire sein? Selbst angesichts dessen, was mit ihr geschehen war, fiel es ihr nach wie vor schwer, an übernatürliche Kräfte zu glauben.
Conrad schüttelte den Kopf und begann erneut, mit ganzer Kraft zu kämpfen und sich Zentimeter für Zentimeter seinen Weg zur Tür zu bahnen, trotz der Gegenwehr seiner Brüder.
„Ich wollte das eigentlich nicht tun, Conrad!“, stieß Nikolas hervor und griff in seine Jackentasche. Während die anderen ihren Bruder festhielten, biss er das Ende von etwas ab, das wie eine Spritze aussah, und injizierte den Inhalt in Conrads Arm.
Was auch immer es war, es verlangsamte ihn. Er blinzelte immer wieder mit seinen roten Augen.
„Was hast du ihm gegeben?“, fragte Sebastian.
„Ein Gebräu der Hexen, teils Medizin, teils Magie. Das sollte ihn für ein Weilchen ruhigstellen.“
Für wie lange würde es Conrad ruhigstellen? Wie lange hatten sie vor, ihn hierzulassen? Damit er auf ihren Fußboden spuckte und in ihren Salons herumgrölte? Sie würde auf gar keinen Fall zulassen, dass jemand wie Louis ihr Heim ein weiteres Mal beschmutzte! Dieser Conrad war eine Bestie. Man sollte ihn einschläfern lassen. Oder zumindest auf irgendeine andere Art und Weise aus dem Verkehr ziehen.
Sie würde diesen Eindringlingen Kräfte demonstrieren, wie sie sie noch nie zuvor gesehen hatten. Sie würde sie in den Hof fegen wie Abfall! Sie würde sie bei den Füßen packen und mit den Köpfen nach unten bis ins Bayou schleppen! Néomi würde ihnen zeigen, was es bedeutete, wenn ein Geist zum Poltergeist wurde …
„Wo … ist sie?“, brachte Conrad zwischen keuchenden Atemzügen heraus.
Néomi erstarrte. Er konnte doch nicht sie meinen. Er konnte sie nicht gesehen haben.
„Wer, Conrad?“, fragte Nikolai kurz angebunden.
Kurz bevor das Hexengebräu ihm das Bewusstsein raubte, stieß er mit rauer Stimme aus: „Die Frau … wunderschön.“
3
Die Morgendämmerung war gekommen und vorbeigegangen, und immer noch war Néomi vollkommen außer sich. Denn offenbar war Elancourt bis unters Dach mit leibhaftigen Vampiren vollgestopft.
Jegliche Zweifel, die sie eventuell noch gehegt hatte, hatten sich restlos aufgelöst, als sie gesehen hatte, dass sich die Brüder nach Lust und Laune in Luft auflösten und irgendwo anders wieder auftauchten, während sie in den verschiedensten Ecken des Hauses Reparaturen vornahmen.
Und das war noch längst nicht die Entwicklung, die sie in dieser Nacht am meisten überraschte. Als Conrad gesagt hatte: „Die Frau … wunderschön“, hatte er da womöglich von ihr gesprochen?
Jetzt blieb ihr nichts anderes übrig, als ungeduldig darauf zu warten, dass er das Bewusstsein wiedererlangte, damit sie dies herausfinden konnte.
Er lag nach wie vor da, wie seine Brüder ihn vergangene Nacht hinterlassen hatten: auf der neuen Matratze, die sie für ihn hingelegt hatten, die Handgelenke hinter dem Rücken zusammengekettet. Die schmutzigen Stiefel hatten sie ihm ausgezogen und die Fußfesseln abgenommen. Seine zerrissene Kleidung war inzwischen getrocknet, der Stoff war vom Matsch bretthart. Die grauenhaften klaffenden Wunden auf seiner Brust waren innerhalb weniger Stunden vollkommen verheilt.
Sie schwebte in einer sitzenden Position ungefähr einen halben Meter über dem Bett und fragte sich, wie lange er denn wohl noch ohnmächtig daliegen würde. Sie hatte angenommen, dass alle Vampire tagsüber in eine Art Komazustand fielen, aber seine Brüder unten im Erdgeschoss kamen und gingen nach wie vor unermüdlich und teleportierten fleißig verschiedene Gegenstände ins Haus.
Diese Warterei war unerträglich. Denn vielleicht hat er … mich gesehen. Ja, niemand hatte sie je sehen können, und ja, diese Entwicklung beruhte ausschließlich auf der Vorstellung, dass er sie für schön hielt. Vielleicht wenn er jemand war, der sich nicht mit Nebensächlichkeiten wie rosigen Wangen und dem Anschein von blühender Gesundheit aufhielt …?
Néomi war nicht notwendigerweise auf die Kenntnisnahme ihrer Gegenwart aus. Sie könnte genauso gut ein Bettlaken schwenken, auf das sie „Bonjour sagt das Schreckgespenst!“ gemalt hatte, wenn sie es darauf anlegen wollte, um jeden Preis Aufmerksamkeit zu erregen oder womöglich einen Exorzismus herauszufordern. Nein, sie wollte gesehen werden. Sie sehnte sich danach, eine Unterhaltung zu führen.
Diese Möglichkeit bedeutete, dass sich ihr ganzer grandioser Plan, die neuen Untermieter vor die Tür zu setzen, in Luft aufgelöst hatte und sich ihr Groll angesichts des Schadens, den sie Elancourt zugefügt hatten, vorübergehend gelegt hatte. Jetzt wünschte sie sich nur noch, dass sie blieben – vor allem Conrad.
Die Neugier fraß sie schier auf. Warum war ausgerechnet dieser blutspuckende Vampir in der Lage, sie zu sehen – nach über achtzig Jahren immer wieder wechselnder Mieter? Und warum nicht seine Brüder? Als sie Conrad für den Tag fertig gemacht, sprich, ihn in Fesseln gelegt hatten, hatte Néomi wild mit den Armen gewunken und so laut geschrien, wie sie nur konnte. Sie hatte sich sogar auf sie gestürzt und ihre Körper durchquert – ohne jede Wirkung.
Konnte Conrad sie deshalb sehen, weil er als Einziger rote Augen hatte?
Sie richtete sich auf und schwebte von einer abblätternden blauen Wand zur anderen. Die Brüder hatten für Conrad zielsicher das Blaue Zimmer ausgewählt, das maskulinste aller Gästezimmer. Die dichten Vorhänge waren tiefblau, und die spärlichen Möbelstücke – das Bettgestell, der Nachttisch und ein Stuhl mit hoher Lehne vor dem Kamin – waren von dunkler Farbe und robust gearbeitet.
Eigentlich hatte sie erwartet, dass sie in Särgen schlafen würden, aber sie hatten Conrad einfach auf das frisch zurechtgemachte Bett gelegt. Außerdem hatte sie angenommen, dass selbst indirekte Sonnenstrahlen sie verbrennen würden, aber der Raum war von bleichem Sonnenlicht so hell erleuchtet, dass man jedes Staubkörnchen sah. Und wenn die Vorhänge sich in der Zugluft bewegten, die durch das Haus wehte, dehnte sich das Licht bis zu seinen Füßen hin aus.
In diesem Augenblick warf er sich auf den Rücken und rief ihr in Erinnerung, wie groß und kräftig er war. Seine breiten Schultern schienen das Bett von einer Seite zur anderen auszufüllen, und seine Füße ragten über das Ende hinaus. Er musste an die zwei Meter groß sein.
Sie schwebte über ihm und blickte mit schräg zur Seite gelegtem Kopf auf ihn hinab. Er schien Anfang dreißig zu sein, aber das war schwierig zu schätzen mit all dem Dreck und dem Blut, die sein Gesicht bedeckten. Sie schluckte nervös, konzentrierte sich und nutzte ihre telekinetischen Fähigkeiten, um seine Oberlippe zurückzuziehen, wobei sie allerdings erst einmal in seine Nase piekste, bevor es klappte.
Als sich die Lippen teilten, sah sie weiße Zähne in dem dreckigen Gesicht aufblitzen und … Fangzähne, eindeutig! Genau wie in den Romanen, die sie vor langer Zeit gelesen hatte. Genau wie in den Vampirfilmen, die das letzte junge Pärchen so gerne gesehen hatte.
Wie aus diesen Männern wohl Vampire geworden sein mochten? Waren sie verwandelt worden? Oder schon so auf die Welt gekommen?
In diesem Augenblick ertönte von unten ein lautes Krachen. Auch wenn sie am liebsten gleich nachgesehen hätte, was sie ihrem Haus jetzt schon wieder antaten, fürchtete sie, dass Conrad in ihrer Abwesenheit aufwachen würde.
Die Brüder hatten schon eine ganze Reihe der Fenster, die keine lichtundurchlässigen Vorhänge besaßen, mit Brettern zugenagelt und Klappstühle, Matratzen und Bettwäsche hergeschafft. Sogar einen modernen Kühlschrank. Im großen Badezimmer hatten sie die sanitären Anlagen wieder instand gesetzt, und schon davor war mit einem Schlag wieder Strom geflossen, sodass die Glühbirne, die über dem Bett hing, mit lautem Knall zerborsten war und Glasscherben herabgeregnet waren.
Sie hatte die Scherben an dem Gefangenen vorbeischweben lassen – eine gute Idee, denn jetzt begann er, sich auf den zerwühlten Laken hin und her zu werfen. Als sich sein zerrissenes Hemd ein paar Zentimeter nach oben verschob, bemerkte sie eine dünne Narbe, die gleich über dem Bund seiner Hose begann. Wie lang mochte sie sein? Sie schwenkte die Hand und zog das Hemd noch ein wenig höher. Die Narbe schien kein Ende zu haben. Während sie auf ihrer Unterlippe herumkaute, nahm sie sich die Knöpfe vor, bis es ihr gelang, einen nach dem anderen zu öffnen und die beiden Seiten des Hemdes auseinanderzuschieben.
Die Narbe reichte fast bis zum Herzen. Es schien so, als ob eine rasiermesserscharfe Klinge auf der Höhe seines Magens angesetzt hätte und ihm damit der Leib aufgeschlitzt worden wäre.
Als sie ihren Blick endlich wieder von diesem Mal abwenden konnte, begutachtete sie seine Brust. Sie war breit und dicht mit Muskeln bepackt. Da seine Hände hinter dem Rücken gefesselt waren, schienen sie sich sogar im Ruhezustand anzuspannen. Sein ganzer Oberkörper wirkte so hart wie Stein, an ihm war nicht ein überflüssiges Gramm zu sehen.
Sie fragte sich, wie sich seine Haut anfühlen mochte. Das würde sie wohl nie erfahren …
Der Bund seiner Hose saß so tief, dass sie die Linie lockiger schwarzer Haare sehen konnte, die sich von seinem Nabel nach unten zog. Diese dunkle Spur verlockte sie, seine Hose noch ein Stückchen weiter nach unten zu ziehen, aber sie blieb standhaft – mit Mühe.
Die Männer, zu denen sich Néomi in der Vergangenheit hingezogen gefühlt hatte, waren älter und auf eine weiche, kultivierte Art gut aussehend gewesen. Im Gegensatz dazu schien dieser Mann aus nichts als Härte und scharfen Kanten zu bestehen.
Warum also fand sie diesen mit Narben übersäten Körper dermaßen attraktiv?
„Oh, jetzt wach schon auf, Conrad“, sagte sie mühevoll. Sprechen war für sie ein beschwerliches Unterfangen. Sie fühlte sich oft so, als ob sie versuchte, Klänge von der Größe eines Elefanten durch ein Nadelöhr zu drücken. Die Wörter hörten sich für sie verzerrt und seltsam widerhallend an. „Wach endlich auf.“ Am liebsten wäre sie auf das Bett gesprungen oder hätte ihm ins Ohr geschrien. Wenn sie bloß einen Eimer voll Wasser hätte …
Mit einem Ruck riss Conrad die Augen weit auf.
Er kommt zu sich. Das Licht ist die reinste Folter für seine empfindlichen Augen. Schmerz durchzuckt ihn. Er knirscht mit den Zähnen, als ihn Welle um Welle der Pein überspülen.
Du musst dich befreien. Er kämpft gegen die Fesseln an. Seine Glieder scheinen aus Blei zu bestehen. Sie haben mir Drogen gegeben. Wut keimt in ihm auf, bis das Verlangen zu töten ihn würgt wie Hände, die sich erbarmungslos um seine eigene Kehle legen.
Wie lange war ich weg? Er weiß noch, wo er sich befindet. Das Herrenhaus – genauso abweisend, wie er erwartet hatte. Noch im Auto war ihm schon beim Anblick der Schweiß ausgebrochen, und er hatte wild um sich geschlagen.
Das Gefühl, beobachtet zu werden, ist hier noch um ein Vielfaches stärker. Die Gänsehaut in seinem Nacken ist zum Dauerzustand geworden.
Sein Körper versteift sich. Er hat etwas gesehen … hatte er wirklich einen Schleier aus glänzendem schwarzem Haar gesehen, als eine Frau sich um sich selbst drehte? Weiß nicht mehr, was wirklich ist und was Illusion. Bevor sie verschwand, hatte er geglaubt, einen Blick auf ein Paar blaue Augen zu erhaschen, die sich vor Überraschung geweitet hatten. Er hatte Rosen gerochen und eine entblößte Schulter gesehen – schmal und unglaublich blass. Doch außer ihm hatte niemand auf sie reagiert. Was bedeutet, dass sie nicht real sein kann.
Alles, was er sieht, andere jedoch nicht, ist verdächtig. Wahrscheinlich ist sie nur eine Ausgeburt seiner Fantasie und entstammt der Erinnerung eines anderen. Jemand, den er leer getrunken hat, hatte sie womöglich gekannt: seine Frau, eine Geliebte … oder eines seiner eigenen Opfer.
Er wehrt sich heftiger gegen die Ketten. Nichts. Metall wie dieses sollte ihn eigentlich nicht halten können. Es sei denn … Auf magische Weise verstärkt.
Zur Hölle mit seinen Brüdern! Wieso zum Teufel haben sie ihn überhaupt hergebracht? Dieser Ort fühlt sich falsch an, bedrohlich. Er weiß nicht, wie oder warum. Ist ihm auch egal. Ich weiß nur, ich muss mich befreien.
Mit einem Mal umgibt ihn der Duft von Rosen. Ich bin nicht allein in diesem Zimmer. Auch wenn er nichts sieht – es ist noch irgendjemand anders anwesend. Vielleicht die Frau von vorhin? War da vorhin eine Frau? Er beginnt zu schwitzen.
Irgendetwas befindet sich nur wenige Zentimeter weit weg von ihm, kommt langsam näher … Er könnte schwören, dass er warmen Atem an seinem Ohr spürt. Er windet sich, bleckt warnend die Fänge. Das Verlangen zu töten brodelt und schäumt in ihm.
Näher … näher …
Direkt neben seinem Ohr vernimmt er kaum hörbar eine Stimme. Die einzelnen zögerlichen Wörter kann er jedoch nicht ausmachen.
Aber er spürt die Erwartung, eine Sehnsucht, die ihn wie stürmischer Wellengang überrollt. Sein Kopf fühlt sich an, als ob er gleich explodieren wollte. Irgendetwas wird von ihm erwartet. „Was? Was?“ Er weiß es nicht … weiß nicht, was er tun soll …
Er hasst das Verlangen, das er spürt.
„Siiiiehst duuuu miiiich?“, sagt die schwache Stimme.
Sein Kopf zuckt hin und her. Er sieht gar nichts.
Ruckartig setzt er sich auf. Er spürt eine Art Schock, wie statische Elektrizität.
Conrads Körper fuhr durch sie hindurch, was sie zusammenzucken und ihn erschaudern ließ. Schwankend kam er auf die Füße. Seine Verwirrung schien noch weiter zuzunehmen.
„Jemand ist hier. Bist du real?“ Seine Stimme klang noch rauer als letzte Nacht.
„Conrad, beruhige dich“, sagte sie langsam.
Das rote Glühen seiner Augen vertiefte sich. „Zeige – dich!“
War es möglich, dass er auf ihre Worte reagierte? Oder verfügte er lediglich über eine Art Vampirsinn, der ihm sagte, dass er nicht allein war?
Mit einem leisen Knurren ging er ein paar Schritte zurück, bis er mit dem Rücken gegen die Wand stand. Er bearbeitete vergeblich seine Handfesseln, bis er schließlich mit beiden Füßen über seine gefesselten Hände stieg, sodass sie sich vor ihm befanden. Er schien sich auf die Chance, zu kämpfen, zu freuen und suchte den ganzen Raum nach einem Feind ab, nach jemandem, den er töten könnte.
Während Néomi über ihm schwebte und mit der Hand vor seinen Augen fuchtelte, zuckte sein Blick wild hin und her, sein Kopf ruckte nach rechts, dann nach links. Sie runzelte die Stirn, streckte den Zeigefinger aus und stach ihm damit ins Auge. Ihr Finger glitt einfach hindurch.
Er blinzelte nicht einmal.
Sie glitt von ihm fort, als ob er sie weggestoßen hätte. Er kann mich nicht sehen. Die Enttäuschung lastete schwer auf ihr. Wunderschöne Frau? Nichts als das Gefasel eines Wahnsinnigen. Sie hatte sich an diese Worte geklammert, ganz gleich, wie unwahrscheinlich es war, dass sie sich auf sie bezogen, weil sie verzweifelt war.
Die Euphorie der letzten Nacht war nichts anderes als die Ouvertüre für die bitterste Enttäuschung gewesen. Sie wedelte noch ein letztes Mal hektisch vor seinen Augen …
Er klappte den Mund zu – ein Geräusch, als ob eine Bärenfalle zuschnappt. Sie reagierte mit einem erschrockenen Aufschrei, hob die Hände und schubste ihn von sich fort, sodass er wie eine Kanonenkugel in den Stuhl mit der hohen Lehne geschleudert wurde. Als der Stuhl vor die gegenüberliegende Wand krachte, brach er bei dem Aufprall zusammen und explodierte in einer Wolke aus Splittern, Fetzen der Polsterung und Putz.
Während er sich abmühte, sich aus den Trümmern zu befreien, brüllte er etwas in einer fremden Sprache, was sich stark nach Flüchen anhörte. Und dennoch schien ihm die Gewalt zu gefallen. Oder zumindest schien er daran gewöhnt zu sein.
„Conrad … warte!“, stieß sie mühselig hervor. Wo sind denn bloß seine Brüder? Mit ihren Spritzen? Sicher, die drei Männer kamen und gingen, aber sie waren nie allzu lange fort.
Sobald er sich wieder aufgerappelt hatte, begann er wild im Zimmer hin und her zu rasen und mit seinen angeketteten Händen gegen die Wände zu schlagen, bis überall Löcher im morschen Putz entstanden.
„Hör auf damit, meinem Haus wehzutun!“
Das tat er nicht. Stattdessen schnappte er sich jetzt den Schürhaken, der neben dem Kamin stand, schwenkte ihn mit aller Kraft durch die Luft und ließ ihn dann los, sodass er sich tief in die Ziegel des Kamins bohrte und bebend dort stecken blieb. Als sein hektischer Blick am Nachttisch hängen blieb, sagte sie: „Keinen Schritt näher.“
Conrad stürzte sich auf das Möbelstück. Ohne zu überlegen, schleuderte sie ihn gegen die Decke. Er kniff die Augen fest zu, öffnete sie aber gleich darauf wieder, offensichtlich erstaunt, immer noch auf den Fußboden zu blicken.
Er schlug um sich und wehrte sich nach Kräften gegen sie. Er war stark, und bald war sie gezwungen, ihn fallen zu lassen, hastiger, als sie eigentlich vorgehabt hatte, und er landete mit voller Wucht auf seinem Gesicht. Als er aufstand, sah sie Blut aus einer Wunde an seiner Stirn herab in seine Augen und an seiner Nase entlanglaufen.
Sie hatte nicht vorgehabt, ihn zu verletzen! „Dieu, je regrette!“
„Conrad!“, brüllte Nikolai von unten, um den Bruchteil einer Sekunde später im Türrahmen aufzutauchen. Er musterte mit verblüffter Miene das Chaos, das sich ihm bot. „Was zum Teufel …“
Nikolai hatte keine Gelegenheit, die Frage zu beenden, da Conrad mit seinen gefesselten Armen nach ihm schlug. Nikolai flog aus dem Zimmer und über den Treppenabsatz ins Erdgeschoss hinab, als ob er von einem Rammbock getroffen worden wäre.
Conrad stürmte aus der Tür, Néomi mit weit aufgerissenen Augen hinterher. Auch wenn seine Geschwindigkeit immer noch übermenschlich war, war er doch langsamer als letzte Nacht, obwohl seine Füße nicht mehr gefesselt waren. Sie hatten ihn bereits drastisch geschwächt.
Während sich Nikolai schwerfällig aufrappelte, stand Sebastian mit ausgestreckten Armen auf der Treppe. Aber Conrad legte seine zusammengeketteten Arme auf das Geländer, sprang mit einem Satz nach unten und vermied so jeglichen Kontakt. Als er sich dann dem Haupteingang zuwandte, versperrte ihm Murdoch den Weg.
Nikolai brüllte: „Du kannst jetzt unmöglich das Haus verlassen, Conrad. Verdammt noch mal, denk an die Sonne!“
Was würde im direkten Tageslicht mit Conrad geschehen? Sie öffnete erschrocken den Mund, als er auf Murdoch zustürmte und ihn gegen die Doppeltür aus Mahagoni rammte. Eine der Türen wurde komplett aus den Angeln gerissen und mit lautem Krachen auf die Veranda geschmettert.
Kurz bevor sie in die Reichweite der Morgensonne gelangten, translozierte sich Murdoch unter das schützende Dach der Veranda zurück, doch Conrad setzte seinen Weg fort. Sollte sie versuchen, ihn aufzuhalten?
Nikolai machte Anstalten, ihm zu folgen, aber Sebastian packte ihn beim Hemd und zerrte ihn in den Schatten zurück. „Der kommt nicht weit, Nikolai.“
Néomi stand neben den Brüdern. Aus Gewohnheit beschattete sie ihre Augen, während sie alle vier Conrad beobachteten, der die Einfahrt entlangrannte. Ich wollte ihn nicht so abrupt fallen lassen. Er muss schrecklich durcheinander sein.
„Er wird verbrennen“, sagte Nikolai, dem man anhörte, wie sehr er litt.
Genau wie Néomi legte Murdoch die Hand über seine Augen. „Dann wird er’s vielleicht lernen.“
Die Sonne versengt seine Augen. Es fühlt sich an, als ob sie mit Säure übergossen worden wären. Du musst kämpfen. Das Bayou liegt gleich hinter der Einfahrt, nur noch über die Straße. Er kann das dunkle Wasser bereits wittern.
Seine Haut brennt. Er beißt die Zähne gegen den Schmerz zusammen.
DasBayou, gleich hinter der Straße. Er kann es schaffen, könnte dort im Schatten überleben. Die Flammen flackern immer höher.
Er nähert sich der Grundstücksgrenze. Entfernt sich weiter von diesem Ding … was auch immer es ist, das es darauf angelegt hat, ihn zu quälen. Ein Wesen, das er nicht sehen kann, um es zu bekämpfen. Das keine Kehle hat, die er ihm herausreißen kann. Eine körperlose Stimme, deren Widerhall ihn von allen Seiten umzingelt hatte.
Gleich da … Feuer … Feuer …
Schlagartig wird ihm schwarz vor Augen. Irgendeine Kraft stößt ihn um, sodass er sich auf seinem Hintern sitzend wiederfindet. Sobald seine Sehkraft zurückgekehrt ist, reißt er die Augen auf. Bröckelnde blaue Wände umgeben ihn. Ungläubig brüllt er auf. Verwirrung überkommt ihn.
Dasselbe Schlafzimmer! Er ist wieder in demselben gottverfluchten Schlafzimmer.
Auf dem Boden zusammengesackt schlägt er den Kopf wieder und wieder gegen die Wand, bis er den Stich der Nadel in seinem Arm spürt.