Glück ist das beste Medikament - Wolfgang Krüger - E-Book

Glück ist das beste Medikament E-Book

Wolfgang Krüger

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Beschreibung

Wir wissen viel über die gesunde Ernährung, die Alternativmedizin und eine vernünftige Lebensweise. Dennoch spüren wir, dass unsere Gesundheit besser sein könnte. Ich möchte Ihnen daher helfen, dass Sie wirklich gesund werden und lange leben. Dabei ist es vor allem wichtig, dass Sie die Heilkraft der Seele berücksichtigen, von der entscheidend unsere Gesundheit abhängt. Aus meiner 40jährigen Erfahrung als Psychotherapeut beschreibe ich daher neben der Liebe, den Freundschaften, der Selbstachtung mehr als 12 seelische Faktoren, die zu einem guten Immunsystem beitragen. Sie werden überrascht sein: Wenn Sie sich viel in der Natur aufhalten, im Chor singen, den Sinn des Lebens finden und Bücher lesen werden Sie erheblich gesünder sein. Schließlich geht es mir nicht darum, dass Sie auf etwas verzichten. Vielmehr sollen Sie so glücklich werden, dass Sie vital und entspannt leben, denn das Glück ist das beste Medikament.

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Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins Sichtbare.

Christian Morgenstern

Inhaltsverzeichnis

Die seelische Gesundheit

Glück ist der wichtigste Gesundheitsfaktor

Die Verliebtheit als Jungbrunnen

Wahre Freunde sind wie Diamanten

Die Überwindung der Einsamkeit

Tiere verlängern unser Leben

Stress und Achtsamkeit

Die Bedeutung unseres Selbstwertgefühls

Verzeihen ist gesund

Die Kunst der Überwindung

Spielen macht Spaß und ist gesund

Musik macht gesund

Wer viel liest, lebt länger

Schreiben Sie Tagebuch

Die Heilkraft der Natur

Bewegung heilt

Geld verlängert das Leben

Wenn wir uns mit jungen Menschen umgeben

Die Bedeutung der Kindheit

Der Sinn unseres Lebens

Der Mut zur Psychotherapie

Die Vorteile des Älterwerdens

Es kommt darauf an, den Körper mit der Seele und die Seele durch den Körper zu heilen.

Oscar Wilde

Die seelische Gesundheit

Sie interessieren sich für das Thema Gesundheit und würden gern so leben, dass Sie Krankheiten vermeiden und im Alter Ihren Lebensabend genießen. Diese Wünsche gehen oft in Erfüllung, denn wir können viel für unsere Gesundheit tun oder können zumindest den Verlauf zahlreicher Krankheiten beeinflussen. Das ist zentral für unsere Lebensqualität, da jede schwere Erkrankung unser Lebensglück massiv beeinträchtigt und oft auch die Lebenserwartung verkürzt. Deshalb erstaunt es nicht, dass in einer repräsentativen Umfrage 46% der Bevölkerung ihre Gesundheitskompetenz als exzellent und ausreichend ansahen. 1 Wahrscheinlich wissen Sie daher viel über ein gesundes Leben und kennen die sechs entscheidenden Faktoren der Gesundheit:

Ernährung: Wir sollten vor allem frisches Gemüse und Vollkornprodukte essen. Den Fleischkonsum sollten wir einschränken und fettreiche Kost vermeiden. 2 x in der Woche sollte Fisch auf dem Speiseplan stehen.

Gewicht: Wir sollten auf unser Gewicht achten, denn jedes Kilo Übergewicht kostet zwei Monate unseres Lebens. Schließlich ist ein erhebliches Übergewicht nicht nur in westlichen Ländern einer der Hauptgründe für chronische Erkrankungen. Inzwischen hat das Übergewicht weltweit die Unterernährung überholt.

Nichtrauchen: Wir sollten möglichst nicht rauchen. Wer jeden Tag eine Packung Zigaretten raucht, verkürzt sein Leben um bis zu neun Jahre. Rauchen ist einer der bedeutendsten Risikofaktoren für Krebs- und Kreislauferkrankungen, die wir vermeiden sollten. Selbst wenn Sie mit 60 oder 70 Jahren mit dem Rauchen aufhören, können Sie immer noch an Lebenszeit dazu gewinnen.

Bewegung: Wir sollten jeden Tag auf genügend Bewegung achten. Beispielsweise empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation, dass wir uns mindestens 2 ½ bis 5 Stunden in der Woche bewegen. Dazu gehören das Joggen, Radfahren, Schwimmen oder ein flottes Spazierengehen. Sie können natürlich auch Treppensteigen, anstatt den Fahrstuhl zu nehmen.

Alkohol: Wir sollten wenig Alkohol trinken. Denn ein langjähriger Alkoholmissbrauch erhöht beispielsweise bei Frauen die Sterberate um den Faktor 4,6.

Stressvermeidung: Außerdem sollten wir Stress vermeiden und genügend schlafen. Denn Stress ist einer der wichtigsten Krankheitsverursacher unserer modernen Zeit.

Diese Faktoren der Gesundheit kennen wir. Doch wenn wir etwas wissen, bedeutet es nicht, dass wir es auch umsetzen.

Zwar zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes, dass sich 65% der Bevölkerung gesund fühlen. Aber diese Selbsteinschätzung täuscht, denn mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist übergewichtig. Und in dem aktuellen DKV-Report 2023 wird deutlich, dass nur 17% der Deutschen vollständig gesund leben. Diese Zahl ist alarmierend, doch sie ist nachvollziehbar, denn beispielsweise liegt der durchschnittliche Zuckerverbrauch in Deutschland viel zu hoch, weil wir umgerechnet täglich 32 Stück Würfelzucker zu uns nehmen. 2

Der dramatische Konflikt

Offenbar gibt es einen dramatischen Konflikt, der sich verhängnisvoll auf unser Leben auswirkt. Obwohl wir viel wissen, handeln wir oft nicht danach. Und das gilt auch für jene Menschen, die durchaus gesundheitsbewusst und verantwortungsvoll sind. Denn immer gibt es innere Kräfte, die unsere ernst gemeinten Bemühungen sabotieren.

Ich möchte Ihnen helfen, dass Sie Ihre Gesundheitsziele wirklich in die Tat umsetzen können. Dazu gehört, dass Sie ganzheitlich leben und sich verstärkt um jene seelischen Prozesse kümmern, die Ihr Immunsystem beeinträchtigen. Dann wären Sie seelisch ausgeglichener, könnten Lebensprobleme schneller lösen und wären nicht nur glücklicher, sondern Ihre Gesundheit würde sich sehr verbessern. Außerdem würden Sie länger leben. Denn unsere Gesundheit hängt ganz erheblich von seelischen Prozessen ab. Schließlich kümmern wir uns nur dann genügend um unseren Körper, wenn es uns seelisch gut geht.

Der Gesundheitscheck

Dann wollen wir zunächst einmal wissen, wie unsere gesundheitliche Situation aussieht. Das ist jedoch nicht ganz einfach. Es gibt Tage, an denen Sie sich gesund fühlen, an anderen Tagen geht es Ihnen eher schlecht. Allerdings ist die Einschätzung unserer Gesundheit nicht nur schwankend, oft können wir auch nicht erkennen, was im Inneren unseres Körpers vor sich geht.

Die Bauchspeicheldrüse spüren wir bei vielen Erkrankungen zunächst nicht, wir können uns an viele Beschwerden der Niere und des Magens gewöhnen und auch das Herz warnt uns nicht immer, wenn es überlastet ist. Deshalb ist es so entscheidend, dass Sie einen gründlichen Gesundheitscheck beim Hausarzt, dem Urologen, der Frauenärztin, der Hautärztin, dem Augenarzt, der Zahnärztin usw. durchführen. Das ist der Beginn einer besseren Gesundheitsfürsorge, denn nur jeder Zweite hat 2022 einen regelmäßigen Gesundheitscheck durchgeführt. 3 Stellen Sie also eine Liste aller Ärzte auf, um sich gründlich untersuchen zu lassen, auch wenn Sie bisher keine Krankheitssymptome gespürt haben. Erst dann können Sie genauer einschätzen:

Welche Gesundheitswerte sind gut oder zufriedenstellend? Welche Werte sind so, dass Sie die Entwicklung langfristig beobachten müssen und welche Werte sind problematisch, so dass eine längere Behandlung erforderlich ist?

Die Umsetzung der Empfehlungen

Nun werden Sie einige Empfehlungen von Ärzten bekommen haben und wissen zudem selbst, was Sie tun müssten, um gesünder zu leben. Außerdem haben Sie viel gelesen und sind durch intensive Gespräche mit Freundinnen und Freunden angeregt worden. Sie wissen also viel. Aber bei zahlreichen Erkrankungen werden Sie feststellen, dass es trotzdem schwer ist, nachhaltige Veränderungen herbeizuführen.

Das ist vor allem der Fall, wenn Ihre Erkrankung auch seelische Ursachen hat. Oder besser gesagt: wenn für die Gesundheit der Faktor Seele eine entscheidende Rolle spielt. Dies ist fast immer so, da das Immunsystem bei allen Erkrankungen eine große Bedeutung hat. Deshalb werden wir meist schneller gesund, wenn wir zusätzlich zu dem schulmedizinischen Ansatz die Seele als Heilfaktor ansehen. Sie könnte uns helfen, das Immunsystem erheblich zu stärken. Das ist bereits bei der Krankheitsentstehung wichtig, denn das Immunsystem hat vor allem die Aufgabe, Krankheitserreger (also Bakterien, Pilze, Gifte und Fremdkörper) abzuwehren.

Für die Bekämpfung der Eindringlinge ist zunächst das angeborene Immunsystem zuständig, das wir auch als das unspezifische Immunsystem bezeichnen. Es ist gleichsam die erste Verteidigungslinie. Beispielsweise ist die Haut eine chemische Barriere und Flimmerhärchen halten die Atemwege frei. Falls allerdings trotzdem die Erreger die erste Barriere überwinden, wird die Abwehr der inneren Verteidigung aktiv, die in verschiedenen Organen beheimatet ist. Das ist das innere Immunsystem, das stark genug sein muss, um entschlossen den Kampf gegen die Eindringlinge aufzunehmen. Ist jedoch das Immunsystem geschwächt, sind wir den Erregern, die ständig in der Luft liegen, schutzlos ausgeliefert. Dies Immunsystem arbeitet gleichsam wie eine Privatarmee, die man gut behandeln muss, damit sie ihre Aufgabe erfüllen kann. Vor allem ständiger Stress beeinträchtigt daher massiv die Verteidigungsfähigkeit des Immunsystems. Deshalb sollten wir immer darauf achten, dass wir durch unsere seelische Stabilität das Immunsystem stärken, da dies die Basis einer nachhaltigen Gesundheitsfürsorge darstellt. Denn seelisches Unglück ist offenbar einer der wichtigsten Krankheitsfaktoren.

Mitunter wird Ihnen sogar Ihr Arzt bestätigen, dass Ihre Probleme auch auf seelische Belastungen zurückzuführen sind. Doch was fangen Sie mit einer solchen Mitteilung an? Ein guter Freund klagte einmal: „Solche Hinweise verwirren mich immer. Wo fängt man dann an? Ich bin den ganzen Tag hindurch angespannt und sehe nicht, wie ich das ändern könnte.“

Die kleinen Hebel der Gesundheit

Sicher haben Sie schon häufiger überlegt, wie Sie besser mit seelischen Problemen umgehen können. Sie kennen den täglichen Stress, haben gelegentlich Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen. Deshalb werden Sie sich fragen, wie Sie diese Probleme bewältigen können. Und Sie werden sich auch die Frage stellen: Schaffe ich dies allein oder bin ich auf einen Experten angewiesen? Ich bin seit Jahrzehnten psychotherapeutisch tätig und bin überzeugt, dass eine Psychotherapie vor allem bei anhaltenden Beschwerden eine gute Möglichkeit ist, um Patienten zu helfen. Allerdings muss nicht jeder eine Psychotherapie absolvieren und Sie müssen auch nicht Ihr gesamtes Leben umwälzen. Vielleicht wollen Sie auch nicht monate- oder jahrelang warten, bis eine entscheidende Verbesserung eintritt. Deshalb werde ich Sie mit jenen Erkenntnissen versorgen, die Sie benötigen, um schneller zu einem Ergebnis zu kommen.

Ich werde Ihnen also viele Hinweise geben, die ein erfahrener Psychotherapeut kennt. Denn es gibt kleine seelische Hebel, die eine große Wirkung haben. Wir wissen dies bereits bei körperlichen Übungen. Schon 3,5 Minuten körperliche Aktivitäten am Tag (zügiges Treppensteigen, das Tragen schwerer Einkäufe oder das Spielen mit dem Hund) verringert das Krebsrisiko um 18%. Bei Lungen- oder Brustkrebs sinkt die Wahrscheinlichkeit zu erkranken sogar um bis zu 32%, wenn wir am Tag 4,5 Minuten körperlich aktiv sind. 4

Solche kleinen, effektiven Hebel gibt es auch zur Veränderung unserer seelischen Stimmung und des Immunsystems. Mehr als ein Dutzend Hebel für eine bessere Gesundheit werde ich Ihnen daher in den nächsten Kapiteln vorstellen, die manchmal ihre Wirkung schnell entfalten, während Sie bei anderen etwas Zeit aufbringen müssen. Aber immer handelt es sich um sehr konkrete, wissenschaftlich geprüfte Vorschläge, die Ihnen helfen können, glücklicher zu werden. Dies wird ungeahnte Kräfte in Ihnen mobilisieren und Sie sind dann in der Lage, sich auch in Krisenzeiten gut um sich selbst zu kümmern und gesünder zu leben.

Schließlich ist es oft der eigentliche Gesundheitskiller, dass wir uns vernachlässigen. Wir achten zu wenig auf uns und arbeiten zu viel. Und wenn es uns nicht gut geht, suchen wir die Wärme der Wohnung und haben nicht den Wunsch, bei schlechtem Wetter raus zu gehen und uns sportlich zu bewegen. Stattdessen schlagen wir uns regelrecht den Bauch voll, weil dadurch einige Glückshormone ausgeschüttet werden. Doch was kurzfristig unsere Stimmung hebt, ist mittelfristig häufig problematisch und langfristig für unseren Körper sogar gefährlich.

Briefträger vor dem Weihnachtsfest

Deshalb ist es ein zentraler Teil der Gesundheitsvorsorge, dass wir uns regelmäßig fragen, wie wir unsere seelische Stimmung verbessern können. Wie wichtig die Seele für die Gesundheit ist, wurde mir bereits im Studium vermittelt. Damals berichtete mein Professor von Briefträgern, die vor Weihnachten nie krank wurden. Sie wussten, dass sie in dieser Zeit geradezu unentbehrlich waren und wurden erst krank, wenn die Seele ihnen dazu ihre Erlaubnis gab. Das ist auch ein Grund, warum so viele Menschen im Urlaub krank werden. Jedenfalls spielt unsere seelische Verfassung eine große Rolle und dies werden Sie auch kennen: Es gibt Tage in Ihrem Leben, wo Sie so viel Lebenslust verspüren, dass Sie vor Krankheiten geschützt sind. Es ist so, als wären Sie von einer unsichtbaren Hülle umgeben, an der alle Viren und Bakterien abprallen. Und es gibt andere Tage, wo Sie merken, dass Sie Krankheiten regelrecht anziehen. Daher will ich Ihnen helfen, Ihre Abwehrkräfte so zu steigern, dass Ihr Körper mit Krankheiten souveräner umgehen kann.

Die Seele als Gesundheitsfaktor

Damit die seelischen Hebel der Gesundheit wirken können, bitte ich Sie allerdings um ein wenig Geduld. Sonst verpuffen die gut gemeinten Ratschläge. Denn wir müssen zunächst einmal klären, warum wir uns manchmal so wenig um unsere emotionale Ausgeglichenheit kümmern. Schließlich liegt das nicht nur an unserer mangelnden Selbstfürsorge. Vielmehr leben wir in einer Umwelt, in der uns ständig suggeriert wird, man müsse nur die richtigen Behandlungen finden und Medikamente nehmen, um gesund zu werden. Das Seelische spielt im Gesundheitssystem eine untergeordnete Rolle. Deshalb geht es Ihnen oft so wie einem Bergsteiger, der in großer Höhe spürt, wie wenig Sauerstoff in der Luft enthalten ist. Ähnlich fühlen wir uns, wenn wir gerade bei komplizierten Krankheiten keine umfassende Unterstützung erfahren, die auch die Dimension des Seelischen enthält.

Ich habe in den letzten 40 Jahren viele Patienten betreut, die eine schwere Erkrankung verkraften mussten und eine gute schulmedizinische Betreuung erhielten. Aber wenn sie wissen wollten, was sie für ihre seelische Stabilität tun könnten, riefen sie eher ihre Freunde an, recherchierten im Internet, lasen die einschlägige Literatur. Und diese Defizite an psychologischer Beratung gibt es auch, wenn Sie unter ganz alltäglichen Krankheiten leiden. Selbst wenn Sie häufiger eine Erkältung kurieren müssen, sollte Sie der Hausarzt nach Ihren aktuellen Belastungen fragen. Er sollte sich vielleicht sogar nach Ihrem Beruf, Ihrer Familie, Ihrem Liebesleben erkundigen. Doch dies werden Sie kaum erleben. Der ärztliche Psychosomatiker Christian Schubert ist daher der Auffassung: Viele Kollegen „… verschanzen sich förmlich hinter dem ausschließlich Körperlichen, als wäre der Patient ein reparaturbedürftiges Auto und der Arzt ein Mechaniker. Von erfolgreicher Medizin kann man hierbei nicht sprechen.“ 5 Das kann man allerdings kaum den Ärzten anlasten. Denn die Vernachlässigung des Seelischen hängt auch mit der Gebührenordnung zusammen, da die ‚sprechende Medizin‘ nur schlecht bezahlt wird.

Seit Jahrzehnten arbeite ich sehr gut mit Ärzten aller Fachrichtungen zusammen, die durchaus ein Gespür dafür besitzen, dass viele Erkrankungen einen seelischen Hintergrund haben. Aber es gibt ein Systemproblem, das Sie sicher auch kennen: Sobald Sie zum Arzt gehen oder in ein Krankenhaus eingeliefert werden, steht vorwiegend Ihr Körper im Mittelpunkt und der Faktor ‚Psychologie‘ spielt eine untergeordnete Rolle. Üblicherweise gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen, die Sie beschäftigen: Es gibt Röntgenbilder, eine Sonographie wird durchgeführt, die Lunge wird abgehört, der Puls wird gemessen und Sie bekommen ein Rezept und verschiedene Anweisungen, an die Sie sich halten sollen. Da Sie sich bei der Ärztin, dem Arzt wohlfühlen und ihrer/seiner Kompetenz vertrauen, sind Sie sehr bemüht, diese Ratschläge in die Tat umzusetzen. Doch leider ergibt sich häufig nicht der gewünschte Erfolg und Sie haben dann den Eindruck, dass die vorliegenden Faktoren der Behandlung noch nicht zielführend sind.

Diese Vermutung ist oft richtig und weist auf eine gravierende Problematik hin. Wir haben 2021 fast 474 Milliarden im Gesundheitswesen ausgegeben und liegen trotzdem in Europa bei der Lebenserwartung der Männer auf Platz 15, bei den Frauen auf Platz 14. Auf dem ersten Platz der Lebenserwartung in der EU lag Spanien 2019 bei den Frauen mit 86,2 Jahren, wo in vielen Krankenhäusern die Apparatemedizin nicht unserem Standard entspricht. 6 Noch bemerkenswerter ist jedoch die Tatsache, dass Japan in der OECD die höchste Lebenserwartung hat, obwohl es bei der Arztdichte nur auf einem hinteren Platz liegt. Deshalb schrieb der Tagesspiegel, dass es bei uns nicht zu wenig, sondern zu viele Ärzte geben würde, die dann viele Diagnosen stellen. 7 Und die AOK (Gesundheitliche Aufklärung) kommt zu dem Ergebnis: „Menschen, die in einem Gebiet mit vielen Ärzten wohnen, verwandeln sich rascher in Patienten, werden häufiger operiert, nehmen mehr nebenwirkungsreiche Medikamente und sterben – im statistischen Durchschnitt – früher!“

Der Mensch als Geheimnis

Wir haben sehr engagierte Ärztinnen und Ärzte, die professionell arbeiten. Deshalb muss man sich fragen: Was läuft hier im Gesundheitssystem falsch? Eines der Probleme unserer Schulmedizin liegt darin, dass sie vorwiegend Behandlungen vornimmt, die sehr körperbezogen sind. Denn in dem Fundament der Schulmedizin ist noch immer die Überzeugung des Philosophen und Arztes La Mettrie zu erkennen, der Mensch sei eine Maschine, die man reparieren kann. Diese mechanische Sichtweise war vor fast 300 Jahren sehr fortschrittlich. Nicht mehr Spekulationen, sondern nur wissenschaftliche Aussagen sollten die Grundlage unseres Handelns sein. Doch inzwischen ist es wichtig, dass wir eine ganzheitliche Sichtweise anstreben, indem wir vor allem den Aspekt der Psychologie einbeziehen. Allerdings ist das eine große Herausforderung, denn die seelischen Faktoren sind häufig regelrecht rätselhaft und mit rein naturwissenschaftlichen Methoden nicht zu erkennen. Daher begreifen wir den Einfluss des Seelischen meist erst dann, wenn wir ausführliche Einzelfallstudien durchführen und uns auf das Abenteuer einer Reise in die Innenwelt einlassen. Doch das erfordert viel Zeit und Verständnis, die man im normalen Gesundheitsbetrieb nicht aufbringt.

Die Erweiterung unseres Blicks

Insofern verstehe ich, dass sich die Schulmedizin so stark durchgesetzt hat. Und wir verdanken ihr durchaus viel. Vor einigen Monaten ging ich in eine Augenklinik und es wurde bei mir eine feuchte Makula diagnostiziert, bei der noch vor zehn Jahren von einer drohenden Erblindung gesprochen wurde. Dank wissenschaftlicher Erforschung und guter Behandlungsmethoden ist dies heute weitgehend heilbar. Ich begrüße es auch sehr, dass es inzwischen viele Bücher gibt, die uns über den menschlichen Körper aufklären. Kürzlich habe ich mit großem Gewinn das Buch ‚Genial Vital‘ von Yael Adler gelesen. Sie vertritt die These, dass man länger jung bleibt, wenn man seinen Körper kennt. Daher beschreibt sie sehr einprägsam, welche Altersbeschleuniger es gibt und wie wir leben müssen, um gesund zu bleiben. Diese Erkenntnisse können lebenswichtig sein. Insofern geht es mir nicht darum, die Schulmedizin zu kritisieren, sondern unseren Blick für andere Behandlungsmethoden zu erweitern. Denn meine jahrzehntelange Erfahrung zeigt mir, dass viele Heilungserfolge nur dann erreicht werden können, wenn wir die Bedeutung des Seelischen berücksichtigen.

Das eigene Leben verstehen

Eine umfassende Gesundheitsvorsorge beinhaltet offenbar, dass Sie nicht nur bei Ernährungsfragen oder Impfungen, sondern auch im eigenen Seelenleben zur Expertin, zum Experten werden. Dann stehen Sie morgens auf und wissen halbwegs, wie es Ihnen geht. Und abends wissen Sie, warum Sie manchmal unruhig waren und ungehalten reagiert haben. Sie kennen sich ganz gut in Ihrem Innenleben aus und kümmern sich darum, dass Sie glücklich und entspannt leben können. Zusätzlich zeigt Ihnen Ihr Körper, wo Sie Ihre Seele noch besser verstehen sollten. Denn der Körper redet, wo die Seele blind ist und schweigt. Ich möchte Ihnen das an zwei Beispielen verdeutlichen.

Anspannungsgefühle und Schlafstörungen

Vor einigen Monaten kam ein Patient zu mir, der unter heftigen Schlafstörungen litt. Man gab ihm Schlafmittel, empfahl ihm Entspannungsübungen, er ging in ein Schlaflabor und man machte sogar MRT-Aufnahmen. Nichts half wirklich. Schließlich kam er zu mir und mir fiel auf, wie unzufrieden er war. Er wollte Musiker werden, unterrichtete aber als Lehrer. Zudem lebte er in einer Partnerschaft, die er als problematisch empfand. Und er war auch mit sich selbst nicht zufrieden. Gemeinsam entwickelten wir daraufhin ein Wunschbild seines Lebens. Das motivierte ihn, vieles zu ändern. Er wurde Musiklehrer und in seiner Partnerschaft lernte er, seine Wünsche zu äußern, so dass er in seinem Privatleben wesentlich zufriedener wurde. Doch vor allem lernte er, mehr auf seine positiven Eigenschaften zu achten. Das Interessante war, dass er nach einigen Monaten viel glücklicher wirkte, seine Anspannungsgefühle gingen zurück und als ich ihn nach seinen Schlafstörungen fragte, stutzte er und meinte, das sei Vergangenheit.

Wunden, die nicht heilen

Nun mag der Zusammenhang zwischen den Schlafstörungen und der Unzufriedenheit des Patienten noch naheliegend sein. Aber oft kommen Patienten/Patientinnen mit einem Krankheitsverlauf zu mir, der ein regelrechtes Rätsel ist. Beispielsweise überwies man mir eine Patientin, deren Wunden nach einer Operation nicht heilen wollten. Sie ernährte sich gut, machte immer Pausen, trank viel Tee und Wasser, versorgte ihre Wunden vorbildlich. Doch obwohl sie alle Vorschriften der Internistin genau einhielt, wurde sie nicht gesund. Schließlich ahnte die Ärztin, dass hier seelische Ursachen vorliegen könnten.

Als die Patientin zu mir kam, begann für uns beide eine komplizierte Sucharbeit, und nach etlichen Therapiestunden wurde uns klar, dass sie unter einem gravierenden Liebeskonflikt litt. Sie sehnte sich sehr nach Liebe, hatte aber gleichzeitig Angst vor zu viel Abhängigkeit. Daher verliebte sie sich oft in verheiratete Männer, bei denen sie unglücklich war. Mir fiel damals der Buchtitel ‚Die Wunde der Ungeliebten‘ ein. Und tatsächlich heilten ihre Wunden erst dann vollständig, als sie ihre Bindungsängste überwinden konnte und eine feste Beziehung einging, in der sie sich mehr geliebt fühlte. Sie ahnen zu Recht, dass dies fast ein Jahr dauerte.

Sie haben also gesehen, wie weitreichend die Bedeutung des Seelischen bei Krankheiten ist. Aber es ist häufig sehr kompliziert, das Seelische zu verstehen. Insofern sind Sie dabei oft auf eine Unterstützung durch Partner oder Freunde angewiesen. Suchen Sie sich daher Menschen, die selbst eine gute Lebensweise realisieren wollen, die auch das Seelische beinhaltet. Und wenn Sie Glück haben, finden Sie sogar Ärzte, die Ihnen dabei helfen. Ich habe hin und wieder solche Ärzte erlebt, die mir auch vermittelten, wie ich geschickt mit einer Erkrankung umgehen könnte. Doch das war eher selten. Vielmehr hörte ich meist, ich solle mehr Wasser und Tee trinken, möglichst wenig Alkohol zu mir nehmen und auf meine Kreislaufwerte achten, die immer niedrig waren.

Das Leben der Hundertjährigen

Offenbar erleben wir fast überall im Gesundheitswesen eine Spaltung von Körper, Seele und Geist und es stellt sich die Frage, wie wir sie überwinden können. Daher will ich hier nicht das Seelische oder das Geistige hervorheben und dabei den Körper vergessen. Um diese Gefahr zu vermeiden, sollte man möglichst das gesamte Leben von Menschen studieren, die gesund sind und lange leben. Es geht dann nicht in erster Linie um Bakterien und Viren, wir richten uns auch nicht nach wissenschaftlichen Ergebnissen, die man mit dem Reagenzglas oder einem Mikroskop gewinnt. Vielmehr interessiert man sich für den Alltag der Menschen. Sinnvoll ist dies vor allem, wenn man das Leben von Hundertjährigen intensiver studiert. Inzwischen gibt es weltweit über eine halbe Million Hundertjährige, von denen wir viel lernen könnten. Sehr interessant ist hierbei das kleine sardinische Dorf Perdasdefogu, in dem besonders viele Hundertjährige leben. Daran erinnert auch die Piazza Longevità (Platz des langen Lebens). Doch was ist das Geheimnis der Langlebigkeit? Der älteste Bewohner in diesem Dorf ist Antonio Brundu und er meint, es habe früher erheblich weniger Stress gegeben als heute. Und Salvatore Mura vom Gemeinderat betont, entscheidend sei vor allem das verlässliche soziale Netz, hier würde man bis zum letzten Tag in der Familie leben und das halte körperlich wie auch seelisch fit.

Interessant ist auch die Biographie des ältesten Menschen der Welt. Jeanne Calment lebte im südfranzösischen Arles und wurde 122 Jahre alt. Sie war die Tochter eines wohlhabenden Schiffbauers, lernte noch als junges Mädchen Vincent van Gogh kennen und war davon überzeugt, dass sie den Altersrekord ihrem steten Lebenswandel, dem Knoblauch und dem Portwein zu verdanken hatte. Und erwähnenswert ist vor allem, dass sie immer neugierig blieb. Mit 85 Jahren fing sie an zu fechten, mit 100 Jahren fuhr sie noch Fahrrad und rauchte, solange sie sich die Zigaretten noch selbst anstecken konnte.

Das Geheimnis von Methusalem

Das Geheimnis eines langen Lebens besteht offenbar vor allem darin, dass wir einen ruhigen Lebenswandel pflegen, wenig Stress haben, möglichst neugierig bleiben und sozial verankert sind. Dazu passt, dass viele der Hochbetagten immer an einem Ort blieben, an dem sie einen starken sozialen Rückhalt hatten.

Allerdings gibt es noch einen weiteren Faktor, der uns jung erhält: Die Arbeit. Das jedenfalls konnten die Wissenschaftler um Chenkai Wu mithilfe von umfangreichen Daten bestätigen. Sie erkannten: Menschen, die länger arbeiten, leben auch länger. Das gilt natürlich insbesondere für Menschen, die keine schwere körperliche Arbeit ausüben. 8

Insofern sind es vor allem seelische Faktoren und es sind die guten Gewohnheiten, die zu einem langen und gesunden Leben beitragen. Dies war die Überzeugung von Fedor Galkin. Er meinte: „Wir zeigen, dass durch psychologische Faktoren wie Unglück oder Einsamkeit ein Jahr und acht Monate zum biologischen Alter hinzukommen.“ 9 Das ist zwar sehr niedrig geschätzt. Aber viele wissenschaftliche Studien weisen nach, dass wir durch seelische Belastungen schneller altern, während uns gelingende soziale Kontakte verjüngen. Diese Meinung vertritt auch der Altersforscher Sven Voelpel. Für ihn sind soziale Kontakte und Interaktionen die entscheidenden Faktoren für ein glückliches und längeres Leben. Schließlich würde vor allem der Austausch mit anderen Menschen dafür sorgen, dass wir jung bleiben.

Die Zwillingsforschung

Nun werden Sie diese Forschungen sicher interessant finden und dennoch die Frage stellen: Was sind Umweltfaktoren und was ist vererbt, so dass ich mich damit abfinden muss? Ich kann Sie beruhigen, denn für die Lebensdauer spielen die Gene eine untergeordnete Rolle. Zwillingsforscher sind überzeugt, dass die Gene nur einen Einfluss von 10 – 15 % für die Gesundheit haben. 10 Etwas vorsichtiger ist die Einschätzung vieler Experten, die davon ausgehen, dass die Gene 30% unserer Gesundheit ausmachen. 70 % aller Krankheiten seien seelisch bedingt oder auf Umwelteinflüsse zurückzuführen, für die wir selbst verantwortlich sind. 11 Dies ist übrigens auch die Erkenntnis der Psychosomatiker, die in den letzten Jahrzehnten intensiv über das Immunsystem geforscht haben. Sie haben erkannt, dass vor allem unser Lebensglück und unsere seelische Stabilität entscheidend für die Gesundheit sind.

Die heutige Psychosomatik hat eine lange Geschichte, die bis in die Zeit des antiken Griechenland zurückreicht. Der Philosoph Demokrit regte sich schon vor 2500 Jahren darüber auf, wie wir mit dem eigenen Körper umgehen. Er ärgerte sich: „Da flehen die Menschen die Götter an um Gesundheit und wissen nicht, dass sie in ihren eigenen Händen liegt. Durch ihre Unmäßigkeit schädigen sie ihre Gesundheit, durch ihre Begierden machen sie sie zuschanden.“ Auch andere Philosophen kritisierten schon damals das Gesundheitssystem. So klagte Platon: „Das ist der größte Fehler bei der Behandlung von Krankheiten, dass es Ärzte für den Körper und Ärzte für die Seele gibt, wo beides doch nicht getrennt werden kann.” Schließlich wusste man schon in der Antike, dass man den Menschen ganzheitlich sehen muss und so war bereits für Hippokrates der Mensch ein Ganzes, ein beseelter Leib. Offenbar gibt es eine umfangreiche Tradition der Psychosomatik, die in neuerer Zeit durch den Arzt Georg Groddeck geprägt wurde, der ab 1885 in Berlin Medizin studierte und später überzeugt war, dass man Menschen behandeln müsse und nicht Krankheiten.