Geschichten aus dem Garten - Patricia Strunk - E-Book

Geschichten aus dem Garten E-Book

Patricia Strunk

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Beschreibung

Kennt ihr das? Erst vernaschen die Spatzen euren Kuchen, dann verschleppt der Fuchs eure Schuhe und in der Garage springt euch aus dem gelben Sack die Maus entgegen. Kommt euch bekannt vor? Dann seid ihr reif für dieses Buch. Ist euch noch nicht passiert? Dann solltet ihr dieses Buch erst recht lesen. Drei Jahre lang habe ich die bei mir ein- und ausgehenden Wildtiere beobachtet und dabei festgestellt: „In meinem Garten macht jeder, was er will!“ Ein Tagebuch besonderer Art, das mit einem Augenzwinkern auf die tierischen Besucher meines Gartens blickt. Mit farbigen Illustrationen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Patricia Strunk

Geschichten aus dem Garten

 

Erlebnisse mit Eichhörnchen, Füchsen & Co.

Impressum

Patricia Strunk, Geschichten aus dem Garten, Erlebnisse mit Eichhörnchen, Füchsen & Co.

Originalausgabe

© 2023 Patricia Strunk, Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

Covergestaltung, Satz & Layout: Patricia Strunk

Coverabbildung & Illustrationen: Patricia Strunk by KI (Midjourney)

Über die Autorin

Patricia Strunk, Jahrgang 1971, lebt in Berlin und arbeitet als Rechtsdozentin. Als Autorin ist sie vorrangig in der fantastischen Literatur zu Hause. Bislang hat sie in diesem Genre fünf Romane und ein Spielbuch veröffentlicht sowie diverse Kurzgeschichten, vor allem in den Anthologien von Qindie.

 

In ihrer Freizeit hantiert die Autorin gern mit Schere, Unkrautstecher und Schaufel in ihrem Garten, geht Wandern oder reist durch die Weltgeschichte.

 

Sie ist Mitglied im Selfpublisher-Verband und bei Qindie.

 

Weitere Informationen unter www.patriciastrunk.com.

Vorwort

Dieses Buch verdankt seine Entstehung Corona. Zu dieser Zeit arbeitete ich noch als Schlossführerin in den Preußischen Schlössern und Gärten. Weil die Museen zweimal im Lockdown waren, saß ich monatelang (bezahlt) zu Hause und hatte Zeit und Muße, die Vorgänge in meinem Garten zu verfolgen. Irre, was da abgeht! Manchmal legen meine Wildtiere ein ganz schön menschliches Verhalten an den Tag. Besser als jedes Fernsehprogramm und jede Comedy. Mehr als einmal habe ich festgestellt: In meinem Garten macht jeder, was er will!

 

Aus Spaß schrieb ich über meine Beobachtungen ein paar Beiträge auf Facebook. Die ernteten begeisterte Kommentare. Die Leserschaft verlangte nach mehr. „Mach doch ein Buch draus“, schlugen einige vor. Als es immer mehr Geschichten rund um die Wildtiere in meinem Garten wurden (und nicht nur dort), dachte ich mir: Warum eigentlich nicht? Da gab es schließlich noch all die Geschichten aus früheren Jahren, die ich bisher nicht aufgeschrieben hatte, die mir jedoch lebhaft in Erinnerung geblieben sind. Vor allem aber habe ich insgesamt drei Jahre lang meine Erlebnisse mit den Eichhörnchen, Füchsen, Waschbären, Vögeln und Insekten in meinem Garten gesammelt. Insekten? Ja, ihr habt richtig gelesen. Auch mit denen kann man was erleben.

Hier ist es nun – ein kleines Buch für alle Natur- und Gartenfreunde, zum Selbstlesen und Verschenken. Ich hoffe, es bereitet euch Freude und zaubert euch ein Lächeln ins Gesicht. Vielleicht brecht ihr an der einen oder anderen Stelle sogar in schallendes Gelächter aus – wie ich selbst, als ich Zeugin dieser Begebenheiten sein durfte.

 

Ergänzt werden die Gartengeschichten durch vergnügliche Episoden aus dem Jagdschloss Grunewald, einer meiner beiden Wirkungsstätten als Schlossführerin, und Erlebnissen mit vorwitzigen Tieren auf meinen Reisen.

 

Für die Illustrationen habe ich mich mangels druckreifer Fotos der KI von Midjourney bedient. Ich wollte keine fremden Fotos, die nicht „meine“ Tiere zeigen, und suchte stattdessen nach Bildern, die den Text auf ihre Weise interpretieren. Herausgekommen ist eine Hommage an den Expressionismus – Werke, die den Charme und Witz meiner tierischen Protagonisten widerspiegeln.

 

Fotos und Videos meiner Wildtiere findet ihr auf meinen Accounts bei Instagram und Facebook.

Die Maus im Kellerschacht

Am Anfang war die Maus.

Vor vielen Jahren – es muss an die zwei Jahrzehnte her sein – rettete ich eine Brandmaus (das sind die Waldmäuse mit dem charakteristischen dunklen Streifen auf dem Rücken, die Wikipedia als kurzschwänzige Langschwanzmäuse beschreibt) aus dem Schacht der Kellertreppe. Sie war die Stufen zwar hinabgeklettert, aber hoch schaffte sie es nicht. Nun hockte sie vor der geschlossenen Kellertür und lief auf der Suche nach einem Ausweg verzweifelt hin und her. Ich holte eine Bastmatte, wie man sie am Strand verwendet, rollte sie zur halben Größe aus und breitete sie auf dem Boden des Schachts aus. Die Maus lief auch sofort auf die Matte. Ich richtete mich vorsichtig auf und stieg mit der Matte die Treppe nach oben. Das war meiner Passagierin jetzt aber doch nicht geheuer. Flugs rannte sie meinen Arm hinauf – ihre winzigen Fußballen kitzelten auf meiner Haut – und versteckte sich unter meinen Haaren. Da saß mir doch glatt eine Maus im Nacken!

„Und jetzt, Maus?“, fragte ich. „Wie willst du da wegkommen? Ist doch viel zu hoch zum Springen.“

Ich hockte mich hin. Da machte sie einen großen Satz in den Rasen und flüchtete in die Büsche.

 

Seither leben in der zigsten Generation Brandmäuse im Garten und jedes Jahr hatten meine Eltern und ich mit ihnen spaßige Erlebnisse.

Vermutlich wohnten sie schon vorher bei uns, aber bis zu jenem Tag sind sie uns nie aufgefallen.

Revier-Turnier

Im Frühling stecken nicht nur die Amselmännchen ihr Revier ab und kämpfen um die Weibchen, aber in meinem Garten bieten sie zu dieser Zeit eindeutig die beste Show.

Das Grundstück wird auf zwei Seiten von einer langen, sorgsam gestutzten Thujahecke begrenzt. Die Amselmännchen haben sie als Turnierbahn entdeckt. Sie stellen sich in einiger Entfernung voneinander auf, rennen aufeinander zu, heben ab und treffen sich flügelschlagend in der Luft, untermalt von Kampfgeschrei. Diese Performance kann mit den Turnierkünsten mittelalterlicher Ritter locker mithalten, wenn auch nicht so farbenfroh. Aber schon die Reformation hat ja gezeigt, dass Schwarz das neue Bunt ist.

Tanz um die Tulpen

Zu anderen Zeiten schleichen die Amseln umeinander herum und geben vor, am Konkurrenten nicht interessiert zu sein, picken vorgeblich nach Würmern oder wenden Blätter, während sie einander aus dem Augenwinkel genau beobachten. Hin und wieder jagen sie sich ein bisschen, ehe das Spiel von vorne losgeht. Das Ganze geht meist geräuschlos vonstatten, bis schließlich wieder eine Verfolgungsjagd entbrennt. Dann wird der Kontrahent mit lautem „Tschak, tschak, tschak, tschaaaak“ bis über die Grundstücksgrenze getrieben, um nicht den geringsten Zweifel daran zu lassen, wer Herr des Gartens ist.

Besonders drollig sah dieses Umeinander-Herum-Schleichen aus, nachdem ich ein neues Beet angelegt hatte und die Fläche bis auf die Tulpen noch leer war. Die Amselmännchen liefen immer um die Tulpen herum, zogen Kreise, Achten und Schleifen, verfolgten den Gegner und wichen ihm aus. Wie in einer einstudierten Choreografie – halb Tanz, halb Kampf.

Badefreuden

Die Amseln lieben es, im italienischen Brunnen auf meiner Terrasse zu baden. Sie können stundenlang darin herumplanschen. Andere Vögel haben aber auch ein Auge auf das Bad geworfen. So kommt es, dass sich manchmal Schlangen bilden wie im Schwimmbad am Sprungturm. Es geht aber weniger danach, wer zuerst da war, sondern, wer in der Hierarchie weiter oben steht.

Wenn die Meisen Erfrischung wollen, müssen sie warten, bis die Amseln fertig sind. So will es die Macht des Stärkeren.

Meisen, Spatzen und Stare sind weniger territorial. Sie verteilen sich um den Brunnen und jeder erhält sein eigenes Bade-Sechstel, -achtel oder -zehntel. Sie sind auch weniger raumgreifend als ihre größeren Artgenossen, so dass das Baden relativ entspannt abläuft.

Umso spektakulärer geht es zu, wenn die Taube kommt – oder gar der Bussard. Die schlagen ein wie eine Bombe. Danach ist kaum noch Wasser im Becken.

Verrückterweise planschen die größten Vögel am liebsten in der Vogeltränke hinten im Garten, die ich eigentlich für ihre kleineren Verwandten aufgestellt habe. Aber die bevorzugen ja den Brunnen, auch wenn sie sich auf der Schräge kaum halten können und ständig ins tiefere Wasser abzugleiten drohen.

Habe ich schon erwähnt, dass in meinem Garten jeder macht, was er will?

 

Apropos Bombe: Der Bussard ist letztes Jahr derart in mein großes Beet eingeschlagen, dass ich vor Schreck fast vom Stuhl gesprungen bin. Ich dachte, da fällt sonst was vom Himmel. Er hatte wohl eine Maus erspäht, aber die war schneller als er. So saß er also mit leeren Klauen im Beet, in den zerknickten Pflanzen. Na gut, so groß war der Schaden nicht. Die blassrosa Herbstchrysanthemen sind äußerst widerstandsfähig.

Eine Zeit lang lebte hier in der Nähe eine ganze Familie dieser Greifvögel. Erst war es nur einer, dann fand er eine Partnerin und schließlich bekamen die beiden Nachwuchs und zogen zu viert ihre Runden am Himmel. Die klagenden Rufe waren weithin zu hören und die anderen Tiere wie Mäuse, kleinere Vögel und Eichhörnchen blieben alle in Deckung. Einmal klebte ein Eichhörnchen bewegungslos am Stamm unter dem Ast, auf dem einer der Bussarde gelandet war. Man sah förmlich, wie es lautlos ein Mantra wiederholte: Ich bin ein Zweig ich bin ein Zweig du siehst mich nicht ich bin ein Zweig bitte flieg endlich weg.

Das tat der Bussard irgendwann auch.

Nach und nach verteilte sich Familie Bussard auf die umliegenden Gebiete, bis es wieder nur zwei waren. Und die sehe und höre ich jetzt auch nur noch sporadisch. Auf dem Sportplatz, wo sie wahrscheinlich ihren Horst hatten, wurden aufgrund eines Bauvorhabens mehrere Kiefern gefällt. Ich glaube, deswegen sind sie umgezogen.

 

Gerade jetzt badet die Amsel.

Das Eichhörnchen springt auf den Beckenrand. Verschreckt fliegt Herr Amsel davon und schimpft laut. Das Hörnchen bleibt völlig unbeeindruckt. Es hat Durst und will trinken.

Na, warte, denkt Herr Amsel. Ich lasse mich doch nicht von einem Eichhörnchen vertreiben!

Aufgeregt hüpft er in der Rose hin und her, aber im Anflug auf den Brunnen bekommt er Angst vor der eigenen Courage und dreht im letzten Moment ab. Natürlich will er nicht eingestehen, dass er sich nicht traut, sich mit dem Eichhörnchen anzulegen. Er hüpft daher noch ein bisschen herum und fliegt dann mit schrillem Kreischen davon, als hätte man etwas Unsittliches von ihm verlangt.

Oh nein, ich bade NICHT zusammen mit dem Hörnchen! Was für eine Vorstellung! Das haart bestimmt.

Feinschmeckermaus

Eine unserer Mäuse war eine richtige Feinschmeckerin. Kaum saßen wir auf der Terrasse und warfen den Grill an oder buken Waffeln, kam sie zwischen den Rosen oder unter der Kletterhortensie hervor und schnupperte mit vor Verlangen bebenden Barthaaren. Manchmal nutzte sie auch die Aushöhlung im Fuß des Schirmständers als Deckung. Sie wartete artig, bis sie ein Stück Würstchen oder Waffel bekam, und verschwand damit wieder im Beet. Das trug sehr zur Erheiterung bei, wenn wir Gäste hatten. Alle warteten auf das Erscheinen der Maus und hielten schon die Häppchen bereit. Wer hier wohl wen dressiert hatte?

Nah und näher

Ich hatte mir vorgenommen, die Maus zu fotografieren, und legte zu diesem Zweck ein Stück Käsekuchen aus. Die Maus kam auch prompt und schnappte sich den Kuchen. Sie war damit aber so schnell wieder weg, dass ich nicht zu meinem Foto kam. Ich musste mir etwas anderes ausdenken. Diesmal zerkrümelte ich den Käsekuchen. Diese Taktik war von Erfolg gekrönt: Die Maus blieb sitzen, um einen Krümel nach dem anderen zu verzehren, und ich konnte meine Bilder schießen.

Irgendwann war die Maus aus dem Sucher gehuscht. Während ich mich noch abmühte, sie wiederzufinden, kitzelte es an meinem Fuß. Sie war auf meinen Schuh geklettert, als wollte sie sagen: Hier bin ich!

Leider löste die Kamera zu spät aus, um den putzigen Moment festzuhalten.

Die Maus im Haus

Einmal hatte sich eine der Brandmäuse ins Wohnzimmer verirrt. Nun hockte sie ganz verschreckt unter dem Couchtisch und wusste nicht, wie sie wieder nach draußen gelangen sollte.

Kommt euch das bekannt vor? Genau, der Kellerschacht. Neugier treibt die kleinen Nager in ihr Unglück.

Tja, wie die Maus aus dem Haus bekommen? Meine Mutter und ich näherten uns vorsichtig dem Tisch – mit dem Erfolg, dass die Maus unter dem Sofa verschwand. Großartig. Ich ließ mich auf den Knien nieder und spähte unter die Couch. Die Maus kauerte zitternd ganz hinten an der Wand. Da kamen wir nicht ran. Sollten wir das Sofa abrücken und versuchen, die Maus in die Enge zu treiben? Aber wenn wir Pech hatten, würde sie dann irgendwo hinrennen, wo wir sie nicht wiederfanden.

Ich entschied mich dafür, ganz vorsichtig von der linken Seite meine Hand unter die Couch zu schieben und die Maus auf diese Weise hoffentlich Richtung Tür zu treiben. Meine Mutter trat einen Schritt zurück, um den Weg freizumachen. Es funktionierte. Die Maus schoss unter dem Sofa hervor, flitzte in der Deckung des Heizkörpers an der Wand entlang und entkam glücklich durch die Terrassentür ins Freie.

Ich bin mir nicht sicher, wer darüber erleichterter war: die Maus oder meine Mutter.

Die Spatzen vom Jagdschloss

Die Spatzen in meinem Garten sind nicht sehr zahlreich und kein bisschen zutraulich. Sie betteln auch nicht bei Tisch. Ganz anders die Spatzen vom Jagdschloss Grunewald. So ein Schlossspatz hat Ansprüche, der ist das gute Leben gewohnt.

Pünktlich um zehn Uhr sind sie da und fordern ihr Frühstück. Und wehe, das gibt’s nicht. Dann wird getschilpt, was das Zeug hält. Aber selbst, wenn sie eine ganz Brezel verdrücken, haben sie kurz danach schon wieder Hunger. Sie hocken vor dem Café im Speierling, im wilden Wein, auf Stuhllehnen und leeren Tischen und lauern den Gästen auf. Zuerst rücken sie ihnen auf die Pelle und becircen sie so lange mit ihren schwarzen Knopfaugen und herzerweichendem Gepiepe, bis jemand schwach wird und ihnen Krümel hinwirft. Falls das nichts fruchtet, greifen sie zu drastischeren Methoden. Sobald die Gäste nicht aufpassen, stibitzen sie Kuchen, Brot und Brezeln einfach vom Teller.

Manche geben sich aber auch damit nicht zufrieden. Sie fliegen lieber gleich ins Café, machen sich vor Ort ein Bild von den Leckereien und erarbeiten Strategien, um sie sich zu schnappen. Die Stellen, an denen die Objekte ihres Verlangens stehen und hängen, kennen sie ganz genau. Zum Glück ist der Kuchen hinter Glas und Brezeln und Brötchen mit Tüchern abgedeckt, sonst wäre schon alles weggefressen, ehe der erste Gast erscheint. Die Spatzen aus dem Innenraum vertreiben zu wollen, ist nämlich eine Sisyphos-Aufgabe. Kaum hat man sie aus einer der beiden Türen gescheucht, kommen sie durch die andere wieder herein.

Wirklich sicher waren allerdings zumindest die Brezeln nicht, wie wir feststellen mussten. Die Spatzen warteten auf den Postkartenständern geduldig auf den Moment ihres Sieges. Als alle Kolleginnen und Kollegen im Café beschäftigt waren, flogen die geflügelten Diebe zu den abgedeckten Brezeln. Das Geschirrtuch hatte ein winziges Loch, was niemandem aufgefallen war – niemandem außer den Spatzen. Sie werteten das als Einladung. Zwei von ihnen pickten einander gegenübersitzend im Wechsel hinein, bis das Loch groß genug war, um an eine der Brezeln zu kommen. Gewusst wie – an Ehrgeiz und Einfallsreichtum mangelt es den gefiederten Gaunern wirklich nicht. Als Gegenmaßnahme wurde umgehend eine durchsichtige Plastikhaube angeschafft. Die Spatzen kommen trotzdem. Schließlich könnte mal jemand vergessen, die Abdeckung über die Brezeln zu stülpen.

Um achtzehn Uhr schließt das Café und das wissen die Spatzen. Auf einmal sind sie weg, egal was da noch auf dem Boden liegt – bis zum nächsten Morgen um zehn Uhr, da sitzen sie wieder vor der Tür.

 

Letztens war nicht viel zu tun und ich gönnte mir am Nachmittag auf dem Hof einen Cappuccino und ein Stück Birnenkuchen. Leider waren nicht nur im Schloss, sondern auch im Café so gut wie keine Gäste und so gesellten sich bald sämtliche Spatzen zu mir. Sie hockten auf den Lehnen der mir gegenüberstehenden Stühle, rückten auf dem Tisch langsam näher, mich dabei erwartungsvoll hungrig musternd. Ich wollte meinen Kuchen eigentlich gern selbst essen und verteidigte ihn daher tapfer gegen die herandrängende Schar, indem ich den Teller mit der linken Hand abschirmte. Einer der Spatzen war noch vorwitziger als der Rest und versuchte, über meine Hand zu hüpfen. Ich stupste ihn mit dem Zeigefinger der anderen Hand gegen die gefiederte Brust und schob ihn mit dem Handrücken zurück, aber kurz darauf war er schon wieder da.

Vom Eingang rief mich meine Kollegin. Kurz abgelenkt, wandte ich mich um – und bezahlte meine Unvorsichtigkeit mit einem Teil meines Kuchens, denn der dreiste Spatz nutzte die Gunst der Stunde, pickte das Stück, das ich gerade abgeteilt hatte, auf und verschwand damit.

 

Eine Besucherin hat gar schon kapituliert. Sie war dem gefiederten Ansturm nicht gewachsen, wedelte hilflos mit den Händen und überließ den Spatzen am Ende ihren Teller mit dem restlichen Kuchen.

Ähnlich ging es einmal im Berliner Zoo zu. Vor zwanzig oder mehr Jahren saß ich mit meiner Mutter im Zoorestaurant auf der Terrasse. An einem der Nachbartische hatte ein Mann sich Spaghetti geholt – als einziger. Die Spatzen belagerten ihn immer unbarmherziger. Zum Schluss saßen sie nicht nur auf seinem Teller, sondern auf seinen Armen und sogar auf der Gabel und zogen ihm die Nudeln buchstäblich aus dem Mund. Die Gäste an den umliegenden Tischen waren wie gebannt von dem Schauspiel und amüsierten sich prächtig. Der derartig Belagerte weniger. Er schimpfte und versuchte, die Quälgeister mit der freien Hand zu vertreiben – ohne Erfolg. Schließlich gab auch er auf. Er schob den Teller von sich weg und die Spatzen machten sich heißhungrig über die Spaghetti her, die sie wohl für Würmer hielten.

Hätte es damals schon Smartphones gegeben, wäre das Video dieser Fressattacke bestimmt viral gegangen.

 

Freche Vögel gibt es natürlich nicht nur in Deutschland. In Durban/Südafrika saß ich 1989 mit meinen Eltern im Café des Botanischen Gartens.

---ENDE DER LESEPROBE---