Hommage an Meister Peter Deunov - Omraam Mikhaël Aïvanhov - E-Book

Hommage an Meister Peter Deunov E-Book

Omraam Mikhaël Aïvanhov

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Beschreibung

Meister Omraam Mikhael Aivanhov (1900-1986) begegnete im Jahr 1917 in Varna (Bulgarien) dem Meister Peter Deunov, dessen Lehre für ihn bald ein weites Feld für Forschungen und Erfahrungen wurde. Im Jahre 1937, als Meister Peter Deunov die politischen Umwälzungen voraussah, die sein Land erfassen und seine Schule der Universellen Weißen Bruderschaft, die er gegründet hatte, gefährden würden, beauftragte er ihn, Bulgarien zu verlassen und nach Frankreich zu gehen, um dort sein Werk weiter zu führen. 'Das Bemerkenswerteste bei Meister Peter Deunov, das was ihn zu einem ganz besonderen Menschen machte, das war das spirituelle Leben, das von ihm ausging, und das uns, Lichtstrahlen gleich, durchdrang. Denn die Strahlung, die ein Mensch durch ein intensives, spirituelles Leben erzeugt, ist etwas Lebendiges, eine von sehr reinen Wesen bewohnte Welt, die alle, die sich ihr nähern, erfüllt und auf sie einwirkt. Viele meinen, das Wesentliche eines Meisters sei das Wort, die Weisheit, die er vermittelt, und wenn er nichts sagt, so würden sie nichts lernen. Aber das ist ein Irrtum: Selbst wenn er nicht spricht, vermittelt euch die Strahlung, die von ihm ausgeht, etwas von seinem Licht und seiner Kraft. Das habe ich beim Meister begriffen. Das Wichtigste, das war nicht die Lehre, die er uns durch das Wort vermittelte. Das Wichtigste, das war die intensive Schwingung seines Geistes, die uns erfüllte.' Omraam Mikhael Aivanhov

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Über den Autor

Omraam Mikhaël Aïvanhov war ein großer spiritueller Meister, ein lebendiges Vorbild, ein »Überbringer des Lichts« und ein warmherziger, humorvoller Lehrer, der durch sein selbstloses, zugängliches und brüderliches Verhalten überzeugte.

Er strebte an, alle Menschen bei ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten – so wie ein Bergführer seine Kameraden sicher bis auf den höchsten Gipfel führt.

Das Gedankengut, das Omraam Mikhaël Aïvanhov verbreitet hat, bietet zahlreiche Methoden und einen klaren, begehbaren Weg zu größerer Vollkommenheit und mehr Lebensglück.

In wohltuend einfacher Sprache erklärt er alle wichtigen Zusammenhänge des Lebens und ist gerade bei den Fragen unserer heutigen Zeit wegweisend. Ob es um die Bewältigung des Alltags geht, um das Thema der Liebe und Sexualität oder um tiefgründige philosophische Themen – stets sind seine Antworten überraschend klar und hilfreich.

Omraam Mikhaël Aïvanhov begegnete 1917 in Varna, Bulgarien dem Meister Peter Deunov, dessen Lehre für ihn ein weites Feld der Entdeckungen und Erfahrungen wurde. 1937 sah Meister Peter Deunov die politischen Umwälzungen voraus, die auf sein Land zukommen und seine Schule in Gefahr bringen würden. Er bat Omraam Mikhaël Aïvanhov Bulgarien zu verlassen, um nach Frankreich zu gehen und dort sein Werk weiterzuführen.

 

Kurzbeschreibung

»Hommage an Meister Peter Deunov«Reihe Izvor – Sonderband 200

Aus dem Französischen übersetztOriginaltitel: »Hommage au Maitre Peter Deunov«ISBN 978-2-85566-519-1, Éditions Prosveta S.A.

»Das Bemerkenswerteste bei Meister Peter Deunov, das, was ihn zu einem ganz besonderen Menschen machte, das war das spirituelle Leben, das von ihm ausging und das uns wie Lichtstrahlen durchdrang. Denn die Strahlung, die ein Mensch durch ein intensives spirituelles Leben erzeugt, ist etwas Lebendiges, eine von sehr reinen Wesen bewohnte Welt, die alle, die sich ihr nähern, erfüllt und auf sie einwirkt.

Viele meinen, das Wesentliche eines Meisters seien die Worte, die Weisheit, die er vermittelt, und wenn er nichts sagt, so würden sie nichts lernen. Nun, das ist ein Irrtum. Selbst wenn er nicht spricht, vermittelt er euch die Strahlung, die von ihm ausgeht, etwas von seinem Licht und seiner Kraft. Das habe ich beim Meister begriffen. Das Wichtigste, das war nicht die Lehre, die er uns durch das Wort vermittelte. Das Wichtigste, das war die intensive Schwingung seines Geistes, die uns erfüllte.«

 

Omraam Mikhaël Aïvanhov

 

 

 

Da Omraam Mikhaël Aïvanhov seine Lehre ausschließlich mündlich überlieferte, wurden seine Bücher aus stenographischen Mitschriften, Tonband- und Videoaufnahmen seiner frei gehaltenen Vorträge erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Kurzbeschreibung

Inhaltsverzeichnis

Biografische Anmerkung

Landkarte Bulgarien

Hommage

Vom selben Autor – Reihe Gesamtwerke

Vom selben Autor – Reihe Izvor

Vom selben Autor – Reihe Broschüren

Vom selben Autor – Biografien, Bildbände, Übungsbücher

Copyright

Biografische Anmerkung

Peter Deunov12. Juli 1864 - 27. Dezember 1944

1888: Studium der Theologie und Medizin in der Universitätsstadt Madison (Wisconsin), USA

1895: Rückkehr nach Bulgarien

1900: Erste Schüler

1922: Eröffnung der Schule, die bis 1944 bestand

Verwendete Bilder im Buch:

1. Landkarte Bulgariens

2. Portrait von Peter Deunov

3. Peter Deunov Geige spielend

4. Peter Deunov mit Schülern im Rila-Gebirge

5. Portrait von Peter Deunov

6. Peter Deunov meditierend im Rila-Gebirge

7. Die Paneurythmie am Ufer des Sees Bealder Darou

8. Die Quelle von Rila. Das Wasser tritt am Fuße eines Felsens zu Tage, der die Form eines Schiffsbugs hat. Rechts davon erkennt man die Inschrift, die am Schluss des Buches erwähnt wird.

Landkarte Bulgarien

 

 

 

 

Hommage

»Ein Meister ist wie ein Vogel, der zu euch kommt und für euch singt, um euch auf den Weg zum verwunschenen Schloss zu führen. An dem Tag, an dem ihr keine Gefahr mehr lauft, euch zu verirren, kann euch der Vogel verlassen, er fliegt davon.«Omraam Mikhaël Aïvanhov

Wenn ich euch erzählen würde, wie groß meine Freude und wie beglückt ich an dem Tag war, als ich dem Meister begegnete, ihr würdet es mir nicht glauben! Damals war ich sehr arm und besaß nichts weiter als ein Bett, eine Geige und einige Bücher. Wochenlang verbrachte ich meine Zeit in den Bergen mit Lesen und Meditieren und von Zeit zu Zeit ging ich ein wenig arbeiten, um mir einige Groschen zu verdienen. Und hättet ihr die Schuhe und die Kleider gesehen, die ich trug! Aber ich war glücklich, denn ich fühlte mich reich, sagenhaft reich; reich, weil ich wusste, dass es meinen Meister gab. Ich hatte das Gefühl, dass mein Kopf und mein Herz alle Schätze des Universums enthielten. Einen Meister zu haben, begreift ihr das! Ich wusste, dass ich durch ihn Himmel und Erde besitzen würde, dass ich die mir kostbarsten Wünsche verwirklichen würde.

Es gibt leider nur sehr wenige Menschen, die ein Gespür dafür haben, was ein Meister für die Ausrichtung ihres Schicksals bedeuten kann, ein Gespür dafür, was seine Gegenwart in ihrem Leben alles in Ordnung bringen, verbessern und harmonisieren kann. Einen Meister zu haben, bedeutet ihnen nichts, denn sie wissen, durch ihn wird es mit ihrer Ruhe vorbei sein. Der Meister wird ihnen ihre Mängel aufzeigen und die Gefahren der Wege, die sie oft einschlagen; dann fühlen sie sich natürlich ein wenig gebremst und genau das wollen sie nicht. Und das ist schade, weil sie mit dieser Einstellung geradewegs auf größere Leiden und Beschränkungen zusteuern, als sie zu erdulden hätten, wenn sie auf die Ratschläge eines Meisters hören würden. Ich allerdings, ich habe seit meiner frühesten Jugend gespürt, dass ich einen Meister brauchte, und gerade das hat mich gerettet.

Als ich dem Meister Peter Deunov begegnete, war ich siebzehn Jahre alt und wohnte in Varna am Schwarzen Meer. Und dass ich ihn gerade zu dieser Zeit getroffen habe, lag daran, dass infolge allerlei Intrigen der Klerus der orthodoxen Kirche bei der Regierung erwirkt hatte, dass er Sofia, wo er sich niedergelassen hatte, verlassen musste. Er wurde in die Stadt Varna ins Exil geschickt, in deren Nähe er übrigens geboren war und wo er lange Zeit gewohnt hatte.

Der Meister war der Sohn eines Popen der bulgarischen orthodoxen Kirche. Sein Vater wünschte natürlich, dass er den gleichen Weg einschlüge und auch Pope würde. Aber das hat der Meister abgelehnt. Er kannte zu gut dieses Milieu des Klerus, seine Mentalität, und er wusste, was in ihnen vorging, und davon war er nicht sonderlich begeistert. Er hätte ebenso gut Pastor werden können, denn schon in seiner Jugendzeit hatte er eine protestantische Schule in Bulgarien besucht und danach sein Theologiestudium – sowie ein Medizinstudium – in den Vereinigten Staaten weitergeführt. Obwohl man bei seiner Rückkehr erwartete, dass er ein Amt in der evangelischen Kirche annehmen würde, wies er auch dies zurück. Er spürte, dass er eine andere Berufung hatte.

Als er dann anfing, Vorträge zu halten und einige Schüler um sich zu scharen, stellte sich der Klerus der orthodoxen Kirche dem Meister unverzüglich in den Weg. Warum? Oh, das ist ganz einfach! Zu allen Zeiten und in allen Religionen war der Klerus stets der Ansicht, dass außerhalb der etablierten Kirchen nichts Gutes entstehen könne. Meinetwegen, wenn die Kirchen ihre Aufgabe ordentlich erfüllen würden, hätte man ihnen nichts vorzuwerfen; aber oft machen sie nichts weiter, als die Gläubigen in engen und beschränkten Lebensauffassungen festzuhalten. Denn was verlangt man schließlich von ihnen? Sie sollen glauben, regelmäßig zum Gottesdienst kommen, einige Gebete hersagen, fromme Lieder singen und Moralpredigten anhören, das ist alles! Wie kann die Kirche glauben, dies genüge, um die Menschen umzuwandeln und Gott näher zu bringen? Aber will man sie wirklich umwandeln und Gott näher bringen? Und wie viele gibt es sogar in der Priesterschaft, die tatsächlich ein beispielhaftes Leben führen, in wahrer Übereinstimmung mit den heiligsten Prinzipien ihrer Religion?

Nach und nach wurden die Person und die Aktivitäten des Meisters zu einem richtigen lebendigen Vorwurf für die Bischöfe. Er schien ihnen zu sagen: »Wie weit seid ihr doch entfernt von den Wahrheiten des Evangeliums! Wie sehr unterscheidet sich euer Leben von dem, was Jesus gelehrt hat! Ihr müsst euch korrigieren.« Aber anstatt dies zu akzeptieren, beschuldigten sie den Meister, ein Häretiker zu sein, ein falscher Prophet. Hätte er ein völlig mittelmäßiges Leben geführt, dann hätten sie ihn in Ruhe gelassen, er aber wollte auf den Spuren Christi wandeln und so haben sie ihn verfolgt. Nach einiger Zeit haben sich die Bischöfe mit einigen Regierungsmitgliedern zusammengetan, um ihn ins Exil zu schicken. Dieser Schritt der Bischöfe war ein Beweis ihrer Schwäche. Der Meister wurde aufgefordert, Sofia zu verlassen. Er blieb friedlich und begab sich mit einigen Schülern nach Varna. Das war im Jahre 1917.

Zu dieser Zeit bewohnte ich ein Haus, das meinen Eltern gehörte und das sich, ohne dass ich es wusste, nur einige Schritte weit von dem entfernt befand, wo der Meister früher gewohnt hatte, bevor er nach Sofia gegangen war. Ich erinnere mich noch gut daran, das war wirklich die außergewöhnlichste Straße der Stadt auf Grund ihrer starken Abschüssigkeit. Jeden Morgen, wenn ich zur Schule ging, musste ich diesen steilen Weg hinaufgehen, und im Winter war schon große Vorsicht geboten, denn das Eis verwandelte ihn manchmal in eine wahre Rutschbahn. In dieser Straße, die zudem sehr lang war, befand sich die Kirche, in welcher der Vater des Meisters das Amt des Popen innegehabt hatte; so war er in ein Nachbarhaus gezogen, und der Meister hatte dort mehrere Jahre lang gewohnt.

Das Exil des Meisters in Varna wurde für mich zu einem glücklichen Ereignis. Durch diesen Umstand habe ich ihn kennen gelernt, und mein Leben bekam seine endgültige Ausrichtung.

Schon beim ersten Anblick war ich wie geblendet. Sein Gesicht, seine Ausstrahlung, der Frieden, der von ihm ausging, der feierliche Ernst seines Auftretens, die Anmut seiner Gesten, sein Gang, seine Art zu sprechen, sein Blick, sein Lächeln, alles entstammte einer anderen Welt. Sein ganzes Wesen ließ die lange Arbeit der Eingeweihten und der Meister spüren, eine Arbeit voller Geduld, voller Beharrlichkeit, voller Edelmut und Selbstlosigkeit. Eine durch ihre Tiefe, ihren Reichtum und ihre Schönheit unermessliche Welt, das war es, was der Meister mitbrachte.

 

 

 

Was mich dann weiterhin noch sehr beim Meister beeindruckte, das war seine Würde. Aber es dürfte euch schwer fallen zu begreifen, was ich damit meine, denn für viele ist die Würde kein klarer Begriff, sie neigen dazu, sie mit Stolz oder Hochmut zu verwechseln. Die Würde des Meisters, das war sein Bewusstsein der Schätze, die Gott in ihn gelegt hatte, und der Wille, diese unversehrt zu bewahren. Ja, wahre Würde besteht in der Achtung all dessen, was Gott uns gegeben hat, zunächst einmal für unseren physischen Körper, aber auch für unser Herz, unseren Intellekt, unsere Seele und unseren Geist. Wie oft habe ich bemerkt, wie der Meister sich gegen jegliche körperliche oder seelische Beschmutzung abschirmte. Man spürte, dass er beständig darauf achtete, seine inneren Reichtümer zu erhalten, um sie eines Tages dem Schöpfer in noch größerer Fülle und größerem Glanz zurückgeben zu können.

Und diese Würde, diese Selbstachtung wollte er auch seinen Schülern vermitteln, indem er ihnen bewusst machte, dass sie Tempel, Heiligtümer des Ewigen sind, wo nur reine Nahrung, reine Gedanken, reine Worte und reine Empfindungen hinein- und herausdürfen. Alle diejenigen, die nicht darauf aufpassen, was in sie hineingelangt oder aus ihnen herauskommt, die sich hinreißen lassen, um irgendetwas zu machen, sich mit irgendetwas zu beschäftigen, ganz gleich, was zu sagen oder zu denken, die können sich ihrer wahren Menschenwürde nicht bewusst werden.

Was ich euch nun erzählen werde, hat sich in Varna zugetragen, in der Anfangszeit meiner Bekanntschaft mit dem Meister, als ich ihm einen Besuch abstattete. Es war während des Balkankrieges. An jenem Abend hatten wir viel miteinander gesprochen, und ich war recht spät dran. Die Zeit der nächtlichen Ausgangssperre war längst erreicht. An einer Straßenecke lief ich plötzlich zwei berittenen Wachleuten in die Arme, die mich aufhielten und fragten: »Wohin wollen Sie denn noch so spät?« – »Ich geh’ nach Hause.« – »So, so, dann kommen Sie erst mal mit.« Ich musste mitgehen. Dabei dachte ich an den Meister und war so glücklich über unsere Unterhaltung, dass es mir völlig gleich war, ob ich die Nacht im Gefängnis verbringen würde... Auf einmal, ganz ohne Grund, änderten die Wachleute ihr Verhalten und sagten: »Gut, gehen Sie zu! Gehen Sie nach Hause. Wir begleiten Sie noch ein Stück, damit Sie nicht von der nächsten Wache angehalten werden; aber lassen Sie sich nicht einfallen, wieder um diese Uhrzeit auf die Straße zu gehen.« Ich war sehr froh über ihr Einlenken, und am folgenden Tag hatte ich den Zwischenfall bereits vergessen.

Einige Tage darauf ging ich wieder zum Meister. Er empfing mich lächelnd und meinte: »Wie ist es ausgegangen neulich abends? Die Wachleute waren freundlich, nicht wahr?« – »Was, Sie wissen, was passiert ist, Meister? Was haben Sie gemacht?« – »Ich habe den Wachleuten gesagt: Lasst ihn in Frieden heimgehen, er ist ein guter Schüler.« Nach diesem Zwischenfall habe ich begriffen, wie sehr es für den Meister, der hellsehen konnte, ein Leichtes war, so im Unsichtbaren zu sprechen. Alle, die sich hinsichtlich der Realität der Gedanken Fragen stellen, ob diese sich wohl frei im Raum bewegen können und ob das menschliche Gehirn sie auffangen kann, werden über diese Tatsachen nachdenken. Der Meister hatte den Wachleuten gesagt: »Das ist ein guter Schüler, lasst ihn«, und ihre Seelen waren gehorsam, denn der Aufruf eines Meisters ist ein Befehl.

Manchmal, wenn wir miteinander sprachen, betrachtete der Meister den Himmel und beobachtete die von den Wolken gebildeten Figuren. »Mikhaël«, sagte er zu mir, »heute Nachmittag werden drei Leute aus Sofia zu mir kommen.« – »Woran sehen Sie das, Meister?« – »Die Wolken kündigen es mir an«, antwortete er, »sie benachrichtigen mich.« In welcher Sprache sie das taten, das weiß ich nicht, aber durch den Meister habe ich viel zu diesem Thema gelernt. Er hat mir auch erklärt, dass die Wolken, die man über einer Stadt sieht, die Gesinnung ihrer Bewohner erkennen lassen.

Zu einer bestimmten Zeit wohnte ich mit einem meiner Freunde zusammen. Als ich eines Tages nach Hause kam, sagte mir mein Freund, dass ein Dieb bei uns eingedrungen war und etliche Sachen hatte mitgehen lassen, unter anderem einen Radioapparat und eine Uhr, die mir gehörten. Ich hatte den Meister sagen hören, dass uns oft deshalb Diebe Dinge entwenden, weil sie uns aus irgendwelchen Gründen nicht wirklich gehören. So antwortete ich meinem Freund: »Wenn das wirklich unsere Sachen sind, dann werden wir sie zurückbekommen; wenn wir sie nicht zurückbekommen, dann gehören sie uns nicht, wir brauchen uns also nicht zu beklagen.« Mein Freund war sehr intelligent, aber vor allem auch sehr praktisch veranlagt. Er fand meine Scherze ein wenig fehl am Platze und zog es vor, bei der Polizei Anzeige zu erstatten, wobei er seinen und meinen Namen angab.

Zwei Tage später wurde ich ins Kommissariat vorgeladen. Ich ging hin, und als der Kommissar mich sah, sagte er: »Sie sind ein Schüler von Herrn Deunov, nicht wahr?« – »Ja, woher wissen Sie das?« – »Das sehe ich Ihrem Gesicht an.« – »Sie kennen also den Meister?« – »Ja, ich kenne ihn und ich werde Ihnen erzählen woher.« Und er begann, wobei er den Dieb völlig vergaß: »Welch ein Glück für Sie, einen solchen Meister zu haben! Warum ich das denke? Also, während des Krieges war ich an der mazedonischen Front. Mein Vater war damals Gouverneur von Varna. Zu der Zeit war es äußerst schwierig, Briefe zur Front zu schicken oder von dort zu erhalten, und mein Vater, der ohne Nachricht von mir war, machte sich Sorgen. Als er erfuhr, dass Ihr Meister sich in Varna aufhielt, ging er zu ihm mit der Frage, ob er ihm sagen könne, wo ich mich befand. Der Meister schloss einen Moment lang die Augen, um mich zu suchen und antwortete dann: »In diesem Augenblick befindet sich Ihr Sohn mit Kameraden in einem Wald; sie verstecken sich, weil Flugzeuge das Gehölz überfliegen und Bomben abwerfen, und sie haben Angst, weil dieser Platz sehr den Angriffen ausgesetzt ist. Wasser fließt auch in ihrer Nähe. Jetzt fällt eine Bombe dort, wo sie sich versteckt halten... Ihr Sohn ist verwundet, aber nicht tödlich getroffen. Seien Sie ohne Sorge, er wird gerettet werden. Ich kann Ihnen versichern, dass er nicht sterben und bald nach Varna zurückkehren wird. Holen Sie ihn an folgendem Datum vom Bahnhof ab (der Meister gab Tag und Stunde genau an), er wird an dem Tag ankommen und einen Fisch mitbringen.« Mein Vater war tief gerührt und ging beruhigt heim. An dem Tag, den der Meister angegeben hatte, erwartete er mich mit Freunden am Bahnhof und sah mich zu seiner großen Freude ankommen – mit einem Fisch!