Im Echo der Stille: Berliner Heimkehr - Murat Ham - E-Book

Im Echo der Stille: Berliner Heimkehr E-Book

Murat Ham

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Beschreibung

Der abschließende Roman von Murat Hams Trilogie verbindet die universellen Fragen sowie zeitlose Themen nach Identität, Heimat, Verlust, Drang nach Selbstverwirklichung, kultureller Zugehörigkeit und entfaltet sich in den pulsierenden Metropolen Berlin, Istanbul und New York.

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Murat Ham

Murat Ham, preisgekrönter Autor und eine prägende Stimme der zeitgenössischen Literatur, beeindruckt mit Geschichten, die in ihrer Tiefe und poetischen Kraft Resonanz finden. Mit dem Abschluss seiner gefeierten Trilogie, Im Echo der Stille: Berliner Heimkehr, beweist er erneut mit seiner eindringlichen Sprache seine einzigartige Fähigkeit, komplexe Themen mit berührender Emotionalität und kla-rem Stil zu verflechten.

Seine Romantrilogie verbindet vertraute Familienerzählungen mit universellen Fragen nach Identität, Heimat, Verlust, Drang nach Selbstverwirklichung und kultureller Zugehörigkeit. Dabei versteht Murat Ham vor dem Hintergrund der Metropolen Berlin, Istan-bul und New York, universelle Geschichten in zeitlose Erzählungen zu gießen, die Leser weltweit berühren sowie inspirieren. Er zählt zu den herausragenden Autoren unserer Zeit, bekannt für seine poetische Sprache und tiefgründigen Erzählungen. Mit seiner meisterhaften Literatur schlägt er weltweit Brücken zwischen Menschen, Generationen und Kulturen.

Er hat langjährige Berufserfahrungen gesammelt bei Print- und Funkmedien, als Chefredakteur, Leiter in der Unternehmenskommunikation, Leiter der Pressestelle, Führungskraft für externe und interne Kommunikation sowie Marketing. Er verweist auf umfangreiche internationale Erfahrungen als Führungskraft im Top-Management und auf einen kontinuierlichen Ausbau seines Verantwortungsbe-reichs – fachlich sowie personell. Murat Ham hat verschiedene Auszeichnungen erhalten.

Im Echo der Stille: Berliner Heimkehr

Der Fund

Kenan kehrt an einem regnerischen Herbsttag zurück in die leerstehenden Räume seines Elternhauses in Berlin. Nach dem Tod seines Vaters hat sich Kenan von vielem in seinem Leben entfremdet, auch von der Stadt, die für ihn immer ein Ort zwischen den Welten gewesen ist. Beim Durchstöbern alter Kisten findet er eine Schatulle, in der er auf vergilbte Briefe stößt – sorgfältig in Leder gebunden und in feiner, akkurater Handschrift verfasst. Die Absenderin, eine „Suzan“, ist ihm unbekannt, und Kenan wird von Neugier erfasst. Wer ist diese Frau, und welche Rolle spielt sie im Leben seines Vaters?

Er beginnt, den ersten Brief zu lesen, und taucht ein in die Jahre, bevor sein Vater nach Deutschland gekommen ist. Der Brief enthüllt eine tiefe Sehnsucht und die unaufhörliche Melancholie einer Beziehung, die nie zur Erfüllung gekommen ist. Kenan spürt, dass die Worte in ihm etwas bewegen, was lange Zeit stumm gewesen ist – die Suche nach Antworten auf Fragen, die er nie zu stellen gewagt hat.

Kenan beschließt, den Spuren aus den Briefen zu folgen und das Leben seines Vaters neu zu entdecken. Die Briefe erzählen von geheimen Treffen an bestimmten Orten in Istanbul, einem Café am Bosporus, einem Buchladen, der nur noch in alten Erinnerungen existiert, und einer alten Freundschaft. Er stellt sich Fragen, die ihn weiter in die Vergangenheit führen und ihn gleichzeitig dazu bringen, sich seiner eigenen Identität und Herkunft zu stellen. Berlin und Istanbul werden zu Schauplätzen dieser inneren Suche – jeder Ort in der Stadt weckt Erinnerungen an die Kindheit, an die Konflikte und das Verständnis für die fremde, aber vertraute Welt seiner Familie.

Kenan trifft in Berlin eine alte Freundin seines Vaters, die sich an die Geschichten aus den Briefen erinnert und ihm erzählt, wie sehr sein Vater unter der Entscheidung gelitten habe, Suzan zu verlassen. Diese Gespräche öffnen Kenan eine neue Perspektive: Vielleicht sind es nicht die Antworten, die ihm helfen, sondern das Verstehen der Entscheidungen, die ihn und seine Familie hierhergeführt haben. Er beginnt, die Kultur seines Vaters anders zu sehen – nicht als Last, sondern als Schatz, den es zu bewahren gilt.

Die Entdeckungen drängen Kenan, nach Istanbul zu reisen, um den Ursprüngen der Briefe nachzuspüren. Die Stadt empfängt ihn mit einer Mischung aus Vertrautheit und Fremdheit. Er streift durch die Straßen, sucht die Cafés und Plätze auf, die sein Vater und Suzan besuchten. In den Momenten der Stille hört er das Echo der Stimmen seiner Vorfahren, spürt die Nähe seines Vaters und versteht die unerfüllten Träume, die ihn bis in die Ferne trugen.

In Istanbul führt Kenans Suche ihn zu einem alten Buchladen in einer Seitenstraße, den Suzan in einem der Briefe beschrieben hatte. Dort trifft er auf den Besitzer, einen älteren Mann, der sich an Suzan und seinen Vater erinnert. In einem Gespräch über die Vergangenheit erfährt Kenan, dass sein Vater immer von einem besonderen Buch sprach, das er Suzan schenken wollte, es aber nie wagte. Der alte Mann gibt Kenan eine kleine Skizze, die Suzan einst in ein Buch gezeichnet hat – eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Mit der Skizze in der Hand und dem Wissen über die heimliche Liebe seines Vaters kehrt Kenan nach Berlin zurück. Er stellt sich nun die Frage, wie seine eigene Familie und Zukunft aussehen soll. Die Reise hat ihn verändert – die Distanz zur eigenen Identität scheint kleiner geworden zu sein, doch die Verarbeitung der Erinnerungen lastet schwer auf ihm. Eine innere Zerrissenheit zeigt ihm, dass er den Wert der kulturellen Brücken in seinem Leben neu erkennen muss.

Kenan wird von Erinnerungen an die schmerzhaften Konflikte zwischen seinen Eltern und den Erwartungen, die an ihn gestellt wurden, eingeholt. Er kämpft damit, wie er seinen Vater und dessen Entscheidungen verstehen kann, ohne die Schatten der Vergangenheit auf sein eigenes Leben zu werfen. Er besucht seine Mutter Zuhal, die mittlerweile in einem Apartment lebt, das sie liebevoll eingerichtet hat. Sie ist seine größte Kritikerin, aber auch die wichtigste Bezugsperson in seinem Leben. Während des Gesprächs über sein Projekt spürt Kenan, wie sehr seine Mutter seine kulturelle Reise unterstützt und gleichzeitig um den Verlust ihrer eigenen Heimat trauert.

Zuhal spricht mit ihm über ihre eigenen Erfahrungen, die Herausforderungen, die sie als junge Mutter in einem fremden Land erlebt hat, und die Enttäuschungen und Hoffnungen, die sie damals gehegt hat. Sie erzählt ihm, dass sie die Briefe an Suzan schon lange gekannt hat, aber nie den Mut gefunden hat, Kemal davon zu erzählen. Das Gespräch bringt Kenan dazu, seine Mutter auf eine ganz neue Weise zu sehen – als Frau mit ihren eigenen Sehnsüchten und Opfern. Er erkennt, dass ihre stillen Kämpfe ebenso bedeutend waren wie die seines Vaters und dass auch sie ein Teil seiner eigenen Geschichte sind.

Kenan wird klar, dass er einen Teil des Vermächtnisses seiner Mutter bisher übersehen hat. Sie lehrt ihn Werte wie Respekt und Mitgefühl, aber auch das Festhalten an den eigenen Wurzeln trotz äußerer Umstände. Inspiriert von Zuhals Geschichten beschließt Kenan, das nächste Kapitel seines Lebens den Erfahrungen und Kämpfen der Frauen seiner Familie zu widmen. In seiner Mutter sieht er die stille Stärke, die ihm in vielen Momenten Orientierung gibt.

In einem weiteren Gespräch öffnet sich Zuhal mehr über ihr Leben vor ihrer Ankunft in Deutschland. Sie erzählt Kenan von ihrer eigenen Jugend in Istanbul und von den schweren Entscheidungen, die sie damals getroffen hat, um für ihre Familie in der Fremde eine Grundlage aufzubauen. Sie beschreibt ihre Träume, die sie aufgab, um Kenan und seinen Vater zu unterstützen, und wie sehr sie sich nach der vertrauten Wärme Istanbuls gesehnt hat.

Kenan wird klar, dass seine Mutter mehr als nur eine stille Beobachterin in der Geschichte seines Vaters und seiner Familie ist. Er erkennt, dass er auch das Vermächtnis ihrer Träume und Opfer in sich trägt. Von Zuhals Offenbarungen inspiriert, beschließt Kenan, die nächste Buchreihe den Geschichten von Frauen aus anderen Kontinenten zu widmen. Er beginnt, Interviews mit Frauen zu führen, die ähnlich wie seine Mutter zwischen Kulturen leben und oft wenig Gehör finden. Die Interviews werden zu bewegenden Erzählungen über Verlust, Anpassung und die Stärke, die oft in der Stille verborgen liegt. Kenan merkt, dass Zuhals Geschichte nicht nur seine eigene Wahrnehmung verändert, sondern auch eine wichtige Erzählung ist, die viele Menschen in seiner Community verbindet.

Kenan lädt Zuhal zu einer besonderen Lesung der ersten Dokumentation innerhalb der Buchreihe ein, die ihren Lebensweg und ihre Worte würdigt. Er gibt ihr damit das Gefühl, dass ihre Opfer gesehen und anerkannt werden. Im Publikum sitzen Frauen und Männer aus der Community, die während der Lesung in Erinnerungen und eigenen Emotionen versinken. Zuhal wird im Anschluss mit Glückwünschen und Anerkennung überschüttet. Kenan erkennt, wie wichtig es ist, die Geschichten der eigenen Familie zu erzählen und ihnen eine Stimme zu geben.

Zurück in seiner Wohnung entdeckt Kenan ein altes Fotoalbum, das Zuhal sorgfältig in einer Kiste aufbewahrt hat. Beim Durchsehen sieht er Bilder seiner Mutter als junge Frau: fröhlich, frei und lebendig. In einem besonders eindrucksvollen Bild steht sie auf einer Klippe am Bosporus, die Arme ausgebreitet. Er erkennt, dass diese Seite von ihr ihm bisher fremd gewesen ist –

die Frau, die sie einst war, bevor das Leben in Deutschland begonnen hat.

Zuhal bemerkt Kenans Interesse und erzählt ihm von ihren Träumen und Sehnsüchten in jungen Jahren. Sie wollte eine international erfolgreiche Designerin werden, Kunst studieren und Istanbul nie verlassen. Doch als Kenans Vater beschloss, nach Deutschland auszuwandern, legte sie diese Träume beiseite, um ihre Familie zu unterstützen und dem Kind, das sie bald erwartete, eine Zukunft zu sichern.

Zuhal offenbart Kenan, dass sie und sein Vater ein Versprechen teilten: Sie würden irgendwann zurückkehren. Doch das Leben in Deutschland machte sie zu Fremden in der eigenen Heimat. Jahrzehnte der Arbeit, kulturelle Barrieren und die Sorge um Kemals Zukunft ließen dieses Versprechen verblassen. Kenan versteht nun die Tiefe der Enttäuschung und der inneren Entfremdung, die Zuhal in Deutschland empfunden hat.

Diese Erkenntnis verändert Kenans Wahrnehmung zu seiner Mutter. Ihre leisen Blicke, ihre Nostalgie und die Art, wie sie Istanbul in ihren Erzählungen lebendig hält, gewinnen für ihn eine neue Bedeutung. Er merkt, dass Zuhal ihre Traurigkeit und den Schmerz über den Verlust der Heimat oft hinter einem liebevollen Lächeln versteckte, um ihm die schwere Last nicht aufzubürden.

Berührt von den Erinnerungen an die alte Heimat, schlägt Kenan seiner Mutter vor, ein Ritual aus Istanbul wiederzubeleben. Sie entscheiden, den „Sonntagsfrühstücksmarkt“ nachzustellen, eine Tradition, die Zuhal vermisst: Tee, Oliven, Käse und frisch gebackenem Brot gestalten sie gemeinsam das Frühstück. Zuhal ist sichtlich gerührt und erzählt Kenan Anekdoten über ihre Jugend und die Familie, die sie dort zurückgelassen hat.

Für Kenan ist das Frühstück nicht nur ein Moment der Nähe, sondern auch ein symbolischer Brückenschlag – eine Geste, um die verlorene Zeit zurückzuholen und die Heimat seiner Mutter in das Hier und Jetzt zu bringen. Kenan und Zuhal sprechen über seinen Vater, den Chemie-Professor, und wie sehr seine Arbeit in der Wissenschaft ihn prägte. Zuhal erinnert sich an die Leidenschaft, die sie beide für ihre Berufe teilten, und wie sehr sich Wissenschaft und Mode in ihrem Leben miteinander verbunden hat. Während sein Vater chemische Experimente ausführte, die Lösungen für komplexe Fragen finden sollten, entwarf Zuhal Mode, die Kultur und Zeitgeist vereinte – sie sieht in ihrer Arbeit ein Spiegelbild der Identität ihrer Kunden.

Kenan besucht das kleine Atelier, das Zuhal in ihrer Wohnung eingerichtet hat. Er entdeckt Skizzen, die aus ihrer frühen Zeit als Modedesignerin stammen. Die Entwürfe zeigen traditionelle türkische Muster, kombiniert mit modernen, westlichen Elementen – ein Versuch, zwei Welten zu vereinen, ähnlich wie Kenan es in seiner eigenen Suche nach Identität erlebt. Zuhal erzählt ihm, wie sie ihre Mode nie nur als Kleidung, sondern als Ausdruck ihrer Herkunft und Sehnsüchte verstand. Sie erklärt, dass sie die traditionellen Muster oft als eine Art „Code“ für ihre verlorene Heimat in ihre Kleidung einwebt.

Zuhal zeigt Kenan ein besonderes Kleidungsstück, das sie nie fertigstellte: einen Mantel, der symbolisch für ihre persönliche Reise von Istanbul nach Deutschland steht. Die Stoffe und Farben spiegeln die Elemente der beiden Kulturen wider, die sie in sich trägt. Zuhal erzählt Kenan, dass sie oft an diesen Mantel denkt, ihn aber nie fertiggestellt hat – es war für sie wie eine Brücke, die noch geschlossen wird.

Ermutigt durch diese Begegnung, bietet Kenan an, ihr beim Nähen und Vollenden des Mantels zu helfen. Die gemeinsame Arbeit wird zu einem rituellen Akt der Versöhnung, wodurch Zuhal die Erinnerungen an ihren verstorbenen Mann und die Zeit in Deutschland verarbeitet. Für Kenan ist dies eine Gelegenheit, das Erbe seiner Mutter auf eine ganz neue Weise zu schätzen.

Wissenschaft und Mode – eine unerwartete Verbindung

Kenan spricht mit Zuhal über die vermeintlich so unterschiedlichen Berufe seiner Eltern. Zuhal erklärt ihm, dass sie und sein Vater oft über die Gemeinsamkeiten ihrer Arbeit gesprochen haben. Beide haben die Elemente ihrer Welten neu zusammengesetzt und einen Sinn daraus geformt – ob durch chemische Formeln oder Stoffmuster. Diese Erzählungen helfen Kenan, die komplexe Beziehung seiner Eltern und die Verbindung zwischen Kunst und Wissenschaft auf eine neue Weise zu verstehen.

Während Zuhal und Kenan gemeinsam am Mantel arbeiten, erzählt Zuhal, dass der Entwurf von einem speziellen Moment inspiriert ist: dem Abschied von Istanbul, als sie und Kenans Vater Deutschland als neue Heimat angenommen haben. Der Mantel ist aus Stoffen gemacht, die Zuhal über die Jahre sorgfältig aufbewahrt hat – schwere Wolle aus Deutschland, bestickte Seide aus der Türkei. Diese beiden Stoffe nebeneinander spiegeln die beiden Welten wider, die Kenan und seine Eltern über Jahrzehnte versucht haben, miteinander zu verweben.

Das Nähen wird zu einer Art Übergangsritual. Kenan beginnt zu verstehen, wie seine Mutter ihre Erinnerungen und die Geschichte ihrer Familie in ihre Designs eingewebt hat und dabei ihre kulturelle Identität bewahrt. Zuhal erzählt, dass sie, wenn sie mit traditionellen türkischen Stoffen gearbeitet hat, die Verbindung zu ihrer Herkunft spürt und sich ihrem verstorbenen Mann näher fühlt, der ihren Traum unterstützt hat.

Beim Betrachten alter Familienfotos in einem Album kommt das Gespräch auf Kenans Vater. Kenan erinnert sich an die Nächte, in denen sein Vater bis spät in die Nacht chemische Formeln überprüft hat, während Zuhal in derselben Wohnung mit Stoffen und Entwürfen gearbeitet hat. Sein Vater war fasziniert von den Details, und sein analytischer Geist ist über seinen Tod hinaus eine Inspiration für Zuhal: Sie erzählt Kenan, dass viele ihrer Designs von den Formeln und Strukturen inspiriert sind, die sein Vater ihr gezeigt hat.

In einem besonders bedeutsamen Moment zeigt Zuhal Kenan ein altes Notizbuch seines Vaters, in dem er chemische Formeln notierte und sie durch Zeichnungen erklärte – sie waren für Zuhal gedacht, damit sie diese in ihre Stoffmuster einbaut. Zuhal erinnert sich an die Gespräche, die sie mit ihm über die Schönheit der Strukturen in der Wissenschaft führten, und Kenan erkennt, dass seine Eltern, auch wenn ihre Berufe verschieden sind, eine tiefe kreative Verbindung haben.

Durch die Erinnerungen und die Arbeit am Mantel entsteht in Kenan ein neues Verständnis dafür, wie sehr die Berufe und Leidenschaften seiner Eltern ineinanderflossen und ihn geprägt haben. Er sieht, dass seine Identität nicht nur durch seine Wurzeln in der Türkei und Deutschland geformt ist, sondern auch durch die Werte und die Kreativität seiner Eltern. Für ihn ist der Mantel ein Symbol ihrer Liebe, Träume und eine Brücke, die sie zwischen ihren beiden Welten bauten.

Kenan beschließt den Mantel bei einer besonderen Veranstaltung zu präsentieren – der Premiere seines neuen Buchs oder einer Fotoausstellung mit Skizzen der Mutter. Für ihn und Zuhal ist der Mantel nicht nur ein Kleidungsstück, sondern ein Zeugnis für die Verbindung seiner Familie über Kulturen und Generationen hinweg.

Der Tag der Premiere ist gekommen, und Kenan hat sich entschieden, das Event im Atelier seiner Mutter zu beginnen. Die Räume, gefüllt mit skizzierten Designs, feinen Stoffen, zahlreiche Fotos mit Designer-Skizzen und dem Geruch von Tee, bieten eine intime und persönliche Atmosphäre. Zuhal, die ihre Gefühle selten offen zeigt, ist sichtlich gerührt, als sie den fertigen Mantel sieht, der auf einem Ständer in der Mitte des Raumes präsentiert wird. Seine leuchtenden Farben und die feinen, symbolträchtigen Muster ziehen die Aufmerksamkeit der Gäste auf sich.

Der Mantel ist ein Kunstwerk: aufwändige, florale Stickereien erinnern an die traditionellen Teppichmuster ihrer Heimat, während die Struktur und die klaren Linien eine moderne deutsche Strenge reflektieren. Kenan hat den Moment der Enthüllung bewusst gestaltet, um den Mantel zu präsentieren – genauso wie seine Mutter und sein Vater einst ihre Welten verbunden haben.

Nach der Vorstellung und dem Applaus findet Zuhal einen Moment allein mit dem Mantel. Ihre Finger gleiten über die Stickereien, und Erinnerungen durchströmen sie – an die frühen Tage in Deutschland, als das Heimweh oft überwältigend gewesen ist. Sie denkt an Kenans Vater, der sie an dunklen Abenden im Atelier besuchte und Geschichten über Moleküle und ihre Verbindungen erzählte, während sie in Gedanken an neue Designs vertieft war. Damals sagte er oft: „Wir sind wie diese Moleküle, eng verbunden, auch wenn wir zwei verschiedene Stoffe sind.“

Kenan bemerkt die Emotionen seiner Mutter und gesellt sich zu ihr. Zuhal erzählt ihm von einem Abend, an dem sein Vater sie zu einem Experiment einlud, das die chemischen Bindungen zwischen Elementen verdeutlichen sollte. Er hatte es mit einem Lächeln als „das Geheimnis der Beständigkeit“ beschrieben. Kenan ist bewegt, als er hört, wie die Worte seines Vaters in den kreativen Prozess seiner Mutter eingeflossen sind und ihr geholfen haben, sich mit der Fremde zu versöhnen.

Der Abend geht zu Ende, und Kenan und Zuhal sind allein im Atelier. Umgeben von Zuhals Skizzen, Fotos und alten Stoffproben sprechen sie über die Bedeutung von Identität, Heimat und Vermächtnis. Kenan gesteht seiner Mutter, dass er manchmal das Gefühl hat, den Weg zwischen zwei Welten noch immer nicht ganz gefunden zu haben. Zuhal, von der Tiefe seiner Worte berührt, erinnert ihn daran, dass er das Erbe beider Eltern in sich trägt – der präzise, analytische Geist seines Vaters und das kreative, weltoffene Herz seiner Mutter.

Sie erinnert sich daran, wie Kenan schon als Kind mit Begeisterung die Stoffe in ihrem Atelier durchwühlte, die Muster analysierte und fragte, woher die Farben und Formen stammen. Kenan wiederum hat ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass die Geschichten und Erfahrungen seiner Eltern ihn tief beeinflusst haben, oft auf subtile Weise. Die Kleidung seiner Mutter, die Wissenschaft seines Vaters – beide Welten haben ihn zu dem gemacht, was er heute ist. Und nun, mit dem Mantel, sieht er ein greifbares Symbol dieser Verbindung.

Am Ende des Abends trägt Zuhal den Mantel zum ersten Mal und bittet Kenan, sie zu fotografieren. Sie posiert stolz und elegant, und in diesem Moment sieht Kenan eine Seite seiner Mutter, die er zuvor nie ganz verstanden hat. Die Frau, die einst Träume von Mode und Kunst in Istanbul gehabt hat, die in ein fremdes Land gezogen ist und dennoch ihre Kultur und Kreativität bewahrt hat. Sie trägt jetzt einen Mantel, der alles vereint, wofür sie steht.

Während Kenan das Bild aufnimmt, denkt er daran, wie dieser Moment die Geschichten seiner Eltern und seine eigene Identität verbindet. Es ist ein Bild, das er als Symbol für die Kraft der Verbindung und des Erbes aufbewahren wird. Zuhal spricht über Kemal, ihren verstorbenen Mann, und wie er sie dazu inspiriert hat, ihre Mode als eine Art Kommunikation mit der Welt zu sehen. Sie erzählt Kenan, dass sie oft darüber nachdenkt, wie er an ihrer Seite stand, während sie ihren Traum verfolgte, und wie seine wissenschaftliche Neugier auch ihre Designs beeinflusste. Diese Erinnerungen sind für Kenan kostbar, denn sie zeigen ihm, wie der Geist seines Vaters in der Kreativität seiner Mutter weiterlebt.

Kenan plant eine Lesung in Zuhals Atelier, um einige seiner neuen Geschichten zu präsentieren und die Verbindung zur Familiengeschichte weiter zu stärken. Er lädt Freunde, Familie und Journalisten ein, um seine Gedanken über interkulturelle Identität und die Rolle seiner Familie in der heutigen Welt zu teilen. Bei der Vorbereitung der Lesung entdeckt Kenan alte Notizen seines Vaters, in denen Kemal über die chemischen Grundlagen des Lebens schreibt und Parallelen zu den Beziehungen zwischen Menschen zieht.