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Als Ashley Sullivan mit siebzehn Jahren schwanger wurde, änderte sich schlagartig alles. Nachdem der Kindsvater sie und den gemeinsamen Sohn sitzengelassen hatte, verzichtete sie auf ein Studium, schob ihre Pläne, die Welt zu bereisen, auf und machte sich daran, das Café ihrer Familie in Bar Harbor, im Bundesstaat Maine, zu managen. Ihr ganzes Herz widmete sie in den darauffolgenden elf Jahren der Erziehung ihres großartigen Sohnes Kevin. Doch jetzt, als ihr Bruder sie zur Eröffnung seines neuen Hotels in Wien einlädt, beschließt sie, endlich einmal ein wenig von der Abenteuerluft zu schnuppern, nach der sie sich insgeheim immer noch sehnt. Sie hat natürlich nicht vor, irgendwelche Dummheiten zu machen. Schon gar nicht, sich auf etwas so Wildes und Leichtsinniges einzulassen wie auf eine Nacht mit einem super-sexy weltbekannten Rockstar … Seit er mit sechzehn Jahren seine schwere Kindheit hinter sich gelassen hat, ist Nash Hardwin ständig rund um die Uhr unterwegs. Millionen von Fans auf der ganzen Welt lieben ihn, aber er hat nie ein richtiges Zuhause gehabt und hat nie genug Vertrauen zu jemandem gehabt, um sich verlieben zu können. Bis er Ashley Sullivan begegnet. Nachdem sie ihn unverhofft aus einer sehr heiklen Situation erlöst hat, verbringt er mit ihr in Wien den schönsten Tag seines Lebens. Ashley ist liebenswert, schön und intelligent ... und sie hat ein größeres Herz als alle anderen Menschen, denen er je begegnet ist. Als auf diesen perfekten Tag eine noch perfektere Nacht folgt, lässt sich nicht leugnen, dass die beiden eine wunderbare Harmonie verbindet. Werden die alleinerziehende Mutter aus der Kleinstadt und der umherziehende Rockstar auch nur die geringste Chance auf eine gemeinsame Zukunft haben? Oder wird die harte Realität der diametralen Gegensätze es beiden unmöglich machen, dem anderen ihr Herz zu schenken? *** Die Sullivans *** Liebe in deinen Augen Ein verfänglicher Augenblick Begegnung mit der Liebe Nur du in meinem Leben Sag nicht nein zur Liebe Nur von dir hab ich geträumt Lass dich von der Liebe verzaubern Du gehst mir nicht mehr aus dem Sinn Eine perfekte Nacht Nur du allein Deine Liebe muss es sein Dir nah zu sein Ich mag, wie du mich liebst Ohne dich kann ich nicht sein Vier Herzen vor dem Traualtar Bilder von dir Weil es Liebe ist Die Süße der Liebe Das Beste kommt erst noch Liebe ist kein Marchen Wer Liebe sät Irgendwo auf der Welt Halt mich Mit Leib und Seele Herzbeben Wenn du mich jetzt küsst Halte mein Herz
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Seitenzahl: 405
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Die Sullivans aus Maine
Ashley & Nash
Bella Andre
Bucheinband
Titelseite
Copyright
Über das Buch
Eine Anmerkung von Bella
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Epilog
Vielen Dank
Auszug aus Liebst Du Mich?
Auszug aus Feuer in meinem Herzen
Alle Bücher von Bella Andre in deutscher Sprache
Über die Autorin
Halte mein Herz
© 2022 Bella Andre
Die Sullivans aus Maine
Ashley & Nash
Übersetzung Christine L. Weiting – Language + Literary Translations, LLC
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Als Ashley Sullivan mit siebzehn Jahren schwanger wurde, änderte sich schlagartig alles. Nachdem der Kindsvater sie und den gemeinsamen Sohn sitzengelassen hatte, verzichtete sie auf ein Studium, schob ihre Pläne, die Welt zu bereisen, auf und machte sich daran, das Café ihrer Familie in Bar Harbor, im Bundesstaat Maine, zu managen. Ihr ganzes Herz widmete sie in den darauffolgenden elf Jahren der Erziehung ihres großartigen Sohnes Kevin. Doch jetzt, als ihr Bruder sie zur Eröffnung seines neuen Hotels in Wien einlädt, beschließt sie, endlich einmal ein wenig von der Abenteuerluft zu schnuppern, nach der sie sich insgeheim immer noch sehnt. Sie hat natürlich nicht vor, irgendwelche Dummheiten zu machen. Schon gar nicht, sich auf etwas so Wildes und Leichtsinniges einzulassen wie auf eine Nacht mit einem super-sexy weltbekannten Rockstar …
Seit er mit sechzehn Jahren seine schwere Kindheit hinter sich gelassen hat, ist Nash Hardwin ständig rund um die Uhr unterwegs. Millionen von Fans auf der ganzen Welt lieben ihn, aber er hat nie ein richtiges Zuhause gehabt und hat nie genug Vertrauen zu jemandem gehabt, um sich verlieben zu können. Bis er Ashley Sullivan begegnet. Nachdem sie ihn unverhofft aus einer sehr heiklen Situation erlöst hat, verbringt er mit ihr in Wien den schönsten Tag seines Lebens. Ashley ist liebenswert, schön und intelligent … und sie hat ein größeres Herz als alle anderen Menschen, denen er je begegnet ist.
Als auf diesen perfekten Tag eine noch perfektere Nacht folgt, lässt sich nicht leugnen, dass die beiden eine wunderbare Harmonie verbindet. Werden die alleinerziehende Mutter aus der Kleinstadt und der umherziehende Rockstar auch nur die geringste Chance auf eine gemeinsame Zukunft haben? Oder wird die harte Realität der diametralen Gegensätze es beiden unmöglich machen, dem anderen ihr Herz zu schenken?
Ashley Sullivan ist die Art Hauptfigur, die ich am liebsten mag. Obwohl ihr Leben als alleinerziehende Mutter nicht immer einfach ist, lässt sie sich nie unterkriegen und ist für immer dankbar, einen wunderbaren Sohn zu haben. Natürlich musste ich dafür sorgen, dass sie sich nach so vielen Jahren des Alleinseins Hals über Kopf in den heißesten, prachtvollsten Helden verliebt, den man sich vorstellen kann! Der Rockstar Nash Hardwin erfüllt all diese Kriterien und noch einige mehr …
Ich habe es absolut genossen, „Halte mein Herz“ zu schreiben, und ich hoffe, dass Sie die Liebesgeschichte der beiden beim Lesen genauso genießen!
Wenn Sie zum ersten Mal einen Sullivan-Roman lesen, dann sollten Sie wissen, dass sich jedes Buch leicht als Einzelwerk lesen lässt, auch, wenn man die anderen noch nicht kennt.
Ein glückliches Leseerlebnis wünscht Ihnen
Bella
P.S. Weitere Geschichten über die Sullivans aus Maine folgen in Kürze! Bitte melden Sie sich für meinen Newsletter (BellaAndre.com/Germany) an, damit Sie keine der Neuerscheinungen verpassen.
In ihrer Ferienwohnung streckte sich Ashley Sullivan unter dem herrlich weichen Federbett, bevor sie die Decke zurückschlug. Schließlich war sie in Wien, und die Stadt wartete auf sie, gleich vor ihrer Tür. Ihre sechs Geschwister waren schon oft über den großen Teich geflogen. Aber sie war zum ersten Mal im Ausland. Sie liebte ihre Heimat Bar Harbor, im Bundesstaat Maine der Vereinigten Staaten, und konnte sich nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben. Aber sie freute sich unheimlich, in den nächsten achtundvierzig Stunden eine der schönsten Städte Europas erkunden zu können.
Den Vorschlag ihres Bruders Brandon, anlässlich einer seiner Hoteleröffnungen eine Auslandsreise zu machen, hatte sie erst für einen Witz gehalten. Schließlich war Ashley nicht nur die alleinerziehende Mutter ihres elfjährigen Sohnes Kevin, sondern sie leitete auch die Sullivan-Cafés und die irischen Boutiquen in ganz Maine. Außerdem musste sie ständig Katastrophenabwehr spielen, wenn Kevins Vater Josh wieder einmal eine seiner Aktionen landete. Zum Glück hatten die beiden nie geheiratet, obwohl sie mit siebzehn Jahren erschrocken festgestellt hatte, dass sie schwanger war. Was für eine Katastrophe, wenn sie Josh geheiratet hätte …
Aber Ashley dankte ihrem Glücksstern jeden Tag dafür, dass sie Kevin hatte. Ihr Sohn war die Sonne ihres Lebens. Seine Mutter zu sein, war jedes Opfer wert gewesen: dass sie den Abschlussball verpasst hatte, mit achtzehn weder von zu Hause weggezogen noch aufs College gegangen war, und dass sie niemals in einen Traumurlaub nach Europa geflogen war.
Als Kind hatte Ashley Bücher und Fernsehsendungen über ferne Länder geliebt. Sie hatte davon geträumt, Reiseschriftstellerin zu werden, zumindest bis sie merkte, dass sie eigentlich weniger am Schreiben interessiert war als an der Möglichkeit, an exotischen Orten Abenteuer zu erleben.
Endlich konnte sie ihren Traum verwirklichen! Ashley war schon lange fasziniert von allem, was sie in Reiseführern über die Schönheiten Wiens gelesen hatte – von der Kaiserin Sisi über die Lipizzaner der Spanischen Hofreitschule, bis hin zum Schloss Schönbrunn und seinen Gärten. Sie konnte es gar nicht fassen, dass sie jetzt hier war und gleich ihre achtundvierzigstündige Entdeckungstour beginnen würde, die sie in Bar Harbor in allen Einzelheiten geplant hatte.
Nachdem sie in der Nacht zuvor spät gelandet war, hatte sie ein Taxi direkt zu ihrem Apartment genommen. Brandon hatte ihr zwar angeboten, sie in seinem protzigen neuen Hotel unterzubringen, aber obwohl sie ihm für sein Angebot dankbar war, wollte sie diese Reise ganz nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten. Nach ihrem Zeitplan und mit ihrem eigenen Geld. Mit den Jahren hatte sie sich dank ihrer Arbeit als Geschäftsführerin ihres Familienunternehmens ein hübsches Sümmchen zusammengespart.
Normalerweise gab sie ihre Ersparnisse für neue Kleidung und Schuhe für Kevin aus, aus denen er alle paar Monate herauswuchs. Aber an diesem Wochenende freute sie sich darauf, sich selbst etwas zu gönnen. Ein paar Dinge, die sie später an Wien erinnern würden.
Sie ging zur zweiflügeligen Balkontür, zog sie auf und trat hinaus auf einen kleinen Balkon. Doch während sie ihr Gesicht der hellen Morgensonne zuwandte, spürte sie einen Stich in ihrem Herzen. Natürlich wusste sie, dass ihre Eltern sich während ihrer Abwesenheit gut um Kevin kümmern würden, und dass auch ihre Geschwister nur zu gern einspringen würden. Sie hielt sich auch nicht für unentbehrlich, was ihre Arbeit betraf.
Was sie beunruhigte, war, dass sie Kevins Vater kein bisschen über den Weg traute.
Der uferlose Unsinn, den Josh in Bezug auf ihren Sohn verzapfte, machte sie sprachlos. Joshs letzte Schnapsidee war sein Vorschlag gewesen, Kevin könne bei ihm wohnen, während sie weg war. Für die meisten Eltern mit geteiltem Sorgerecht wäre das völlig in Ordnung gewesen. Aber Josh lebte von Junkfood, verbrachte seine Nächte mit Videospielen, riskierte auch bei seinem derzeitigen Job stets die Entlassung und hätte nicht einmal einen Goldfisch am Leben erhalten können. Ihr Ex war völlig übergeschnappt gewesen, als er sie gebeten hatte, ihm den gemeinsamen Sohn für das Wochenende anzuvertrauen.
Glücklicherweise hatte Josh in letzter Sekunde die „Chance seines Lebens“ bekommen, mit ein paar Freunden eine Geländewagentour zu machen. Erst da hatte sie ihren Flug nach Österreich gebucht. Kevin war zwar enttäuscht, dass er nicht bei seinem Vater übernachten konnte, und eigentlich machte es Ashley sehr zu schaffen, wenn Kevin traurig war, aber in diesem Fall war sie unheimlich erleichtert, dass er stattdessen bei ihren Eltern gut aufgehoben sein würde.
Trotzdem stellte sie fest, dass es ihr fast unmöglich war, sich keine Sorgen um Kevin zu machen. Wie hätte es auch anders sein können. Schließlich war er seit ihrem siebzehnten Lebensjahr der Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens. Aus diesem Grund war auch aus keiner ihrer Verabredungen mit Männern je etwas Ernstes geworden. Kein einziger von ihnen hätte dazu getaugt, Kevins Stiefvater zu werden.
Zugegeben, die meisten ihrer Bekanntschaften machten sich gleich wieder aus dem Staub, sobald sie erfuhren, dass sie alleinerziehend war. Und dann waren da noch diejenigen, die behaupteten, Kevin sei für sie „kein Problem“. Ashley wäre lieber für den Rest ihres Lebens allein geblieben, als sich mit einem Mann zufrieden zu geben, dem im Zusammenhang mit Kevin auch nur das Wort Problem in den Sinn kam!
Ihre Schwestern Cassie und Lola versuchten ständig, sie zu überreden, sich öfter mit Männern zu treffen. Aber was Ashley anging, lief alles in ihrem und in Kevins Leben – von Kevins Vater einmal abgesehen – gut. Warum sollte sie also ihre beiden Herzen für einen Kerl aufs Spiel setzen, der es am Ende doch nicht verdient hätte?
Sie holte tief Luft. Bei Kevin ist alles in Ordnung, rief sie sich in Erinnerung. Und du bist hierhergekommen, um ein herrliches Wochenende im Ausland zu verbringen.
Sie bemühte sich, ihre Bedenken zu verdrängen. Entschlossen, das Beste aus ihrem Kurzurlaub zu machen, richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die vor ihr liegenden Straßen der Wiener Innenstadt.
Ashley hatte das Glück gehabt, eine Wohnung mit Blick auf den Michaelerplatz zu finden, einen großen, runden Platz mit einem Brunnen in der Mitte, im Herzen der Stadt. Zu ihrem Wohnhaus gelangte man über einen schmalen Kopfsteinpflasterweg, und obwohl es nicht leicht gewesen war, ihren schweren Koffer drei Stockwerke hochzutragen, hatte es sich gelohnt. Während sie über die Innenstadt blickte, fühlte sie sich gleichzeitig sicher und geborgen vor den Menschenmassen und doch als Teil des Ganzen.
Im frühmorgendlichen Wien waren viele Menschen unterwegs. Die Tische der Cafés waren voll besetzt mit Touristen und Geschäftsleuten, die Kaffee oder Tee tranken und etwas aßen, das nach köstlichen Wiener Frühstücksspezialitäten aussah.
Sie hatte sich Sorgen gemacht, sie könnte wie eine Touristin aussehen, und daher beim Packen darauf geachtet, mehr elegante als lässige Teile mitzunehmen, obwohl sie in Bar Harbor normalerweise in Jeans und T-Shirt herumlief. Obwohl es ihr niemals hätte gelingen können, den leicht ausgefallenen Look der schick gekleideten Wiener Frauen zu erzielen, die gerade zur Arbeit gingen, war sie froh, dass sie ihre Garderobe für die nächsten Tage sorgfältig zusammengestellt hatte.
Ashley überlegte grinsend, wie ihre Familie wohl reagieren würde, wenn sie mit einem platinblonden Kurzhaarschnitt Wiener Art nach Hause käme, statt mit ihren altvertrauten schulterlangen, gewellten braunen Haaren. Für ein paar Augenblicke machte es Spaß, sich vorzustellen, jemand anderes zu sein. Eine arrivierte Managerin. Ein TV-Star. Oder eine männermordende Femme Fatale, die mit ihrem Sex-Appeal alle blendete.
Sie lachte bei der absurden Vorstellung, etwas anderes zu sein als eine alleinerziehende Mutter aus der Kleinstadt. Ein attraktiver Mann hörte ihr Lachen und sah von der Straße zu ihr hoch. Er trug einen glatt gebügelten Anzug, hatte glänzende Haare und sein aufforderndes Lächeln kündete von einem wohlverdienten Ruf als Frauenheld. Aber trotz seines guten Aussehens ließ er ihr Herz nicht höherschlagen.
Ashley hatte sich schon immer eher zu wilderen Typen hingezogen gefühlt, die sich nicht unbedingt jeden Tag rasierten oder an Anzug und Krawatte gewöhnt waren. Obwohl sie seit der Highschool keine ernsthafte Beziehung mehr gehabt hatte, hatte sie genauso viele Bedürfnisse wie jede andere auch. Der große Unterschied zwischen ihr und anderen Frauen war, dass sich seit ihrem siebzehnten Lebensjahr alles um ihren Sohn drehte. Und da es keine Männer gab, denen sie nicht nur ihr Herz, sondern auch das ihres Sohnes anvertrauen konnte, hatte sie sich damit abgefunden, dass ihre einzige Beziehung zu einem Mann auf absehbare Zeit ihre heimlichen nächtlichen Fantasien über den Musiker Nash Hardwin sein würden.
Sie hatte sich noch nie viel aus Prominenten oder Popstars gemacht, aber seine Musik hatte etwas, das sie immer in ihren Bann zog. Nachdem sie ihn vor einigen Jahren an einem ihrer seltenen Ausgeh-Abende bei einem Konzert gesehen hatte, war sie eingeschlafen und hatte davon geträumt, mit ihm im Bett zu liegen. Einige Frauen träumten von Filmstars, andere von Profisportlern. Ihre nächtlichen Fantasien drehte sich um Nash und waren ihr kleines Geheimnis.
Vielleicht würde Ashley, wenn Kevin erst einmal achtzehn war und sie ihn erfolgreich in die Welt entlassen hätte, ihren eigenen Bedürfnissen als sinnliche Frau etwas mehr Bedeutung beimessen. Vorher jedoch definitiv nicht.
Es hatte keinen Sinn zu leugnen, dass es Narben bei ihr hinterlassen hatte, als sie gleich bei ihrem ersten Mal schwanger geworden war. Diese Narben waren so tief, dass sie seither für ihr Leben den steinigen, rechten Weg gewählt hatte, um sich selbst und Kevin zu schützen. Im Moment würde es bei ihren nächtlichen Fantasien über einen sexy Rockstar, dem sie niemals begegnen würde, bleiben müssen.
Sie ging wieder ins Zimmer und dann in Richtung Dusche. Dreißig Minuten später trug sie ein wunderschön bedrucktes Wickelkleid, das ihre Schwester Lola ihr letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hatte. Sie zog ihre Ballerinas an, drehte sich vor dem Spiegel, fühlte sich hübsch und war glücklich. Sie war startbereit und würde in den nächsten zwei Tagen so viel von der Schönheit Wiens in sich aufnehmen, wie sie nur konnte.
Gerade wollte sie zur Tür hinaus, da kam eine SMS von Brandon.
Hey, Ash, ich hoffe, Dein Flug war gut und Du hast heute Nacht gut geschlafen. Da Du schon nicht in meinem Hotel übernachten wolltest, bestehe ich darauf, Dich zum Frühstück auszuführen. Schick mir eine SMS, sobald Du wach bist, und dann treffen wir uns in dem Café gegenüber deiner Wohnung.
Wie alle in ihrer Familie wollte Brandon sich unbedingt um sie kümmern. Deshalb hatte sie auch nicht in seinem neu eröffneten Hotel übernachten wollen, obwohl sie wusste, dass es dort unglaublich luxuriös gewesen wäre. Ausnahmsweise wollte sie einmal genau das tun, was sie wollte. Sie hoffte, dass ein wenig Abstand ihren Bruder davon abhalten würde, auf ihrer ersten Auslandsreise den Babysitter zu spielen. Außerdem wusste sie, dass er bei solchen Hoteleröffnungen immer sehr viel zu tun hatte. Sie wollte nicht, dass er wegen ihr das Gefühl bekam, seine eigene Arbeit vernachlässigen zu müssen.
Trotzdem freute sie sich heute Morgen auf das gemeinsame Frühstück mit ihm. Bevor sie sich auf den Weg ins Ungewisse machte, wäre es nett, eine Tasse Kaffee mit ihrem Bruder zu trinken, den sie sehr liebhatte und viel zu selten sah.
Sie schrieb zurück, dass sie sich gern mit ihm treffen würde, und er antwortete, er sei gleich da. Beschwingt lief sie die Treppe hinunter. Erstaunlicherweise war ihr Bruder schon da, als sie beim nächsten Café angelangt war.
Brandon umarmte sie. „Herzlich willkommen in Wien, Ash.“
„Danke.“ Sie drehte sich langsam im Kreis, um den schönen Brunnen, das Kopfsteinpflaster und die alten Steinhäuser auf sich wirken zu lassen. „Ich bin jetzt schon begeistert.“
Ihr Bruder grinste angesichts ihrer Freude und führte sie dann zu einem freien Tisch. Er gab einem Kellner ein Zeichen, die Speisekarten zu bringen, und sagte: „Ich wusste, dass Wien dir gefallen würde. Ehrlich gesagt, ist es unglaublich, dass es so viele Jahre gedauert hat, dich einmal aus den USA herauszuholen.“
„Versuch du erst mal, ein Kind allein großzuziehen, und dann sagst du mir, wie viel Freizeit dir noch bleibt, um in der Weltgeschichte herumzureisen.“
„Das kann ich nicht bestreiten. Obwohl du weißt, dass ich versucht bin, es aus Spaß am Widerspruch doch zu tun.“
Sie lachte. „Du wärst nicht Brandon Sullivan, wenn es anders wäre.“ Als der Kellner ihr die Speisekarte geben wollte, wies sie auf einen Tisch, der zwei Tische weiter stand. Der Apfelstrudel, den der Mann aß, sah himmlisch aus. „Ich nehme das, was er hat. Und einen Espresso, bitte.“
„Ah“, sagte der Kellner lächelnd, „unser Apfelstrudel gilt als der beste in Wien.“
„Ich kann es kaum erwarten, ihn zu kosten.“
Obwohl er ihre Bestellung bereits aufgenommen hatte, schaute der Kellner ihr noch einige Sekunden lang in die Augen. Sie hatte das Gefühl, dass er mit ihr flirtete. Ob er sie wohl nach dem Frühstück nach ihrer Nummer fragen wollte?
Sie warf Brandon einen Blick zu, um zu sehen, ob er das auch bemerkt hatte, aber nachdem er dem Kellner gesagt hatte, er nähme dasselbe, scrollte er weiter durch die Nachrichten auf seinem Handy.
Natürlich würde es ihr Bruder nicht bemerken, wenn jemand mit ihr flirtete. Schließlich war sie in seinen Augen immer noch die naive kleine Schwester, die sich auf der Highschool hatte schwängern lassen.
Obwohl sie die Mutter eines elfjährigen Sohnes war, bezweifelte sie, dass Brandon oder ein anderer ihrer älteren Brüder begriffen hatte, dass sie jetzt eine erwachsene Frau war. Sie behandelten sie nicht bewusst von oben herab, also nahm sie es nicht persönlich. Aber manchmal fragte sie sich, ob sie sie jemals wie eine Gleichaltrige behandeln würden anstatt als kleine Schwester, auf die man ständig aufpassen musste.
„Was willst du denn als Erstes besichtigen?“, fragte Brandon. „Du hast dein Wochenende in Wien doch bestimmt mit einer Excel-Tabelle geplant!“
Brandon hatte den Nagel auf den Kopf getroffen, er kannte sie zu gut. In ihrer Tasche hatte sie tatsächlich eine ausgedruckte Tabelle mit den Öffnungszeiten der Museen und Parks, die sie besuchen wollte. Aber plötzlich wollte sie nicht mehr die leicht durchschaubare Ashley sein, die sie immer gewesen war.
Also winkte sie ab, anstatt ihren Besichtigungsplan hervorzuholen. „Ich weiß noch nicht, wo ich zuerst hingehen werde. Ich werde mich einfach treiben lassen.“
Brandon sah sie an, als hätte sie eine Schraube locker. „Du willst dich einfach treiben lassen? Die Frau, die nachts praktisch mit einer Excel-Tabelle unter dem Kopfkissen schläft?“
„Genau, Brandon. Ich werde heute einmal ganz spontan sein.“ Wie ungläubig er es aufnahm, dass sie sich einen schönen Tag machen konnte, ohne jede Sekunde im Voraus zu planen, ärgerte sie. „Ich bin doch hier, um mit dir zu frühstücken, oder? Das hatte ich bestimmt nicht geplant.“
Er hob beschwichtigend die Hände. „Kein Grund zur Aufregung, Ash. Ich glaube, ich mache mir nur ein bisschen Sorgen um dich, weil du noch nie allein in einer fremden Stadt herumgelaufen bist. Ich wünschte, ich könnte heute mit dir abhängen, aber egal, wie viel Arbeit man in so eine Hoteleröffnung steckt, irgendetwas geht immer –“
Mitten im Satz unterbrach ihn das Klingeln seines Telefons.
„Wenn man vom Teufel spricht … Das ist ein SOS-Anruf von meiner Assistentin. Da muss bereits etwas schiefgelaufen sein.“
Er warf Ashley einen entschuldigenden Blick zu und nahm den Anruf entgegen. „Was gibt‘s?“ Während er zuhörte, wich ihm langsam die Farben aus den Wangen. „Ich bin gleich da.“ Er steckte das Handy ein, stand auf und legte zwanzig Euro auf den Tisch.
„Was ist denn passiert?“, fragte Ashley und stand ebenfalls auf. Es tat ihr ein bisschen leid, dass sie den Apfelstrudel jetzt doch nicht probieren konnte, wusste aber, dass es viel wichtiger war, ihren Bruder zu unterstützen.
„Einer meiner Mitarbeiter muss ausgeplaudert haben, wer morgen Abend Stargast bei der Eröffnungsparty ist.“ Brandon sah wütend aus, während sie schnell in Richtung seines neuesten SLVN-Hotels gingen.
„Wer ist es denn?“
„Nash Hardwin. Scheinbar bildet sich gerade vor dem Hotel eine Menschenmenge, die den Verkehr blockiert und viel Lärm macht. Die Polizei verlangt, dass wir uns sofort um das Problem kümmern.“
Beim Klang von Nashs Namen durchfuhr Ashley ein kleiner Schauer. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass er ausgerechnet an dem Wochenende nach Wien kommen würde, an dem sie auch hier war. Und sie hatte definitiv nicht gewusst, dass Brandon geschäftlich mit ihm zu tun hatte.
Obwohl er ihr heimlicher Traummann war, wusste sie nicht viel mehr über Nashs Leben, als dass seine Musik die Grenzen zwischen Rock, Pop und Country auflöste und das Publikum dieser drei Genres gleichermaßen ansprach.
Obwohl ihr Bruder von ihren Fantasien nichts ahnte, kämpfte sie plötzlich dagegen an, rot zu werden bei dem Gedanken, dass Nash sich in Brandons Hotel aufhielt. Wenn Sie ihn kennenlernen wollte, würde ihr Bruder wahrscheinlich etwas arrangieren können. Aber eine persönliche Begegnung würde ihr wahrscheinlich ihre Fantasie verderben. Sie würde am Ende doch nur sprachlos und unbeholfen dastehen und sich wünschen, im Erdboden zu versinken. Also würde sie Brandon diesbezüglich nicht um einen Gefallen bitten.
„Tut mir leid, dass wir wieder wegmussten, bevor wir etwas essen konnten, Ash, aber da wir schon mal auf dem Weg zum Hotel sind, würde ich dir gern von der Küche etwas richten lassen und dir danach das neue Hotel zeigen, wenn du so lange warten kannst, bis ich die Sache mit Nash und der Polizei geklärt habe.“
„Klingt gut“, sagte sie, während sie einen Schritt zulegten. „Kanntest du Nash eigentlich, bevor er nach Wien gekommen ist?“
„Ich bin ihm im Laufe der Jahre ein paar Mal begegnet. Wir haben ab und zu ein Bier miteinander getrunken. Ich weiß, dass er nicht den besten Ruf hat, aber ich habe ihn immer für einen netten Kerl gehalten, trotz seiner nicht ganz astreinen Vergangenheit.“
Auch wenn Ashley nicht über alle Promigeschichten auf dem Laufenden war, hatte sie davon gehört, dass Nash ein paar Mal mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Sie fand es nicht in Ordnung, wenn jemand gegen Gesetze verstieß, aber ein kleiner Teil von ihr fand seine verruchte Vergangenheit ein bisschen sexy.
„Was hat er denn genau getan, um sich den Ruf zu verderben?“
„Soweit ich mich erinnere, hat vor Jahren mal in der Zeitung gestanden, er hätte mit Diebstahl, Schlägereien und Drogen zu tun gehabt.“
„Wow.“ Davon hatte sie keine Ahnung gehabt. „Klingt, als hätte er ganz schön was auf dem Kerbholz.“
„Kann sein. Vielleicht aber auch nicht, und sie haben bei den Geschichten über seine Jugend maßlos übertrieben.“ Brandon zuckte mit den Achseln. „Ehrlich gesagt, wer weiß schon, was wahr ist? Über Smith, Ford, Nicola und Tatiana sind im Laufe der Jahre schon viele Lügengeschichten geschrieben worden. Es würde mich nicht überraschen, wenn das auch bei Nash so wäre.“
Ihr Bruder hatte recht. Bei ihren berühmten Cousins und Cousinen und den Promis, mit denen einige von ihnen verheiratet waren, bestand ein Riesenunterschied zwischen den Menschen, die sie im wirklichen Leben waren, und den erfundenen Darstellungen, die in der Presse über sie im Umlauf waren.
Ashley fragte sich, was in Bezug auf Nash wirklich wahr war.
„Wie ich schon sagte“, fügte Brandon hinzu, „die paar Male, die ich Nash getroffen habe, war er mir sympathisch. Außerdem hatte ich wirklich Glück, dass die Eröffnung heute Abend in seinen chaotischen Terminkalender gepasst hat. Ab übermorgen ist er nämlich sechs Wochen lang auf Tournee und danach muss er gleich ins Studio, um ein neues Album aufzunehmen. Es wäre mir sehr unangenehm, wenn er seine Bereitschaft, bei meiner Hoteleröffnung zu spielen, bereuen müsste.“
Sie waren noch zwei lange Häuserblocks von Brandons Hotel entfernt, als ihnen allmählich klar wurde, warum die Wiener Polizei so viele Anrufe von verärgerten Einheimischen erhalten hatte. Von der Straße vor dem Hotel drang lauter Lärm zu ihnen.
Richtig lauter Lärm.
Ashley erblickte eine Frau, die schrie: „Nash, ich liebe dich!“ Kurz darauf rief eine andere: „Nash, heirate mich!“ Und eine dritte stimmte ein mit: „Nash, ich will ein Kind von dir!“
Ashley wusste, dass sie eigentlich nicht hätte lachen sollen. Schließlich war das alles für ihren Bruder am Vorabend der Eröffnung seines Hotels nicht zum Lachen. Aber trotz ihrer eigenen geheimen Fantasien über Nash konnte sie sich nicht vorstellen, jemals zu rufen, sie wolle ein Kind von ihm.
Nie und nimmer. Das hatte sie schon zur Genüge erlebt, mit Kind von einem Kerl sitzengelassen zu werden. Sie fände es jedenfalls schrecklich, von einem umherziehenden Rockstar schwanger zu werden.
Sicher, ihre Cousine Mia hatte ja auch Ford Vincent, einen liebevollen, zuverlässigen Rockstar, geheiratet. Und ihr Cousin Marcus war mit Nicola verheiratet, einer begnadeten Musikerin, die Ashleys Cousin zum glücklichsten Mann der Welt gemacht hatte. Aber Ford und Nicola waren Ausnahmen.
Es konnte auf der Welt nicht noch einen anderen berühmten Musiker geben, der für die Liebe alles aufgeben würde.
„Das ist schlimmer, als ich dachte“, murmelte Brandon.
Aber Ashley war sehr zuversichtlich, dass er einen Ausweg aus diesem Chaos finden würde. Brandon war ein genialer Problemlöser, das war er schon immer gewesen. Wenn sie als Kinder kurz davorstanden, bei etwas Verbotenem erwischt zu werden, hatte er sich immer etwas einfallen lassen, um den Tatort ungestraft zu verlassen.
Ihr Bruder besah sich die Menschenmenge und runzelte die Stirn. „Nash wird durch den Hinterausgang verschwinden müssen. Falls er damit überhaupt durchkommt, wenn man bedenkt, dass seine Fans ihn bestimmt schon von weitem wittern.“ Brandon blickte von Sekunde zu Sekunde grimmiger drein, was kein Wunder war, denn der Dezibelpegel stieg weiter an, während immer mehr Fans in das Gedränge strömten. „Im Moment würde er mir sicher am liebsten den Kopf abreißen. Zumal ich ihm absolute Diskretion versprochen hatte.“
Von der Straße aus führte Brandon seine Schwester in eine Seitengasse, von der aus man Zugang zu einem Lastenaufzug hatte. Er hielt seinen Zugangsausweis kurz an den Touchscreen, und in dem Moment wurde ihr klar, dass Brandon beabsichtigte, sie zu seinem Treffen mit Nash nach oben mitzunehmen.
„Ich sollte in der Hotelhalle warten“, sagte sie. Ihre Anwesenheit würde alles sicherlich nur noch komplizierter machen. Vor allem, wenn sie beim Anblick von Nash – live und in natura – total weiche Knie bekäme.
Brandon zog sie in den Lastenaufzug. „Ich fürchte, ich brauche dich als Blitzableiter, Ash.“
„Was?“ Sie hatte keine Ahnung, was er damit meinen könnte.
„Solange, bis ich einen Plan B habe“, erklärte er, „hoffe ich, dass Nash keine Lust haben wird, vor den Augen meiner Schwester Kleinholz aus mir zu machen.“
Bevor sie protestieren konnte, waren sie im obersten Stockwerk angelangt und die Aufzugtür ging auf.
Brandon klopfte an die einzige Tür auf der ganzen Etage. „Nash“, rief er, „hier ist Brandon Sullivan.“
Nash riss die Tür auf. „Was zum Teufel ist da draußen los? Das klingt ja, als wären die Beatles in der Stadt.“
Ashley fiel sofort auf, dass Nash Hardwin der mit Abstand attraktivste Mann war, der ihr je unter die Augen gekommen war. Natürlich hatte sie ihn schon immer für sehr männlich und gutaussehend gehalten. Aber jetzt, da sie ihm persönlich gegenüberstand? Im Moment konnte sie ihn nur anstarren.
„Sobald ich herausfinde, wer ausgeplaudert hat, dass du hier bist“, sagte Brandon, „wird der- oder diejenige für alle Zeiten in keiner Stadt der Welt mehr eine Stelle in einem Hotel bekommen, das kann ich dir versichern. Und mein Team arbeitet bereits mit den Wiener Behörden zusammen, um deine Fans ohne weitere Zwischenfälle nach Hause zu schicken. Da dies aber einige Zeit in Anspruch nehmen könnte, müssen wir dich unbedingt so schnell wie möglich an einen geheimen Ort bringen.“ Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Wenn ich nur wüsste, wie ich dich an den Fans vorbeischleusen kann, die buchstäblich jeden Ausgang besetzt haben.“
Ashley wusste nicht, was sie dazu brachte, den Mund aufzumachen. Sie wusste nur, dass ihr die Worte herausrutschten, bevor sie sie aufhalten konnte. „Und wenn Nash sich verkleiden würde?“
Nash drehte sich zu ihr um, und ihr wurde klar, dass er in seiner anfänglichen Rage nicht gesehen hatte, dass sie hinter ihrem Bruder stand. Mit glühendem Blick sah er sie an.
Sie hätte beinahe lachen müssen, als ihr das Wort „glühend“ in den Sinn kam. Aber anders hätte sie es nicht beschreiben können. Nash war erschreckend sexy, ohne sich bemühen zu müssen. Und sie war absolut sicher, dass er sich nicht darum bemühte, denn im Gegensatz zu dem Kellner beim Frühstück deutete nichts in Nashs Gesichtsausdruck auf einen Flirtversuch hin.
„Und wer bist du?“
„Ashley Sullivan, Brandons Schwester.“ Sie spürte, dass in ihrem Bruder bei Nashs Ton die Empörung hochstieg und legte ihm beschwichtigend eine Hand auf den Arm, damit er nichts sagte, was er später bereuen würde. „Ich dachte nur, wenn Sie mehr wie ein Tourist aussehen würden als wie ein Rockstar …“ Sie deutete auf seine schwarze Jeans, das schwarze T-Shirt und die schwarzen Stiefel. „Vielleicht könnten Sie dann unbemerkt entkommen.“
„Ich habe schon öfter versucht, mich zu tarnen, aber es hat nie funktioniert“, sagte er und verwarf ihre Idee sofort. „Die Fans wissen immer, dass ich es bin.“
Nun, damit wusste sie Bescheid. Was ihn nicht weniger sexy machte, das musste sie zugeben. Genauso wie sie zugeben musste, dass diese persönliche Begegnung mit ihm sehr wohl neue nächtliche Fantasien anregen könnte. In denen sich sein finsterer Blick in Küsse verwandelte … Sie spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg, und versuchte, ihre unpassenden Gedanken zu verdrängen.
„Eigentlich, Nash“, sagte Brandon, während er seinen Blick von Nash zu ihr und dann wieder zurück schweifen ließ, „glaube ich, dass Ashley nicht Unrecht hat.“ Aus irgendeinem Grund wirkte ihr Bruder plötzlich sehr viel zuversichtlicher. „Wenn du uns reinlässt, kann ich dir erklären, warum ich glaube, dass eine Tarnung dieses Mal funktionieren könnte.“
Ashley fragte sich, was ihr Bruder vorhatte. Und warum er sie die ganze Zeit so ansah. Sie wusste, wenn Brandon etwas im Schilde führte.
Dennoch konnte sie sich nicht vorstellen, inwiefern seine Pläne für Nash irgendetwas mit ihr zu tun haben könnten.
Obwohl er nicht begeistert aussah, trat Nash zur Seite und ließ sie in seine luxuriöse Penthouse-Suite eintreten. Je weiter sie in den Raum hereinkamen, desto lauter war die Menge draußen zu hören.
„Das sind die besten schalldichten Fenster, die man für Geld kaufen kann“, brummte Brandon, „und trotzdem ist es hier drin wahnsinnig laut. Kein Wunder, dass alle Nachbarn im Umkreis von einer halben Meile bei der Polizei anrufen und sich beschweren.“ Er sah Nash an. „Warum zum Teufel sind bloß so viele Frauen verrückt nach dir?“
Nash zuckte die Achseln mit der Nonchalance eines Mannes, der offensichtlich noch nie von einer Frau abgewiesen worden war. „Es ist die Musik. Da ist es egal, wer am Mikrofon sitzt oder die Gitarre hält. Sie sind nicht nach mir verrückt.“
Das war zwar eine überraschend bescheidene Aussage, aber Ashley glaubte nicht, dass Nashs Anziehungskraft wirklich nur in der Musik lag. Sicher, seine Lieder waren großartig. Aber Nash hatte etwas Besonderes. Ein gewisses Etwas, das es einem schwer machte, den Blick von ihm abzuwenden. Und das selbst eine tugendhafte Frau wie Ashley dazu brachte, über ihn zu fantasieren.
„Und was wäre dein großer Plan?“, fragte er Brandon.
Brandon warf Ashley noch einen Blick zu, der ihr überhaupt nicht gefiel. Denn das Intrigantenhirn ihres Bruders schien gerade auf Hochtouren zu laufen.
Schließlich erklärte er: „Das Wichtigste ist, dass du nicht allein aus dem Gebäude herauskommst. Stattdessen verlässt du gemeinsam mit Ashley das Hotel und ihr seht aus wie ein Ehepaar, das seinen europäischen Traumurlaub in Wien verbringt.“
„Nein.“ Ashley antwortete als erste, knapp und etwas zu laut. „Du kannst mich da nicht mit reinziehen.“ Sie starrte ihren Bruder an und fragte sich, wie er so verblendet sein konnte, zu glauben, seine Idee könnte tatsächlich funktionieren. „Wir könnten uns noch so gut verkleiden, es würde nie im Leben einer glauben, dass Nash und ich verheiratet sind.“
„Warum eigentlich nicht?“, fragte Nash.
Erschrocken starrte sie ihn an. Zog er Brandons verrückte Idee tatsächlich in Betracht? „Alles an Ihnen sieht nach Rockstar aus“, sagte sie zu Nash. „Wohingegen an mir alles nach Normalo aussieht. Verkleidung hin oder her, daran wird sich nichts ändern.“ Ihr war schleierhaft, warum sie Nash und Brandon etwas so Offensichtliches erklären musste. „Und deshalb gehe ich jetzt. Dann könnt ihr beiden euch eine andere Lösung für dieses Problem überlegen.“
Sie war schon auf halbem Weg zur Tür, als Nash sagte: „Wenn Sie die Rolle meiner Frau spielen würden, würde mir das sehr helfen, Ashley.“
Sie versuchte zu ignorieren, dass der Klang ihres Namens auf seinen Lippen sie mit Wärme durchströmte, und drehte sich langsam um, zu einem letzten Versuch, die beiden Männer zur Vernunft zu bringen. „Natürlich wünsche ich Ihnen alles Gute, damit Sie hier heil herauskommen, Nash. Und es tut mir auch wirklich leid, dass Sie sich mit so etwas herumschlagen müssen, denn lustig ist das bestimmt nicht. Aber es ist nun einmal eine Tatsache, dass ich für Sie nicht die richtige Frau bin.“
Bevor Nash noch etwas sagen konnte, legte Brandon seinen Arm um ihre Schultern und sah sie flehend an. „Verstehst du denn nicht, Ash? Genau deshalb bist du so perfekt für diese Sache. Da niemand auf die Idee käme, dass du mit ihm zusammen bist, würde der verkleidete Nash in deiner Begleitung niemals für den gehalten, der er ist.“
Ashley reagierte auf diese Logik ihres Bruders nicht beleidigt. Brandon meinte es ja nicht böse. Er war einfach derselben Meinung wie sie, dass sie als Normalo-Frau durchging und nicht als Rockstar-Freundin.
„Da irrst du dich, Brandon“, sagte Nash. „Voll daneben.“ Er blickte ihr in die Augen und hielt sie mit einer Sonderportion Glut im Blick einen Moment lang in seinem Bann. „Sie sind hinreißend, Ashley. Jeder Mann, den Sie sich als Partner aussuchen, kann sich glücklich schätzen.“
Aus der Tiefe von Brandons Brust erklang ein Grollen, während er seinen prominenten Gast ins Visier nahm. „Wag es bloß nicht, meine Schwester als eine deiner Eroberungen in Betracht zu ziehen.“
Ehrlich gesagt, wusste Ashley nicht, wie sie reagieren sollte. Auf nichts von alledem. Sie war hierhergekommen, um Sehenswürdigkeiten auf der Liste ihrer Lebenswünsche abzuhaken. Und nicht, um mit ihrem Bruder und einem überlebensgroßen Musiker zu debattieren.
Wie hatte ihr erster Tag in Wien nur so schnell aus den Fugen geraten können?
Zugegeben, wenn das alles erst einmal vorbei war, würde ihr ewig das schwindelerregende Gefühl im Magen in Erinnerung bleiben, das sie bekommen hatte, als Nash Hardwin sagte, sie sei „hinreißend“.
Sie wunderte sich, dass Nash sie immer noch anstarrte, anstatt auf Brandons drohende Bemerkung einzugehen. Das Glühen war immer noch da, und wieder hatte sie das Gefühl, dass er es nicht einfach aufsetzte, nur um sie umzustimmen. Sein atemberaubender Sexappeal war einfach ein Teil seiner Natur, so wie die haselnussbraunen Augen und das braune Haar bei ihr.
„Ich wäre Ihnen wirklich dankbar für Ihre Hilfe“, sagte er erneut und musste ziemlich laut sprechen, um von den Frauen, die draußen seinen Namen schrien, nicht übertönt zu werden. „Wenn ich Ihnen in Zukunft irgendeinen Gefallen tun kann, werde ich mich auf jeden Fall erkenntlich zeigen.“
Das Leben als alleinerziehende Mutter hatte Ashley im Laufe der Jahre zwar ziemlich abgehärtet, aber sie konnte sich trotzdem nicht von jemandem abwenden, der wirklich Hilfe brauchte. Und da der Lärm unten auf der Straße immer lauter wurde, brauchte Nash eindeutig Hilfe.
„Okay.“ Sie seufzte hörbar. „Ich werde Ihnen helfen. Aber wenn das alles schiefgeht …“
„Das wird es nicht.“ Nash hielt ihrem Blick noch einen Moment länger stand, bevor er sich schließlich Brandon zuwandte. „Kannst du für uns beide Kleidung, Hüte, Brillen und Schuhe besorgen?“
Obwohl er nickte, sah Brandon immer noch nicht gerade glücklich aus, als er einen weiteren bedrohlichen Schritt auf Nash zu machte. „Ich habe es ernst gemeint, als ich sagte, dass du besser die Finger von meiner Schwester lässt. Sie tut uns heute einen Gefallen. Komm also nicht auf dumme Gedanken. Sonst …“
Genervt von dem Verhalten ihres Bruders – zumal, weil Brandon ihr zuvor gesagt hatte, wie sympathisch ihm Nash trotz seiner Vergangenheit war – stellte sich Ashley zwischen die Männer, legte Brandon ihre flachen Hände auf die Brust und schob ihn von Nash weg. Sie sah schon die Katastrophe vor sich, wenn sich die beiden im Hotel prügeln würden. Brandon und ihre anderen Brüder gerieten sich zwar manchmal in die Haare. Aber das war etwas ganz anderes, als wenn er mit seinem prominenten Gast einen Streit anfing, nur weil er zu glauben schien, sie wäre immer noch seine hilflose kleine Schwester.
„Ich kann schon selbst auf mich aufpassen“, sagte sie zu ihrem Bruder, auch wenn sie vermutete, dass er es wohl nie begreifen würde. „Und ich bin sicher, dass Nash absolut nicht die Absicht hat, mir in irgendeiner Weise zu nahe zu treten“, fügte sie hinzu und fühlte sich plötzlich wie eine Heldin in einem Historienfilm. „Bitte hol uns ein paar Sachen zum Verkleiden, damit wir Nash von hier wegkriegen, bevor die Ansammlung da draußen noch größer wird. Ich fände es furchtbar, wenn es Verletzte gäbe.“
„Ich auch“, sagte Nash und schaute stirnrunzelnd aus dem Fenster auf die immer größer werdende Menge seiner Fans. „Es gibt nichts Schlimmeres, als zu hören, dass sich einer meiner Fans bei einem Konzert verletzt hat. Wenn heute jemand verletzt würde …“
„Dazu lasse ich es nicht kommen“, sagte Brandon. „Du hast mein Wort. Und ich werde auch dafür sorgen, dass sich vor dem Hotel nicht wieder eine Menschenmenge bildet.“ Mit einem weiteren warnenden Blick zu Nash drehte er sich um und verließ das Zimmer.
„Das Gute an der Sache ist, dass mein Bruder immer zu seinem Wort steht“, sagte Ashley zu Nash, als sie allein waren. „Ich bin mir sicher, dass Ihren Fans da draußen nichts zustoßen wird.“ Dann fügte sie in leicht entschuldigendem Ton hinzu: „Das Schlechte ist, dass er mich und meine beiden Schwestern immer überbehütet hat. Unser Vater hat auch einen ziemlichen Beschützerdrang. Genau wie meine anderen Brüder – und einige meiner Cousins, wenn ich es recht bedenke. Bitte nehmen Sie es nicht persönlich.“ Dabei wussten sie beide genau, dass es durchaus persönlich gemeint gewesen war.
Aber Nash lächelte nur und sagte: „Es ist schön, wenn man eine Familie hat, die sich um einen kümmert. Und im Übrigen schlage ich vor, dass wir uns duzen, das ist im Showgeschäft so üblich.“
Das war das Letzte, was sie von ihm erwartet hatte, und sie schätzte es, dass er anscheinend keinen Anstoß an Brandons Verhalten genommen hatte. „Gern“, sagte sie. Einen Moment lang hatte sie den Eindruck, Nash wollte noch etwas sagen – vielleicht, um ihr von seiner eigenen Familie zu erzählen?
Stattdessen wies er auf das Frühstücksbuffet, das auf einem Beistelltisch aufgebaut war. „Hast du Hunger? Oder Durst?“
Ihr knurrender Magen gab die Antwort. Sie hatte keine Gelegenheit gehabt zu frühstücken, und die letzte Mahlzeit im Flieger war schon eine Ewigkeit her. „Wie du gerade selbst gehört hast, bin ich völlig ausgehungert.“
Sie glaubte, ein Lachen in seinen Augen zu sehen, als er sagte: „Nimm dir, was du magst.“
Sie nahm einen Teller und legte etwas Obstsalat und ein köstlich aussehendes Frühstücksteil darauf. Nash tat dasselbe, und dann setzten sie sich beide an den Esstisch seiner Suite.
Sie hätten jetzt wohl schweigend essen können, bis Brandon zurückkam, aber sie konnte nicht aufhören, sich über etwas zu wundern. „Ist es eigentlich schwer? Wenn dich so viele Menschen sehen wollen? Mit dir reden? Die gleiche Luft atmen wie du?“ Sie ließ aus, dass viele ein Kind von ihm wollten, und sagte stattdessen: „Ist es schwer für dich, dich immer verkleiden zu müssen, um aus einem Hotelzimmer rauszukommen?“
Er antwortete einige Augenblicke lang nicht, sodass sie genügend Zeit hatte, sich ein Stück Gebäck in den Mund zu stecken. Donnerwetter, das war lecker. Leicht, locker und mit einem herrlichen Geschmack. Sie würde Brandon bitten müssen, seinen Koch zu fragen, was es war. Vielleicht könnte sie ihrer Mutter das Rezept für das Café zu Hause geben.
Endlich sagte Nash etwas. „Es gibt nichts Schlimmeres als Promis, die sich über ihre Fans beschweren.“
Über Fans, die in diesem Moment immer noch lauthals seinen Namen schrien.
Sie lächelte über den Tisch hinweg. „Wie wäre es, wenn ich die Frage anders formuliere, damit die Antwort nicht als Beschwerde aufgefasst werden kann? Fühlt es sich seltsam an, in so einer Situation zu sein, auch wenn du den Menschen, die dir zum Erfolg verholfen haben, sehr dankbar bist?“
Sie war überrascht, wie leicht es ihr fiel, mit Nash zu reden. Sie war nicht annähernd so kontaktfreudig wie die anderen Frauen in ihrer Familie. Ihre Mutter konnte mit ihrem schönen irischen Akzent mit jedem ein nettes Schwätzchen halten. Ihre Schwester Cassie war ein wahrer Sonnenschein, und alle liebten sie. Und ihre Schwester Lola war so selbstbewusst und schön, dass sie nie Probleme hatte, mit Fremden Kontakt aufzunehmen. Ashley hingegen verbrachte ihre Tage allein mit ihren Computertabellen im Büro des Sullivan-Cafés.
Darüber hinaus wurde sie das Gefühl nicht los, dass die Geschichten über Nashs finstere Vergangenheit falsch sein mussten. Er kam ihr nicht vor wie ein Unruhestifter. Obwohl er natürlich in seiner Jugend anders gewesen sein könnte. Schließlich war sie ja auch anders gewesen. Damals hatte sie sich so frei gefühlt, zu träumen und Abenteuer zu suchen, wie sie es heute nicht mehr tun würde.
„Ja“, sagte er und nickte, „es kann schon seltsam sein.“ Er lächelte sie an und fügte dann hinzu: „Sehr seltsam.“
Sie war einen Moment lang sprachlos und ihr Herz klopfte wie wild, allein von seinem supersexy Grinsen.
„Nochmals vielen Dank, dass du das machst, Ashley.“
Zum Glück fand sie ihre Stimme rechtzeitig wieder, um zu sagen: „Ich weiß, wie es ist, wenn man in der Klemme steckt.“ Das wusste sie besser, als er je erfahren würde. Denn ihre Teenager-Schwangerschaft würde wohl kaum in nächster Zeit zur Sprache kommen. Und wenn sie das Hotel erst in ihrer Verkleidung verlassen hätten, würde sie ihn nie wieder sehen. „Ich muss allerdings zugeben, dass ich mir immer noch Sorgen mache, dass es uns nicht gelingt, die Sache durchzuziehen. Selbst wenn wir dein Aussehen vorübergehend verändern können, wird man dich sofort erkennen, wenn du auf dem Weg nach draußen mit irgendjemandem sprechen musst.“
„Sei dir da mal nicht zu sicher.“ An die Stelle seiner unverwechselbaren tiefen Brummstimme mit dem leichten Südstaatenakzent, den sie unheimlich sexy fand, war ein lupenreiner Ostküstenakzent getreten.
„Wie hast du das gemacht?“ Sie konnte immer noch kaum glauben, was sie gerade gehört hatte. „Du klingst genau wie einer meiner Lieferanten aus Connecticut.“
„Akzente und Stimmen zu imitieren ist ein Hobby von mir“, sagte er, diesmal mit britischem Akzent, und schien erfreut, dass er sie hatte überraschen können.
Doch dann kam ihr ein Gedanke. „Weiß jemand, dass du verschiedene Akzente nachahmen kannst?“
„Ein paar Geheimnisse muss sogar ich haben.“ Er schenkte ihr noch ein ganz bezauberndes – und, nun ja, glühendes – Lächeln. „Die Einzige, die dieses Geheimnis kennt, bist du.“
Sie versuchte, so zu tun, als würde ihr Herz nicht schon wieder rasen wie wild, und sagte: „In meiner Familie – mit sechs Geschwistern, Dutzenden von Cousins und Cousinen und Eltern, mit denen ich jeden Freitag zu Abend esse – ist es praktisch unmöglich, Geheimnisse zu haben.“ Ihre einzigen echten Geheimnisse waren ihre nächtlichen Fantasien mit Nash, dachte sie und wurde rot.
„Sechs Geschwister? Das muss interessant sein.“
„,Interessant‘ trifft es ganz gut“, stimmte sie zu.
„Findest du es schön, Teil einer so großen Familie zu sein?“
Sie war sich zwar nicht sicher, warum er mehr über sie erfahren wollte, aber sie sagte: „Mir gefällt es. Aber wenn einer meiner Brüder, wie heute, sich wie ein Steinzeitmacho aufführt, kann das schon ein wenig nerven. Obwohl“, setzte sie fairerweise hinzu, „es Brandon war, der mich überredet hat, nach Wien zu kommen. Ich bin vorher noch nie in Europa gewesen, deshalb bedeutet mir diese Reise sehr viel.“
„Es tut mir leid, dass ich deinen Urlaubstag durcheinandergebracht habe.“ Sie musste ihm zugutehalten, dass er tatsächlich reumütig wirkte, und nicht wie jemand, um den sich die ganze Welt drehte. Was ja bestimmt stets der Fall war.
Da sie nicht wollte, dass er ein schlechtes Gewissen bekam – sie selbst würde auch nicht gern den wildgewordenen Fans zum Fraß vorgeworfen und konnte ihm nicht verdenken, dass er diesem Schicksal entgehen wollte – sagte sie: „Ich habe beschlossen, dass das jetzt Teil meines europäischen Abenteuers sein wird. Was gibt es schon Aufregenderes, als sich zu verkleiden und eine Zeitlang so zu tun, als wäre man jemand anderes?“
„Was hattest du vor, bevor ich dich angefleht habe, mich aus diesem Schlamassel zu befreien?“
Etwas in ihr schämte sich ein bisschen, dass sie die ultimative Streber-Touristin mit festem Reiseplan war. Aber etwas in ihr sagte ihr auch, dass Nash sie dafür nicht auslachen würde. Er war vielleicht der berühmteste Mensch, dem sie je begegnet war – abgesehen von Smith, Ford, Nicola und Tatiana –, aber nichts an Nash deutete darauf hin, dass er gehässig war.
Wie konnte es überhaupt sein, fragte sie sich, dass er im Gefängnis gelandet war? Denn er wirkte auch keineswegs bedrohlich.
Einfach nur attraktiver als die Polizei erlaubt.
„Hier ist mein Plan für die nächsten achtundvierzig Stunden“, sagte sie, griff in ihre Tasche und überreichte ihm die Liste, deren Existenz sie gegenüber ihrem Bruder verleugnet hatte. „Ich habe in den letzten Jahren so viel über Wien gelesen, dass ich es kaum erwarten kann, es endlich mit eigenen Augen zu sehen. Ich habe zwei Tage Zeit, mir so viel wie möglich anzuschauen, bevor ich nach Bar Harbor zurückkehre.“
„Du brauchst nicht zufällig einen neuen Job?“, fragte er, nachdem er ihre Tabelle durchgesehen hatte. „Du bist so gut organisiert, ich würde dich sofort als Tourneemanagerin engagieren.“
„Danke für das Angebot, aber ich bin mit meinem Job ganz zufrieden.“ Und das nicht nur, weil sie für ihre Familie arbeitete. Es machte ihr wirklich großen Spaß, die Sullivan-Cafés und -Boutiquen Jahr für Jahr zu vergrößern und zu verbessern.
„Ich war schon unzählige Male für Konzerte in Wien“, sagte er, während er sich die Liste noch einmal ansah, „aber ich habe noch nie auch nur einen dieser Orte gesehen.“
„Ehrlich nicht? Kein einziges Museum, keinen Park, kein Schloss?“
„Wenn ich in einer neuen Stadt lande, fahre ich entweder direkt zum Veranstaltungsort, oder ich habe ein Presseinterview, oder die Plattenfirma, die im jeweiligen Land die Lizenz bekommen hat, will sich mit mir treffen. Oder ich versuche, etwas Schlaf nachzuholen. Für Sightseeing ist nie Zeit.“ Doch dann schüttelte er den Kopf. „Vergiss bitte, was ich gerade gesagt habe, ok? Das Einzige, was schlimmer ist als ein Promi, der sich über seine Fans beschwert, ist ein Promi, der über seine Fünf-Sterne-Reisen klagt.“
„Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen“, erwiderte sie nachdrücklich. „Ich kenne einige Promis sehr gut. Es ist mir schon klar, dass es nicht immer leicht ist, mit Ruhm und Riesenerfolg umzugehen. Kennst du zufällig Ford Vincent und Nico?“
„Ich bin beiden im Laufe der Jahre ein paar Mal auf Musikfestivals begegnet. Woher kennst du sie?“
„Ford ist mit meiner Cousine Mia verheiratet und Nico mit meinem Cousin Marcus.“ Dann fiel ihr noch etwas ein. „Ich könnte mir vorstellen, dass du auch noch einen anderen Cousin von mir kennst – Smith Sullivan?“
„Smith hat mich vor kurzem gefragt, ob ich in einem seiner Filme eine Nebenrolle spielen möchte“, sagte Nash, der natürlich überrascht war, von ihrer berühmten Verwandtschaft zu hören, „aber ich konnte es nicht in meinen Tourneeplan einbauen.“
Ein Klopfen an der Tür ließ Ashley hochschrecken. Sie war völlig in das Gespräch versunken gewesen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal so unbeschwert die Gesellschaft eines Mannes hatte genießen können. Wer hätte schon vermutet, dass es ausgerechnet ein weltbekannter Star sein würde, bei dem sie endlich ihre Zurückhaltung aufgab? Einer, der noch dazu das Objekt ihrer geheimen Fantasien war …
Nash stand auf, um Brandon hereinzulassen. Ihr Bruder hatte zwei große Taschen mit Kleidung, Schuhen und Accessoires dabei.
„Ich habe euch vieles zum Aussuchen mitgebracht, also hoffe ich, dass etwas Passendes dabei ist.“
In Nashs Suite gab es auf beiden Seiten des Wohnzimmers je ein Schlafzimmer und ein Bad. Erst als sie eines der luxuriösen Schlafzimmer betrat, wurde ihr bewusst, wie nobel das Hotel war.
Die Hotelmarke SLVN ihres Bruders war von jeher der Inbegriff von Luxus. Ashley war schon bei anderen Eröffnungen an der Ostküste der Vereinigten Staaten gewesen, also war sie nicht überrascht, aber sie hatte noch nie in einem seiner Hotels übernachtet. Obwohl Brandon in Bar Harbor ein Haus am Meer besaß, wohnte er das ganze Jahr über in verschiedenen Hotelsuiten in der ganzen Welt. Sie hoffte, dass er eines Tages in der Lage sein würde, ein bisschen Zeit zu Hause mit dem Rest der Familie zu verbringen. Kevin liebte seinen Onkel über alles und freute sich immer, wenn Brandon zu Besuch kam.
Sie lachte fast laut auf, als sie sich vorstellte, wie es wäre, auch nur vierundzwanzig Stunden lang den Platz ihres Bruders einzunehmen. Ehrlich gesagt, war es unmöglich, sich vorzustellen, dass Brandon in ihrem kleinen Cottage wohnte, schmutzige Socken wegräumte und Käsesandwiches grillte und Pizza backte. Genauso wenig konnte sie sich vorstellen, selbst von Fünf-Sterne-Luxus umgeben zu sein. Auf jeden Fall liebte sie es, mit Kevin in ihrem gemütlichen Häuschen zu leben, mit schmutzigen Socken und allem Drum und Dran, und selbst wenn sie könnte, würde sie nicht mit Brandon tauschen wollen.