Gestatten, Mein Name ist Urbs - Irene Pietsch - E-Book

Gestatten, Mein Name ist Urbs E-Book

Irene Pietsch

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Beschreibung

Urbs ist Gesandter in geheimem Auftrag einflussreicher Persönlichkeiten, um Lebensgewohnheiten vor Ort zu untersuchen. Dabei stößt er auf einen verdächtigen Handel mit Innovationen.

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Seitenzahl: 87

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Irene Pietsch

Gestatten, mein Name ist Urbs

Mandamos Verlag

© 2016 Irene Pietsch

Illustration: Irene Pietsch

Umschlag

Vorderseite:

„Tänzer“

Rückseite    :

„Mecklenburger Eva“

Inhaltsverzeichnis: 

„Headline Lloyd“ I-VIII

Seiten: 18 „Urbs' Tempo“, 42 „Horoskopsingen“, 50 „Ein Versehen“, 61 „Mäuschen“, 66 „Muffins on the Rock“, 94 „Frieder Plöger I und II“, 101 „Mundorgel“, 161 „Erste Adresse in Ninive“, 174 „Urbs traktiert die Schreibtafel“, 181 „Architekt“.

Verlag:

Mandamos Verlag UG (haftungsbeschränkt)

Alte Rabenstr. 6, 20148 Hamburg

Herstellung und Auslieferung: tredition GmbH, Grindelallee 188, 20144 Hamburg

ISBN

Paperback

978-3-946267-09-6

Hardcover

978-3-946267-10-2

e-Book

978-3-946267-11-9

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis:

Auf dem Damm

Für Ninive

-

Eine Königin der Nacht

Für Hellas

-

Zwei beste Freunde

Für Rom

-

Ein Repräsentant der Legislative

Prudentia! Ich seh' Dich nah!

Ich seh Dich fern,

nicht allzu gern.

Muss es heute dennoch sein,

so wirk' doch schon mal ganz allein!

Danke und Saluti!

Urbs.

Es ist ein Jubeljahr. Alle Sabbat- und Schaltjahre stehen auf dem Prüfstand. Ninive, Athen und Rom sind unverändert baden gegangen oder wärmen sich an der eigenen oder anderer Sonne. Statistisch ergibt das eine Bade- und Sonnendauer von dermatologisch ungetesteter Verträglichkeit, wovon Urbs zwangsläufig bis zum Abwinken Gebrauch macht und sich seinen persönlichen Erinnerungen hingibt, wofür er mit vorschriftsmäßiger Sorgfalt Tafel und Gerät aus dem global zur Verfügung stehenden Angebot wählt.

Heute ist Reinzeichnung mit ein paar Verwischungen angesagt, um sich selber nicht zu nahe zu kommen.

Gewohnheitsgemäß peilt er seine Lieblings Cafeteria an, bestellt einen Milchkaffee und zwei doppelte Espressi, mischt sich daraus in der Milchkaffeeschale seinen eigenen Koffeinpunsch, liest die Aushänge hinter und vor dem Ausschank, sichtet das lackierte Regal mit einem gespendeten Buchantiquariat auf Brauchbares hin und widmet sich nach Erledigung dieses Aktualitätenmanövers der Niederschrift seines persönlichen Memorandums.

Seit seiner Wanderung von Ninive über Athen und Rom hierher, hat er für sich den tieferen Sinn der Übung darin aufgespürt, sich einen Stammplatz in der Öffentlichkeit zu küren, um wenig zu verpassen und noch weniger zu vergessen, was später als Weckamin für ihn wichtig werden könnte.

„Moment!“, ruft er den Memos mit vollem Mund nach, als sie sich ungeduldig entfernen, weil er das Frühstückskaffeebegleitgebäck nicht so schnell herunterschlucken kann. „So bleiben Sie doch! Es lohnt sich zu warten! Darf ich Ihnen etwas anbieten, während ich über Sie nachdenke?

Richtig! In Ninive! In Ninive war es gewesen, als ich in große Verlegenheit kam zu testen, wie es bekommt, wenn man etwas braucht, was weiterführende Erinnerungen weckt und keine Unterstützung erfährt.

Das familienfreundliche Etablissement, was mir zur Erfüllung meiner Wünsche von hilfreichen Passanten in der Niniveer Hauptstraße als erste Adresse genannt wurde, war zu meinem tiefen Bedauern vorübergehend geschlossen und bis zu meiner Abreise nicht mehr geöffnet worden.“

Den unbefriedigenden Ausgang des Besuchs in Ninive würde Urbs gerne als Vorgang abgeschlossen sehen, wenn die Direktverbindung zu Ninive nicht seit einiger Zeit gestoppt wäre, so dass er nicht einmal im Ansatz eine Möglichkeit erkennt, noch einen Versuch zu machen, ihn dort in die Reha zu geben.

„Sie suchen…?“ Die Memoaufsicht aus Ninive hat sich unversehens aus der Tiefe ihres Wissens herauf bemüht. Sogar den Schutzhelm trägt sie noch, was Urbs ein wenig befremdet, da er stets der Meinung war, er stünde mit ihr zwar nicht auf dem besseren seiner guten Füße, aber allemal gut genug für weniger visuelle Aufrüstung.

„Sie sagen es! Ich suche. Um präzise zu sein: Ich suche meine Memos zwischen allen Sabbat- und Schaltjahren, die mit großer Wahrscheinlichkeit bereits von Ihnen dokumentiert und archiviert worden sind.“

„Haben Sie Einzelheiten?“

„Genau die fehlen mir größtenteils, was nichts über die Menge aussagt. Die Hauptsache war ungeteilt.“

Die geforderte Aufsicht kann Urbs' konsolidierten Instant-Höhenflug mit geprüfter Instant-Tiefenwirkung nicht nachvollziehen. Selbst bei intensiven Bemühungen um Plausibilität per Blickkontakt verstehen sie sich aufs Schönste aneinander vorbei, was die Aufsicht nicht weiter stört.

Urbs' römischer Scharfsinn hingegen ordnet den Vorgang anders ein. Die Unauffindbarkeit von generalstabsmäßigen Memoranden könnte sich im Vorgriff auf geschichtsträchtige Transaktionen zukünftiger Jahre ob des möglichen Schlüssigkeitsmangels von wichtigen Abläufen ungünstig auswirken.

Urbs selber weiß, was er wie denkt, bevor er spricht. Gut durchdachte Übersichten sind für ihn das A und O, was ihm wegen des Konvoluts an Memos im Laufe von Jahrtausenden eine Übererfüllung des Plansolls an Speicherkapazität einbringt.

Dass zu Roms Zeiten dafür eigens hoch spezialisierte Gladiatoren mit geprüften Mehrfachbegabungen im angesagten Schreibsystem gezüchtet wurden, bestreitet er vehement. Sie waren Ausputzer von Züchtungen. Daran hat sich nichts geändert. Das römische Beispiel hat sogar Schule gemacht. Einfach durch die Empirik des Abguckens. Und keiner hat gemeckert. Kein Tadel, kein Ausschlussverfahren.

Dem war nur noch durch Lenkung in Ausschüssen beizukommen. Erklärtes Ziel: bei zunehmender Spurlosigkeit Spur halten, wenn man die Richtung mit allen Konsequenzen im Kopf hat.

Auf Basis der so aus trainierter Selbsterfahrung gewonnenen Selbsterkenntnis und einer gehörigen Portion Intuition will Urbs sein zukünftiges Verhaltensgerüst weiter bauen.

Erste Konsequenz: Er macht sich gerade. Eingedenk römischer Flexibilität im Umgang mit strukturellen Schwächen, entschließt er sich, ein Gebaren an den Tag zu legen, das ihm als ausgewachsenen Urbs, der zentral und patriotisch denkt, würdig ist.

Für die noch vorhandenen Memos bestellt er Zwieback und Cantuccini, um ihnen die Spurlosigkeit zu erschweren und lädt die Konstanten der zukünftigen Memorabilien gleich mit ein.

Gegenwärtig ist die dritte Schicht in Arbeit, was wenig Zeit lässt für den auf Akquisition gedrillten Außendienst. Gerade jetzt wird jedoch wieder gefunkt, wozu sich Urbs einen weiteren doppelten Espresso genehmigt, um dem verbleibenden Milchkaffee mehr Körper zu geben.

Er ist voll empfangsbereit auf Sendung, kann jedoch nicht angemessen episch antworten, weil er mit der Interpretation von Betrachtungen über die Notwenigkeit von Spitzenwerten befasst ist.

Urbs kennt sie von Kindesbeinen an. Gleich nach amtlicher Beendigung der Pubertät lernte er neue Aspekte von Varus, mit dem er nach umzugsbedingtem Schulwechsel Nachhilfeunterricht in einer Fördergruppe hatte.

Danach haben Sie ein paar Jahre in Aufbauseminaren für Wissensanwendung und -vermittlung gewirkt, wenn der Nachwuchs die Umstellung von Griechisch auf Latein ohne Phonetik nicht wuppen konnte. Ihre geographischen Wege trennten sich, als Familienplanung das beherrschende Thema wurde und Varus in der alten Heimat auf Brautschau ging. Gelegentlich ist Urbs mit ihm noch über Mittelsleute in Kontakt.

Seine Erinnerungen daran verschaffen ihm die nötige Ruhe, um in den besten Teil des Tages zu gleiten: produktives Floating, bis kurz vor Feierabend, wenn der Sonnenstand es zulässt. Man muss auf die langen Schatten achten, um nicht selber ins Zwielicht zu geraten.

Es ist nicht einfach für Urbs, sich inmitten von Floating Nachwuchs zu behaupten, der früh aus der Schule kommt und völlig ungeniert Urbs' Revier flutet, ohne die einfachsten Spielregeln zu beachten.

Er sieht Handlungsbedarf und macht, ohne zu fragen, von seinem Recht als naturalisierter Niederländer und Flachlandser Gebrauch, sich als gebürtiger Hochländer aus Rom fühlen zu dürfen.

Schließlich ist er nicht über traditionsreiche Seilbahnen von den Graten Ninives über die Höhen Athens hierher zu Zwieback und Cantuccini für Memos und handgemischten Kaffee gekommen, um sich von Falschfloatern ein X für ein U vormachen zu lassen! So nicht, nicht mit ihm! Da seien seine Memos als Bollwerk vor!

Urbs sieht das Bemühen ringsherum, seinen Kniff mit der Memobindung abstimmungsbereinigt nachzuvollziehen, kann jedoch auch bei auf Milde zeigendem Stimmungsbarometer nur ein Kopfschütteln erübrigen.

Er ist zwar mit Aufopferung bereit, das Jungvolk mit seinem Floating-Drang zu akzeptieren, so dass er sich rein äußerlich nichts anmerken lässt, hält aber vorsichtshalber die Hand über seinen Milchkaffee, bis der Floating Anfall des ungeübten Nachwuchses vorbei ist.

Nach dieser passablen Überbrückung von Anstrengungen, sowohl Memos mit Zwieback und Cantuccini bei der Stange zu halten und andererseits die übervolle Schale mit Milchkaffee zu schützen, ist er darauf bedacht, es nicht zu einer Zufälligkeit von Widrigkeiten kommen zu lassen und trinkt mit Schlürfen ab, was den Flüssigkeitsspiegel erheblich senkt, bevor neuer Floating Nachwuchs naht.

Urbs fürchtet, dass er in eine historische Phase der floatenden Umbenennung des Globus gerät.

Seine Logik: Ganze Städte sind prädestiniert, daran glauben zu müssen, Millionen von Bäumen, gedeckte wie ungedeckte Häuser und Gegenstände des täglichen Bedarfs, worauf er einen weiteren Espresso bestellt, mit dem er die abgesenkte Oberfläche des Milchkaffeemischgetränks anhebt, um sie seiner angespannten Beobachtung zu überlassen und den Beweis für seine Überlegung herbeizuführen.

Nichts Drama Taugliches passiert.

„Es ist nicht der rechte Platz am richtigen Ort“, tröstet Urbs sich selber, was er nur notgedrungen tut. Er findet sich zu befangen in seiner römischen Erwartungshaltung, die inzwischen bildungsnotorisch geworden ist und zu Disputen führt, denen kaum ein Forum gewachsen ist, was seine Meinung bestätigt, dass Individualmeckern in Theatern Individualberatungszentren gewichen ist, die meistens leer oder überfüllt sind. Das war nicht immer so.

Auf der Suche nach Wohlfühlorten mit gemäßigtem Individualmeckern in angenehm bevölkerten Individualberatungszentren hat Urbs vor nicht allzu langer Zeit voller Erstaunen lernen müssen, dass genau dort, wo er es beinahe vermutet hat, mit Hingabe Memofreiheit praktiziert wird, was nach seiner Einschätzung an einer großen Bereitschaft zur Selbstversorgung liegen mag.

Für Urbs bedeutet das eine Art intensiver Kurzweil mittelschwerer Publikumswirksamkeit ohne überbordendes Eigenengagement, die über den Daumen gepeilt beinahe jeder Urbs auf dem Kerbholz hat.

Es verhindert ungesunde Begeisterung für Nichtigkeiten und setzt ihn auf die Spur, die keineswegs Los, sondern Wille ist.

Urbs bezahlt und steckt die original verpackten Zuckerstücke, die beim Espresso im Preis inbegriffen sind, in seine Jackentasche, nicht ohne vorher ihr Einwickelpapier mit Sternzeichen und Horoskopen auf unliebsame Durchlässigkeit geprüft zu haben.

Als Beifang zu seinen häufigen Besuchen in der Cafeteria kommt Urbs in den Besitz von einer Reihe zusätzlicher Zuckerstücke, seit er im Wortgeplänkel mit der Servicekraft festgestellt hat, dass sie mit einem Landei vergleichbar und damit eine seiner Aszendenten ist.

Eine zwar untestierte, aber dennoch unangefochtene Aszendentenbrüderschaft auf rein privater Basis entsteht, die ihm freie Wahl bei der Zuckerstückwahl lässt, wovon er innerhalb des ihm bekannten Anstands Gebrauch macht.

Seitdem ist er in Versuchung, neue Aszendenten für einen Freiwilligen Club, welcher Sternzeichen auch immer, hinzuzugewinnen. Der Ehrgeiz, den er dabei entwickelt, beruht auf einer altrömischen Leidenschaft, die in ihm rumort.

Bevor sie zum Ausbruch kommt, weist er sie in ihre Schranken. Wunschdenken und seine seriöse Verfolgung mit legitimen Mitteln, aber ohne profunde Kenntnis der realen Möglichkeiten, war im alten Rom verpönt.

Daran hält sich Urbs auch jetzt, zumal sich nach seinen Beobachtungen die Werte inzwischen verschoben haben. Ganz universell in den gelenkten Zufall hinein, weswegen er auf mehr Abstand geht als üblich.