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Meinen leichtgewichtigen Flimmergedichtchen flogen ein paar neue hinzu. Mich beglückt ihre Unwichtigkeit. Bei jedem Gedicht hätte ich mehr sagen können, doch ich tats nicht und das gerade ist der künstlerische Pfiff.
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Seitenzahl: 149
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Milchstrassenstaub
Tänzerisch klingend
Sonnenumbra
Unterm Rahsegel
Wucherblumig?
Nachtvisionen
Jeremiaden
13.1.2022
Lieber Ludwig
Mein Gedichtbuch „Milchstrassenstaub das unbekannte Zeitmass“ hat nun nur 48 Seiten anstatt 52; ich löschte die Kurzbiografie, die ist hinlänglich bekannt, setzte unters letzte Gedicht (in 10 Punkt) einfach Homepageund E-Mail-Adresse.
Ich bitte Dich dann zu kontrollieren, dass das Buch wirklich auf Seite 48 aufhört (die leeren Seiten fand ich überflüssig).
Mario Andreotti antwortete mir flugs, er fügte seine Antwort ROT in meinen Brief hinein. Das gefiel mir.
Das BoD-Büchlein habe ich bereits korrigiert, es gab nur allerkleinste Korrekturen. Du hast alles perfekt in die Verlagsform gebracht, dafür danke ich Dir sehr herzlich. Es wird jetzt wohl fehlerfrei sein, huch, doch ich werde morgen alles nochmals ganz genau lesen (damit, sprachlich gesehen, wirklich kein Haar in der Suppe ist).
Heute war ich in St. Gallen, druckte auf marmoriertem Papier Gedichte für Marco aus (ach, warum schrieb er mir gestern ein sooo liebes SMS?), kaufte auch zwei Bilderrahmen, einen gebe ich ihm, den zweiten hänge ich bei mir auf. Ich schicke Dir bei Gelegenheit per Post meine Gedichte an Marco.
Das Leben kann schön sein!
Ich danke Dir, Ludwig, für Deine Arbeit für mich; Du – und alles – erfreuen mich zutiefst.
Liebe Grüsse Paul
14.1.2022
Lodovico I.
Ich lege Dir ein paar meiner allerneusten Gedichte bei – im Zuge der neuen lyrischen Einfachheit. Ich erhole mich von den verschlungnen Wirrnissen und Stürmen der letzten Zeit in einer neuen Klarheit des Sagens.
Ich wünsche Dir herzlich einen schönen Abend.
Dein Paul
Es gibt
keine Gefahr
für dich
du bist
hinter meinem Lid
*
Ich danke dir
Möwe
dein Schrei
hat mich ermutigt
weiterzugehn
*
Schön
wie ein Fächergewölbe
dein Satz
*
Der Ziegenbock
findet
das Dasein
gar nicht
so schlecht
obwohl er
dauernd meckert
*
Die Zeit
um Murmeln
und Sterne
zu zählen
kommt nicht mehr
*
Abends
sassen wir
zusammen
und glaubten
wir hätten uns
Als es
im Kopf
zu donnern begann
verzog ich mich
in den Schutz
einer Wasserrose
*
Was kriecht
zu meinen Füssen?
eine Schlangenschleiche?
ein Gott?
*
Ich stelle
einen Wegweiser
fürs Nirwana auf
er zeigt
direkt
in deine Mitte
*
Es gibt
so viel zu tun
zu sagen
ich lache
*
tagsüber
verstanden
*
Wir hätten
einander
retten können
*
Die Fische
wissen es längst
was uns
niemals
einfallen wird
*
Das Gleiche
ist anders
ohne Ursachen
im Wind
der über
deine Lippen
zieht
*
In der Erschöpfung
tanzen
die letzte Herbstblume
küssen
mit dem Mond
sprechen
*
Nackt
wie eine Koralle
in der Karibischen See
wir taumeln
aufeinander zu
*
Dein Puls
eine Supernova
in mir
*
Zutiefst Angst
zutiefst Freude
zu leben
mit Teleskopaugen
die wechselnden Formen
sehen
den Atem
vor einer Rose
anhalten
Lieber Ludwig
Mit diesen Gedichten, die mir diese Nacht zutrug, begrüsse ich Deinen Morgen. Ich schrieb viele, sehr viele Gedichte, ich kam nicht mehr dazu, alles aufzuschreiben, es brauste und sauste atemlos, das ganze delirierende Universum besuchte mich, doch ich hielt sprachlich alles in Grenzen, hielt «schöne» Adjektive zurück. Ich klopfte den Eingebungen auf die Finger, hielt meisterlich alles (Sprach-)Überflüssige zurück. Kunst ist AUSWAHL der Mittel. Der «poetische Einfall» ist des Argen. («Ekstatische Nüchternheit» ist Vonnöten.)
Ach, mein armer Marcel! Mein Herz blutet.
Es grüsst herzlich
der verwundete Paul
15. 1.
Lieber Ludwig
Ich lernte heute den Rorschacher Bildhauer Patrick Benz kennen, er hatte neben dem Würth-Gebäude eine «Heimspiel»-Freilicht-Ausstellung. Wir hatten ein gutes Gesprächlein.
Ich schrieb ihm:
«Was für eine überraschende Unerwartetheit, bei klirrender Kälte auf Deine «Heimspiel»-Freilicht-Bilderausstellung gestossen zu sein – : Deine Bilder beeindruckten mich sehr, eine grossformatige duale Monochromie, in sich ruhend und dynamisch weit ausgreifend in fisteligen Bewegungen, geheimnisvoll in der Exaktheit. Herrligg!»
Vielleicht freuts ihn.
Heute wurde es mir warm ums Herz mit Marcel, er zauberte ein Essen hin, kochte gleichzeitig in seiner Wohnung und bei mir. Wir hatten es ein paar Stunden sehr schön miteinander.
16. 1.
Meinen leichtgewichtigen Flimmergedichtchen flogen ein paar neue hinzu. Mich beglückt ihre «Unwichtigkeit». Bei jedem Gedicht hätte ich mehr sagen können, doch ich tats nicht – und das gerade ist der (künstlerische) Pfiff.
Ich wünsche Dir herzlich einen schönen, guten Sonntag.
Herzlich grüsst
Paul
Ich lebte
volle
fünf Leben
jetzt kommen
unaufhaltbar
die nächsten
fünf
dran
*
Ich grüsse dich
lichtscheuer Hutpilz
auch wenn ich selbst
keinen Hut trage
*
Ich bleibe
versteckt
in der Kithara
solltest du mich
hören
dann bin ich
es nicht
*
Der Vogel
als Midinette
im Baumgeäst
*
Über die
Klinkerbeplankung
zieht lachend
der Wind
*
Lass es
gut sein
ob gut
oder nicht
*
Mich freuts
unbekannte Menschen
zu grüssen
*
Du und ich
werden getragen
von den
sich stets ändernden
Wellen
*
Ich weiss nicht
was das ist
das ists
*
Tun wir
nicht so
als wären wir
einander fremd
näher
gehts ja
gar nicht mehr
*
Das Leben
ist derart
versteckt
dass nicht nur Blinde
darüber stolpern
*
Ja
nein
vielleicht
hören wir auf
zu plappern
überlassen wir
alles Wichtige
dem Schweigen
*
Nach
diesem Konzert
weiss ich nicht
was machen
*
Ein Streichquartett
ist nicht
einfacher
als eine Sinfonie
*
Das Lustvolle
der Askese
ist ein Kapitel
für sich
das ich
nicht schreibe
*
Die Protuberanzen
in deinem Auge
auf mich
übergreifende Flammen
*
Allerlei einerlei
philosophiert
der Blaumaskengaukler
und schwimmt
davon
*
Uns ist
nur vergönnt
zwei drei Schritte
zu machen
jeder Vogel
misst mehr aus
*
Nach dem Traum
gibts nichts
als die Imagination
der vorbeihuschenden
Wirklichkeit
Lieber Ludwig
Ich danke Dir herzlich, dass Du mir ein paar ganz konkrete Sächelchen aus Deinem Leben mitgeteilt hast; das KONKRETE interessiert mich immer sehr. Es schafft Konturen.
Dass Du dem Restaurant Freihof drei Pendelbilder verkaufen konntest, freut mich riesig. Das finde ich sehr gut, sehr schön.
Wie geheimnisvoll, Deine sekundengenauen siebenminütigen Nachtdiktate. PHÄNOMENAL. (Das ist eine sehr erstaunenswerte Esoterik.)
Sehr, sehr schön Dein Bild, das Du mir schicktest.
Du überragst in Deinen Schriften den kleinlichen Zeitgeist, der leider dominant ist. Und Deine Bilder, ich tönte das schon mal an, finde ich eher noch grösser, weitgespannter; der Kunststellenwert wird in zukünftige Zeiten ausstrahlen. Da vollendet sich wie bei Mozart Absichtslosigkeit, da belehrst Du nicht mehr, sondern die Form vollendet sich in sich selbst.
Auf jeden «Satz» kann ein «Gegensatz» gefunden werden, Deine Pendelbilder schwingen sich aus, rhythmisch weit ausgreifend in sich ruhend in den «Gesetzen» des Universums. Das geschieht mit Dir zum ersten Mal in der bildenden Kunst. Gottgewollte Harmonie, ohne dass man das sagen müsste. Zutiefst kann man da nur staunend schweigen und sich berühren lassen.
Burckhardt lese ich zurzeit gern, doch es würgte mich, als ich mitbekam, dass er als Präsident des IKRK den Holocaust niemals verurteilt hat.
Und bei seinem Briefwechsel mit Hofmannsthal, den ich einst mit Begeisterung las, scheint für viele Wissenschaftler der Verdacht da zu sein, dass er manche Briefe Hofmannsthals selbst geschrieben habe, dass sie gefakt sind. Es gibt oft keine Belege, dass sie Hofmannsthal geschrieben habe.
Es ist auch erwiesen und belegt, dass er manchen bekannten Zeitgenossen Zitate in den Mund legte, die diese niemals gesagt haben. Das Leben eines Diplomaten baut sich immer auf Lügen und Feigheit auf. (Sonst würde er Pfründe verlieren.)
Das schmälert meine Leselust auf ihn. Seine Erkenntnisse sind manchmal genial, doch oft auch einfach schönfärberisches Geschwafel.
Wo sind ECHTE Menschen, die nicht lügen? (Es gibt sie wohl nicht.)
Wir sehen es jetzt penetrant, wie diese mediengeilen Virus«experten» Stuss mitteilen und sich dabei mästen. Und alle Spitzenpolitiker, Spitzenbankers sind korrupt, kriminell.
Als Lyriker bin ich nicht derart, dies nicht zu sehen. Es ist systemimmanent unmöglich, die politische Karriereleiter hochzuklettern, ohne dass man schmiert und geschmiert wird. Kein Politiker hat eine reine Weste, das ist per definitionem unmöglich.
Als Lyriker bin ich nicht derart weltfremd, dies nicht zu sehen.
Als Menschen sich zu umarmen, da wir ja alle auf diesem Planeten sind – davon sind wir weit entfernt. Es wird nie sein, da der Mensch die Zerstörung in sich trägt.
Du, Lu, hältst mit Deinen Schriften unermüdlich dagegen an, das ist bewundernswert. Darin liebe ich Dich auch. Du bist Botschafter des Guten, akkreditiert vom Sein, von Gott.
Du bist eine absolut überzeugende Welteinmaligkeit.
Dass Gott gut ist und kein Dämon, ist berechtigt zu fragen. Das frage ich mich manchmal. Für Dich gibt es diese Frage nicht, Du bist in Deinem Glauben seins- und gottsicher, Gott als das Gute. Dafür steht Dein ganzes Leben ein. Daran rüttle ich nicht (es wäre Dir auch gleich). Ich bin auch fürs Gute – doch es gibt das menschheitsgesamtlich nicht ausser in der individuellen Liebe.
In der Liebe zu einem Kranken, zu einem Freund, zu einer Freundin. Zu einem ganz konkreten Menschen in seinem Leid.
Manchmal weine, weine, weine ich über das Leid der Welt. Habe grosse Angst um Marcel, der unendlich liebenswert ist und der immer wieder im Finstern versinkt.
Mein neustes Büchlein beginnt mit: «Ja! zum Leben». So soll es sein. Das ist gegen alles mein Credo.
Herzlich grüsst
Paul
Ausschweifen
in der Blütenkrone
des Veilchens
mich mit dir
zu verflechten
Am Abend
noch das Gleiche
zu denken
wie am Morgen
finde ich
überflüssig
Geschichtliche
Grossereignisse
sind bloss
Konfetti
für die Gegenwart
(Notate für «Im dunklen Fischauge das Licht erkennen».)
Lieber Ludwig
Es wird Dich vergnügen – mich vergnügt es auch –, wenn ich sage, dass Albert und ich uns wieder lange Briefe ausgetauscht haben. Ha! Im Grunde genommen mag ich seine Briefe, so wie ich es auch mag, ihm ausufernd zu schreiben. Er schreibt oft mit einem köstlichen ironischen Pfiff über seinen Alltag, seine Menschen- und Bücherbegegnungen – seine sehr grosse Belesenheit stösst bei mir auf offne Ohren, so wie ich es auch liebe, literarisch anspielungsreich ein Trommelfeuer loszulassen.
Hier ein Abschnitt aus dem letzten Brief an ihn:
«Zu Martin Suter kann ich nichts sagen, ich habe noch keinen Satz von ihm gelesen, doch ich bin sehr misstrauisch (habe schon einiges über ihn gelesen). Das mit dem Fussballspieler auch, es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen. Das ist medial gekonnt aufgemacht. Ist Martin Suter der W. Somerset Maugham der Schweiz? Vermutlich ist das eine schlechte und keine gute Frage (eine Scheinfrage; sie ist von mir, habe ich nirgends gelesen).»
(Suters neuster Roman handelt von einem Fussballspieler.)
Marco hat mich zu einem Essen eingeladen, er fragte, ob ich «Wildfleisch» mag? Ich lehnte ab, wünschte einfach ein Glas Wein mit Salzstängeli oder Pommes chips. Ich esse so wenig Fleisch, und wenn ich an «Wildfleisch» denke, dreht sich mir der Magen. Ich freue mich riesig, sagte zu auf den Februar hin. Sehe ich dann Bettina, seinen Schatz? Ich kenne sie immer noch nicht, ist wahrlich etwas geheimnisvoll. Ich bringe Marco als Geschenklein wiederum zwei Gedichtblätter in einem Bilderrahmen, das hat ihn bisher immer sehr gefreut.
(Ich schicke Dir zu gegebener Zeit meine Gedichtblätter an Marco postalisch.)
Mein letzter Brief an Dich war stellenweise etwas dunkel, verzeih. «Unendliche Gewitter» (wie mein Erstling 1970 auch heisst) entladen sich – gottseidank – halt immer noch in mir. (Ich möchte es gar nicht gemässigter.) Halkyonische Tage sind wunderschön, doch ich liebe das wilde Sturmgebrause unendlich mehr.
Als Künstler brauche ich die Nachtstrudel, den Mahlstrom, das ist unersetzbar für mein Schreiben.
Ich bin glücklich, Kurznotate zu schreiben, sehr poetische Tupfer MIT gedanklichen Spagatübungen. Diese Mischung ist zurzeit für mich das Beste … Bis jetzt ist es mir vermutlich geglückt, Oberflächliches zu meiden. «Einfaches» muss immer auch sehr komplex sein, darf niemals banal werden. Was in der Welt schon gesagt wurde, ist nicht meine Welt. Dies zu erfüllen ist gar nicht so schwierig, ich muss einfach ausschweifend tief in mich selbst eintauchen, dort finde ich das «Neue» schon. (Doch ich habe nicht immer «freien Zutritt» zu meiner Seele, zu meinen Träumen, die Gunst der inspirierten Stunde muss dazukommen, das ist nicht per Knopfdruck abrufbereit, da spielen viele «Faktoren» mit.)
Meine Kurznotate möchten OFFEN sein auf Imponderabilien hin, sinnlich nuanciert, gedanklich überraschend, rätselhaft. Ich bin kein japanischer oder chinesischer Zen-Buddhist, doch meine «Aussagen» dürfen durchaus zwischendurch paradox, unverständlich oder gar sinnlos sein. Das hat für mich mit Surrealismus zu tun. Auf meine Denkart auch mit dem «Existenziellen». Ich lasse mir einfach von nichts und niemanden dreinreden, was ich wie schreiben darf. (Es muss gisisch sein, basta.)
Jetzt höre ich Donizettis «Lucrezia Borgia» zum wievielten tausendsten Mal? Ich bin immer noch aufgewühlt begeistert!
Donizetti gehört – wie Robert Walser, Mozart – zu meinen jahrzehntealten begeisterten Lieblingen. Rilke liebe ich immer noch, doch seine fast «priesterliche», zuweilen manierierte snobistische Art (besonders in seinen Briefen) geht mir zuweilen auf den Wecker. Da bevorzuge ich den spanischen Lyriker Vicente Aleixandre.
Ich kann noch kaum was sagen, doch ich stelle fest, dass sich bei Marcel Tiefes verändert, ich glaube, zum Guten hin. Er ist immer noch oftmals sehr «schwierig», doch ich beginne, ein gutes Gefühl zu haben. Er ist im Kern ein wunderbarer Mensch, beginnt dieser Kern zu wirken? Da glaube ich an die guten Kräfte, auch wenn alles noch ungesichert ist.
«Ja! zum Leben», das ists doch.
Diese Aussage ist eine Kernaussage meines Lebens, meiner Lyrik.
Ich freue mich masslos auf meinen «Milchstrassenstaub», ich glaube, ich konnte mich da künstlerisch auf eine neue Ebene hin entfalten.
Jetzt setze ich alles, was ich kann, für «In deinem dunklen Fischauge das Licht erkennen» ein; danach denke ich, mit Gedichteschreiben aufzuhören. Ein Künstler, der nicht sieht, wann er aufhören müsste, ist eine traurige, peinliche Sache. (Das weiss ich zu vermeiden!)
Das kommende Ende wird ein Erfülltsein sein. Ich freue mich, von dieser Welt abzutreten, was danach sein wird, weiss ich nicht, habe hiefür auch keinen Glauben. Das entscheidet nichts, es ist, wies ist.
Ich bin finanziell auf dem Rumpf. Kannst Du mir was schicken? Bis zur nächsten Kebs-Zahlung halte ich nicht durch. Es ist entsetzlich. Ich ersehne den Tod.
Liebste Grüsse
vom Paul
Du kannst mich
nicht festhalten
ich schwanke
meiner Natur gemäss
hin und her
*
Trakl
du bist
mein Bruder
du kannst
immer
zu mir kommen
*
Vorwärts zu mir
rückwärts zu mir
einfach
draufloszutrampeln
*
Supernoven
sind wie Liebesbriefe
die wir
nicht verstehn
*
Sich im Schlaf
umschlingen
sich im Wachsein
umschlingen
Lieber Ludwig
SEHR SCHÖN Dein kleines Gesamtkunstwerk, «Da Ich in dem wunderbaren Garten wandle fürchte Ich die Lasten nicht» mit den hiefür symmetrisch fast zu stürmisch eingerahmten Pendelgrafiken. Alles in allem aber Balsam für die Menschlichkeit und fürs Auge.
Deine bekennenden Aussagen und Dein BLICK fürs Gute und Schöne sind wunderbar.
Da fällt mir soeben ein: am 14. März kannst Du Deinen 89. Geburtstag feiern. Wir durften uns viele Jahre begleiten, dafür bin ich unendlich dankbar.
Ich «erlebte» Dich immer als «den grössern Bruder», auf eine Art mir weit voraus (obwohl ich auch sehe, dass ich in meinen Freiheiten Dir weit voraus bin). Wir messen unsern Kosmos auf die je eigne Art aus: herrlich!
Du bist auf dem Weg des Geistes auf den Geist hin – auch von dort kommend. Das ist grossartig, überzeugt.
Der Weg meiner Kunst, meiner Gedichte, ist anders: alle Kreatur liebend, Liebe liebend, Geisteingeformtes im «Dinglichen», Sinnlichen. Den Menschen nicht «ins Höhere» bewegend, sondern ins «Tiefere» in ihm selbst.
Du hast einen «Auftrag», den Menschen göttlicher zu machen; ich bin ein Lyriker, der vom Leben, wie es ist, singt, darstellend in vielen Perspektiven. Ich versuche das auf meine Art, glaube nicht, dass das «weniger» als Deine Art ist. Es sind Verschiedenheiten (die sich als Parallelen irgendwo im Unendlichen treffen mögen).
Es ist atemberaubend, dass auf vielen, vielen Tausenden von Buchseiten bei Dir eigentlich nichts Sinnliches kommt, sondern nur hochpotenzierter Geist. Das ist ein EREIGNIS der absolut besonderen Art. Ich nahm mir letzthin wiederum Deine «Poesie des Seins» vor: allgewaltiger Geist, keine orgiastische Liebeslustbeseligung (und daher für mich etwas dünn). Du sagst unendlich viel, doch es ist nicht unverwechselbar einmalig individuell wortbildgestaltet. (Da und dort wie esoterische Kurz- und Mahnpredigten.)
Und über das Dreizeilenstarre schrieb ich Dir schon, es ist ein Skelett, kaum Organisches. Frei Atmendes.
Ha, lach jetzt einfach, Ludwig, das sind halt so meine Sehensweisen, ich bilde mir nicht ein, dass sie für Dich gültig seien. Du hast eine einmalige Lebensluzidität erreicht, die Jahrhunderte überstrahlen wird.
Dein gigantisches esoterisches Schriftwerk kennt nichts Seinesgleichen, und mit Deinen Pendelbildern, die in ihrer Absichtslosigkeit mozartnahe sind, wirst Du EWIG sein.
Liebe Grüsse aus dieser Nacht – in Deinen Morgen hinein.
Dein Paul
ICH SINGE
deinen Ozean../
..grund
ICH SINGE
deine Nähe::deine Ferne
Sternflammen HAUT
das SonnenLICHT
unter deinen Armen
das FISCH//AUGE
atem-berauscht
die Melodie der
wandernden Zunge
ICH SINGE DICH / – in den
Algenfäden
im Traum
der Schmetterlings
blütler
interstellar in deinem Herzen
UND
wenn die Nacht
sich auf/türmt
LACHEN wir miteinander
und singen
wie ein vielstimmiger Chor
ZU ZWEIT
Young captain //.. old friend Marco – :: für dich
Paul der Zackenbarschlyriker 2022
Lieber Ludwig
Danke für Dein Feedback, Deine Rückmeldung zu meinen frühern («Nachtbrand») und späten Gedichten. «Die neuen Kreationen sind ungleich besser», schreibst Du mir. Ich nehme Dein Urteilen gern an. Du findest meine frühern Gedichte «noch etwas naiv». Das darfst Du uneingeschränkt. Mich freut deine Ehrlichkeit, so muss es ja auch sein zwischen Freunden. Ich sage Dir zu meinem grossen Lob, das ich für Dich habe, zwischendurch ja immer auch wieder Sachen, die mir ein bisschen ein Unbehagen auslösen.
Das kommt von den Lebenspositionen her, die man in sich austariert zu meinen glaubt. Nähe impliziert auf der künstlerischen und philosophischen Ebene durchaus immer auch Ferneres. Das hat mit FREIHEIT zu tun. Ansichten, Durchsichten, Einsichten, Meinungen, Überzeugungen, Sicherheiten, Unsicherheiten, das finde ich ein wunderbares Bukett aller Lebensmöglichkeiten, die nicht per se eindeutig aus sich selbst heraus ein für alle Mal festgefügt sind. Ich bin für eine polyperspektivische Sicht, wellend, wogend, atmend, schwebend.
Wenn ich mein lyrisches Lebenswerk überblicke (hahaa, als ob ich das könnte – nein, ich kanns nicht) stelle ich (für mich) eine überraschende, erstaunliche EINHEIT in der Motivik, in der Bildhaftigkeit fest … Früher schrieb ich oft vom «Tod», das habe ich bewusst in den späten Gedichten ausgeblendet, das Wort «Tod» «fehlt» völlig. Da änderte ich mich existenziell ZUM LEBEN HIN.