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Die Praxis der Drogennotfälle zeigt die Schattenseiten, die der unreflektierte Konsum von legalen wie illegalisierten Substanzen bereit hält - in psychologischer wie in pharmakologischer Hinsicht. Mit diesem Handbuch liegt endlich ein fachlich fundiertes Werk vor, das objektiv die gebräuchlichsten psychoaktiven Drogen, deren Gefahrenpotenziale und die wichtigsten Massnahmen für den Drogennotfall beschreibt. Unterteilt nach wirkungsspezifischer bzw. chemischer Zusammengehörigkeit werden über 40 Substanzen, von Alkohol und Antidepressiva über Ephedrin und Heroin bis Psilocybin und Yohimbin, monographisch dargestellt. Die Monographien beinhalten: chemische Bezeichnungen und Beschreibung der Substanzen, Symptome und Diagnostik, Dosierung und Überdosierung. Wirkungen und Nebenwirkungen, Gefahren und Wechselwirkungen, Massnahmen für den Notarzt, Rettungsdienst und sonstige Erste Hilfe Einsätze sowie für Arztpraxen und Krankenhäuser. Kurzfristige Hilfe bei Überdosierungen, Vergiftungserscheinungen und Folgen von Mischkonsum wie auch Behandlung von Abhängigkeiten. Erfahrungsberichte von Konsumenten und aus der medizinischen Notfallpraxis. Aus dem Inhalt: Was sind psychotrope Substanzen? Psychoaktiv, nicht Physioaktiv? Was tun bei bekannter bestehender Abhängigkeit? Rund 50 Monografien von psychoaktiven Substanzen von Alkohol und Antidepressiva über Ephedrin und Heroin bis Psilocybin und Yohimbin. Mit diesem Handbuch liegt endlich ein fachlich fundiertes Werk vor, das objektiv die gebräuchlichsten psychoaktiven Drogen, deren Gefahrenpotenziale und die wichtigsten Massnahmen für den Drogennotfall beschreibt.
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Seitenzahl: 192
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Impressum
Verlegt durch: NACHTSCHATTEN VERLAG AG Kronengasse 11 CH – 4502 Solothurn Tel: 0041 32 621 89 49 Fax: 0041 32 621 89 [email protected]
© 2004 Nachtschatten Verlag© 2004 Markus Berger
Lektorat: Conny Schönfeld, [email protected] und Layout:Trigger.ch, [email protected]: Druckerei Uhl, Radolfzell Printed in Germany
ISBN 3-03788-125-9eISBN 978-3-0378-8231-3
Die medizinische Schreibweise beruht auf:
Pschyrembel – Klinisches Wörterbuch; 259. Auflage 2004; Berlin/ New York: Walter de Gruyter
Hinweis zur rechtlichen Situation:
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die jeweiligen rechtlichen Bestimmungen und Gesetzeslagen (zum Teil mit kleinen Abweichungen, zum Beispiel hinsichtlich der Strafen und Mengen) für alle Länder Europas.
Kontakt zum Autor:
Markus Berger Kaiserstrasse 8 D – 34593 Knuellwald Tel.: 0049 56 85.922 177www.psychedelic-education.org
Alle Rechte der Verbreitung durch Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art, elektronische Medien und auszugsweiser Nachdruck sind vorbehalten.
Für Mirko.
»Jede Krankheit ist ein Fegefeuer. Daher kann kein Arzt heilen, wenn nicht nach Gottes Ratschluss das betreffende Fegefeuer beendet sein soll. Denn der Arzt soll und kann nicht gegen die göttliche Bestimmung des Fegefeuers wirken.«
PARACELSUS (I/55)1
Dies ist nun mein drittes Sachbuch zum Thema Drogen und es werden gewiss noch weitere folgen. Das weite Feld der Psychoaktiva ist mein hauptsächliches und grundlegendes Interessengebiet, eben einfach meine Heimat, mein Zuhause. Monografische Abhandlungen sind mir hingegen nicht sehr sympathisch. Warum verfasse ich dennoch ein drittes Sachbuch dieser Art? Aus einem ganz banalen Grund: Es gibt zwar unzählige gute und weniger gute Bücher zu Rauschdrogen, aber es mangelt an Literatur für den Umgang mit Drogennotfällen. Leider gibt es auf dem Literaturmarkt ein nur unzureichendes Angebot zu dieser heißen Thematik. Versuche von RICHI MOSCHER, MARKUS BACKMUND und MATTHIAS BASTIGKEIT können nicht mehr als solche sein. Ihre Auswahl der thematisierten Substanzen ist doch mehr als schmal.
Ich habe zwar nie studiert, aber ich habe als Rettungssanitäter – neben und zum Zwecke meiner psychonautischen Forschertätigkeit – sieben Jahre lang beim Malteser Hilfsdienst und beim Deutschen Roten Kreuz meine Brötchen verdient. In diesen Jahren hielt die Praxis der Drogennotfälle einige schockierende Schattenseiten für mich bereit – in zwischenmenschlicher, psychologischer wie auch in pharmakologischer Hinsicht. Und das, obwohl der Umgang mit Psychoaktiva gar nicht so kompliziert ist, wie er oftmals dargestellt wird und wie er in den Köpfen der Menschen festgeklammert ist.
Für den medizinischen Umgang mit Notfällen, die durch psychoaktive Substanzen induziert sind, gibt es in Bezug auf die meisten Drogen keine oder nur sehr wenig Literatur und ebenso wenige Erfahrungswerte. In den vorhandenen Büchern werden standardmäßig Alkohol, Heroin, LSD, Cannabis, Amphetamin, Ecstasy, Barbiturate und Benzodiazepine behandelt. Das sind gerade acht Substanzen – nicht besonders viele also. Hinzu kommt, dass viele Ärzte, Sanis und Pfleger oftmals sorglos im Umgang mit Rauschdrogen sind. Da wird einem Gymnasiasten nach dem Genuss eines Joints der Magen ausgepumpt (!) und er dann für drei Tage stationär aufgenommen. Der stark alkoholisierte Patient wird, weil er ja aggressiv ist, mit Benzodiazepinen voll gepumpt. Der nervende, zugedröhnte Junkie erhält Naloxonhydrochlorid, um seinen Rausch schnellstens aufzuheben. Dies sind drei Beispiele für klassische Fehlhandlungen, die ausschließlich durch Unwissenheit zustande kommen und die ich fast beliebig fortführen könnte.2
Das vorliegende Handbuch enthält 52 Monografien zu Notfällen mit Psychoaktiva, den entsprechenden Daten zu jeder einzelnen Substanz, den präklinischen und klinischen Maßnahmen, Angaben zu Risiken und Wirkungen, Pharmakologie und Diagnostik und vieles mehr. Es richtet sich im Speziellen an Ärzte, Rettungsassistenten und medizinisches Pflegepersonal, aber auch an Pädagogen, Therapeuten und Betreuer in klinischen und ambulanten Suchthilfe-Einrichtungen, an Angehörige von Drogenkonsumenten und natürlich an die Konsumenten selbst. Auf die Erklärung gemeinhin bekannter Maßnahmen, wie Reanimationsalgorithmen, habe ich verzichtet. Jeder im Medizinwesen Tätige sollte solcherlei beherrschen. Für die Aus- und Weiterbildung in dieser Hinsicht sei explizite Literatur empfohlen.
Ich hoffe, mit dem »Handbuch für den DrogenNotfall« eine Lücke zu schließen, das Fachpersonal für ein tabuisiertes Thema zumindest ein wenig sensibilisieren zu können und die gesundheitlichen Chancen von künftigen DrogenNotfall-Betroffenen etwas zu verbessern – auch und gerade, weil Ärzte und Pfleger oftmals meinen, dass Drogenbenutzer an ihrem Leiden selbst schuld seien. Wenn auch nur einer meiner drei Wünsche in Erfüllung geht, hat sich die Arbeit für mich schon gelohnt.
MARKUS BERGERKnüllwald, den 15. Juli 2004
Zu den psychotropen Substanzen gehören alle Verbindungen, die in irgendeiner Weise den Geist beeinflussen, unter anderem Psychedelika, Narkotika, Sedativa, Entaktogene, Antidepressiva, Hypnotika und Stimulanzien.
Psychotrope Drogen vermögen das Bewusstsein zu sensibilisieren und zu schärfen (Stimulanzien), zu normalisieren (im Fall der antidepressiven Pharmaka), zu expandieren (Halluzinogene), aber auch zu dämpfen und abzustumpfen (Berauschungsmittel, Narkotika). Alle Psychoaktiva wirken in elementarer Weise auf Körper und Gehirn ein. Sie induzieren mehr als ein kurzes Vergnügen – welcher Art auch immer. Wir sollten uns bewusst sein, dass jedwede Substanz tiefgreifende Veränderungen innerhalb unseres Chemiehaushaltes bewirkt. Das allein ist Grund genug, Stoffe nicht unkritisch einzunehmen.
Die Rauschdrogen in diesem Buch sind in verschiedene Gruppen unterteilt. Einige habe ich nach Stoffklassen geordnet (zum Beispiel Tryptamine, Phenethylamine), andere nach der Wirkungsweise (unter anderem dissoziative Drogen, Antidepressiva). Auf die chemische Nomenklatur soll allerdings kein großes Gewicht gelegt werden. Wichtig ist die schnelle Zuordnung analog wirkender Substanzen, wobei einige keiner eindeutigen Gruppe zuzuordnen waren. Diese finden sich im Abschnitt »Individuelle Substanzen«.
Bezüglich einer Klassifikation der unterschiedlichen geistbewegenden Prinzipien existieren mehrere Schemata, die zum Teil älterer Natur sind. Der berühmte Avantgardist der Drogenforschung, DR. LOUIS LEWIN, gliedert die Rauschmittel in seinem Werk »Phantastica« (1927) folgendermaßen:
BetäubungsmittelEuphorica (Seelenberuhigungsmittel)Phantastica (Sinnestäuschungsmittel)Inebriantia (Berauschungsmittel)Hypnotica (Schlafmittel)Excitantia (Erregungsmittel)Nun ist diese Terminologie allerdings schon etwas altbacken. Letzthin ist es sowieso schwierig, die unzähligen Psychoaktiva adäquat zu klassifizieren. Ausgehend von ihrer reinen Wirkungsweise könnten die Stoffe auch wie folgt zugeordnet werden:
Sedativa (Beruhigungsmittel, Anxiolytika)Hypnotika (Schlafmittel)Narkotika (Betäubungsmittel)Psychostimulanzien (den Geist stimulierende Mittel)Halluzinogene (Sinnestäuschungsmittel; auch Entheogene, Psychodysleptika, Psychedelika, Psychotika, Psychotogene, Psychotomimetika oder Eidetika genannt)Entaktogene (die Selbstwahrnehmung fördernde Mittel)• Empathogene (das Mitgefühl stimulierende Mittel) Doch auch bei dieser Herangehensweise sind Überschneidungen möglich. So sind zum Beispiel einige der Psychostimulanzien zugleich Entaktogene beziehungsweise Empathogene (unter anderem MDMA, MDEA) – genauso wie sich Sedativa, Hypnotika und Narkotika mitunter berühren. Eine suffiziente Einteilung ist also sehr schwer vorzunehmen. Ich habe mich in diesem Buch entschieden, die Stoffe folgendermaßen zu gliedern:
Alkohol und InhalantienDissoziative DrogenIndividuelle SubstanzenTryptamineIsoxazole (Fliegenpilzwirkstoffe)Opiate und andere OpioidePharmazeutische SchlafmittelPhenylalkylamineNachtschatten-AlkaloidePiperazineWenig bekannte oder selten verwendete RauschdrogenJeden Abschnitt eröffne ich mit einer kurzen Beschreibung der jeweiligen Drogenklasse und fasse die dazu gehörigen Stoffe in einer Kurzübersicht zusammen. Kapitel 2 beginnt mit einer alphabetischen Liste aller besprochenen Subtanzen. Es sollte auf diese Weise möglich sein, eine gesuchte Droge schnell zu finden.
Obwohl psychotrope Substanzen schon vom Namen her geistbewegend wirken, haben viele – genau genommen alle – der aktiven Pharmaka auch körperliche Effekte im Portfolio ihres Wirkungsspektrums. Das ist nicht weiter verwunderlich, schließlich bilden Geist und Körper eine untrennbare Einheit. Psychische Wirkungen bedingen immer einen physiologischen Ablauf, nämlich einen chemischen. Unsere Stimmungen und Gefühle sind letztlich nichts weiter als Produkte von (zumeist relativ simpel nachvollziehbaren) Vorgängen innerhalb unseres Chemiehaushaltes. Die Katecholamine Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin und Serotonin spielen dabei ein große Rolle. Die Effekte dieser endogenen Liganden werden von den diversen Psychoaktiva entweder simuliert, provoziert oder gehemmt. Da aber diese chemischen Moleküle im menschlichen (und tierischen) Körper ganz bestimmte Aufgaben zu erfüllen haben, kann es fatale Folgen haben, diese in ihrem Spektrum oder in ihrer Pharmakologie zu manipulieren. Aus einer solchen Beeinflussung, Abänderung oder Umleitung können mannigfaltige Notfallgeschehen resultieren. Es ist also (wie immer im Leben) dringend erforderlich, die Gesamtheit der Dinge zu sehen, statt eine wissenschaftliche Disziplin zugunsten selbstauferlegter Scheuklappen zu isolieren. Am Ende des Buches findet der interessierte Leser einen erläuternden Artikel zu den endogenen Drogen sowie deren exogenen Entsprechungen und Wirkungsweisen.
Auf diese Frage wird in den einzelnen Monografien der Substanzen eingegangen. Vorsicht ist immer dann geboten, wenn die stringente Einnahme eines Psychoaktivums über einen gewissen Zeitraum zu einer physischen Abhängigkeit führen kann. Erhält ein körperlich Abhängiger bei vorliegender Intoxikation die indizierten Antidota, bekommt also beispielsweise ein Benzodiazepinabhängiger Flumazenil oder ein Heroinabhängiger Naloxon verabreicht, so wird dies höchstwahrscheinlich ein akutes Entzugssyndrom bewirken und den Patienten zumeist wesentlich stärker gefährden als das eigentliche Notfallgeschehen – in diesem Fall die Intoxikation beziehungsweise Überdosierung. Hilfreich ist es in einem solchen Fall, wenn Angehörige, Freunde oder Bekannte gefragt werden können, ob beim Notfallpatienten eine Abhängigkeit vorliegt oder ob er nur Gelegenheitsgebraucher ist.
Reine Laienmaßnahmen umfassen immer die folgenden, grundlegend wichtigen Handlungen:
NotarztrufKontrolle der vitalen Funktionen (Atmung, Puls)Stabile Seitenlage bei BewusstlosigkeitHerzdruckmassageMund-zu-Nase-Beatmung bei Herz-Kreislaufstillstand.Die Verabreichung von Medikamenten jeder Art ist dem Rettungs-, Praxis- oder Krankenhausteam vorbehalten und keine Laienmaßnahme.
Wenn der Notarzt vor Ort ist, muss diesem – so möglich – unbedingt jede Frage beantwortet und mitgeteilt werden, welche Drogen in welcher Quantität vom Vergifteten eingenommen wurden. Vollständige Angaben zu Substanz (en), Konsum, Zeitraum, den äußeren und inneren Umständen erleichtern dem Rettungsteam die Arbeit und erhöhen die Heilungschancen des Vergifteten immens.
Keine Angst: Dem Arzt und Rettungs- oder Pflegepersonal darf getrost alles erzählt werden. Angehörige medizinischer Berufe unterliegen der Schweigepflicht. Sie machen sich mit einer patientenbezogenen Aussage strafbar – ähnlich wie der Pfarrer, der die Beichte abnimmt.
Ein Notruf über die zentrale Rettungsleitstelle sollte wie folgt abgegeben werden:
Wer ruft an? (eigenen Namen nennen; anonyme Notrufe werden oft zum Spaß getätigt und deshalb nicht immer ernst genommen.)Wer ist betroffen? (Name, Alter, Geschlecht, Vorgeschichte)Wo spielt sich das Notfallgeschehen ab? (genaue Adresse, Anfahrtsbeschreibung)Was wurde eingenommen? Was ist passiert?Wie viele Verletzte oder Betroffene gibt es?Wann trat das Notfallgeschehen ein?Im Falle eines Kontakts mit der Giftnotrufzentrale sind diese Informationen von Relevanz:
Was wurde eingenommen?Wie viel wurde eingenommen?Wie wurde das toxische Material eingenommen? (oral, geraucht, über die Haut, injiziert, geschnupft usw.)Wann wurde das Material eingenommen?Was sind die Symptome?Woher kommt das toxische Material?Die gewissenhafte, vollständige Beantwortung dieser Fragen erhöht die Chance, dem Betroffenen helfen zu können. Ist die Anamnese nicht klar, sollten so viele Angaben als möglich gemacht beziehungsweise erfragt werden.
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