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"Schlafstörungen? Fahr doch auf das Anwesen meines Bruders", empfiehlt Gaby ihrer gestressten Freundin Nicky. "Da kannst du sicher entspannen." Und wirklich sind die Tage unter Spaniens blauem Himmel genau das, was sie braucht und was ihr gut tut. Weniger gut ist allerdings, dass Rafael Montero mit seinen feurigen Blicken, seinem muskulösen Körper und seinem unergründlichen Lächeln Nicky auch noch den letzten Rest Nachtruhe raubt! Auf der anderen Seite: Wenn sie sowieso nicht schlafen kann, kann sie mit diesem spanischen Traummann auch etwas anderes anstellen - oder?
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Seitenzahl: 206
Lucy King
Lieb mich … bis zum Morgengrauen
IMPRESSUM
JULIA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH
© 2013 by Lucy King Originaltitel: „One More Sleepless Night“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: RIVA Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 262013 - 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Monika Schott
Fotos: Ikonica / Masterfile
Veröffentlicht im ePub Format in 12/2013 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733700201
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY
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Da war irgendetwas im Haus.
Das Geräusch der zufallenden Haustür noch im Ohr setzte sich Nicki auf. Vor Schreck pochte ihr Herz wie verrückt, und sie krallte sich so sehr an dem Buch fest, das sie gerade las, dass ihre Fingerknöchel ganz weiß wurden.
Vor ein paar Sekunden hatte sie sich noch gemütlich in die Kissen gekuschelt und versunken in die Welt Don Quijotes dagelegen. Und das angenehme Gefühl gehabt, sich zum ersten Mal seit Wochen ein wenig entspannen zu können.
Doch das Geräusch der zuschlagenden Tür hatte sie in die Realität zurückgeholt. Und jetzt war sie in allerhöchster Alarmbereitschaft – jemand hatte das Haus betreten.
Als ihr klar wurde, dass es sich um einen Fremden handeln musste, gefror ihr das Blut in den Adern.
Denn so sehr sie es sich auch wünschte – die schweren Schritte, die von den Fliesen im Flur widerhallten, waren auf keinen Fall diejenigen von Ana, der zierlichen Haushälterin. Oder die von Maria, der Köchin. Oder die irgendeines der anderen Angestellten des Anwesens. Manche von ihnen mochten vielleicht einen so schweren Schritt haben wie derjenige, der nun die Treppe hinaufkam. Aber keiner würde zu so später Stunde diesen Teil des Hauses betreten.
Und wer auch immer es war, der den ersten Stock erreicht und etwas mit einem lauten Rumsen auf den Boden gestellt hatte – jetzt kam er natürlich ausgerechnet auf ihr Zimmer zu.
Nickys Herzschlag beschleunigte sich noch einmal, als die Schritte näher kamen. Jeden Moment wäre er an der Tür, würde die Klinke herunterdrücken und …
Grässliche Bilder von all dem, was passieren konnte, schossen ihr durch den Kopf, und ihr anfänglicher Schreck wurde zu einer regelrechten Panikattacke, die sie am ganzen Leib zittern ließ. Ihre Sicht trübte sich, ihr stockte der Atem, ihr wurde schwindelig und ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Wie durch einen Nebel merkte sie, dass sie kurz davor war, ohnmächtig zu werden. Doch Nicki wusste, wenn sie das Bewusstsein verlieren würde, wäre sie erledigt.
Und das wollte sie nicht. Sie wollte ihr Leben wieder in den Griff bekommen. Sie hatte so sehr gelitten. Und so lange durchgehalten.
Also kämpfte sie gegen die Panik und den Nebel in ihrem Kopf an. Auf keinen Fall würde sie jetzt aufgeben und ohnmächtig werden.
Irgendwie gelang es Nicky, ihren Puls und die mit ihr durchgehende Fantasie zu beruhigen.
Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um den Kopf zu verlieren. Vielmehr musste sie ihre Lage nüchtern einschätzen und überlegen, was sie tun konnte. Denn was auch immer passieren würde – auf keinen Fall würde sie zulassen, dass der Eindringling ihre wertvolle Kamera in die Finger bekam. Auch wenn sie diese seit Wochen nicht benutzt hatte.
Außerdem hatte sie schon wesentlich gefährlichere Situationen als diese hier durchgestanden; warum also sollte sie ausgerechnet jetzt die Nerven verlieren?
Darum war momentan die wichtigste Frage: Was sollte sie tun?
Einfach erstarrt hier liegen zu bleiben und vor Angst zu zittern, war jedenfalls keine Lösung. Lange nachdenken auch nicht. Nein, sie musste handeln.
Rasch ging Nicky in Gedanken durch, wie sie sich verteidigen konnte. Viele Möglichkeiten blieben ihr nicht, aber das war nicht zu ändern. Hauptsache, sie fand überhaupt eine Lösung – und das tat sie. Gerade rechtzeitig scheinbar, denn die Schritte waren schon gefährlich nah.
Sie hielt das Buch noch fester und dankte Gott dafür, dass sie eine ungekürzte illustrierte Ausgabe von Don Quijote als Bettlektüre ausgewählt hatte, die mehr als tausend Seiten dick und zentnerschwer war, und schlüpfte geräuschlos aus dem Bett.
Was für eine Woche. Rafael ging auf die Tür am Ende des Flures zu, aus der ein schmaler Lichtstreifen drang, und unterdrückte ein Gähnen.
So eine anstrengende Zeit hatte er wohl noch nie erlebt. Er konnte sich nicht erinnern, je zuvor körperlich und nervlich so am Ende gewesen zu sein.
Verantwortlich für seine Erschöpfung war die Firmenfusion, mit der er in der letzten Zeit befasst gewesen war und die er heute Morgen unter Dach und Fach gebracht hatte. Der Einigung waren heikle Verhandlungen, viel Diskretion, unendliche Geduld und furchtbar viele Überstunden vorausgegangen. Für ihn war das natürlich nichts Besonderes, er war daran gewöhnt, und es war seine Stärke, die Firmenprobleme anderer Leute zu lösen.
Doch die zahllosen Forderungen, mit denen er während der letzten Tage von den Frauen in seinem Leben überschüttet worden war, hatten an seinen Nerven gezerrt.
Zuerst war Elisa, von der er sich vor zwei Wochen getrennt hatte, vorgestern in seinem Büro aufgetaucht. Offenbar war sie nicht in der Lage zu akzeptieren, dass es vorbei war. Da er viel zu beschäftigt mit der Fusion gewesen war, hatte er nur geseufzt, gesagt, dass sie das ein anderes Mal besprechen müssten, und sie weggeschickt.
Kaum, dass er sich von jener Konfrontation erholt hatte, rief seine Mutter an, um sich darüber zu beschweren, dass sein Vater sich mal wieder in seinem Studierzimmer verkrochen habe. Sie hatte Rafael gebeten, etwas zu unternehmen, ohne eine Vorstellung davon zu haben, was. Aber erstens konnte man nichts dagegen ausrichten, wenn sein Vater sich zurückzog, und zweitens hatte der sich ohnehin nie darum gekümmert, was sein Sohn tat oder sagte – warum also sollte er ausgerechnet jetzt auf ihn hören?
Schließlich hatte Rafael den Grund für den Rückzug seines Vaters herausgefunden – das Brimborium, das seine Mutter um einen Monate später stattfindenden Wohltätigkeitsball machte – und ihr gesagt, er könne ganz gut verstehen, dass sein Vater sich in seinem Studierzimmer verschanzt habe, und dass er an seiner Stelle auch nicht herauskommen würde, bis der Ball vorbei wäre. Woraufhin seine Mutter gekränkt aufgelegt hatte.
Kurz darauf hatte seine älteste Schwester Lola ihn für den folgenden Tag zu einem Abendessen mit Freunden eingeladen, das sie, wie Rafael vermutete, nur zu dem Zweck organisiert hatte, ihn mit einer ihrer Single-Freundinnen zu verkuppeln.
Wie Lola durchaus bewusst war, brauchte Rafael keinerlei Hilfe, was sein Liebesleben anbetraf, doch sie hatte sich in den Kopf gesetzt, ihn wieder unter die Haube zu bringen. Was ein aussichtsloses Unterfangen war, da er nicht vorhatte, jemals wieder zu heiraten – und erst recht nicht eine ihrer Freundinnen. Denn das hatte schon beim letzten Mal mit einem furchtbaren Debakel geendet.
Währenddessen hatte seine jüngste Schwester Gabriela angefangen, ihn mit Anrufen und E-Mails zu bombardieren, und aus reinem Selbstschutz hatte Rafael kurzerhand beschlossen, sie und alle anderen zu ignorieren und dem ganzen Irrsinn, dem er gerade ausgesetzt war, zu entfliehen.
Was immer Gaby von ihm wollte, es konnte warten. Also hatte er seinem Fahrer gesagt, dass er ihn zum Flughafen bringen solle, war in seinen Flieger gestiegen und hatte sich gen Süden aufgemacht.
Und es war richtig gewesen, abzuhauen. Das war ihm klar geworden, als er vor ein paar Minuten aus dem Auto gestiegen war und einen Moment lang in der samtenen Dunkelheit der Nacht auf die Stille gelauscht und den Duft von Erde und Jasmin eingeatmet hatte. Umgeben von der trockenen Wärme hatte seine Anspannung sofort nachgelassen. Er weigerte sich, ein schlechtes Gewissen zu haben, weil er ohne ein Wort abgereist war. Eine oder zwei Wochen lang würden seine Mutter und seine Schwestern auch ohne ihn gut klarkommen.
Also, sagte Rafael sich noch einmal, als er vor der Tür stehen blieb, brauchte er kein schlechtes Gewissen zu haben, er hatte eine Pause verdient. Hier auf dem Weingut würde er ein oder zwei Wochen lang die Ruhe genießen, auf die er in den letzten Monaten hatte verzichten müssen. Er würde frühmorgens durch die Weinfelder spazieren und nachmittags bei einem Glas Rotwein am Pool faulenzen. Einfach nur ausruhen. Die frische Luft und die Sonne und vor allem das Alleinsein genießen. War das denn zu viel verlangt?
Als Rafael die Tür öffnete, um das Licht zu löschen, von dem er annahm, dass es versehentlich nicht ausgeschaltet worden war, traf ihn etwas hart an der Schläfe, und ihm wurde schwarz vor Augen.
Getroffen!
Triumphierend und erleichtert sah Nicky zu, wie der Eindringling stöhnend in den dunklen Flur zurücktaumelte.
Mit wem auch immer sie es zu tun hatte, sie hatte ihm eine kräftige Lektion erteilt. Gegen ihren Überraschungsangriff hatte er nichts ausrichten können.
Und noch immer konnte er ihr nichts anhaben, stellte sie befriedigt fest, als er seitwärts schwankte, gegen den Türrahmen prallte und auf Spanisch vor sich hinschimpfte.
Doch Nicky weigerte sich, bei dem Gedanken, dass sie ihn womöglich ernsthaft verletzt haben könnte, ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Warum auch – schließlich war sie das potenzielle Opfer.
Nicht, dass sie sich wie ein Opfer fühlte. Genaugenommen fühlte sie sich so siegesgewiss wie nie zuvor, was in Anbetracht der Tatsache, dass sie wochenlang apathisch, verzweifelt und hoffnungslos gewesen war, umso erstaunlicher war.
Doch darüber würde sie später nachdenken. Nun musste sie handeln. Denn im Nachhinein erwies sich ihre Strategie doch nicht als so brillant, wie sie gedacht hatte.
Er füllte den Türrahmen aus und blockierte so den einzigen Fluchtweg, und daraus, wie er sich reckte, konnte Nicky schließen, dass er sich gerade beunruhigend schnell erholte.
Wieder machte sich Panik in ihr breit. Wenn sie ihm entkommen und sich in Sicherheit bringen wollte, musste sie ein zweites Mal zuschlagen. Und zwar so heftig, dass er zu Boden gehen und ein paar Minuten außer Gefecht sein würde, damit sie genug Zeit hätte zu verschwinden. Aus reinem Überlebenstrieb und ohne lange an die Konsequenzen zu denken, hob Nicky das Buch noch einmal.
Doch bevor sie zuschlagen konnte, schaltete der Eindringling das Licht an, machte einen Satz nach vorn und packte sie. Benommen von der plötzlichen Helligkeit und dem Kraftpaket, das da auf sie eingestürzt war, verlor sie das Gleichgewicht.
Wie in Zeitlupe fühlte sie, wie sie gemeinsam mit dem Angreifer zu Boden ging. Spürte eine große Hand, die ihren Hinterkopf umfasste, und einen starken Arm, der ihren Rücken umfing. Sie hörte, wie das Buch hinter ihr auf dem Teppich aufprallte, und fragte sich vage, was sie nun als Waffe benutzen sollte.
Schließlich landete sie auf dem Boden. Sie sah verschwommen, konnte nicht klar denken und ihr Körper fühlte sich taub an. Einen endlosen Moment lang hörte sie nichts als ihr heftig klopfendes Herz und ein sonderbares Rauschen in ihren Ohren.
Und als das Gefühl in ihren Körper zurückkehrte, bemerkte sie den warmen, flatternden Atem an ihrer Wange. Ein heftig pochendes Herz an ihrer Brust. Und das beträchtliche Gewicht des Mannes, der auf ihr lag, sie auf den Teppich drückte und sich offenbar nicht so schnell wegbewegen würde.
Oder sonst irgendetwas unternehmen – und das bedeutete, dass sie einen Vorteil hatte, den sie nutzen musste. Jetzt.
Sie bereitete sich darauf vor, ihm das Knie dorthin zu rammen, wo es am meisten wehtat, und sah zu dem Gesicht des Mannes auf, um es bei der Polizei beschreiben zu können.
Und erstarrte.
Denn das von tiefschwarzem Haar umrahmte sonnengebräunte Gesicht mit den dichtbewimperten, knallgrünen Augen und dem wunderschönen Mund hatte sie unzählige Male auf Fotos bei Gaby auf dem Kaminsims gesehen.
Der Triumph war dahin. Die Genugtuung verschwunden. Die rasende Angst verpufft. An ihre Stelle trat glühende Scham.
Denn sie hatte gerade ihren Gastgeber bewusstlos geschlagen, von dem man ihr gesagt hatte, dass er in Madrid sei und auf keinen Fall auf seinem Anwesen auftauchen würde.
Was zum …?
Als er langsam wieder zu sich kam, starrte Rafael ungläubig die unter ihm liegende Person an.
Diese Frau war also für den Schmerz verantwortlich, der ihm fast den Kopf platzen ließ?
In Anbetracht der Wucht des Schlages, den man ihm versetzt hatte, war er davon ausgegangen, dass sein Angreifer ein mindestens eins achtzig großer, mit einem Brecheisen bewaffneter Mann sei, weshalb er sich auch bei seinem Gegenangriff so heftig auf die Person gestürzt hatte.
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