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Mit dem Tod Alexanders des Großen (323 v. Chr.) beginnt eine Epoche der europäischen Geschichte, an deren Ende das gesamte Mittelmeer und große Teile Mitteleuropas im Römischen Reich vereint waren. Im Hellenismus entstanden große Territorialstaaten in der griechischen Welt, darunter Makedonien, das Seleukidenreich und das Ptolemäerreich. Kennzeichen dieser Zeit ist die wechselseitige Durchdringung orientalischer und griechischer Kultur; das Griechische wird Weltsprache und strahlt bis in den lateinischen Westen aus. Zu den wichtigsten Innovationen gehören raffinierte höfische Kulturen, ein blühendes Bildungswesen sowie technische, wissenschaftliche, künstlerisch-literarische und wirtschaftliche Höchstleistungen. Mit Roms Eroberung des ptolemäischen Ägypten (30 v. Chr.) endet diese faszinierende Epoche. Burkhard Meißner gibt einen knappen chronologischen Überblick über die Geschichte des Hellenismus vor dem Hintergrund einer außergewöhnlichen kulturellen Blütezeit.
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Herausgegeben von
Kai Brodersen, Martin Kintzinger,
Uwe Puschner, Volker Reinhardt
Herausgeber für den Bereich Antike:
Kai Brodersen
Berater für den Bereich Antike:
Ernst Baltrusch, Peter Funke,
Charlotte Schubert, Aloys Winterling
Burkhard Meißner
2. Auflage
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2., durchgesehene und bibliographisch aktualisierte Auflage 2016© 2016 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt1. Auflage 2007Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht.Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem PapierSatz: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, HemsbachEinbandgestaltung: schreiberVIS, BickenbachPrinted in Germany
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ISBN 978-3-534-26023-2
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Inhaltsverzeichnis
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Impressum
Geschichte kompakt
I. Einleitung
1. Begriff und Problem des Hellenismus
2. Die zeitliche Ausdehnung der Darstellung
II. Ereignisse: Außenpolitik und allgemeine Geschichte
1. Diadochen und Epigonen; die Entstehung der hellenistischen Monarchien (323 bis circa 280 v. Chr.)
a) Begriff der Diadochen
b) Vom Tod Alexanders bis zur Entstehung neuer Königreiche (323–306/305 v. Chr.)
c) Zwischen der Schlacht von Ipsos (302/301 v. Chr.) und der Schlacht von Kurupedion (281 v. Chr.)
2. Das hellenistische Mächtesystem bis 217 v. Chr.: Großmonarchien – kleine Territorialreiche – sizilische Monarchenstaaten
a) Das Reich des Antigonos Gonatas, Pyrrhos und die neuen Bundesstaaten
b) Das Ptolemäerreich
c) Das Seleukidenreich
d) Die kleinasiatischen und griechischen Mächte und die Bundesstaaten
e) Monarchien auf Sizilien
3. Das hellenistische Mächtesystem unter dem Einfluss der römischen, der karthagischen und der parthischen Expansion (217–107 v. Chr.)
a) Rom, die Aitoler, Philipp V. und Karthago
b) Philipp V., Antiochos III. und die Lage im Ptolemäerreich
c) Die Situation nach dem Frieden von Apameia, der Perseuskrieg und Roms Eroberung von Griechenland
d) Der 6. Syrische Krieg und die Desintegration des Seleukidenreiches: Baktrer, Juden, Attaliden, Parther
4. Die hellenistische Welt unter römischer Herrschaft (129–30 v. Chr.)
a) Die römische Herrschaft in Kleinasien
b) Das Seleukidenreich und die Errichtung der Provinz Syrien
c) Der Zerfall des Ptolemäerreiches
III. Verhältnisse: Strukturen
1. Das hellenistische Königtum
a) Dynastisches Erbrecht, Charisma, Erobererrecht
b) Eliten, herrschende Gesellschaft, Hof
2. Recht und Verwaltung
3. Wirtschaft und Gesellschaft
4. Wissenschaft, Technik, Kultur, Literatur
a) Die Geschichtsschreibung
b) Dichtung
c) Philosophie, Wissenschaft, Politische Theorie
d) Technik und Technologie
5. Religion und Lebensformen
a) Kulte und Religionen: Pluralismus und Hellenisierung
b) Kosmopolitismus und Bürgeridentität
c) Gymnasium
Auswahlbibliographie
Register
In der Geschichte, wie auch sonst,dürfen Ursachen nicht postuliert werden,man muss sie suchen. (Marc Bloch)
Das Interesse an Geschichte wächst in der Gesellschaft unserer Zeit. Historische Themen in Literatur, Ausstellungen und Filmen finden breiten Zuspruch. Immer mehr junge Menschen entschließen sich zu einem Studium der Geschichte, und auch für Erfahrene bietet die Begegnung mit der Geschichte stets vielfältige, neue Anreize. Die Fülle dessen, was wir über die Vergangenheit wissen, wächst allerdings ebenfalls: Neue Entdeckungen kommen hinzu, veränderte Fragestellungen führen zu neuen Interpretationen bereits bekannter Sachverhalte. Geschichte wird heute nicht mehr nur als Ereignisfolge verstanden, Herrschaft und Politik stehen nicht mehr allein im Mittelpunkt, und die Konzentration auf eine Nationalgeschichte ist zugunsten offenerer, vergleichender Perspektiven überwunden.
Interessierte, Lehrende und Lernende fragen deshalb nach verlässlicher Information, die komplexe und komplizierte Inhalte konzentriert, übersichtlich konzipiert und gut lesbar darstellt. Die Bände der Reihe „Geschichte kompakt“ bieten solche Information. Sie stellen Ereignisse und Zusammenhänge der historischen Epochen der Antike, des Mittelalters, der Neuzeit und der Globalgeschichte verständlich und auf dem Kenntnisstand der heutigen Forschung vor. Hauptthemen des universitären Studiums wie der schulischen Oberstufen und zentrale Themenfelder der Wissenschaft zur deutschen, europäischen und globalen Geschichte werden in Einzelbänden erschlossen. Beigefügte Erläuterungen, Register sowie Literatur- und Quellenangaben zum Weiterlesen ergänzen den Text. Die Lektüre eines Bandes erlaubt, sich mit dem behandelten Gegenstand umfassend vertraut zu machen. „Geschichte kompakt“ ist daher ebenso für eine erste Begegnung mit dem Thema wie für eine Prüfungsvorbereitung geeignet, als Arbeitsgrundlage für Lehrende und Studierende ebenso wie als anregende Lektüre für historisch Interessierte.
Die Autorinnen und Autoren sind in Forschung und Lehre erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Jeder Band ist, trotz der allen gemeinsamen Absicht, ein abgeschlossenes, eigenständiges Werk. Die Reihe „Geschichte kompakt“ soll durch ihre Einzelbände insgesamt den heutigen Wissensstand zur deutschen und europäischen Geschichte repräsentieren. Sie ist in der thematischen Akzentuierung wie in der Anzahl der Bände nicht festgelegt und wird künftig um weitere Themen der aktuellen historischen Arbeit erweitert werden.
Kai Brodersen
Martin Kintzinger
Uwe Puschner
Volker Reinhardt
Als Zeitalter des Hellenismus bezeichnet man die Epoche der griechischen Geschichte vom Tod Alexanders des Großen bis zum Ende des letzten selbständigen griechisch geprägten Großreiches, des Ptolemäerreiches (323–30 v. Chr.). Erheblicher Wandel kennzeichnet diese Epoche in sich und gegenüber der sogenannten klassischen Zeit: Charakterisieren das klassische Griechenland die kleinen Poleis, Bundesstaaten und Kleinterritorien sowie schließlich die militärische Vorherrschaft Alexanders des Großen, der das persische Achämenidenreich eroberte und große Teile des Orients griechischer Kultur, Sprache und Herrschaft unterwarf, so bestimmt die hellenistische Zeit ein sich wandelndes, politisch buntes Tableau: die großen monarchisch regierten Territorien, mittelgroße Monarchien, Bundesstaaten, Staatenbünde und Großpoleis, aber weiterhin auch die vielen für das antike Griechenland so typischen kleinen Staaten, deren außenpolitische Selbständigkeit nun jedoch engeren Schranken unterliegt.
Die großen monarchisch regierten Flächenstaaten erweisen sich im ersten Drittel der hellenistischen Zeit als politische und kulturelle Aktivitätszentren: Im Laufe des 3. Jahrhunderts erstrecken sie sich über große Teile Griechenlands, ganz Kleinasien, Syrien, Palästina, Ägypten sowie Teile des Schwarzmeergebietes und bilden bis nach Indien hin eine Fläche griechischer beziehungsweise griechisch geprägter Staatswesen. Im zweiten Drittel bilden sie ein als Ganzes relativ stabiles System der Mächte, dessen Teile im Einzelnen jedoch auch erhebliche Krisen und Erschütterungen erleben, insbesondere Makedonien und das Seleukidenreich. Das letzte Drittel der hellenistischen Epoche markiert dann die Aufrichtung der römischen Herrschaft über den Ostmittelmeerraum, die mit der Eroberung Ägyptens 30 v. Chr. unter Octavian ihren Abschluss findet. In seiner Hochzeit war der Hellenismus eine Blütephase griechischer Kultur in Kunst, Musik, Sprache und Dichtung, sowie in Technik und Wissenschaft.
In der hellenistischen Zeit veränderte sich die griechische Lebensordnung also nachhaltig: politisch, wirtschaftlich, rechtlich und kulturell. Drei Hauptproblemkreise bestimmten diese neue Welt: Sie war durch Eroberung erheblich vergrößert, die Rechte der herrschenden Elite an Grund und Boden diversifizierten und verkomplizierten sich daher, und neben Kauf und Erbe wurde das Erobererrecht wichtig. In dieser vergrößerten griechischen Welt lebten und herrschten aber Griechen und Makedonen neben und über nichtgriechische Völkerschaften; Kulturkontakte, Kontraste, Anpassungen, Kultur- und Identitätswandel waren die Folge. In dieser neuen Welt war mit dem Königtum eine im mutterländischen Griechenland randständige politische Ordnung zu einer bestimmenden geworden; Charakter und Legitimität der Königsherrschaft wurden darum zu einem bestimmenden Problem der hellenistischen Literatur und politischen Theorie.
Hellenismus und Multikulturalität
Dass die Epoche zwischen Alexander dem Großen und Augustus als Hellenismus bezeichnet wird, verdankt sie dem Werk Johann Gustav Droysens. Hellenizein heißt Reden und Schreiben wie ein Grieche; es bedeutet aber auch jemanden beziehungsweise etwas zum Griechen machen. Das diesen Prozess bezeichnende Substantiv ist hellenismós. Hellenismus hat also zu tun mit dem Verhältnis zwischen Griechen und Nichtgriechen: Wo Griechen und Nichtgriechen sich austauschen, müssen wir mit Kulturkontakt und hellenismós, dem Griechisch-Werden, rechnen, wie gegebenenfalls auch mit dem Gegenteil, dem barbarismós. Aus griechischer Sicht war hellenismós die Norm: die Tatsache, dass Nichtgriechen Griechisch lernen und so eine notwendige Voraussetzung ihrer politisch-sozialen Integration erfüllen. Das Gegenteil, die Bilingualität von Griechen, blieb dagegen eine Ausnahme. Während die griechisch geprägten Führungsschichten der hellenistischen Staaten so den hellenismós von Nichtgriechen erwarteten, avancierte hellenismós zu einem Hochwertbegriff (Philoxenos, frr. 288–289; Zenon von Kition bei Diog. Laert. VII 59; zur sprachlichen Akkulturation vgl. Strab., XIV 2,28).
Hellenisierung – Orientalisierung
Neben der Hellenisierung von Nichtgriechen war auch mit dem umgekehrten Vorgang zu rechnen: der Integration von Griechen in die Sprachund Lebensgemeinschaften des Orients. Hellenisten nennt die Apostelgeschichte (Act. Ap. 6,1; 9,29; vgl. Julian Apost., Epist. 84) solche Mitglieder der frühen Christengemeinden, die nicht unter den Juden, sondern den Griechen gewonnen wurden, und die sich mit ihren sozialen Fürsorgeansprüchen gegenüber denen der Hebräisch sprechenden Mehrheit zurückgesetzt fühlten. Hellenismos bezeichnet hier das Verhalten der ehemals kulturell und sozial dominanten Minderheit, die von der Mehrheit benachteiligt wird.
Aus der dem Christentum und orientalischen Erlösungsreligionen gegenüber skeptischen Perspektive J. G. Droysens erschien die Epoche zwischen Alexander dem Großen und dem römischen Prinzipat als ein Zeitalter, in dem die griechische Kultur mit der orientalischen verschmolz, beziehungsweise Griechen in einem größer gewordenen Kulturraum marginalisiert oder orientalisiert worden seien. Hellenismus nannte Droysen diese Epoche einer vermeintlichen Amalgamierung orientalischer und griechischer Kulturen, die dem Christentum den Boden bereitet habe (Geschichte des Hellenismus, 3 Bde.: I–III, 1836–1843, Gotha 21877–1878, ND München 1980).
R. Laqueur, Hellenismus. Akademische Rede zur Jahresfeier der Hessischen Ludwigs-Universität, Gießen (1925) machte die Verbreitung von Hellenisten als Sprechern einer gemeingriechischen Verkehrssprache im Ostmittelmeerraum zum Kennzeichen dieser Epoche. Auch Eduard Meyer war geprägt von der Vorstellung zweier konträrer historischer Prinzipien, eines abendländischen und eines orientalischen. Sich ausprägen und wirksam werden konnten die Idee dieser historischen Dichotomie und die Auffassung von der Epoche des Hellenismus als einer Verbindung zweier historischer Opposita, weil in dieser Vorstellung die hegelsche Konzeption eines dialektischen Widerstreites zwischen orientalischer und abendländischer Welt mit dem Christentum in Kaiserzeit und Spätantike als einer Synthese aufscheint. Am Beispiel des Hellenismusbegriffes zeigen sich Verwicklungen des Verhältnisses zwischen Geschichtswissenschaft und Geschichtsphilosophie; Droysens missverständlicher kulturgeschichtlicher Hellenismusbegriff ist daher durch die Forschung relativiert und auf einen Epochenbegriff reduziert worden (vgl.: Reinhold Bichler, Hellenismus. Geschichte und Problematik eines Epochenbegriffs, Darmstadt 1983; Luciano Canfora, Ellenismo, Roma, Bari 1987).
Gleichwohl charakterisiert auch die moderne Forschung die damit gemeinte Epoche als Zeit einer Teilhabe weiter Kreise an griechischer Bildung und städtischer Lebensform; Phänomene des interkulturellen Austausches, der Akkulturation und des Kulturtransfers gehören zu den bevorzugten Studienobjekten der Erforschung des hellenistischen Zeitalters.
Je detaillierter die Forschung einzelne Räume und Epochen differenziert, eine umso größere Skepsis gegenüber der Vorstellung einer amalgamierten Einheitskultur der hellenistischen Welt hat sie entwickelt. Schon in politischer Hinsicht war diese Welt ja uneinheitlich strukturiert, nicht nur aufgrund der Antagonismen ihrer großen Mächte, denn ganz unterschiedliche Protagonisten traten auf der politischen Bühne des Hellenismus auf: neben flächigen Erbmonarchien (dunasteiai) homogenere Stammes-Staaten und Bundesorganisationen (éthne) sowie Stadtstaaten (póleis) (Polyb. IX 1,4–5). Schrieb der Nationalismus des 19. und frühen 20. Jahrhunderts den in so diversen Staaten lebenden Griechen eine, wenn auch nie realisierte Tendenz zu politischer oder zumindest kultureller Einheit als Nation zu (vgl. Karl Julius Beloch, Griechische Geschichte III 1–IV 2, Berlin, Leipzig 21922ff. ND Berlin 1967), hat die nachnationalistische Geschichtsschreibung im Hellenismus sogar Muster für die Gestaltung eines politisch nur locker verbundenen, kulturell vielgestaltigen, durch ökonomische Bande und Austauschbindungen geeinten europäischen Großraumes gesehen (vgl. J. Kaerst, Geschichte des Hellenismus, Berlin 31927, ND Darmstadt 1968; Michael Rostovtzeff, Gesellschafts- und Wirtschaftsgeschichte der hellenistischen Welt, Darmstadt 1955–56 ND 1984).
Wollte man die Regentschaft Alexanders des Großen in eine Darstellung der hellenistischen Epoche mit einschließen, weil Alexanders Wirken die Entstehung der hellenistischen Monarchien erst ermöglichte und er den hellenistischen Königen das Vorbild gab, dann wäre konsequenterweise auch die Zeit Philipps II. mit zu behandeln, denn Philipp einte die Griechen im Korinthischen Bund zum Krieg gegen das Achämenidenreich, gab also der Entwicklung für mehr als eine Generation die Richtung vor. Um einen solchen Regress abzuschneiden, soll die Darstellung hier daher erst mit dem Tod Alexanders einsetzen und ihr Ende mit dem Ende des letzten der großen Reiche, des Ptolemäerreiches, finden (30 v. Chr.).
323
Tod Alexanders des Großen in Babylon; Ordnung der Nachfolge und Reichsteilung
321–320
1. Diadochenkrieg
320
Reichsordnung von Triparadeisos
319–317
2. Diadochenkrieg (Polyperchon, Olympias, Eumenes – Antigonos, Kassander, Ptolemaios, Lysimachos)
315–311
3. Diadochenkrieg; im Frieden gegenseitige Anerkennung der Diadochen als Herrscher
306–305
Annahme des Königstitels durch Antigonos, Demetrios, Ptolemaios, Kassander, Lysimachos und Seleukos
302–301
4. Diadochenkrieg (Antigonos, Demetrios – Lysimachos, Ptolemaios, Seleukos): Antigonos fällt in der Schlacht von Ipsos, Lysimachos setzt sich in Kleinasien, Seleukos in Syrien fest
298
Tod Kassanders, Teilung Makedoniens
294
Die makedonische Heeresversammlung ruft Demetrios zum König der Makedonen aus
288–286
5. Diadochenkrieg (Demetrios – Pyrrhos, Lysimachos, Seleukos und Ptolemaios): Demetrios verliert große Teile Griechenlands
282–281
6. Diadochenkrieg (Seleukos – Lysimachos): Lysimachos fällt in der Schlacht von Kurupedion; seine Herrschaft in Kleinasien war zuvor bereits erschüttert
281
Ermordung des Seleukos durch Ptolemaios Keraunos
diadéchomai heißt: jemandem nachfolgen – auch in einem Amt –, etwas erben; diadoché ist die Erb- oder Nachfolge, ein diádochos ein Nachfolger. Die Philosophiegeschichtsschreibung reiht in diesem Sinne ihren Stoff entlang der Reihe der Nachfolger im Schulvorstand (vgl. Athen. IV p. 162e; Diog. Laert., pr.; V 79; 86; Philodem., Ind. Stoic. 53). Im 2. Jahrhundert bezeichnete diádochos in Alexandria bei Hofe den niedrigsten Hofrang (OGIS 100,4 [Tell Basta, 186–180 v. Chr.]; P.Amh. II 36,5; P.Ryl. 67,2).
Hieronymos von Kardia
Es war wohl Hieronymos von Kardia, der Geschichtsschreiber der Epoche unmittelbar nach Alexander, der als Mithandelnder auch die Bezeichnung für die Protagonisten der Zeit prägte: Geschichte der Erben beziehungsweise Nachfolger. Flavius Josephus, C. Apion. I 213, zitiert Hieronymus von Kardia mit dem Titel seines Werkes: Geschichte der Diadochen. Diese Bezeichnung war geeignet, ein Legitimitätsdefizit der Offiziere Alexanders und starken Männer nach seinem Tod zu kompensieren, denn ein Erbrecht konnten sie für ihre Herrschaftsansprüche nicht geltend machen. Die Nachfolger in den Kommandoposten (ándres diadechómenoi tàs hegemonías) erkannten vielmehr die Souveränität der makedonischen Königsfamilie und ihres Reichsverwesers Polyperchon nicht mehr an, sondern verfolgten eigene Ziele (idioprageîn), sodass der Hoheitsanspruch des königlichen Hauses nur mehr eine leere Hülle war: Diese Einsicht legte Hieronymos seinem Landsmann und Verwandten Eumenes von Kardia in den Mund, um dadurch dessen eigenes Verhalten zu legitimieren, das sich ebenfalls nicht mehr an Rechtsprinzipien orientierte, sondern an dem Interesse, unter den miteinander konkurrierenden Granden seine Stärken auszuspielen, sich zu behaupten und andere von sich abhängig zu machen (Diod. XVIII 41,5; 41,7; 42,1–2). Eumenes und sein unmittelbarer Gegenspieler Antigonos, in dessen Dienste Hieronymos später trat, taten Hieronymos zufolge dasselbe: die Souveränität der makedonischen Königsfamilie nicht mehr anzuerkennen.
Nach einer Neuverteilung der Satrapien durch Antipatros war Alexanders vormaliger Kanzleichef Eumenes, Stratege im Dienst des Reichsverwesers Polyperchon, von Antigonos bekämpft worden, und hatte sich in die armenische Bergfestung Nora zurückziehen müssen, wo er von Antigonos belagert wurde. Hieronymos beschreibt die Verhandlungen zwischen beiden, die Antigonos nicht ohne Rücksicht auf Antipatros anlegte: Es kam vielmehr zu dreiseitigen Gesprächen, die Hieronymos selbst für Eumenes führte. Antigonos habe sich, so Hieronymos, Befehlen des königlichen Hauses nicht mehr unterstellt; und Eumenes habe eingesehen, dass alle Kontrahenten so handelten: Mit der Vorstellung, alle Diadochen hätten sich frei gemacht von königlicher Hoheit – Antigonos’ Verhandlungsführung widersprach dieser Einschätzung –, legitimierte Hieronymos im Nachhinein das Verhalten seiner Dienstherren Eumenes und Antigonos. Die starken Männer der Umgebung Alexanders nennt er unterschiedslos Nachfolger im Kommando und den Legitimitätsanspruch der königlichen Familie leer, um den Entscheidungen der neuen Herren nachträglich den Anschein der Legitimität zu geben. Vor allem begründete Hieronymos die Vorstellung von zwei Gruppen mit konträren Prinzipien unter den Handelnden: einer sich an der Reichseinheit orientierenden und einer, die durch regionalen Separatismus geprägt gewesen sei. Diese Vereinfachung der tatsächlich wirkenden Loyalitäten durch Hieronymos, die Eumenes’ und Antigonos’ Positionen als Ergebnis vernünftiger Einsicht in die Verhältnisse rechtfertigte, beeinflusst die Perspektive der Forschung bis heute: Dadurch, dass er die zweifelhafte Legitimität der Offiziere, die nach Alexanders Tod im Juni 323 v. Chr. um die Macht stritten, im Begriff der Nachfolger beziehungsweise Erben begründete, hat Hieronymos dem ersten Zeitabschnitt des Hellenismus bis heute seinen Namen gegeben: von Alexanders Tod in Babylon bis 272 v. Chr., als nach dem Tod des Molosserkönigs Pyrrhos von Epirus ganz Makedonien wieder bis 168 v. Chr. unter die Herrschaft einer Dynastie, der der Antigoniden, geriet. Damit nämlich waren die drei hellenistischen Großmächte der Seleukiden, Ptolemäer und Antigoniden etabliert und es wurde, vereinfachend gesagt, ein Mächtesystem gebildet, das bis 217 v. Chr. Bestand hatte, dann aber eine lange, bis 30 v. Chr. anhaltende Phase schrittweiser Zerstörung erlebte.
Die erste Phase der Diadochenzeit, die Auflösung des Alexanderreiches, reicht von 323 bis 306/305, als einige der neuen Machthaber, um ihren Anspruch auf legitime Alleinherrschaft zu unterstreichen, sich den Titel eines basileús, eines Königs, beilegten (Antigonos, Demetrios, Ptolemaios, Kassandros, Lysimachos, Seleukos). Dadurch zogen die Akteure die Konsequenz aus der Überlegung, die Hieronymos seinem Dienstherrn Eumenes in den Mund gelegt hatte: Dem alten Königtum der Makedonendynastie fehlte alles Entscheidende, Anerkennung und Legitimität, Truppen und Machtmittel.
Die Hauptprotagonisten
Reichsordnung von Babylon
Alexander der Große hinterließ keinen regierungsfähigen, aufgrund von Abstammung und Anerkennung durch die Heeresversammlung Legitimität besitzenden Nachkommen, denn Alexanders Halbbruder Philipp Arrhidaios war geistig behindert; Alexanders Witwe Roxane allerdings erwartete ein Kind, das wenige Monate nach Alexanders Tod geboren wurde (Alexander IV., 323–310/309 v. Chr.). Der plötzliche Tod Alexanders brachte die Dynastie daher in ein Dilemma: Zwischen legitimen Herrschaftsansprüchen und der faktischen Macht der Familienmitglieder bestand ein Hiat. Dieser spaltete Heer und Adel der Makedonen: Die Soldaten der schwerbewaffneten Infanterie erkannten Arrhidaios († 317) als legitimen König an; die adlige Kavallerie, einflussreiche Freunde und Leibwächter des Königs aber setzten auf das Kind der Roxane, sofern es ein Sohn würde. Zwischen beiden bewaffneten Gruppen gab es gewalttätige Auseinandersetzungen, sogar noch in Babylon, die aber mit einem Kompromiss endeten: Die Phalanx Schwerbewaffneter setzte durch, dass Arrhidaios als Philipp III. Arrhidaios (323–317 v. Chr.) den Thron bestieg, während die mächtigen Notabeln erreichten, dass ihnen als Statthaltern und Satrapen die wichtigsten Regionen und Kommandos überlassen wurden. So erhielt Eumenes Kappadokien und Paphlagonien, die allerdings noch gar nicht unter der Kontrolle der Makedonen standen. Ptolemaios übernahm Ägypten, Lysimachos Thrakien. Einer der Großen, Perdikkas, führte Alexanders Siegelring und wurde als Sachwalter der Königsherrschaft und Oberkommandierender anerkannt. Dieser Ausgleich beruhte in hohem Maße auf dem Wirken von Dienstleuten und Freunden Alexanders, die nicht zum makedonischen Adel gehörten; namentlich der Kanzleichef Eumenes scheint sich um jenen Kompromiss bemüht zu haben, jedenfalls strich Hieronymos dies als Eumenes’ Verdienst heraus, um seinen Landsmann zu rechtfertigen (Diod. XVIII 2–3; Plutarch, Eumenes 3,1–4).
In das Macht- und Legitimitätsdilemma nach Alexanders Tod traten also dessen hohe Offiziere ein, darunter zunächst die älteren aus der Generation Philipps II.: Antigonos der Einäugige (Monophthalmos) und Antipatros. Antipatros war Statthalter in Griechenland gewesen, hatte sich dann aber als Vertreter des makedonischen Militäradels mit Alexanders Interessenverlagerung nach Asien unzufrieden gezeigt. Antipatros sollte daher durch Krateros abgelöst werden, der 324 v. Chr. eine Gruppe Veteranen nach Griechenland zurückführte, und der der Vormund für die unmündigen Prinzen war. Antipatros wiederum genoss in Griechenland großes Ansehen; der Philosoph Aristoteles, unter Philipp II. zeitweise am Hof in Pella, hatte ihn beispielsweise zu seinem Testamentsvollstrecker bestimmt (Diog. Laert. V 11–12); Kassander war Antipatros’ Sohn. Antigonos wiederum gehörte zu den Satrapen Alexanders. Dem Kreis der Gardeoffiziere Alexanders zuzurechnen sind Seleukos und Lysimachos. Ptolemaios wiederum hatte sich im Kampf in Baktrien und Indien bei Spezialaufgaben und Kommandooperationen militärisch ausgezeichnet.
Aufstände und Abfallbewegungen
Diese Einigung der Eliten des Reiches in Babylon geschah unter erheblichem äußeren Druck: Die Legitimitätskrise, in die das makedonische Königtum nach Alexanders Tod schlitterte, traf nämlich die Herrschaft der Makedonen über Griechenland und das Achämenidenreich generell: Überall breiteten sich Aufstände, Sezessionen und Insurrektionen aus. Unter Athens Führung kam es zum Lamischen Krieg, in dem der athenische Politiker Leosthenes mit einer großen Söldnertruppe aus entlassenen Soldaten Alexanders Antipatros angriff und mit Hilfe der Phoker, Lokrer und Aitoler strategisch wichtige Erfolge gegen Makedonien in Griechenland erzielte: Die Thermopylen wurden besetzt, die Boioter geschlagen, Antipatros in Lamia belagert. Athen verlor jedoch die Seeschlacht von Amorgos und die Schlacht bei Krannon 322 v. Chr., und Antipatros konnte mit Hilfe des nach Griechenland zurückgekehrten Krateros die Herrschaft der Makedonen über Griechenland wiederherstellen. Die Wirkung dieses Sieges war enorm: In Athen wurde eine aristokratische Ordnung aufgerichtet, die den Besitz des Bürgerrechtes von einem Zensus abhängig machte, der Redner Hypereides wurde hingerichtet, Demosthenes, der als Gegner der Makedonen die Befreiung von deren Herrschaft ersehnt und erstrebt hatte, beging Selbstmord.
Diadochensystem
In dieser ersten Phase verhielten sich die Diadochen als ein dynamisches Gleichgewichtssystem: Wenn einer von ihnen eine besondere Machtstellung zu erwerben drohte, kam es regelmäßig zu Interventionen der anderen. Perdikkas drängte Antigonos aus seiner Rolle als Satrap in Großphrygien; dieser brachte dagegen eine Koalition zusammen. Zunächst konnte Perdikkas sich noch mit Eumenes’ Hilfe behaupten, scheiterte dann aber bei der Eroberung Ägyptens und wurde 321 v. Chr. ermordet.
Reichseinheit oder Pluralität der Herrschaft
Das Ergebnis dieses ersten Diadochenkrieges, in dem auch Krateros fiel, war eine neue Ordnung der Macht und der Kompetenzen, die im syrischen Triparadeisos ausgehandelt wurde (wohl 320 v. Chr.): Antipatros ließ sich zum neuen Sachwalter (epimeletes) der königlichen Angelegenheiten machen, trat also in eine Position ein, die derjenigen des Perdikkas ähnelte. Er verteilte die Satrapien neu, und in dieser Verteilung schimmern erstmals die drei territorialen Neubildungen des Hellenismus durch: Seleukos erhielt mit Babylonien das Kernland seines späteren Reiches. Ptolemaios war aus seiner Besitzung Ägypten nicht mehr zu vertreiben, wie Perdikkas’ Scheitern gezeigt hatte (321 v. Chr.); er „schien Ägypten durch eigene Tüchtigkeit wie erobertes Land zu besitzen“. Die Machtposition des Ptolemaios genoss damit eine Anerkennung wie die der Könige Poros und Taxiles an der Grenze zu Indien, die aus ihren Besitzungen zu verdrängen ebenfalls größere militärische Ressourcen erfordert hätte, als sie den Diadochen zur Verfügung standen. Antigonos wurde Feldherr des makedonischen Heeres mit Antipatros’ Sohn Kassander als Gardekommandeur, der die Aufgabe hatte, Selbständigkeitsbestrebungen des Antigonos zu verhindern. Antipatros’ eigenes Operationsgebiet war Makedonien (Diod. XVIII 39,5–7; 43,1). Eumenes von Kardia, der an der Rechtsposition der Reichsverweserschaft festhielt, war als Anhänger des Perdikkas und der Reichseinheit unmittelbar nach Perdikkas Ermordung zum Tode verurteilt worden; Antigonos unternahm fortan den Kampf gegen ihn, belagerte ihn in der Festung Nora und richtete ihn 316 v. Chr. hin.
Antipatros starb 319; er hatte zu seinem Nachfolger als Reichsverweser und Strategen in Griechenland Polyperchon bestimmt, dem es aber an der Anerkennung der peers mangelte, und der daher darum bemüht war, eine Reputation ähnlich der des Antipatros bei den Staaten Griechenlands zu erwerben. Dessen Sohn Kassander konkurrierte mit Polyperchons Ambitionen. Polyperchon suchte sich Akzeptanz in Griechenland zu beschaffen, indem er einerseits als Verteidiger der Unabhängigkeit der griechischen Poleis, als Schützer und Wiedererrichter von Demokratie und Recht, auftrat, und andererseits, indem er sich immer wieder an Voten von Gremien seiner Freunde und Berater band, zu denen wechselnde Betroffene und Interessierte hinzutreten konnten, um seine Entscheidungen vor einem Kollektiv zu legitimieren. Beide Techniken der Akzeptanzbeschaffung – das Auftreten des Alleinherrschers als Nicht- beziehungsweise Antiherrscher, als Beschützer der Demokratie, sowie die Herrschaft durch Freundeskreise – wurde zum erfolgreichen Modell für alle hellenistischen Monarchen. Polyperchon erließ auf eine Verhandlung mit dem Rat seiner Freunde hin ein Dekret (diagramma), das die in makedonischen Diensten stehenden Kommandeure damit beauftragte, in den Städten Griechenlands die nach Alexanders Tod eingerichteten oligarchischen Regime durch demokratische zu ersetzen und den größten Teil der exilierten Bürger in ihre Heimat zurückzuführen. (Diod. XVIII 48f.; 55–57). Mit der – allerdings erfolglosen – Kriegführung in Kleinasien gegen Antigonos beauftragte Polyperchon Eumenes (2. Diadochenkrieg 319–317 v. Chr.). Die Position Polyperchons als Reichsverweser aber blieb prekär, denn gegen ihn stand eine Mehrheit zentrifugaler Interessen; dies erlaubte Athen noch einmal eine selbstbewusste (wenn auch nicht selbständige) Politik, als es 317 auf die Seite Kassanders, Antipatros’ Sohn, trat und bis 307 von Demetrios von Phaleron, einem peripatetischen Philosophen, in Kassanders Interesse regiert wurde.
E
Demetrios von PhaleronDemetrios von Phaleron (<344 – >282 v. Chr.) war philosophischer Schüler des Aristoteles und gehörte zum Kreis um dessen Schüler und Nachfolger Theophrast. Als athenischer Bürger half er Theophrast beim Erwerb eines Grundstückes für die philosophische Schule (Diogenes Laertius V 39). Als Sympathisant der Makedonen und Vertrauter Kassanders regierte Demetrios von 317 bis zur Einnahme Athens durch Demetrios Poliorketes 307 v. Chr. in Athen, offenbar unter formeller Wahrung der Institutionenordnung. Über Theben ging Demetrios von Phaleron ins Exil nach Ägypten, wo er im Auftrag des Ptolemäerherrschers als Berater bei der Gesetzgebung (Aelian, Varia historia III 17) und wohl auch bei der Einrichtung des Museums tätig war. Er fiel unter Ptolemaios II. in Ungnade, wahrscheinlich, weil er dessen Nachfolge widersprach, und wurde aus Alexandria verbannt. Unter nicht geklärten Umständen starb er durch den Biss einer Giftschlange. Das lange Exil gab Demetrios Gelegenheit zu umfangreicher literarischer Tätigkeit (eine bei Diogenes Laertius wiedergegebene Schriftenliste verzeichnet 45 Titel): Er schrieb ein Werk über seine Herrschaft in Athen; rekonstruierte die athenische Archontenliste, ein Rückgrat der gemeingriechischen Chronologie; er schrieb über Sokrates; über Träume und verfasste Werke zu Rhetorik, Verfassung und Gesetzgebung.
Diadochen und Dynastie
Dass trotz der Auseinandersetzungen der hohen Kommandeure um Macht und Reichtum die königliche Dynastie noch Träger besonderer Legitimität war, zeigt sich daran, dass die für die makedonische Königsfamilie nicht untypischen gewaltsamen Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft innerhalb der Familie erneut einsetzten: Philipp Arrhidaios und seine Frau Eurydike wurden auf Betreiben von Alexanders Mutter Olympias umgebracht, Olympias selbst 316 hingerichtet. Kassander wiederum war seit 316 deshalb der starke Mann, weil er Alexanders Witwe Roxane und ihren Sohn Alexander IV. unter seiner Kontrolle hatte: Das dynastische Legitimitätsprinzip war also prinzipiell noch wirksam, und daher heiratete Kassander, um seine Herrschaftsansprüche zu unterstreichen, Philipps II. Tochter Thessalonike und gründete Kassandreia und Thessaloniki. Mit den Machtverhältnissen wandelten sich aber die Prinzipien der Legitimität: Eumenes von Kardia, schließlich Polyperchons Oberbefehlshaber in Kleinasien, richtete einen bildlosen Kult des toten Alexander ein, um seinen eigenen Mangel an Legitimität zu kompensieren. 317/316 aber unterlag er Antigonos im 2. Diadochenkrieg, weil seine Truppen ihn verrieten.
Aufgabe der Reichseinheit
Nach der Neuordnung von Babylon (323) und der Regelung von Triparadeisos (321) war die Niederlage des Eumenes 317/316 die dritte große Zäsur der Diadochenzeit, weil mit ihr die Phase der Vormacht des Antigonos begann, der fortan seinerseits als herausragende Gestalt von den Übrigen bekämpft wurde. Antigonos suchte sich dagegen Anerkennung zu beschaffen, indem er die Funktion eines Sachwalters der Königsherrschaft übernahm, außerdem die Rolle eines Strategos, eines Oberbefehlshabers von Asien, weiterführte und selbst Strategen für den europäischen Kriegsschauplatz ernannte, und drittens eine Art der Freiheitspropaganda zugunsten der griechischen Poleis des Mutterlandes inszenierte (Diod. XIX 61, 3–5), wie sie ähnlich bereits Polyperchon unternommen hatte. Kassander wurde zum gemeinsamen Feind erklärt und das Ziel verkündet, dessen Besatzungen aus den griechischen Städten zu verteiben: In ihrem Konflikt mobilisierten die Diadochen die griechische Öffentlichkeit; dies setzte die Herrscher andererseits unter den Druck der Erwartung, fortan Wohltäter griechischer Städte und Verteidiger ihrer Freiheit und Demokratie zu sein.