GRIM KINGS - Teuflischer König: Eine dunkle Mafia-Romanze - Mara Harte - E-Book

GRIM KINGS - Teuflischer König: Eine dunkle Mafia-Romanze E-Book

Mara Harte

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Beschreibung

Manche Sterne fallen vom Himmel und landen mit einer gewaltigen Explosion in deinem Garten.

Der exaltierte Drogendealer Brasiliens sieht sich gern als Illusionist. Nero zelebriert mit diabolischen Methoden seinen Status als Unternehmer, Patriarch und Entrepreneur, dem die Frauen zu Füßen liegen. Warum? Ganz einfach, weil er es kann. Denn tatsächlich gelingt es nur wenigen in einer Welt der illegalen Geschäfte, Macht, Reichtum und Ansehen auf so absurde Weise zu vereinen. Allerdings ist ab dem Tag nichts mehr einfach, als Estela Santos wie eine Sternschnuppe in sein Leben fällt, ihn beinahe tötet und einen lukrativen Deal vermasselt.
Natürlich muss sie dafür bezahlen. So viel ist klar.
Doch der Teufel selbst hat nicht damit gerechnet, dass diese Frau sein Leben auf den Kopf und seine Geduld auf eine harte Probe stellt.

Hat Nero in Estela Santos eine ebenbürtige Gegenspielerin gefunden, die ihn in einen Strudel von Lust und Verlangen zieht? Wird er sich zum ersten Mal in seinem Leben beweisen müssen, für Fehler geradestehen, Verantwortung übernehmen? Oder fällt nicht nur ein Stern vom Himmel, sondern tut sich am Ende sogar die Hölle auf?

TEUFLISCHER KÖNIG ist das Sequel und zugleich ein fulminanter Abschluss der BULLY-REVERSE-HAREM-GRIM-KINGS-REIHE, eine separat zu lesende Geschichte über Nero und Estela.

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Epilog
Schlussworte der Autorin
Weitere Veröffentlichungen

Mara Harte

GRIM KINGS

Über die Autorin:

 

 

Liebe. Passionen. Worte.

 

Ich liebe Leidenschaften aller Art und ich liebe das geschriebene Wort.

 

Liebesromane von der Stange suchst du jedoch bei mir vergebens. Meine Geschichten sind nicht rosarot. Eine heile Welt gibt es ebenso wenig. Manchmal ist es dark, meist ist es ungewöhnlich und immer ist es spannend und erotisch. Die Frauen in meinen Geschichten sind weder devot, noch entsprechen sie einer Norm. Sie sind tough, selbstbewusst und äußern ihre Wünsche und Sehnsüchte. Trotzdem gewähren sie den Männern die Stärke, ihre Angebetete zu erobern. Trotz meiner Vorliebe für die Bad Boys dieser Welt garantiere ich dir ein Happy End – vielleicht keines aus Zuckerwatte, aber eines, das zu meinen Figuren passt.

 

Lass dich verführen!

Über das Buch:

 

Manche Sterne fallen vom Himmel und landen mit einer gewaltigen Explosion in deinem Garten.

 

Der exaltierte Drogendealer Brasiliens sieht sich gern als Illusionist. Nero zelebriert mit diabolischen Methoden seinen Status als Unternehmer, Patriarch und Entrepreneur, dem die Frauen zu Füßen liegen. Warum? Ganz einfach, weil er es kann. Denn tatsächlich gelingt es nur wenigen in einer Welt der illegalen Geschäfte, Macht, Reichtum und Ansehen auf so absurde Weise zu vereinen.

 

Allerdings ist ab dem Tag nichts mehr einfach, als Estela Santos wie eine Sternschnuppe in sein Leben fällt, ihn beinahe tötet und einen lukrativen Deal vermasselt. Natürlich muss sie dafür bezahlen. So viel ist klar.

 

Doch der Teufel selbst hat nicht damit gerechnet, dass diese Frau sein Leben auf den Kopf und seine Geduld auf eine harte Probe stellt.

 

Hat Nero in Estela Santos eine ebenbürtige Gegenspielerin gefunden, die ihn in einen Strudel von Lust und Verlangen zieht? Wird er sich zum ersten Mal in seinem Leben beweisen müssen, für Fehler geradestehen, Verantwortung übernehmen? Oder fällt nicht nur ein Stern vom Himmel, sondern tut sich am Ende sogar die Hölle auf?

 

TEUFLISCHER KÖNIG ist das Sequel und zugleich ein fulminanter Abschluss der GRIM-KINGS-Reihe, eine separat zu lesende Geschichte über Nero und Estela.

Mara Harte

 

GRIM KINGS

Teuflischer König

 

 

Das Sequel zur GRIM-KINGS-Reihe

 

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind

im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

© Mai 2023 Sweetheart-Verlag

Sweetheart-Verlag OG, Lofer 416, 5090 Lofer

 

Lektorat: Marion Mergen – www.korrekt-getippt.de

 

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise –

nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

 

Cover: Chris Gilcher

http://buchcoverdesign.de/

Illustrationen: Adobe Stock ID 521476129, Adobe Stock ID 493756583, Adobe Stock ID 410855009, Adobe Stock ID 285783178 und freepik.com.

»Jeder, der mit einiger Phantasie begabt, soll, wie es in irgendeinem lebensklugheitsschweren Buch geschrieben steht, an einer Verrücktheit leiden, die immer steigt und schwindet wie Flut und Ebbe.«

 

– E.T.A. Hoffmann – Prinzessin Brambilla –

Prolog

»Ich tue das nur aus Liebe«, sagte der Vater, holte aus und schlug zu. Das selbstgeknüpfte Seil aus Hanf zerschnitt die Luft mit einem Schrei und anschließend das Fleisch des Jungen. Der gab keinen Ton von sich. Er wusste, es war schneller vorbei, wenn er es einfach ertrug.

»Du kennst die Regeln. Und du kennst die Gebote. Sag sie!« Wieder knallte das Seil auf den Rücken des Jungen und hinterließ einen Schnitt zwischen den Schulterblättern.

»Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten, aus dem Sklavenhaus geführt hat.« Wie das Fauchen eines Kätzchens hörte es sich an, wenn das Seil durch die Luft sauste, dachte der Junge.

»Du sollst neben mir keine Götter haben!« Nur das Geräusch, wenn es auf eine schon offene Wunde schwang, klang eklig.

»Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung …« Dieses Mal nahm ihm der Schmerz doch den Atem. Für einen Augenblick. »… keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde.« Er schwitzte. Eine hartnäckige Perle hing an seiner linken Augenbraue, gleich würde sie ihm die Sicht trüben.

»Du sollst nicht stehlen!«, kürzte er den Katalog ab. Aber das ging schon in Ordnung, er wusste ja, worauf sein Vater hinauswollte.

Tatsächlich landete dieser Schlag einen besonderen Treffer. Der Junge kniff die Augen zusammen und atmete scharf ein.

»Ah!« Der nächste Schlag setzte aus. »Du weißt also, worum es geht.«

»Ja, Patrão!«

»Wirst du es wieder tun?«

Ich werde es wieder tun! Immer und immer wieder!, wollte er schreien. Ja, er wollte einen lauten Schrei ausstoßen, doch der blieb in seiner Kehle stecken, als der nächste Schlag ihn traf. »Nein, Patrão, aber …« Oh, der Hieb kam früher, als er erwartet hatte. Der Junge hatte sich geirrt. Es würde nicht schneller vorbei sein. In immer kürzer werdenden Abständen sauste das Seil auf seinen Rücken und zerschnitt die Haut wie eine Machete die Palmenblätter. Nach weiteren fünf – vielleicht waren es auch zehn oder zwanzig – glaubte der Junge, das Fleisch auf seinem Rücken würde in Fetzen hängen.

Sein Vater sprach unbeeindruckt weiter und rezitierte irgendwelche Stellen aus der Bibel. Der Junge hörte nicht mehr hin. Er fühlte nichts mehr.

 

»Ich bin der Geist, der stets verneint!

Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,

Ist wert, dass es zugrunde geht.

Drum besser wär’s, dass nichts entstünde.

So ist denn alles, was ihr Sünde,

Zerstörung, kurz, das Böse nennt,

Mein eigentliches Element.«

 

– Johann Wolfgang von Goethe in Faust –

1

 

Estela

 

Eines Tages müssen wir alle bezahlen – für unsere Verfehlungen, für unsere Sünden. Mein Tag war heute gekommen.

 

Schwarzes Haar, so schwarz wie es nur auf dem tiefsten Grund des Meeres zu finden war. Oder in den Tiefen der Hölle. Dieser Vergleich breitete sich mit dem nächsten Atemzug in meinem Kopf aus, als ich in die dunkelsten Augen blickte, die ich je gesehen hatte.

Die Augen des Teufels!

Der Höllenfürst persönlich sah auf mich herunter. Er starrte mich an. Mir wurde heiß und kalt zugleich. Ich zitterte, konnte das Beben meiner Knie nicht mehr kontrollieren. Schweiß perlte aus meinen Poren, überzog meine Handflächen, lief meinen Rücken hinunter und sammelte sich zwischen meinen Schenkeln. Kalte Furcht paarte sich auf beängstigende Weise mit schierer Verwirrung, geboren aus Unwissenheit und heißer Erregung.

Das vermochte nur der Teufel. Ich wusste, wer er war, auch wenn ich ihn noch nie gesehen hatte. Dieses Durcheinander erschuf nur er – fähig, mich mit einem Wort brennen und vor Ekstase zittern zu lassen.

»Hey, mein Stern!«, sagte, nein, brummte er. Diese Stimme … so dunkel und tief wie das ferne Grollen am Horizont, lange bevor das Gewitter kam. Ja, ich kannte sie. Irgendwo und irgendwann hatte ich diesen unvergleichlichen Bass schon einmal gehört. Aber wo und wann?

Warum konnte ich mich nicht konzentrieren … nicht sprechen?

Meine Muskeln gehorchten mir nicht, sie fühlten sich schwer an wie Blei. Ich war so unglaublich müde … mein Körper, mein Geist verlangten nach Ruhe. Doch ich konnte meine Augen nicht schließen, den Blick nicht abwenden von jenem Gesicht, das über mir schwebte und gleichzeitig beängstigend und unfassbar schön war.

Tödlich schön.

Unzählige Gedanken schwebten durch meinen umnebelten Geist, keinen davon bekam ich zu fassen. Sie flogen davon. Nur eine einzige Erkenntnis hielt sich hartnäckig: Ich würde sterben.

Er war der Teufel.

Der Tod.

Er würde mich bestrafen.

Ich würde leiden.

Und dann würde ich sterben. Qualvoll. Schreiend.

In den Tiefen der Höllenfeuer.

Ich würde Buße tun für alles, was ich getan hatte.

Diese Erkenntnis war so klar und hell wie die Venus am nachtschwarzen Firmament. Sie stach in dem nebligen Rest meines Hirns hervor und ließ mich erneut erzittern.

»Schlaf, mein Stern!«

Ich spürte einen spitzen Schmerz in meiner Armbeuge, dann raste die Dunkelheit auf mich zu und begrub auch diesen letzten Gedanken.

2

Nero

 

Niemand bestahl den großen Nero! Und wer es wagte, der bezahlte. Auch Estela würde bezahlen. Auf die eine oder andere Weise!

 

Vor vielen Jahren war ich Estela schon einmal begegnet, damals war sie nicht älter als fünfzehn gewesen. Über Feliz Santos’ Tochter rankten sich diverse Erzählungen, ich gab darauf nicht viel. Allerdings kannte ich ihre Schwester – Halbschwester, um genau zu sein. María Flores und ihr außergewöhnliches Auftreten hatten mir bereits imponiert.

Die Gelegenheit, der berühmten Clanchefin näherzukommen, scheiterte jedoch an ihren drei Männern. Ich war mir sicher, dass Demon oder Ace oder Yago oder alle drei gemeinsam mir ohne zu zögern eine Kugel in den Kopf jagen würden, wenn ich María Flores auch nur eine einzige indiskrete Avance unterbreiten sollte.

Wie auch immer.

Was Estela Santos betraf, überraschte sie mich wie eine Sternschnuppe, die eines Nachts in meinen Garten fiel.

Gabriel hatte ihr soeben die nächste Dosis Rohypnol verabreicht. Estela schlief wieder tief und fest, was mir Gelegenheit gab, sie eingehend zu studieren.

Unser Wagen ruckelte über die unebenen Schotterpisten raus aus dem Dschungel und auf direktem Wege nach Hause. Na ja, mein Zuhause in San Ignacio de Velasco, das ich gelegentlich nutzte, wenn ich meinen Geschäften in Bolivien nachging. San Ignacio würde für heute genügen. Sobald die erste Lieferung der Flores und Reyes eintraf und meine Anwesenheit hier vorerst nicht mehr erforderlich wäre, könnten wir weiterreisen zu meinem eigentlichen Heim in Cuiabá im brasilianischen Mato Grosso.

Wir hatten noch etwa fünf Stunden Fahrt vor uns. Fünf Stunden, in denen ich Estela Santos ungehindert betrachten konnte.

Sie war unglaublich schön.

Ihr Haar erschien auf den ersten Blick dunkel, beinahe schwarz. Doch jetzt, da sich einige Strahlen der aufgehenden Sonne durch die Fenster des Unimogs schlängelten, erkannte ich den rötlichen Schimmer. Estelas schulterlange Wellen glänzten wie die Schalen amerikanischer Kastanien. Ihre Augen hatten eine ähnliche Farbe, auch wenn ich sie gerade nur einen winzigen Moment hatte sehen können.

Aber das würde sich ändern. Denn ich beabsichtigte nicht, diese Frau so schnell gehen zu lassen.

Aus diversen Gründen.

Na ja, aus zwei Gründen genau genommen.

Der eine war völlig banal. Ich brauchte sie als Pfand, weil ich befürchtete, dass ihr Vater – der berühmte und mehr als berüchtigte Geschäftsmann Feliz Santos – mir an den Kragen wollte. Santos gehörte zu den reichsten Männern Brasiliens – noch reicher als ich –, und das hatte er nicht mit Nächstenliebe und einem großen Herzen erreicht, sondern weil er gnadenlos und brutal mit seinen Feinden umging. Aus gut unterrichteten Quellen wusste ich, dass ich ebenfalls dazugehörte. Schon bevor ich mit den Flores und den Reyes Geschäfte machte, aber seitdem in besonderem Maße.

Santos sah seine Krone in Gefahr. Die alten Köpfe der beiden bolivianischen Mafia-Familien Alberto Reyes und Pablo Flores hatte er bereits erfolgreich aus dem Weg geräumt – munkelte man.

Ich würde der Nächste sein.

Doch jetzt nicht mehr, Arschloch!

Ich hatte seine Tochter. Sie würde ihn doch hoffentlich davon abhalten können, die nächste Bombe in meinem Garten hochgehen zu lassen.

Nun, und der andere Grund, warum ich diese außergewöhnlich schöne Frau bei mir behalten würde, war ein bisschen delikater. Ihr Eindruck einer perfekten Sternschnuppe an einem lauen Abend in den Bergen von Bodoquena trog nämlich. Dieses Miststück war eine gemeine kleine Diebin. Sie hatte meine Coca-Lieferung gestohlen. Meine!

Dafür würde sie bezahlen.

Auch wenn ich materiell mehr als ausreichend entschädigt worden war, weil ich diesen grandiosen Deal mit María und den Reyes-Jungs geschlossen hatte, blieb die Tatsache, dass mich Estela Santos bestohlen hatte.

MICH!

Das tat niemand ungestraft.

Wie genau die Strafe aussehen würde, war mir noch nicht klar. Aber hey, es wäre doch gelacht, wenn ich nichts mit einer wunderschönen jungen Frau anstellen könnte.

Sie würde in einem meiner zahlreichen Clubs bedienen – spärlich bekleidet. Oder für meine Gäste tanzen. Oder nur für mich. Ja, mir würde schon etwas einfallen, wie ich dieses Miststück auf die Knie zwang. Sie könnte mir den Schwanz lutschen oder …

Meine Augen tasteten über den Körper der schönen Frau, die eine seltsame Faszination auf mich ausstrahlte. Estela war schön. Ja, das hatten wir schon. Ich mochte schöne Menschen, ich mochte vor allem schöne Frauen. Nicht wenige der schönsten Frauen Brasiliens umgaben mich tagtäglich. Ich stand einfach drauf!

Warum auch nicht?

Ich konnte es mir leisten. Warum sollte ich hässliche Dinge betrachten, wenn es so viel Schönes gab, das mich von den dunklen Seiten des Lebens ablenkte? Es war ja nicht so, dass ich auf einem beschissenen Regenbogen durch die Welt ritt. Wahrlich nicht! Ich hatte sie gesehen – die grässliche Realität. Das Verlogene, die Scheinheiligkeit und Bigotterie. Und ich hatte mich entschieden, dem Scheiß meinen Rücken zu kehren. Auch wenn ich die Entscheidung einst nicht freiwillig getroffen hatte, konnte ich mich heute glücklich schätzen, nicht mehr zwischen all den Heuchlern leben zu müssen.

Ich spuckte auf sie!

Von niemandem ließ ich mir etwas sagen. Ich allein entschied, was falsch und richtig, was schön und hässlich, was meinem Verstand und meinem Herzen von Nutzen war.

Denn ich war fucking Nero, der Teufel!

Und Estela Santos war definitiv kein Geschöpf des Himmels. Ihre sinnlichen Kurven, ihre üppigen Brüste, die der dunkelgrüne Jumpsuit nur spärlich verbarg, waren die eines Sukkubus. Ich rieb meine Fingerkuppen aneinander, um mich davon abzuhalten, einen weiteren Knopf des Jumpsuits zu öffnen und mehr von der zarten weichen Haut zu entblößen. Ich hätte gern eine dieser kastanienbraunen Haarsträhnen durch meine Finger gleiten lassen. Ja, verdammt! Ich wollte daran riechen, mein Gesicht an jeder einzelnen Stelle ihres Körpers reiben, sie schmecken, lecken …

Gabriel räusperte sich, als würde er meine Gedanken erraten. Er kannte mich lange genug. »Was sollen wir mit ihr machen?«

Ja, das war die große Frage. Mit der flachen Hand wischte ich mir über den Schweiß auf meinem Nacken.

»Sie könnte einen Platz im The Den übernehmen«, schlug Gabriel vor, als mir immer noch keine passende Antwort einfallen wollte. »Wenn sie sich nicht dumm anstellt, kann sie servieren oder auf der Bühne …«

»Hm, vielleicht.«

Die Vorstellung von Estela in dieser Bar, ohne Shirt und den gierigen Händen meiner Gäste ausgeliefert, rief ein kratzendes Gefühl in meiner Brust hervor.

Es gefiel mir nicht, Estela anderen Männern zur Schau zu stellen.

»Was?«, fragte Gabriel und zog den Kragen des Jumpsuits ein Stück zur Seite, um einen genaueren Blick zu riskieren.  »Sie sieht großartig aus. Diese Titten … ich meine, du hast doch gerade selbst …«

Weiter kam er nicht. Meine Hand schnellte nach vorn, umschlang sein Gelenk. »Finger weg!«, knurrte ich. Genauso schnell wie meine Bewegung gewesen war, traf ich eine Entscheidung. »Keiner … keiner wird sie anfassen! Vorerst nicht! Ich muss erst … Es fasst sie keiner an! Verstanden?«

Gabriel betrachtete mich skeptisch. Estela war zwar nicht die erste Frau, die nicht absolut freiwillig … na schön, die absolut unfreiwillig den Weg zu uns fand. Wie schon gesagt, ich mochte schöne Dinge, und gelegentlich nahm ich sie mir einfach. Aber selten mit so viel … na ja, Enthusiasmus.

In meinen zahlreichen Clubs musste ich den Besuchern schließlich etwas bieten. Brasilien war nicht nur zur Karnevalszeit für seine schönen Frauen bekannt, die in ihren knappen Bikinis wohl jedem Mann den Kopf verdrehten und den Schwanz hart machten. Und meine Gäste verließen sich darauf, dass ich ihnen die schönsten der Schönen präsentierte. Meine Partys waren legendär, nicht zuletzt wegen … tja, wegen der Schönheit, die ich imstande war, ihnen zu offenbaren. Auf jede erdenkliche, nicht unbedingt moralisch einwandfreie Art und Weise.

So waren wir Menschen eben – wir hatten Bedürfnisse und Leidenschaften und Wünsche und Sehnsüchte. Bei mir musste sich niemand hinter einer heuchlerischen Fassade irgendeines Glaubens oder falschen Anstands verstecken. Dieses aufgesetzte Getue widerte mich an. Nie wieder wollte ich … Ach, egal. Der Punkt war, dass ich in diesem Moment, als mein bester Freund drauf und dran war, Estelas zweifelsohne grandioses Dekolleté zu begrabschen, genau wusste, was ich wollte. Dieses wunderschöne Miststück gehörte mir. Mir ganz allein!

Gabriel sah mich immer noch fassungslos an. Beinahe unmerklich schüttelte er den Kopf. »Stell dir doch mal vor, was ihr ehrenwerter Vater sagen würde, wenn er wüsste, dass sein hübsches Töchterchen halbnackt … nein, wenn sie nackt, wie Gott sie schuf, im The Den vor aller Augen mit ihrem Arsch wackeln müsste. Stell dir vor, wie schnell …«

»Nein!«, beschied ich, und dieses Mal sollte der Bass meiner Stimme eindeutig sein. »KEINER fasst diese Frau an! Keiner sieht sie an und ganz sicher wird sie nicht nackt vor den wichsenden Kerlen zur Schau gestellt werden. Hast du das verstanden?«

Jeder andere wäre zusammengezuckt bei den Donnerschlägen, die meine Worte begleiteten. Gabriel nicht. Er sah mich immer noch skeptisch an und überlegte wahrscheinlich, welcher Teufel mich gerade ritt.

»Okay, keiner fasst sie an. Verstanden. Verrätst du mir auch, was du dann mit ihr vorhast?«

Mein Blick glitt zurück zu Estela, die keinesfalls friedlich schlief. Ihre Augen bewegten sich hektisch hinter den geschlossenen Lidern. Ab und zu drang ein gequältes Brummen aus ihrer Kehle. Ich stellte mir vor, wie es sich anhören würde, wenn ich es wäre, der ihr ein lustvolles Stöhnen entlockte.

Nein, jetzt nicht!, ermahnte ich mich im Stillen und seufzte.

Meine Unschlüssigkeit drang auf diese Weise nach außen – eine Schwäche, die ich mir vor niemand anderem als Gabriel erlauben würde. »Wir haben sie in unserer Gewalt. Das ist erst mal alles, was zählt. Santos wird nichts wagen, solange sie bei mir ist. Er wird nicht das Leben und die Unversehrtheit seines Töchterchens riskieren. Aber sie hat mich beschissen. Ich weiß, dass ihr Plan nicht mir galt, als sie Flores’ Coca gestohlen hat. Das sind Familienangelegenheiten. Es geht mich nichts an, was sie mit ihrer Schwester vorhatte. Nachdem einer der Reyes ihr diese Chance auf dem Silbertablett servierte, konnte sie wahrscheinlich nicht ablehnen.«

Yago hatte mir berichtet, wie es dazu gekommen war, dass er Estela geholfen hatte, María Flores’ Lieferung abzuzweigen und um die Ecke zu bringen. Eine Lieferung, die an mich hatte gehen sollen. Mein Stoff, verdammt noch mal! Aber gut, Yago hatte mir die Geschichte erzählt und sich mit einem grandiosen Kampf revanchiert, der meine Gäste mehr als ausreichend belustigt und ihm einige böse Verletzungen eingebracht hatte. Also ja, ich würde sagen, er hatte bezahlt. Und vermutlich war das nur der Anfang gewesen. Wie er seinen Verrat bei María wiedergutmachen müsste, konnte ich mir nur in meinem dunkelsten und heißesten Träumen ausmalen. Allein von der Vorstellung wurde ich hart, was die schöne Flores-Chefin von dem starken Reyes-Mann verlangen könnte. Es war nur einer Vermutung, aber eine geile.

»Aber der Deal lief letztlich zu deinen Gunsten, Nero. Du hast die gleiche Menge zum halben Preis bekommen, richtig?«, wandte Gabriel ein.

»Ja, richtig. Ich wurde entschädigt. Einen finanziellen Verlust habe ich nicht, aber es geht nicht immer nur um das verfluchte Geld. Estela Santos hat mich verarscht, und das kann ich nicht auf mir sitzen lassen. Sie wird bezahlen – auf die eine oder andere Weise.«

3

Estela

 

Immer schön die Nase oben behalten! Lass nicht zu, dass er dich bricht!

 

Verfluchter dämonischer Scheißkerl!

Dieser Wichser hatte mich ausgeknockt. Allein für diese verdammten Kopfschmerzen würde ich ihm seine Eier abschneiden.

Ich war eine Gefangene. Darüber konnte auch das hübsche Ambiente um mich herum nicht hinwegtrösten.

Elender Scheißkerl!

Seit ich vor einer halben Stunde aufgewacht war, lief ich in einem fremden Zimmer auf und ab. Die bodentiefen Fenster waren verschlossen, das Glas bruchfest. So viel stand fest. Der Sessel, den ich versucht hatte, dagegen zu schieben – mein Versuch, ihn zu werfen, schlug fehl, denn das Scheißding war viel zu schwer – hatte nicht mal einen klitzekleinen Kratzer an dem Glas hinterlassen.

Wütend bohrte ich meine Fingernägel in die Haut meiner Daumen. Sie rissen und kratzten an der Haut, die schon wund und aufgerissen war. Das war gut. Der Schmerz half mir, nicht auszuflippen. Er war vertraut und gehörte zu mir.

Ein Ventil für das Übermaß an Scheiße, die gerade über mir ausgegossen wurde.

Teuflischer Drecksack!

Er würde büßen. Was dachte sich dieser aufgeblasene Mistkerl eigentlich?

Stöhnend massierte ich meine pochenden Schläfen, und bevor ich mir weitere Flüche überlegen konnten, flog die Tür schwungvoll auf.

»Olá!«, begrüßte mich mein Peiniger, als wäre ich ein willkommener Gast. Nichts war gut an diesem Tag!

»Ich weiß, wer du bist«, gab ich ihm schnippisch zur Antwort. Nach Höflichkeiten stand mir nicht der Sinn. Und tatsächlich gab es wohl keinen Zweifel, dass dieser furchtbar hässliche Mann, der gerade das Zimmer betrat, Neros rechte Hand sein musste. Auch wenn ich Rafiq Yunis noch nie in meinem Leben begegnet war, sprach sein Äußeres für sich. Sein linkes Auge fehlte und eine schwulstige Narbe verlief quer über sein Gesicht. Die sollte aus seiner Zeit beim arabischen Geheimdienst stammen, hatte ich mal gehört – was auch immer das bedeutete. Für mehr Gesprächsstoff sorgte allerdings eine nicht ganz so alte Narbe an seinem Hals. Man sagte, Nero selbst hätte sie ihm verpasst, als Rafiq Yunis Kontakt zu ehemaligen Spionen Saudi-Arabiens aufgenommen hatte, die Gast in Neros Haus gewesen sein sollten. Als Bestrafung für die Missachtung der Gastfreundschaft, auf die Nero viel Wert legte, hätte der seinem engsten Berater die Kehle durchgeschnitten. Doch Yunis hatte die Prozedur überlebt, und für Nero war die Schuld damit beglichen gewesen, sodass die beiden einfach wieder zum Tagesgeschäft übergegangen waren. So sagte man. Aber selbst wenn das nur ein Märchen war, gab es viele solcher Geschichten, die in Summe all jene Abartigkeiten und sadistischen Neigungen offenbarten, für die dieser Teufel bekannt war.

»Wenn mein Vater …«, setzte ich an. Es widerstrebte mir, meinen Vater vorzuschieben, aber das schien mir der erfolgversprechendste Weg zu sein.

»Davon gehen wir aus«, unterbrach mich mein Kerkermeister mit einem süffisanten Lächeln.

Das Dröhnen in meinem Kopf wurde lauter, ich konnte spüren, wie mein Blut kochte. »Wisst ihr Arschlöcher eigentlich, wer ich bin?«, brüllte ich, lief mit schnellen Schritten auf den hässlichen Kerl zu und verpasste ihm eine kräftige Ohrfeige in sein widerliches Gesicht. Während der Scheißkerl nicht einmal mit der Wimper zuckte, brannte meine Handfläche. Auch wenn sich der Schlag gut angefühlt hatte, weil ich einen Teil meiner Aggressionen hatte rauslassen können, milderte er meine Wut nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Falls überhaupt möglich, explodierte mein Zorn jetzt in mir wie eine verdammte Granate. Mit beiden Fäusten trommelte ich auf seine magere Brust. »Lass … mich … hier … raus!«, schrie ich und konnte die verdammten Tränen nicht mehr kontrollieren.

Rafiq Yunis ließ mich eine Weile gewähren und meine Schläge wenig beeindruckt über sich ergehen, bevor er meine Handgelenke packte. »Du musst dich beruhigen, Senhora Santos!«

Was sollte das? Warum war er nicht erbost, erschrocken, irgendetwas? Immerhin attackierte ich ihn, um … Ach verdammt, was sollte mein demütigender Ausbruch eigentlich?

Ja, in mir brodelten Wut und Angst und Unverständnis. Aber bringen würde alles Gezeter doch nichts. Eine Erkenntnis, derer Yunis sich im Klaren zu sein schien. Und ich langsam auch. Resigniert ließ ich meine Schultern sinken, meine Hände befanden sich unverändert in Yunis’ Griff, und stieß einen langen Seufzer aus, um meiner Kapitulation Ausdruck zu verleihen.

Scheiße, nein! Ich war eine Santos und würde nicht so schnell aufgeben.

»Ihr seid tot! Alle!« Das musste ihm doch klar sein!? Mein Vater würde keinen von ihnen am Leben lassen.

»Du musst Hunger haben.« Yunis ließ meine Handgelenke los und legte seine Hände ineinander – er war die Ruhe selbst.

Klar hatte ich Hunger. Draußen wurde es schon wieder bald dunkel, also hatte ich seit mehr als einem Tag nichts gegessen. Gestern waren wir in aller Frühe aufgebrochen, um uns die Hacienda und die Geschäfte und überhaupt das komplette Leben meiner verfluchten Schwester unter den Nagel zu reißen. Ja, gestern war die Welt noch in Ordnung gewesen.

Ich war hochgestiegen.

Höher und höher.

Dann war ich gefallen.

Bis ich jetzt am Boden lag. Gedemütigt, meiner Freiheit und Würde beraubt, mit gigantischen Kopfschmerzen und verdammt hungrig.

Trotzdem! Meinen Stolz besaß ich noch.

»Lieber würde ich ein Fass Säure trinken, als nur einen Krümel Brot von dir oder deinem egomanischen Boss anzunehmen!«

»Schön!«, sagte Yunis in einer Ruhe, die ihn nie zu verlassen schien. »Keiner wird dich zwingen, etwas zu essen. Dann siehst du ihm eben beim Abendessen zu. Aber Nero erwartet deine Anwesenheit zum Dinner. Ich hole dich in zehn Minuten ab. Im Bad liegt frische Kleidung.«

Mit offenem Mund und einer deprimierenden Leere in meinem Kopf sah ich Yunis zu, wie er hinaus auf den Gang trat. Bevor er die Tür schließen konnte, spie ich ihm ein »Fick dich!« hinterher.

Überraschenderweise hielt der hässliche Araber inne und drehte sich zu mir. Ein breites Lächeln lag auf seinen schmalen Lippen. »Ihr seid euch ähnlicher, als ihr wahrscheinlich denkt.« Während ich darüber nachdachte, wen er meinte, verschwand das Lächeln und er fügte harsch hinzu: »Zehn Minuten! Wenn du nicht umgezogen bist, nehme ich dich nackt mit.«

Eine Menge Schimpfwörter lagen mir auf der Zunge, die ich ihm gern an den Kopf geworfen hätte. Aber was brachte das? Verzweifelt schlug ich gegen die verschlossene Tür und kämpfte gegen meine Tränen, die sich ungebeten hinter meinen Augen sammelten und mit Kraft nach oben drängten.

Nein, ich durfte nicht heulen!

Damit würde ich den Arschlöchern doch nur geben, was sie erwarteten. Aber ich war kein kleines verzogenes Gör, das sich ohne seinen Papá in die Hosen machte. Okay, vielleicht war ich privilegiert aufgewachsen und mein Vater erfüllte mir jeden Wunsch, noch bevor ich ihn aussprach. Na und? Was wusste ein Nero oder Rafiq Yunis schon über mich? Keiner von denen schaute hinter die Fassade, hinter den Schein, den ich bis zur Perfektion beherrschte.

Und bei diesem beschissenen Dinner würde ich ihnen nicht die Genugtuung geben, mich heulen zu sehen. Nero mochte ein Teufel sein, ein arroganter Schnösel, der sich nahm, was er begehrte, der nicht zögerte, seinen Willen mit allen Mitteln einzufordern. Aber ich war Estela Santos und ich würde mich nicht brechen lassen!

4

Estela

 

Diabolik und Wahnsinn

 

Mit stolz erhobenem Kinn und gespitzten Lippen schritt ich hinter Rafiq Yunis her. Auf die Sekunde zehn Minuten später war er an meiner Tür erschienen. Sollte er überrascht gewesen sein, mich erfrischt und umgezogen zu erblicken, ließ er es sich zumindest nicht anmerken.

Wahrscheinlich hätte es diesem Arschloch gefallen, mich halbnackt und an den Haaren zu seinem Boss schleifen zu können. Sie hätten über mich gelacht und sich über meine Hochmütigkeit lustig gemacht. Doch diesen Spaß gönnte ich ihnen nicht.

Die beiden Wichser hatten keine Ahnung, mit wem sie sich anlegten.

Nein! Ich war in das schlichte schwarze Kleid geschlüpft, das an einem Haken an der Badezimmertür gehangen hatte. Es war so lang, dass sich der Stoff beim Gehen über den Boden schlängelte. Der Kragen war hochgeschlossen, die Arme nackt. Schuhe hatte ich keine gefunden und darauf verzichtet, in meine Stiefel zu steigen, die ich seit gestern Morgen für meinen militärischen Auftritt getragen hatte. Dementsprechend schwebte ich stolz und barfuß über den Flur, eine Treppe nach unten. An meine Fußsohlen schmiegte sich ein weicher Teppich. Sanft und liebevoll. Als wir das Haus verließen und einen Gang entlang schritten, der mit lilafarbenem Blauregen überdacht war, spürte ich immer noch die Hitze des Tages auf dem Stein unter meinen Füßen. Nicht mehr schmeichelhaft, eher rau und grob. Barfuß zu gehen, war eine ehrliche Art der Fortbewegung und erinnerte mich an meine Kindheit. Ich begrüßte die Entscheidung von wem auch immer, mir keine Schuhe gegeben zu haben. Darüber könnte und würde ich mich nicht beklagen.

Die Liste meiner Beschwerden war bereits lang genug.

Nero wollte mit mir essen, hatte Yunis gesagt.

Deshalb war ich überrascht, dass er mich zu einem Pool führte. Doch sogleich erkannte ich die Show, die Nero vielleicht für mich, ganz sicher jedoch für sich und sein uferloses Ego veranstaltete. Mit lautem Prusten tauchte er aus dem Wasser und hievte sich wie in einem lasziven Werbespot und mit beiden Händen flach auf dem beigefarbenen Marmor gestützt aus dem Pool.

Wassertropfen tanzten im langsam schwindenden Sonnenlicht. Wie Honig rannen sie über seine haarlose, perfekt gewölbte Brust und schmiegten sich an die gut definierten Muskeln seines Oberkörpers. Jeder Tropfen wirkte wie gemalt.

Na schön, Nero konnte es sich leisten, seinen Körper zur Schau zu stellen. Ich würde es zwar niemals offen zugeben, aber dieser Scheißkerl sah verdammt gut aus. Seine Haut war gebräunt, das sinnliche V seiner Lenden führte den Blick unweigerlich auf den Bund der tief und eng sitzenden Badeshorts. Ein Streifen schwarzer Härchen verschwand hinter dem Stoff und dunkle Linien eines Tattoos lugten hervor. Ich kniff die Augen zusammen, um sie besser erkennen zu können, stellte dann aber mit Schrecken fest, was zur Hölle ich eigentlich tat.

Scheiße!

Nero fuhr sich mit beiden Händen durch sein nasses pechschwarzes Haar und lächelte wissend. Er hatte verdammt noch mal bemerkt, dass ich ihn anstarrte wie eine läufige Hündin.

Verdammt!

»Du kommst genau richtig!« Lässig schlenderte er zu einem Tisch mit zwei Stühlen unter einem mit weißen Leinen überdachten Pavillon und nahm eine Flasche Champagner aus dem Eiskühler. »Durst?« Eines der filigranen Gläser, die er gefüllt hatte, reichte er mir. Aus dem Haar des Teufels tropften weitere dieser perfekten Wasserperlen, die wie Diamanten auf seinem göttlichen Körper schimmerten.

Heilige Mutter Gottes, ich musste damit aufhören!

Sicher rechnete er damit, dass ich ihm das Glas aus der Hand schlug. Um ehrlich zu sein, war das mein erster Gedanke. Doch den Gefallen würde ich ihm nicht tun. Nein, ich musste cool bleiben, ihm die kalte Schulter zeigen, denn dieser Kerl war sich viel zu sicher.

»Du bist in Schwierigkeiten, Nero«, sagte ich und nippte am Champagner.

Sein Kopf fiel nach hinten und er lachte laut. »Also dann müssen wir uns nicht mehr vorstellen. Sehr gut! Danke, Rafiq! Du kannst verschwinden.« Dass sein Kettenhund immer noch hinter mir stand, hatte ich nicht einmal bemerkt. Wenigstens machte er sich jetzt wortlos davon und mir blieb ein weiterer Blick in sein entstelltes Gesicht erspart.

Warum ging eigentlich niemand darauf ein, was ich sagte? Ständig taten alle so, als würden sie nicht hören, worauf ich sie aufmerksam machte. Vielleicht musste ich deutlicher werden. »Weißt du wirklich, wer ich bin? Mein Vater wird kommen und euch alle abschlachten wie Vieh. Und ich werde ihm dabei behilflich sein und dir deine winzigen Eier abschneiden. Sage nicht, ich hätte dich nicht gewarnt, Nero.« Meine Stimme klang so konsequent, wie ich erhofft hatte. Allerdings bezweifelte ich, diesem Mann Angst machen zu können. Bei jedem anderen hätte es gewiss funktioniert, doch Nero war nicht wie andere Menschen.

Ich kannte sämtliche Geschichten über ihn, wusste von seiner Skrupellosigkeit und seiner Passion, sich einen Scheiß um andere zu scheren und nur seinem eigenen Vergnügen nachzujagen. Und wenn Nero seinen Spaß hatte, bedeutete das nicht zwangsläufig das Gleiche für sein Gegenüber, sondern regelmäßig das Gegenteil, nämlich dessen Tod im besten Falle.

Das Glück, schnell und schmerzlos zu sterben, würde mir sicher nicht zuteilwerden. Jedenfalls, wenn es nach Nero ging. Wahrscheinlich wollte er meine Körperteile einzeln an meinen Vater schicken. Eine Vielzahl von Möglichkeiten schwirrten durch meinen Kopf. Dinge, die mein Vater in seiner Situation tun würde. Abgehackte Finger, gezogene Fußnägel, vielleicht mein Herz in einer hübschen Dose – ich zog so einiges in Erwägung und bemühte mich, das Grauen zu verbergen, das sich meinen Rücken hinaufschlich.

Die Angst vor dem, was Nero sich in seinem kranken Hirn gerade ausmalte, nahm mir beinahe die Luft. Und doch reckte ich mein Kinn und funkelte ihn an, obwohl meine Knie weich wie Butter waren. Ich musste um Himmels willen die Kontrolle behalten. Jede Sekunde, die ich am Leben war, brachte Hoffnung, dass es so bleiben würde.

Ach verdammt! Ich war so verzweifelt, dass ich mich wahrscheinlich zu sehr bemühte, die Contenance zu bewahren. Dabei würde ich am liebsten endlich den Tränen freien Lauf gewähren, die sich in meinem Rachen sammelten und schmerzten.

Nero ignorierte meine Bemerkung und goss Champagner nach. »Trink nicht so schnell! Du musst erst was essen.«

Wie aufs Stichwort kamen eine Frau und ein Mann zu uns – beide spärlich bekleidet und natürlich schön wie griechische Statuen. Sie stellten mehrere Schalen auf den Tisch, in denen ich aufgeschnittene Melone, Papaya und Pão de queijo ausmachte. Würzig duftender Käse quoll an den Seiten der Teigtaschen hervor … mein Magen knurrte. Gott, war ich hungrig! Am liebsten hätte ich mich auf all die Köstlichkeiten gestürzt, aber es ging hier nicht um ein erzwungenes Date, sondern um mein Leben. Und dieser Hurenbock interessierte sich einen Scheiß für meine Drohung. Also versuchte ich es noch einmal. »Was hast du vor? Ich frage dich noch einmal: Hast du eine Ahnung, wer ich bin? Mein Name ist Estela Herrera Santos. Mein Vater …«

Neros Hand schnellte hervor und umschlang meine Kehle. Mit der gleichen Geschwindigkeit änderte sich auch der Ausdruck in seinem Gesicht, das Lächeln verschwand und wich jener dämonischen Fassade, für die dieser Mann über die Grenzen unseres riesigen Landes berühmt war.

Der Teufel!

»Ich weiß, wer du bist«, knurrte er, sein Gesicht nur wenige Atemzüge von meinem entfernt. »Und deine Herkunft ist der einzige Grund, warum du noch am Leben bist, meine Schöne. Du … hast … mich … bestohlen. Das tut niemand und erlebt den nächsten Tag. Der Status deines Vaters rettet dir im Moment den süßen Hintern. Verwechsle diesen Umstand aber bitte nicht mit Gnade und glaube ja nicht, dass die Tatsache, dass du noch am Leben bist, bedeutet, dass du ungestraft davonkommst. Das wird nicht passieren.«

Okay, jetzt hatte ich Angst.

Die Art, wie Neros Augen funkelten und er mit zusammengebissenen Zähnen knurrte, ließ mich zittern. Ich hing in seinem Griff wie ein Lämmchen. Seine starken Finger umfassten meine Kehle, obwohl er nicht so fest zudrückte, um mir die Luft zu nehmen. Aber es genügte, um mich wissen zu lassen, dass er es könnte.

Ohne mich aus den Augen zu lassen, griff er nach meiner Hand und führte sie an seine Lippen. Mein Herz überschlug sich. Sein Blick flackerte zu meinem Daumen. Getrocknetes Blut klebte an der zerfetzten Haut neben dem Nagel.

Nero zog meinen Daumen in seinen Mund und lutschte daran. Seine Zunge leckte genüsslich über die wunde Stelle.

Was sollte das? Wollte dieser Scheißkerl mich ficken, bevor er mich tötete?

Mir fiel nichts ein – kein Spruch, kein Kommentar. Ich hätte mich ihm entziehen können, tat es aber nicht.

Warum?

»Du schmeckst nach Schokolade mit Pfeffer. Meine Lieblingssorte.« Er löste seine Finger von meinem Hals, nahm meine Hand in seine und führte mich zum Tisch. »Setz dich und iss was! Wir haben viel zu besprechen.« Galant schob er einen der Stühle zurück, damit ich Platz nehmen konnte. Mein Blick fiel auf die Beule in seiner Badeshorts. Echt jetzt? Ja, ich kannte meine Reize und hatte schon einige Erektionen gesehen, wenngleich diese hier gigantisch war. Was mich jedoch amüsierte, war die Tatsache, dass Nero sich nicht die Bohne um seinen gewaltigen Ständer scherte. Natürlich nicht! Ein Mann mit seinem Selbstbewusstsein kannte wohl weder Scham noch Pein.

Narzissmus in Perfektion! Sadismus in seiner Reinform! Ohne Gnade!

Schnell nahm ich einen weiteren Schluck aus meinem Glas, obwohl mir der Alkohol zu schnell zu Kopf stieg. Also setzte ich mich folgsam, konnte mir aber ein »Arschloch!« nicht verkneifen.

Überheblichkeit half mir, ich selbst zu bleiben und nicht zu einem jammernden Häuflein Furcht zu mutieren. Ich war verdammt noch mal Estela Santos. Das wäre ja noch schöner, wenn ich mich von einem Möchtegern-Mafioso einschüchtern ließe.

Nero setzte sich mir gegenüber.

---ENDE DER LESEPROBE---