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NOCH EINMAL DIESES FIEBER SPÜR'N von LUCY KING Vor vielen Jahren hat Marcus Black ihr das Herz gebrochen. Dennoch will sich Celia ihrem Jugendschwarm heute hingeben - und ihn dann für immer vergessen. Doch die heiße Nacht mit dem Playboy hat ungeahnte Folgen, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellen … EINE NACHT MIT DEM TRAUZEUGEN von AMANDA BERRY Als Penny ihre Jugendliebe auf einer Hochzeit wiedersieht, ist sie noch genauso fasziniert von Luke wie damals. Trotzdem will sie sich beweisen, dass er längst Geschichte ist … DER MANN, VON DEM ICH TRÄUMTE von NINA HARRINGTON So hatte Kate ihr Wochenende nicht geplant. Aber ihren Jugendschwarm Heath auf eine Luxus-Hochzeit zu begleiten, ist verlockend - auch wenn sie nur für seine Ex einspringt! Als die Funken zwischen ihnen sprühen, ahnt Kate noch nicht, dass sein Kuss ihr Leben für immer verändert… AUF DER INSEL DER VERFÜHRUNG von KATRINA CUDMORE Trotz seines Rufes folgt Floristin Grace dem Tycoon Andreas Petrakis auf die einsame Insel. Denn er bietet ihr einen lukrativen Auftrag: die Dekoration für die Hochzeit seines Bruders. Dass sie die Nächte vor dem Fest allein mit dem berüchtigten Playboy verbringen muss, stand nicht im Vertrag … MIT DIR KEHRT DIE LUST ZURÜCK von KAREN BOOTH „Es wird nie gutgehen mit uns. Wir sollten es einsehen. Ein für alle Mal.“ Mit dieser kalten SMS zerplatzt ihr Traum vom Glück. Seit der Highschool flirtet Julia mit Logan, der inzwischen ein sexy Profisportler ist. Nun hat die Schauspielerin endlich eine leidenschaftliche Nacht mit ihm verbracht. Wie kann danach für immer Schluss sein? Als sie drei Monate später beide Trauzeugen bei der Hochzeit ihrer Schwester sind, beichtet Julia ihm das süße Geheimnis ihrer Liebesnacht. Logan will zu ihr halten. Aber kann er sie lieben, wie sie es sich wünscht?
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Seitenzahl: 908
Cover
Titel
Inhalt
Noch einmal dieses Fieber spür´n
Cover
Titel
Impressum
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
13. KAPITEL
14. KAPITEL
Eine Nacht mit dem Trauzeugen
Cover
Titel
Impressum
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
Der Mann, von dem ich träumte
Cover
Titel
Impressum
PROLOG
1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
EPILOG
Auf der Insel der Verführung
Cover
Titel
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1. KAPITEL
2. KAPITEL
3. KAPITEL
4. KAPITEL
5. KAPITEL
6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
EPILOG
Mit dir kehrt die Lust zurück
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1. KAPITEL
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6. KAPITEL
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL
10. KAPITEL
11. KAPITEL
12. KAPITEL
13. KAPITEL
14. KAPITEL
EPILOG
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Contents
IMPRESSUM
JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2014 by Lucy King Originaltitel: „The Best Man for the Job“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN TEMPTED Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA Band 082015 - 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Michaela Koch
Abbildungen: Angelika Schwarz / Getty Images, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 04/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck
ISBN 9783733701581
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Zehn Minuten, nachdem der Pfarrer ihren Bruder Dan und dessen Verlobte Zoe zu Mann und Frau erklärt hatte, stand Celia Forrester auf den Altarstufen der kleinen Kapelle in den West Midlands und wappnete sich für den Moment, den sie bereits seit Stunden fürchtete.
Hätte sie all die Dinge in ihrem Leben, die ihr absolut keinen Spaß machten, auf eine Top Ten-Liste setzen müssen, ihre wöchentliche Fitnessstunde hätte es ungefähr auf Platz acht geschafft. Ein Vierundzwanzig-Stunden-Tag in ihrer Firma auf Rang fünf. Ein Abendessen mit ihrem Vater auf Platz drei.
Doch Seite an Seite mit Marcus Black aus dieser Kirche zu laufen, war für Celia der unangefochtene Platz eins auf ihrer persönlichen Liste des Schreckens.
Gestern Abend noch hatte es so ausgesehen, als ob es wider Erwarten nicht dazu kommen würde. Dans bester Freund – und somit sein Trauzeuge – hätte bereits am Vortag in der an Wales grenzenden Grafschaft Shropshire ankommen sollen. Doch zum Entsetzen aller – mit Ausnahme von Celia – war er in dem kleinen Dorf am Fuße des einsamen Hügellandes nicht aufgetaucht. Dan hatte etwas von einem verpassten Flug gemurmelt und erklärt, dass Marcus es wohl erst zum Hochzeitsempfang schaffen würde. Celias heimliche Erleichterung über diese Nachricht war so groß gewesen, dass sie ihrem Bruder nicht weiter zugehört hatte.
Alles, woran sie noch hatte denken konnte, war, dass sie offenbar dem absoluten Super-GAU entkommen war. Mit etwas Glück würde sie bei Marcus’ Eintreffen auf dem Hochzeitsempfang bereits einige Gläser Champagner intus haben, und sie hoffte, dass es ihr so gelingen würde, den erschreckenden und unangenehmen Effekt zu verbergen, den Dans bester Freund auf sie ausübte.
Celia hätte nichts lieber getan, als Lily – Zoes Schwester und zweite Brautjungfer – und ihrem frischgebackenen Verlobten Kit allein durch den Gang zu folgen. Sie war gut darin, Dinge allein zu tun, und je später sie Marcus traf, desto besser. Dieser Mann, ein Playboy ersten Grades, war so gutaussehend, dass sein Anblick offenbar sogar ihn selbst um den Verstand gebracht hatte. Und nicht allein deshalb war er Celia seit Jahren ein Dorn im Auge. Abgesehen von dem verwirrenden Effekt, den er auf jede Frau ausübte, schien er Celia ebenso sehr zu hassen wie sie ihn, und ohne Zweifel würde er daraus bei der erstbesten Gelegenheit keinen Hehl machen.
Also noch in der Kirche .
Wer konnte Celia daher einen Vorwurf machen, dass sie den Moment der Konfrontation so lange wie möglich aufschieben wollte?
Vor ein paar Stunden, als Zoe und ihre beiden Brautjungfern mit riesigen Lockenwicklern im Haar und frisch lackierten Nägeln im Gästezimmer des alten Bauernhauses saßen, das der Familie der Braut gehörte, hatte man ihnen mitgeteilt, dass Marcus es doch zur Hochzeitszeremonie schaffen würde. Und so hatte sich Celias Gefühl grenzenloser Erleichterung ins Gegenteil verkehrt.
Der Schock und die Enttäuschung, die in diesem Moment über sie kamen, überraschten Celia. Ihre Haut hatte gebrannt, ein Schwall glühender Hitze war durch ihren Körper gefegt, und sie hatte plötzlich das Gefühl gehabt, nicht mehr auf einem Stuhl, sondern auf einem Nadelkissen zu sitzen.
Irgendwie hatte sie es geschafft, ihre Reaktion zu verbergen. Natürlich. Denn zum einen war sie daran gewöhnt zu verstecken, was sie in Bezug auf Marcus fühlte, und zum anderen war heute doch ein schöner, ein ganz besonderer Tag. Der schönste Tag in Dans und Zoes Leben. Und dabei sollte es nicht um die Schwierigkeiten gehen, mit denen sich andere Menschen im Leben herumplagten. Wie zum Beispiel um die Tatsache, dass Celia von dem Moment an, als sie die Kirche betrat, nicht mehr die Augen von Marcus abwenden konnte. Er stand neben Dan am Altar, groß, dunkelhaarig und in einem Anzug, der seine umwerfend attraktive Statur betonte.
Dennoch hatte Celia es geschafft, gelassen und unbeeindruckt zu erscheinen. Und sie war sicher, es würde ihr auch weiterhin gelingen, solange rund fünfzig Augenpaare das Brautpaar, die beiden Brautjungfern und ihre Begleiter gerührt betrachteten. Sie würde an Marcus’ Seite die Kirche verlassen, ohne sich mit ihm zu streiten.
In ungefähr dreißig Sekunden.
Als der Organist den Hochzeitsmarsch anstimmte, drehten Dan und Zoe sich um und schritten strahlend den Kirchengang hinunter. Celia straffte die Schultern, atmete tief durch und pflasterte ebenfalls ein Lächeln auf ihr Gesicht.
Ich werde nicht zulassen, dass Marcus mir irgendwie zu nahe kommt, sagte sie sich, während sie ihre Gedanken auf all die schönen Dinge lenkte, die an diesem Tag passierten. Sie wollte vergessen, dass sie bereits während der Trauzeremonie gegen die ständige Versuchung ankämpfen musste, in Marcus’ Richtung zu sehen. Dass sie seit gut einer Stunde seinen Blick auf ihrem Körper gespürt hatte. Sie wollte auch nicht darüber nachdenken, dass es ihr noch nie gelungen war, diesen Mann einfach auszublenden. Irgendwie verwandelte Marcus’ Nähe Celia in eine Frau, die sie selbst nicht kannte. Er verwirrte ihr Gehirn, machte ihren gesunden Menschenverstand und Intellekt zunichte und ihren Körper willenlos.
Nein. Heute würde sie sich allein auf ihre Brautjungfernpflichten konzentrieren und Marcus und die unpassende Anziehung, die er auf sie ausübte, einfach übergehen. Sie würde die Hitze, die er in ihrem Körper entfachte, ebenso ignorieren wie den hinreißenden Duft seines Aftershaves und das unsichtbare Band, das sie und Marcus jedes Mal, wenn sie sich begegneten, zueinander zu ziehen schien. Sie konnte die Sehnsucht danach unterdrücken, diesen Mann an einen abgelegenen Ort zu ziehen und ihren Körper an seinen zu schmiegen, um der brodelnden Chemie zwischen ihnen endlich freien Lauf zu lassen. Mit ihrer Willenskraft. So, wie sie es schon seit Jahren tat. Seit jener verhängnisvollen Nacht, in der Marcus versucht hatte, mit ihr zu schlafen, um eine Wette zu gewinnen.
Zudem trennten nur etwa dreißig Meter den Altar und die schwere Eichentür. Celia musste einfach noch ein paar Minuten lang lächeln und schweigen. Danach, während der unvermeidlichen Fotosession und während des Hochzeitsempfangs, der zum Glück nur kurz ausfallen sollte, wollte sie den Plan durchziehen, den sie schon seit fünfzehn Jahren verfolgte und Marcus aus dem Weg gehen. Ganz einfach.
Sie schluckte schwer und schüttelte ihr Haar aus dem Gesicht. Dann blickte sie in Marcus’ Richtung und bemerkte, dass er sie ansah. Mit seinen leuchtend blauen Augen, denen seit seiner Schulzeit Dutzende von Mädchen und Frauen verfallen waren.
„Sollen wir?“, fragte er, und der Anflug eines Lächelns umspielte den Mund, der Celia schon so viele schlaflose Nächte beschert hatte. Dann bot er ihr seinen linken Arm an, sodass sie sich bei ihm einhaken konnte.
„Warum nicht?“, erwiderte sie kühl und nahm seinen Arm.
Wow! Es funktionierte. Celia schenkte den harten Muskeln seines Unterarms überhaupt keine Beachtung. Ebenso ignorierte sie, dass Marcus’ Ellbogen ihre rechte Brust berührte, und dass seine Nähe und Wärme ihr Herz beängstigend schnell und fest schlagen ließ. Dass ihr Körper überall brannte. Alles, was für sie relevant war, waren die fünf Steinstufen, die sie in ihren sieben Zentimeter hohen Absätzen überstehen musste. Darauf musste sie sich konzentrieren.
„Bist du bereit?“, fragte er. Seine tiefe, ruhige Stimme versetzte Celias Bauchmuskeln in seltsame Anspannung, sodass sie sich für einen Moment ein wenig fester an Marcus’ Arm klammern musste. Nur für den Fall, dass sie stolperte, natürlich.
„Absolut.“
Je früher sie hier weg kamen, desto schneller war sie frei von Marcus. Celia blickte zu Boden und hob den Saum ihres Kleides ein wenig an, um sich nicht mit den Absätzen darin zu verfangen.
„Deine Schuhe sehen gefährlich aus“, murmelte Marcus, als sie gemeinsam die erste Stufe hinabstiegen.
„Das sind sie auch.“
„So, als könnten sie richtigen Schaden anrichten.“
„Auch das stimmt.“
„Dann passen sie ja zu dir.“
Und schon war ihr Vorsatz dahin, sich nicht mit Marcus zu streiten und sich stattdessen auf das erfreuliche Ereignis zu konzentrieren. „Wie schön übrigens, dass du es geschafft hast“, bemerkte sie in sarkastischem Ton.
„Fast hätte es nicht geklappt.“
„Was hat dich aufgehalten?“, fragte Celia mit einem zuckersüßen Lächeln, nachdem sie die Stufen geschafft hatte und somit nicht mehr auf die Sicherheit von Marcus’ Arm angewiesen war. „Doch nicht etwa eine übereifrige Liebhaberin? Oder vielleicht mehrere? Ihr wart doch nicht etwa zu dritt?“
Sie fühlte, wie er sich verspannte, und fragte sich für einen Moment, ob der Schlag gesessen hatte. Dann verwarf sie diesen Gedanken. Denn Marcus’ Bettgeschichten waren alles andere als ein brisantes Geheimnis. Zudem hatten er und sie den jeweils anderen seit Jahren mit Beleidigungen attackiert. Es schien ihn nie zuvor gestört zu haben. Dennoch brannte in Celia der heimliche Wunsch nach einem Volltreffer. Warum sollte sie Marcus nicht auch einmal so kränken wie er sie vor so vielen Jahren?
„Wenn du es genau wissen willst“, sagte er plötzlich und schenkte Celia ein langsames Lächeln, das sie beinahe zu Wachs zerfließen ließ. „Ich habe höchstpersönlich eine Aschewolke heraufbeschworen. Einfach weil ich wusste, dass ich dich damit ärgern kann.“
„Mein Gott, du besitzt tatsächlich magische Kräfte“, entgegnete Celia leicht angesäuert. Warum war ausgerechnet dieser Egoist der einzige Mensch, der ihr Innerstes dahinschmelzen lassen konnte? „Wie konnte ich das nur jemals anzweifeln?“
„Du bist immer verschwunden, bevor ich meine Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte.“
„Das ist mein einziges Ziel im Leben.“
„Wirklich?“, murmelte er. „Ich dachte, dein einziges Ziel im Leben wäre deine Arbeit.“
„Ich bin multitaskingfähig.“
„Offenbar. Herzlichen Glückwunsch.“
Sie begannen, durch den Mittelgang der Kirche zu schreiten. In einem Tempo, bei dem sie sogar eine Schnecke überholt hätte. Schließlich war es Marcus, der das angespannte Schweigen brach, indem er im Plauderton ergänzte: „Trotzdem bin ich erstaunt, dass du hier bist.“
Celia bemühte sich, ihr gespieltes Lächeln beizubehalten. „Oh? Warum?“
„Ich hätte nicht gedacht, dass du dich von deinem Schreibtisch lösen kannst.“
„Das hier ist die Hochzeit meines Bruders.“
„Schön zu wissen, dass du ein paar Dinge im Leben über deine Arbeit stellst. Ich habe wirklich erwartet, dass du während der Trauzeremonie einige berufliche Telefonate führen musst.“
Sie bemühte sich verzweifelt, weiter strahlend zu lächeln, doch dabei presste sie die Kiefer so aufeinander, dass ihr bereits alles wehtat. Ihr Job hatte in ihrem Leben Priorität. Na und? „Ich bin kein vollkommener Workaholic.“ Na ja, zumindest nicht in dem Ausmaß, dass sie die Hochzeit ihres Bruders verpassen würde.
„Ach nein?“
„Natürlich nicht“, sagte sie fest. Was ging es ihn an, dass sie den ganzen Morgen über mit ihrem Büro telefoniert hatte. Auch einige E-Mails hatten nicht warten können.
„Ich habe von der Pharmafusion gelesen, die eure Firma auf den Weg gebracht hat. Herzlichen Glückwunsch auch dazu.“
Celia konnte einen Anflug von Stolz nicht unterdrücken. Die letzten Monate hatte sie damit verbracht, an dieser Fusion zu arbeiten. Es waren die schwersten ihres Lebens gewesen. Doch sie und ihr Team hatten bis jetzt alles tadellos geschafft, und infolgedessen war Celias Lebenstraum, in die Sozietät ihrer Kanzlei aufgenommen zu werden, in greifbare Nähe gerückt.
„Dankeschön“, sagte sie zögerlich und kämpfte gegen die Verwirrung an, die die Nähe von Marcus’ Körper in ihr auslöste. „Und ich habe gehört, dass du dein Unternehmen verkauft hast.“ Für einige Millionen Pfund, wenn man dem Klatschmagazin, das Celia vor zwei Wochen beim Friseur gelesen hatte, Glauben schenken durfte. Die Zeitschrift hatte wenige Details über den Verkauf seiner Firma geboten, dafür jedoch viele Spekulationen darüber, was Londons mittlerweile begehrtester Junggeselle mit all seinem Geld und seiner künftigen Freizeit zu tun vermochte.
„Das ist richtig.“
„Was sind jetzt deine Pläne?“
„Willst du das wirklich wissen?“
Nicht wirklich. Celia hätte ihre hübsche Zweizimmerwohnung in Clerkenwell darauf verwettet, dass sie es bereits wusste. Er würde tun, was er immer tat, nur mit noch mehr persönlichem Einsatz. „Ich vermute, du wirst bis in die Morgendämmerung feiern. Und das in Gesellschaft spärlich bekleideter Frauen.“
„Bin ich wirklich so ein Klischee für dich?“
„Sag mir, dass es nicht so ist.“
„Ich will dir nicht den Spaß verderben.“
„Du denkst, ich habe Spaß daran?“
Er zog seine rechte Augenbraue nach oben und blickte Celia an. „Stimmt das nicht?“
Celia dachte für eine Sekunde darüber nach und entschied dann, dass sie den Nervenkitzel, den sie jedes Mal verspürte, wenn sie Marcus ärgerte, nicht näher erklären wollte. Spaß wäre vielleicht die unverfänglichste Rechtfertigung. „Na gut“, gab sie unverhohlen zu. „Vielleicht habe ich ein bisschen Spaß daran. Aber nicht mehr als du.“
„Na ja, ich bin für Gleichberechtigung.“
„Ja, das sagt die Boulevardpresse auch“, antwortete Celia mit vernichtender Herablassung, als ihr wieder einfiel, was sie in einem Interview mit einer seiner Eroberungen gelesen hatte. Offenbar war Marcus intensiv, umwerfend und leidenschaftlich fordernd im Schlafzimmer und bevorzugte Frauen, die ihm darin in nichts nachstanden. Was Celia natürlich nicht im Geringsten interessierte. Warum auch?
„Meine Liebe“, sagte er plötzlich. „Du hast so unglaublich niedrige Erwartungen an mich, dass ich einfach nicht anders kann, als sie dir zu bestätigen.“
Und bevor Celia darüber nachdenken konnte, was er mit diesem Satz meinte, wandte Marcus sich von ihr ab und schenkte sein verheerendes Lächeln ein paar Gästen am Ende einer Kirchenbank. Celia sah die Damen erröten, und sie rollte mit den Augen. Wie typisch. Marcus, der Liebling aller Frauen. Wirklich aller Frauen.
Nur nicht ihrer.
Auch, wenn sie vor langer Zeit einmal Mitglied seines Fanklubs gewesen war, dachte sie, während sie deutlich die Nacht vor 15 Jahren vor Augen hatte, in der sie beinahe ihre Unschuld an ihn verloren hätte.
„Warum willst du die Blumen töten?“
Celia blinzelte und verbannte die beschämenden Gedanken zurück in ihr Unterbewusstsein, bevor sie Marcus verwirrt anblickte. „Was?“
„Die Blumen. Was haben sie dir getan? Haben sie etwas Falsches gesagt? Ich weiß ja aus Erfahrung, wie leicht man dich missmutig stimmen kann.“
Celia blickte auf das schöne, auf ihr Kleid abgestimmte Bouquet aus rosa Rosen und Schleierkraut und sah, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten, weil sie die Blumen so fest umklammert hielt. Als sie sich eingestehen musste, dass sie sich gerade wieder einmal von Marcus durcheinanderbringen ließ, hätte sie am liebsten laut geschrien.
Sie musste sich irgendwie entspannen. Denn wenn sie es nicht tat, würde sie die Kirchentür niemals bei geistiger Gesundheit erreichen. Der Weg zum Ausgang schien endlos. Dan und Zoe blieben immer wieder stehen, um Glückwünsche entgegenzunehmen. Dann liefen sie mit einer Geschwindigkeit von einem guten Meter pro Stunde weiter, und Celia wusste nicht, wie lange sie noch der Versuchung widerstehen konnte, Braut und Bräutigam beiseitezuschieben und ins Freie zu fliehen.
„Die Blumen haben mir nichts getan“, sagte sie, während sie versuchte, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Dann rollte sie – in einem letzten Versuch, ihre wachsende Anspannung zu lösen – verstohlen mit den Schultern.
„Muss ich daraus schließen, dass du Dans und Zoes Entscheidung missbilligst?“
Celia starrte Marcus für einen Moment an. Obwohl sie seine Worte deutlich gehört hatte, verstand sie nicht, was er jetzt schon wieder meinte. Zoe war das Beste, was Dan jemals passiert war. „Warum in aller Welt sollte ich das tun?“
„Weil du während der gesamten Zeremonie gewirkt hast, als wünschtest du dir, irgendwo anders zu sein.“
Oh nein. Sie wollte nirgendwo anders sein. Sie wollte, dass Marcus irgendwo anders war. Am liebsten auf einem anderen Planeten. Doch sie hätte nie gedacht, dass sie ihre Gedanken derart schlecht verbergen konnte. „Du hast ein vollkommen falsches Bild von mir.“
„Offenbar“, murmelte er, bevor er seinen Blick über Celias Körper schweifen ließ, bis ihre Haut sich so prickelnd warm anfühlte, als hätte sie Fieber. „Du siehst übrigens sehr schön aus.“
Das ist das Problem mit Marcus, dachte Celia gereizt, während sie versuchte, ihre innere Hitze mit dem letzten Rest Selbstkontrolle einzudämmen.
Jedes Mal, wenn sie ihn am liebsten geohrfeigt hätte, sagte er irgendetwas Charmantes. „Danke.“
„Es ist die Wahrheit.“
„Du siehst auch sehr gut aus“, sagte sie leise. Es war unmöglich, diese Tatsache zu leugnen. Denn Marcus sah heute noch besser aus als sonst – wenn das überhaupt möglich war.
„Meine Güte, ein Kompliment.“ Seine Stimme war sanft. „Es geschehen noch Wunder.“
„Gewöhn dich nicht daran.“
„Das werde ich nicht.“
Quälend langsam gingen sie ein paar Schritte weiter, bevor sie erneut anhalten mussten. „Also freust du dich?“
„Dass Dan und Zoe geheiratet haben?“
„Nun, ich weiß, dass ich ganz sicher keinen Quell der Freude für dich darstelle.“
„Da liegst du vollkommen richtig“, sagte Celia mit einem ruhigen Lächeln.
„Dan und Zoe sind gut füreinander.“
Celia nickte. „Das sind sie.“
„Und benehmen sich deine Eltern?“
Sie kniff die Augen zusammen, drehte sich um und musterte ihre Mutter und ihren Vater, die Seite an Seite, jedoch in eisiges Schweigen gehüllt und so weit auseinander, wie es in dem schmalen Gang der Kirche möglich war, zum Ausgang liefen. Mehr konnte man nicht erwarten.
„So gut, wie sie eben können.“
„Wie läuft es in deiner Firma?“
Dort herrschte der Wahnsinn. „Bestens.“
„Warum bist du dann so angespannt?“
„Angespannt?“, wiederholte Celia schwach. „Wieso sollte ich?“
„Wenn es nicht an der Hochzeit liegt, an deinen Eltern oder deinem Job, fühle ich mich geneigt zu glauben, dass ich der Grund dafür bin.“
„Ha. Das ist ja vielleicht ein Einfall.“
Endlich konnten sie wieder ein Stückchen weitergehen, und dieses Mal schien es so, als würden sie es endlich bis nach draußen schaffen. Dan und Zoe hatten sich bei allen Gästen bedankt, die schwere Eichentür wurde geöffnet, und Celia atmete vor Erleichterung auf.
„Gib es zu“, flüsterte Marcus. Seine Stimme war so warm und belustigt, dass Celias Magen seltsame Purzelbäume schlug. „Ich verursache diese Anspannung in dir.“
„Du verursachst gar nichts in mir“, antwortete Celia mit einer Stimme, die sich beinahe überschlug. Sie musste dringend aus dieser Kirche und weg von ihrem verwirrenden Begleiter.
„Oh, Celia, du brichst mir das Herz.“
„Ich wusste nicht, dass du ein Herz hast. Ich dachte, dass dich ausschließlich ein anderer Körperteil am Leben hält.“
„Welch grausamer Vorwurf.“
„Ich denke, du wirst ihn überleben.“
„Das werde ich.“
Und dann, Gott sei Dank, traten sie in den warmen Schein der Junisonne. Celia rang nach Luft und blinzelte, damit ihre Augen sich nach der Dunkelheit in der Kirche wieder an das Tageslicht gewöhnen konnten. Dann entzog sie Marcus ihren Arm und trat einen entschlossenen Schritt zurück.
Sie vermisste seine Nähe nicht. Auch nicht seine Wärme. Sie fühlte vor allem Erleichterung. So wie jeder Mensch, der während der letzten zehn Minuten einen Albtraum erlebt hatte und endlich daraus erwachte.
„Also dann“, sagte sie und blickte Marcus mit einem strahlenden Lächeln an, während sie eine Hand über ihre Augen hielt, um sie vor der Sonne zu schützen. „Vielen Dank für das interessante Gespräch.“
„Gern geschehen.“
„Ich werde jetzt dem glücklichen Paar gratulieren und mich dann ein bisschen zu meiner Familie gesellen.“
Und dann würde sie alle Champagnergläser leeren, die sie finden konnte.
„Gute Idee.“
„Ich denke, wir sehen uns später.“
„Das wäre schön.“
Und mit dem Gedanken, dass eher die Hölle gefror, bevor sie sich an diesem Tag noch einmal in Marcus’ Nähe wagte, verabschiedete sich Celia mit einem zittrigen Winken und lief davon.
Marcus beobachtete, wie Celia ihren Bruder und ihre frischgebackene Schwägerin umarmte und küsste und dabei über irgendetwas lachte, das die beiden zu ihr sagten. Er kniff die Augen zusammen. Nach zehn Minuten in Celias Gesellschaft waren seine Nerven bereits bis zum Zerreißen gespannt. Er wollte etwas schlagen. Er wollte schreien. Irgendetwas tun, um die Anspannung loszuwerden, die diese Frau in ihm auslöste.
Er stand in der warmen Sommersonne, während die Menschen aus der Kirche strömten, schob seine Hände in die Taschen seiner Anzughose und widerstand dem Drang, mit den Zähnen zu knirschen. Dieser Tag war ein Tag des Glücks, und das Letzte, was sein bester Freund verdiente, war ein grimmiger Trauzeuge.
Dennoch fiel es Marcus schwer, sich zu entspannen, denn alles, woran er denken konnte, war die Frage, was Celia immer wieder mit ihm anstellte. Und warum.
Im Allgemeinen hatte Marcus keine Probleme mit Frauen. Sie rissen sich normalerweise ein Bein aus, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen, und sobald sie diese hatten, lagen sie ihm zu Füßen. Aber Celia? Na ja, aus irgendeinem Grund hasste sie ihn seit Jahren, und Marcus war nie wirklich in der Lage gewesen, den Grund dafür herauszufinden.
Die seltenen Male, die er versucht hatte, ihr sonderbares Verhalten zu ergründen, hatte Marcus vermutet, dass Celia wohl nicht einverstanden mit seinem amourösen Lebensstil war. Er verstand allerdings nicht, was sie das anging. Das letzte Mal, als er in den Kalender sah, hatte dieser das einundzwanzigste Jahrhundert angezeigt, und soweit er wusste, konnten Männer und Frauen heutzutage schlafen, mit wem sie wollten, ohne von irgendjemandem geächtet zu werden. Was war falsch daran, dass er die Gesellschaft von Frauen genoss? Düster beobachtete Marcus, wie Celia sich mit ihrem Handy in der Hand von der Hochzeitsgesellschaft entfernte, um einen Anruf anzunehmen.
Er arbeitete hart und hatte sich in seiner Freizeit Entspannung verdient. Er war Single und in seinen besten Jahren, und er mochte Sex. Er hatte einer Frau nie mehr versprochen, als er bereit war zu geben, und wenn seine Beziehungen, Affären, One-Night-Stands oder was auch immer endeten, gab es niemals Streit oder böse Worte. Die Frauen, mit denen er sich traf, hatten nichts gegen seinen Lebensstil. Wer also konnte ihm vorwerfen, dass er die Möglichkeiten nutzte, die man ihm bot?
Niemand außer Celia, so schien es. Warum aber missbilligte sie ihn so sehr? Was ging sie sein Leben an? Soweit er wusste, hatte er noch nie etwas mit einer ihrer Freundinnen gehabt, also konnte sie ihm nicht aus persönlichen Gründen böse sein. Denn ganz sicher lag ihr Groll auch nicht im Entferntesten an Eifersucht. Celia hatte sehr deutlich gemacht, dass sie kein Interesse an ihm hatte, als sie ihm in der Nacht, in der er vor Jahren mit ihr schlafen wollte, den Laufpass gegeben hatte.
Was also war ihr Problem? Und was noch wichtiger war – was war seins? Was an Celia ging ihm so sehr unter die Haut? Warum konnte er diese Frau nicht einfach ignorieren, so wie er sonst alles ignorierte, was ihn nicht interessierte? Warum hatte er stets das Bedürfnis, mit Celia zu reden, auch wenn es jedes Mal in einem Kleinkrieg endete?
Marcus seufzte und fuhr sich mit der Hand über die Stirn, als die Fragen, die durch seinen Kopf wirbelten, nahezu unerträglich wurden. Er brauchte jetzt wirklich ein Glas Champagner, um den Rest der Feierlichkeiten zu überleben.
„Gibt es einen bestimmten Grund dafür, dass du meine Schwester so verbittert anstarrst?“
Die fröhliche Stimme des Bräutigams, der es für einen Augenblick geschafft hatte, sich von seiner Frau zu lösen und mit Marcus zu reden, riss ihn aus seinen Gedanken.
„Nein“, sagte er und schenkte seinem besten Freund ein sorgloses Lächeln.
„Sicher?“
Marcus nickte und lächelte noch einmal. Er wollte Dan auf gar keinen Fall von den Schwierigkeiten erzählen, die er mit Celia hatte. „Ganz sicher. Übrigens: ganz herzlichen Glückwunsch.“
Dan grinste. „Vielen Dank.“
„Tolle Zeremonie.“
„Ja – es war unglaublich. Und danke, dass du mein Trauzeuge bist.“
„Kein Problem. Ich bin froh, dass ich es rechtzeitig geschafft habe.“ Marcus hatte in den letzten vierundzwanzig Stunden alles daran gesetzt, um in das gottverlassene Dörfchen zu kommen, in dem Zoes Familie wohnte. Und was immer Celia auch dachte, seine Verspätung hatte rein gar nichts mit seinem Liebesleben zu tun. Auch wenn Marcus so müde war, dass er beinahe umfiel, war die anstrengende Reise jede Sekunde wert gewesen. Schließlich waren Dan und er seit fast zwanzig Jahren die besten Freunde.
„Und ich erst“, sagte Dan und klopfte Marcus kameradschaftlich auf die Schulter. „Warum siehst du trotzdem so düster aus? Was ist denn los?“
Marcus zuckte mit den Schultern. „Ich versuche nur, mich auf meine bevorstehende Rede zu konzentrieren.“
Dan warf ihm einen wissenden Blick zu und sah dabei mehr als nur ein wenig amüsiert aus. „Bist du sicher, dass deine Betrübtheit nichts mit der mangelnden Auswahl an alleinstehenden Frauen zu tun hat?“
Seltsamerweise – obwohl das Ausschauhalten nach Singlefrauen in der Regel das Erste war, was Marcus bei jeder Art von Beisammensein tat – war ihm die Suche nach neuen Eroberungen an diesem Nachmittag nicht einmal annähernd in den Sinn gekommen. „Vielleicht ein bisschen“, sagte er, vor allem deshalb, weil Dan diese Antwort zu erwarten schien.
„Es tut mir leid. Aber wir wollten die Hochzeit in kleinem Rahmen feiern.“
„Kein Problem.“
„Wie lange ist dein letztes Date her?“
„Sechs Monate.“
Dan blickte seinen Freund fragend an „Wow. Und das alles wegen … wie war noch mal ihr Name?“
„Noelle.“ Allein bei der Erinnerung an seine letzte Freundin, die sich in eine wahnsinnige Psychostalkerin verwandelt hatte, erschauerte Marcus innerlich. „Ja.“
Dan nickte mitleidig. „Ich kann verstehen, dass du nach allem, was sie getan hat, ein bisschen vorsichtig geworden bist. Aber komm, sechs Monate? Das muss ein Rekord für dich sein.“
„Keiner, auf den ich besonders stolz bin.“
„Verständlich“, stimmte Dan ihm zu. „Und heute wird dieser Rekord ganz sicher nicht gebrochen“, fügte er nachdenklich hinzu.
„Warum sagst du das?“
„Celia ist außer dir der einzige Single hier.“
„Wirklich?“
„Und nach allem, was ich von euch weiß, seid ihr nicht besonders aneinander interessiert.“
Marcus starrte seinen Freund an. Nicht besonders interessiert? Er konnte sie nicht ausstehen. Und sie ihn noch viel weniger.
„Können wir nicht einfach das Thema wechseln?“, stammelte er. Denn er wollte nicht eine Sekunde länger über diese lästige Angelegenheit sprechen.
Dan fuhr sich mit der Hand über den Unterkiefer und blickte seinen Freund stirnrunzelnd an. „Zoe meint, dass du es schon die ganze Zeit tust.“
„Was?“
„Celia anstarren. So ziemlich jede Sekunde, seitdem sie die Kirche betreten hat.“
„Oh.“
„Also, was ist mit euch beiden los? Warum diese Bitterkeit? Was hat sie dir getan?“
Interessant, dass Dan es so formuliert, dachte Marcus. Jeder andere Mensch hätte automatisch angenommen, dass Marcus die Schuld an der seltsamen Situation trug.
„Sie hat mir nichts getan“, sagte er mit einem lässigen Schulterzucken. Außer dass sie ihn von sich gestoßen hatte. Zurückgewiesen und ignoriert. Seitdem mieden sie einander und trieben sich gegenseitig in den Wahnsinn. „Wir kommen einfach nicht klar. Das ist alles. Es tut mir leid.“
„Du musst dich nicht entschuldigen. Auf manche Leute wirkt sie ein bisschen eigenartig. Für mich ist sie etwas ganz Besonderes.“
Sie war auch für Marcus einmal etwas ganz Besonderes gewesen. Damals, als er ein wütender, rebellischer Teenager war. Doch er verdrängte diesen Gedanken und versuchte noch einmal, das Thema zu wechseln.
„Zoe sieht wunderschön aus“, sagte er und blickte zu Dans Braut hinüber, der das Glück regelrecht ins Gesicht geschrieben stand, während sie sich lachend und scherzend mit ihren Gästen unterhielt.
„Ja, sie ist unglaublich.“ Liebevoller Stolz schwang in Dans Stimme mit. Etwas, das Marcus sich niemals vorstellen konnte zu fühlen. Hochzeit und Ehe waren nichts für ihn. Und Liebe schon gar nicht.
„Sie wertet die Sache zwischen dir und Celia übrigens vollkommen anders.“
„Wie bitte?“ Marcus runzelte die Stirn. So viel zum Themawechsel. Warum musste Dan so tun, als ob es zwischen ihm und Celia eine ‚Sache‘ gäbe? Nichts lag der Wahrheit ferner.
„Willst du wissen, was sie zwischen euch beiden sieht?“
Nicht unbedingt. „Klär’ mich auf.“
„Chemie. Spannungen. Und vor allem Verleugnung.“
Was? Marcus taumelte für einen Moment, bevor er seine Gedanken unter Kontrolle bekam. Zoe lag falsch. Vollkommen falsch. „Sie sieht viel“, sagte er schließlich diplomatisch und bemühte sich, eine Art Pokerface zu wahren.
„Das stimmt.“
„Zu viel.“
„Vielleicht.“
„Was macht sie zu so einem Experten?“
„Sie kann alles analysieren. Sogar Menschen.“
„In Bezug auf mich täuscht sie sich.“
Dan warf seinem Freund einen fragenden Blick zu. „Zoe glaubt, dass du eine gemeinsame Geschichte mit Celia hast.“
„Was für eine gemeinsame Geschichte sollten wir haben?“, fragte Marcus, obwohl er nicht sicher war, dass er die Antwort hören wollte.
„Ein Ereignis, das euch beide verbindet.“
Während sich sein Puls beinahe überschlug, schüttelte Marcus heftig den Kopf.
„Nichts dergleichen ist passiert“, sagte er und versuchte dabei, seine steigende Herzfrequenz zu ignorieren.
„Wenn du es sagst.“
„Celia missbilligt mich zutiefst, und ich …“ Er hielt inne, denn wie könnte er seinem besten Freund auch sagen, dass er seine Schwester für eine überspannte, arbeitssüchtige, eiserne Jungfer hielt? „Ich dachte immer, dass du etwas dagegen hättest“, sagte er stattdessen.
„Gegen euch beide als Paar?“
Marcus nickte. „Ich meine, sie ist deine Schwester, und ich bin nicht gerade ein Ausbund an Tugend.“
„Es würde mich nicht im Geringsten stören, wenn ihr zusammen wärt“, sagte Dan amüsiert. „Celia ist durchaus in der Lage, sich um sich selbst zu kümmern, und wenn ich mich – was euch beide betrifft – um jemanden sorgen müsste, dann um dich.“
„Warum?“
„Sie ist ein harter Brocken.“
„Einer der härtesten“, stimmte Marcus seinem Freund zu. Nicht nur, weil Celia das einzige Mädchen war, das er gewollt, aber niemals bekommen hatte. Sondern auch, weil er sie und das, was zwischen ihnen passiert war, seit Jahren nicht aus seinem Kopf bekam.
„Sie gehört zu den Frauen, die Männer um den Verstand bringen.“
„Zweifellos.“
„Und ich möchte nicht, dass dir das passiert.“
„Vielen Dank, aber du musst dich nicht um mich sorgen. Geh lieber zurück zu deiner Braut“, fügte er in der Hoffnung, diesem fürchterlichen Gespräch mit einem Hinweis auf Zoe ein Ende setzen zu können. „Sie scheint von deiner Mutter und deinen Tanten in die Enge getrieben zu werden.“
„Du hast recht“, antwortete Dan, auf dessen Gesicht sich ein Lächeln breitmachte, als er in Richtung seiner Frau blickte. „Ich werde sie retten.“
„Viel Spaß dabei.“
Dan musste die Spur von Ironie in der Stimme seines Freundes gehört haben. Denn er drehte sich noch einmal zu Marcus um und warf ihm einen kundigen Blick zu. „Irgendwann wird es auch dir passieren. Glaub mir.“
„Was?“
„Liebe und Ehe.“
Marcus schüttelte den Kopf und lachte. „Keine Chance.“ Er schätzte seine Freiheit viel zu sehr, und vor allem hatte er bereits vor langer Zeit gesehen, was Liebe mit Menschen anrichten konnte. Der Schmerz, den sie verursachte. Die Tragödie, in der sie enden konnte. Er hatte es aus nächster Nähe miterlebt.
Dan hob fragend eine Augenbraue. „Weil dich die gesamte Frauenwelt mehr interessiert als eine Einzige?“
„Du sagst es.“
„Wenn du das wirklich glaubst, dann wirst du einmal enden wie mein Vater und mit beinahe sechzig noch allem hinterherjagen, was einen Rock trägt.“
„Ich bin bereit, dieses Risiko einzugehen.“
Dan lachte und klopfte Marcus noch einmal auf den Rücken. „Eines Tages, mein Freund, eines Tages“, sagte er und machte sich dann auf den Weg zu Zoe, während Marcus stirnrunzelnd zurückblieb und auf Celia starrte.
Chemie, Spannungen und Verleugnung? dachte er. Was für ein Quatsch.
Drei Stunden später hatte Celia sich bereits eine Tasse Tee, zwei Gläser Champagner, ein Dutzend der köstlichsten Minisandwiches und Petit fours, die man sich vorstellen konnte, und ein riesiges Stück Hochzeitstorte einverleibt. Sie hatte die Fotosession überlebt, den kurzen, aber originellen Reden gelauscht und Gespräche mit allen Gästen geführt, außer mit Marcus und ihrem Vater.
Bis jetzt war der Hochzeitsempfang wirklich schön gewesen. Das Wetter war warm, der Himmel wolkenlos blau, und die Sonne schien sanft auf das Dorf in den Hügeln der Midlands herab. Es war einer dieser raren, aber ganz besonderen englischen Sommertage. Der Garten von Zoes Elternhaus bot mit seinem makellosen Rasen, den bunten, duftenden Blumenbeeten und den tadellos gestutzten Hecken eine idyllische Kulisse für eine kleine und geschmackvolle Hochzeitsfeier. Die Klänge eines Streichquartetts, das einen uralten Pavillon zu seiner Bühne gemacht hatte, mischten sich mit Lachen und fröhlichem Stimmengewirr. Und inmitten dieser bezaubernden Atmosphäre lagen sich Braut und Bräutigam sowie mehrere andere verliebte Paare tanzend in den Armen.
Celia musste zugeben, dass selbst einer unsentimentalen Person wie ihr selbst die Romantik des Nachmittags nicht entging. Sie konnte den Zauber in der Luft spüren und merkte, wie sie in einen Bann von Gefühlen gezogen wurde, den sie unter normalen Umständen niemals zugelassen hätte. Verträumt beobachtete sie ihre Eltern, die offenbar an diesem romantischen Tag zu einer Art friedlichen Ignoranz gefunden hatten. Auch wenn sie nicht miteinander redeten, bestand zum ersten Mal seit Jahren keine Gefahr, dass sie sich gegenseitig erdolchten. Dan sah glücklicher aus als je zuvor in seinem Leben, und die Augen seiner Braut strahlten mit der Sonne um die Wette.
Obwohl sie Zoe so gern hatte wie eine eigene Schwester, wünschte sich Celia in diesem Moment, dass ihre Schwägerin ein etwas geselligerer Mensch wäre. Denn dann wären zu ihrer Hochzeit wahrscheinlich mehrere Hundert Gäste gekommen, statt nur die gut zwanzig Paare, die hier durch den Garten tanzten.
Und dann hätte Celia sich in eine feiernde Menge stürzen können, um Dans besten Freund einfach zu vergessen. Das wäre ihr nach der Fotosession, während der sie erdulden musste, dass Marcus dicht neben ihr stand und seinen muskulösen Arm um ihre Taille legte, wirklich ganz recht gewesen.
Doch in dieser kleinen Schar von Gästen konnte sie Marcus kaum ignorieren. Wohin sie auch sah – er schien ständig präsent. Und während sie ihn mit den anderen Gästen lachen und reden sah, musste Celia sich eingestehen, dass ihre Bemühungen, diesen Mann zu meiden, vollkommen sinnlos waren.
Sie hielt so viel Abstand von ihm wie nur irgend möglich und verwendete all ihre Energie darauf, Marcus einfach nicht zu beachten. Doch dabei war es ihr unmöglich, sich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren. Sosehr sie es versuchte, es gelang ihr nicht, sich mit den anderen Gästen zu unterhalten. Ständig hörte sie von irgendwoher Marcus’ Stimme.
Ihre Zerstreutheit blieb nicht verborgen. Seit Stunden hatten die Menschen, mit denen sie gesprochen hatte, sie besorgt gemustert und immer wieder gefragt, ob es ihr gut ging, bevor sie sich davongestohlen hatten, um jemanden zu finden, der ihnen etwas besser zuhörte. Celia konnte ihnen das Ganze nicht einmal verübeln.
Die Situation machte sie wahnsinnig. Sie hasste es, unkonzentriert zu sein. Sie hasste die Tatsache, dass Marcus sie so leicht durcheinanderbrachte, wo sie doch sonst immer so stolz auf ihren klaren Kopf und ihre Zuverlässigkeit war. Sie hasste die Verträumtheit, die sich ihrer an diesem Tag bemächtigt hatte. Und noch mehr hasste sie den Schmerz und die Wehmut, die sich von Sekunde zu Sekunde stärker in ihr auszubreiten schienen. Was war nur los mit ihr?
Sie war derart in ihre Gedanken versunken, dass sie erst spät ihren Vater bemerkte, der plötzlich entschlossenen Schrittes auf sie zu lief. Ohne Zweifel wollte er die Chance nutzen, dass seine Tochter sich gerade allein an einem der Stehtische befand, um einen seiner üblichen Monologe über Celias Karriere, das Fehlen eines Ehemanns in ihrem Leben und den direkten Zusammenhang zwischen diesen beiden Tatsachen zu halten.
Panik riss Celia für einen kurzen Moment aus ihrer Verwirrung. Sie musste sich schnellstens einem Gespräch anschließen oder einem Gast, der ebenfalls alleine stand. Sie würde alles tun, um ihrem Vater und seiner seltsamen Bevormundung aus dem Weg zu gehen. Ein paar Meter weiter links stand eine lachende Gruppe von Gästen um einen Stehtisch herum. Und ausgerechnet Marcus schien in diesem Kreis der Alleinunterhalter zu sein.
Als Celia in Windeseile gedanklich die sehr begrenzten Möglichkeiten durchgespielt hatte, die ihr blieben, traf sie eine Entscheidung. Marcus war ebenso wenig ihr Fan wie sie seiner, doch nichts konnte in diesem Moment schlimmer sein als ein Vortrag ihres Vaters über ihr Leben, in dem er seine Enttäuschung über seine einzige Tochter ausdrücken würde. Wieder einmal.
Im Bewusstsein, dass ihr Vater immer näher kam und sie keine Zeit verlieren durfte, gesellte Celia sich zu der fröhlichen Gruppe und legte ihre Hand auf Marcus’ Arm. Er lachte noch, als er sich umdrehte. Dann flackerte ein Ausdruck der Überraschung über sein Gesicht. Celia ignorierte die Hitze, die bei der flüchtigen Berührung seines Körpers durch ihre Adern schoss, während sie mit einem Flehen im Blick zu Marcus aufsah und leise sagte: „Hilfst du mir? Bitte?“
Träume ich, fragte sich Marcus, während er auf Celias Finger starrte, die seinen Arm umklammerten. Dann sah er ihr ins Gesicht, auf dem ein bittender Ausdruck lag. Dies war etwas, was er niemals mit Celia in Verbindung gebracht hätte. Wer hätte das gedacht? Celia Forrester, der größte Kontrollfreak aller Zeiten, eigenwillig und unnahbar wie keine andere Frau, die er kannte, bat um Hilfe. Um seine Hilfe. Da musste sie schon ziemlich verzweifelt sein.
Marcus widerstand dem Drang, erstaunt den Kopf zu schütteln, und entschuldigte sich von der kleinen Gruppe, mit der er gesprochen hatte. Die Dringlichkeit in Celias Stimme verwirrte ihn ebenso sehr wie die Verzweiflung in ihren Augen. „Was ist los?“, fragte er.
„Mein Vater.“
Marcus warf einen Blick über Celias Schulter und sah, dass Jim Forrester in ihre Richtung kam. Und das machte Celia offenbar nervös. Marcus war nicht überrascht. „Ich verstehe“, murmelte er mit einem kaum merklichen Nicken. „Was soll ich tun?“
„Kannst du ein bisschen mit ihm plaudern und ihn von mir ablenken?“
„Was ist es dir wert?“
Celia starrte Marcus für eine Sekunde an. „Was meinst du damit?“
Er grinste amüsiert. Hatte sie wirklich erwartet, dass er keinen Vorteil daraus ziehen würde, in diesem Spiel endlich einmal die Oberhand zu haben? „Ich meine genau das, was ich gefragt habe.“
Sie kniff die Augen zusammen und sah zu ihm auf. „Was willst du haben?“
„Wie wäre es, wenn du mich höflich bittest? Dann noch einmal. Und noch einmal.“
Sie rang nach Atem. Dann presste sie die Lippen zusammen und blickte stirnrunzelnd zu Marcus auf. „Du willst, dass ich bettle?“
Sein Lächeln vertiefte sich angesichts ihrer Entrüstung, und Marcus musste zugeben, dass es ein ziemlich ansprechender Gedanke war, Celia dank einer kleinen Geste von Ritterlichkeit in seiner Schuld zu wissen. „Es ist eine schöne Idee. Findest du nicht?“
Celia starrte ihn an, und ihre Augen funkelten vor Empörung. Eine Sekunde später jedoch blickte sie zu Boden, atmete tief durch und zuckte dann mit den Schultern.
„Lass es gut sein“, sagte sie tonlos und wandte Marcus den Rücken zu. „Vergiss es. Geh zurück zu deinen Freunden, ich werde schon irgendwie mit ihm fertig.“
Augenblicklich verfluchte Marcus sich für seine Worte. Er war wirklich der größte Idiot aller Zeiten. Celia war zwar eine Nervensäge, doch er wusste, wie sehr sie unter den Problemen mit ihrem Vater litt. Dass sie Marcus um Hilfe gebeten hatte, musste sie wirklich Überwindung gekostet haben.
„Celia, es tut mir leid“, murmelte er. Unwillkürlich bildete sich eine kleine Falte zwischen seinen Brauen. Es war seltsam genug: Celia war unter normalen Umständen die letzte Frau, die Unterstützung benötigte, und die letzte Frau, um die man sich Sorgen machen musste. Doch jetzt verspürte er das Bedürfnis, sie zu beschützen. „Natürlich werde ich mich mit deinem Vater unterhalten.“
Sie hielt inne und blickte zu ihm auf. „Wirklich?“
„Ja.“
„Was willst du als Gegenleistung?“
„Nichts.“
Skeptisch zog sie eine Augenbraue nach oben und verwandelte sich wieder in die Celia, die Marcus kannte. „Bist du sicher?“
„Ganz sicher.“
„Dann danke ich dir“, sagte sie langsam. Marcus fand diese Worte bereits Gegenleistung genug.
„Keine Ursache.“
„Celia!“ Marcus hörte Jim Forrester durch den Garten schreien und sah seine Tochter zusammenzucken.
Doch bemerkenswert schnell erholte sie sich von dem ersten Schock, atmete noch einmal tief durch und ließ sich dann von ihrem Vater auf die linke Wange küssen.
„Dad, du erinnerst dich doch bestimmt an Marcus Black?“, sagte sie, bevor sie einen Schritt zurücktrat, um Marcus das Gespräch mit ihrem Vater zu überlassen.
„Natürlich“, sagte Jim überschwänglich und schenkte Marcus ein Lächeln, das er wahrscheinlich selbst für charmant hielt. Auf jeden anderen jedoch konnte es nur schmierig und großspurig wirken. „Wie geht es Ihnen?“
„Gut, danke“, erwiderte Marcus höflich und schüttelte Jims Hand.
„Und Ihnen?“
„Fabelhaft. Tolle Rede übrigens.“
„Danke.“
„Und wie verläuft Ihre berufliche Karriere?“
„Ruhig.“
Jims Augenbrauen schossen nach oben. „Ich dachte, es liefe alles bestens? Was ist passiert? Harte Zeiten?“
Marcus lächelte, als er an seine Unterschrift auf den Verträgen dachte, die ihn vor Kurzem aus seinem Börsenunternehmen befreit hatten. Er hatte seiner Firma in den vergangenen Jahren einfach zu viel Zeit und Energie gewidmet.
„Oh nein, sie könnten nicht besser sein.“
„Marcus hat sein Unternehmen verkauft, Dad“, erklärte Celia.
„Ach ja? Warum?“
„Es war kein Nervenkitzel mehr, den Markt zu beherrschen“, sagte Marcus und erinnerte sich an den Tag, als er in seinem Büro saß, stundenlang auf den Bildschirm mit Börseninformationen starrte und zum ersten Mal spürte, dass ihn dieses Spiel nicht mehr interessierte. „Ich brauchte ein wenig Veränderung.“
„Hattest du ein Burn-out?“, fragte Celia überrascht. Sie hätte nie für möglich gehalten, dass er dazu in der Lage war, so viel zu arbeiten, dass er seiner Gesundheit schaden könnte.
„Nein“, sagte er schnell. „Ich habe mich aus dem Geschäft zurückgezogen, bevor es so weit kam.“
„Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?“, fragte Jim.
„Ich habe einige Dinge vor. Ein paar stille Investitionen. Ein bisschen Starthilfe für andere Unternehmen. Außerdem will ich Jugendliche in schwierigen Verhältnissen fördern, die talentiert sind, aber sonst durchs System rutschen würden.“
Als er die Überraschung in Celias Gesicht sah, überkam ihn ein Anflug von Zufriedenheit. Es ist wirklich wahr, Süße, dachte er trocken. Ich feiere nicht bis zum Morgengrauen mit spärlich bekleideten Frauen. Zumindest nicht jede Nacht.
„Sie sind also ein echter Wohltäter“, sagte Jim und nickte anerkennend. „Nicht schlecht, mein Junge.“
Doch darum ging es Marcus nicht. Es war nur so, dass er als Teenager ebenfalls durchs System gerutscht war. Man hatte ihm damals eine zweite Chance gegeben, und er wollte das Gleiche für andere tun. „Mir wurde selbst vor fünfzehn Jahren geholfen“, sagte er mit einem leichten Achselzucken. „Und jetzt kann ich etwas davon zurückgeben.“
„Lassen Sie mich wissen, wenn ich Sie in irgendeiner Weise unterstützen kann.“
Jim hatte eine Anwaltskanzlei, die auf Scheidungsrecht spezialisiert war, was den Sinn seines Angebotes recht fragwürdig machte. Aber man wusste ja nie. „Das werde ich, danke.“
„Dad? Ich werde wahrscheinlich in die Sozietät meiner Kanzlei aufgenommen“, sagte Celia plötzlich, und Marcus hörte Herausforderung und Stolz in ihrer Stimme.
„Ach ja?“, fragte ihr Vater und klang dabei, als ob ihn nichts weniger interessierte als die Worte seiner Tochter.
„In ein paar Monaten findet die Wahl der neuen Sozietätspartner statt.“
„Das ist alles schön und gut“, erwiderte Jim abschätzig, „aber solltest du nicht lieber darüber nachdenken, eine Familie zu gründen?“
Marcus fühlte, wie Celia an seiner Seite erstarrte. Er vermutete stark, dass diese Diskussion mit ihrem Vater hier nicht zum ersten Mal stattfand.
„Ich mag meinen Job, Dad“, sagte sie mit einem Seufzer.
Jim stieß ein höhnisches Schnauben aus. „Job? Ha. Was für eine Zeitverschwendung. Du bist Anwältin für Firmenrecht. Davon gibt es in London mehr als genug. Du solltest lieber heiraten. Dich um ein Zuhause und eine Familie kümmern – wie es Frauen eben tun. Ein paar Kinder würden dir sicher nicht schaden.“
Marcus war bewusst, dass sich dieses Gespräch in eine gefährliche Richtung bewegte. Er erinnerte sich daran, dass Dan im Laufe der Jahre immer wieder erwähnt hatte, wie wenig Interesse ihr beider Vater an Celias überdurchschnittlicher Intelligenz gezeigt hatte. Während er Dans Talente auf einer Privatschule fördern ließ, hatte er Celia auf eine miese staatliche Schule geschickt, in der sie jahrelang gehänselt worden war.
Es war offensichtlich, dass Jim weder die Entscheidungen seiner Tochter respektierte noch ihre Erfolge achtete. Und auch wenn Marcus den Eindruck hatte, dass Jim generell keinen Respekt vor Frauen hatte, schien er mit seiner Tochter besonders hart ins Gericht zu gehen.
„Oh sicher, eines Tages bestimmt“, sagte sie, während sie die Schultern straffte und zu ihrem Vater aufblickte, „aber dafür ist noch viel Zeit.“
„Nicht unbedingt“, entgegnete Jim brutal. „Du bist einunddreißig und hast seit Jahren keinen festen Freund gehabt.“
Celia zuckte zusammen, doch sie hielt dem Blick ihres Vaters stand. „Autsch. Vielen Dank für deine Feinfühligkeit, Dad.“
„Wie willst du überhaupt jemanden kennenlernen, wenn du nur für deine Arbeit lebst? Du bist viel zu ehrgeizig.“
„Wenn ich zu ehrgeizig bin, dann ist das deine Schuld“, murmelte sie kaum hörbar. Doch bevor Marcus entschlüsseln konnte, was sie damit meinte, drehte Jim sich plötzlich um und fixierte ihn mit einem interessierten Blick, der Marcus überhaupt nicht gefiel.
„Was ist mit Ihnen, Junge? Sind Sie verheiratet?“
Marcus atmete tief durch. Aus irgendeinem Grund hatte er den Eindruck, dass dies hier nicht nur eine höfliche Erkundigung über seinen Familienstand war. „Nein.“
„Freundin?“
„Im Moment nicht.“
„Dann könnten Sie meine Tochter doch auf den rechten Weg bringen“, schlug Jim vor, der Celias Anwesenheit überhaupt nicht mehr zu bemerken schien.
„Dad!“ Sie schnappte vor Entsetzen nach Luft.
Auch Marcus konnte es nicht fassen. „Was?“, brachte er hervor und konnte kaum glauben, dass dieser Mann ihm hier gerade seine Tochter anbot, als wäre sie eine Ware kurz vor dem Verfallsdatum.
„Nehmen Sie sie einfach mit“, sagte Jim mit dem Feingefühl eines Stiers in der Arena. „Teilen Sie etwas Romantik mit ihr. Sie haben den Ruf, dass Sie ganz gut darin sind, und jetzt, wo Sie Ihr Unternehmen verkauft haben und sich sowieso sozialen Projekten widmen, können Sie sicher auch ein wenig Zeit dafür erübrigen, der Schwester Ihres besten Freundes zu helfen.“
„Hör auf!“, stammelte Celia. Ihre Wangen waren dunkelrot, und Marcus sah, wie vollkommen gedemütigt sie sich fühlte.
Nicht, dass es ihm in diesem Moment viel besser ging. Er fühlte sich wie betäubt, aber nicht allein wegen der Unverfrorenheit von Jims Vorschlag. Was ihn noch mehr verwirrte, war das Bild, das er in diesem Moment vor seinem geistigen Auge sah: Celia und er eng umschlungen auf dem ‚rechten Weg‘, den Jim vorgeschlagen hatte. Er fühlte sich, als hätte er Fieber. Sein Puls raste, und sein Mund war vollkommen ausgetrocknet.
Alles, woran er denken konnte, war Celia in seine Arme zu ziehen und sie zu küssen, während sie sich an ihn schmiegte und ihn dann atemlos bat, mit ihm zu schlafen. Wo zur Hölle diese sehr lebendigen Bilder herkamen, wusste er nicht. Denn Celia war ganz sicher nicht daran interessiert, diesen Weg einzuschlagen. Wenn Marcus nur einen Schritt in diese Richtung wagte, müsste er wahrscheinlich mit einer schallenden Ohrfeige rechnen.
Gütiger Gott.
Marcus fuhr mit seinen Fingern die Innenseite seines Kragens entlang, der sich auf einmal seltsam eng anfühlte. Er musste seine Gedanken unter Kontrolle kriegen und sich auf das Gespräch konzentrieren. Nicht auf die Frau, die neben ihm stand. Die Frau, die ihn nicht ausstehen konnte.
„Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist“, murmelte er heiser und räusperte sich.
„Natürlich ist es keine gute Idee“, sagte Celia hitzig.
„Warum nicht?“, fragte Jim mit einem anklagenden Blick, als ob Marcus ihm gerade einen harmlosen kleinen Gefallen abschlug. „Meine Tochter lehrt Männer zwar das Fürchten, aber sie sieht nicht schlecht aus.“
„Hallo?“, sagte Celia schwach und wedelte mit der rechten Hand vor dem Gesicht ihres Vaters herum. „Ich bin hier, ist dir das bewusst?“
Marcus war es bewusst. Und wie. Nicht nur, weil Celia etwa dreißig Zentimeter von ihm entfernt stand.
Sie sah nicht schlecht aus? Das war die Untertreibung des Jahrhunderts. Sie war wunderschön. Ihre langen, gewellten blonden Haare. Ihre Augen, die die Farbe des Mittelmeers hatten. Ihre vollen rosa Lippen und ihre helle Haut. Celia war so groß und schlank wie ein Model, und Marcus’ Finger brannten vor Verlangen, sie zu berühren. Ein zartes, aber kurvenreiches, einfach hinreißendes Äußeres, das einen messerscharfen Verstand verbarg. Und einen Antrieb und Ehrgeiz, der Marcus’ eigenem gleichkam.
Und heute, in einem schulterfreien, zartrosa Kleid, goldene Sandaletten an den Füßen, Blumen im Haar und aufregend geschminkt, sah sie absolut unglaublich aus. Noch weiblicher. Und ungewöhnlich verträumt.
Letzteres war eine Seite an ihr, die Marcus erstaunlicherweise nie vorher bemerkt hatte. Oder vielleicht nur unbewusst. In dem Moment, als Celia in die Kirche gekommen war, hatte Marcus niemand anderen mehr gesehen. Es hatte ihn ein großes Maß an Selbstkontrolle gekostet, um sie nicht mit offenem Mund anzustarren und stattdessen die Dinge zu erledigen, die man als Trauzeuge tun musste.
Im Nachhinein war es ein Wunder, dass er es geschafft hatte, an Celias Seite aus der Kirche zu laufen, ohne sie kurzerhand in die Sakristei zu entführen. Er hatte trotz des festen Stoffes seines Anzugs die Berührung ihrer Finger gespürt. So intensiv, dass er glaubte, in Flammen zu stehen. Ihr Duft hatte seine Sinne verwirrt, ihre Nähe sein Blut zum Kochen gebracht. Und als er ihre Brust an seinem Unterarm gespürt hatte, hatte sich jeder seiner Gedanken in Nichts aufgelöst.
Wenn er diese Gefühle nicht mit aller Kraft geleugnet hätte, wären ihm viele Dinge in den Sinn gekommen, die in einer Kirche nicht gerade angemessen waren.
Er hatte sich immer wieder gesagt, dass er einfach übermüdet war. Denn das war die beste Erklärung für seine unpassenden Gedanken an diesem Tag.
Oder steckte doch mehr dahinter? War es möglich, dass er sich zu einer Frau hingezogen fühlte, die eindeutig nicht dasselbe für ihn empfand? Wie konnte er so schwach sein?
Es war frustrierend. War es am Ende so, dass er Celia schon immer gewollt hatte, und dass es ihn deshalb so störte, wie sie bei jedem Zusammentreffen auf ihm herumhackte? Denn egal, wie sehr sie ihm auf die Nerven ging, er fand sie interessanter als alle anderen Frauen, die er kannte. Was bedeutete, dass Dans Braut mit ihrer Analyse offenbar recht gehabt hatte. Brodelnde Chemie, schmerzhafte Anspannung und – bis vor circa einer Sekunde – eine ganze Menge Verleugnung: Das beschrieb Marcus’ Gefühlslage eigentlich sehr treffend.
„Also, was sagen Sie, mein Junge?“, fragte Jim und riss Marcus aus seinem Gedankengewirr. „Nehmen Sie die Herausforderung an?“
„Er würde dir sicher gern sagen, dass du verrückt bist, Dad“, erwiderte Celia wütend. „Und damit hätte er vollkommen recht. Ich weiß, ich bin eine Enttäuschung für dich, aber hör endlich damit auf, das allen mitzuteilen. Jetzt.“
Eigentlich wollte Marcus Celia nur sagen, dass er sie wollte. Schon immer. Dass er der lächerlichen Feindseligkeit, mit der sie ihn behandelte, absolut überdrüssig war und es ihn krankmachte, nicht zu wissen, woher ihre Abneigung überhaupt kam …
Das alles musste ein Ende haben. Er wollte Antworten, und zwar heute, noch bevor dieser Nachmittag vorüber war.
Jetzt oder nie. Nach diesem entsetzlichen Gespräch war die Gelegenheit sicher günstig.
„Hättest du Lust auf einen Drink, Celia?“, murmelte er.
„Ich hatte schon Angst, du würdest nie fragen.“
Oh Gott, dachte Celia, während sie beide Hände auf ihre brennenden Wangen drückte. Jetzt komme ich vom Regen in die Traufe . Bestimmt würde sie niemals über die Demütigungen und die Blamage dieses Nachmittags hinweg kommen. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, welches strategische Kapital Marcus aus dem katastrophalen Gespräch zwischen Celia und ihrem Vater schlagen konnte. Ohne es zu wissen, hatte Jim Forrester ihm soeben Munition für die nächsten hundert Jahre geliefert.
Celia hatte immer gewusst, dass sich ihr Vater nicht für ihre Karriere interessierte und sie am liebsten barfuß und mit einem Kind auf dem Arm an einen Herd fesseln würde. Doch er hatte seine mittelalterlichen Vorstellungen noch nie so unverblümt herausposaunt wie heute.
Was musste Marcus jetzt denken?
Celia würde es ganz sicher bald herausfinden. Denn angesichts ihres jahrelangen Kleinkriegs hielt sie es für unmöglich, dass er diese Sache auf sich beruhen ließ. Und so stand sie wohl kurz vor der völligen Vernichtung durch den Feind. Wahrscheinlich konnte er es gar nicht erwarten, zum finalen Schlag auszuholen.
Aber das war in Ordnung. Sie würde seine Sticheleien schon überleben. Das hatte sie ja immer. Und dieses Mal war sie selbst an allem schuld: Sie hatte Marcus gebeten, dem Gespräch mit ihrem Vater beizuwohnen. Sie hatte sofort zugestimmt, mit ihm etwas trinken zu gehen. Doch im Nachhinein betrachtet war es vielleicht doch die falsche Entscheidung. Sie hätte vielleicht einfach auf die nächste Toilette fliehen und dort bleiben sollen.
Als sie die Bar erreichten, atmete Celia tief durch. Sie hatte das Gefühl, dass sie sich auf einen schrecklichen Ausgang dieses Tages vorbereiten musste.
„Was hättest du gerne?“, fragte Marcus.
„Etwas Hochprozentiges“, sagte sie schwach. Was machte es schon, dass es erst fünf Uhr nachmittags war. Sie brauchte jetzt dringend eine Stärkung.
„Brandy, bitte.“
„Mit Eis?“
Verdünnt? Ha. „Nein, danke.“
Marcus gab die Bestellung an den Barkeeper weiter, und sobald Celia ihr Glas hatte, kippte sie den gesamten Inhalt in einem Zug hinunter. Sie zuckte zusammen und schüttelte den Kopf, als der Alkohol in ihrem Hals brannte. „Wow.“
Marcus betrachtete sie. Seine Augen wirkten dunkel und unergründlich, und Celia stellte ihr Glas auf die Bar, während sie sich beinahe wünschte, er würde einfach mit seinem Hohn und Spott loslegen. Ihr Magen krampfte sich zusammen, und sie fühlte sich ein bisschen schwindelig.
Obwohl – jetzt wo sie darüber nachdachte, spiegelten seine Augen nicht die hämische Freude wieder, mit der er ihr für gewöhnlich eins auswischte, und sein Gesichtsausdruck war nicht annähernd so herablassend, wie sie erwartet hatte. Irgendwie hatte sie den Eindruck, dass das Gespräch mit ihrem Vater Marcus nicht im Geringsten amüsiert hatte. Celia spürte für einen Moment die Hoffnung auf Gnade. Vielleicht würde er keinen spöttischen Angriff auf ihr erbärmliches Liebesleben starten.
Aber was sollte er dann tun? Oder sie? Es schien keine gute Idee, einfach an der Bar stehen zu bleiben und einander weiterhin anstarren. Auch wenn sie sich eingestehen musste, dass sie damit kein großes Problem hätte. Denn auch wenn dieser Mann absolut nervtötend war – eine Frau konnte sich nicht an ihm sattsehen.
Ein frecher Hitzefunken sauste durch ihre Adern, und Celia fragte sich nicht zum ersten Mal, wie es wohl wäre, wenn Marcus und sie einander nicht bis aufs Blut hassen würden. Insgeheim wünschte sie sich sogar, es wäre so, denn Marcus sah sie in diesem Moment an, als wünschte er sich, jedes Detail ihres Gesichts in sein Gedächtnis zu brennen, und jede Zelle ihres Körpers war plötzlich nur noch von dem Bedürfnis erfüllt, ihm ganz nahe zu sein. Und nach allem, was sie heute durchgemacht hatte, fiel es ihr unglaublich schwer, dagegen anzukämpfen.
„Möchtest du dich kurz hinsetzen?“ Seine Frage riss sie aus ihren Träumereien. Was war heute bloß los?
Mehr als nur ein bisschen erschrocken über ihre Unfähigkeit, ihre Gedanken und Wünsche unter Kontrolle zu behalten, schüttelte Celia den Kopf und blickte in die Ferne. Ja, sie hatte gerade eine ziemlich unangenehme Erfahrung hinter sich, aber sie war doch keine achtzig. Warum raste also ihr Herz? Warum war sie so zittrig? Und warum schienen eine Million Schmetterlinge durch ihren Magen zu wimmeln? Sie musste diese verwirrenden Gefühle unbedingt loswerden. „Ich würde lieber einen kleinen Spaziergang machen“, sagte sie hastig. Sie hielt sich am Tresen fest und zog sich die unbequemen High Heels von den Füßen.
„Ich komme mit.“
Auf gar keinen Fall. „Ich möchte lieber allein sein.“
„Und ich möchte mit dir reden.“
Celia blickte zu Marcus auf. „Worüber?“
„Das wirst du schon sehen.“
„Nein danke.“
Marcus neigte den Kopf ein wenig zur Seite und lächelte schwach. „Glaubst du nicht, du schuldest mir ein kleines Gespräch? Schließlich habe ich dich gerade vor deinem Vater gerettet.“
Gerettet? Celia fühlte sich nicht unbedingt gerettet. Doch wenn sie ganz ehrlich war, konnte Marcus vielleicht gar nichts dafür. „Ich dachte, du wolltest keine Gegenleistung.“
„Ich würde mich aber freuen.“
Celia hielt die Riemchen ihrer Schuhe zwischen Daumen und Zeigefinger und machte sich bereit zu gehen. Sie hatte zwar keine besondere Lust, Marcus eine Freude zu machen, aber vielleicht schuldete sie ihm tatsächlich etwas. Denn wenn sie darüber nachdachte, hatte sie ihm heute einige ziemlich unpassende Dinge an den Kopf geworfen. Also verdiente Marcus zumindest eine Entschuldigung, und es wäre wahrscheinlich weniger demütigend, während eines Spaziergangs zu Kreuze zu kriechen, wo sie niemand anderes hören und sehen würde.
„Okay“, sagte sie kühl. „Dann komm eben mit.“
„Hier entlang?“, fragte Marcus und zeigte in Richtung des ummauerten Kräutergartens weiter hinten im Garten. Vielleicht würde ihnen ein abgeschiedener Ort die Möglichkeit bieten, sich endlich auszusprechen.
„Okay.“
Gemeinsam liefen sie über den Rasen, und während das Geschwätz der Gäste und die Musik im Hintergrund leiser wurden, fühlte Celia ihre Verwirrung einer immer stärkeren Aufmerksamkeit für Marcus weichen. Er wirkte so ruhig, stark und unerschütterlich. Jedes Mal, wenn sein Arm versehentlich Celias streifte, fühlte sie Gänsehaut auf ihrem gesamten Körper, und Schauer liefen ihren Rücken hinab.
Sie bereute schon, dass sie ihre Schuhe ausgezogen hatte. Denn obwohl es schwierig gewesen wäre, in High Heels durch das Gras zu laufen, hätten ihr die Sandaletten ein paar Zentimeter an Größe verschafft. Sie war zwar größer als viele andere Frauen, doch trotzdem fühlte sich Celia an Marcus’ Seite irgendwie klein. Und somit auch ein wenig verletzlich. Was lächerlich war, denn sie war wirklich die am wenigsten verletzlichste Person, die sie selbst kannte. Vielleicht war das Ganze gerade deshalb so beunruhigend.
Sie versuchte, sich ein wenig abzulenken, indem sie über ihre geplante Entschuldigung nachdachte, um an diesem seltsamen Tag wenigstens ein bisschen Würde zu bewahren. Doch es nützte nichts. Sie konnte sich auf nichts konzentrieren, außer auf den Mann, der neben ihr lief. Etwas an ihm war seit dem Gespräch mit ihrem Vater anders. Er schien ungewöhnlich nachdenklich. Kontrolliert. Und das machte die Situation noch viel gefährlicher …
Denn mit jedem Schritt, mit dem sie sich von der Hochzeitsgesellschaft entfernten, wünschte Celia sich mehr, sich einfach in Marcus Arme werfen zu können.
„Du kannst dich jetzt entspannen“, murmelte er, und schenkte ihr ein kurzes Lächeln, das die Schmetterlinge in ihrem Magen erneut aufschwirren ließ und Celia nur noch mehr verunsicherte.
Unfähig, die Situation unter Kontrolle zu halten, griff sie zum einzigen Mittel, das sie in Marcus Gegenwart zu schützen vermochte: Sie warf ihm einen absolut vernichtenden Blick zu.
„Dein Vater findet dich hier sicher nicht.“
Celia hielt inne. Sie stemmte beide Hände auf ihre Hüften und funkelte ihn wütend an, als die Anspannung und Verwirrung des Tages in ihr aufbrandete. „Um Himmels willen, Marcus! Hör auf, nett zu sein, und bring es einfach hinter dich.“
„Wie bitte?“ Er blieb stehen und blickte Celia erschrocken an.