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Erotische Bibliothek Band 3: Gamiani oder Zwei Nächte der Ausschweifung von Alfred de Musset Sammlung klassischer erotischer Werke der Weltliteratur Ein Bestseller der erotischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Die Geschichte der Gräfin Gamiani und ihrer Geliebten Fanny, die von dem jungen Alcide beobachtet werden, der schließlich die Nacht mit den beiden verbringt. Ohne obszön zu werden schildert Musset die außergewöhnlichen intimen Erlebnisse der Gräfin.
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Seitenzahl: 85
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Erotische Bibliothek
Band 3
Alfred de Musset
(zugeschrieben)
Gamiani oder Zwei Nächte der Ausschweifung
Erstmals erschienen 1835 unter dem Titel
Gamiani ou deux nuits d'excès
Aus dem Französischen von Heinrich Conrad 1905
© Lunata Berlin 2019
Die erste Nacht
Die zweite Nacht
Anmerkungen
Über den Autor
Die erotische Bibliothek
Mitternacht war schon vorüber; aber die Säle der Gräfin Gamiani strahlten noch in hellem Lichterglanz.
Von den Klängen einer berauschenden Musik erregt, gaben sich die Gäste der Lust des Tanzes hin. Von Geschmeide und Edelsteinen funkelten die prachtvollen Toiletten der Damen. Anmutig und liebenswürdig stand die Gräfin als Königin des Balles in der Mitte ihrer Gäste; man sah ihr den Triumph über das Gelingen ihres mit verschwenderischer Pracht veranstalteten Festes an, von dem schon wochenlang vorher ganz Paris gesprochen hatte. Mit freundlichem Lächeln hörte sie allen den schmeichelnden Komplimenten zu, womit die Anwesenden ihr den Zoll für die Einladung entrichteten.
Meiner Gewohnheit gemäß stand ich abseits, um Beobachtungen zu machen, und da war mir bereits manches aufgefallen, was mir allerlei Zweifel an der Gräfin erweckte. dass sie eine vollendete Weltdame war, konnte ich nicht bestreiten. Aber wie stand es mit ihren moralischen Qualitäten? Es reizte mich, ihr Herz mit dem Seziermesser des Forschers zu untersuchen. Doch etwas Befremdliches, mir Unerklärliches hinderte mich daran, der Sache wirklich auf den Grund zu gehen. Aus dem Lebenswandel dieser Frau ließen sich keine Schlüsse ziehen; es schien mir daher unendlich schwer, das Rätsel ihres Daseins aufzuhellen. dass ein solches Rätsel vorhanden sein müsse, sagte mir eine bestimmte Ahnung.
Sie war jung, Besitzerin eines riesigen Vermögens, eine Schönheit nach dem Geschmack der Durchschnittsmenschen. Trotzdem stand sie allein in der Welt; sie hatte keine Freunde. Ihr mochte ihre Individualität genügen, aber die Gesellschaft fragte sich verwundert, warum ein solches Weib unvermählt bleibe.
Böse Zungen hatten sich eifrig mit diesem Thema beschäftigt. Man erzählte sich viel, aber zu beweisen war nichts. Die Gräfin Gamiani blieb undurchdringlich.
Einige nannten sie eine Foedora [1], ein Weib ohne Herz und ohne Temperament, andere sprachen die Vermutung aus, ihr Herz müsse einmal eine tiefe Wunde empfangen haben, und sie sei auch deshalb so kalt, weil sie neue Enttäuschungen vermeiden wolle.
Diese Fragen beschäftigten mich lebhaft; ich strengte alle meine Geisteskräfte an, um ihre Lösung zu finden. Aber vergeblich – eine befriedigende Antwort kam mir nicht in den Sinn. Ich wollte meine unfruchtbaren Bemühungen gerade aufgeben, da hörte ich plötzlich hinter mir den spöttischen Ausruf eines alten Lebemanns: »Bah! Sie ist eine Tribade!« Dies Wort erleuchtete wie ein Blitz die Dunkelheit, die mich umgab. Jetzt war alles klar – in der Kette der Schlussfolgerungen fehlte kein Glied mehr; alle Widersprüche waren gelöst. Eine Tribade! Oh, dieses Wort schlägt mit seltsamem Klange an unser Ohr! Es ruft in unserer Phantasie eigentümlich verschwommene Bilder unerhörter Sinnenlüste hervor. Wir denken an eine Raserei der Wollust, an eine sinnlose Trunkenheit des Geschlechtstriebes, an ein furchtbares Genießen, das ewig unvollkommen bleibt. Vergeblich suchte ich diese Gedanken mir fernzuhalten; im Nu hatten sie meine geschlechtliche Phantasie in Feuer und Flammen gesetzt. Schon sah ich die Gräfin mit aufgelösten Haaren, nackt in den Armen eines anderen Weibes – keuchend, von Wollust erschöpft und trotzdem immer noch von unbefriedigten Begierden gepeinigt. – Mein Blut war siedend heiß, es wirbelte mir vor den Augen – halb betäubt sank ich auf ein Sofa.
Als ich mich wieder erholt hatte, stand in mir der Entschluss fest, um jeden Preis der Gräfin ihr Geheimnis zu entreißen. Mit nüchterner Überlegung erwog ich die Mittel und Wege, um zu diesem Ziele zu gelangen.
Ich beschloß endlich, Gamiani während der Nacht zu beobachten und mich zu diesem Zweck in ihrem Schlafzimmer zu verstecken. Gerade ihrem Bett gegenüber befand sich die Glastür des Ankleidezimmers. Ich erkannte sofort, dass dies der beste Beobachtungsposten sei. Einige Kleidungsstücke, die an der Wand hingen, boten ein leidliches Versteck. Ich verbarg mich hinter ihnen und beschloß, die Stunde des Hexensabbats zu erwarten. Kaum war ich in meinem Versteck, da erschien die Gräfin. Sie rief nach ihrer Kammerzofe, einem jungen Mädchen von dunkler Hautfarbe und mit üppigem Busen.
»Julie«, sagte sie, »ich brauche dich heute Abend nicht. Du kannst zu Bett gehen... Ach, und was ich noch sagen wollte – solltest du in meinem Zimmer Geräusche hören, so kümmere dich nicht darum. Ich will allein sein.« Diese Worte ließen dramatische Ereignisse erwarten; ich wünschte mir Glück zu meinem kühnen Entschluss.
Die Gräfin hatte sich wieder zur Gesellschaft begeben. Immer schwächer wurde allmählich das Stimmengemurmel, das zu meinem Winkel herüberdrang. Endlich hatten alle Gäste sich entfernt, und Gräfin Gamiani blieb allein mit einer ihrer Freundinnen, Fräulein Fanny B. Es dauerte nicht lange, und ich hatte sie im Schlafzimmer vor meinen Augen und hörte ihr Gespräch.
Fanny: Was für ein Missgeschick! Der Regen fällt in Strömen, und kein Wagen ist zu haben!
Gamiani: Auch ich bin untröstlich, dass Ihnen das passieren muss. Leider kann ich Ihnen nicht helfen: mein Wagen ist zum Ausbessern beim Stellmacher.
Fanny: Meine Mutter wird sich beunruhigen.
Gamiani: Machen Sie sich darum keine Sorgen, liebe Fanny: Ihre Frau Mama weiß schon Bescheid; ich habe ihr sagen lassen, dass Sie die Nacht bei mir verbringen. Sie sind mein Gast.
Fanny: Sie sind wirklich zu gütig! Ich mache Ihnen gewiß Ungelegenheiten.
Gamiani: Aber nein! im Gegenteil: ein großes Vergnügen! Ich sehe darin ein entzückendes Abenteuer. Ich schicke Sie nicht in eines von meinen Fremdenzimmern, lassen Sie uns die Nacht beisammenbleiben.
Fanny: Warum? Ich werde Sie im Schlafe stören.
Gamiani: Aber machen Sie doch nicht so viele Umstände! Nehmen Sie an, wir seien zwei junge Freundinnen – Pensionsfreundinnen.
Ein sanfter Kuss bekräftigte ihre zärtlichen Worte.
Gamiani: Ich werde Ihnen beim Auskleiden helfen. Meine Zofe ist schon zu Bett; aber wir brauchen sie ja auch gar nicht.
Nein! Dieser entzückende Leib! Glückliches Mädchen! Ich bewundere Ihren Wuchs! Fanny: Sie finden ihn wirklich schön?
Gamiani: Entzückend!
Fanny: Ach! Sie wollen mir ja nur schmeicheln.
Gamiani: O wie wundervoll die Weiße Ihrer Haut! Man könnte eifersüchtig darauf werden.
Fanny: Nein, das brauchen Sie nicht. In diesem Punkte kann ich's mit Ihnen nicht aufnehmen. Nein – wirklich und wahrhaftig: Sie sind weißer als ich.
Gamiani: Was fällt Ihnen ein, liebes Kind... Aber ziehen Sie sich doch ganz aus! Machen Sie's doch wie ich. Wovor genieren Sie sich denn? Sie tun ja gerade, wie wenn ein Mann im Zimmer wäre. Da! Sehen Sie sich doch im Spiegel!... Was meinen Sie, wie Paris sich beeilen würde, Ihnen den Apfel zuzuwerfen... Die Spitzbübin! Sie lächelt, weil sie sieht, wie schön sie ist. Man muss Sie küssen – auf Ihre Stirn, auf Ihre Wangen, auf Ihre Lippen. Überall sind Sie schön – überall!
Vor Wollust glühend, bedeckte der gierige Mund der Gräfin Fannys Leib mit unzähligen Küssen.
Sprachlos, zitternd ließ Fanny alles über sich ergehen. Sie begriff nicht, was Gamiani von ihr wollte.
Es war ein entzückender Anblick, dieses Paar nackter Frauengestalten: Wollust, Grazie, sinnliches Sichgehenlassen, zaghafte Scham! Eine Jungfrau, ein Engel in den Armen einer rasenden Bacchantin!
Und alle diese Schönheiten waren meinen Blicken ausgeliefert! Das Schauspiel brachte meine Sinne in den höchsten Aufruhr.
Fanny: O was machen Sie denn? Lassen Sie doch, Frau Gräfin, ich bitte Sie... Gamiani: Nein, nein, meine Fanny! Mein Kind, mein Leben, meine Wonne! Du bist zu schön! Ich liebe dich! Ich liebe dich rasend! Ich bin wahnsinnig!
Vergebens sträubte sich das schöne Kind. Küsse erstickten ihr Schreien. Gamiani umarmte sie, umschlang sie – aller Widerstand war vergeblich. Rasend vor Leidenschaft schleppte sie sie an ihr Bett -sie warf sie darauf hin, wie ein wildes Tier seine Beute.
Fanny: Was ist Ihnen denn? Um Gottes willen, Frau Gräfin – das ist ja entsetzlich! Lassen Sie mich los, oder ich schreie! Sie machen mir angst!
Gamiani antwortete nur mit immer heißeren, immer stürmischeren Küssen. Fester nur umschlangen sie ihre Arme – die beiden Leiber waren zu einem einzigen verschlungen.
Gamiani:Fanny! Sei mein! Sei ganz und gar mein! Komm! Nimm mein Leben hin! Nicht wahr – das ist Wonne? Wie du zitterst, süßes Kind! Ah! Du ergibst dich mir!
Fanny: Es tut weh! Es tut weh! Sie töten mich! -Ach – Ich sterbe...
Gamiani: Ja, so ist's recht! Presse dich an mich, meine Kleine, mein goldenes Lieb! Drücke mich... immer noch fester! Wie schön sie ist im Liebesrausch! Wie wollüstig... Du genießt! Du bist glücklich!... O mein Gott!
Es war ein seltsamer Anblick. Mit glühenden Augen, mit aufgelösten Haaren rutschte die Gräfin auf ihrem Opfer hin und her, dessen Sinne jetzt ebenfalls zur höchsten Wollust entflammt waren. Die beiden Weiber hielten sich in den Armen, umklammerten sich mit aller Macht. Jeder Stoß der einen wurde von der anderen erwidert; jedes Stöhnen, jeder Seufzer erstarb in heißesten Küssen. Das Bett krachte von den wütenden Stößen der Gräfin.
Bald war Fanny erschöpft; wie vernichtet ließ sie ihre Arme niedersinken. Totenblaß lag sie unbeweglich da wie eine schöne Leiche. Gamiani raste weiter. Die Wollust brachte sie aufs Äußerste, aber sie vermochte nicht zur Krisis zu gelangen. Mit einem wilden Satz stürzte sie sich mitten ins Zimmer; wälzte sich auf dem Teppich, in immer neuen lasziven Stellungen ihre eigenen Sinne aufpeitschend; ihre geschäftigen Finger mühten sich vergebens, ihr die höchste Befriedigung zu verschaffen.
Dieser Anblick raubte mir vollends die Besinnung.
Im ersten Augenblick hatten Ekel und Entrüstung alle anderen Gefühle in mir übertäubt. Ich war in Versuchung, vor die Gräfin hinzutreten, sie mit der ganzen Wucht meiner Verachtung zu Boden zu schmettern. Aber meine Sinne waren stärker als meine Vernunft. Das Fleisch – das unbändige, zuckende Fleisch triumphierte! Ich war betäubt, ich war wahnsinnig. Die Kleider riß ich mir vom Leib, und nackt, glühend, fürchterlich stürzte ich mich auf die schöne Fanny. Kaum hatte sie so viel Zeit, dieses neuen Angriffs gewahr zu werden, da war ich schon Sieger. Ich fühlte ihren geschmeidigen zarten Leib erschauern, unter meinem Leibe sich hin und her bewegen, jeden meiner Stöße erwidern. Wie glühende Pfeile kreuzten sich unsere Zungen, unsere beiden Seelen verschmolzen zu einer.
Plötzlich stöhnte Fanny: »O mein Gott – er mordet mich...!« Mit diesen Worten bäumte die Schöne sich empor, stieß einen Seufzer aus – und sank dann zurück, indem sie mich mit ihrer süßesten Liebesgabe überströmte.
»Ah, Fanny«, rief da auch ich. »Fanny – warte... nimm! Ah...!«