Gormenghast. Band 3 - Mervyn Peake - E-Book

Gormenghast. Band 3 E-Book

Mervyn Peake

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Beschreibung

Schloss Gormenghast beherbergt das alte Geschlecht der Grafen von Groan. Hinter den Mauern geht die Zeit ihren eigenen Gang. Begleitet von rätselhaften Zeremonien pflegen die Schlossbewohner ihre Gewohnheiten. Im dritten Band verlässt Titus das Schloss, um die Welt kennen zu lernen. Mervyn Peakes zeitloses Meisterwerk ist das Vorbild für viele moderne Fantasy-Autoren.

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Seitenzahl: 431

Veröffentlichungsjahr: 2011

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Impressum

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www.klett-cotta.de/hobbitpresse

Hobbit Presse

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Titus Alone« im Verlag Eyre & Spottiswoode, London

© 1959 by Mervyn Peake

Für die deutsche Ausgabe

© 1983/ 2011 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Cover: HildenDesign, München, www.hildendesign.de

Artwork: © Birgit Gitschier, HildenDesign unter Verwendung mehrerer Motive von Shutterstock

Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Printausgabe: ISBN 978-3-608-93923-1

E-Book: ISBN 978-3-608-10182-9

Für Maeve

Vorwortvon Michael Moorcock

Der letzte Lord Groan ist für mich in vielerlei Hinsicht das interessanteste der drei Bücher, die Mervyn Peake über den jungen Grafen von Gormenghast schrieb, auch wenn seine Handlung nicht so packend ist wie jene der ersten beiden. Obwohl es einige Jahre lang für das schwächste gehalten wurde, weil ein verständnisloser Lektor es verunstaltet hatte, während Peake sich in den ersten Stadien der Parkinson-Krankheit befand, erwies es sich in der restaurierten Fassung als weitaus besser, als die Kritiker ursprünglich geurteilt hatten.

Wenn der Autor und Anthologist Langdon Jones, damals Mitherausgeber der Zeitschrift New Worlds, nicht Peakes Originalmanuskript durchgeblättert und deutliche Abweichungen zwischen der geschriebenen und der gedruckten Version gefunden hätte, dann wäre die vorliegende weitaus vollständigere Fassung nie veröffentlicht worden. Jones benötigte fast ein ganzes Jahr, um Text und Manuskript Zeile für Zeile, Seite für Seite zu vergleichen, um den Roman so eng wie möglich an Peakes Urfassung zurückzuführen. Der Lektor hatte eine verwirrende Vielzahl unnötiger Veränderungen eingearbeitet, und nur wenige wären zu der geistigen Anstrengung fähig gewesen, die Jones bei seinem großen Freundschaftsdienst an den Tag legte. Zum Glück wurde er rechtzeitig fertig, sodass seine Version in der endgültigen Ausgabe der Penguin Modern Classics erscheinen konnte, auf der die vorliegende Übersetzung basiert.

In Der letzte Lord Groan versuchte Peake seine Romanfigur und Erzählweise aus der hermetischen Fantasy-Welt, die er in Das Schloss und Der junge Titus erschaffen hatte, herauszuführen und sie nicht nur mit Fragen der Identität, der Zeit und des menschlichen Miteinanders zu konfrontieren, sondern auch mit den Problemen der Moderne und sogar der Postmoderne. Es geht um die Probleme der Welt, die aus einem schrecklichen und beispiellosen Konflikt hervorgegangen war und sich mit dem Kalten Krieg, Atomwaffen und neuen Formen autoritärer Diktaturen, die wie Unkraut aus den Ruinen der Alten Welt wucherten, auseinandersetzen musste. Als Peake diesem Pfad folgte, erkannte er die Grenzen der Form, die er auf eine so geniale Weise entwickelt hatte, und suchte bewusst nach einem Mittel, sie zu erweitern, um seinen Protagonisten dem 20. Jahrhundert im Allgemeinen und dessen zweiter Hälfte im Besonderen auszusetzen. Peake orientierte sich stets instinktiv an der Wirklichkeit, wenn nicht gar am Realismus, wie er damals verstanden wurde. In dieser Hinsicht war er vielleicht der allererste englische „magische Realist“ und eine Inspiration für die sogenannte New-Worlds-Gruppe, die ihn, Boris Vian, Franz Kaf ka, Jorge Luis Borges und William Burroughs als Vorbilder betrachtete. Ihm lag daran die phantastische Literatur von dem nostalgischen Eskapismus und der Besessenheit vom Übernatürlichen zu befreien und auf eine Darstellung der gewöhnlichen Psyche und zwiespältigen Erfahrung hinzulenken.

Als ich Peake zum ersten Mal traf, war er gerade dabei, diesem Buch den letzten Schliff zu geben. Er und seine Frau Maeve waren wegen der rätselhaften Symptome beunruhigt, die erst nach seinem Tod richtig identifiziert werden sollten. Er hatte bereits sein Bühnenstück The Cave geschrieben, welches das Thema Atomkrieg aufgreift, und festgestellt, dass die Mehrheit der Menschen jener Zeit sich nicht mit diesen Fragen beschäftigen wollte, und schon gar nicht in der von ihm gewählten Form. Er war wegen des mangelnden Interesses der breiten Öffentlichkeit an seinem Werk deprimiert und enttäuscht. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt jedoch noch keine Vorstellung davon, was er durchmachte. An jenem Nachmittag und im Verlauf vieler weiterer schenkte er mir viel zu viel von seiner Zeit, und ich war ihm für seine liebenswürdige Großzügigkeit überaus dankbar. Diese Großzügigkeit sollte sich als seine beständigste Tugend erweisen. Ich glaube auch, dass sie es war, die ihm dabei half, seine großartigen Titus-Groan-Romane zu verfassen – in dem Wunsch, seinen Lesern alles zu geben, was er sich vorstellen und beschreiben konnte.

So wie die früheren Bände von Steerpike dominiert wurden, jener Verkörperung des Zorns gegen das Establishment, der sogar dann, wenn er am bösartigsten agiert, unser Verständnis, wenn nicht unser Mitgefühl gewinnt, wird Der letzte Lord Groan von Muzzlehatch beherrscht, Titus’ geheimnisvollem, halbverrückten Mentor und Führer in der Welt jenseits der Mauern von Gormenghast. Die Spannweite an komischen und grotesken Figuren ist hier nicht ganz so groß, aber es gibt durchaus eine weitere Schar wundervoll unterschiedlicher Frauen – Juno, die zu einer Art Beschützerin wird, die Schwarze Rose und Cheetah, die verruchte Tochter eines reichen Industriellen. Titus beginnt hier eine größere Rolle zu spielen, als die vorher im Vergleich zu Steerpike unschuldige und einfältige Figur. Dies ist viel mehr noch Titus’ Buch als die Vorgängerbände.

Einige Leser waren anfangs darüber enttäuscht, in Der letzte Lord Groan kein neues Gormenghast zu finden, und vermissten die klaustrophobische Atmosphäre des Schlosses. Muzzlehatchs dröhnendes Monstrum von einem Wagen, die Erwähnung von Hubschraubern, moderne Erfindungen, die deutlichen Anspielungen auf das Konzentrationslager Bergen-Belsen (das Peake persönlich besichtigt hatte, als er als Kriegsmaler dorthin geschickt wurde, um es zu dokumentieren) waren keinesfalls das, was sie sich erhofft hatten. Einige von uns begrüßten jedoch diese Weiterentwicklungen ebenso wie die Fortführung des Absurden, das vielleicht am besten in der Gerichtsszene zur Geltung kommt, in der Titus das Schicksal seines Vaters enthüllt. Dies zeigt, dass Peakes Werk in der großen Tradition von Laurence Sterne, Thomas Peacock, Lewis Carroll, Edward Lear und Ronald Firbank steht, derselben Tradition, die seine Nonsensgedichte durchdringt und die in vielen seiner Zeichnungen aufscheint, zum Beispiel in seinen Illustrationen zu den Märchen der Gebrüder Grimm und in den erst kürzlich veröffentlichten Sunday Books.

Peake war nicht in der Lage, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen, und es ist ein Merkmal seines Genies, dass er seinen Spielraum als Dichter, Zeichner und Romancier ständig erweiterte, sogar dann noch, als die schreckliche Krankheit Besitz von ihm ergriff.

Ich traf Peake in jenen Jahren regelmäßig und war verblüfft, wie selten ihn seine geistigen Fähigkeiten im Stich ließen, auch wenn sein Erinnerungsvermögen nach und nach versagte. Ich erinnere mich daran, wie ich die Coverentwürfe seines Buches mit ins Krankenhaus nahm, um sie ihm zu zeigen, obwohl ich wusste, dass er sein Gedächtnis fast vollständig verloren hatte. Er erkannte seine eigene Arbeit nicht wieder, aber er spürte sehr wohl, dass seine Frau Maeve bekümmert war. Augenscheinlich bemüht, sie aufzuheitern, stand er unsicher auf und versuchte sie zu umarmen. Dies ist die deutlichste Erinnerung, die ich an seine letzten Tage habe – wie er sich seiner geliebten Frau zuwandte und sie zu trösten versuchte, während er seinem eigenen Werk keine Beachtung mehr schenkte. Dies bleibt einer der bewegendsten und bedeutendsten Momente meines Lebens und war für sein großmütiges Wesen typisch. Sein Intellekt hatte ihn fast vollständig im Stich gelassen, doch sein Herz, das anderen Menschen zugewandt war, schlug so wie immer.

So wie es ewig weiterschlagen wird – hier und in all seinen wunderbar vielfältigen Werken.

Michael Moorcock,

Lost Pines, Texas.

November 2010

Eins

b Norden, Süden, Osten oder Westen, wie er sich auch drehte, es dauerte nicht lange, bis die vertraute Landschaft verschwand. Verschwunden war die Umrisslinie seiner bergigen Heimat. Verschwunden die zerrissene Welt der Türme. Verschwunden die Flechten; verschwunden der schwarze Efeu. Verschwunden das Labyrinth, das seine Träume speiste. Verschwunden das Ritual, sein Mark und Fluch. Verschwunden die Kindheit.

Verschwunden.

Jetzt war es nur mehr eine Erinnerung; ein Murmeln der Gezeiten; ein Tagtraum oder der Laut eines im Schloss sich drehenden Schlüssels.

Von den Goldküsten zu den Eisklippen: durch Regionen schenkeltief in üppigem Staub: durch Lande so hart wie Metall – er zog seinen Weg. Manchmal waren seine Schritte lautlos. Manchmal erklangen sie auf Stein. Zuweilen beobachtete ihn ein Adler aus seinem Felsenhorst. Zuweilen ein Lamm.

Wo ist er nun? Titus, der Ketzer? Komm aus den Schatten, Verräter, und stell dich auf die wilde Klippe meines Hirns!

Er kann nicht wissen, wo immer er auch sein mag, dass durch die wurmzerfressenen Türen und zerbröckelnden Mauern, durch zerbrochene Fenster, die, weich vor Fäulnis, gähnen, ein Sturm in Gormenghast eindringt. Er fegt über die Steine, wühlt den düsteren Burggraben auf, schiebt die langen Balken aus den mürben Verstrebungen, und wie er heult!

Er kann nicht wissen, wie mit jedem verstreichenden Augenblick seine Heimstatt vielfältig reagiert.

Ein Schaukelpferd, von Spinnweben gesäumt, wiegt sich einsam auf einem zugigen Dachboden.

Er kann nicht wissen, als er den Kopf wendet, dass drei Bataillone schwarzer Ameisen in Schlachtordnung wie Schatten über die Buchrücken einer großen Bibliothek ziehen.

Hat er vergessen, wo die Brustpanzer brennen wie Blut unter den Lidern und riesige Kuppeln unter dem Husten einer Ratte erzittern?

Er weiß nur, dass er jenseits des Horizonts etwas Unmäßiges, etwas Rohes, etwas Zärtliches, etwas Halbwirkliches, einen Halbtraum, sein halbes Herz, sein halbes Selbst zurückgelassen hat.

Und die ganze Zeit über das ferne Lachen von Hyänen.

Zwei

ufschluchzend sank die Sonne, und Dunkelheit watete von allen Horizonten herein, so dass sich der Himmel zusammenzog und kein Licht mehr in der Welt herrschte, und in genau diesem Augenblick der Auslöschung segelte der Mond, als habe er nur auf sein Stichwort gewartet, den Nachthimmel herauf.

Der junge Titus, kaum wissend, was er tat, befestigte sein kleines Boot an dem Ast eines Uferbaums und stolperte an Land. Die Flussufer rauschten vor Binsen, eine große Armee, deren vergiftendes Flüstern an Unzufriedenheit denken ließ, und mit diesem Laut in den Ohren schleppte er sich durch die Gräser, wobei die Füße knöcheltief im Morast versanken.

Ihm schwebte vage vor, sich den ansteigenden Boden zunutze zu machen, der sich am rechten Ufer hinauf quälte, und den nächstgelegenen Hügel zu erklimmen, um ein Bild dessen zu gewinnen, was vor ihm lag, denn er hatte sich verirrt.

Aber als er durch die dichte Vegetation einen Weg bergauf gefunden und zu jenem Zeitpunkt bereits ein paar Missgeschicke erlitten hatte, die zusätzliche, lange Risse in seinen Kleidern hinterließen, so dass es wunderlich schien, wie sie überhaupt noch zusammenhielten – zu jenem Zeitpunkt fand er sich zwar auf der Kuppe eines stumpfen Grashügels, hatte aber keine Augen mehr für die Landschaft, sondern fiel am Fuß eines vermeintlich schwankenden Felsbrockens zu Boden, aber es war Titus, der schwankte und erschöpft vor Anstrengung und Hunger niederfiel.

Dort lag er, zusammengerollt und verletzlich in seinem Schlaf, aber auch genauso liebenswert wie alle Schläfer aufgrund ihrer Hilflosigkeit: die Arme weit von sich gestreckt, den Kopf in einem sonderbaren Winkel zum Körper, der das Herz rührt.

Aber die Klugen verschenken ihr Mitgefühl nur vorsichtig, denn Schlaf kann wie Schnee auf einem rauhen Felsen sein und beim ersten Sonnenstrahl der Empfindung fortschmelzen.

So war es auch mit Titus. Als er sich umdrehte, um den kribbelnden Arm zu bewegen, sah er den Mond, und er hasste ihn, hasste die gemeine Heuchelei des Lichts, hasste das einfältige Gesicht, hasste es mit einem so echten Ekel, dass er ausspuckte und »Lügner!« schrie.

Und dann ertönte wieder, nicht mehr so weit entfernt, das Lachen der Hyäne.

Drei

ine Spanne entfernt von Titus’ Fuß spiegelten sich die Mondstrahlen auf dem glänzenden Rücken eines winzigen Wappenkäfers. Sein Schatten, dreimal so lang wie er selbst, glitt an einem Kieselstein entlang und erkletterte einen Grashalm.

Titus hockte sich auf die Knie, und die Nachwehen eines Traums blieben wie Reue, wenn er sich auch an nichts erinnern konnte, außer dass es wieder Gormenghast gewesen war. Er nahm einen Stock und begann mit dessen Spitze im Staub zu malen, und das Mondlicht war so strahlend, dass jede gezogene Linie wie ein schmaler, tintengefüllter Graben wirkte.

Als er sah, dass er eine Art Turm gezeichnet hatte, tastete er automatisch in seiner Tasche nach dem kleinen Feuerstein, den er bei sich trug, als wolle er sich beweisen, dass seine Jugend wahr gewesen und der Pulverturm aus Feuerstein immer noch ebenso stand wie vor Jahrhunderten und alles übrige Mauerwerk seiner uralten Heimstatt überragte.

Er hob den Kopf, und sein Blick wanderte zum ersten Mal über alles unmittelbar vor ihm Liegende, wanderte in nördlicher Richtung über die langen, phosphoreszierenden Hänge mit Eichen und Stechpalmen, bis er auf einer Stadt zu ruhen kam.

Es war eine schlafende und totenstille Stadt in der Leere der Nacht, und Titus stand auf und zitterte, als er sie sah, nicht nur vor Kälte, sondern vor Erstaunen, dass die ganze Zeit, als er geschlafen und die Spuren in den Staub gezeichnet und den Käfer beobachtet hatte, diese Stadt dort gewesen sein sollte und nur eine Kopfdrehung seine Augen mit Kuppeln und Silbertürmen, mit schimmernden Elendsvierteln, Parks und Bögen und einem geschlängelten Fluss gefüllt hätte. Und das alles auf den Flanken eines großen Berges, mit Wäldern silbriggrau behaart.

Aber als er so auf die hohen Hänge der Stadt starrte, waren seine Gefühle nicht die eines Kindes oder Jugendlichen noch die eines Erwachsenen mit romantischer Ader. Seine Reaktionen waren nicht mehr schlicht und klar, denn er hatte viel durchgemacht, seit er dem Ritual entkam, und er war weder Kind noch Jugendlicher, sondern aufgrund seines Wissens über Tragödie, über Gewalt und aufgrund des Gefühls seines eigenen Verrats mehr als all dies, wenn auch immer noch weniger als ein Mann.

Als er dort kniete, wirkte er unendlich verloren. Verloren in der hellen, grauen Nacht. Verloren in seiner Trennung. Verloren in einem Teil des Raums, in dem die Stadt wie ein Einzeller lag, seiner Bindekraft sicher, ein großes, mondgebadetes Wesen, das in seinem Schlaf pulsierte, als hätte es nur ein einziges Herz.

Vier

itus stand auf und begann zu gehen, nicht über die Hügel in Richtung auf die Stadt, sondern einen tiefen Abhang hinab auf den Fluss zu, wo sein Boot vertäut lag, und dort im Dunkel der nassen Binsen fand er es am Ufer angebunden und wispernd.

Aber als er sich bückte, um die Bugleine zu lösen, traten zwei Gestalten aus dem hohen Schilf, und wie ein Vorhang fielen die Binsen hinter ihnen wieder zu. Das plötzliche Auftauchen der beiden Männer ließ sein Herz zusammenzucken, und noch ehe er wusste, was er tat, hatte er einen langen Satz rückwärts getan und war im nächsten Moment in sein Boot gefallen, das sich auf bäumte und schaukelte, als wolle es ihn hinauswerfen.

Sie trugen eine Art militärische Uniform, diese beiden, wenn es auch schwierig war, zu erkennen, wie sie genau aussah, denn Köpfe und Körper waren von den Schatten der Binsen gestreift und mit Mondflecken übersät. Einer der Köpfe war in helles Mondlicht getaucht, abgesehen von einem dicken Streifen über der Stirn und einem Auge, welches im Dunkel ertrunken war, über den Wangenknochen und dem langen Kinn des Mannes.

Die andere Gestalt hatte überhaupt kein Gesicht; es war Teil der alles auslöschenden Dunkelheit. Aber seine Brust brannte unter einem lindgrünen Tuch, und ein Fuß wirkte wie ein Ding aus Phosphor.

Als sie sahen, wie sich Titus mit dem langen Ruder abmühte, gaben sie keinen Laut von sich, sondern traten sogleich und ohne das geringste Zögern ins Wasser und wateten so tief hinein, bis nur noch die gefiederten Helme über der Oberfläche des lichtlosen Wassers verblieben; und diese Köpfe erschienen Titus auch in der Hektik seiner Flucht wie abgetrennt auf dem Wasser zu schweben, als könne man sie hin- und hergleiten lassen wie Könige und Springer auf einem Schachbrett

Das war nicht das erste Mal, dass jemand sich Titus unvermittelt in einer augenscheinlich verlassenen Gegend näherte. Er war zuvor entkommen, und jetzt, als sein Boot über das Wasser tanzte, erinnerte er sich, dass es immer gleich ablief – das plötzliche Auftauchen, der fliehende Sprung und die sonderbare nachfolgende Stille, wenn seine Verfolger in der Ferne kleiner wurden, um zu verschwinden … aber nicht auf immer.

Fünf

r hatte, als er in der hellen, grauen Luft schlief, eine Stadt gesehen, und er verwarf die Erinnerungen an seine verlassene Heimat, seine Mutter und den Schrei eines Fliehenden im Herzen, und trotz all seines Hungers und der Erschöpfung grinste er, denn er war so jung, wie man mit zwanzig Jahren nur sein kann, und so alt, wie es gerade eben möglich war.

Er grinste wieder, glitt aber gleichzeitig aus, und ohne zu merken, was geschah, fiel er in totenähnlicher Ohnmacht auf die Seite, und sein Grinsen wurde verschwommen und löste sich von seinen Lippen, und das Ruder entfiel seiner Hand.

Sechs

om größten Teil der Nacht wusste er nichts; nichts da von, wie sein kleines Boot trieb und sich drehte; nichts von der auf ihn zugleitenden Stadt. Nichts von den großen Bäumen, die den Fluss zu beiden Seiten säumten, mit den marmornen Wurzeln, die sich halb ins Wasser schlängelten und nass im Mondlicht glänzten, nichts davon, wie im Halbdunkel ein Buckliger da, wo abschüssige Stufen zum Fluss hinführen, auf hörte, sein elendes Netz zu entwirren, und als er sah, wie ein scheinbar leeres Boot, Heck voraus, auf ihn zuhielt, spritzte er durch das Wasser und griff nach der Rudergabel, blickte dann erstaunt auf den Jungen und zerrte ihn aus der mondhellen Wiege, so dass das Boot allein weiter den Fluss hinabsauste.

Titus wusste von alldem nichts, noch, wie der Mann, der ihn gerettet hatte, den zerlumpten Vagabunden auf den abschüssigen Stufen anstarrte, denn dort hatte er das Bündel Erschöpfung abgelegt.

Hätte der Alte den Kopf gesenkt, um zu lauschen, hätte er vielleicht ein fernes Geräusch gehört und das Zittern auf Titus’ Lippen gesehen, denn der Junge murmelte bei sich:

»Wach auf, du blutige Stadt … läute die Glocken!

Ich bin unterwegs, dich zu verschlingen!«

Sieben

ie Stadt begann in der Tat, sich im Schlaf zu regen, und aus dem Halbdunkel tauchten erste Gestalten an den Ufern auf, einige zu Fuß, die Arme wegen der Kälte um sich geschlungen, andere in holprigen Eselskarren. Die großen Tiere blähten in der scharfen Luft die Nüstern, und die groben Knochen spannten das rauhe Fell über Hüften und Schultern; die Augen böse, der Atem sauer.

Und dann gab es welche, zum größten Teil Alte und Ausgebrannte, die sich aus den Schatten entwickelten wie aus Dunkelheit gesponnene Wesen. Sie machten sich in Schubkarren auf den Weg zum Fluss, geschoben von den Söhnen und den Söhnen ihrer Söhne, oder in Handwagen oder in Eselskarren. Alle mit Netzen oder Angeln, und die Räder rasselten über das Kopfsteinpflaster der Uferstraße, während sich die Dämmerung reckte, und unter Kreischen tauchte ein langes, schattenhaftes Automobil aus der Düsternis auf. Die Motorhaube war blutfarben. Das Kühlwasser kochte. Es schnaubte wie ein Pferd und schüttelte sich, als sei es lebendig.

Der Fahrer, ein großer, hagerer, rudernasiger Mann mit kantigem Kinn und langen muskulösen Gliedern, schien sich des Zustands des Automobils nicht bewusst, noch der Gefahr, in der er oder die Ansammlung von Gestalten sich befanden, die ineinander verknäult mit ihren Netzen im vergammelten ›Heck‹ der mürben Maschine lagen.

Er lag eher, anstatt zu sitzen, den Kopf tiefer als die Knie, die Füße faul auf Kupplung und Bremse, und dann, als sei das Schnauben eines fernen Esels sein Stichwort, rollte er vom Fahrersitz und kam neben dem zischenden Automobil auf die Beine, wo er sich ausstreckte, die Arme dabei weit von sich reckend, so dass er einen Moment wie ein Orakel wirkte, das dem Mond und der Sonne ihre Richtungen anwies.

Warum er sich so oft bemühte, sein Automobil in der Morgendämmerung zu den Flusstreppen zu bringen und so jedem Bettler, dem es gefiel, in das schimmelige Heck zu klettern, einen Gefallen zu tun, ist nicht leicht zu ergründen, denn er war vornehmlich ein Mann mit wenig Mitgefühl, ein gewalttätiger, ein unverschämter und liebloser Mensch, der niemanden neben sich auf den Vordersitzen duldete, außer zuweilen einen alten Pavian.

Angeln tat er auch nicht. Noch verspürte er irgendein Bedürfnis, den Sonnenaufgang zu betrachten. Er ragte lediglich in den nachtalten Schatten auf und zündete sich eine alte, schwarze Pfeife an, während die Frierenden und Hungrigen dem Fluss zuströmten, eine dunkle Masse, und der erste Blutfleck am Horizont auftauchte.

Und als er an diesem besonderen Morgen so dastand, die Arme in die Hüften gestemmt, und zuschaute, wie die Boote hinausgeschoben wurden und dunkle Gischt sich vor den stumpfen Bugen teilte, sah er auf den Stufen den Buckligen, vor dem der Junge ausgestreckt lag.

Acht

er alte Bucklige wusste offensichtlich überhaupt nicht, was er mit diesem plötzlichen Besucher aus dem Nichts anfangen sollte. So wie er allerdings Titus umklammert und aus dem treibenden Boot geschleppt hatte, mochte man vielleicht denken, dass er trotz seines Alters ein Mann von großer Schlagfertigkeit und Tatkraft war. Aber nein. Was er getan hatte, erstaunte auf immer in späteren Zeiten sowohl ihn als auch seine Freunde, denn sie kannten ihn als unbeholfen und dumm. Und so kniete er, seinem Typus eher entsprechend, als die Gefahr vorüber war, neben Titus und starrte ihn hilflos an.

Man hatte weiter stromabwärts Fackeln angezündet, und der Fluss erstrahlte rosig unter den Lichtspiegelungen. Die Kormorane, die man aus den Arbeitskörben befreit hatte, glitten ins Wasser und tauchten unter. Ein Maultier, vor dem Fackellicht nur ein Umriss, hob den Kopf und bleckte die ekelerregenden Zähne.

Muzzlehatch, der Wagenbesitzer, war hinüber zu dem Buckligen und dem Jungen gegangen und beugte sich nun über Titus, weder aus Sorge noch Anteilnahme, wie es schien, sondern mit augenscheinlicher Teilnahmslosigkeit – stolz, selbst angesichts der misslichen Lage eines anderen.

»In die Kutsche damit«, murmelte er. »Keine Ahnung, was es ist, aber es hat einen Puls.«

Muzzlehatch nahm Daumen und Finger von Titus’ Handgelenk und deutete mit einem dicken Zeigefinger auf das lange, vibrierende Automobil.

Zwei Bettler schoben sich durch die Menge, die nun den am Boden liegenden Titus umringte, stießen den Alten aus dem Weg und hoben den jungen Grafen von Gormenghast, eine ebenso zerlumpte Gestalt wie sie selbst, hoch, als sei er ein Sack Kies, schlurften mit ihm zum Automobil und legten ihn ins Heck dieses nicht beschreibbaren Vehikels – dieses Chaos aus schimmeligem Leder, feuchtem Laub, alten Käfigen, zerbrochenen Federn, Rost und allgemeinem Elend.

Muzzlehatch folgte ihnen mit langen, langsamen, arroganten Schritten und war halbwegs bei seinem diabolischen Automobil angekommen, als sich am Himmel eine Haut Dunkelheit bewegte und der scharlachrote Rand einer gigantischen Sonne sich den Weg wie mit einem Rasiermesser freischnitt, und sogleich waren die Boote und ihre Besatzungen und die Kormoranjäger und die flaschenhälsigen Vögel und das Schilf und das schlammige Ufer und die Maultiere und die Wagen und die Netze und die Speere und der Fluss selbst flammengefleckt.

Aber Muzzlehatch hatte für all dies kein Auge, und das war für Titus nur gut so, denn als er den Kopf von diesem Tagesanbruch abwandte, als sei dieser genauso interessant wie ein alter Socken, sah er beim Licht, welches dieser ausstrahlte, zwei Männer rasch und geschmeidig herankommen, Helme auf den identischen Köpfen und Pergamentrollen in den Händen.

Muzzlehatch zog die Brauen hoch, so dass seine ziemlich niedrige Stirn so zerfurcht wurde wie das schrumpelige Leder auf den Rücksitzen seines Wagens. Er wandte den Blick zu seiner Maschine, als wolle er beurteilen, wie weit entfernt diese stand, und schritt weiter, wobei sich sein Schritt kaum merklich verlängerte.

Die beiden sich nähernden Männer schienen eher zu gleiten als zu gehen, so geschmeidig bewegten sie sich, und die am kopfsteingepflasterten Ufer zurückgebliebenen Fischer wichen zurück, als sie sich näherten, denn sie gingen unbeirrt auf die Stelle zu, wo Titus lag.

Wie sie wissen konnten, dass er in dem Wagen lag, ist nur schwer zu ergründen, aber sie wussten es sicher, und mit gespenstischer Zielstrebigkeit und mit ihren in den Morgensonnenstrahlen glänzenden Helmen hielten sie direkt auf ihn zu.

Neun

enau da richtete sich Titus auf und hob das Gesicht aus den Armen, und er sah nichts außer dem rosigen Morgenhimmel über sich und ein paar schwach leuchtende, verstreute Sterne.

Was nützten sie ihm? Sein Magen schrie vor Hunger, und er zitterte vor Kälte. Er stützte sich auf einen Ellbogen und befeuchtete die Lippen. Wie Tang klebten die nassen Kleider an seinem Körper. Langsam zwang sich der saure Geruch des schimmelnden Leders in sein Bewusstsein, und dann starrte er, als wolle er sich eine Abwechslung gönnen, in das Gesicht eines großen, rudernasigen Mannes, der im nächsten Augenblick auf den Fahrersitz gesprungen war, wo er in fast horizontale Position glitt. In diesem Winkel liegend begann er eine Reihe von Knöpfen zu drücken, von denen ein jeder als Reaktion auf die drückenden Finger dazu beitrug, einen Tumult zu erzeugen, der ziemlich übel gegen seine Trommelfelle dröhnte. Auf dem Höhepunkt dieser Kakophonie krachte eine Fehlzündung, dass sich ein Hund vier Meilen entfernt im Schlaf herumdrehte, und dann schüttelte sich das wilde Ding mit einem Aufbäumen der Motorhaube, die sich hob und unter metallischem Krachen niedersauste, als sei sie bereit zur Selbstvernichtung, brüllte auf und sprang hinein in die gewundenen Gässchen, die immer noch schwarzglänzend in Nachtschatten lagen.

Straße auf Straße flog an ihnen vorbei, als sie durch die erwachende Stadt rasten; flog auf sie zu und zerbrach vor der bugartigen Motorhaube. Die Straßen, die Häuser huschten an beiden Seiten vorbei, und Titus, der sich an einen alten Messinggriff klammerte, keuchte unter der Luft, die seine Lungen wie Eiswasser durchrann.

Das war alles, was Titus tun konnte, um sich davon zu überzeugen, dass dieses ungestüme Vehikel in der Tat gefahren wurde, denn vom Fahrer selbst konnte er nichts sehen. Es schien, als habe der Wagen eine eigene Existenz und treffe eigene Entscheidungen. Was Titus aber sehen konnte, war, dass dieser Fremde, der ihn fuhr (wenn er auch nicht wusste, warum und wohin), anstelle eines normalen Maskottchens auf dem Messingdeckel des Kühlers den sonnengebleichten Schädel eines Krokodils befestigt hatte. Die kalte Luft pfiff durch dessen Zähne, und die lange Kuppe des Schädels errötete im Sonnenaufgang.

Denn nun hatte sich die Sonne über den Horizont erhoben und stieg höher, während die Welt vorbeiraste, so dass sich Titus nun zum ersten Mal des Charakters der Stadt bewusst wurde, in die er wie ein welkes Blatt getrieben war.

An seinen Ohren rauschte eine Stimme vorbei: »Festhalten, Kümmerling!«, und der Laut flog fort in die kalte Luft, während das Automobil in eine schwindelerregende Kurve fegte, noch einmal und noch einmal, und Mauern stiegen vor ihnen auf, nur um in einer hohen Flut aus Stein wieder fortzuströmen, und dann tauchten sie schließlich unter einen niedrigen Bogen, und der Wagen wendete, langsamer werdend, und kam in einem ummauerten Hof zum Stillstand.

Der Hof war kopfsteingepflastert, und zwischen den Steinen wucherte Gras.

Zehn

n drei Seiten des Hofes blendeten die Mauern eines massigen Steingebäudes den Sonnenaufgang aus, außer an einer Stelle, wo die schrägen Strahlen durch ein hohes Ostfenster einfielen und aus einem noch höheren Westfenster wieder hinaus, um ihre Reise in einem Strahlenteich auf einem kalten Schieferdach zu beenden.

Sich seiner Umgebung und der gewaltigen Länge seines Schattens nicht bewusst, nicht wissend, dass die schmale kleine Brust im Sonnenaufgang glühte, pickte ein Spatz an seinem gefärbten Flügel. Es war, als sei ein sich kratzender Bengel, vertieft in sein Tun, seliggesprochen worden.

Inzwischen war Muzzlehatch vom Fahrersitz gerollt und hatte das Automobil wie ein Tier an den Maulbeerbaum in der Mitte des Hofes gebunden.

Dann schlängelte er sich mit langen, lässigen, lockeren Schritten auf eine dunkle Nordwestecke zu und pfiff dabei mit der durchdringenden Schrillheit einer Dampflok zwischen den Zähnen. In einem Fenster oberhalb seines Kopfes erschien ein Gesicht. Dann noch eines. Und noch eines. Man hörte ein lautes Poltern von Schritten auf Treppen und das Klingeln einer Glocke, neben diesen Lauten ein weiteres Geräusch, dauerhafter und vielfältiger, das an Vögel und anderes Getier denken ließ, an Heulen, Husten und Schreien, auch eine Art Kreischen, aber alles in der Ferne und abgehoben vom Vordergrundgeräusch der lauten Schritte auf Stufen und dem Klingeln einer nahen Glocke.

Und dann stürmte aus den Schatten, die wie schwarzes Wasser von den Mauern des großen Gebäudes hingen, eine Gruppe Diener aus dem Haus und auf den Herrn zu, der zu seinem Wagen zurückgekehrt war.

Titus richtete sich auf, das Gesicht verkniffen, und als er so vor dem riesigen Muzzlehatch saß, wurde er ohne nachzudenken, ohne zu wissen, warum, sinnlos wütend, denn vor seinem inneren Auge schwebte eine andere Zeit, als er trotz all der Schrecken und des Aufruhrs und der wiederholten Idiotie seiner unsterblichen Heimat Herr einer Domäne aus eigenem Recht gewesen war.

Hunger brannte in seinem Magen, doch er spürte ein anderes Brennen, das Herzbrennen des Deplatzierten, des Unerkannten, des Nichtanerkannten.

Warum wussten sie nichts von ihm? Welches Recht hatte irgendein Mensch, ihn anzufassen? Ihn auf vier schimmeligen Rädern fortzuschleppen? Ihn zu entführen und in einen Hof zu zwingen? Sich über ihn zu beugen und ihn mit erhobenen Brauen anzustarren? Welches Recht hatte irgendjemand, ihn zu retten? Er war kein Kind mehr! Er hatte Schrecken gekannt. Er hatte gekämpft, und er hatte getötet. Er hatte seine Schwester und seinen Vater verloren und den langen Menschen Flay, loyal wie die Steine Gormenghasts. Und er hatte einen Elf in den Armen gehalten und gesehen, wie er von einem Blitz in Asche verwandelt wurde, als der Himmel zusammenstürzte und der Welt schwindelte. Er war kein Kind mehr … kein Kind … überhaupt kein Kind mehr, und zitternd erhob er sich auf die Füße, stand schwankend vor Schwäche da und schleuderte seine Faust in Muzzlehatchs Gesicht – ein riesiges Gesicht, das sich vor ihm aufzulösen schien, um sich wieder neu zu bilden … nur, um sich wieder aufzulösen …

Seine Faust wurde von der breiträumigen Pranke des Rudernasigen aufgefangen, der seinen Dienern bedeutete, Titus in einen niedrigen Raum zu tragen, der vom Boden bis zur Decke mit Glaskästen behangen war, wo Tausende Motten, wunderschön auf Korkplatten aufgespießt, ihre Flügel in einer großartigen Geste der Kreuzigung ausbreiteten.

In diesem Zimmer gab man Titus eine Schale Suppe, die er in seiner Schwäche immer wieder verschüttete, bis man ihm den Löffel abnahm, und ein kleiner Mann, dem ein Stück Ohr fehlte, fütterte ihn fürsorglich, während er halb zurückgelehnt in einem länglichen Korbstuhl saß. Noch ehe er die Suppe halb gegessen hatte, fiel er zurück in die Kissen und war innerhalb des nächsten Augenblicks in die Leere eines tiefen Schlafs gesunken.

Elf

ls er erwachte, war das Zimmer voller Licht. Bis zum Kinn war er in eine Decke gehüllt. Auf einem Fass neben ihm lag sein einziger Besitz, ein eiförmiger Steinsplitter vom Pulverturm von Gormenghast.

Der Schlitzohrige trat ein.

»Hallo, junger Bengel«, sagte er. »Bist du wach?«

Titus nickte.

»Habe noch nie eine Vogelscheuche gesehen, die so lange schlief.«

»Wie lange denn?«, fragte Titus und stützte sich auf einen Ellbogen.

»Neunzehn Stunden«, antwortete der Mann. »Hier ist dein Frühstück.« Er stellte das vollbeladene Tablett neben dem Sofa ab und drehte sich um, blieb aber an der Tür stehen.

»Wie heißt du, Junge?«, fragte er.

»Titus Groan.«

»Und wo kommst du her?«

»Gormenghast.«

»Das ist das Wort. Genau das ist das Wort. ›Gormenghast‹. Das hast du bestimmt zwanzigmal gesagt.«

»Was? Im Schlaf?«

»Im Schlaf. Immer und immer wieder. Wo liegt das, Junge? Dieser Ort? Dieses Gormenghast?«

»Ich weiß es nicht«, erwiderte Titus.

»Ach«, meinte der kleine Mann, dem ein Stück Ohr fehlte, und er blinzelte Titus schräg unter den Lidern her zu. »Das weißt du also nicht? Das ist aber komisch. Aber iss erstmal dein Frühstück. Du musst hohl wie eine Kesselpauke sein.«

Titus setzte sich auf und begann zu essen, und beim Essen griff er nach dem Feuerstein und ließ die Finger um die vertrauten Konturen gleiten. Das war sein einziger Anker. Für ihn bedeutete dies eine mikrokosmische Version seiner Heimat.

Und während er den Stein umklammerte, nicht aus Schwäche oder Sentimentalität, sondern wegen des Gewichts und als Beweis seines Vorhandenseins, und während mittägliches Sonnenlicht den Raum durchschwebte, erhob sich ein grässlicher Laut im Hof, und der Türrahmen zu seinem Zimmer wurde auf einmal verdunkelt, nicht durch den schlitzohrigen Mann, sondern, viel wirkungsvoller, durch die Hinterbacken eines riesigen Maultiers.

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