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Vor rund einen Jahr gab es die große Offenbarung, die beinah jeden Menschen das Fürchten gelehrt hatte. Wandler gab es und wird es auch immer geben. Aus dem Krieg ist der brummige Eisbär zwar zurück, doch hat noch lange mit seinen inneren Dämonen zu kämpfen. Auch wenn er nicht mehr unter Beschuss steht, muss er nun mit den Folgen zurechtkommen. Daher wundert es Ace, dass sein Eisbär sich sofort in die dunkelhaarige Schönheit verliebt und einfach nicht mehr von ihr ablassen kann. Doch da gibt es ein großes Problem. Gwen ist verheiratet und steckt in ihrer Ehe mit ihren narzisstischen Ehemann fest. Als sie eines Tages einen mürrischen Eisbären begegnet, von den sie sich lieber fernhalten sollte, veränderte sich ihr ganzes Leben. Und aus irgendeinen ihr unbestimmten Grund, kommt sie von dem weißhaarigen Riesen einfach nicht mehr los. Es stellt sich ihr also die Frage, will sie ihn den überhaupt wieder loswerden?
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Epilog
Impressum
Mit eiligen Schritten lief Gwen über den Zebrastreifen und hielt ihre Handtasche fest an sich gedrückt. Heute waren viele Menschen in der Stadt unterwegs, da musste man regelrecht aufpassen, niemanden anzurempeln. Leise seufzte sie. Ein Auto hatte es bedeutend eilig und fuhr nur knapp, nachdem sie auf dem sicheren Bürgersteig angekommen war, hinter ihr entlang. Da hatte sie wirklich Glück gehabt, dachte Gwen etwas miesgelaunt. Es war zwar ein heiterer Montag, doch es waren Ferien und somit waren viele Menschen in der Stadt unterwegs, die eigentlich hätten auf Arbeit sein müssen. Dennoch konnten die Menschen doch etwas mehr aufpassen. Mit eiligen Schritten lief Gwen zu dem großen Einkaufszentrum rein. Die aufgewärmte, schwüle Luft blieb binnen Sekunden draußen und Kühle empfing sie. Es war zwar schon Anfang Oktober und die Blätter färbten sich nach und nach orangener bis braun, doch dies ließ die Sonne nicht geringer ihren Dienst antreten.
Die kühle Prise der Klimaanlage war also regelrecht wohltuend auf ihrer Haut. Etwas entspannter lief sie den langen Gang entlang. Etliche Geschäfte boten sich ihr, doch alle ignorierte sie. Schließlich war ihr erstes Ziel der kleine Bäcker, an der hintersten Ecke des Einkaufszentrums. Gwen bräuchte dringend frisches Brot, und da es schon spät am Nachmittag war, durfte sie sich nicht allzu viel Zeit lassen. Ansonsten würde sie nur noch die letzten Reste bekommen, darauf hatte sie wirklich keine Lust. Bereits heute Morgen musste sie das alte Brot, welches sie Samstag besorgt hatte und demnach wirklich nicht mehr frisch war, mit auf Arbeit nehmen. Daher ließ sie es sich nicht nehmen, heute extra frisches Brot zu besorgen. Doch heute würde sie nur ein kleines Nehmen, schließlich war sie allein zuhause und wollte nicht die Hälfte wieder wegschmeißen. Stephano würde sie lünchen, wenn er herausfinden würde, dass sie sein Geld zum Fenster rausschmeißen würde. Hah, wie sich das anhörte. Sein Geld… doch Gwen ignorierte diesen aufkommenden Gedanken und drängte sich weiter zwischen den ganzen Kunden durch.
Am Bäcker angekommen, scannte sie zugleich das große Regal und entdeckte noch drei große Brote, die sie interessieren könnten. Glück im Unglück dachte sie siegessicher. Wenn nicht die ältere Dame vor ihr, die drei großen Brote kaufte, hatte sie das Glück morgen mit frischen Brot auf Arbeit gehen zu dürfen. Auch wenn die großen viel zu viel für sie waren, dennoch wusste sie es zu schätzen.
Wenige Minuten wartete sie artig, die Kassieren tat ihr schon etwas leid. Die Hitze des Ofens trug nicht gerade für ein angenehmes Arbeitsklima bei und zudem hatte sie alle Hand zu tun. Doch schnell hatte sie die ältere Dame abgefertigt und wollte sich gerade Gwen zuwenden. Als sich auf einmal ein großer Schatten neben ihr aufbaute.
„Ein Kaffee, schwarz. Zum Mittnehmen.“ forderte eine männliche und raue Stimme neben ihr. Überrascht blickte sie drein, als sich der Riese einfach vor sie stellte und seine Bestellung aufgab.
„Wie unhöflich. Einfach vordrängeln…“ murmelte Gwen in ihr nicht vorhanden Bart. Die Kassieren machte natürlich gleich das, was der Mann vor ihr verlangte. Unser den Ängstlichen Blicke ihrer Kollegin. Erst als der Mann sich verwirrt zu Gwen umdrehte, seine schwarzen Sonnenbrille abnahm und zur ihr runter blickte, verstand sie ihre Angst. Vor ihr stand eine große Raubkatze, wie sie im Buche stand. Und der Mann sah noch furchteinflößender aus, als er sie im Schatten eines Cowboyhuts anstarrte. Mit seinen blauen Augen durchbohrte er Gwen, so als wollten Blicke töten.
Seit vor gut einen Jahr die Regierung preisgegeben hat, dass es sowas wie Wandler gab, war die ganze Bevölkerung in heller Alarmbereitschaft. Keiner wusste so recht, warum sie sich nun bekannt gegeben hatten. Doch alle hatten sie nur den einen Gedanken, Angst. Diese Wandler waren keine normalen Menschen, sie waren gefährlich. Daher hatten sie Angst und Panik, wenn sie einen auf der Straße begegneten. Daher war die Verkäuferin auch ängstlich zusammengezuckt.
„Sorry, du bist zu klein, da hab ich dich übersehen.“ Grinste die Katze sie schelmisch an. Missgünstig blickte sie nach oben. „Oder du bist einfach nur zu groß, ist Auslegungssache“ konterte sie geschickt, dann wand sie sich wieder dem Tresen zu. Schließlich stand sein Kaffee bereits auf der Anrichte und die Verkäuferin wartete nur zu drauf, endlich kassieren zu können. Und Gwen wollte endlich ihr Brot.
„Das macht dann vier Dollar bitte“ piepste die Verkäuferin leise, doch der Wandler verstand sie gut. Eilig legte er einen Schein auf die Anrichte und nahm den Kaffee an sich. „Stimmt so“ brummte er, dann drehte er sich schwungvoll um und lief weg. Zu zwei anderen Wandler, die etwas Abseits standen. Beide waren genauso groß wie die Raubkatze, doch auf Gwen wirkten sie nicht wie Katzen. Nicht so elegant, geschmeidig und ja doch, etwas eingebildet. Seitdem Gwen über die Offenbarung Bescheid wusste, gab das Gefasel ihres alten Herren endlich Sinn. Als er von Übersee wieder kam, redete er ständig Unsinn und Albträume plagten ihn. Es hatte Monate gedauert, bis er mit der Sprache rausrückte und seine Familie hatte ihn nicht geglaubt. Bis es überall in den Nachrichten stand. Da hatte Gwen erst angefangen ihren Daddy zu verstehen und hatte sich seine Geschichten abermals angehört. So wusste sie auch zu erkennen, ob eine Katze, ein Bär oder ein Wolf vor ihr stand. Doch die beiden anderen Wandler wirkte so anders, auch wenn Gwen nur einen kurzen Blick auf sie richten konnte. Schnell vergaß sie den unhöfliche Kater mit Cowboyhut und verdrehte ihre Augen.
„Komischer Typ“ meinte sie kopfschüttelnd, die Verkäuferin stimmte ihr schüchtern zu.
„Was darf es sein?“ fragte sie schnell. „Ein Mischbrot bitte“ meinte Gwen lächelnd und versuchte wirklich den Vorfall aus ihren Kopf zu verbannen. Es hatte schließlich keinen Sinn sich über unhöfliche Wandler aufzuregen. Gwen nahm das Leben wie es kam und dies würde sie auch so weiter fortführen, auch wenn es nun mal Wandler gab.
Schnell packte ihr die Verkäuferin das Brot ein und Gwen bezahlte. Nach einer höflichen Verabschiedung trat sie den Rückweg an, doch nicht bevor sie in den Örtlichen Bücherladen besucht hatte. Es war einfach ein Muss, hier reinzugehen. Ihr blieb nichts anderes übrig. Bereits als sie den Bücherladen betrat, durchflutete sie ein angenehmer Duft des Papiers. Ein Gemisch aus frisch gedruckter Tinte und angenehmen Pergament, durchflutete ihre Sinne. Mit einem lächelnd auf den Lippen durchstöberte sie die Regale und schaute sich jedes Buch genauer an, doch nichts war anders als die letzten Male, als sie hier drin war. Bis ihr ein Buch besonders im Auge fiel. Als sie es hochnahm, grinste sie breit. Denn damit hatte sie tatsächlich absolut gar nicht gerechnet. Sacht legte sie ihre Hand auf den Einband und fuhr darüber. Als sie es außerordentlich lange bewundert hatte, ging sie zur Kasse und kaufte es sich. Schließlich hatte sie sich erst ein neues Bücherregal gekauft und es hatte noch mehr als genug Platz. Dieses würde definitiv zu ihrer Sammlung dazu kommen.
Als sie den Buchladen, mit den Buch in ihrer Hand, verlassen wollte wurde sie unsanft angerempelt. „Pass doch auf“ knurrte die Person miesgelaunt, anstatt sich zu entschuldigen. Arrogant lief der Mann weiter, als gäbe es Gwen gar nicht mehr.
„Nur Verrückte unterwegs“ murmelte sie zu sich selbst, als sie ihre Tasche richtete und erneut den Weg aus dem Buchladen bahnte. Die Leute wuselten immer noch wild umher, daher machte es einfach kein Spaß durch das Einkaufszentrum zu schlendern. Ein kurzer Blick auf ihre Uhr bestätigte ihr, dass es zudem auch Zeit war, nach Hause zu gehen. Gemütlich schlenderte Gwen die Straße entlang, doch das Gewusel, welches sie eben noch im Einkaufszentrum erlebt hatte, durchflutete nun auch die Straßen. Die Bürgersteige waren von Menschen überlagert, die sich kräftig aneinander vorbei zwängten. Ohne Rücksicht auf Verluste. Gwen entschied sich also eine Art Abkürzung zu nehmen, hier hinten in der Stadt traute sich fast keiner hin und dies aus einen bestimmten Grund. Doch da Gwen keine Angst hatte, setzte sie ihren Weg fleißig fort. Das holprige Kopfsteinpflaster unter ihren Füßen war wirklich eine Herausforderung, doch dies war zu den zig Schlaglöchern, nur das geringste Problem für Fußgänger. Da Gwen bei diesen warmen Spätsommerwetter Ballerinas trug, statt üblicherweise ihre dunklen Turnschuhe, musste sie zusätzlich noch aufpassen, keinen Schuh zu verlieren. Doch Gwen nahm dies in Kauf, um der Menschenmenge zu entkommen und in Ruhe den Weg nach Hause zu bestreiten.
Bis sie ganz plötzlich wie angewurzelt stehen blieb. Gwen traute ihren Augen kaum, als sie bemerkte, wo sie sich befand und was vor ihr stand.
Mutig genug war Gwen ja, wenn es sie nicht persönlich betraf. Ihr eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen, daran haperte es dennoch weiterhin. Aber mal ganz ehrlich, wenn man die Möglichkeit hatte mit einen waschechten Eisbären zu sprechen, würde das nicht jeder tun? Zumal es der sicherste Weg war, schließlich stand der hochgewachsene, mit muskelbepackte, weißhaarige Mann so perfekt hinter den Gittern des Innenhofes. Man hatte keine andere Wahl, als nicht an ihn vorbeizugehen. Als Gwen ihre neugierigen Blicke über das Gelände schweifen ließ, bekam sie geschickt mit, wie jegliche Kameras auf diesen gefangenen Eisbären gerichtet waren. Doch wenn er so gefährlich war, warum hatte man vergessen das Tor zu Straße zu schließen? Und vor allem, warum schaffte es Gwen ohne große Mühe, hier auf das Gelände zu gelangen?
Es war schließlich nicht irgendein willkürliches Gelände, wo sich Gwen gerade drauf begab, um einen intensiveren Blick auf diesen wunderschönen Eisbären zu ergattern. Nein, hier war die Wandler Zentrale, die dafür sorgten, dass ihresgleichen schön Artig waren. Wenn sie dies nicht waren, folgten Strafen. Harte Strafen. Diesen Fakt hatten sie damals in den Nachrichten hoch und runter laufen lassen, um die Bevölkerung zur Ruhe zu bewahren. Teilweise hatte es funktioniert, doch einige Menschen unter ihnen, kamen trotzdem nicht damit klar.
Also warum bewachten sie ihr Gelände nicht besser?
„Was guckst du so?“ grummelte der große Eisbär hinter dem Gitter. Es sah beinah aus wie ein Hundekäfig, nicht größer als der Eisbär, doch er konnte sich noch ausstrecken und vielleicht auch noch einmal im Kreis drehen. Seine kalten dunkelblauen Augen starrten sie mordlustig an, die Wut war deutlich auf seinen Gesichtszügen zu erkennen. Doch dies juckte Gwen nicht, schließlich hatte sie ihn nichts getan. Zudem war der Silberne Käfig mehr als genug, um einen Wandler von etwas abzuhalten, was er vielleicht später noch bereuen könnte. Wobei… wenn Gwen den Eisbären so genauer anblickte, würde sie glatt behaupten, dass dieser Bär kein Gewissen hegte. Vielleicht war dies auch der Grund, warum er hier drinsaß, kam der dunkelhaarigen der Gedanke. Zudem noch weit aus andere Gedanken, die ihr Angst einjagten. Daher versuchte Gwen diese Gedanken schnell wieder in die hinterste Ecke ihres Kopfes zu verbannen. Sie wollte schließlich nicht Urteilen, bevor sie die Anklage kannte.
„Darf man nicht mal gucken?“ fragte Gwen herausfordernd, dennoch mit wilden Herzklopfen. Es war schließlich das eine, sich vorzustellen sich mit einen gefangenen Eisbären zu unterhalten. Etwas Verbotenes zu tun. Doch was ganz anderes, wenn man es tatsächlich tat. Ein unangenehmes Kribbeln ging durch Gwen hindurch. Nervosität. Doch wie so oft ließ sich Gwen ihre Nervosität nicht anmerken und setzte ihre Maske auf. So schaffte sie es auch all die Jahre ihren Ehemann nicht zu unterliegen. Und nun den Eisbären.
„Nein“ bellte der Eisbär hinter Gittern zurück und funkelte Gwen böse an. Grimmig guckte er drein. Doch Gwen könnte schwören, dass sie gesehen hatte, wie etwas in seinen Augen aufgeblitzt war, als sie sich ihn gänzlich zuwandte. War er vielleicht froh über Gesellschaft? Gwen wäre es auf jeden Fall, schließlich wollte sie nicht ganz alleine, mitten auf einem Hof, in einer Zelle, bei der brütenden Oktoberhitze alleine versauern. Da wäre sie persönlich auch sehr froh, auch wenn ein Nichtsnutz wie Gwen es war, vorbeikommen würde.
„Du bist aber ganz schön grummelig“ gestand Gwen mit einen leichten Schmunzeln auf den Lippen. Sie wand kurz den Blick von den Eiskalten Dunkelblauen Augen ab und ließ ihren Blick erneut über die zig Kameras wandern. Wann das Wachpersonal wohl ihren Fehler bemerken würden und raus eilten? Sie wusste es nicht, doch konnte es schon ahnen, dass es nicht mehr lange dauern würde. Raus gerissen aus ihren Überlegungen, wurde sie als seine tiefe Stimme zum Sprechen ansetzte. „Würdest du auch sein, wenn du an meiner Stelle hier festsitzen würdest“ knurrte er ihr unweigerlich entgegen.
„Was hast du den angestellt?“
„Warum so Neugierig?“ fragte der Eisbär und lehnte sich an den silbernen Käfig. Er hielt ihn tapfer stand. „Ganz schön mutig von dir, hier herumzuschleichen und Wandler zu belästigen“ setzte er nach und legte seinen Kopf schief. Musternd blickte er Gwen an. Und Gwen starrte zurück. Sie durfte keine Angst zeigen, dies hatte ihr Daddy ihr beigebracht und dies beinhaltete sie bis heute jeden verdammten Tag. Doch sein Blick löste etwas in Gwen aus. Etwas, was sie absolut nicht zuordnen ließ. Doch was war es nur?
„Naja kann ich ja nichts dafür, dass das Tor offenstand und du wie auf dem Präsentierteller hier stehst“ argumentierte Gwen lächelnd, doch ließ ihren starren Blick nicht von ihn ab. Zu sehr nahmen seine Augen sie in den Bann. Sie musste aufpassen, sonst würde sie noch auf Ideen kommen, die sie später bereute. Doch Gwen wusste bereits jetzt, dass sie diese Unterhaltung später bereuen würde. Dennoch ignorierte sie ihre innere Stimme und redete fröhlich mit diesen gefährlichen Eisbären weiter.
„Was willst du, Menschlein?“ knurrte er ihr entgegen. Endlich nahm er sein Blick runter und hielt Gwen nicht mehr damit gefangen. Erleichtert atmete Gwen auf, musste sich jedoch eingestehen, dass ihr dieser Blickduell mehr als gefallen hatte.
„Warum bist du also hier drinnen gefangen?“ kam ihr in den Sinn und nur wenige Augenblicke später über die Lippen. Tief atmete sie ein. So direkt wollte Gwen gar nicht klingen, doch es war nun mal leider eine Angewohnheit von ihr, welche ihr Ehemann schon verfluchte. Manchmal war ihre Zunge schneller als ihr Kopf und so geriet sie oftmals in Unangenehme Diskussionen.
„Weil ich ein Arschloch bin!“ knurrte der Eisbär. Erstaunt, dass er ihr wirklich auf diese Frage antwortete, hob Gwen ihre eine Augenbraue und musterte ihn erneut offensichtlich. Mit spitzen Lippen, die ein grinsen sich verkneifen mussten, lehnte sich Gwen gegen ein Pfosten und musterte den Bär weiter. „Tatsächlich, sperrt man heutzutage schon Leute ein, die einfach nur Arschlöcher sind?“ fragte sie scheinheilig nach. Wenn dies wirklich der Fall sein sollte, dann kannte sie genug, die seinen Platz teilen sollten. Oh, mehr als genug, kam Gwen der amüsante Gedanke.
„Zudem noch ein Mörder, besser?“ war jedoch nur seine spitze Antwort. Nun hielt Gwen kurz inne und musste ihre Fassung weiterhin aufrechterhalten. Sie hatte bereits geahnt, dass er Dreck am Stecken hatte. Schließlich sperrte man nicht jeden Wandler, der mal etwas angestellt hatte, in solch ein Käfig ein. Dafür musste er sich ordentlich, was zu Schulden kommen lassen. Doch, dass es Mord war, auf den Gedanken kam sie bisher noch nicht. Hätte sie vielleicht dran denken sollen, bevor sie ihn ein Gespräch aufgezwungen hatte. Jetzt kannte er sie und wusste das sie existierte. War sie jetzt in Gefahr? Sie wusste es nicht.
„Warum?“ fragte sie verwirrt nach, beobachtete jede Bewegung seinerseits. Was nicht Dolle war, denn so viel Platz war nun mal nicht vorhanden. Er konnte nicht wie ein wild gewordenes Tier auf und ab gehen, oder gar sich verwandeln. Dies bot der Platz nicht. Und Gwen ahnte, dass der Platz genau aus diesen Grund so beengt war. Als großer Eisbär stellte dieser Mann eine noch größere Gefahr dar als in Menschlicher Form.
„Warum nicht? Weil ich es kann?“ war seine schlichte Antwort auf die Frage, doch es klang eher wie eine Frage an Gwen und nicht wie eine direkte Aussage. Dieser Eisbär hielt sich also nicht gerne an Regeln, dachte sich Gwen. Sie selbst hielt sich immer strikt an die Regeln und somit geriet sie auch nie in eine Situation, in dessen sie bestraft wurde. Außer natürlich man nahm ihre Ehe näher in Betracht, dann wäre es eine große Strafe. Oder, dass sie hier mit den Eisbären sprach, gut das war Schicksal. Und wenn das Tor offenstand, brach sie auch die Regeln nicht. So argumentierte Gwen jedenfalls in ihren Gedanken.
„Aber das ist verboten!“ rutschten ihr die Wörter raus. Unüberlegt. War sie gerade wirklich Inbegriff, einen gefangenen, mörderischen Eisbären darüber aufzuklären, was richtig und was falsch war? Sie hatte sie nicht mehr alle. Die Sonne musste ihr gehörigstes zu Kopf gestiegen sein, dacht sich Gwen seufzend.
„Bei euch Menschen ja, unter meinesgleichen ist es der natürliche Werdegang. Fressen oder gefressen werden“ erinnerte er sie daran, dass sie zwei unterschiedlichen Spezies angehörten. Der eine Wandler und der andere ein Mensch. „Und dieser Fuchs hat es allemal verdient… widerliches Frettchen“ setzte der Eisbär nach und schüttelte wild seinen Kopf. Gwen kniff ihre Augen zusammen. Das weiße Haar viel dem Eisbären beinah in die Augen, so lang war es. Doch unter dieser Mähne musste sie sagen, steckte ein Bildhübscher Mann. Wäre er kein Mörder, hätte sie sogar gesagt, dass er genau ihr Typ wäre. Schnell wischte Gwen sich die Gedanken wieder aus ihren hübschen Kopf. Sie war Verheiratet, rief sie sich immer wieder in Gedanken.
„Fuchs oder Frettchen?“
„Beides das gleiche“ zuckte er mit seinen breiten Schultern. Gwen lachte kurz auf.
„Ehm… nein… ich kenn mich da zwar nicht so gut aus, aber ich bin mir da dennoch so ziemlich sicher, dass dies zwei unterschiedliche Tiere sind“ stellte sie amüsiert klar und traute sich sogar was. Sie verließ ihren sicheren Ort am Pfosten und trat wenige Schritte auf den Eisbären zu. Sein Blick lag auf ihr, schätzte ab was sie noch wagen würde. Hielt er sie vielleicht für verrückt? Gwen würde sie jedenfalls dafürhalten. Schließlich unterhielt sie sich mit einen Mörder Eisbären, der es nicht mal bereute zum Mörder geworden zu sein. Andere hätten sich herausgeredet, dass es ein Unfall war. Doch dieser Eisbär vor ihr, gab es offensichtlich zu und war sogar etwas stolz drauf. Dies konnte Gwen in seinen Augen sehen, als er davon sprach. Sie funkelten unter seinen Worten und ließen kein Fünkchen Reue zu.
„Scheiß egal“ brummte er und biss seine Zähne zusammen. Er wirkte müde und genervt.
„Schon gut… aber, wenn es der natürliche Werdegang bei euch Wandler ist, wieso sitzt du also hier drin fest?“ fragte Gwen etwas vorlaut weiter nach und trat erneut einen Schritt auf ihn zu. Zwischen ihnen lag noch genügend Meter, doch Gwen wurde immer mutiger.
„Auf Menschen Territorium ist es leider dennoch verboten“ grummelte er und ließ kurz seine Schultern hängen. Um sie jedoch im gleichen Augenblick wieder zu straffen. Einen Moment der schwäche, bemerkte Gwen. Doch er war so schnell wieder verschwunden, wie er da gewesen war.
„Das nennt man dann wohl Pech gehabt“ zuckte Gwen unschuldig mit ihren Schultern. „Was passiert jetzt mit dir?“
„Was interessiert es dich? Willst du mich etwa noch länger nerven?“ wollte er im nächsten Moment schief grinsend Wissen und legte seinen Kopf zur Seite. Seine Augen visierten sie erneut an. Da sie nun näherstand, hatte sie noch ein besseres Gefühl dafür, wie er sie musterte. Und auf eine verdrehte Art und Weise, gefiel es ihr sogar. Sie ärgerte sich sogar, nicht ihre hübscheste Kleidung heute zu tragen, anstatt eine einfache Blaue Jeans und ein rotes Top drüber.
„Vielleicht“ grinste Gwen ihn mutig entgegen und musste sich wirklich das Kichern verkneifen, da der Eisbär mürrisch seine Augen zusammenkniff und das Gitter in seinen Pranken kräftig festhielt. Laut knurrte er, ihn schien das Gespräch wohl nicht so viel Spaß zu machen wie Gwen. Doch ein Hauch der Verwirrung war bei Gwen mitgemischt, denn der Eisbär wechselte sich ab von knurren bis hin zum Grinsen. Doch da das Grinsen nicht seine Augen erreichte, behauptete Gwen, dass es ein bösartiges Grinsen war. Doch so genau konnte sie es nicht sagen, schließlich kannte sie diesen Eisbären vor sich nicht. Und demnach wusste sie auch nicht, wie er tickte. War er wirklich so gefährlich wie er behauptete?
Er hat jemanden umgebracht!
„Du bist schon griesgrämig, wah?“ meinte Gwen keck und kicherte erneut. Ihre eigene Reaktion verwirrte Gwen, doch sie schluckte es einfach runter und konzentrierte sich lieber auf den Eisbären. Dieser erneut ein Grinsen aufgelegt hatte, so als käme ihn gerade ein wunderbarer Gedanke. Wieder blieben seine Augen kalt und Emotionslos dabei. Ein Schauer glitt über ihren Körper, als sie ihn so sah.
„Ich bin ein Arschloch“ knurrte er heraus, doch es klang für Gwen nicht so gefährlich wie er es gerne gewollt hätte.
„Das mag ich nicht zu bezweifeln“ pustete Gwen spöttisch ihm entgegen. Mutig.
Laut knurrte der Bär erneut auf. „Vorsicht, reiz den Bären in mir nicht“
„Was wenn doch?“ fragte sie zugleich, ohne dass sie sich stoppen konnte. Am liebsten hätte Gwen sich vor die Stirn geschlagen, doch dann würde er ihre Schwäche mitbekommen und dies wäre nicht gut. Jedenfalls für Gwen.
„Menschlein, flirtest du gerade mit mir?“ fragte der Eisbär zurück, Überraschung steckte diesmal in seiner Stimme. Kurz war Gwen in Versuchung, ihre Haarsträhne zwischen ihren Fingern zu zwirbeln und leise zu kichern. Doch schnell hatte sie sich wieder im Griff. Was verdammt noch mal tat sie hier gerade? Wüsste ihr Ehemann davon, würde er sie lynchen. Gott, er würde sie in die Psychiatrie einweisen lassen. Schließlich riskierte sie hier nicht nur ihr Leben… nein… sie flirtete tatsächlich mit diesen gewaltbereiten Eisbären. Was stimmte nur nicht mit ihr?
Doch der Blick, den er ihr schenkte, reichte aus, um die negativen Gedanken zu vergessen und ganz sie selbst zu sein. Oder so, wie sie gerne sein wollte.
„Wieso glaubst du das?“ kicherte Gwen amüsiert über diese Idee. Sie würde niemals auf die Idee kommen mit einem gefangenen Eisbären zu flirten. Oder doch?
Quatsch.
Doch tat es sie gerade in den Moment… sie würde sowas von in die Hölle kommen. Innerlich verfluchte sich Gwen über ihre Gedanken, aber auch Taten. Sie war eine ganz andere Person, verwirrte sich selbst zutiefst.
„Du hast wohl ne weil nicht mehr mit einer Frau gesprochen, dass du gleich denkst, dass ich mit dir flirte“ grinste Gwen frech hinterher und versuchte nicht rot zu werden. Nun merkte auch sie es, was sie hier tat.
„Guck mich doch an!“ augenverdrehend hob der Eisbär seine Arme und beutete auf sich selbst. Es war nichts Bösartiges in seiner Stimme, eher ein Hauch der Verzweiflung war zu hören. Oder war es Traurigkeit? Kurz blitzte in seinen Augen etwas auf, doch Gwen wusste es nicht zu deuten. Wie so vieles wusste sie es nicht zu deuten, dies frustrierte die junge Frau sehr. Ihren Ehemann konnte sie schließlich wunderbar lesen. Wenn etwas in seinen Augen stand, dann erkannte sie es sofort und konnte sich geschickt herauswinden. Oder auch nicht, dachte sie sich. Wenn es zu spät war und Stephano den Schalk in den Nacken hatte, war er erbarmungslos mit ihr.
„Ein Bär!“ stellte Gwen trocken fest und kräuselt ihre Nase.
Genervt rolle der Eisbär mit seinen Augen. „Ich meine, meine Narbe. Mit dieser Narbe ist es schier unmöglich Frauen kennen zulernen. Bevor ich sie flachlegen kann, muss ich sie erst einmal betrunken machen.“
„Wow, das ist ganz schon erbärmlich“ pustete Gwen amüsiert los. Konnte sich aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass diese Aussage stimmte. Abgesehen von der großen Narbe in seinem Gesicht, welche jedoch verblasst war und demnach nicht so sehr auffiel, war der Mann vor ihr wirklich schön anzusehen. Er war gefühlt doppelt so groß wie sie selbst, seine weißen Haare trug er offen und seine dunkelblauen Augen strahlten Kummer aus. Doch im Ganzen war er ein attraktiver Kerl, den sie auf kein Fall von der Bettkante stoßen würde. Doch dies würde Gwen niemals zugeben, schließlich hatte sie einen Ehemann und den würde sie nimmer fremd gehen. Wie sehr sie ihn auch hasste, dies würde sie niemals machen. Schließlich erhoffte Gwen sich, dass Stephano genauso dachte wie sie und niemals den Eid bei ihrer Hochzeit brechen würde.
„Ja ich weiß. Ich bin halt durch und durch ein Arschloch“ holte der Eisbär sie mit seiner tiefen Stimme aus den Gedanken heraus. Kurz schüttelte Gwen ihren Kopf. Sie musste an etwas anderes denken als, dass dieser Eisbär eine Sahneschnitte war. Sonst würde sie auf noch merkwürdigere Gedanken kommen, als eh schon passiert war.
„Nein, es ist bemitleidenswert und jämmerlich.“ Konterte sie geschickt und atmete tief durch.
„Vielen herzlichen Dank“ knurrte er gehässig zurück.
„Oh aber keine Sorge, ich bin es genauso viel“ zuckte Gwen unschuldig mit ihren Schultern. Sie war zwar keine Mörderin, doch sie wusste ganz genau, was es hieß, erbärmlich zu sein. Nicht zu sein Wort stehen zu können, weil man zu große Angst vor den Konsequenzen hatte. Auch wenn man es täglich immer wieder bereute, nicht zu sein Wort stehen zu können. Sie hasste sich ein Stück weit dafür.
„Warum denkst du das?“ wollte der Eisbär wissen und sah sie genauer an, seine Augen waren zu schlitzen gezogen und seine Lippe tat sich vor. Er guckte noch grimmiger drein, als er es eben bereits getan hatte. Doch Gwen hatte auch selbst jetzt, keine Angst. Glaubte er vielleicht, dass Gwen ihn nur Mut zureden wollte?
„Meine Mom ist vor 6 Monaten gestorben und ich habe ihr auf dem Sterbebett versprochen, dass ich meinen extrem narzisstischen und herrschsüchtigen Mann verlasse. Ich habe mich bis heute, trotz meines Versprechens, nicht getraut“ gestand sie. Innerlich verfluchte sie sich selbst für ihre offenen Worte. Was tat sie hier? Abgesehen, dass sie mit ihn sprach, sogar flirtetet, gestand sie ihm sogar ihre tieften Geheimnisse. Warum? War Gwen wirklich so verzweifelt, dass sie selbst nun einen gefährlichen Wandler darüber berichtete, was in ihren Leben schief lief?
„Das ist wirklich erbärmlich“ nickte der Eisbär ihr zu. Traurig nickte Gwen, denn selbst er sah es so. Kurz hatte sie gehofft, dass er ihr widersprechen würde. Doch warum?
„Sag ich ja… wobei Frauen flachlegen, wenn sie besoffen sind, auch nicht besser ist“ grinste Gwen ihn schief entgegen, schließlich wollte sie es nicht auf sich sitzen lassen.
„Klappe“ knurrte er beleidigt und schaute das erste Mal auf den Boden. Die ganze Zeit hatte sie seinen Blick auf sich gespürt, doch nun schaffte der Eisbär es wohl nicht mehr sie anzublicken. Gwen wusste nicht warum. Hatte sie es mit dem Scherzen vielleicht übertrieben?
Gott, warum machte sie sich darüber Gedanken, ob sie seine Gefühle verletzt haben könnte?
Wahnsinn.
Kopfschüttelnd seufzte Gwen zutiefst und drückte das Buch in ihrer Hand fest an ihre Brust. Sie wollte es schließlich nicht verlieren und da ihre Handtasche mit dem Brot belegt war, konnte sie es leider auch nicht dort drin verstauen.
Als Gwen von ihrem Buch hochschaute, blickte sie in zwei neugierige dunkelblauen Augen.
„Was ist das eigentlich für ein Buch, welches du da so stolz vor dich herträgst?“ wollte der Eisbär neugierig wissen. Sein knurren hatte sich beruhigt und er klang versöhnlich. War er ihr also doch nicht sauer? Gwen hatte sich Gedanklich bereits von dem Gespräch verabschiedet, schließlich waren die Neckereien im Sand verlaufen. Doch der Eisbär schien wirklich interessiert daran zu sein, die Unterhaltung aufrecht zu erhalten. Gwens Herz schlug für einen kurzen Moment schneller. Sein Blick schwankte zwischen ihren Augen und dem Buch, welches sie sich fest an die Brust drückte. Ihr Heiligtum.
„Ist mein Buch“ kommentierte sie schnell, Stolz schwankte in ihrer Stimme. Stolz, den sie zuhause nicht herauslassen durfte. Schließlich war Gwen nicht so erfolgreich wie ihr Ehemann es sich gerne gewünscht hatte. Und demnach sollte sie nicht damit angeben. Doch Gwen war stolz auf sich und es war das erste Mal, dass jemand danach fragte ohne, dass sie ihn mit der Nase drauf gestoßen hatte.
„Dein Buch?“ fragte er überrascht nach und lächelte sogar etwas. Konnte man sowas lächeln nennen, wenn nur eine Seite des Mundwinkels hoch ging? Gwen war es egal, sie freute sich einfach nur.
„Ja, hab ich selbst geschrieben und mir eben in der Buchhandlung gekauft“ teilte sie ihm Stolz mit. Gott, sie hörte sich dämlich an, doch es war wirklich schwer ernst zu bleiben, wenn es um ihr Buch ginge. Und sie war es leid, hinter ihrer eigen aufgezogenen Mauer es auszutragen. Sie wollte es in die große weite Welt hinausschreien, lachen und glücklich sein. Erstaunt blickte der Eisbär sie an. „Glückwunsch, um was geht es?“
„Fantasy Roman…wobei, nein…also… ich habe es vor der Offenbarung geschrieben, da galt es noch als Fantasy… als was es jetzt zählt, weiß ich nicht“ kicherte sie. „Wenn du nicht explizit einen Wandler ausgehorcht hast, wie das bei uns so läuft, zählt es weiterhin als Fantasy…“ erklärte er ihr sofort und rollte tatsächlich mit seinen Augen. Gwen war in Versuchung ihn für diese Arroganz die Zunge rauszustrecken, doch schnell erinnerte sie sich daran zurück, dass sie eine Erwachsene Frau war. Und diese Taten sowas nicht.
„Besserwisser“ spottete sie. Wusste aber, dass er recht hatte. „Willst du es haben?“ fragte sie ihn tatsächlich. War sie wirklich bereit ihr Heiligtum, welches heute Abend ihr neues Bücherregal schmücken sollte, einfach so zu verschenken? Gott sie musste wirklich verrückt sein.
„Du willst mir dein Buch schenken?“ staunte der Eisbär und lehnte sich mit seinem schweren Kopf gegen das Gitter. Zwischen zwei Stäben hindurch blickte er das Buch an. Er schien zu überlegen.
„Nun, vielleicht hilft es dir ja ein nicht so großes Arschloch zu werden, wie du es jetzt bist?“ meinte Gwen keck und ein liebes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Und den Umgang mit Frauen könntest du auch verbessern, würde vielleicht deine Chancen verbessern mal eine Flachgelegt zu bekommen, bevor du sie betrunken machen musst“ setzte sie nach. Leise lachte der Eisbär auf.
„Biest“
„Aber die Wahrheit“ lachte Gwen zurück und ertappte sich erneut dabei, wie sie mit ihm flirtete.
Tief atmete Gwen durch und hoffte, dass er es nicht so gedeutet hatte. Doch das vielsagende Grinsen auf seinen Lippen sprach Bänder.
„Du solltest jetzt gehen“ grinste der Eisbären ihr auf einmal zu. Verwirrt schaute Gwen in die Richtung, in die er deutete. Sie blickten auf eine schwere Eisentür, die bereits einige Dellen aufwies. Angst durchzog ihren kleinen Körper. Wurde sie erwischt?
Eilig lief sie wenige Schritte zurück, auch wenn die Kameras sie bereits erwischt hatten und demnach gleich Leute aus der Tür heraus eilten, stand sie wenigstens auf der sicheren Seite, hier draußen auf dem Gehweg.
„Es hat mich sehr gefreut, mich mit dir zu unterhalten. Mal gucken welche Strafe sich die Obrigkeiten für mich überlegt haben“ zwinkerte der Eisbär ihr frech zu. Gwen grinste ihn an, wollte gerade was erwidern, als die Klinke der schweren Metalltür heruntergedrückt wurde.
„So genug herumgeschnattert“ ertönte zugleich eine bellende, dennoch freundlich Stimme aus der umliegenden Tür. Gwen zuckte kurz zusammen, als sie den hochgewachsenen Mann mit langer dunkler Mähne auf sie zusteuern sah.
„Sorry“ hob Gwen entschuldigend ihre Arme, als er direkt vor ihrer Nase das Gatter zuzog und somit den Eintritt versperrte. Nun zugegeben, dass wäre eine Methode gewesen, welche er von Anfang an beinhalten sollte. Doch Gwen tat nichts dergleichen, um ihn darauf hinzuweisen, wie er seinen Job zu machen hatte.
Da Gwen sich nicht weiter in Neue Schwierigkeiten bringen wollte, drehte sie sich um und wollte gehen. Schließlich war es wirklich mehr als Riskant von ihr gewesen, die Zentrale der Wandler zu betreten. Dort durften nur Spezielle Leute oder Besucher mit Ausweis drauf. Keine Unbefugte wie Gwen es war. Und, dass sie nicht offensichtlich Ärger bekam, wunderte sie ein Stück weit. Doch sie wollte ihr Glück nicht auf die Probe stellen.
„Hey Eisprinzessin“ rief ihr jedoch auf einmal eine kalte und raue Stimme hinterher. Eine Stimme, mit der sie sich eben noch so köstlich unterhalten hatte.
„Ja?“ fragte Gwen also neugierig nach, schließlich wollte sie nicht unhöflich sein. Auch wenn dieser Eisbär sie gerade Eisprinzessin genannt hatte. Wie unhöflich.
„Wolltest du mir nicht das Buch schenken?“ fragte der Eisbär sie gehässig grinsend. Leicht hatte er seinen Kopf schief gelegt, welches mit der Lichteinwirkung seine Narbe noch deutlicher hervorhob. Gwen musste kurz schlucken. Fasste sich jedoch schnell wieder und lachte kurz auf. Frech wie sie gerne sein wollte, aber es sich zuhause nie getraut hätte, trat sie erneut an den Zaun heran und hielt ihm das Buch hin.
„Na dann hol es dir“ rief sie und zwinkerte den mordlustigen Eisbären tatsächlich zu. Okay, dies konnte man wirklich als Flirten abstempeln. Wenn ihre beste Freundin Ana hier gewesen wäre, hätte sie definitiv eine hinter die Löffel bekommen.
„Rick…“ knurrte der Eisbär, denn er bekam deutlich mit, wie Gwen ihn verarschte. Doch sie genoss es, schließlich passierte ihr dies nicht alle Tage.
Dieser Rick grinste Gwen vielsagend an, doch tat nichts dergleichen. Bis Gwen ihre Augen verdrehte und es ihm stattdessen hinhielt.
„Vielen Dank“ raunte er ihr zu, was ihr ein leichtes Lächeln auf die Lippen bescherte. Ein lautes Knurren von dem Eisbären folgte.
„Aber auch lesen und nicht nur als Untersetzer benutzen“ waren ihre letzten Worte an den Eisbären, dann drehte sie sich endgültig um und verschwand.
„Wusste gar nicht, dass du lesen kannst“ grinste Rick ihm zu und reichte ihm endlich das Buch. Sein Bär knurrte leise auf, bei der Beleidigung. Doch Ace waren diese Sticheleien gewöhnt. Sofort zog er den Duft ein, ihr Geruch hing noch an dem Buch und würde ihn heute Abend eine wunderschöne Zeit bescheren. Vorsichtig legte er seine Hand auf den Einband und fuhr den groß gedruckten Namen nach. Noch nie war Ace einer so wunderschönen Frau wie dieser Gwendolyn Vesgas begegnet. Sein Bär hatte sofort auf diese liebliche und doch neckende Stimme reagiert und wollte raus. Raus zu ihr. Sie zu sich ziehen und… Meins rufen.
Sie gehörte mir, war der einzige Gedanke den Ace kam, wenn er an Gwen dachte. Seine Eisprinzessin.
Die verheiratet war, überkam Ace kurz der flaue Gedanke.
Der Duft, den sie auf dem Buch zurückgelassen hatte, war die einzige Erinnerung an sie. Schon bald bemerkte Ace, dass ihr Geruch sich in der Umgebung verflüchtigte. Schade, dachte sich Ace bitter. Wie sehr er gerne an ihren dunklen Locken schnüffeln würde, um sich ihren Geruch einzubrennen. Gott, was hatte dieses Weib nur binnen Sekunden mit ihm gemacht? Er musste schleunigst auf andere Gedanken kommen. Doch es war leichter gesagt als getan, schließlich hatte Ace schon seit langen nicht mehr den Drang, einer Person so nah zu kommen, wie er sich bei Gwen wünschte.
Verheiratete Gwen, kam erneut der Gedanke in ihm auf. Doch wozu war er ein Arschloch, wenn er diese Karte nicht ausnutzen konnte? Zumal sie erwähnt hatte, dass sie ihrer sterbenden Mutter versprochen hatte, der Ehe ein Ende zu setzen. Warum sollte Ace also nicht die böse als auch die wenig, aber dennoch vorhandene Gute Seite in ihm befriedigen? Er würde ihre Ehe zerstören und sich dann das Mädchen schnappen. Prima Idee. Prima Plan. Doch schnell wurde Ace bewusst, wo er sich befand. Und, dass er so schnell nicht weg von hier kommen würde. Scheiße. Es wäre auch zu schön gewesen, wenn der Böse Junge sich das Mädchen schnappen würde. Ein Traum. Der nie in Erfüllung gehen würde.
„Als ob der Bär lesen kann“ mischte sich auf einmal Jimmy ein und brachte damit Ace zur Weißglut, dass dieser Trottel sich nie aus einer Angelegenheit heraushalten konnte.
„Arschloch!“ knurrt Ace ihn entgegen und musterte den rothaarigen Fuchs mit jeglichen Hass, der in ihm steckte.
„Und dennoch bin ich hier draußen und du nicht, also kann ich doch nicht ein ganz so großes Arschloch sein, wie du“ grinste ihm dieses Frettchen tatsächlich zurück. Wäre Ace dort draußen bei Jimmy, hätte er nicht so eine große Klappe. Seine Sicherheit beruhte auf dem Silberkäfig, der es schaffte, sogar einen Eisbären in Schach zu halten. Wäre Ace bei ihm draußen, ohne dieses Metall zwischen ihnen, würde er nicht so große Töne kloppen. Nein, er würde seinen Kopf unter dem Arm tragen.
„Das ist dein Glück, sonst hätte ich dir schon längst die Fresse poliert“ knurrte Ace wütend und umgreift die Gitterstäbe fester mit seiner Hand. Doch es tat sich nichts. Das Metall tat genau das, für was es konzipiert wurde. Einen Wandler abhalten auszubrechen. Eine Neue Erfindung, die sie zusammen mit der Menschlichen Regierung ins Leben gerufen hatten. Vor der großen Offenbarung gab es so etwas Lächerliches nicht. Da hat sich kein Wandler drum geschert, einen anderen irgendwo einzusperren. Es gab auch unter ihnen Gesetzeshüter, doch dies wurde all die Jahre einfach unkonventionell geklärt.
„Haha, als hätte ich Angst vor dir“
„Jimmy Vorsicht, Ace wird heute Abend aus dem Käfig gelassen, ich an deiner Stelle würde mein Maul nicht so weit aufreißen“ knurrte Rick seinen Partner entgegen, doch Jimmy wandte sich nur augenrollend ab und beobachtete die Gegend weiter. Doch leider, zu Ace Pech, hielt der Trottel nicht dabei seine Klappe. Doch es war pures Gold in Ace Ohren, als er vernahm, dass er endlich aus diesem Käfig entlassen wurde.
„Was stimmt eigentlich mit diesen Menschen nicht?“ fragte Jimmy sich laut und passierte das große Tor. „Da steht ein Bär hinter Gitter und die Tussi unterhält sich mit ihn, als wäre er ein kleines, süßes Kaninchen“ schüttelt Jimmy wild mit seinem Kopf. Rang wohl um Fassung. Leise knurrte Ace.
„Neidisch?“
„Auf was? Bei den fetten Arsch nein danke. Ein paar Pfunde weniger und ich würde die kleine sofort flachlegen aber so…“ grinste Jimmy den beiden Männern entgegen, als er sich zu ihm umwandte und die Richtung seine Spazierganges änderte. Ace knurrte laut, sein Bär wollte raus und diesen Fuchs das Fell über die Ohren ziehen.
„Ace, beruhige dich… er will dich nur ärgern“ beruhigte Rick ihn, der den schelmischen Blick seitens Jimmy deutlich mitbekommen hatte. Seitdem er hier drinnen steckte, machte sich dieser Fuchs über ihn lustig und er genoss es regelrecht.
„Das ist die Wahrheit. Was findet ihr Bären nur an …“ Jimmy deutete mit seinen Armen an, was er versuchte zu vermeiden zu sagen. Erneut entwich Ace ein Knurren. Sein Bär tobte. Doch bei den wenig Platz hier drin, würde er sich erheblich weh tun, daher musste er ihn zurück zwängen.
„Wir haben eben gerne was zum Anfassen, anstatt die Person zu zerbrechen wenn man mal etwas gröber ist“ knurrte Ace ihm entgegen. Auch wenn er keine Lust hatte sich vor diesem Fuchs zu verteidigen, so wollte er es Gwen zuliebe machen. Er wollte sie beschützen, selbst vor dem Worten von diesem dämlichen Fuchses.
„Ihr Eisbären seit wirklich komische Gesindel“ schüttelte Jimmy spöttisch seinen Kopf. Ace machte es rasend, am liebsten hätte er ihn ein Kopf kürzer gemacht. Doch ihn umzubringen, würde nicht seine Freiheit bedeuten. Und diese Freiheit bräuchte er.
Nicht nur, weil er es hasste, eingesperrt zu werden, sondern auch weil ihm der Gedanke kam, dass er Gwen wieder sehen musste. Sein Bär wollte es und er auch.
Meins.
Eine ganze jämmerliche Stunde ließen sie Ace noch in dieser Minimalistischen Zelle gefangen, bis der erlösende Anruf seines Bruders kam.
„Glück gehabt“ grummelte Jimmy als er das Schloss umdrehte und somit Ace in seine Freiheit entließ. In seinen Fingern juckte es, ihn am Kragen zu packen und anstelle von ihn, den Fuchs in diese winzige Zelle zu zwängen. Doch der mahnende Blick seines besten Freundes, ließ ihn nur seine Fäuste zusammenballen. Doch konnte sich Ace nicht nehmen, ihm beim vorbei gehen derb an der Schulter anzurempeln.
„Du bist dennoch nicht frei!“ rief ihn Rick hinterher. Doch Ace knurrte nur als Bestätigung. Er durfte zwar das Gelände nicht verlassen, dennoch besaß er ein Gästezimmer und in dieses würde er sich verziehen. Er wollte schließlich nicht das Risiko eingehen, doch noch Jimmy, um die Ecke zu bringen.
Im spärlich eingerichteten Gästezimmer angekommen, warf Ace sogleich einen Blick auf die große Tasche, die auf dem Bett stand. Rick hatte sie ihn abgenommen und hierhergebracht, sein Geruch lag in der Luft. Tief seufzte Ace und stampfte zum Bett. Zugleich öffnete er seine Tasche und kramte drin herum. Er war kein Mann von Dauer und dies bewies die Tasche. Er schlich mal hier umher und mal da. Meistens beherbergte Rick ihn auf seiner Couch, bot ihm Unterschlupf. Doch, dass er nun in einem eigenen Zimmer hier in der Zentral untergebracht wurde… ihn gefiel es nicht. Absolut nicht. Und das hatte nicht nur damit zu tun, dass er wahrscheinlich nach Raven Point abgeschoben wurde. Nein… er hasste es Sesshaft zu sein. Und genau das zwang man ihm auf.
Ein lautes knurren kam aus seiner Kehle. Es stammte nicht von ihm, sondern von seinem Eisbären. Diesen gefiel es noch weniger als ihn selbst, hier gefangen genommen geworden zu sein. Doch sein Blick lag auf dem Buch, welches er auf das Bett gleich neben seiner Tasche geworfen hatte. Ihr Geruch strahlte ihm immer noch entgegen, zwar nur schwach, dennoch vorhanden. Schnell schüttelte Ace seinen Kopf und kramte weiter. Als er endlich sein verdammtes Handy gefunden hatte, ließ er sich aufs Bett fallen und starrte auf den blassen Bildschirm, der ihm entgegen leuchtete. Es gab niemanden den er Kontaktieren könnte. Niemand war da. Niemand suchte ihn. Nur Rick, doch dieser war schließlich dafür verantwortlich, dass er hier feststeckte. Also gab es niemanden dort draußen, der gerade an ihn denken könnte. Manch andere würden darüber traurig sein, doch Ace nicht. Er war ein motorischer Einzelgänger und liebte es. Er musste niemanden Rechenschaft leisten, wo er sich gerade befand. Und er musste sich auch über niemanden Gedanken machen.
Dennoch ertappte er sich dabei, wie er den Namen einer ganz bestimmten Person in der Suchmaschine eingab.
Meins.
Leise knurrte Ace auf, zwang seinen Bären in sich zurück. Abgesehen davon, dass sie ein Mensch war, war sie zudem noch verheiratet. Warum also reagierte sein Bär nur so auf sie?
Und warum um Himmels Willen, kaufte Ace gerade ihre Bücher, die sie veröffentlich hat? Das Buch auf seinem Bett war das neuste, so wusste er es jetzt. Verdammt, Ace war nicht mal ein großartiger Leser. Warum drückte er auf Bestellen? Warum las er ihre Autorenseite und prägte sich das wunderschöne Bild von ihr ein.
„Jämmerlich“ knurrte Ace und warf frustriert sein Handy weg. Er musste dringend auf andere Gedanken kommen. Tief atmete er durch, um einen klaren Kopf zu behalten. Sich hier und jetzt in einen großen Eisbären zu verwandeln, bürgte zu hohes Risiko. Er musste sich schleunigst beruhigen.
Eine kalte Dusche würde vielleicht wunder helfen, dachte sich Ace frustriert. Der alleinige Gedanke daran, dass er sich Gwen vorstellte, wie sie die Dusche mit ihn teilte, ließ ihn hart werden.
Oh es würde also eine verdammt kalte und lange Dusche werden.
„Können Sie mir vielleicht helfen?“ fragte eine männliche Stimme hinter Gwen. Leise seufzte sie, holte jedoch ihr freundlichstes Lächeln hervor und drehte sich zum Kunden um.
„Wie kann ich ihnen den helfen?“ fragte Gwen freundlich, wollte sich nicht anmerken lassen, dass sie absolut genervt war. Ihre Schicht war seit zwanzig Minuten vorbei und sie stand dennoch in diesen verdammten Laden. Nicht freiwillig, doch ihr Chef wollte, dass die Regale aufgebaut wurden. Und da er kein aufschieben duldete, musste Gwen sich ranhalten. Sie hatte es sogar geschafft, doch die andauernden lästigen Kunden, mit ihren dummen Fragen, behinderten ihre Arbeit enorm. Da hatte sie gedacht, es endlich geschafft zu haben, da kam erneut ein Kunde auf sie zu und bat um ihre Hilfe. Gwen war ja nicht so, dachte sie sich bitter. Müheselig begleitete sie den Kunden zum Regal und zeigte ihm die vorhandene Auswahl. Die Jacke in der einen Hand, und ihre Handtasche in der anderen Hand balancierte sie, währenddessen sie den älteren Herren abspeiste. Sie musste sich dringend einen neuen Job suchen. Einen Job, wo die Kunden sie nicht ohne Arbeitskleidung erkennen und ansprechen würden.
Doch wie so oft was sie sich in ihren Leben vornehmen würde, wäre das ein leeres Versprechen an sich selbst.
„Vielen Herzlichen Dank“ bedankte sich der ältere Mann. Gwen lächelte freundlich und verabschiedete sich. Mit flinken Schritten durchquerte sie den Einkaufsladen und rannte schon beinah über den Parkplatz zu ihren Auto. Zwar hatte sie es nicht eilig, denn sie war allein zuhause. Dennoch wollte Gwen noch mal in die Stadt und bevor es wieder so ein Reinfall werden würde wie vor zwei Tagen, beeilte sie sich lieber.