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Lesen, was glücklich macht. Und das zum Sparpreis!
Seit Jahrzehnten erfreut sich das Genre des Heimat-Bergromans sehr großer Beliebtheit. Je hektischer unser Alltag ist, umso größer wird unsere Sehnsucht nach dem einfachen Leben, wo nur das Plätschern des Brunnens und der Gesang der Amsel die Feierabendstille unterbrechen.
Zwischenmenschliche Konflikte sind ebenso Thema wie Tradition, Bauernstolz und romantische heimliche Abenteuer. Ob es die schöne Magd ist oder der erfolgreiche Großbauer - die Liebe dieser Menschen wird von unseren beliebtesten und erfolgreichsten Autoren mit Gefühl und viel dramatischem Empfinden in Szene gesetzt.
Alle Geschichten werden mit solcher Intensität erzählt, dass sie niemanden unberührt lassen. Reisen Sie mit unseren Helden und Heldinnen in eine herrliche Bergwelt, die sich ihren Zauber bewahrt hat.
Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:
Alpengold 198: Mit heißem Blut ...
Bergkristall 279: Statt Hochzeitsglocken heiße Tränen
Der Bergdoktor 1753: Jedes Unrecht kommt ans Licht
Der Bergdoktor 1754: Steine auf dem Weg ins Glück
Das Berghotel 135: Die große Angst eines kleinen Mädchens
Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 320 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 588
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben
Für die Originalausgaben:
Copyright © 2015/2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Für diese Ausgabe:
Copyright © 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln
Covermotiv von © ginger_polina_bublik / Shutterstock
ISBN 978-3-7517-2968-0
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Cover
Impressum
Inhalt
Alpengold 198
Mit heißem Blut …
Bergkristall - Folge 279
Statt Hochzeitsglocken heiße Tränen
Der Bergdoktor 1753
Jedes Unrecht kommt ans Licht
Der Bergdoktor 1754
Steine auf dem Weg ins Glück
Der Bergdoktor 1753
Jedes Unrecht kommt ans Licht
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Contents
Mit heißem Blut …
Die Sommernacht, die zwei Liebende bereuten
Von Martina Linden
Leise zieht die junge Katrin die Tür zu dem kleinen Häusel im malerischen Bucheich zu. Ein letzter sehnsüchtiger Blick hinüber zum Baumgartner-Hof, dann steigt sie in ihren Wagen und fährt davon. Auch wenn es einfach gewesen wäre, jetzt hinüber zu Joachim zu laufen, sich an seine Brust zu werfen und bei ihm Trost und Vergessen zu suchen – es darf nicht sein! In einer leidenschaftlichen Nacht in seinen Armen hat sie einen Blick ins Paradies getan – und gleichzeitig große Schuld auf sich geladen! Eine Schuld, die nie mehr wiedergutzumachen ist …
Unschlüssig blieb Katrin May in der Nähe der Konditorei stehen. Sie sehnte sich danach, noch eine Tasse Kaffee zu trinken, bevor sie nach Hause fuhr. Ihr Blick glitt zu der großen Uhr des Einkaufszentrums. Bernd wartete bestimmt schon ungeduldig auf sie. Von Tag zu Tag wurde er besitzergreifender. Er konnte es kaum noch ertragen, wenn sie allein das Haus verließ, und sie ahnte, dass er über jede Minute, die sie sich verspätete, Rechenschaft fordern würde.
So ging es nicht weiter!
Entschlossen steuerte die junge Frau mit ihrem Einkaufswagen einen der Tische an, die vor der Konditorei standen, und setzte sich. Schon wenige Minuten später brachte ihr eine Kellnerin den bestellten Kaffee und einen Eisbecher.
Katrin beobachtete die Leute, die die einzelnen Geschäfte des Einkaufszentrums ansteuerten, während sie ihren Gedanken nachhing. Sie fragte sich immer öfter, ob es nicht ein Fehler gewesen war, aus Trotz und gekränkter Eitelkeit Bernds Werben nachzugeben.
Das Zusammenleben mit ihm war noch nie leicht gewesen, doch in den letzten Monaten war er zu einem regelrechten Tyrannen geworden. Sein ganzes Sein drehte sich nur noch um ihn selbst. Ihre Wünsche ignorierte er. Sah er überhaupt noch seine Lebensgefährtin in ihr – oder nur eine Haushälterin, die ihr Leben nach ihm zu richten hatte?
Wie lange waren sie nicht mehr in Bucheich gewesen! Sie sehnte sich mit jeder Faser ihres Herzens nach dem kleinen Dorf, in dem sie vor vierundzwanzig Jahren zur Welt gekommen war. Ihre verstorbene Mutter hatte im Pfarrhaus als Haushälterin gearbeitet, ihr Vater auf dem Baumgartner-Hof als Großknecht.
Katrins Lippen umspielte ein wehmütiges Lächeln, als sie an Joachim Baumgartner dachte, den einzigen Sohn der Bauersleute. Sie liebte ihn seit ihrer Kindheit, und nachdem er sie an ihrem achtzehnten Geburtstag zum ersten Mal geküsst hatte, hatten sie angefangen, von einer gemeinsamen Zukunft zu träumen.
Aber dann war alles anders gekommen! Nie würde sie den Abend vergessen, an dem er ihr schluchzend gestanden hatte, dass eine andere Zwillinge von ihm erwartete.
Aber kann man Liebe vergessen? Katrin hatte es vergeblich versucht, auch wenn sie sich meistens nicht mehr als einen flüchtigen Gedanken an Joachim erlaubte.
Die junge Frau leerte ihre Tasse und stand auf. Ihren Eisbecher hatte sie kaum berührt, dennoch verließ sie die Konditorei und schob den Einkaufswagen auf den Parkplatz hinaus. Niedergeschlagen verlud sie die Einkäufe im Kofferraum ihres Wagens.
Eine halbe Stunde später fuhr sie in die Tiefgarage unter dem Haus, in dem sie mit Bernd Hassler das Penthouse bewohnte. Der Aufzug brauchte keine halbe Minute ins oberste Stockwerk. Sie hatte kaum die Wohnungstür aufgeschlossen, als sie auch schon ihren Lebensgefährten nach ihr rufen hörte.
»Ich komme gleich, Bernd!«, antwortete sie. »Ich bringe rasch die Einkäufe in die Küche.«
»Ich möchte nur wissen, warum das alles immer so lange dauert, Katrin«, antwortete er nörgelnd. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass andere Frauen auch eine halbe Ewigkeit zum Einkaufen brauchen.«
Erst als Katrin die Einkäufe in den Schränken verstaut hatte, ging sie ins Arbeitszimmer, wo Bernd Hassler hinter dem Schreibtisch saß. Er arbeitete als Steuerberater und besaß in der Nürnberger Innenstadt ein eigenes Büro. Vor einem halben Jahr hatte er einen schweren Herzanfall erlitten und suchte sein Büro seitdem nur noch sporadisch auf. Es fiel ihm leichter, von zu Hause aus zu arbeiten. Zudem konnte er sich auf seine Angestellten hundertprozentig verlassen.
»Geht es dir net gut, Bernd?«, fragte sie besorgt, als sie sah, dass er seine Nasenbrille trug, durch die ihm Sauerstoff zugeführt wurde. Das tragbare Sauerstoffgerät stand neben dem Schreibtisch.
»Wann in den letzten Monaten ist es mir schon gut gegangen?« Er verzog verächtlich die Lippen. »Würdest du mir ein wenig Aufmerksamkeit widmen, statt dich in der Stadt herumzutreiben, wäre dir das längst aufgefallen.«
»Ab und zu muss ich einkaufen gehen«, antwortete Katrin. »Soll ich dir einen Tee machen?«
»Warum fragst du da erst? Natürlich möchte ich Tee.« Er warf einen Blick zur Uhr. »Kann ich damit rechnen, dass das Mittagessen pünktlich auf dem Tisch steht?«
»Die Omelettes sind schnell gemacht.«
»Nichts da mit Omelettes! Ich möchte eine geräucherte Schweinshaxe, Sauerkraut und Knödel.«
»Wir haben keine geräucherte Schweinshaxe im Haus. Außerdem hat dir dein Arzt verboten, so was zu essen«, erinnerte Katrin ihn. »Du solltest öfter an dein Herz denken. Du möchtest gewiss net noch kränker werden.«
»Ich denke nicht daran, mir von den Herren Doktoren und dir vorschreiben zu lassen, was ich essen soll und was nicht.« Er griff nach seinem privaten Telefonbuch, in dem auch die Nummern einiger Restaurants standen. »Ich werde mir eine Schweinshaxe bestellen, ob es dir passt oder nicht.«
»Tu, was du net lassen kannst.« Katrin kehrte in die Küche zurück, um die Spülmaschine auszuräumen. Und diesen Mann hab ich mal gern gehabt, dachte sie. Auch wenn sie nie eine himmelstürmende Liebe mit Bernd verbunden hatte, es hatte eine gewisse Zuneigung bestanden, und Katrin war bestrebt gewesen, ihm eine gute Frau zu sein.
Katrin trat auf die Dachterrasse hinaus und blickte über Nürnberg hinweg in die Ferne. Sie genoss die Sonne auf ihrem Gesicht und das Gefühl, wie der Wind durch ihre blonden Haare strich. Erneut ergriff sie eine tiefe Sehnsucht nach Bucheich und den Menschen, die dort lebten. Am liebsten hätte sie die letzten Jahre aus ihrem Leben gestrichen.
Bernd zu verlassen kam für sie nicht infrage. Er war schwer krank und brauchte sie, außerdem wäre es für sie einer Niederlage gleichgekommen. Selbst Bernds Tante, die in Bucheich lebte, hatte ihr damals abgeraten, dem Werben ihres Neffen nachzugeben.
Katrin hatte all die Warnungen in den Wind geschlagen. Bernd konnte sehr charmant sein, wenn er etwas wollte, und die ersten Jahre ihres gemeinsamen Lebens waren ruhig und friedlich verlaufen. Sie hatte als Altenpflegerin ihren Teil zu den Lebenshaltungskosten beigesteuert und sich um den Haushalt gekümmert, er hatte den größten Teil des Tages in seinem Büro verbracht.
Im Großen und Ganzen waren sie glücklich miteinander gewesen, und sie hatte anfangs nicht einmal bemerkt, wie sich ihr Leben veränderte. Bernd war immer herrschsüchtiger und aufbrausender geworden, ließ ihre Meinung nicht mehr gelten, wollte, dass sie ihre Arbeit als Altenpflegerin aufgab und sich nur noch um ihn kümmerte.
Sie hatte sich beharrlich dagegen gewehrt, was zu heftigen Streitereien geführt hatte. Und dann war er krank geworden, und ihr war nichts anderes übrig geblieben, als ihre Arbeit aufzugeben, um für ihn da zu sein.
Entschlossen wischte sie die Tränen fort, die über ihr Gesicht rannen. Weinen brachte sie auch nicht weiter. Wer A sagt, muss auch B sagen, Katrin, glaubte sie die Stimme ihres Vaters zu hören.
»Ich wünschte, du wärst noch bei mir, Papa«, sagte Katrin leise. »Du warst für mich stets wie ein Fels in der Brandung.« Sie warf einen letzten Blick über Nürnberg und kehrte in die Küche zurück, um für sich ein Omelett mit Pilzen zuzubereiten, damit sie gemeinsam essen konnten, wenn die Schweinshaxe geliefert wurde.
Im Arbeitszimmer klingelte das Telefon. Katrin kümmerte sich nicht darum. Seit Bernd von zu Hause aus arbeitete, gehörte das ständige Läuten des Telefons zu ihrem Leben. Von der Ruhe, die Bernds Arzt bei jedem Besuch forderte, war nicht viel zu spüren. Bernd war ein Workaholic. Er brauchte seine Arbeit wie die Luft zum Atmen.
»Katrin!«
Mit einem Seufzer ging sie ins Arbeitszimmer.
Ihr Lebensgefährte sah ihr entgegen. »Tante Heidrun ist heute Morgen gestorben«, sagte er so ruhig, als berührte ihn der Tod seiner Tante überhaupt nicht.
Katrin rann ein kalter Schauer über den Rücken.
»Das tut mir leid, Bernd.« Sie trat neben ihn und legte eine Hand auf seine Schulter. »Was ist denn passiert? Sie ist noch net mal dreiundsiebzig gewesen.«
»Eine Nachbarin, mit der sie sich gestern verabredet hatte, hat sie heute Morgen tot in ihrem Lehnstuhl in der Küche gefunden. Pfarrer Gruber hat mich gerade angerufen. Er sagte, Tante Heidruns gesundheitliche Probleme hätten sich in der letzten Zeit gehäuft. Er klang ganz bestürzt, so, als wäre es seine Tante gewesen, die gestorben ist.«
»Vergiss net, wie beliebt deine Tante im ganzen Dorf gewesen ist!«, erwiderte Katrin. »Ich wünschte, wir hätten sie öfters besucht. Seit über zwei Jahren sind wir net mehr in Bucheich gewesen.«
»Ich eigne mich nicht dafür, kranken Leuten die Hand zu halten«, meinte Bernd Hassler. »Tante Heidrun und ich hatten uns nicht viel zu sagen.« Er hob die Schultern. »Ich interessiere mich weder für Landwirtschaft noch für Dorfklatsch. Zum Glück hatte Tante Heidrun Verständnis dafür. Sie …«
Es läutete.
»Entschuldige.« Katrin ging zur Wohnungstür und nahm die Box mit dem Mittagessen für ihren Lebensgefährten in Empfang. Nachdem sie den jungen Burschen, der das Essen gebracht hatte, entlohnt hatte, trug sie die Essensbox in die Küche und kehrte ins Arbeitszimmer zurück. »Deine Schweinshaxe ist gekommen«, bemerkte sie.
»Essen wir erst mal«, schlug der Steuerberater vor. »Ich frage mich, was ich mit dem Haus in Bucheich anfangen soll. Da ich Tante Heidruns einziger Erbe bin, gehört es jetzt mir.« Er runzelte die Stirn. »Nun, wir werden sehen. Jedenfalls kommt eine ganze Menge Arbeit und vermutlich auch Ärger auf mich zu. Den Nachmittag werde ich wohl mit Telefonieren verbringen. Immerhin muss ich dafür sorgen, dass Tante Heidrun unter die Erde kommt.« Er hob ruckartig den Kopf. »Wir fahren morgen früh spätestens um sechs nach Bucheich. Du solltest für mindestens eine Woche packen. Und vergiss nicht die Hälfte!«
Katrin reagierte nicht sofort, weil sie darüber nachdachte, wie es Bernd fertigbrachte, so kaltherzig auf den Tod seiner Tante zu reagieren. Empfand er denn überhaupt keine Trauer? Seine Tante war ein überaus liebenswerter Mensch gewesen, und Katrin wusste, wie sehr sie an ihrem Neffen gehangen hatte, obwohl dieser sich kaum um sie kümmerte.
»Worauf wartest du noch, Katrin?«, fragte Bernd. »Soll die Schweinshaxe erst kalt werden?«
Die junge Frau verließ wortlos das Arbeitszimmer. Statt sich sofort um das Essen zu kümmern, trat sie auf die Dachterrasse und sprach, an die Brüstung gelehnt, erst einmal ein Gebet für Heidrun Hassler. Sie ahnte, dass Bernd es gewiss nicht tun würde.
Während sie wenig später den Tisch im Esszimmer deckte, fragte sie sich, was sie noch für ihren Lebensgefährten empfand. Eine gewisse Zuneigung? Mitleid?
Sie wusste es nicht. Mit jedem Tag, der verging, schaffte es Bernd, sich ein Stückchen weiter von ihr zu entfernen.
***
»Wie das duftet!« Joachim Baumgartner wandte sich seinem Vater zu, der hinter ihm die geräumige Wohnküche des Bauernhauses betrat. »Die Pfannkuchen hat Mutter gewiss net für uns gemacht.«
»Wie wahr!« Der alte Bauer zwinkerte ihm zu. »Wir bekommen so einen Gaumenschmaus net, stattdessen müssen wir uns zum Frühstück mit Brot und Schinken begnügen.«
»Irgendwann werde ich die Zeit finden, euch zu bedauern«, meinte Gerda Baumgartner. Sie stand am Küchenherd und schöpfte mit einer Kelle Teig in die heiße Pfanne. »Zufällig hab ich heute ein bisserl Teig übrig, sodass ihr auch einen Pfannkuchen bekommt.«
»Lieb von dir, Mutter.« Joachim setzte sich zu seinem Sohn und seiner Tochter an den Tisch. »Na, schmeckt es euch?«, erkundigte er sich und strich ihnen durch die rotblonden Locken.
»Sieht man das net?«, fragte sein Vater und nahm ebenfalls am Tisch Platz. »Wer so rumkleckert, dem kann es nur schmecken.« Er beugte sich den Zwillingen zu und wischte erst Mona, dann Timo den Mund ab. »Mit der Melkmaschine stimmt was net. Ich werde nachher den Kundendienst anrufen.«
»Ich hoffe, sie schicken heute noch einen Monteur«, sagte Joachim. »Das ist bereits das zweite Mal in diesem Monat, dass sie uns Schwierigkeiten macht. So wie es ausschaut, haben wir net mehr lange Freude an ihr. Am besten, ich schau mich schon immer mal nach einer neuen um.«
»Schaden kann’s net.« Die Bäuerin stellte zwei Teller mit heißen Pfannkuchen für die beiden Männer auf den Tisch. »Lasst es euch schmecken!« Nachdem sie noch Kaffee eingeschenkt hatte, setzte sie sich ebenfalls an den Tisch.
»Ich bin gespannt, wann der Hassler in Bucheich aufkreuzt.« Der Baumgartner-Stefan griff nach seinem Kaffeebecher. »Eine Schande ist es, wie wenig er sich um seine Tante gekümmert hat. Ich hoffe nur, die Heidrun hat ihn enterbt.«
»Da hoffst du vergeblich«, meinte seine Frau. »Du weißt, wie sie an dem Bernd gehangen hat. Wann immer die Sprache auf ihn gekommen ist, hat sie hundert Entschuldigungen für sein Verhalten gefunden.«
»Es ist mir ein Rätsel, dass Kerle wie der auch noch Fürsprecherinnen finden«, meinte der alte Bauer, »und sich die nettesten Madeln in sie verlieben.«
Joachims Gesicht verdüsterte sich. In den letzten Monaten hatte er sehr oft an Katrin denken müssen. Sie waren zusammen aufgewachsen, und er hatte vorgehabt, sie eines Tages zum Traualtar zu führen.
»Allein, wenn ich an die Katrin denk, zweifle ich am Verstand mancher Weibsleut«, fuhr sein Vater fort, obwohl ihm Gerda einen warnenden Blick zuwarf. Das halbe Dorf hat sie vor dem Hassler-Bernd gewarnt … Wie kann es ein so sauberes Madel wie die Katrin nur mit dem Hassler aushalten? In seiner Selbstsucht geht der wie ein Tornado über alles hinweg.« Er bestrich ein Stück Brot mit Butter. »Dabei hatte ich stets gehofft, dass der …«
»Stefan«, raunte ihm seine Frau warnend zu.
»Fährst du, nachdem du die Kinder in die Kita gebracht hast, noch am Lagerhaus vorbei, Joachim?«, erkundigte sich der Baumgartner-Stefan, um dem Gespräch eine andere Wendung zu geben.
»Weshalb sind Mannsbilder nur so schwer von Begriff«, murmelte die Gerda vor sich hin. Sie stand auf, um den Zwillingen Gesicht und Hände zu waschen.
»Ist schon gut, Mutter«, sagte Joachim. »Die Katrin wäre nie mit dem Hassler fortgegangen, wenn ich sie damals net mitten ins Herz getroffen hätte.« Er stand ebenfalls auf. »Ich hol die beiden Kisten mit dem Wein vom Lagerhaus ab, die ich letzte Woche für die Fuhrmanns bestellt hab.«
»Und bring mir bitte ein neues Paar Gummistiefel mit. Meine alten sind hinüber.« Stefan Baumgartner lehnte sich zurück. »Was wollen die Fuhrmanns mit zwei Kisten Wein?«
»Sie brauchen ihn für eine Familienfeier im großen Kreis«, sagte Joachim und verließ die Küche durch die Tür zum Hof, um seinen Wagen aus der Garage zu holen.
Nachdem er die Zwillinge wie fast jeden Morgen im Kindergarten abgeliefert hatte, fuhr er in Richtung Lagerhaus, das etwas außerhalb Bucheichs lag. Die Straße führte am Anwesen Heidrun Hasslers vorbei. Als er einen Wagen aus Nürnberg in der Auffahrt stehen sah, hielt er am Straßenrand und stieg aus.
Katrin May kam aus dem Haus. Ohne sich umzusehen, ging sie zum Wagen und öffnete den Kofferraum.
Bernd und sie hatten sich fast während der ganzen Fahrt gestritten. In letzter Zeit fuhr er nicht mehr gern selbst, doch wenn sie am Steuer saß, konnte sie ihm kaum etwas recht machen. Ununterbrochen kritisierte er sie. Schließlich hatte sie am Straßenrand gehalten und war ausgestiegen. Wütend hatte er sich selbst hinter das Steuer gesetzt.
»Katrin!«
Die junge Frau zuckte heftig zusammen. Langsam drehte sie sich um und sah Joachim auf sich zukommen. Im ersten Augenblick wollte sie ins Haus laufen, um nicht mit ihm sprechen zu müssen, stattdessen machte sie ebenfalls ein paar Schritte auf ihn zu. »Lange net gesehen«, bemerkte sie mit trockener Kehle. Sie spürte, wie ihre Hände zu zittern begannen und ihre Knie unter ihr nachzugeben drohten.
»Schön, dich zu sehen, Katrin.« Der junge Bauer bemühte sich, seiner Stimme einen festen Klang zu geben. Er bekämpfte das heftige Verlangen, sie in die Arme zu nehmen, obwohl ihn alles dazu drängte. »Wie geht es dir?«
»Gut«, behauptete sie.
»Das freut mich«, erwiderte er. »Mir geht es auch gut.«
»Und deiner Frau und den Kindern?«
Er sah sie überrascht an. »Weißt du es denn nicht? Melanie ist vor zwei Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Der Kerl, der ihren Wagen gerammt hat, ist betrunken gewesen.«
»Das tut mir leid«, sagte Katrin bestürzt. Heidrun Hassler hatte nie von den Baumgartners gesprochen, wenn sie miteinander telefoniert hatten, so, als wollte sie nicht an alte Wunden rühren.
»Die Zwillinge hab ich eben in den Kindergarten gebracht. Meine Eltern haben mir vor einem Jahr den Hof überschrieben. Ich bewirtschafte ihn zusammen mit zwei Knechten, die stundenweise bei uns arbeiten und im Dorf wohnen. Mein Vater hilft auch noch mit. Meine Mutter kümmert sich hauptsächlich um die Kinder und unsere Feriengäste. Wir haben das ehemalige Gesindehaus für die Urlauber ausgebaut. Ich bin auf dem Weg zum Lagerhaus, um Wein abzuholen, den einer unserer Gäste mit nach Hause nehmen will.«
»Bernd und ich sind wegen der Beerdigung hier«, sagte Katrin völlig überflüssigerweise.
Im ersten Stock öffnete sich ein Fenster. Bernd Hassler steckte den Kopf ins Freie. »Wo bleibst du denn, Katrin!«, rief er ungeduldig.
»Ich komm gleich«, antwortete sie. »Wir sehen uns sicher in den nächsten Tagen öfter«, bemerkte sie zu Joachim und wollte einen ziemlich schweren Koffer aus dem Wagen heben.
»Warte, ich helf dir.« Joachim ergriff den Koffer.
»Bernd ist krank. Er darf nix tragen«, glaubte Katrin, ihren Lebensgefährten entschuldigen zu müssen.
»Seine Tante hat es mal erwähnt.« Joachim stellte den Koffer in der Diele des Hauses ab. »Soll ich ihn noch nach oben bringen?«
Katrin schüttelte den Kopf. »Lass es lieber. Bernd …«
»Bist du glücklich?« Er schaute ihr in die Augen.
Sie senkte den Blick. »Warum sollte ich net glücklich sein?« Entschlossen ergriff sie den Koffer, um ihn die Treppe hinaufzutragen. »Danke, Joachim. Grüß deine Eltern von mir.«
»Das werde ich. Bis dann.« Er drehte sich um und kehrte bedrückt zu seinem Wagen zurück. Katrin konnte ihm nichts vormachen. Sie sah alles andere als glücklich aus, was ihn bei Bernd Hassler auch nicht wunderte. Er hoffte, dass sie im Laufe der nächsten Tage eine Gelegenheit finden würden, über alles zu reden. Vielleicht konnte er Katrin auf die eine oder andere Weise helfen.
***
»Was wollte denn der Baumgartner von dir, Katrin?«, fragte Bernd. »Kaum sind wir in Bucheich, steht er vor der Tür. Eine Unverfrorenheit sondergleichen. Betrügt dich mit einer anderen und hofft nun vermutlich, er könnte sich wieder an dich heranmachen.«
»Joachim ist auf dem Weg ins Lagerhaus hier vorbeigekommen und hat unseren Wagen in der Auffahrt stehen gesehen.« Katrin trug den Koffer in Bernds Schlafzimmer.
Er folgte ihr. »Und musste natürlich sofort nach dir Ausschau halten«, spottete er. »Ich glaube nicht an derartige Zufälle. Hoffentlich hat seine Frau ein Auge auf ihn.«
»Melanie ist vor zwei Jahren gestorben.«
»Ich hätte mich bei diesem Menschen auch auf und davon gemacht«, bemerkte Bernd böse. Er nahm seine Nasenbrille ab und stellte den tragbaren Sauerstoffapparat neben das Bett. »Hoffentlich kommt der Sauerstofftank pünktlich. Er soll um elf geliefert werden.«
»Was bist du nur für ein Mensch, Bernd?«, fragte Katrin wütend. »Wie kann man über den Tod eines Menschen so zynisch hinweggehen? Abgesehen davon, dass Joachim seine Frau und die Zwillinge ihre Mutter verloren haben, war Melanie noch viel zu jung, um schon zu sterben.«
»Was interessiert mich diese Melanie?«, fragte er. »Ich kann dem Baumgartner nur raten, sich nicht an dich heranzumachen. Dass ich krank bin, heißt noch lange nicht, dass ich tatenlos zusehen werde, wie er seine Finger nach dir ausstreckt.«
»Du solltest dir mal selbst zuhören, Bernd«, meinte Katrin. »Wie kannst du überhaupt noch in den Spiegel schauen, ohne vor dir selbst zu erschrecken? Hör endlich damit auf, dich nur noch um dich selbst zu drehen, denk auch mal an andere! Es würde dir gewiss guttun.«
»In meinem Beruf muss ich ständig an andere denken«, konterte er. »Man kann mir bestimmt nicht vorwerfen, nicht stets den Vorteil meiner Klienten zu suchen.«
»Darum geht es net, Bernd«, sagte Katrin. »Ich …«
»Kümmere dich lieber um den Kaffee, statt mir Vorhaltungen zu machen! Und pack die Koffer aus. Ich habe nicht vor, die nächsten Tage aus dem Koffer zu leben. Außerdem brauche ich einen Arbeitsplatz. Am besten unten im Wohnzimmer. Dort sollte auch der Sauerstofftank stehen.«
Es kostete Katrin einiges an Selbstbeherrschung, ihren Lebensgefährten nicht an den Schultern zu packen und ordentlich durchzuschütteln. Er versuchte nicht einmal, sie zu verstehen. Ihre Worte prallten einfach an ihm ab.
»Während ich Kaffee trinke, kannst du mein Bett beziehen. Wer weiß, wann meine Tante in den Gästezimmern die Betten frisch bezogen hat!« Bernds Blick glitt prüfend durch den kleinen Raum. »Und mach die Balkontür auf! Ich werde mich hinlegen und ausruhen. Nach dem Mittagessen müssen wir zum Friedhof fahren und Tante Heidrun in der Aussegnungshalle einen Besuch abstatten, damit sich die Dörfler nicht über mich die Mäuler zerreißen.«
Katrin öffnete die Balkontür, danach flüchtete sie regelrecht aus dem Schlafzimmer ihres Freundes. Nicht zum ersten Mal empfand sie es als Segen, dass sie von Anfang an getrennte Schlafzimmer hatten, weil Bernd zu viel Nähe nicht ertragen konnte.
Sie ging in die Küche hinunter, füllte Wasser in die Kaffeemaschine und schaltete sie ein. Im Küchenschrank standen die Tassen in Reih und Glied auf einer schmalen Decke, die am Rand von einer Spitzenborte verziert wurde. Die Hände der Verstorbenen waren unermüdlich tätig gewesen. Wenn Heidrun Hassler nicht im Garten oder im Haus gearbeitet hatte, so hatte sie gestrickt, gehäkelt oder gestickt.
Beinahe zärtlich berührte sie eines der Sitzkissen auf der Fensterbank. Sie war noch ein kleines Madel gewesen, als Heidrun Hassler die Kissen bestickt hatte. Samstags hatte Katrin oft mit einigen Freundinnen bei ihr im Garten gesessen, und Heidrun hatte ihnen Stricken und Häkeln beigebracht.
Katrin brachte den Kaffee nach oben und begann, die Koffer auszupacken. Da Bernd inzwischen eingeschlafen war, konnte sie in Ruhe ihren Gedanken nachhängen. Die Begegnung mit Joachim hatte ihr einen heftigen Stich versetzt. Sie hatte nicht erwartet, ihm so bald gegenüberzustehen, sondern hatte erst auf der Beerdigung damit gerechnet.
Plötzlich hielt sie es nicht mehr im Haus aus. Sie setzte sich in den Garten hinunter, blickte zu den schneebedeckten Gipfeln der Berge hinauf und dachte daran, wie glücklich sie seit ihrer Kindheit in Joachims Gegenwart gewesen war. Etwas von diesem Gefühl hatte sie tief in ihrem Herzen bewahrt, das hatten ihr auch die vergangenen Jahre nicht nehmen können.
»Wenn wir erwachsen sind, werden wir heiraten«, hatte er ihr im Sommer vor vierzehn Jahren versprochen und ihr einen Ring aus Gras an den Finger gesteckt. Sie hatte diesen Ring aufbewahrt, bis sie Bernd nach Nürnberg gefolgt war.
Vermutlich wäre ich heute Joachims Frau, wenn Melanie nicht nach Bucheich gekommen wäre, um hier für einige Wochen bei ihrer Großmutter zu leben. Melanie mit ihren rotblonden Locken und den grünen Augen, dem glockenhellen Lachen und den samtweichen Händen, die noch nie zuvor eine Kuh gemolken oder eine Mistgabel gehalten hatten. Innerhalb kürzester Zeit hatte sie allen jungen Burschen im Umkreis den Kopf verdreht. Auch Joachim war ihrem Charme erlegen, wenn auch nur für eine Nacht. Eine Nacht, die Folgen gehabt hatte …
Pünktlich um elf wurde der Sauerstofftank geliefert. Der Fahrer stellte ihn in der Wohnstube auf. Überrascht nahm er das Trinkgeld in Empfang, das ihm Katrin gab. »Einen schönen Aufenthalt in Bucheich«, wünschte er, bevor er sich verabschiedete.
Die junge Frau sagte ihm nicht, dass sie wegen eines Todesfalls in Bucheich waren, sondern bedankte sich. Sehr leise schloss sie die Haustür hinter sich und ging in die Küche, um sich um das Mittagessen zu kümmern, das sie bereits am Vortag zubereitet hatte.
Gleich nach dem Essen musste sie sich umziehen, weil Bernd den Besuch auf dem Friedhof so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte. Ungeduldig wartete er, bis sie noch ein paar Rosen aus dem Garten geholt hatte.
Um diese Tageszeit begegnete ihnen auf dem Friedhof nicht ein einziger Mensch. Die Stille um sie herum wurde nur vom Krächzen der Raben durchbrochen, die auf den alten Ahornbäumen saßen. Eine grau-weiße Katze, die auf dem Kriegerdenkmal hockte, beobachtete sie aus einiger Entfernung.
Katrin half ihrem Lebensgefährten die Stufen zur Aussegnungshalle hinauf. Sie trug sein Sauerstoffgerät, da es zu schwer für ihn war und er sich nicht mit dem Rucksack, der dazugehörte, belasten wollte.
Die Toten wurden bis zur Beerdigung in einem der Nebenräume aufgebahrt. Wie es in Bucheich üblich war, wurden die Türen zu diesen Räumen nicht abgeschlossen, damit jeder von den Verstorbenen Abschied nehmen konnte. Bisher hatte man im Dorf mit dieser Regelung noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Die Streiche der Dorfjugend, die manchmal die Grenzen des guten Geschmacks überschritten, endeten vor den Friedhofsmauern.
Bernd zögerte, bevor er den Raum betrat, in dem seine Tante aufgebahrt lag. Schwerfällig ging er auf ihren Sarg zu. Angesichts der Toten wirkte er wie ein alter Mann, obwohl er noch keine dreißig war.
»Wir hätten dich in diesem Jahr auf jeden Fall besucht, Tante Heidrun«, sagte er leise zu der Toten. »Du weißt ja, wie das ist. Die Zeit läuft einem davon.«
Selbst eine Tote musst du noch belügen, Bernd, dachte Katrin. Ihr Lebensgefährte hatte nicht vorgehabt, seine Tante in diesem Jahr zu besuchen. Sie schaute in das mit einem durchsichtigen Schleier bedeckte Gesicht der Verstorbenen und berührte, als sie die Rosen auf die seidene Decke legte, ihre gefalteten Hände. Für den Bruchteil einer Sekunde kam es ihr vor, als lächelte ihr Heidrun Hassler zu.
»Wir sollten gehen, Katrin«, forderte Bernd sie auf, nachdem sie noch ein Gebet gesprochen hatten. »Dieser Besuch tut mir nicht gut. Er raubt mir regelrecht den Atem.« Er presste eine Hand auf sein Herz.
Stumm folgte ihm Katrin nach draußen. »Ich möchte noch zum Grab meiner Eltern«, sagte sie, als sie an einer Bank vorbeikamen. »Warte hier auf mich.« Sie stellte das Sauerstoffgerät neben die Bank.
»Wenn es denn sein muss!« Mit einem Seufzen ließ er sich auf die Bank fallen. »Mach nicht so lange! Es wird für mich Zeit, nach Hause zu kommen.« Ruckartig hob er den Kopf. »Lieber wäre es mir, du würdest erst morgen deine Eltern besuchen. Mir ist schwindlig.«
Das konnte stimmen und auch nicht! Katrin wollte kein Risiko eingehen. »Gut, ich besuche morgen meine Eltern«, gab sie nach und griff mit einer Hand nach dem Sauerstoffapparat, während sie mit der anderen Bernd aufhalf.
Auf dem Weg zum Parkplatz stützte sich Bernd schwer auf sie.
»Ich fühle mich gar nicht gut«, meinte er. »Vermutlich ist es heute etwas viel gewesen.« Er wartete, bis sie für ihn den rechten Wagenschlag geöffnet hatte. »So wie ich es sehe, muss im Haus einiges gerichtet werden, bevor ich auch nur daran denken kann, es zu verkaufen.« Ungeschickt nahm er auf dem Beifahrersitz Platz. »Tante Heidrun hat in den letzten Jahren vermutlich nichts mehr am Haus machen lassen.«
»Wie kannst du schon an einen Verkauf des Hauses denken, Bernd?«, fragte Katrin bestürzt. »Deine Tante ist noch net mal unter der Erde.«
»Wie du weißt, bin ich ein Mensch, der gern vorausplant«, antwortete er und schnallte sich an. »Meine Tante ist tot. Ihr dürfte es egal sein.« Er wandte ihr das Gesicht zu. »Wir können fahren. Worauf wartest du noch?«
Mit zitternden Fingern drehte Katrin den Zündschlüssel herum und gab Gas. Bernd verwandelte sich von Tag zu Tag mehr in einen Widerling. Sie war sich nicht mehr sicher, ob es nicht besser sein würde, einen Schlussstrich unter ihr gemeinsames Leben zu ziehen. Wollte sie wirklich auch noch die nächsten Jahre an seiner Seite verbringen? Wenn Bernd wirklich einmal so etwas wie Liebe für sie empfunden hatte, war nun nichts mehr davon zu merken. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er noch mehr in ihr sah als seine Haushälterin, Krankenschwester und Blitzableiterin für seine Launen.
Man muss für alles im Leben bezahlen, dachte sie, vor allen Dingen für die Dummheit, gut gemeinte Warnungen nicht ernst zu nehmen.
***
Heidrun Hassler hatte zu den angesehensten Frauen in Bucheich gehört. Sie war nicht nur eine Zeit lang Mitglied des Gemeinderates gewesen, sondern hatte auch im Kirchenchor gesungen und sich ehrenamtlich engagiert. Sie hatte zu den Leuten gehört, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatten, anderen zu helfen, und darin ihre Erfüllung fanden.
Aus diesen Gründen rechnete Bernd Hassler damit, dass nicht nur aus Bucheich, sondern auch aus der Umgebung Leute zu ihrer Beerdigung kommen würden. Wohlweislich mietete er den Gemeindesaal und engagiert den Cateringservice eines nahen Hotels für die Bewirtung der Trauergäste.
Obwohl es am Morgen noch geregnet hatte, meinte es das Wetter am Nachmittag, als die Beerdigung stattfand, gut mit ihnen. Halb Bucheich versammelte sich in der blumengeschmückten Dorfkirche zum Trauergottesdienst.
Insgeheim bewunderte Katrin, mit welchem Engagement ihr Lebensgefährte die Trauerfeier für seine Tante organisiert hatte. Sie verlief so reibungslos, als handelte es sich um eine hundertfach erprobte Bühneninszenierung. Nur sein gelangweiltes Gesicht während des Gottesdienstes deutete darauf hin, dass er nicht mit dem Herzen dabei war, sondern nur eine perfekte Show liefern wollte.
Als sie nach dem Gottesdienst vor dem offenen Grab standen, musste Katrin daran denken, dass selbst Heidrun Hassler sie gewarnt hatte, sich mit ihrem Neffen einzulassen. Wie verrückt musste sie gewesen sein, ihre Warnung in den Wind zu schlagen?
»Du wirst mit dem Bernd net glücklich, Madel«, hatte sie gesagt. »Der Bernd sieht nur sich selbst. Ich mach mir da gar nix vor.«
Ich wünschte, ich hätte damals auf dich gehört, Tante Heidrun, dachte sie und warf den Rosenstrauß, den sie in der Hand hielt, auf den Sarg hinunter. Nach einem stummen Gebet trat sie neben Bernd, dem man einen Stuhl gebracht hatte, weil er das lange Stehen am Grab nicht ausgehalten hätte.
Auch Joachim Baumgartner und seine Mutter nahmen an Heidruns Beisetzung teil. Sein Vater war daheimgeblieben, um sich um die Zwillinge zu kümmern. Mit unbewegtem Gesicht ließ sich Bernd von den Baumgartners die Hand drücken. Als sie sich Katrin zuwandten, um ihr ebenfalls zu kondolieren, beobachtete er sie mit Argusaugen.
Es wurde halb vier, bis sie zum Gemeindehaus aufbrachen. »Ich werde froh sein, wenn die Beerdigung hinter uns liegt«, sagte Bernd auf dem Weg. »Ich bin schon jetzt völlig erschöpft und habe auch keine Lust, noch stundenlang mit Menschen, die ich kaum kenne und die mich nicht interessieren, Kaffee zu trinken.«
»Keiner wird’s uns übel nehmen, wenn wir vorzeitig nach Hause fahren«, erwiderte Katrin. »Die Leute wissen, wie krank du bist.«
»Ich hätte Tante Heidrun gern ohne großes Tamtam unter die Erde gebracht. Leider muss man ja sein Gesicht wahren.« Seine Lippen verzogen sich zu einem geringschätzigen Lächeln. »Tante Heidrun hätte ihre wahre Freude an der Beerdigung gehabt. Sie stand gern im Mittelpunkt.«
»Ich hab Tante Heidrun mein Leben lang gekannt. Sie hat nie viel Aufhebens um sich gemacht. Wenn sie mal im Mittelpunkt stand, handelte es sich im Zusammenhang mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit.«
Missbilligend schüttelte er den Kopf. »Du bist unverbesserlich, meine liebe Katrin, du siehst stets nur das Gute im Menschen. Glaub mir, auch Tante Heidrun hatte ihre dunklen Seiten. Sie verstand es nur, sie vor aller Welt verborgen zu halten.«
Nach und nach füllte sich der Gemeindesaal. Sie saßen zwischen dem Pfarrer und Bucheichs Bürgermeister, der in einer kurzen Rede hervorhob, wie viel Heidrun Hassler für die Gemeinde getan hatte. Auch der Arzt, der sie betreut hatte, und die Gemeindeschwester waren voll des Lobes für die Verstorbene. Bernd dankte ihnen dafür und beteuerte, wie gern er seine Tante öfter besucht hätte, aber durch seine Krankheit daran gehindert worden war.
Nach einer Weile flüchtete Katrin aus dem Gemeindesaal an die frische Luft. An einen Pfosten gelehnt, blickte sie über die angrenzenden Wiesen zum Wald, der sich bis zur Baumgrenze die Felsen hinaufzog. Sie schloss die Augen und sah sich mit ihren Freunden die Feldwege entlanglaufen. Noch einmal Kind sein, noch einmal die Welt im strahlenden Licht sehen …
»Störe ich?«
Die junge Frau zuckte heftig zusammen. Sie öffnete die Augen und wandte das Gesicht Joachim zu, der neben ihr stand. »Nein, du stört net, Joachim«, sagte sie. »Ich dachte eben an unsere Kindheit, daran, wie unbeschwert wir damals noch gewesen sind.«
»Es war eine schöne Zeit«, bemerkte er. »Lass uns ein paar Schritte gehen.«
»Ich weiß net. Bernd …« Sie drehte sich zur Tür des Gemeindehauses um. »Bernd kann ziemlich eifersüchtig werden.«
»Weil er dich liebt oder weil er dich als seinen Besitz betrachtet?«
»Es ist besser, net darüber nachzudenken, Joachim«, antwortete sie, ohne ihn anzusehen.
Er griff blitzschnell unter ihr Kinn und hob es leicht an. Der Schmerz, den er in ihren Augen las, schnitt ihm ins Herz. »Du bist net glücklich, net wahr, Katrin?« Sanft berührte er ihre Wange.
»Nein, ich bin net glücklich«, gestand sie und versuchte, die Tränen zurückzudrängen, die in ihre Augen traten. »Ich weiß auch net, wie es weitergehen soll. Bernd hat sich in den letzten Jahren immer mehr zu einem Tyrannen entwickelt. Das ist net erst seit seiner Krankheit so. Früher ist mir das nur net so bewusst geworden, weil ich arbeiten ging und net so viel Zeit mit ihm verbringen konnte. Als er krank wurde, hab ich auf seine Bitte hin meine Arbeit aufgegeben, um für ihn da zu sein. Ich kann ihm einfach nix mehr recht machen. Er hat immer was auszusetzen.«
»Zum Glück seid ihr net miteinander verheiratet.« Er nahm ihren Arm und führte sie zu einem schmalen Bach hinunter.
»Bernd hält nix von einer Ehe.«
»Also könntest du ihn jederzeit verlassen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Er ist krank und braucht mich.« Katrin bückte sich nach einem Steinchen und warf es ins Wasser.
Joachim tat es ihr gleich. »Erinnerst du dich, wie oft wir als Kinder zum Bach gelaufen sind, um Steine hineinzuwerfen oder durch das seichte Wasser zu waten? Wie jung und unbekümmert wir damals noch waren …« Erneut schaute er sie an. »Keiner kann dich zwingen, beim Hassler zu bleiben, Katrin. Falls du jemals daran denken solltest, nach Bucheich zurückzukehren, du wirst auf unserem Hof stets willkommen sein.«
Katrin küsste ihn flüchtig auf die Wange.
»Danke, Joachim. Es tut gut zu wissen, net völlig allein auf der Welt zu stehen.« Sie holte tief Luft. »Ich kann Bernd net verlassen. Net, dass es ihm das Herz brechen würde, aber wer sollte für ihn sorgen? Seine Angestellten bestimmt net. Das gehört net zu ihren Aufgaben. Eine Haushälterin würde es mit ihm net aushalten, und seine Großcousine Marianne würde sich schön bedanken, ihm den Haushalt führen zu müssen. Außerdem lebt sie in München und ist dort in einem Steuerberatungsbüro angestellt. Im Übrigen ist sie genauso rechthaberisch und tyrannisch wie Bernd.«
»Klingt net, als wärt ihr Freundinnen.«
»Gewiss net.« Katrin fand es an der Zeit, dem Gespräch eine andere Richtung zu geben. »Hast du ein Foto von deinen Kindern?«, fragte sie.
Joachim zog eine Fotografie aus seiner Brieftasche.
»Meine Ehe mit Melanie hatte ihre Ecken und Kanten. Wir haben uns ziemlich häufig gestritten, weil wir einfach zu verschieden waren. Melanie fiel es schwer, sich an ein Leben bei uns zu gewöhnen. Was uns zusammenhielt, waren die Kinder, die wir beide über alles liebten. So gern Melanie auch in die Stadt zurückgekehrt wäre, sie ist wegen Mona und Timo bei mir geblieben, weil sie meinte, dass die Zwillinge eine intakte Familie brauchen, um später ihr Leben meistern zu können. Dafür bin ich ihr über alles dankbar. Auch meine Eltern werden ihr das nie vergessen.«
»Es muss schön sein, Kinder zu haben«, meinte Katrin sehnsüchtig. Sie strich sanft über die Gesichter der Zwillinge. »Die beiden ähneln deiner verstorbenen Frau.«
»Die Augen haben sie allerdings von mir.«
»Ja, sie sind braun.« Katrin reichte ihm das Foto. »Wir sollten zurückkehren. Bernd wird sich schon fragen, wo ich abgeblieben bin. Er hatte vor, höchstens eine Stunde am Kaffee teilzunehmen.«
»Gut, ich möchte dich net in Schwierigkeiten bringen.« Joachim steckte das Foto in die Brieftasche zurück. »Und vergiss net, meine Eltern und ich sind stets für dich da.«
»Das ist gut zu wissen.« Sie drückte seine Hand.
Sie kehrten nicht gemeinsam in den Gemeindesaal zurück, trotzdem wurde Katrin von Bernd mehr als ungehalten empfangen.
»Dein Benehmen ist einfach schamlos«, raunte er ihr zu. »Wenn du glaubst, in Bucheich ein Lotterleben führen zu können, irrst du dich gewaltig.« Er bedachte den Baumgartner-Joachim, der in diesem Moment in den Gemeindesaal trat, mit einem zornigen Blick.
Katrin schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Das Gespräch mit Joachim hatte ihr gutgetan. Sie nahm sich vor, ihn und seine Familie an einem der nächsten Tage zu besuchen. Sie wollte unbedingt Mona und Timo kennenlernen.
Doch das war es nicht allein. Katrin spürte, wie jede Faser ihres Herzens regelrecht danach schrie, mit Joachim zusammen zu sein.
Ich liebe ihn noch immer, dachte sie, und ich werde ihn wohl bis ans Ende meiner Tage lieben.
***
Während der nächsten drei Tage ergab sich keine Gelegenheit für Katrin, die Baumgartners zu besuchen, weil Bernd sie fast ununterbrochen brauchte.
Es ging ihm nicht besonders gut. Statt sich jedoch auszuruhen, hielt er über das Internet ständigen Kontakt mit seinem Büro, zudem bestand er darauf, das Haus seiner verstorbenen Tante von oben bis unten zu inspizieren, um sich einen Überblick über die notwendigen Renovierungsarbeiten zu verschaffen. Er telefonierte mit Handwerkern und Maklern, lud den Bürgermeister und dessen Gattin zum Abendessen ein und verlangte von Katrin, das Haus gründlich zu putzen.
Katrin wusste genau, weshalb ihr Lebensgefährte sie mit Arbeit überhäufte. Er wollte verhindern, dass sie sich mit Joachim traf. Wenn sie einkaufen musste, begleitete er sie, wenn sie im Garten arbeitete, setzte er sich mit seinem Laptop dazu.
Das ständige Zusammensein mit Bernd zerrte an Katrins Nerven. Lange würde sie diese Belastung nicht mehr aushalten, da war sie sich sicher. Vergeblich versuchte sie, mit ihm über sein Verhalten zu sprechen. Er nannte sie streitsüchtig und stets nur auf das eigene Wohl bedacht.
An diesem Tag hatte sich Bernd zum Mittagessen Knödel, Schweinebraten und Sauerkraut gewünscht. Schweigend saßen sie sich bei Tisch gegenüber.
»Gibt es Eis zum Nachtisch?«, fragte er unfreundlich.
»Wenn du möchtest«, erwiderte Katrin. Sie stand auf und ging in die Küche. Kurz darauf kehrte sie mit einem Schälchen Eiscreme zurück.«
Bernd nahm ein paar Löffel vom Eis, um es gleich darauf angewidert zur Seite zu schieben.
»Wie alt ist das denn?«, fragte er. »Willst du mich etwa vergiften.«
»Wir haben es gestern gekauft«, sagte Katrin. »Ich hab die Kaffeemaschine eingeschaltet. Der Kaffee müsste in wenigen Minuten fertig sein.«
Er schüttelte den Kopf und stand auf. »Wie ich dich kenne, hast du den koffeinfreien Kaffee genommen. Darauf kann ich verzichten. Ich leg mich hin.«
»Du weißt sehr genau, dass du wegen deines Herzens keinen Kaffee mit Koffein trinken solltest.«
»Die Ärzte behaupten viel, wenn der Tag lang ist«, erklärte Bernd Hassler. »Wenn ich ständig auf sie hören würde, könntest du mich längst auf dem Friedhof besuchen.« Er stützte sich mit den Händen auf die Stuhllehne. »Im Übrigen lohnt es sich nicht, mich zu vergiften. Mein Besitz geht an eine würdigere Person, als du es bist.«
»Vermutlich an deine liebe Großcousine Marianne«, meinte Katrin. »Ich hab keine Lust, mich mit dir zu streiten, Bernd, auch wenn du’s darauf anlegst. Ruh du dich aus. Ich geh ein Stückerl spazieren.«
»Du bleibst im Haus!« Sein Gesicht lief rot an.
»Ich denke net daran. Vergiss net, ich bin ein freier Mensch, auch wenn du mich ständig herumkommandierst. Man kann den Bogen auch überspannen.« Sie trug die Schale mit dem Eis in die Küche zurück.
Ihr Lebensgefährte folgte ihr. »Willst du dich mit deinem Joachim treffen? Habt ihr euch verabredet?«
»Mach dich net lächerlich, Bernd!« Katrin hatte erst noch abwaschen wollen, bevor sie das Haus verließ, nun verzichtete sie darauf. »Ich wünsch dir noch einen schönen Nachmittag«, sagte sie, griff nach ihrer Handtasche, die auf der Garderobe lag, und schloss die Haustür hinter sich.
Bernd folgte ihr. »Wage es nicht, meinen Wagen zu nehmen«, schrie er ihr nach.
Die junge Frau beachtete ihn nicht, sondern trat auf die Straße hinaus. Erst als sie sich ein ganzes Stück vom Haus entfernt hatte, drehte sie sich um. Bernd stand noch immer an der Haustür, so, als könnte er nicht fassen, dass sie tatsächlich gegangen war.
Sie überlegte, ob sie auf dem Baumgartner-Hof anrufen und bitten sollte, sie an der Bushaltestelle abzuholen, sagte sich jedoch, dass sie dort nicht so einfach auftauchen konnte. Es war mitten in der Woche. Joachim war vermutlich aufs Feld hinausgefahren, und seine Eltern würden sich auch alle möglichen Arbeiten vorgenommen haben. Besser, sie rief einen Tag vorher an, um ihren Besuch anzukündigen.
Als sie den Kopf hob, fiel ihr Blick auf das neue Sporthotel, das auf einer Anhöhe oberhalb des Dorfes stand. Sie beschloss, mit dem Bus dorthin zu fahren und auf der Hotelterrasse in aller Ruhe Kaffee zu trinken. Vor sechs Uhr wollte sie nicht zu Bernd zurückkehren. Er musste endlich erkennen, dass sie auch anders konnte.
Katrin setzte sich an die Bushaltestelle. Wie sie auf dem Plan gesehen hatte, musste sie eine halbe Stunde warten, bevor der richtige Bus kam. Eine halbe Stunde, in der sie sich fragte, ob Bernd allen Ernstes glaubte, sie könnte auf die Idee kommen, ihn zu vergiften. Sie konnte es sich nicht vorstellen, obwohl sein Verhalten ihr gegenüber immer paradoxer wurde. Und was sollte seine Bemerkung über die Erbschaft? Als hätte sie es darauf angelegt, ihn zu beerben!
Vor ihr hielt ein Geländewagen. Ein älterer Mann in blauer Latzhose saß am Steuer. Es handelte sich um den Tierarzt des Dorfes.
»Kann ich dich mitnehmen, Katrin?«, fragte er. »Wo soll’s denn hingehen?«
Katrin kannte Dr. Weiser seit ihrer Kindheit. »Zum Sporthotel hinauf.«
»Da hast du Glück. Ich muss zum Aussiedlerhof. Dich beim Hotel abzuliefern bedeutet nur einen kleinen Umweg für mich.« Er beugte sich über den Beifahrersitz und öffnete für sie den Wagenschlag. »Worauf wartest du noch?«
»Danke, Doktor Weiser.« Sie setzte sich in den Wagen.
Der Arzt gab Gas. »Du schaust gar net gut aus, Madel«, meinte er. »Das ist mir schon bei der Beerdigung aufgefallen. Geht’s dir net gut?«
»Es ist alles in Ordnung«, beeilte sich Katrin zu versichern. »Ich bin nur ein bisserl abgespannt. Deshalb nehm ich mir heute auch eine Auszeit.«
»So, so«, bemerkte er und bog in die Bergstraße ein. »Auch wenn’s mich nix angeht, man hört so einiges im Ort. Der Hassler ist noch nie besonders beliebt in Bucheich gewesen. Net ein einziges Mal hat er sich während der letzten beiden Jahre bei seiner Tante blicken lassen. Das hatte sie net verdient.«
»Bernd ist krank, Doktor Weiser.«
»Das ist net zu übersehen. Fragt sich nur, wie lange er schon krank ist. Letztes Jahr gewiss noch net, das hätte mir die Heidrun erzählt. Wir haben ab und zu einen Kaffee miteinander getrunken.«
»Seien Sie mir net böse, Doktor Weiser, ich mag net darüber reden.«
Er legte flüchtig die Hand auf ihren Arm. »Schon gut, Katrin, die meisten Leute in Bucheich meinen nur, du hättest was Besseres verdient als ausgerechnet den Neffen der Heidrun.« Er hielt auf dem Parkplatz des Sporthotels. »Denk mal darüber nach, ob du net irgendwann heimkehren willst. Du würdest in Bucheich mit offenen Armen aufgenommen. Vergiss net, du bist eine von uns.«
Katrin traten Tränen in die Augen. »Danke, Doktor Weiser«, sagte sie und stieg rasch aus. Mit einem Abschiedsgruß wandte sie sich dem Hotel zu.
Zusammen mit einigen Hotelgästen genoss die junge Frau kurze Zeit später auf der Terrasse das herrliche Panorama, das sich ihnen bot. Die Sonne stand hoch über den Bergen und übergoss mit ihrem Strahlen die weißen Gletscher, die weit oberhalb der Baumgrenze auf den Berghängen lagen. Von hier aus erschien es, als wären die Berge mit Millionen von Diamanten bedeckt.
Katrin fühlte, wie nach und nach die Anspannung nachließ, unter der sie seit Tagen litt. Ihr Herz begann, ruhiger zu schlagen und zu seinem normalen Rhythmus zurückzufinden. Während sie ihren Kaffee trank und ein Stück Nusstorte aß, dachte sie über ihr Leben mit Bernd nach. Ihr wurde bewusst, dass sie einen Schlussstrich ziehen musste, wenn sie nicht irgendwann den Verstand verlieren wollte. Bernd gehörte nicht zu den Menschen, die Fehler einsahen und versuchten, sich zu ändern. Leute wie er fühlten sich stets im Recht.
Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, dass er allen Ernstes glaubte, sie würde ihn vergiften wollen, aber irgendwann würde es vielleicht so sein. Bisher hatte Bernd all die gut gemeinten Ratschläge seiner Ärzte ignoriert und an seinem Lebensstil kaum etwas geändert. Das konnte nicht mehr lange gut gehen, und er würde einen Schuldigen brauchen, der dafür verantwortlich war. Was lag für ihn näher, als sie zu beschuldigen?
Als der Kellner an ihren Tisch trat, bestellte sich Katrin eine zweite Tasse Kaffee. Sie hatte nicht vor, so bald nach Hause zurückzukehren.
Wie wundervoll und friedlich es hier oben war. Sie lehnte sich zurück, schloss die Augen und hob ihr Gesicht dem Himmel entgegen. Als Kinder hatten Joachim und sie oft auf der Wiese hinter dem Hof gelegen, zum Himmel hinaufgeschaut und Luftschlösser gebaut.
Ein Lächeln erhellte Katrins Gesicht. Was konnte es für ein Kind Schöneres geben, als in Bucheich aufzuwachsen? Die Freiheit, die die Kinder hier genossen, konnte ihnen die Stadt nicht bieten.
Natürlich hatten sie auf dem Hof mithelfen müssen wie andere Kinder im Dorf auch, doch dafür konnten sie durch Wald und Wiesen streifen, barfuß durch das klare Wasser des Bachs waten, und sie wuchsen mit Tieren auf. Schon als kleine Kinder hatten sie bei ihren Vätern auf dem Traktor gesessen und auf spielerische Weise alles gelernt, was Kinder auf einem Bauernhof wissen mussten.
Das Sporthotel gab es erst seit vier Jahren. Als sie Bernd Hassler nach Nürnberg gefolgt war, hatte es sich noch im Bau befunden. Ob Joachim mit seiner Frau auch hier auf der Terrasse gesessen hatte? Vielleicht sogar an diesem Tisch!
Anfangs war es Katrin schwergefallen, nicht ununterbrochen an den Baumgartner-Joachim zu denken. Erst mit der Zeit hatte sie gelernt, die Gedanken an ihn zu unterdrücken, um ihre Beziehung zu Bernd nicht zu gefährden. Sie hatte alles getan, um ihm eine gute Frau zu sein, und hatte dabei sogar Glück empfunden. Nein, sie war es gewiss nicht gewesen, die ihre Beziehung zerstört hatte!
Katrin beschloss, zu der Kapelle aufzusteigen, die sich weit oberhalb des Hotels auf einer kleinen Wiese zwischen zwei Felsen erhob.
Nachdem sie ihre Rechnung bezahlt hatte, machte sie sich an den Aufstieg. Hundertsechsundachtzig sehr schmale, ungleiche Stufen führten zur Kapelle hinauf. Ihre Eltern hatten sich dort kennengelernt. Sie hoffte, da die Kraft zu finden, sich von Bernd zu trennen.
Noch überwog ihr Mitleid mit ihm, obwohl es ihn völlig gleichgültig ließ, wie sie sich fühlte. Trotzdem kam es ihr wie eine Niederlage vor, ihn ausgerechnet jetzt zu verlassen. Andererseits war er wohlhabend genug, um sich jede Hilfe leisten können, die man für Geld kaufen konnte.
***
Es ging auf sechs zu, als Katrin May die Haustür aufschloss.
»Ich bin zurück!«, rief sie.
Alles blieb ruhig.
Sie blickte in die Wohnstube. Bernd Hassler saß an seinem Laptop. »Guten Abend«, sagte sie. »Ich hab im Sporthotel Kaffee getrunken.«
Der Steuerberater schaltete den Laptop aus und nahm die Nasenbrille ab, bevor er den Kopf hob und sie wütend ansah.
»Wie kannst du es wagen, den ganzen Nachmittag fortzubleiben?«, fragte er schneidend. »Und wenn du meinst, ich würde dir diese Geschichte mit dem Kaffee glauben, so irrst du dich gewaltig.« Er stand auf und kam um den Tisch herum. »Sag schon, wo bist du gewesen?« Sein Gesicht rötete sich.
»Im Sporthotel.«
Blitzschnell griff er nach ihrem Arm und hielt sie fest. »Hör auf zu lügen, Katrin!«, stieß er hervor. »Im Heu wirst du gewesen sein mit diesem Bauernburschen.«
»Lass mich los! Du tust mir weh!« Katrin versuchte vergeblich, sich aus seinem Griff zu winden. Er hielt sie eisern fest.
»Und wenn es nicht der Baumgartner gewesen ist, dann ein anderer. Vermutlich treibst du es mit dem halben Dorf.«
»Auch nur in deiner Fantasie«, erwiderte sie und überlegte, ob sie ihm einen Stoß gegen die Brust versetzen konnte, damit er sie freigab. Sie tat es nicht, weil sie befürchtete, ihm zu schaden. »Bernd, bitte, sei vernünftig! Lass uns wie zwei erwachsene Menschen miteinander sprechen.«
Er lockerte seinen Griff etwas, ohne sie loszulassen. »Du wirst in Zukunft nicht mehr ohne mich das Haus verlassen, Katrin. Wir werden, sobald ich mit dem Haus und der übrigen Hinterlassenschaft Tante Heidruns alles geregelt habe, nach Nürnberg zurückkehren.«
Katrin löste seine Finger von ihrem Arm. »Ich bin ein freier Mensch, Bernd, ich lasse mich net länger wie eine Sklavin behandeln«, sagte sie und bemühte sich, nicht ihre Stimme zu heben. »Merkst du denn net, wie du alles kaputtmachst, was uns mal miteinander verbunden hat?«
»Ich bin für dich nur zweite Wahl gewesen, Katrin«, warf er ihr keuchend vor. Er taumelte zu einem Sessel und stützte sich schwer auf die Rückenlehne. »Nur weil der Baumgartner eine andere geschwängert hat, bist du mit mir nach Nürnberg gekommen. Denkst du, ich habe nie bemerkt, wie du an ihn gedacht hast, wenn wir miteinander geschlafen haben. Denkst du …«
»Das ist net wahr!« Katrin griff nach der Nasenbrille und reichte sie ihm. Hastig legte er sie an und sog tief den Sauerstoff aus dem Tank ein. »Wir waren mal glücklich miteinander, Bernd, und das weißt du genau. Wenn du dich net zu einem Tyrannen entwickelt hättest, wären wir’s noch heute. Seit Wochen hab ich kein liebes Wort mehr von dir gehört. Deine Gleichgültigkeit und Kälte lassen mich fast erfrieren.«
»Du solltest net vergessen, wie krank ich bin«, warf er ein.
»Versteck dich net hinter deiner Krankheit. Es ist dein krasser Egoismus, der unser Leben vergiftet. Wir …«
»Statt mir lange Vorträge zu halten, solltest du dich um mein Abendessen kümmern«, fiel er ihr ins Wort. »So viel kann ich wohl von einer Frau verlangen, die ich aushalten muss. Oder trägst du was zu unserem Lebensunterhalt bei?«
Katrin blieb vor Empörung fast die Luft weg. »Wer hat mich denn gedrängt, meinen Beruf aufzugeben, damit ich mich in Zukunft vierundzwanzig Stunden am Tag um dich kümmern kann? Das bist du gewesen, Bernd, du allein.«
Sie ging in die Küche und setzte Teewasser auf, weil sie keine Lust hatte, sich noch länger mit ihrem Lebensgefährten zu streiten. Es führte ohnehin zu nichts.
Nachdem sie die Küchentür hinter sich geschlossen hatte, lehnte sie sich gegen die Wand und vergrub das Gesicht in den Händen. Auch in der Kapelle war sie zu keinem Entschluss gelangt. Ihr Gewissen ließ es einfach nicht zu, sich jetzt von Bernd zu trennen. Wie konnte sie einen so kranken Mann im Stich lassen? Würde sie überhaupt noch in den Spiegel sehen können, wenn sie es tat?
Katrin stieß sich von der Wand ab und setzte mit zitternden Fingern Teewasser auf. Den Tisch deckte sie nur für Bernd. Ihr Hals war wie zugeschnürt. Sie würde keinen Bissen hinunterbringen können.
Bernd kam mit dem tragbaren Sauerstoffgerät in die Küche. Er ließ sich auf einen Stuhl am Tisch fallen. Sie schenkte ihm wortlos Tee ein. »Isst du nichts?«, erkundigte er sich, als er sah, dass nur für eine Person gedeckt war.
»Nein.«
»In meiner Gesellschaft schmeckt es dir wohl nicht mehr.« Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Los, setz dich wenigstens!«
Katrin wich zum Spülbecken zurück. »Bernd, bitte …«
»Natürlich hast du was mit dem Baumgartner!« Er sprang auf und stieß dabei das Sauerstoffgerät um. Zischend entwich die Luft. Statt es aufzuheben, riss er sich die Nasenbrille vom Gesicht.
Katrin stellte das Sauerstoffgerät auf. Der wütende Mann benutzte die Gelegenheit, um sie erneut am Arm zu packen. »Los, gib endlich zu, dass du es mit dem Baumgartner treibst!«, schrie er außer sich.
»Du bist verrückt, Bernd!«
Er war so wütend, dass er nun völlig die Beherrschung verlor. Er holte aus und schlug sie mit der freien Hand ins Gesicht.
Katrin konnte es nicht fassen. Sie riss sich los und stürzte in die Diele, um gleich darauf aus dem Haus zu laufen. Sie dachte weder an ihre Handtasche noch an eine Jacke.
Hinter ihr wurde das Küchenfenster aufgerissen. »Katrin!«, rief ihr Bernd nach. »Katrin!«
Sie drehte sich nicht um, sondern rannte am Gartenzaun entlang zu der Wiese, die hinter dem Anwesen Heidrun Hasslers lag. Dort warf sie sich unter einem Apfelbaum bäuchlings ins Gras und blieb wie erstarrt liegen. Erst nach einer Weile richtete sie sich auf und lehnte sich an den Baum, unfähig auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
***
Joachim Baumgartner gehörte seit einem Jahr dem Gemeinderat an. An diesem Abend war die Sitzung um zwei Stunden vorverlegt worden, sodass er sich bereits um acht Uhr dreißig auf dem Heimweg befand. Wie gewöhnlich benutzte er die Abkürzung, die hinter dem Hassler-Haus durch zwei Wiesengrundstücke führte. Automatisch blickte er in den Garten, weil er hoffte, dort Katrin zu sehen.
Da kann man nix machen, dachte er, als er vergeblich nach ihr Ausschau hielt. Er richtete den Blick auf den Fahrweg. Plötzlich stutzte er. Unter einem der Apfelbäume sah er im Dämmerlicht eine schmale Gestalt, die sich nicht rührte. Erschrocken hielt er am Straßenrand und stieg aus.
»Hallo!«, rief er und stieg die niedrige Böschung hinauf. »Katrin!« Mit drei Schritten war er bei ihr. »Katrin, was ist passiert?« Sanft rüttelte er sie.
Sie öffnete die Augen. Sie brauchte einige Sekunden, um wahrzunehmen, dass es Joachim war, der vor ihr kniete. »Es ist ja fast dunkel«, flüsterte sie. »Ich bin einfach davongelaufen.« Mit einer flüchtigen Bewegung strich sie sich die wirren Haare aus der Stirn.
Joachim half ihr aufzustehen. »Was ist passiert, Katrin?«, fragte er erneut und legte den Arm um sie. »Hattest du Streit mit dem Hassler?«
Sie nickte. »Bernd hat mir eine Watschen gegeben. Er war außer sich.« Sie erzählte ihm stockend, wie es dazu gekommen war. »Es wird immer schlimmer mit ihm. Ich kann das net begreifen. Ich würde ja sagen, er verliert langsam den Verstand, doch wenn’s um seinen Beruf geht, macht ihm keiner so schnell was vor.«
Der junge Bauer kochte innerlich vor Wut. Es fiel ihm schwer, nicht zum Hassler-Haus zu laufen und Bernd zu sagen, was er von ihm hielt. »Du kommst mit auf meinen Hof. Du kannst in einem der Fremdenzimmer schlafen, Katrin. Morgen werden wir weitersehen.«
»Und Bernd?«
»Müsstest du heute Abend noch etwas tun, was für ihn lebenswichtig ist?«
Sie schüttelte den Kopf. »Die Treppe zu seinem Schlafzimmer kann er allein bewältigen. Er hat es in den letzten Tagen mehrmals getan. Sein tragbares Sauerstoffgerät kann er ebenfalls selbst am Tank in der Wohnstube aufladen, und seine Tabletten hab ich am Morgen für die nächsten Tage gerichtet. Es ist halt nur keiner da, den er herumkommandieren kann.«
»Das wird ihm mal nix schaden.« Joachim führte Katrin zu seinem Wagen. »Gut, dass heute Abend Gemeinderatssitzung gewesen ist. Womöglich hättest du die ganze Nacht hier verbracht.«
Bis zum Baumgartner-Hof war es nicht mehr weit. Aus der Küche des alten Bauernhauses und den Fremdenzimmern fiel Licht in den Hof. Joachim stellte seinen Wagen vor der Scheune ab und brachte die junge Frau ins oberste Stockwerk des ehemaligen Gesindehauses. Hier hatte man zwei Zwischenwände eingerissen und ein gemütliches Gästezimmer mit vier Schlafgelegenheiten geschaffen. Die winzigen Fenster waren einer großen Glasfront gewichen, die den Blick auf die Berge freigab.
»So, setz dich erst mal.« Er wies zu einem Lehnsessel, der vor dem Panoramafenster stand. »Ich bring dir noch was zu essen. Es … Protestiere net, Katrin, du musst was essen und auch was Warmes trinken. Du bist eiskalt, obwohl draußen noch an die zwanzig Grad sind.« Er beugte sich über sie und küsste sie auf die Stirn. »Ich bin gleich zurück.«
Katrin starrte auf die Tür, die sich hinter ihm schloss. Erschöpft fuhr sie sich mit beiden Händen durchs Gesicht. Nicht im Traum hätte sie daran gedacht, dass Bernd sie jemals schlagen würde. Wie sollte das nur weitergehen?
Langsam erhob sie sich und ging steifbeinig wie eine Marionette ins angrenzende Bad, um sich Gesicht und Hände zu waschen. Das kalte Wasser half ihr. Das Gefühl, in einem Wattekokon gefangen zu sein, ließ nach. Sie sah sich nach einem Handtuch um und konnte keines entdecken. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich die Hände am Rock abzutrocknen.
Es dauerte keine zwanzig Minuten, bis Joachim mit einem vollen Korb und einer Reisetasche zurückkehrte. »Ich hab dir ein paar Handtücher, Duschgel und ein Nachthemd meiner Mutter mitgebracht. Es wird dir zu groß sein. Ich war mir net sicher, ob ich dir eines von Melanies Nachthemden hätte anbieten können.«
Sie berührte seinen Arm. »Es hätte mir nix ausgemacht«, sagte sie.
»Das freut mich.« Fürsorglich legte er erneut den Arm um sie. »Du solltest dich gleich umziehen. Ich decke inzwischen den Tisch.« Er entnahm dem Korb eine rot karierte Tischdecke.
Katrin begann, sich von Minute zu Minute wohler zu fühlen. Auch die Kälte wich langsam aus ihren Knochen. Sie beschloss, sich nicht nur umzuziehen, sondern auch gleich zu duschen. Als das Wasser warm über ihren Körper rann, spülte es auch die letzten Reste des Wattekokons fort.
»Das sieht sehr verlockend aus«, meinte sie, als sie ins Zimmer zurückkehrte und ihr Blick auf den gedeckten Tisch fiel. »Erst jetzt merke ich, was ich für einen Hunger hab.«
»Ein gutes Zeichen.« Joachim rückte den Stuhl für sie, bevor er die Kerze anzündete, die mitten auf dem Tisch stand.
»Ich hätte net gedacht, dass mir heute Abend noch ein Candle-Light-Dinner geboten wird.«
»Man tut, was man kann«, scherzte er und reichte ihr den Brotkorb.
So sehr sich Katrin auch bemühte, sie musste immer wieder an ihren Lebensgefährten denken. Sie erzählte Joachim von ihrem Ausflug zum Sporthotel. »Ich bin sogar in der Kapelle gewesen. Ich hatte gehofft, beim Gebet eine Lösung meiner Probleme zu finden.« Die junge Frau betupfte mit der Serviette ihre Lippen.
»Es gibt nur eine Lösung, Katrin, du musst den Hassler verlassen«, sagte der junge Bauer.
Sie nickte. »Obwohl ich das weiß, kann ich einfach net über meinen Schatten springen. Bernd braucht mich. Er hat schon vor seiner Krankheit begonnen, sich nach und nach in einen Tyrannen zu verwandeln. Damals hätte ich gehen sollen, was aber für mich einer persönlichen Niederlage gleichgekommen wäre.«