Ihre Rechte gegenüber Ärzten, Kliniken, Apotheken und Krankenkassen - Horst Marburger - E-Book

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Horst Marburger

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Ihre Rechte als Patient: Vor, während, nach der Behandlung Viele Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung fühlen sich nicht gut informiert. Der Ratgeber Ihre Rechte gegenüber Ärzten, Kliniken, Apotheken und Krankenkassen hilft weiter: Kompakt fasst er Ansprüche aus zahlreichen Gesetzen zusammen und beantwortet wichtige Fragen, um Rechte durchzusetzen. An welchen Arzt kann man sich im Notfall wenden? Darf eine Zweitmeinung eingeholt werden? Welche Aufklärungspflichten hat der Arzt? Wer hilft im Fall eines Behandlungsfehlers? Welche Behandlungen werden bei lebensbedrohlichen Krankheiten bezahlt? Welche Ansprüche bestehen zur Hospiz- und Palliativbehandlung? Welche Leistungen bezahlen die Kassen? Wann und in welcher Höhe muss man selbst zuzahlen? Wie funktioniert die Kostenerstattung? Wer hilft im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt? Welche Rolle spielt der Medizinische Dienst der Krankenkassen?

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Kurzbeschreibung

Ihre Rechte als Patient: Vor, während, nach der Behandlung

Viele Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung fühlen sich nicht gut informiert. Der Ratgeber Ihre Rechte gegenüber Ärzten, Kliniken, Apotheken und Krankenkassen hilft weiter: Kompakt fasst er Ansprüche aus zahlreichen Gesetzen zusammen und beantwortet wichtige Fragen, um Rechte durchzusetzen.

An welchen Arzt kann man sich im Notfall wenden?Darf eine Zweitmeinung eingeholt werden?Welche Aufklärungspflichten hat der Arzt?Wer hilft im Fall eines Behandlungsfehlers?Welche Behandlungen werden bei lebensbedrohlichen Krankheiten bezahlt?Welche Ansprüche bestehen zur Hospiz- und Palliativbehandlung?Welche Leistungen bezahlen die Kassen?Wann und in welcher Höhe muss man selbst zuzahlen?Wie funktioniert die Kostenerstattung?Wer hilft im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt?Welche Rolle spielt der Medizinische Dienst der Krankenkassen?

Autor

Horst Marburger, Oberverwaltungsrat a.D., langjähriger Abteilungsleiter bei der AOK Baden-Württemberg. Der Experte auf dem Gebiet der sozialen Leistungen ist Lehrbeauftragter an der Hagen Law School. Fachautor.

Schnellübersicht

Vorwort

1. Allgemein geltende Patientenrechte

2. Ihre Rechte gegenüber Ärzten

3. Ihre Rechte bei stationärer Behandlung

4. Ihre Rechte gegenüber Apotheken

5. Ihre Rechte gegenüber Krankenkassen

Auszüge aus referenzierten Vorschriften

Vorwort

Ihre Patientenrechte sollten Sie kennen

Abkürzungen

Ihre Patientenrechte sollten Sie kennen

In den letzten Jahren hat es immer wieder Klagen von Patienten gegeben, die sich in ihren Rechten gegenüber Ärzten, Krankenhäusern, Apotheken, anderen Leistungserbringern sowie Krankenkassen verletzt fühlten. Rechte, von denen die meisten Patienten nicht wissen, welche gesetzlichen Regelungen hier gelten und wie sie diese Ansprüche durchsetzen können.

Durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG) sind diese Rechte wesentlich verbessert worden. Man fasst sie unter dem Begriff „Patientenrechte“ zusammen. Die Patientenrechte sind vielgestaltiger Natur und werden durch verschiedene Gesetze geregelt.

Unter den Patientenrechten versteht man sowohl Rechte gegenüber Leistungserbringern (wie Ärzten, Krankenhäusern usw.) als auch Rechte gegenüber den Krankenkassen, zum Beispiel Unterstützung bei Verdacht auf einen ärztlichen Behandlungsfehler.

Zu den Patientenrechten gehört auch, dass die für die Wahrnehmung der Interessen der Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen in Fragen zu beteiligen sind, die die Versorgung betreffen. Hierfür hat die Bundesregierung einen Beauftragten für die Belange der Patienten bestellt, an den sich die Patienten wenden können.

Die Patientenrechte stellen ein Sammelsurium verschiedenster Vorschriften dar, die in diesem Buch zusammenfassend behandelt werden. Es soll Ihnen ermöglichen, Ihre Rechte kennenzulernen und Ihnen bei der Durchsetzung helfen.

Horst Marburger

Abkürzungen

Abs.AbsatzAOKAllgemeine OrtskrankenkasseArt.ArtikelBAföGBundesausbildungsförderungsgesetzBGBBürgerliches GesetzbuchBMGBundesministerium für GesundheitBMV-ÄBundesmantelvertrag-ÄrzteBSGBundessozialgerichtBVerfGBundesverfassungsgerichtBZgABundeszentrale für gesundheitliche Aufklärungbzw.beziehungsweised. h.das heißtDGPDeutsche Gesellschaft für PalliativmedizinDMPDisease-Management-ProgrammEHICEuropean Health Insurance Card(Europäische Krankenversicherungskarte)EUEuropäische Unione. V.eingetragener VereinEWREuropäischer Wirtschaftsraumff.fortfolgend(e)G-BAGemeinsamer BundesausschussGdBGrad der BehinderungGGGrundgesetzggf.gegebenenfallsGKVGesetzliche KrankenversicherungGKV-VSGGKV-VersorgungsstärkungsgesetzGKV-WSGGKV-WettbewerbsstärkungsgesetzGOÄGebührenordnung für ÄrzteIGeLIndividuelle GesundheitsleistungenKBVKassenärztliche BundesvereinigungKSVGKünstlersozialversicherungsgesetzLSGLandessozialgerichtMdEMinderung der ErwerbsfähigkeitMDKMedizinischer Dienst der KrankenversicherungMDSMedizinischer Dienst des Spitzenverbandes der KrankenkassenOWiGOrdnungswidrigkeitengesetzSAPVSpezialisierte ambulante PalliativversorgungSGSozialgerichtSGGSozialgerichtsgesetzSGBSozialgesetzbuchSGB ISozialgesetzbuch – Erstes Buch(Allgemeiner Teil)SGB IVSozialgesetzbuch – Viertes Buch(Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung)SGB VSozialgesetzbuch – Fünftes Buch(Gesetzliche Krankenversicherung)SGB IXSozialgesetzbuch – Neuntes Buch(Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen)SGB XSozialgesetzbuch – Zehntes Buch(Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz)SGB XISozialgesetzbuch – Elftes Buch(Soziale Pflegeversicherung)StGBStrafgesetzbuchUPD.Unabhängige Patientenberatung Deutschlandusw.und so weitervgl.vergleichez. B.zum BeispielZPOZivilprozessordnung

1. Allgemein geltende Patientenrechte

Alter

Behinderung

Chronische Erkrankung

Gemeinsamer Bundesausschuss

Geschlechtsspezifische Besonderheiten

Interessenvertretung der Patienten

Lebensbedrohliche Krankheit

Medizinischer Dienst der Krankenversicherung

Menschenwürdige Behandlung

Patientenbeauftragter

Patientenberatung

Patientenunterlagen

Patientenverfügung

Religiöse Bedürfnisse

Solidarität

Sozialdatenschutz, Sozialgeheimnis

Alter

Die Leistungsansprüche der versicherten Patienten werden nicht durch ihr Alter beeinträchtigt. So dürfen bestimmte Leistungen nicht verweigert werden, weil der Patient beispielsweise ein hohes Alter erreicht hat. Das gilt auch bei notwendigen Maßnahmen im Krankenhaus.

Wird aufgrund des Alters eine private Zusatzkrankenversicherung verweigert oder wird versucht, ältere Personen aus der Mitgliedschaft einer Krankenkasse zu drängen, ist dies ein Verstoß gegen die fundamentalen Grundprinzipien des Sozialgesetzbuchs.

Eine gesetzliche Krankenkasse darf sich nicht weigern, ein neues Mitglied aufzunehmen. Ein Wechsel ist also immer möglich. Eine Ablehnung wegen Alters darf nicht erfolgen, wenn der Versicherte bereits vorher Mitglied einer gesetzlichen Versicherung war.

Praxis-Tipp:

Falls Sie den Eindruck haben, wegen Ihres Alters bei der Leistungsgewährung diskriminiert zu werden, wenden Sie sich an Ihre Krankenkasse und/oder an den Patientenbeauftragten (vgl. Seite 43 f. und im Zusammenhang mit lebensbedrohlichen oder vergleichbaren Krankheiten Seite 19).

Falls Sie diesbezüglich Beschwerden gegen die Krankenkasse selbst haben, wenden Sie sich an das Bundesversicherungsamt. Es führt die Rechtsaufsicht über die gesetzlichen Kranken-, Renten- und Unfallkassen:

BundesversicherungsamtFriedrich-Ebert-Allee 3853113 BonnTel.: 02 28/6 19-0www.bundesversicherungsamt.de

Auch ein Blick in das Impressum der Homepage der jeweiligen Krankenversicherung lohnt. Dort ist die zuständige Aufsichtsbehörde des Landes aufgeführt.

Behinderung

Den besonderen Belangen behinderter Menschen ist Rechnung zu tragen. Das gilt sowohl im Vorfeld der Leistungsinanspruchnahme (z. B. beim Aufsuchen der Krankenkasse), aber auch bei der Leistungsgewährung selbst. Die Leistungsträger sind nach § 17 Abs. 1 SGB I verpflichtet, darauf zu achten, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen erhält, nämlich

in zeitgemäßer Weise,

umfassend und

zügig.

Der Zugang zu den Sozialleistungen muss möglichst einfach gestaltet werden, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke.

Ausdrücklich vorgeschrieben ist auch, dass die Verwaltungs- und Dienstgebäude der Sozialleistungsträger frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren sind und Sozialleistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden.

Nach § 17 Abs. 1 SGB I haben hörbehinderte Menschen das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, Gebärdensprache zu verwenden. Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger (z. B. eine gesetzliche Krankenkasse) sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen.

Allgemein wird im gesamten Sozialrecht der Behindertenbegriff des § 2 SGB IX verwendet. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre

körperliche Funktion,

geistige Fähigkeit oder

seelische Gesundheit

mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen. Schwerbehindert sind Menschen, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 vorliegt. Voraussetzung ist, dass sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz rechtmäßig in Deutschland haben.

Chronische Erkrankung

Nach § 2a SGB V ist den besonderen Belangen chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen. In den aufgrund der Ermächtigung in § 62 Abs. 1 SGB V ergangenen sogenannten Chroniker-Richtlinien wird näher definiert, wer als chronisch krank gilt:

In § 1 Abs. 2 dieser Richtlinien wird bestimmt, dass die Feststellung, wonach Versicherte an einer schwerwiegenden chronischen Krankheit leiden, von der Krankenkasse getroffen wird. § 2 der Richtlinien beschäftigt sich mit dem Begriff der schwerwiegenden chronischen Krankheit. Zunächst heißt es hier, dass eine Krankheit im Sinne des § 62 SGB V ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand ist, der Behandlungsbedürftigkeit zur Folge hat.

Eine Krankheit ist schwerwiegend chronisch, wenn sie wenigstens ein Jahr lang mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt wurde (Dauerbehandlung). Außerdem muss eines der folgenden Merkmale vorhanden sein:

Es liegt Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe II oder III nach dem SGB XI vor.

Es liegt ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 60 Prozent vor. Die GdB bzw. die MdE müssen zumindest auch durch die obige Krankheit (Dauerbehandlung) begründet sein.

Es ist eine kontinuierliche Behandlung der Gesundheitsstörung erforderlich (ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimitteltherapie, Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln), ohne die nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedrohliche Verschlimmerung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten ist.

Die Dauerbehandlung wird durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen. In dieser werden die dauerbehandelte Krankheit und die kontinuierlichen Behandlungserfordernisse angegeben.

In den Richtlinien wird darauf hingewiesen, dass zum Beleg für den Grad der Behinderung (GdB), die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und die Pflegestufe des Versicherten die entsprechenden bestandskräftigen amtlichen Bescheide in Kopie vorzuliegen haben. Die Krankheit muss in dem Bescheid zum GdB oder zur MdE als Begründung aufgeführt sein.

Die weitere Dauer der chronischen Behandlung ist der Krankenkasse jeweils spätestens nach Ablauf eines Kalenderjahres nachzuweisen und vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), soweit erforderlich, zu prüfen.

Die jährliche Bescheinigung darf nur ausgestellt werden, wenn ein Arzt ein therapiegerechtes Verhalten des Versicherten feststellt. Ein solches therapiegerechtes Verhalten liegt beispielsweise bei Teilnahme an einem strukturierten Behandlungsprogramm nach § 137f SGB V (Disease-Management-Programm) vor. Versicherte, denen das Erfüllen der Voraussetzungen nicht zumutbar ist, sind davon ausgenommen. Unzumutbarkeit liegt insbesondere bei Bestehen von Pflegebedürftigkeit der Pflegestufen II und III nach dem SGB XI oder bei einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 vor.

Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien. § 3 der Chroniker-Richtlinie bestimmt, dass der Arzt durch Ausstellung einer Bescheinigung bestätigt, dass sich Arzt und Patient über das weitere Vorgehen in Bezug auf eine Therapie verständigt haben und ein therapiegerechtes Verhalten des Patienten vorliegt. Ausgenommen von der Notwendigkeit der Feststellung des therapiegerechten Verhaltens sind – neben den vorstehend bereits aufgeführten Personen – Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.

Wichtig:

Liegt eine chronische Krankheit vor, hat das Auswirkungen auf die Zuzahlung bzw. die Belastungsgrenze (vgl. Kapitel 5, Stichwort: „Zuzahlung“). Die Chroniker-Richtlinie beschäftigt sich auch ausführlich mit der Berechnung der Belastungsgrenze bzw. mit der Begrenzung der Zuzahlung.

Disease-Management-Programme

Disease-Management-Programme (DMP) sollen eine möglichst gute und umfassende Behandlung und Koordination der Beteiligten an der Behandlung sicherstellen. Die Krankenkasse schließt für diese Programme Verträge mit den Kassenärztlichen Vereinigungen. Ein Arzt übernimmt die Lotsenfunktion und koordiniert die Behandlungsschritte.

Die Teilnahme an einem solchen Programm ist freiwillig und für den Versicherten kostenlos.

Derzeit gibt es DMP-Programme für folgende Krankheiten:

Asthma bronchiale

Brustkrebs

Chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen

Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2

Koronare Herzerkrankungen und chronische Herzinsuffizienz

Die Disease-Management-Programme sollen ausgebaut werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss wurde mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz beauftragt, bis Ende 2016 für weitere geeignete chronische Krankheiten, insbesondere für die Behandlung von Rückenleiden und Depressionen, neue strukturierte Behandlungsprogramme zu entwickeln.

Gemeinsamer Bundesausschuss

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Gremium der Gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen. Gebildet wird er von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (§ 91 SGB V).

Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten (§ 92 SGB V). Der G-BA beeinflusst damit das Leistungsgeschehen in der gesetzlichen Krankenversicherung maßgeblich. Er bestimmt mit den Richtlinien die medizinische Versorgung sowie die Ausgestaltung der ambulanten oder stationären Leistungen und damit letztendlich, welche Leis­tungen von den Krankenkassen bezahlt werden.

Die Richtlinien gelten verbindlich für die Krankenkassen, die behandelnden Ärzte und alle anderen Leistungserbringer, die mit den Krankenkassen abrechnen.

Darüber hinaus beschließt der G-BA Qualitätssicherungsmaßnahmen für das Gesundheitswesen.

Praxis-Tipp:

Die Richtlinien sind auf den Internetseiten des Gemeinsamen Bundesausschusses abrufbar: www.g-ba.de (dort Informationsarchiv > Richtlinien).

Geschlechtsspezifische Besonderheiten

§ 2b SGB V bestimmt ausdrücklich, dass bei den Leistungen der Krankenkassen geschlechtsspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen ist. Es handelt sich hier um Besonderheiten, die sich aus der Frauen- und Männergesundheitsforschung insbesondere für die gesundheitliche Versorgung aus der Etablierung entsprechender medizinischer Behandlungsleitlinien ergeben.

Die Beachtung geschlechtsspezifischer Besonderheiten wurde Mitte 2015 mit dem Präventionsgesetz im SGB V verankert. Die Krankenkassen müssen den Forschungsergebnissen Rechnung tragen und haben diese bei allen ihren Leistungen in der Prävention, Gesundheitsförderung, Diagnose und Therapie von Krankheiten sowie bei der Ausgestaltung der Leistungen zu berücksichtigen.

Praxis-Tipp:

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stellt ein Frauengesundheitsportal zur Verfügung, das Informationen zu frauenspezifischen Krankheiten sowie weiterführende Adressen enthält: www.frauengesundheit.de

Interessenvertretung der Patienten

§ 140f SGB V sieht die Beteiligung von Interessenvertretungen der Patientinnen und Patienten bei Fragen vor, die die gesundheitliche Versorgung betreffen. Das gilt auch für Organisationen der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen. Im Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 91 SGB V und im Beirat der Arbeitsgemeinschaft für Aufgaben der Datentransparenz nach § 303b SGB V erhalten die genannten Organisationen auf Bundesebene ein Mitberatungsrecht. Auch in den Zulassungs- und Berufungsausschüssen (zuständig für die Zulassung von Vertragsärzten) haben sie ein Mitberatungsrecht.

In der Verordnung zur Beteiligung von Patientinnen und Patienten in der Gesetzlichen Krankenversicherung (Patientenbeteiligungsverordnung) sind die in den Ausschüssen zugelassenen Organisationen benannt:

Deutscher Behindertenrat(www.deutscher-behindertenrat.de)

Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientenstellen(www.bagp.de)

Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V.(www.dag-shg.de)

Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.(www.vzbv.de)

Die Beteiligung an der Pflege wurde analog durch eine Pflegebedürftigenbeteiligungsverordnung umgesetzt. Dazu sind sechs Verbände benannt worden:

Sozialverband Vdk Deutschland(www.vdk.de)

Sozialverband Deutschland(www.sovd.de)

Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe(www.bag-selbsthilfe.de)

Interessenvertretung Selbstbestimmtes Leben in Deutschland e.V.(www.isl-ev.de)

Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen(www.bagso.de)

Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.(www.vzbv.de)

Diese Organisationen unterrichten ihre Mitglieder und die Bürger über deren Rechte im Sozialbereich.

Medizinischer Dienst der Krankenversicherung

Nahezu jeder Krankenversicherte hat schon einmal mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zu tun gehabt. Oftmals wird noch der früher maßgebende Begriff „Vertrauensarzt“ benutzt. Dabei wird der MDK meist nur als Kontrollfunktion gesehen. Das ist er aber bei weitem nicht. Vielmehr hat er zahlreiche Aufgaben zu erfüllen, die in ursächlichem Zusammenhang mit der Gesundheit der Krankenversicherten stehen. Er ist heute zu einer Einrichtung geworden, die zahlreiche Impulse gibt und deshalb – im positiven Sinn – sehr bedeutungsvoll für die versicherten Personen geworden ist.

In jedem Bundesland ist eine von den Krankenkassen gemeinsam getragene Arbeitsgemeinschaft „Medizinischer Dienst der Krankenversicherung“ als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet worden. Die Aufgaben und die Organisation des MDK sind in den §§ 275 bis 283 SGB V beschrieben.

Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft sind die gesetzlichen Krankenkassen, also die Landesverbände der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, die Landwirtschaftliche Krankenkasse und die Ersatzkassen (§ 278 Abs. 2 SGB V).  Private Krankenkassen sind nicht Mitglied. Für sie gelten besondere Regelungen.

Die Fachaufgaben des MDK werden von Ärzten und Angehörigen anderer Heilberufe wahrgenommen (§ 279 Abs. 5 SGB V).

Aufgaben auf Bundesebene

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat 2009 einen „MDK“ auf Bundesebene gebildet (§ 282 Abs. 1 SGB V) – den Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS). Der MDS berät den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu allen medizinischen Fragen, die in den Aufgabenbereich des Spitzenverbandes fallen (§ 282 Abs. 2 SGB V). Er koordiniert und fördert die Durchführung der Aufgaben und die Zusammenarbeit der MDKs in medizinischen und organisatorischen Fragen.

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erlässt Richtlinien über die Zusammenarbeit der Krankenkassen mit dem MDS. Diese Richtlinien dienen der Sicherstellung einer einheitlichen Begutachtung und enthalten Grundsätze zur Fort- und Weiterbildung. Im Übrigen kann der Spitzenverband Bund Empfehlungen abgeben. Die MDKs haben den MDS bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu unterstützen.

Der MDS untersteht der Aufsicht des Bundesgesundheitsministeriums.

Aufgaben des MDK

Die wesentlichen Aufgaben des MDK bestehen in Begutachtung und Beratung. Einzelheiten ergeben sich aus § 275 SGB V. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, eine gutachterliche Stellungnahme des MDK einzuholen.

Die Mitarbeiter der Krankenkassen müssen entscheiden, ob die Voraussetzungen zur Leistungsbewilligung gegeben sind. Insbesondere in schwierigen Fällen – wie etwa im Stichwort „Lebensbedrohliche Krankheit“ beschrieben (vgl. Seite 19, Nikolausbeschluss) – sind sie als Nichtmediziner oft überfordert. Hier springt der MDK mit seiner Fachkompetenz ein. Im Zusammenhang mit dem Nikolausbeschluss des Bundesverfassungsgerichts hat der MDS eine Begutachtungsanleitung entwickelt. Hier werden die einzelnen Schritte beschrieben, die vom Arzt des MDK zu beachten sind. Als Ergebnis seiner Begutachtung empfiehlt der MDK die betroffene Maßnahme oder er teilt der Krankenkasse mit, dass sie sozialmedizinisch nicht zu empfehlen sei. Die Krankenkasse hat aufgrund der Begutachtung und deren Ergebnisse zu prüfen, ob die Leistung zu gewähren ist oder nicht. Im Regelfall wird sie der Empfehlung des MDK folgen.

Die Verpflichtung zur gutachterlichen Stellungnahme bei Erbringung von Leistungen besteht insbesondere hinsichtlich der Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung. Diese Voraussetzung kann bei allen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zutreffen, auch bei Heil- oder Hilfsmitteln.

Ein Hauptfall, in dem der MDK tätig wird, ist die Erstellung eines Gutachtens im Fall der Arbeitsunfähigkeit, mit dem der Behandlungserfolg, insbesondere durch Einleitung von Maßnahmen für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, sichergestellt werden soll. Auch zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit kann eine Stellungnahme vom MDK eingeholt werden. Siehe nähere Ausführungen dazu unten.

Eine gutachterliche Stellungnahme kann auch zur Einleitung von Rehabilitationsleistungen (Notwendigkeit, Art, Umfang, Dauer von Rehabilitationsmaßnahmen) sowie zur Koordinierung dieser Teilhabeleistungen und einer diesbezüglichen Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger angefordert werden (siehe §§ 10 bis 17 SGB IX). Die Stellungnahme wird im Benehmen mit dem behandelnden Arzt eingeholt.

Nach § 275 Abs. 2 SGB V können auch stichprobenartig Stellungnahmen eingeholt werden. Das betrifft Leistungen zur Vorsorge und medizinischen Rehabilitation nach §§ 23, 24, 40 und 41 SGB V, aber auch Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen im Rahmen von Mutter-Kind- oder Vater-Kind-Maßnahmen. Geprüft wird hier die Notwendigkeit der Leistungen unter Zugrundelegung eines ärztlichen Behandlungsplans vor Bewilligung und regelmäßig bei beantragter Verlängerung.

Auslandsbehandlung

Die Krankenkassen haben eine Prüfung durch den MDK auch dann vornehmen zu lassen, wenn es um die Kostenübernahme einer Behandlung im Ausland geht. Dabei ist zu prüfen, ob die Behandlung nur im Ausland möglich ist. Hier ist § 18 SGB V zu beachten. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen. Der Anspruch auf Krankengeld ruht in diesem Fall nicht. Im Übrigen kann die Krankenkasse auch weitere Kosten für den Versicherten und für eine erforderliche Begleitperson ganz oder teilweise übernehmen.

Häusliche Krankenpflege – Zahnersatz

Der MDK prüft zudem, ob und für welchen Zeitraum häusliche Krankenpflege länger als vier Wochen erforderlich ist (§ 37 Abs. 1 SGB V).

Nach § 37 Abs. 1 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in besonderen Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen, neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte. Voraussetzung ist, dass Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist oder ein stationärer Aufenthalt durch häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird.

Die häusliche Krankenpflege umfasst die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall.

Allerdings kann in begründeten Ausnahmefällen die Krankenkasse einen längeren Zeitraum bewilligen. Voraussetzung ist, dass der MDK festgestellt hat, dass dies aus den oben genannten Gründen erforderlich ist.

Seit 01.01.2016 erhalten Versicherte nach § 37 Abs. 1a SGB V an geeigneten Orten im vorstehenden Sinne wegen schwerer Krankheit oder akuter Verschlimmerung einer Krankheit die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung.

Insbesondere erfolgt das nach:

einem Krankenhausaufenthalt

einer ambulanten Operation

einer ambulanten Krankenhausbehandlung

Der Anspruch besteht in diesen Fällen bis zu vier Wochen je Krankheitsfall und soweit keine Pflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegeversicherung vorliegt.

In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der MDK festgestellt hat, dass dies aus den angesprochenen Gründen erforderlich ist.

Darüber hinaus umfasst die häusliche Krankenpflege auch die ambulante Palliativversorgung (§ 37 Abs. 2 SGB V; vgl. Seite 113).

Desweiteren überprüft der MDK, ob eine Versorgung mit Zahnersatz aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist (§ 27 Abs. 2 SGB V).

Stationäre Behandlung

Wird eine Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (bei Leistungserbringung) bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V durchgeführt, hat dies zeitnah zu erfolgen. Sie ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse anzuzeigen.

Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300 Euro zu entrichten.

Aufgaben bei Arbeitsunfähigkeit

Bei Arbeitsunfähigkeit sind die Krankenkassen verpflichtet,

zur Sicherung des Behandlungserfolgs, insbesondere zur Einleitung von Maßnahmen der Leistungsträger für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, oder

zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit

eine gutachterliche Stellungnahme des MDK einzuholen (§ 275 Abs. 1 Nr. 3 SGB V).

Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit werden insbesondere in Fällen angenommen, in denen Versicherte auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind. Das Gleiche gilt, wenn der Beginn der Arbeitsunfähigkeit oft auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt wurde, der aufgrund zahlreicher von ihm ausgestellter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auffällig geworden ist (§ 275 Abs. 1a SGB V).

Die Prüfung muss unverzüglich nach Vorlage der ärztlichen Feststellung über die Arbeitsunfähigkeit erfolgen. Dabei kann auch der Arbeitgeber verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachterliche Stellung des MDK zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt. Die Krankenkasse kann von einer Beauftragung des MDK absehen, wenn sich die medizinischen Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit eindeutig aus den der Krankenkasse vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergeben.

§ 275 Abs. 1b SGB V bezieht sich auf die Vorschrift des § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Das betrifft die Wirtschaftlichkeitsprüfung der vertragsärztlichen Versorgung, die sich auch auf die Häufigkeit von Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit bezieht. Der MDK überprüft bei Vertragsärzten stichprobenartig und zeitnah die Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit.

Wenn sich im Rahmen der Überprüfung der Feststellung von Arbeitsunfähigkeit aus den ärztlichen Unterlagen ergibt, dass der Versicherte aufgrund seines Gesundheitszustands nicht in der Lage ist, einer Vorladung des MDK Folge zu leisten, oder wenn der Versicherte einen Vorladungstermin unter Berufung auf seinen Gesundheitszustand absagt und der Untersuchung fernbleibt, soll die Untersuchung in der Wohnung des Versicherten stattfinden (§ 275 Abs. 5 SGB V). Verweigert der Versicherte hierzu seine Zustimmung, kann ihm die Leistung versagt werden.

Die Krankenkasse hat, solange ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht, dem Arbeitgeber und dem Versicherten das Ergebnis des Gutachtens über die Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen, sofern die Bescheinigung des Vertragsarztes davon abweicht (§ 277 Abs. 2 SGB V). Die Mitteilung darf keine Angaben über die Krankheit des Versicherten enthalten.

Sonstige Prüfungen im Krankenversicherungsbereich

Im Rahmen ihres pflichtmäßigen Ermessens können außerdem Krankenkassen prüfen, ob sie in einem der in § 275 Abs. 3 SGB V aufgeführten Fälle eine Prüfung durch den MDK durchführen lassen wollen:

vor Bewilligung eines Hilfsmittels, ob das Hilfsmittel erforderlich ist (§ 33 SGB V) – der MDK hat hierbei den Versicherten zu beraten; er hat mit den Orthopädischen Versorgungsstellen zusammenzuarbeiten

bei Dialysebehandlung, welche Form der ambulanten Dialysebehandlung unter Berücksichtigung des Einzelfalls notwendig und wirtschaftlich ist,

die Evaluation durchgeführter Hilfsmittelversorgungen

ob Versicherten bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern ein Schaden entstanden ist (§ 66 SGB V – vgl. Kapitel 2, Stichwort: „Behandlungsfehler und Konsequenzen“, Seite 64).

Wirkung der Untersuchung durch einen Arzt des MDK

Die Ärzte des MDK sind bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen (§ 275 Abs. 5 SGB V). Sie sind nicht berechtigt, in die ärztliche Behandlung einzugreifen.

Der MDK ist befugt, den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und den sonstigen Leistungserbringern, über deren Leistungen er eine gutachterliche Stellungnahme abgegeben hat, die erforderlichen Angaben über den Befund mitzuteilen.

Praxis-Tipp:

Die Weitergabe des Begutachtungsergebnisses steht unter dem Vorbehalt, dass der Versicherte damit einverstanden ist. Widerspricht der Versicherte, darf der Befund nicht an die Leistungserbringer weitergegeben werden.

Mitwirkungspflichten der Patienten

In den bisherigen Ausführungen ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die Krankenkassen berechtigt sind, die Versicherten durch den MDK begutachten zu lassen. Zwangsläufig ergibt sich daraus, dass Versicherte von Ärzten des MDK oder sonstigen Personen untersucht werden.

Fraglich ist aber, ob und inwieweit die Versicherten gesetzlicher Krankenkassen verpflichtet sind, entsprechende Untersuchungen durchführen zu lassen, und was geschieht, wenn sie dies nicht tun.

Hier ist zunächst festzustellen, dass die Versicherten gesetzlicher Krankenkassen bestimmten Mitwirkungspflichten unterliegen. Rechtsgrundlage hierfür sind die §§ 60 bis 67 SGB I.

§ 60 SGB I sieht vor, dass jemand, der Sozial- bzw. Sozialversicherungsleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben hat, die für die Leistung erheblich sind. Auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers ist auch der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen.

Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, müssen unverzüglich mitgeteilt werden. Außerdem sind Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers (z. B. Krankenkasse) Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.

In § 61 SGB I ist vorgesehen, dass derjenige, der Sozial- bzw. Sozialversicherungsleistungen beantragt oder erhält, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers zur mündlichen Erörterung des Antrags oder zur Vornahme anderer für die Entscheidung über die Leistungen notwendiger Maßnahmen persönlich zu erscheinen hat.

Die Rechtsgrundlage für die Teilnahme an Untersuchungen durch den MDK ist § 62 SGB I. Wer danach Leistungen beantragt oder erhält, soll sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers, also der Krankenkasse, ärztlichen und psychologischen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich sind.

Praxis-Tipp:

Wer auf Verlangen eine Untersuchung durchführen lässt, kann auf Antrag Erstattung seiner notwendigen Auslagen (z. B. Fahrtkosten) und seines Verdienstausfalls in angemessenem Umfang erhalten (§ 65a SGB V). Das gilt auch, wenn eine Untersuchung nachträglich als notwendig anerkannt wird.

Grenzen der Mitwirkung

Die Grenzen der Mitwirkung werden in § 65 SGB I behandelt. Die Mitwirkungspflichten entfallen, sofern

a)

ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozial- bzw. Sozialversicherungsleistung steht oder

b)

ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder

c)

der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann. Letzteres kann auch im Rahmen der Amts- oder Rechtshilfe geschehen (vgl. dazu § 3 SGB X).

Was in Zusammenhang mit b) als „wichtiger Grund“ anzusehen ist, kann nach allgemeiner Auffassung nur individuell unter sorgfältiger Interessenabwägung beurteilt werden.

In der Person des Leistungsberechtigten liegende wichtige Gründe können zum Beispiel seine Gehunfähigkeit, Erkrankung oder Bettlägerigkeit, die Notwendigkeit überhöhter körperlicher Anstrengung oder besonders schwierige Familienverhältnisse sein, die die Anwesenheit des Berechtigten erfordern. Auch sonstige Umstände seelischer, familiärer und sozialer Art sind zu berücksichtigen.

Nach § 65 Abs. 2 SGB I können Behandlungen und Untersuchungen abgelehnt werden,

bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,

die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder

die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten.

Folgen fehlender Mitwirkung

Die Folgen fehlender Mitwirkung beschreibt § 66 SGB I. Wer nicht alle notwendigen Unterlagen beibringt, zum Erörterungstermin nicht erscheint oder sich nicht untersuchen lässt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, muss damit rechnen, dass der Leistungsträger (Krankenkasse) die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ohne weitere Ermittlungen ganz oder teilweise versagt oder entzieht. Das gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich (also vorsätzlich: Vorsatz ist das Wissen um den schädigenden Erfolg einer Handlung oder eines Unterlassens) die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

Leistungen, die wegen Pflegebedürftigkeit, Arbeitsunfähigkeit, Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder bereits gewährt werden, können nicht ohne weitere Ermittlungen bzw. Wertung entzogen werden. Voraussetzung ist vielmehr, dass unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass wegen des Verstoßes gegen die Mitwirkungspflicht die Fähigkeit zur selbstständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt wird. Diese in § 66 Abs. 2 SGB I niedergelegten Grundsätze sprechen auch die Fälle an, in denen eine Aufforderung zur Untersuchung beim MDK zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit nicht befolgt wird.

Praxis-Tipp:

Bei der Versagung oder dem Entzug von Sozial- bzw. Sozialversicherungsleistungen ist unbedingt § 66 Abs. 3 SGB I zu beachten. Danach dürfen Leistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachkommt.

Dabei genügt es nicht, wenn der Sozialleistungsträger lediglich unter Wiedergabe des Gesetzestextes darauf hingewiesen hat, dass die Leistung ganz oder teilweise versagt werden könne, wenn die Versicherten ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen. Ein solcher Hinweis erfüllt die Anforderungen des § 66 Abs. 3 SGB I nicht, weil er nicht unmissverständlich und konkret die Entscheidung bezeichnet, die im Einzelfall beabsichtigt ist.

Vielmehr muss der Sozialleistungs- bzw. Sozialversicherungsträger die konkret in Betracht kommende Mitwirkungspflicht darlegen, das heißt erklären, aus welchem Grund gerade ein persönliches Erscheinen oder eine Untersuchungsmaßnahme erforderlich ist. Außerdem muss eindeutig und leicht verständlich, richtig und vollständig darauf hingewiesen werden, mit welchen Rechtsfolgen der Betroffene rechnen muss.

Wenn der Betroffene bereits Gründe vorgebracht hat, weshalb er zum Termin nicht erscheinen kann oder ein Erscheinen nicht für notwendig erachtet, muss der Leistungsträger zumindest darauf hinweisen, dass diese Argumente aus seiner Sicht einer (vorübergehenden) Versagung oder Entziehung der Leistung nicht entgegenstehen.

Ein rückwirkender Leistungsentzug wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten ist im Übrigen nicht möglich.

Wird die Mitwirkung durch den Mitwirkungspflichtigen nachgeholt (Beispiel: Der Versicherte begibt sich nachträglich doch noch zum MDK.), kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen (§ 67 SGB I). Er hat hier sein pflichtmäßiges Ermessen zu beachten.

Unterstützung bei Behandlungsfehlern

§ 66 SGB V sieht eine Unterstützung der Versicherten bei Behandlungsfehlern vor. Die Krankenkassen sollen demnach die Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern entstanden sind, unterstützen.

In diesem Zusammenhang ist § 275 Abs. 3 Nr. 4 SGB V zu erwähnen. Danach können die Krankenkassen den MDK beauftragen prüfen zu lassen, ob Versicherten bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern ein Schaden entstanden ist.

Die Unterstützungsleistung der Krankenkasse umfasst keine Übernahme der Kosten der Rechtsverfolgung. Vielmehr geht es hier in erster Linie um Beratung und eben um Untersuchungen durch den MDK, die dann Ausgangspunkt für ein Schadensersatzverfahren des Versicherten sein können. Jedenfalls gibt eine solche Untersuchung in der Regel wichtige Anhaltspunkte, ob Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden können.

Hinsichtlich weiterer Ausführungen zur Unterstützung bei Behandlungsfehlern wird auf das Stichwort „Behandlungsfehler und Konsequenzen“ in Kapitel 2 verwiesen.

Weitergabe von Unterlagen und Daten an den MDK

Die Krankenkassen sind verpflichtet, dem MDK die für die Beratung und Begutachtung erforderlichen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Dabei dürfen Unterlagen, die der Versicherte über seine Mitwirkungspflichten nach §§ 60, 65 SGB I hinaus seiner Krankenkasse freiwillig selbst überlassen hat, an den MDK lediglich dann weitergegeben werden, wenn der Versicherte eingewilligt hat (§ 276 Abs. 1 SGB V i. V. m § 67b Abs. 2 SGB X). Wird die Einwilligung beim Betroffenen eingeholt, ist er auf den Zweck der vorgesehenen Verarbeitung oder Nutzung der in den Unterlagen enthaltenen Daten hinzuweisen. Das gilt auch für die Folgen der Verweigerung der Einwilligung.

Die Einwilligung und der Hinweis bedürfen der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist die Einwilligungserklärung im äußeren Erscheinungsbild der Erklärung hervorzuheben.

Im Übrigen darf der MDK Sozialdaten nur erheben und speichern, soweit dies für die Prüfungen, Beratungen und gutachterlichen Stellungnahmen nach § 275 SGB V erforderlich ist (§ 276 Abs. 2 SGB V).

Definition: Sozialdaten

Sozialdaten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person, die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle (insbesondere: Sozialleistungsträger) im Hinblick auf ihre Aufgaben nach dem SGB erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (§ 67 Abs. 1 SGB X). Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die den Sozialdaten gleichgestellt sind, sind dagegen alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

Haben die Krankenkassen aufgrund des § 275 Abs. 1 bis 3 SGB V eine gutachterliche Stellungnahme oder Prüfung durch den MDK veranlasst, sind die Leistungserbringer (z. B. Ärzte) verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung des MDK unmittelbar an diesen zu übermitteln. Diese Verpflichtung gilt in dem Maße, als dies für die gutachterliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist.

Die rechtmäßig erhobenen und gespeicherten Sozialdaten dürfen nur für die in § 275 SGB V genannten Zwecke verarbeitet oder genutzt werden. Für andere Zwecke ist dies nur zulässig, soweit es durch Vorschriften des SGB angeordnet oder erlaubt ist. Die Sozialdaten sind nach fünf Jahren zu löschen.

Der MDK hat Sozialdaten zur Identifikation des Versicherten getrennt von den medizinischen Sozialdaten des Versicherten zu speichern.

Im Übrigen ist durch technische und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur den Personen zugänglich sind, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

Ziehen die Krankenkassen den MDK oder einen anderen Gutachterdienst nach § 275 Abs. 4 SGB V zu Rate, können sie ihm mit Erlaubnis der Aufsichtsbehörde bestimmte Aufträge erteilen. Sie können ihn nämlich beauftragen, Datenbestände leistungserbringer- oder fallbezogen für zeitlich befristete und im Umfang begrenzte Aufträge nach § 275 Abs. 4 SGB V auszuwerten. Die versichertenbezogenen Sozialdaten sind vor der Übermittlung an den MDK oder die anderen Gutachterdienste zu anonymisieren.

Beauftragt der MDK einen Gutachter, ist die Übermittlung von erforderlichen Daten zwischen MDK und dem Gutachter zulässig, soweit dies zur Erfüllung des Auftrags erforderlich ist (§ 276 Abs. 2b SGB V).

Praxis-Tipp:

Sowohl die Krankenkasse wie auch der MDK sind verpflichtet, auf Anfrage mitzuteilen, welche Daten des Versicherten bei ihnen gespeichert sind und an wen welche Informationen weitergegeben wurden.

Aus § 83 Abs. 1 SGB X ergibt sich, dass dem Betroffenen auf Antrag über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen, und über die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die Daten weitergegeben werden, Auskunft zu erteilen ist. Das Bundessozialgericht hat mit einem Urteil vom 13.11.2012 (Az. B 1 KR 13/12 R) klargestellt, dass sich dieser Auskunftsanspruch auch auf das zum Zwecke der Datenübermittlung verwandte Übermittlungsmedium bezieht (z. B. unverschlüsselte E-Mail).

Diese Datenschutzauskunft kann beim Datenschutzbeauftragten der Krankenkasse oder des MDK kostenlos angefordert werden.

Menschenwürdige Behandlung

§ 70 Abs. 2 SGB V schreibt ausdrücklich vor – nicht nur bezogen auf die ärztliche Behandlung –, dass die Krankenkassen und die Leistungserbringer durch geeignete Maßnahmen auf eine humaneKrankenbehandlung der Patienten hinzuwirken haben. Es wird also eine menschenwürdige Behandlung gefordert. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Betrachtet man allerdings § 70 Abs. 1 SGB V, wird klarer, weshalb dieser Passus der humanen Krankenbehandlung in das Gesetz aufgenommen wurde. Diese Vorschrift regelt nämlich, dass die Versorgung der Versicherten ausreichend und zweckmäßig sein muss, das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf und in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden muss. Der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz aus § 12 SGB V wird hier also nochmals wiederholt.