Grundbegriffe der Textlinguistik. Die sieben Kriterien der Textualität - Kathleen Deutschmann - E-Book

Grundbegriffe der Textlinguistik. Die sieben Kriterien der Textualität E-Book

Kathleen Deutschmann

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2007
Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Sprachwissenschaft / Sprachforschung (fachübergreifend), Note: 1,7, Universität Leipzig (Institut für Anglistik), Veranstaltung: Text Linguistik (Anglistik), Sprache: Deutsch, Abstract: „Welche allgemeinen Bedingungen muß ein sprachliches Gebilde erfüllen, um überhaupt als Text zu gelten? So läßt sich die Kernfrage formulieren, die sich die Textlinguistik seit ihrem Entstehen Mitte der 60er Jahre immer wieder gestellt hat. Es geht dabei um die Bedingungen, die in der Forschung unter dem Begriff der ‚Textualität’ (Texthaftigkeit) zusammengefaßt werden. Sprachliche Gebilde müssen also bestimmte Textualitätsmerkmale aufweisen, damit wir sie als Texte einstufen.“ Für die Frage „Was macht einen Text zum Text?“ haben die Autoren Robert-Alain de Beaugrande und Wolfgang Ulrich Dressler in ihrem Buch „Einführung in die Textlinguistik“ eine mögliche aber auch diskussionswürdige Lösung gefunden. Das von ihnen entwickelte Konzept sieht vor, dass sprachliche Gebilde sieben Kriterien der Textualität erfüllen müssen um als Text zu gelten. Diese Merkmale sollen hier dargestellt und das Modell kritisch hinterfragt werden. [...]

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Inhaltsverzeichnis

 

1.         Einleitung

2.         Kriterien der Textualität

2.1   Kohäsion

2.2   Kohärenz

2.3   Textinterne und textexterne Kriterien

2.4   Intentionalität

2.5   Akzeptabilität

2.6   Informativität

2.7   Situationalität

2.8   Intertextualität

2.8.1       Exkurs: Intertextualität in Textlinguistik und Literaturwissenschaft

2.9   Effizienz, Effektivität, Angemessenheit

3.         Kritik

Verzeichnis der verwendeten Literatur

1.                Einleitung

 

„Welche allgemeinen Bedingungen muß ein sprachliches Gebilde erfüllen, um überhaupt als Text zu gelten? So läßt sich die Kernfrage formulieren, die sich die Textlinguistik seit ihrem Entstehen Mitte der 60er Jahre immer wieder gestellt hat. Es geht dabei um die Bedingungen, die in der Forschung unter dem Begriff der ‚Textualität’ (Texthaftigkeit) zusammengefaßt werden. Sprachliche Gebilde müssen also bestimmte Textualitätsmerkmale aufweisen, damit wir sie als Texte einstufen.“[1] Für die Frage „Was macht einen Text zum Text?“ haben die Autoren Robert-Alain de Beaugrande und Wolfgang Ulrich Dressler in ihrem Buch „Einführung in die Textlinguistik“ eine mögliche aber auch diskussionswürdige Lösung gefunden. Das von ihnen entwickelte Konzept sieht vor, dass sprachliche Gebilde sieben Kriterien der Textualität erfüllen müssen um als Text zu gelten. Diese Merkmale sollen hier dargestellt und das Modell kritisch hinterfragt werden.

2.                Kriterien der Textualität

 

Der Begriff ‚Textualität’ umfasst ganz allgemein alle Merkmale, die das Wesen eines Textes ausmachen, die den Text zum Text machen. Die Bezeichnungen ‚Textur’ oder auch ‚Textlichkeit’ sind synonym zu gebrauchen, während der Begriff ‚Vertextung’ vom Terminus ‚Textualität’ abgrenzt werden muss. Er steht für den Prozess des Textaufbaus. Textualität aber bezieht sich auf den Text als ein Produkt.[2] Der Terminus bezeichnet die Art und Weise, wie Sätze zu einem Text verknüpft werden.

 

Eine der schwierigsten Aufgaben der Textlinguistik war und ist noch immer die Begriffsbestimmung ihres zentralen Forschungsgegenstandes, des Textes. Die Frage, was einen Text zum Text macht, ist in der Entwicklung der Textlinguistik unterschiedlich beantwortet worden, jeweils abhängig von der gerade vorherrschenden Forschungsrichtung. Zu Beginn ihrer Entwicklung war die Textlinguistik eher sprachsystematisch ausgerichtet. Hauptsächlicher Untersuchungsgegenstand war das Sprachsystem im Sinne eines Regelsystems einer Sprache, das es analytisch aufzudecken galt. Ausgangspunkt der Analyse war stets der ‚Satz’ als die wichtigste linguistische Einheit. Die Forschung beschränkte sich auf die strukturelle Untersuchung der Einheit Satz und dessen Segmentierung in jeweils kleinere Einheiten wie Morpheme oder Phoneme. Daraus folgend nannte man als Merkmale, die einen Text zum Text machen, vorwiegend grammatische Eigenschaften. Text wurde gesehen als eine Folge von Sätzen, die durch grammatische Funktionen miteinander verknüpft sind.

 

Im Anschluss an diese Phase kam es zu einer grundlegenden Veränderung der Perspektive in der Textlinguistik, aber auch der Linguistik im Allgemeinen. Die sich Anfang der 1970er Jahre vollziehende so genannte ‚pragmatische Wende’ in der Linguistik führte zur Ansicht, Text „nicht mehr als grammatisch verknüpfte Satzfolge, sondern als komplexe sprachliche Handlung“[3] anzusehen. Als linguistische Teildisziplin versteht die Pragmatik Sprache als eine Form des sozialen Handelns, im Vordergrund steht die Untersuchung der Beziehungen zwischen der Sprache und den Sprachbenutzern. Angeregt durch die Pragmatik entwickelte sich auch in der Textlinguistik eine neue Forschungsrichtung: die kommunikationsorientierte Textlinguistik. Sie sieht Texte nicht mehr als isolierte, unveränderliche Gebilde, sondern erkennt, dass sie stets in aktuelle Kommunikationssituationen integriert sind und sowohl von diesen als auch von den Einstellungen und Erwartungen der Textproduzenten und -rezipienten beeinflusst werden. Zentrales Thema ist die ‚kommunikative Funktion’ von Texten: welchen Zweck haben Texte in bestimmten Kommunikationsprozessen.[4]

 

Dass auch das Modell von Beaugrande und Dressler dieser Forschungsrichtung zuzuordnen ist, zeigt ihre Definition von Text. Sie sehen Text „als eine KOMMUNIKATIVE OKKURENZ (…), die sieben Kriterien der TEXTUALITÄT erfüllt. Wenn irgendeines dieser Kriterien als nicht erfüllt betrachtet wird, so gilt der Text nicht als kommunikativ. Daher werden nicht-kommunikative Texte als Nicht-Texte behandelt“.[5] Genauer betrachtet handelt es sich hierbei aber weniger um eine Definition im eigentlichen Sinne. Das Modell von Beaugrande und Dressler stellt eine alternative Herangehensweise an das Problem der Herleitung des Textbegriffs dar. Es wird nicht versucht den ‚Text’ mit Hilfe einer weiteren einseitigen und starren Definition zu erfassen. Vielmehr werden Textualitätskriterien bestimmt, die den Text von verschiedenen Perspektiven aus betrachten und die der Abgrenzung von Texten und so genannten Nicht-Texten dienen sollten.

 

Auch andere Autoren haben sich Gedanken über einen solchen Kriterienkatalog gemacht, der Vorschlag von Beaugrande und Dressler ist dennoch der am häufigsten zitierte und weitgehend akzeptiert.[6] Sie nennen sieben Kriterien, mit deren Hilfe Texte auf ihre Textualität hin überprüft werden können: Kohäsion, Kohärenz, Intentionalität, Akzeptabilität, Informativität, Situationalität und Intertextualität. Im Folgenden gilt es nun diese Kriterien näher zu erläutern und zu klären, ob ein Text tatsächlich alle diese Kriterien erfüllen muss, um aus textlinguistischer Sicht als ‚Text’ zu gelten, ob demnach die so formulierte These von Beaugrande und Dressler aufrechterhalten werden kann.

 

2.1           Kohäsion

 

Das Kriterium der Kohäsion bezieht sich auf die Verknüpfung der Sätze und Satzteile eines Textes mit Hilfe von grammatischen Mitteln. „Es betrifft die Art, wie die Komponenten des OBERFLÄCHENTEXTES, d.h. die Worte, wie wir sie tatsächlich hören oder sehen, miteinander verbunden sind. Die Oberflächenkomponenten hängen durch grammatische Formen und Konventionen von einander ab, so daß also Kohäsion auf GRAMMATISCHEN ABHÄNGIGKEITEN beruht.“[7] Zu den Mitteln der Kohäsion zählen Beaugrande und Dressler alle grammatischen Funktionen, die Beziehungen zwischen Oberflächenelementen anzeigen. Kohäsion wird zumeist geschaffen, indem bestimmte Strukturen, Muster und Elemente der Syntax immer wieder aufgegriffen, verändert, ausgelassen, auf unterschiedliche Weise zusammengefasst oder bestimmte Beziehungen zwischen ihnen geschaffen werden.[8]

 

Kohäsionsstiftende Elemente sind Rekurrenz bzw. partielle Rekurrenz, Parallelismus, Paraphrase, Proformen, Ellipse, die funktionelle Satzperspektive sowie Tempus, Aspekt und Junktion. Diese Funktionen sollen hier nur kurz erläutert werden. Rekurrenz ist schlicht die einfache Wiederholung von sprachlichen Elementen, während die partielle Rekurrenz die Wiederholung von Worten oder Wortstämmen mit einer Änderung der Wortart bedeutet. Um einen Parallelismus handelt es sich, wenn eine syntaktische Struktur mit neuen sprachlichen Elementen wiederkehrt. Eine Paraphrase liegt dann vor, wenn der gleiche Inhalt eines Elementes mit anderen Ausdrücken wiederholt wird. Während Rekurrenz, Parallelismus und Paraphrase dazu dienen inhaltliche Zusammenhänge in Texten stärker zu betonen und Verständlichkeit durch Wiederholung zu schaffen, werden Proformen und Ellipsen dazu verwendet, Texte zu verkürzen und verdichten.

 

Proformen sind kurze und begrifflich leere Worte, die als Platzhalter für Bedeutung tragende Ausdrücke stellvertretend verwendet werden können. Dazu gehören vor allem die Pronomen, die Funktion und Inhalt von Substantiven und Nominalphrasen übernehmen. Werden Struktur und Inhalt wiederholt und gleichzeitig einige Elemente der Oberfläche weggelassen, spricht man von Ellipsen. Der Terminus ‚funktionelle Satzperspektive’ bringt zum Ausdruck, dass allein die Reihenfolge von Wörtern und Satzteilen mitentscheidet über deren Bedeutung und Wichtigkeit. Tempus, Aspekt und Junktion sind Mittel der Kohäsion, die Beziehungen zwischen einzelnen Ereignissen und Situationen im Text verdeutlichen sollen. Die grammatische Kategorie Tempus dient der Kennzeichnung zeitlicher Relationen zwischen einem berichteten Ereignis und dem Zeitpunkt der Aussage. Die Kategorie Aspekt hingegen bezieht sich auf die innere zeitliche Strukturierung des Ereignisses oder der Situation. Junktive - die Bezeichnung ‚Konjunktionen’ ist gebräuchlicher - sind Bindewörter, die ganze Sätze, Satzteile oder einzelne Wörter miteinander verbinden und so deren Additivität, Alternativität, Unvereinbarkeit oder Unterordnung signalisieren.[9]