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Erst überrascht Zoe den sexy Fremden an der Bar mit einem sündhaft heißen Kuss. Dann fleht sie ihn an: "Spielen Sie für einen Abend die Liebe meines Lebens!" Nur so kann sie ihre ehemaligen Mitschülerinnen beim Klassentreffen beeindrucken. Dass sie für ihre Scharade Londons begehrtesten Junggesellen Dan Forrester erwischt hat, kann sie ja nicht ahnen. Ebenso wenig, dass Dan gerade eine Frau an seiner Seite braucht, um lästige Verehrerinnen loszuwerden! Was natürlich der einzige Grund ist, warum er sie zurückküsst. Oder spürt er auch dieses seltsam schwindelerregende Gefühl?
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Seitenzahl: 193
IMPRESSUM
JULIA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH
© 2013 by Lucy King Originaltitel: „The Reunion Lie“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN TEMPTED Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 242014 - 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Michaela Koch
Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 11/2014 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733701161
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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In den zweiunddreißig Jahren ihres Lebens hatte Zoe Montgomery kein einziges Mal mit dem Gedanken an Selbstmord gespielt. Doch wenn sie an diesem Abend noch einmal die Frage hören sollte, ob sie einen Ehemann und Kinder hätte, und noch einmal den mitleidigen Blicken begegnen, weil sie diese Frage mit ‚Nein‘ beantwortete, dann würde sie wohl zu einer verzweifelten Maßnahme greifen. Höchstwahrscheinlich zu einer Flasche Gin.
Kümmerte es irgendjemanden, dass sie und ihre Schwester seit fünf Jahren jedes Jahr zwei Millionen Pfund Umsatz mit ihrer eigenen Testkaufagentur machten? Nein, nicht im Geringsten. Interessierte sich irgendjemand dafür, dass Zoe zu Geld gekommen war, weil sie eine winzige Eigentumswohnung in einem der aufstrebenden Stadtviertel Londons selbst renoviert hatte und daraufhin ein Angebot erhielt, das ihr die doppelte Summe des Kaufpreises einbrachte? Oder dass sie inzwischen in einer riesigen Maisonettewohnung in Hoxton lebte? Natürlich nicht. Und was war mit ihrem Doktortitel, an dem sie fünf lange, aber glückliche Jahre gearbeitet hatte? Entlockte er irgendjemandem hier eine Geste der Bewunderung? Nicht einmal annähernd.
Die ungefähr vierzig Frauen, die sich zum Klassentreffen anlässlich ihres fünfzehnjährigen Schulabschlusses in dieser Bar versammelt hatten, nahmen einzig und nur scheinbar bestürzt zur Kenntnis, dass Zoe alleinstehend und kinderlos war.
Sie biss die Zähne zusammen und tröstete sich mit einem Schluck lauwarmem Chablis, während die Frauen um sie herum in ein eifriges Gespräch über Hauspreise in den besten Wohngegenden Londons und der Toskana vertieft waren.
Warum sie jemals angenommen hatte, dass ihre Schulkameradinnen sich ändern könnten, wusste sie in diesem Augenblick nicht mehr. Bereits damals im Internat hatten die meisten von ihnen auf ein Leben an der Seite eines Aristokraten mit riesigem Anwesen und beträchtlichem Bankvermögen hingearbeitet. Den vielen doppelten Nachnamen, Titeln und Diamanten nach zu urteilen, die an diesem Abend zur Schau gestellt wurden, hatten Zoes ehemalige Mitschülerinnen jedes ihrer Ziele mit Bravour erreicht.
Zoe seufzte schwer. All das Geld, das in die Schulbildung dieser Frauen investiert worden war. All das ungenutzte geistige Potenzial. All das vergeudete Talent und Können. Es grenzte an eine Tragödie.
Ebenso wie dieser ganze Abend.
Zoe war erst eine Viertelstunde hier, doch bereits nach fünf Minuten war ihr klar gewesen, dass es so gut wie keine Chance für sie gab, heute Abend das zu tun, was sie sich seit fünfzehn Jahren gewünscht hatte.
Als die E-Mail mit der Einladung zum Klassentreffen vor einem Monat in Zoes Postkasten eingetroffen war, war ihr erster Impuls gewesen, die Nachricht zu ignorieren. Denn obwohl sie an ihrer Privatschule einen hervorragenden Unterricht genossen hatte und ihren Eltern auf ewig für die finanziellen Opfer zugunsten ihrer Ausbildung danken würde, hatte sie nie wirklich an diese Schule gepasst. Mit den meisten ihrer Mitschülerinnen hatte sie absolut keine Gemeinsamkeiten, und dank einigen der Mädchen war Zoes Leben während der sieben gemeinsamen Schuljahre die Hölle auf Erden gewesen. Und so hatte sie erst einmal beschlossen, die Einladung und ihre Klassenkameradinnen aus ihren Gedanken zu verbannen.
Nur so konnte sie sich wieder auf das konzentrieren, worin sie am besten war: auf ihre Arbeit. Sie vergrub sich in einen Berg von statistischen Analysen für einen der wichtigsten Klienten ihrer Firma. Ein paar Tage später war sie so vertieft in die Welt der Zahlen und Schlussfolgerungen, dass sie eigentlich alles andere hätte vergessen sollen. Eigentlich.
Doch zu ihrer großen Bestürzung geschah das nicht. Im Gegenteil: Die Einladung hatte für Zoe die Büchse der Pandora geöffnet. All die Angst, das hormonelle Chaos und die schmerzlichen Erinnerungen an alte Zeiten kamen plötzlich zurück und erweckten die längst vergangenen Schultage jede Nacht in Zoes Träumen zum Leben.
Egal, wie sehr sie versuchte, sich gegen ihre Panikattacken zu wehren oder sie zu unterdrücken: Sie konnte sich auf nichts mehr konzentrieren. Die Ereignisse jener schrecklichen Jahre holten sie mit erbarmungsloser Wucht ein. Und so befand sie sich unvermittelt an einem Ort, den sie lange und aus gutem Grund gemieden hatte: auf dem Pfad der Erinnerung, wo emotionale Narben zu neuen Wunden aufbrachen.
Einmal dort angekommen, konnte ihr keine auch noch so interessante statistische Analyse über das Leid hinweghelfen, das sie während ihrer Schulzeit erlitten hatte.
Das Mobbing hatte mit Kleinigkeiten begonnen. Bücher, die Zoe im Unterricht gebraucht hätte, waren auf sonderbare Weise verschwunden, Telefonnachrichten und Briefe für sie nicht weitergegeben worden, und irgendjemand hatte Gerüchte gestreut, dass sie eine Lesbe war, sodass die zwölf Mädchen, mit denen Zoe einen Schlafsaal teilte, sie in die hinterste Ecke des Raumes verbannten, ihr argwöhnische Blicke zuwarfen und über sie tuschelten.
Ein paar Wochen später jedoch hatte man ihr die abfälligen Bemerkungen über sie und ihre Familie direkt ins Gesicht gesagt und sich in aller Öffentlichkeit darüber lustig gemacht, dass Zoe und ihre Schwester auf Stipendien angewiesen waren, weder eine Stadtvilla noch einen pompösen Landsitz ihr Zuhause nannten, ihre Ferien nicht wie die Mitschülerinnen im Sommer auf Barbados und im Winter in der Schweiz verbrachten und noch nie an so ehrwürdigen Orten wie Ascot, Glyndebourne oder Henley gewesen waren.
Zuerst hatte Zoe die Zähne zusammengebissen und versucht, die Schikanen zu ignorieren. Sie hatte sich immer wieder gesagt, dass der Terror bald aufhören würde, wenn sie sich einfach auf das Lernen konzentrierte und die anderen mit ihren Leistungen beeindruckte. Dass ihre Klassenkameradinnen dann der dummen Streiche überdrüssig wären und sie in Ruhe lassen würden.
Doch nichts davon passierte. Dass Zoe die Boshaftigkeiten der anderen Mädchen tatenlos hinnahm, hatte alles nur noch schlimmer gemacht, und das Mobbing war von emotionalen Angriffen zu körperlichen übergegangen.
Während der vergangenen Wochen hatte Zoe beinahe den Eindruck, noch einmal die blauen Flecken und die Blutergüsse zu spüren, die man ihr in der Schule durch heimliches Treten und Zwicken zugefügt hatte. Und irgendwo in ihrem Kopf hörte sie noch immer das Geräusch der Schere, mit der man ihr eines Nachmittags, als sie konzentriert über ihre Bücher gebeugt war, ihren langen, glänzenden Pferdeschwanz abgeschnitten hatte.
Hauptsächlich jedoch verfolgten Zoe die Ereignisse der schrecklichen Nacht kurz vor ihrem Abitur, als sie ein einziges Mal versucht hatte, sich zu wehren. Mit dem Erfolg, dass die Mädchen sie gefesselt und ihr mit Gewalt Ouzo eingeflößt hatten. Irgendwann war Zoe vom Hausmeister gefunden worden, als sie um Mitternacht über das Schulgelände stolperte, singend – so laut und so schlecht sie konnte. Daraufhin hatte die Rektorin sie vom Unterricht suspendiert.
Ihre Schuljahre waren also für Zoe ganz sicher nicht die schönste Zeit ihres Lebens gewesen, und obwohl sie mittlerweile darüber hinweggekommen war, stand ein Abend mit einer Brigade ehemaliger Mitschülerinnen ganz unten auf der Liste ihrer liebsten Freizeitgestaltungen.
Irgendwann im Laufe der vergangenen Woche war jedoch ihre felsenfeste Überzeugung, dem Klassentreffen ohne Konsequenzen fernbleiben zu können, ins Wanken geraten. Denn je mehr sie darüber nachdachte, was ihr in der Schule zugestoßen war, desto mehr bedauerte sie die Tatsache, nichts dagegen unternommen zu haben. Auch wenn sie ihre Eltern während der Zeit im Internat nur selten gesehen hatte – irgendjemandem in der Schule hätte sie sich mit Sicherheit anvertrauen können.
Warum nur hatte sie nichts gegen die Tyrannei unternommen? Was sagte das über sie aus? Als Selbstzweifel und Scham in ihr aufstiegen und drohten, sie zu erdrücken, sah sie ein Bild ihres sechzehnjährigen Ichs vor sich, das sie inständig bat, einen Ruf wiederherzustellen, der niemals hätte geschädigt werden dürfen.
Geh dorthin und zeige es ihnen, bat die Stimme in ihrem Kopf mit immer größerer Dringlichkeit. Zeige ihnen, dass du etwas aus dir gemacht hast und dass sie deinen Glauben an dich selbst und deinen Lebensmut nicht zerstören konnten, auch wenn sie es immer wieder versucht haben. Zeige ihnen, dass sie dich nicht besiegt haben.
Zoe hatte versucht, die Stimme zu ignorieren. Sie hatte sich immer wieder eingeredet, dass sie vor langer Zeit mit dem, was in der Schule passiert war, abgeschlossen hatte. Außerdem verabscheute sie Konflikte, Small Talk und gesellschaftliches Beisammensein, und die Kombination dieser drei Martyrien würde ihr wahrscheinlich den Rest geben. Dennoch wollte die kleine Stimme in ihr nicht verstummen, und so beschloss Zoe, dass sie es ihrer verlorenen Jugend zumindest schuldig war, sich dem Wiedersehen mit ihren Klassenkameradinnen zu stellen.
Also hatte sie dem Organisationskomitee eine E-Mail geschickt und geschrieben, dass sie ihre beruflichen Termine verschieben konnte. Ein paar Tage später hatte sie sich – getrieben von Adrenalin und Kampfgeist – ein kurzes schwarzes Abendkleid und High Heels angezogen, die ihr das Selbstbewusstsein geben sollten, das ihr inmitten von Menschenmengen generell abhandenkam. Und statt ihre Freizeit wie gewöhnlich zu Hause, im Pyjama und vor dem Computer zu verbringen, befand sie sich an diesem Donnerstagabend im späten September in einem Pub in einem der schicksten Stadtviertel Londons.
Wenn sie jedoch geahnt hätte, dass die Dinge nicht annähernd so laufen würden wie geplant und dass sie ekelhaften warmen Wein trinken würde, während sie endlosen ‚Weißt du noch, früher‘- Geschichten zuhören musste, die ihr vor Augen führen sollten, dass sie von damals bis heute eine Versagerin war, dann wäre sie wohl niemals zu diesem Treffen erschienen.
Zoe trank ihr Weinglas in einem Zug leer und presste die Lippen zusammen. Sie wusste, dass sie nicht versagt hatte. Sie hatte viel mehr erreicht als die meisten Frauen ihres Alters, und sie war stolz darauf.
Was war schlimm daran, dass sie nicht verheiratet war und keine Kinder hatte? Es war ebenso egal wie die Tatsache, dass sie keinerlei Glück an der Beziehungsfront hatte. Sie hatte einen Beruf, der ihr riesigen Spaß machte, unterstützende und liebevolle Eltern und eine großartige Schwester. Und natürlich hatte sie die eine oder andere Verabredung mit Männern, doch sie brauchte ganz sicher keinen Ehegatten, um ihrem Leben einen Sinn zu geben. Und was Nachwuchs betraf, so war sie sich nicht einmal sicher, ob sie das Chaos und den Trubel, den Kinder verursachten, überhaupt haben wollte.
Nein, sie war vollkommen zufrieden mit ihrem Leben, und deshalb gab es keinen Grund für Traurigkeit. Keinen Grund, sich minderwertig oder unzulänglich zu fühlen. Keinen Grund, sich von den Äußerungen einer Gruppe engstirniger Frauen den Abend verderben zu lassen.
Und doch …
Während die Frauen um sie herum damit fortfuhren, Zoes Erfolge als bedeutungslos abzutun und sich stattdessen der intergalaktischen Leistung zuwandten, einen Ehemann und Kinder zu haben, fühlte Zoe, wie ihr Adrenalin und ihr Selbstvertrauen schwanden und dieselbe Verzweiflung zurückließen, die sie vor fünfzehn Jahren in der Schule gespürt hatte.
Was sie eigentlich heute Abend tun wollte, war, Vergeltung für das zu üben, was sie erlitten hatte. Sie wollte die Mädchen beeindrucken, die ihr das Leben zur Hölle gemacht hatten, und Bewunderung für ihre Karriere spüren. Doch nichts davon hatte geklappt. Sie hätte nur durch einen großartigen Ehemann beeindrucken können – den sie jedoch nicht annähernd vorweisen konnte.
Die geplante Vergeltung schien also ebenso wenig in Reichweite wie vor fünfzehn Jahren. Es war Zoe nicht möglich, ihren Ruf wiederherzustellen, und niemand warf ihr bewundernde oder gar neidische Blicke zu.
Zoe musste sich eingestehen, dass nicht nur ihre Mitschülerinnen die Gleichen geblieben waren. Auch sie selbst hatte sich nicht verändert! Denn trotz all ihrer Auszeichnungen und beruflichen Erfolge und der Selbstsicherheit, die sie dadurch erlangt hatte, ließ Zoe sich immer noch von der Meinung dieser überprivilegierten und verbitterten Hausfrauen beeinflussen. Sie waren noch immer in der Lage, Zoes Selbstbewusstsein zu ruinieren – allein durch ihre Mimik mit den spitzen Lippen und hochgezogenen Augenbrauen.
Dass sie nicht über die Tyrannei ihrer Schulzeit hinweggekommen war, erwies sich als niederschmetternde Entdeckung für Zoe. Sie spürte, wie sich ihre Atemwege verkrampften und ein Anflug von Panik über sie kam.
Warum war alles immer noch wie früher? Warum war es ihr immer noch wichtig, was diese Frauen dachten? Würde sie sich jemals ändern? Und gab es irgendetwas, das sie tun könnte, um endlich zurückzuschlagen?
Das Gespräch, das sich zwischenzeitlich um biologische Uhren und bedauernswerte Karrierefrauen ohne Lebenspartner drehte, wurde von Blicken in Zoes Richtung untermalt. Und Zoe fühlte noch einmal ein letztes Aufbegehren von Adrenalin in sich. Ob es am Wirrwarr fünfzehn Jahre alter Emotionen lag, an ihrer Panik oder dem Kontrollverlust, wusste sie nicht. Sie wusste nur, dass ihr Herz so heftig hämmerte, dass es sich beinahe überschlug. Dass das Blut in ihren Ohren so laut rauschte, dass sie nicht mehr klar denken konnte. Und dass sie sich selbst mit einer ihr vollkommen fremden Stimme sagen hörte: „Wer hat gesagt, dass ich keinen Freund habe?“
Wenn er geahnt hätte, dass sein sonst so seriöser und ruhiger Lieblingspub an diesem Abend von einer schnatternden Schar teuer gekleideter, unerträglich lauter Frauen in Beschlag genommen war, hätte Dan einen anderen Ort vorgeschlagen, um Pete zu treffen. Er war erst wenige Minuten hier, und schon war ihm übel von den Schwaden verschiedener Parfums, die durch die Luft waberten. Der Lärmpegel bereitete ihm Kopfschmerzen. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für einen netten Abend mit einem alten Freund, den er seit Monaten nicht gesehen hatte.
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