Gampe's Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden. Ein Reisehandbuch - Gampe, Theodor - kostenlos E-Book

Gampe's Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden. Ein Reisehandbuch E-Book

Theodor, Gampe

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The Project Gutenberg EBook of Gampe's Erzgebirge mit Einschluss derböhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad,, by Theodor GampeThis eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and withalmost no restrictions whatsoever.  You may copy it, give it away orre-use it under the terms of the Project Gutenberg License includedwith this eBook or online at www.gutenberg.org/licenseTitle: Gampe's Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz,Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und desGranulitgebietes an den unteren Mulden. Ein ReisehandbuchAuthor: Theodor GampeRelease Date: March 6, 2016 [EBook #51377]Language: German*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK GAMPE'S ERZGEBIRGE ***Produced by The Online Distributed Proofreading Team athttp://www.pgdp.net (This file was produced from imagesgenerously made available by SLUB: SächsischeLandesbibliothek - Staats- und UniversitätsbibliothekDresden at http://www.slub-dresden.de).

Anmerkungen zur Transkription

Im Original gesperrter Text ist so ausgezeichnet und in kursiv gesetzten Abschnitten so ausgezeichnet.

Weitere Anmerkungen zur Transkription finden sich am Ende des Buches.

Gampe'sErzgebirge

mit Einschluss

der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden.

Ein Reisehandbuch

mit Reisekarte von Ingenieur Rudolf Henke und einer Routenkarte.

Dresden.

Verlag von Bleyl & Kaemmerer.

Vorwort.

Unzählige Reisen, die der Verfasser des vorliegenden Buches in das beschriebene Gebiet unternommen, seine erzgebirgische Heimathliebe und seine Freude an der eigenartigen Gebirgsnatur, wie an dem treuherzigen, regsamen und originellen Volksstamm, der dies Gebirge bewohnt, haben ihm die Arbeit erleichtert, der er sich überdies mit erklärlicher Vorliebe hingegeben. Möchte sie nun nicht minderen Anklang finden, wie die touristischen Skizzen, welche unter dem Titel »Partien in's Sächsische Erzgebirge« im Chemnitzer Tageblatt erschienen sind und die durch berechtigten und unberechtigten Nachdruck, wie auch durch Herausgabe in Buchform eine ungewöhnliche Verbreitung erlangten.

Um dem raschen Wechsel menschlicher Einrichtungen allzeit Rechnung zu tragen, sind Touristen und vor Allem die Eckpfeiler der Touristik, die Gebirgsvereine, sowie auch Ortsbehörden und Hotelbesitzer gebeten, Mittheilungen über etwaige Mängel, Veränderungen oder wünschenswerthe Ergänzungen an den Verfasser gelangen zu lassen.

Dresden-Altstadt.

Th. Gampe.

Widmung.

Mein grünes Bergland, sei gegrüsst!Einst wollt' ich Dich besingen,Doch weil man selten Verse liest,Da sanken mir die Schwingen.
Was ich für Dich und mich erhofft,Wer mag darnach noch fragen,Man übernimmt sich leider oftIn seinen jungen Tagen.
Schlicht, bündig, ohne Gleiss und Glanz,So find'st Du Dich beschrieben,Vergieb, mein Bergland, wenn ich ganzProsaisch bin geblieben.
Der Schenken und der Wege vielStehn hier in schlichter Prosa,Es fehlt auch kein TouristenzielVon Peterswald bis Sosa.
Lass Dir das heut Genüge sein,Was braucht es Verseplunder! –Sie leuchten hell im Sonnenschein,Mein Bergland, Deine Wunder.
Die Reize, die Dir eigen sind,Die findet jed' ästhetisch-Naturbefliss'nes MenschenkindAm Ende selbst poetisch.
Doch ob der fremde WandersmannAll' Deine lust'gen SchenkenUnd stillen Pfade finden kann? –Das lässt sich eh' bedenken.
Drum nimm vorlieb und wenn zu HaufTouristenschwärme kommen,Nimm sie so lieb und freundlich auf,Wie Du mich aufgenommen.
Mein grünes Bergland, sei gegrüsst!Du siehst, ich bin salviret,Wenn man erst wieder Verse liest,Wer weiss, was dann passiret. –
Th. G.

Inhaltsverzeichniss.

Einleitung.

Die Landschaftsform des Erzgebirges

1

.

Klima des Erzgebirges

4

.

Die Bewohner des Erzgebirges

6

.

Praktische Winke für den Umgang

9

.

Wie bereist man am Besten das Erzgebirge

11

.

Wann bereist man am Besten das Erzgebirge

12

.

Einiges über Reisemärsche

13

.

Gastronomisches

14

.

Pass und Zoll

15

.

Reisekosten

16

.

Geldvaluta

16

.

A.

Aberg

102

.

Adelsberg

60

.

Adlerstein

80

.

Adlerfelsen

127

.

Adorf

147

.

Ahornberg

53

.

Altenberg

32

.

Altenhahn

61

.

Altväterwasserleitung

51

.

Altzella

52

.

Amerika b. Penig

77

.

Annaberg

91

.

Arnsgrüner Kuppe

149

.

Asch

150

.

Aschberg

137

.

Aue

120

.

Auerbach

135

.

Auersberg

127

.

Auerswalder Mühle

63

.

Augustusberg

19

.

Augustusburg

65

.

B.

Bärenstein

95

.

Bärenstein b. Glashütte

31

.

Bäringen

124

.

Bernsteinberg

83

.

Beierfeld

120

.

Berggiesshübel

19

.

Bermsgrün

122

.

Beutenberg

60

.

Bieberstein

51

.

Bienenmühle

52

.

Bilin

26

.

Bockau

134

.

Bocksgrün

107

.

Böhrigen

71

.

Borcen

26

.

Brand

54

.

Breitenbrunn

122

.

Brunnersdorf

105

.

Brüx

103

.

Buchholz

95

.

Burgstädt

63

.

Burkhardsdorf

61

.

Buttertöpfchen

44

.

C.

Callenberg, Dorf

78

.

Callenberg, Stadt

67

.

Capellenberg b. Hohenstein

67

.

Capellenberg

, Voigtland

150

.

Chemnitz

55

.

Chemnitzthal

63

.

Colditz

74

.

Cottaer Spitzberg

18

.

Crottendorf

113

.

Cunnerstein

65

.

D.

Dallwitz

99

.

Deutschneudorf

83

.

Dippoldiswalde

37

.

Dittersdorfer Höhe

61

.

Dittmannsdorfer Bergteich

81

.

Döbeln

71

.

Döben (Schloss)

75

.

Dohna

30

.

Domina-Schönlind

97

.

Dörnthal

54

.

Dux

25

.

E.

Ebersdorf

63

.

Edle Krone

42

.

Eger

152

.

Ehrenberg (Schloss)

69

.

Ehrenfriedersdorf

110

.

Eibenstock

126

.

Eichenhof

103

.

Eichwald

35

.

Einsiedel

(Bad)

53

.

Einsiedel

b. Chemnitz

61

.

Einsiedel bei Seiffen

53

.

Eisenberg

(Schloss)

84

.

Ellbogen

155

.

Elster

, Bad

148

.

Elsterberg

143

.

Elsterperlenfischerei

147

.

Elsterthalbrücke

143

.

Elterlein

111

.

Engelshalde

60

.

Engelhaus

102

.

Erdmannsdorf

65

.

Ernstthal

66

.

F.

Falkenstein

146

.

Falkenau

155

.

Fichtelberg

106

.

Filzteich

133

.

Flachsgrund

83

.

Fley

44

.

Flöha

55

.

Flossgrabentour

134

.

Frankenberg

64

.

Franzensbad

150

.

Frauenstein

43

.

Freiberg

45

.

Friebus

129

.

Friedrichshöhe

38

.

Frohburg

78

.

Fürstenberg

112

.

Fürstenwalde

31

.

G.

Gabrielenhütten

85

.

Gebirgsneudorf

83

.

Gelenau

108

.

Georgenfeld

34

.

Georgensdorf

44

.

Georgenthal

44

.

Geisberg

84

.

Geising (Berg)

34

.

Geising (Stadt)

35

.

Geithain

78

.

Geyer

110

.

Geyersberg

61

.

Geyersburg

29

.

Giesshübler Sauerbrunnen

103

.

Glashütte

31

.

Glauchau

115

.

Gleesberg

133

.

Globenstein

124

.

Gnandstein

(Schloss)

79

.

Göhrn

53

.

Göhrener Viaduct

72

.

Goldne Höhe

36

.

Göltzschthalbrücke

142

.

Görkau

84

.

Gottesgab

106

.

Gottleuba

19

.

Grabentour

b. Freiberg

51

.

Grasslitz

137

.

Graupen

28

.

Greifenstein

109

.

Greiz

144

.

Grimma

74

.

Grosssedlitz

30

.

Grüne Grabentour

87

.

Grüner Frosch

149

.

Grünhain

111

.

Grünhainichen

80

.

Grünthal

82

.

H.

Haan

39

.

Hainichen

70

.

Halsbrücke

50

.

Hammer

54

.

Harrasfelsen

64

.

Hartenstein

114

.

Harthau

61

.

Hassenstein

105

.

Hassberg

104

.

Hauensteine

107

.

Hauenstein

(Schloss)

98

.

Heideberg b. Colditz

74

.

Heilingfelsen

102

.

Hellendorf

19

.

Hemmschuhberg

38

.

Hetzdorfer Viaduct

55

.

Hetzdorfer Schweiz

66

.

Hilbersdorf

63

.

Himmelstein

98

.

Hintergrund

86

.

Hirschenstein

131

.

Höckendorf

42

.

Hoheneck

67

.

Hohenfichte

80

.

Hohenstein

66

.

Hoher Stein

138

.

J.

Janegg

25

.

Jerisau

115

.

Joachimsthal

108

.

Johanngeorgenstadt

122

.

Jöhstadt

104

.

Joketa

143

.

Jungenhengst

123

.

K.

Kaaden

105

.

Kahleberg

34

.

Kallich

85

.

Kammerbühl

152

.

Kapellenberg b. Hohenstein

67

.

Kapellenberg

, Voigtland

150

.

Karlsbad

99

.

Karlsfeld

129

.

Katharinenberg

83

.

Katzenstein

87

.

Keilberg

106

.

Kemmler

145

.

Kemptau

61

.

Kirchberg

131

.

Klaffenbach

61

.

Kleinbobritzsch

42

.

Klingenthal

138

.

Klostergrab

39

.

Klösterle

97

.

Kniebreche

88

.

Kohlberg

18

.

Kohren

79

.

Kolkau

74

.

Kommotau

85

.

Königsberg

155

.

Königstanne

81

.

Königswart

156

.

Kostenblatt

25

.

Kranichsee, der

129

.

Kreuzweg

(Dorf)

53

.

Kriebethal

70

.

Kriebstein

69

.

Kreischa

32

.

Krummhennersdorf

51

.

Krzmusch

25

.

Kuhberg

b. Schönheide

130

.

Kühberg b. Netzschkau

142

.

Kulm

20

.

Kulmer Schlachtdenkmäler

20

.

Kupferberg

96

.

Kurprinz (Huthaus)

51

.

L.

Langenleuba

80

.

Langenwiese

44

.

Langhennersdorfer Wasserfall

18

.

Lastau

74

.

Laubberg

131

.

Lauenstein

31

.

Lauter

120

.

Lauterbacher Knochen

81

.

Lauterstein

86

.

Leisnig

75

.

Lengefeld

80

.

Lengenfeld

136

.

Lerchenberg

36

.

Leskau, Ruine

97

.

Lichtenstadt

124

Lichtenstein

67

.

Lichtenwalde

64

.

Lichtenwaldstein, Jagdschloss

44

.

Liebau, Ruine

143

.

Liebstadt

27

.

Limbach

62

.

Lockwitz

32

.

Lössnitz

114

.

Lössnitzgrund

66

.

Luchberg

32

.

Lugsteine

34

.

Lugthurm

32

.

Lunzenau

76

.

M.

Mahlitzsch

71

.

Mariakulm

155

.

Mariaschein

29

.

Marienbad

156

.

Marienberg

88

.

Marieney

141

.

Marienhütte

118

.

Markneukirchen

139

.

Maxen

31

.

Millischauer

24

.

Minkwitz

76

.

Mittweida

68

.

Morgenleithe

121

.

Morgenröthe

130

.

Mückenthürmchen

28

.

Muldenhütten

48

.

Mylau

141

.

N.

Nancy, Forsthaus

129

.

Natzschungsthal

85

.

Netzschkau

142

.

Neudeck

128

.

Neue drei Brüder

91

.

Neues Haus

106

.

Neuhausen

53

.

Neukirchen

68

.

Neustadt

39

.

Neustädtl

133

.

Neuwernsdorf

81

.

Niclasberg

39

.

Niederrabenstein

62

.

Niederschlema

132

.

Nimbschen (Kloster)

75

.

Nollendorfer Höhe

20

.

Nossen

51

.

O.

Oberleitensdorf

54

.

Oberrabenstein

62

.

Oberreinsberg

51

.

Obersachsenberg

137

.

Oberwiesenthal

105

.

Oederan

55

.

Oelsen

19

.

Oelsnitz

147

.

Oelsnitz b. Würschnitz

67

.

Olbernhau

81

.

Ossegg

40

.

P.

Papiermühlenfelsen

144

.

Penig

77

.

Peterswalde

20

.

Petschau

159

.

Pfaffroda

81

.

Pirkenhammer

102

.

Pirna

17

.

Planitz

118

.

Platten

123

.

Plauen

144

.

Pöbelknochen

38

.

Pobershau

87

.

Pockau

81

.

Pressnitz

104

.

Prinzenhöhle

120

.

Probstauer Park

27

.

Purschenstein

53

.

Pürstein

97

.

Q.

Quinau

84

.

Quohrener Kipse

36

.

R.

Rabenau

36

.

Rabenauer Grund

36

.

Radelstein

26

.

Raschau

113

.

Raubschloss Ringethal

69

.

Rautenkranz

135

.

Rehefeld-Zaunhaus

38

.

Reiboldsgrün

135

.

Reichenbach

141

.

Reinhardsgrimma

32

.

Reitförster

107

.

Reitzenhain

87

.

Rentzschmühle (Steinigt)

143

.

Riesenburg

45

.

Ringethal

69

.

Rittersgrün

125

.

Rochlitz

73

.

Rochlitzer Berg

73

.

Rochsburg

77

.

Roschwitz

97

.

Rosenburg

28

.

Rösselberg

103

.

Rosswein

71

.

Rothengrube

83

.

Rothenhaus

84

.

Rothenthal

85

.

Rothschönberger Stolln

51

.

Rottwerndorf

18

.

Rössgener Höhe

69

.

Rübenau

87

.

Rüdigsdorf

80

.

Ruppendorf

42

.

S.

Sachsenburg

64

.

Salesiushöhe

40

.

Sandberg

43

.

Sattelberg

19

.

Satzung

87

.

Sauerbrunnen

26

.

Sayda

54

.

Saydenberg

54

.

Scharfenstein

89

.

Scheibenberg

113

.

Scheibenberger Hübl

113

.

Schellenberg

65

.

Schlackenwerth

98

.

Schlettau

112

.

Schlössel

96

.

Schmiedeberg

37

.

Schmiedeberg b. Weipert

96

.

Schnarrtanne

131

.

Schneckenstein

136

.

Schneeberg

132

.

Schönborn

65

.

Schöneck

140

.

Schönerstädter Höhe

55

.

Schönfeld

111

.

Schönheide

130

.

Schwartenberg

83

.

Schwarzenberg

120

.

Schweissjäger

35

.

Schweizerthal

63

.

Schweta (Schloss)

76

.

Seeberg

84

.

Seestadtl

103

.

Seifen b. Gottesgab

123

.

Seiffen

82

.

Siegmar

62

.

Sonneberg

97

.

Sophienstein

81

.

Spiegelwald

111

.

Steinbach

123

.

Steingrün

97

.

Steinigt

143

.

Stein (Schloss)

119

.

Sternmühle

61

.

Stollberg

67

.

Stürmer

39

.

T.

Tannenberg

110

.

Taurasteine

63

.

Tellerhäuser

125

.

Tellkoppe

37

.

Teplitz

21

.

Teplitzer Schlossberg

23

.

Tepl Stift

158

.

Tharandt

41

.

Thierfeld

114

.

Thum

109

.

Treppenhauer

65

.

Tuppelburg

35

.

Turner Park

21

.

V.

Viamala

69

.

W.

Wachberg b. Waldheim

70

.

Wachholderberg

24

.

Wachhübel

83

.

Waldenburg

78

.

Waldheim

70

.

Warmbad Wolkenstein

90

.

Warmbad Wiesenbad

91

.

Wechselburg

72

.

Weesenstein

30

.

Weingarten (Dorf)

85

.

Weipert

95

.

Wendelstein

146

.

Wendishain

76

.

Wiesa

63

.

Wiesenburg

119

.

Wildenfels

125

.

Wildenthal

128

.

Wilhelmshöhe

29

.

Wilisch

32

.

Wittgensdorf

62

.

Wolfsstein

39

.

Wolkenburg

77

.

Wolkenstein

90

.

Wüstenbrand

62

.

Z.

Zehista

27

.

Zeisig

77

.

Zinnwald

34

.

Zettlitz

124

.

Zöblitz

86

.

Zschopau

88

.

Zwickau

115

.

Zwittermühl

123

.

Zwönitz

114

.

Die Landschaftsform des Erzgebirgs.

Seit geologisch festgestellt worden, dass die Bergzüge im Granulitgebiet zwischen den unteren Mulden nicht Ausläufer, sondern neue Gebirgserhebungen sind, fallen auch die wissenschaftlichen Grenzen im Norden des Erzgebirgs mit den Grenzen zusammen, wie sie seit Langem in der Volksanschauung leben; sie laufen mit der grossen Verkehrsstrasse Reichenbach-Zwickau-Chemnitz-Freiberg-Dresden parallel. Bei Freiberg freilich erstrecken sich die erzgebirgischen Gneiszüge noch weit über diese Linie hinaus, doch ist ihre Bodenplastik eine wenig ausgeprägte, so dass sie bei Betrachtung des Gesammtgebirges nicht von Belang sein können.

Genau in der Richtung dieser Linie (O. O. N.) verläuft auch der Kamm des Gebirgs und zeigt dieselbe Längenausdehnung von circa 130 km. Bei solcher Structur kann die Entfernung des Kammes von der Nordgrenze nur wenig variiren, sie beträgt im Durchschnitt 38 km. Dieselbe Regelmässigkeit zeigt auch die Südgrenze; sie wird gebildet durch den Fuss eines Steilhanges der im Durchschnitt nur 7 km vom Kamm entfernt liegt und der sehr schroff mit halb alpinen Character nach dem böhmischen Tiefland zu abfällt. Die Höhe (nicht Seehöhe) dieser imposanten Bergkegel von Grasslitz ab bis zum Nollendorfer Pass schwankt zwischen 550 und 800 m vom Fuss aus gerechnet. Etwas höher ist die Steigung vom nördlichen Fuss bis zum Kamm, doch vertheilt sich dieselbe auf jene Durchschnittsentfernung von 38 km und kann darum landschaftlich nicht so unmittelbar zur Geltung kommen. Im Osten stösst das Gebirge an das Elbsandsteingebirge, das an der Grenze von der Grundform des Erzgebirges nicht abweicht und im Westen grenzt es an das Elstergebirge, das gleichfalls verwandte Formen aufweist.

Wir haben kein Haufengebirge vor uns, wohl aber eine gewaltige Gesammterhebung, der nach Höhe und Ausdehnung unter den deutschen Mittelgebirgen nur das Riesengebirge, der Böhmerwald, der Schwarzwald und Wasgenwald vorangehen. Ein Modell des Gebirges würde einem Festungswall nicht unähnlich sein, dessen Front gegen den Süden gerichtet ist. Auf der Höhe des Kammes stehen wie Bastionen der Mückenthürmchenberg (815 m), der Wieselstein und Schwarzeberg (930 m), der Bernsteinberg (919 m), der Hassberg (991 m), der Spitzberg bei Orpus (920 m), Keil- und Fichtelberg (1238 und 1213 m), der Spitzberg bei Gottesgabe (1107 m), der Queesberg (1021 m), der Rammelsberg (965 m) und der Aschberg (925 m). Das Fundament dieser Berge, das Kammplateau, schwankt zwischen 700 und 1000 m. Doch leidet dieses Plateau keineswegs an einer langweiligen Regelmässigkeit; so ist es in der Nähe der beiden Hünen Keil- und Fichtelberg fast aufgehoben, am Pass bei Gebirgsneudorf über Olbernhau fehlt es gänzlich und es gleicht dieser kürzeste Pass des ganzen Gebirgs in seiner hausdachförmigen Schroffheit sehr dem Loibelpass in den Karawanken, auch am Mückenthürmchen ist von einem Plateau in strengerem Sinne wenig zu spüren. In den Steilhang des Südens schneiden sich fjordartige Thäler oft dicht unter den Bastionen ein mit Thalgehängen bis zu 400 m Höhe – also colossale Thalschluchten von grossartigem landschaftlichem Character. Den Nordabhang durchfurchen zahlreiche Bergflüsse, die ihr Bett bis 200 m tief eingruben. Zu nennen sind hier die Zschopau, das Schwarzwasser, die beiden Mulden, die Flöha, die beiden Weisseritzflüsschen, die Müglitz, die Gottleuba und der Seidewitzbach. Ueberragt wird dieser Nordhang von einer grossen Zahl isolirter Bergkegel, die durch ihre Menge schon Protest dagegen erheben, dass das Gebirge hier einförmig sei. Besonders reich und energisch ist die Bodenplastik in der Annaberger Gegend, sodann folgt Altenberg im Osten und die Eibenstocker Granitregion im Westen. Sehr zu Gute kommen der Landschaftsform die vielen dominirenden Basaltdurchbrüche durch den Gneis im Osten und den Glimmerschiefer im Centralerzgebirge. Im Osten ragen auf der Wilisch, der Luchberg, der Sattelberg, der Geising, im Centralgebirge der Hass-, Pöhl- und Scheibenberg und der Bärenstein; ferner beleben die weitzerstreuten Granit-, Porphir-, Gneis- und Glimmerschieferkuppen, die fast alle, mehr oder weniger isolirt, weite Landstriche beherrschen, die Landschaftsform des Erzgebirgs.

Die Structur der Haufengebirge ist zwar landschaftlich im Allgemeinen malerischer, touristisch sind sie indes selten dankbarer, man geht in ihnen oft tagelang ohne einen freien Blick, während wir im Erzgebirge auf bequemen Strassen weite Strecken wandern können, ohne dass der Blick dauernd beschränkt würde, dazu dominiren die einzelnen Bergkegel viel mehr, als in den Haufengebirgen und gewähren, wenn auch nicht an allen Orten malerische, so doch stets sehr umfassende Rundsichten. Grossartig und unvergleichlich schön sind die Ausblicke von den Bastionen auf dem Kamin oder auch von den meisten der Strassen der 14 Hauptpässe des Gebirgs hinab ins Böhmerland und auf das nachbarliche bizarr-pittoreske, vulkanisch-wilde Mittelgebirge in Böhmen. Mit diesen landschaftlichen Reizen kann kein zweites deutsches Mittelgebirge rivalisiren. – Die eigenartige, höchst überraschende Landschaftsform dieser eruptiven Schuttmassen kehrt eben nirgends in Deutschland wieder. Am grossartigsten sind die Blicke vom östlichen, wie vom Centralgebirgskamm; relativ am wenigsten dankbar sind die Pässe von Kallich und Sebastiansberg, weil hier statt des grotesken Hintergrundes ein, allerdings lachendes Gefild, die Saazer Ebene sich ausbreitet und weil hier der Steilhang des Erzgebirgs selbst am wenigsten ausgeprägt erscheint und durch Vorberge etwas verwischt wird.

Einen besonderen Reiz bilden auch die frischen, tiefgrünen Stromthäler und die unabsehbaren Hochwälder, die den ganzen Kamm bedecken. Die Kronen dieser Wälder sind die Olbernhauer und die Eisenberger Buchenforsten, die ersteren zwischen Töltzsch- und Flöhathal, die letzteren am Pass von Gebirgsneudorf hinab nach Obergeorgenthal und Eisenberg. Ein grosses Verdienst hat sich die sächsische Regierung erworben durch die Wiederbeforstung der vielen kahlen Bergkegel, die während der Blüthezeit des Bergbaues zum Schaden der allgemeinen Wohlfahrt wie der Naturästhetik abgeholzt worden waren; selbst am Fichtelberg auf einer Höhe von über 1200 m ist es, wenn auch nach unendlichen Mühsalen, gelungen, die offene Wunde verharschen zu machen durch eine neue grüne Walddecke, die dem Berg schon jetzt recht anmuthig zu Gesicht steht.

Die Landschaftsform des Granulitgebietes zwischen und an den unteren Mulden gleicht dem niederen Erzgebirge, nur sind die Stromthäler noch mannigfaltiger. Die höchsten Erhebungen sind der Rochlitzer Berg (352 m) und der Kapellenberg bei Hohnstein (479 m). Die hauptsächlichsten landschaftlichen Reize bestehen in den waldigen burgengeschmückten Thälern, durch welche sich die nunmehr wasserreicheren Bergströme winden.

Das Voigtland, das, wie das Erzgebirge allmählig zu dem 765 m hohen Kapellenberg ansteigt und sich an das fränkische Gebirge, wie an die Thüringer Vorberge anlehnt, zeigt mit seinem Elsterthal ganz die Landschaftsform des nachbarlichen Erzgebirges, dessen westlicher Grenzwall überall sichtbar ist. Auch hier sehen wir ein thälerdurchfurchtes Hochland mit zerstreuten aber dominirenden Bergkuppen, das gegen den Süden ansteigt und wie das Erzgebirge gegen das Egerland abfällt, das freilich selbst 400 m über See liegt. Die höchsten landschaftlichen Reize hat das Voigtland am erzgebirgischen Grenzwall (Schöneck und Goldene Höhe) und im unteren Elsterthal (Steinicht) aufzuweisen.

Das Klima des Erzgebirges.

Der lange Abhang des Gebirges wendet seine Front gegen den kalten Norden, dementsprechend zeigt sich auch das Klima. Die Durchschnittswärme der Norddeutschen Tiefebene von 9 bis 10° C. wird im ganzen Erzgebirge nicht erreicht. Im mittleren Gebirge schwankt die Durchschnittswärme zwischen 6 und 8° C., das obere Gebirge muss sich mit 4 bis 6° C. begnügen. Der Temperaturausgleich zwischen Nord und Süd erhält eine höchst lebhafte Verkehrsstrasse über den 130 km langen Kamm offen; die Folge davon sind schwere Winterstürme mit Schneetreiben, die den Eisenbahnlinien und den Wegemachern viel Noth bereiten; von der armen Bevölkerung jedoch werden sie als ein Segen betrachtet, weil sie durch Schneeschaufeln Verdienst ins Land bringen. Die Linie Annaberg-Weipert-Domina-Schönlind hat, was winterliche Verkehrsstockungen anlangt kaum ihres Gleichen in ganz Mitteleuropa.

Die Regenmenge wächst rapid mit der Höhe des Gebirgs. 1878 hatte Leipzig 536, Chemnitz 727, Annaberg 830 und Oberwiesenthal 1228 mm Regenhöhe. 1879 stellte sich diese auf 643, 863, 945 und 1026 mm. Es ist zu beklagen, dass auf dem Fichtelberg nicht wie auf dem Brocken eine menschliche Ansiedlung mit meteorologischer Station existirt. Die Resultate würden sicher manches Ueberraschende und wissenschaftlich Werthvolle zu Tage fördern.

Die vorzüglichsten landwirthschaftlichen Producte von durchschnittlich ausgezeichneter Güte sind Kartoffeln, Hafer, Flachs und Wiesenheu, dem die erzgebirgische Butter ihren bekannten Wohlgeschmack zu danken hat. Getreide wird zwar bis auf den Kamm hinauf gesäet, rentirt jedoch wegen starker Einfuhr aus den für Getreidebau günstiger gelegenen Tiefländern von Jahr zu Jahr schlechter. In der Gegend von Gottesgabe (1027 m) hört die Agricultur auf und wenn wir hier einem Haferfeld begegnen, so will es mehr scheinen als speculire es nur auf das Mitleid der Vorübergehenden.

Die Winter mit ihren Schneetreiben, Rauhfrösten, Eisduft, Stürmen und haushohen Verwehungen tragen echt nordischen Character. Der Frühling ist kurz, die Maiblume (Löwenzahn) spriesst oft schon hervor, wenn daneben der Schnee noch die Wiesengräben füllt. Der Sommer zeigt sich heiss und feucht mit starken Gewittern und leider empfindlich kühlen Abenden, die den Mangel an öffentlichen Sommergärten in den oberen Städten völlig erklären. Die schönste Jahreszeit ist der Herbst mit seiner erstaunlich klaren Luft und seinem allzeit frischen Grün. Einen todten Herbst, wie ihn das Tiefland besäufzt, kennt das Erzgebirge nicht. Die Einwinterung geschieht meist rasch und vollständig. Ausgedehntes Sumpfland findet sich mit Ausnahme des Kranichsees bei Karlsfeld nirgend und auch dieser bleibt bei dem frischen Gebirgsklima ohne schädlichen Einfluss. Der waldbedeckte Kamm ist in seiner ganzen Länge für Gebirgsluftkuren ausserordentlich geeignet. In Aufnahme als Luftkurorte sind besonders Reiboldsgrün, Reitzenhain und die Bäder Wolkenstein, Wiesenbad und Einsiedel. Der östliche Kamm ist von Leidenden bis jetzt wenig beachtet worden, obwohl hier wirksamere Kurorte aufzufinden wären, wie im tieferen Sandsteingebiet der Sächsischen Schweiz, die neuerdings von Sommerfrischlern und Erholungsbedürftigten überlaufen wird. Sehr milde Gebirgslüfte wehen über den südlichen Thalgehängen bei Graupen, Eichwald, Ossegg, Oberleitensdorf und Eisenberg. Eichwald ist im besten Zuge, ein fashionables Luxusbad zu werden und der Ort, am Südhang und inmitten der grossen dichten Wälder der Fürsten Clary und Lobkowitz gelegen, verdient diese Bevorzugung vollauf.

Die Bewohner des Erzgebirges.

Es muss gelehrten Forschern überlassen bleiben, ob nicht schon Kelten im Erzgebirge angesiedelt waren; ich will hier nur darauf aufmerksam machen, dass so mancher Name in unserem Gebiet auffällig treffend sich den keltischen Theorien des Dr. Riecke und anderer Keltenforscher anfügt. Es sind hier zu nennen: Thum, Dorf Elend, die Elenswiesen bei Thum, die sicher nicht erst wie die Sage will, nach dem 30jährigen Krieg im Volksmund einen Namen erhielten, ferner Afalter, Mehltheuer, Klaffenbach und vor Allem die vielen Glasberge, Haarthen, die der irischen Bezeichnung analog stets lange Bergrücken darstellen; es finden sich solche bei Einsiedel, bei Hohenofen in Böhmen und der lange Serpentinrücken bei Zöblitz heisst gleichfalls die Haarth. Auch die vielen Leithen (einseitige Berghänge) stimmen zu jenen Forschungen.

Dass die Sorben im Besitz des ganzen Gebirges waren, ist zweifellos. Sie mögen auf dem Kamm nur sehr dünn oder auf Strecken gar nicht angesiedelt gewesen sein, sie haben aber sicher die Pässe schon benutzt. Ueber Eibenstock haben alle Bergbäche auf dem Kamm slavische Namen, auch bei Wiesenthal fliesst, wie bei Raschau, eine Biela (Weisswasser, jetzt Pöhla), ein »Kretscham« steht zwischen Neudorf und Unterwiesenthal, auf der Kammhöhe liegt Pressnitz, Saydowa (Saida) liegt an einer uralten Heerstrasse zwischen Prag und Leipzig, Purschenstein dürfte eine Tautologie und mit dem Böhmischen Borzen (spr. Borschen) verwandt sein, und so liessen sich noch eine Menge solcher natürlicher Urkunden und Beweisstücke aufzählen, welche die bekannte Annahme hinfällig machen, die Sorben seien erst, durch die Deutschen bedrängt, bis höchstens in die Gegend von Zöblitz und Eibenstock verschlagen worden.

Mit der Gründung der Mark Meissen (928) begann die gewaltsame Germanisirung der Slaven auch im Erzgebirge und mit ihr jedenfalls eine grössere germanische Einwanderung, um aber den unwirthlichen Miriquidiwald dicht zu bevölkern, brauchte es noch eines gewaltigen Anstosses und das war das Fündigwerden des Erzreichthums im grossen Massstabe. Zwar hatten die Sorben schon Bergbau getrieben, wie aus vielen technisch-bergmännischen Ausdrücken, die dem Slavischen entstammen, hervorgeht, aber die Deutschen bemächtigten sich der für die damalige Zeit ungeheuren Bodenschätze mit ganz anderer Energie. Die Sage erzählt, ein Halle'scher Salzfuhrmann habe eine Erzstufe in den Gleisen in der Gegend, wo jetzt Freiberg steht, gefunden, habe sie in Goslar untersuchen lassen und darauf hin habe sich denn eine ganze Völkerwanderung nach dem Erzgebirge vollzogen. Wie noch heut bei ähnlichen Auffindungen im Westen mag die Sage von Erzschätzen mit allen den Uebertreibungen, wie sie noch immer im Schwange sind, in die Welt hinausgegangen sein. Intelligente Abenteurer (wohl auch Proletariat) strömten aus weiten Ländern herbei; den grössten Antheil an der Einwanderung scheinen die Niedersachsen, die Franken und die Böhmen zu haben. Actiengesellschaften traten ins Leben, grossartige Wasserbauten wurden ausgeführt, so bei Freiberg und bei Schneeberg, Städte schossen auf wie die Pilze, imposante Bergkirchen wuchsen über die Dachfirsten empor, zahllose Kauen und Berghütten belebten die sonst so stillen Gehänge, in den Wäldern fiel Stamm um Stamm dem Bergbau zum Opfer, die Erzhütten qualmten und die Bergglöcklein schallten allerorts, kurz, es mag ein Leben gewesen sein, wie es heut zu Tage nur noch die Minenregionen Amerikas überbieten. Diese überaus rührigen Miners sind die Urväter der heutigen Bevölkerung und sie haben ihren Fleiss, ihre Verträglichheit, ihren vergnügten Sinn ungeschmälert hinterlassen, während der Drang nach reichem Erwerb in eine oft rührende Genügsamkeit umgeschlagen scheint.

Die Tiefländer, die auf reicheren Ackergründen sitzen, sind stets abgeschlossener, unzugänglicher und stolzer während eine kargere und rauhere Gebirgsnatur die Menschen enger zusammendrängt und darauf ist die ausgeprägte Geselligkeit der Gebirgler wohl zurückzuführen. Freilich, so gemüthlich und gesellig, wie das Erzgebirgische ist selten ein Bergvolk und dabei ist es von einer tiefen Liebe zu seiner Scholle durchwärmt. Man muss die Herzenstöne selbst hören, die ein Erzgebirger in die Worte legt »Mei Arzgebirg, mei Haemeth.«

Mit dem Zurückgehen der Erzwerthe und der Erschöpfung vieler Gruben kehrte auch die Nahrungssorge im Erzgebirge ein. Die Landwirthschaft war nicht sehr ausgiebig und so griff die Bergbevölkerung zur Industrie, welche heut in unserem Gebirge die grossartigsten Formen angenommen. Eine statistische Zusammenstellung vom Reg.-Rath Dr. Victor Böhnert wirft die glänzendsten Schlaglichter auf den Sächsischen Gewerbfleiss, an dem das Erzgebirge am stärksten participirt.

Sachsens Bevölkerung beträgt dem Reich gegenüber 6,46%. Zu den 925 457 Personen, welche 1875 in Deutschland in der Textilbranche beschäftigt waren, stellte Sachsen 203 780 Personen, also 22,02%. In einzelnen der Textilindustrien beschäftigt Sachsen allein mehr Personen als das übrige Deutsche Reich. In der Strumpf- und Strickwaarenindustrie waren im Reich 60 620 Personen thätig, davon gehörten 35 166, also 58% dem Königreich Sachsen an. In der Spitzen- und Weisszeugfabrikation arbeiteten im Reich 12 904 Personen, in Sachsen davon 7696, mithin 59,6%, in den Webereien von gemischten Waaren sind im Reich thätig 11 055 Personen, in Sachsen davon 10 709, mithin 96,9%. In den Appreturanstalten für Strumpfwaaren im Reich: 3701 Person, davon in Sachsen 3632, also 98,1%.

Auch in anderen Gewerbzweigen liefert Sachsen einen auffällig grossen Procentsatz, so z. B. im Metallbergbau, wenn wir Eisen und Stahl ausschliessen, 15%, in der Fabrikation von Musikinstrumenten 31,7%, in der Papier- und Pappenfabrikation 18,5%, in der Wachstuch- und Lederfabrikation 49,2%. In Preussen leben auf den Quadratkilometer nur 10,4 Erwerbstätige, in Sachsen dagegen 42. Nur Reuss ä. L. reicht mit 37,2 in Deutschland an diese Ziffer heran.

Nach einigen Schriftstellern soll die erzgebirgische Gemüthlichkeit die Thatkraft lähmen – nun, die vorstehenden Zahlen geben die beste Antwort darauf. Im Gegentheil, ein permanent fröhlicher, nie übermüthiger Gemüthszustand hat die Unverdrossenheit im Gefolge und diese ist eine Grundbedingung des Gewerbfleisses. Stünde das Gebirge allein dem Reich gegenüber, dann würden die Procentsätze noch überraschender ausgefallen sein und jene Schriftsteller würden die Mütze noch tiefer ziehen müssen, vor der »durch das Gemüth lahmgelegten Thatkraft« und der »Energielosigkeit«, die auf den verlassenen Bergzechen so colossale Blüthen emportrieb. Landschaftlich hat das Erzgebirge bedeutende Rivalen, für industrielle Excursionen aber steht es ausser Concurrenz. Wer sich nicht nur über Berg und Thal, wer sich auch über fleissige Menschen in ihren mannigfaltigen Werkstätten freuen kann, dem sei die »Industrielle Excursion« in ihrer Zusammenstellung angelegentlichst empfohlen. Siehe dieses Register.

Der Menschenschlag ist keineswegs degenerirt wie im Ausland oft behauptet wird, wir finden unter den Hammerschmieden, Bauern und Holzknechten sogar herculische Gestalten, nur in den Weber-, Posamenten- und Strumpfwirkerdistricten haben die Stubenluft und die zeitweilig geringe Nahrung in verdienstlosen Zeiten ihre Wirkungen unverkennbar hinterlassen. Auffällig sind die durchgängig intelligenten Gesichtszüge; selbst unter dem landwirthschaftlichen Gesinde begegnen wir nur selten einem stumpfen, nichtssagenden Gesicht. Die Frauen sind meist geschmeidige Gestalten, zierlich, gazellenartig und selbst bei der Arbeit nicht ungefällig gekleidet. Befremdlich für einen germanischen Stamm sind die vielen braungrauen, braunen und schwarzen Augen. Leider heirathen die Frauen sehr früh und altern früh. Der Tanz ist äusserst beliebt und wird meist ohne Tanzlehrer in höchst vollendeter Weise geübt.

Practische Winke für den Umgang.

Der Erzgebirger aus dem Volke erwartet bei seiner offenen, munteren Gemüthsart, dass der Fremde sich auch so zeige und dieser kann sich ohne alle Gefahr in vertraulicher Weise nähern, er bleibt trotzdem stets eine Respectsperson. Ueberaus freut sich der Erzgebirger, wenn sich der Fremde für seine Heimath und vor Allem für seine Arbeit und Erwerbsverhältnisse interessirt, er lässt ihn mit vieler Treuherzigkeit in seine innersten Angelegenheiten blicken. Mit kalter Vornehmthuerei imponirt dem Erzgebirger Niemand, der Hochmuth ist ihm etwas Lächerliches. Neidlos blickt er auf den besseren Rock, lernend blickt er zu der höheren Intelligenz auf, der Standesunterschied ist ihm anerkannte Thatsache, nur will er diesen am Liebsten selbst markiren.

Es darf nicht auffallen, wenn sich der Fremde schon nach einer einzigen Frage an den Wirth mit allen übrigen Gästen in ein Gespräch verwickelt sieht. Man drängt sich ein, man überbietet sich, um dem Fremden zu dienen. Die Neugier spielt dabei eine sehr untergeordnete Rolle. Für Scherzworte ist der Erzgebirger äusserst empfänglich und meist reagirt er sofort. Man kann in erzgebirgischen Schenken scherzhafte, schlagkräftige Wortgefechte sehr oft zu Gehör bekommen. Die Frauen und Mädchen singen gern. Leider sind sie schwer zu bewegen, ihre Volksgesänge vor dem Fremden anzustimmen, sie lachen der Aufforderung und achten ihre Kunst wirklich für zu gering.

Aus den oft sehr ungenirten Scherz-Reden zwischen beiden Geschlechtern wolle der Fremde ja nicht auf sittliche Missstände schliessen, er würde irren, wenigstens stellt sich der anzügliche Procentsatz nicht höher, als anderswo. Gefälligkeiten erweist der Erzgebirger sehr gern und er kennt dabei keinen egoistischen Hintergrund; Trinkgelder werden zwar nicht verschmäht, doch nimmt er sie selten ohne einige Verlegenheit. Knaben, die uns stundenweit begleiten, freuen sich über wenige Groschen von Herzen, Erwachsene übernehmen Führungen mit Vergnügen für 2 bis 3 Mark per Tag.

Desselben Stammes ist die Bevölkerung auf böhmischer Seite, sie lebt unter gleichen Verhältnissen, treibt vielfach dieselben Gewerbe, nur bekennt sie sich zu einer anderen Kirche. Doch herrscht an der Grenze der tiefste Religionsfriede unter den Gebirglern; gegen Fremde ist der Böhme neuerdings etwas misstrauischer. Der Grund hiervon mag sein, dass viele Reisende über den Kamm herüber kommen und ohne bösliche Absichten, nur aufgeregt durch Freiheit, Natur und Wanderlust in übermüthiger Stimmung den alten Spruch nicht beachten:

Landesbrauch ist Landesehr'. –Fall nicht grob darüber her.

Noch sei hier erwähnt, dass in stillen Thälern, auf einsamen Höhen, in Gehöften und Mühlen oft seltsame Käuze zu finden sind, die mit gutem Erzähltalent haarsträubende Geschichten zum Besten geben. Die Einsamkeit, die Wildheit der Natur, die Unbill des stürmischen Winters, die Waldgeheimnisse der unabsehbaren Forsten haben die Phantasie dieser schlichten Leute angeregt und eigenthümliche Blüthen gezeitigt. Man kann sich durch treuherzige Annäherung einen unerschöpflichen Sagenborn erschliessen, freilich sind diese Sagen zuweilen wild und unheimlich, oft aber auch von frischer Anmuth, sie gleichen ganz der erzgebirgischen Natur – sie sind ja selbst ein Product der Natur.

Wie bereist man am Besten das Erzgebirge.