Im Lande der weißen Kamele - Egon Richter - E-Book

Im Lande der weißen Kamele E-Book

Egon Richter

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Beschreibung

„Sie hatte noch nie ein Erdbeben erlebt, aber so - hatte sie das Gefühl - müsste es sich ankündigen: ein undefinierbares Dröhnen, ein Zittern des Bodens, eine gelbgraue Wolke, die vom Horizont her auf sie zutrieb, dann ein Donnern und Schlagen und endlich, wie zum Niederstampfen auf sie angesetzt, der Pulk der Kamele: Die Hälse hochgereckt, trompetend, blökend, rasten die Tiere auf sie zu. Philipp schrie, sie solle sich um Gottes willen zurückhalten, aber dazu war sie nicht hergekommen, und trotz der beklemmenden Furcht, die sie vor der Urgewalt der anstürmenden Leiber ergriffen hatte, trat sie ihnen entgegen. Gewiss, sie musste hin und her springen vor oder inmitten der stampfenden, sich gegenseitig bedrängenden Kamele, die wie eine gelbbraune, helle, ockerfarbene Masse um sie herum wogten, von den beiden berittenen Hirten mit Stöcken und Hunden in Schach gehalten. Aber es gelang ihr, diesen freien Geschöpfen nahe zu sein, ihren herben strengen Duft einzuatmen und wenigstens einen Augenblick in ihre großen lidlosen Augen zu sehen, in denen sich die ganze Welt zu spiegeln schien. Jetzt wusste sie, was es bedeutete, wenn die Einheimischen die Schönheit mit dem Kamelauge verglichen. Es kam keine Ruhe in die Herde, sie strebte davon, suchte der Menschenhorde zu entfliehen. Die Hirten stiegen keinen Augenblick aus dem Sattel, und kaum, dass sie gekommen waren, jagten sie pfeifend und rufend mit der Herde zurück in die ruhevolle heimische Steppe. Es war wie ein Spuk, und minutenlang fragte sie sich, ob sie dies eben wirklich erlebt hatte ... Sie aber stand neben den Akazienbüschen und blickte der schnell sich entfernenden Staubwand nach. Sie hatte das Gefühl, ihr entschwände ein Stück Welt, das sie niemals wiederfinden würde ...“ Solche und andere Erlebnisse abenteuerlicher, seltsamer oder alltäglicher Art schildert Egon Richter in seiner interessanten Reisereportage aus einem fernen Land, wo zwischen den Bergen Ostsibiriens, der Mongolei und Chinas der britische Weltreisende Carruthers im Kohlfeld eines Siedlers den Mittelpunkt Asiens markierte, Regierung und Parlament sich in einem hölzernen Blockhaus versammelten und bunte dreieckige Briefmarken mit französischem Text den Namen des unbekannten Staates über die Welt trugen: TUWA.

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Impressum

Egon Richter

Im Lande der weißen Kamele

Chronik einer Stippvisite

ISBN 978-3-95655-811-5 (E-Book)

Die Druckausgabe erschien erstmals 1986 im Hinstorff Verlag Rostock.

Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta

© 2017 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.edition-digital.de

1. Kapitel

Was konnte sie über Tuwa erzählen?

Jetzt, in dieser Stunde zwischen Dämmerung und Nacht, am Ende der langen Betonbahn des Zwischenlandeplatzes, umgeben von der schwarzen Mauer des Waldes, frierend im kühlen Wind und im nässenden Nieselregen, dachte sie zuerst an die Sonne.

Sie sah zu Philipp hinüber, der in dem kleinen Häuflein Passagiere schweigend die Arbeit der Monteure beobachtete und auf dessen heller Windjacke sich dunkle Feuchtigkeit auszubreiten begann, und sie fragte sich, ob auch er jetzt an Tuwas strahlende Sonne dachte.

Jedoch war sie fast sicher, dass ihn andere Überlegungen beschäftigten. Historische vielleicht, völkerkundliche oder gar wirtschaftliche, auf jeden Fall solche, die sie »sachlich und nüchtern« zu nennen pflegte. Falls er, eingekreist von Regenschwaden, überhaupt Überlegungen anstellte und nicht nur argwöhnisch dem Mühen der Monteure zusah, berechnend, dass - sollte diese Arbeit sich noch länger verzögern - kaum Chancen bestünden, das Anschlussflugzeug nach Europa zu erreichen. Nein, sie war sicher, dass Philipp nicht an die Sonne dachte.

Er nahm die Natur wahr und hin wie die Luft zum Atmen. Sie stellte nichts Besonderes für ihn dar, nichts immer wieder Außergewöhnliches. Sie war für ihn weder Anlass noch Gegenstand, über die es sich nachzudenken lohnte: Sie war da, und das genügte. Manchmal war sie erfreulich und bisweilen ärgerlich, sie beförderte oder behinderte sein Tun, aber sie erregte ihn nicht. Er mochte Katzen und hasste Hühner, von denen er behauptete, sie seien die dümmsten Geschöpfe auf Gottes Erde, und er war durchaus imstande, angesichts des harmonischen Farbenspiels einer Landschaft festzustellen, die sehe aus wie eine Werbepostkarte für Technicolor.

Philipp war ein Organisationsfanatiker: Noch bevor sie irgendwo eintrafen, wusste er genau, was und wohin er wollte. Er verfügte über Termin- und Fahrpläne, über exakte Zielvorstellungen und über ein gerüttelt Maß Erfahrungen in und mit diesem Kontinent. Er hatte ihn durchstreift, durchflogen und durchfahren, er kannte seine Gegebenheiten und Beschwernisse, und er wusste aus eigenem Erleben, welche Folgen ein Dauerregen, ein verpasstes Flugzeug oder eine Autopanne in der Steppe haben konnten. Ohne ihn wäre sie hilflos gewesen in der Unendlichkeit dieses fremden Erdteils, und sie war ihm dankbar für die Sicherheit, die er ihr einflößte.

Philipps »Nüchternheit« aber störte sie. Manchmal, wenn diese Tatsache in ihr Bewusstsein drang, keineswegs häufig, kam ihr Philipp wie ein Fremder vor. Das verging rasch, aber nie für immer.

In den frühen Jahren ihrer Ehe hatte sie oft versucht, Philipp etwas von ihren Neigungen einzupflanzen. Sie hatte ihn ermuntert, mit ihrem Vater zum Fischen hinauszufahren, morgens, wenn das Licht des Tages noch jung war, und immer in der Hoffnung, er würde Ähnliches dabei erleben wie sie: den Farbwechsel des Sonnenaufgangs, der ihr stets wie der Beginn des Lebens vorkam, das Rollen der Rohrdommeln im Schilf, das wie ein Abgesang der Nacht wirkte, oder das Klingeln der Lerche, wenn sie hoch über Strom und Feldern den Tag einläutete. Aber immer hatte sie vergeblich auf Äußerungen dieser Art aus seinem Mund gewartet. Er hatte mit ihrem Vater nur über die Technik des Reusenfischens debattiert, über Stellnetze und Glühkopfmotoren und endlich, beim Frühstück, wenn ihre Mutter Speckeier und heißen Kaffee auf den Küchentisch gestellt hatte, über ihres Vaters Seefahrerzeiten, die Volksbräuche auf Samoa, die listigen Händlertaktiken in Schanghai und schließlich über die Seeschlacht im Skagerrak und die Kieler Matrosen. Aber von der schwirrenden Lerche war niemals die Rede gewesen.

Nicht, dass sie eine lebensfremde Schwärmerin war, das ganz und gar nicht! Seit sie vor mehr als dreißig Jahren ihr naturwissenschaftliches Studium beendet hatte, schlug sie sich im Labor ihres Betriebes tagtäglich nicht nur mit Säuren, Basen, Salzen und Farben herum, sondern auch mit Plankennziffern und Wettbewerben, mit Materialmangel und unsinnigen Verpflichtungen, mit kärglichen Erfolgen und viel zu oft mit Leuten, denen das alles gleichgültig war. Oft hatte sie vieles davon allein ertragen und durchstehen müssen, ebenso wie die Sorgen und Freuden mit den Kindern, weil Philipp wieder wochenlang in der Weltgeschichte herumreiste. Wenn in solcher Zeit betriebliche Hektik, das Gestrüpp von Plankorrekturen, Beratungen und Versammlungen sie niederzudrücken drohten, war sie in den Wald vor der Stadt gelaufen oder an die hellen Ufer des steinigen Strandes, und das Wispern der Bäume oder das Rauschen des Meeres hatten ihr Ruhe, Freude und Sicherheit wiedergegeben.

Philipp dagegen fand seine größte Befriedigung in unablässiger Betriebsamkeit. Je kunterbunter das Leben mit ihm umsprang, desto wohler fühlte er sich. Stille und Ruhe machten ihn nervös, ohne prall gefüllten Terminkalender war er nur ein halber Mensch. Vielleicht war es gerade diese immer tätige Beweglichkeit, die sie an ihm liebte. Vielleicht liebte man im anderen immer das, was man selbst nicht besaß? Dennoch hätte sie ihn gern zu manchen ihrer Neigungen hinübergezogen, aber solchen Absichten entzog er sich. Und er lachte nur, wenn sie ihm im heimischen Datschengarten, in dem er alle schweren Arbeiten zwar knurrend, aber mit größter Präzision erledigte, vorwarf, dass er einen Blaustern nicht einmal von einem Krokus unterscheiden könne.

Nein, sie war sicher, dass er nicht an Tuwas Sonne dachte in dieser scheußlichen Regennacht, in der ein Jeep die Monteure endlich dem schlierigen Licht des Flughafengebäudes entgegenfuhr und Philipp sie über die kurze Leiter in die warme Kabine schob. Dennoch konnte sie sich nicht enthalten, ihn zu fragen: Was denkst du? Und es überraschte sie nicht, dass er, als er ihr die nasse Jacke abgenommen, ihren Sicherheitsgurt befestigt und sich selbst auf dem Sessel neben ihr zurechtgerekelt hatte, seine Hand auf ihren Arm legte und erklärte: Ach, Eule, woran denke ich? Das ist wieder eine deiner typischen Fragen - ich denke gar nicht, ich schlafe jetzt, wir haben noch sechs Stunden vor uns in dieser luftigen, schwarzen Höhe, und die sollten wir nutzen.

Ja, sagte sie, natürlich.

Solange sie ihn kannte, war Philipp ein praktischer Mensch gewesen, der genau wusste, wie er mit seiner Zeit umgehen, seine Stunden einteilen und eine Fülle von Arbeit so rationell wie möglich erledigen musste. Sie dagegen träumte gern, hing Erinnerungen nach, gab sich stundenlang dem Sinnieren über Gott und die Welt hin, eine Eigenschaft, die sie, wie Philipp behauptete, von ihrer Mutter geerbt und, wie er sich ausdrückte, zu einer regelrechten Trödelliese gemacht habe. Bei all dem war sie, und auch das verband sie mit Philipp, ein durchaus geselliger Mensch. Sie hatte es, mit ihm gemeinsam, fertiggebracht, in einem neuntägigen Kurzurlaub zehnmal ins Theater zu gehen. Sie versäumte kein Konzert, wenn es sich irgendwie einrichten ließ, und an jedem Silvesterabend schloss sie die Wohnungstür ab, um mit Philipp zusammen ungestört die Neunte Sinfonie zu genießen. Ihr Betriebsleiter hatte sie, wohl auch mit einem hinterlistigen Blick auf Philipps Möglichkeiten, zur »Kulturtante« wählen lassen. Sie organisierte Brigadefeiern und Kollektivausflüge, und wenn sie es tatsächlich fertigbrachten, dreimal im Jahr gemeinsam zu Tanzveranstaltungen zu gehen, war sie im ganzen Saal die erste, die, meist gegen dessen Willen und von allen anderen Gästen angestarrt, ihren Mann auf die Tanzfläche zog, kaum dass die Kapelle die Instrumente angesetzt hatte. In solchen Fällen war Philipp die »Trödelliese«. Sie lächelte ihn an und wusste, dass er in der nächsten Minute schon schlafen würde, so wie er auch in Zügen und Autos schlafen konnte, was ihr nie gelungen war und nie gelingen würde, und es tat ihr gut, sein ruhiges Atmen neben sich zu hören.

In der Schwärze der Nacht rauschten die Düsen. Wie dünne Spinnwebfäden markierten sich Regenspritzer an der runden Scheibe des Fensters. Sie spürte erstaunt, dass sie immer noch lächelte und die Erinnerung an die Sonne von Tuwa ihr Herz erwärmte. Dabei hatte sie zuerst Angst vor dieser Sonne gehabt.

Am ersten Tag überfiel sie das milchige Licht eines ungeheuer hohen Himmels, das sie mehr blendete als die kaum wahrnehmbare weiße Scheibe der Sonne. Das Licht füllte die ganze Kabine des Flugzeugs aus, und es schien ihr, als drängte mit dem Licht eine Woge von Hitze in den Raum. Sie wusste, dass sie einer Täuschung unterlag, dass die Scheibe des Fensters eiskalt war und die Temperatur im Innern der Maschine nicht höher als gewöhnlich. Trotzdem lehnte sie die Stirn gegen das Bullauge und empfand die gläserne Kälte wie eine Erlösung.

Unter ihr lag die Stadt - Häuserquadrate zwischen rechtwinkligen Straßenzügen, Baumalleen und gelbstaubigen Freiflächen, begrenzt von der Linie des Flusses, die wie ein Aluminiumstreifen schimmerte, und eingekesselt von hochbewaldeten Bergen, kahl und rötlich nur in den gefährlich nahen Gipfelhöhen. Keine eismeerähnliche Wolkendecke behinderte die Sicht, nur ein dunstiger Schleier lag wie eine zarte Tüllgardine über dem Ort ihrer Ankunft. Je tiefer das Flugzeug in den Talkessel tauchte, desto mehr kam es ihr vor, als flimmere die Landschaft vor Hitze.

Vor solcher Hitze fürchtete sie sich. Sie wusste, dass sie es schwer haben würde in dieser Umgebung: Ihre Beine würden anschwellen, ihr Herz würde beängstigende Sprünge machen, und irgendwann, wenn sie, wie er es nannte, »aus den Latschen zu kippen« drohte, würde ihr Philipp raten, heißen Tee zu trinken, und sie mit der lächerlichen Bemerkung aufzurichten trachten: Was willst du, Eule, in Asiens Mitte ist nicht Gotland.

Skandinavien war das Land ihrer Träume. Sie hätte nie sagen können, woran das lag. Andersens Märchen hatten ihr Schauder über die Haut gejagt, Per Gynt war ihr immer unheimlich vorgekommen, Solveigs Lied hatte sie stets mit Trauer erfüllt, und die düsteren Gesänge des Kalevala waren ihrem Herzen fern und unverständlich geblieben. Trotz solcher Erfahrungen mit sich selbst waren die grünen Ufer von Gotland und die weißen Strände von Bornholm, die tausend blauen Augen Finnlands und die zerklüfteten Schären und Fjorde von Stavanger die große Sehnsucht ihres Lebens geblieben. Dabei kannte sie die Bilder dieser Sehnsucht nur aus gutgemachten Filmen. In jenen großen Teil der Welt, zu dem die Wiesen von Gotland gehörten, würde sie im Gegensatz zu Philipp nie gelangen. Es sei denn, sie setzte ihre Hoffnungen auf ein reiselustiges Matronenalter, von dem sie bisweilen nicht sicher war, es überhaupt zu erreichen. Nein, sie tat Philipp unrecht: Er würde bestimmt nicht auf Gotland zu sprechen kommen.

Sie starrte noch immer aus dem Fenster, als die Maschine schon ausgerollt war, aber sie entdeckte nichts, was ihrer Neugier Nahrung bot und den vielversprechenden Satz gerechtfertigt hätte, mit dem Philipp sie zum Aussteigen ermunterte: Hallo, Eule, wir sind in Asiens Mitte, und die wilden Kamele erwarten deinen Anblick.

Erwartet wurden sie von einem lackschwarzen Wolga vor einem flachen, nichtssagenden Flughafengebäude auf einer glatten Betonpiste, über die ein warmer Wind strich, der den blauseidenen Schlips des Mannes ins Flattern brachte. Der Mann stand neben dem Wolga und dessen Fahrer und nahm, als er ihrer ansichtig wurde, eine Sonnenbrille ab, die vorher sein Gesicht halb verdeckt hatte. Er lächelte ihnen entgegen, und als er näher kam und sie ihm die Hand schüttelte, fielen ihr die dunklen Mandelaugen auf in dem sonst europäisch anmutenden Gesicht. Der Mann murmelte seinen Namen und deutete in den Himmel. Er sagte etwas zu Philipp, das sie nicht verstand, lachte und komplimentierte sie zum Wagen. Der Fahrer, ein hochgewachsener älterer Russe, stellte sich als Wenjamin vor, verstaute ihr Gepäck im Kofferraum und deutete ebenfalls lächelnd in den Himmel. Als sie sich auf die sonnenwarmen Polster der Rückbank setzten, erklärte Philipp: Sie behaupten beide, wir hätten die Sonne mitgebracht und nun würde sie scheinen, solange wir blieben.

Wunderbar, sagte sie und war froh, dass sie sich getäuscht hatte, denn die Sonne Asiens empfing sie mit milder Wärme statt sengender Hitze. Der Wind, der durch die geöffneten Fenster in den Wagen strömte, fächelte ihr Gesicht, und sie fühlte sich wohl. Der Mann, der sie empfangen hatte, hieß Pjotr Michailowitsch und leitete eine Abteilung des republikanischen Parteikomitees. Soviel hatte sie verstanden. Er hatte seine Sonnenbrille auf die Stirn geschoben und redete auf Philipp ein. Zwar sprach er Russisch, aber es gelang ihr nur mühsam, sich in die fremde Sprache hineinzuhören. Der Mann erzählte von der Stadt, durch die sie fuhren, von dem Land Tuwa, in dem sie sich befanden, von Viehherden und Quadratkilometern - sie verstand nur Bruchstücke. Aber sie war sicher, dass Philipp alle Informationen wie in einem Rechner speichern, sie noch am heutigen Abend damit traktieren und anschließend alles mit seiner huschenden Kritzelschrift, die er mit Mühe nur selbst entziffern konnte, in seinen zahlreichen Notizbüchern festhalten würde. Sie brauchte nicht zuzuhören, sie konnte schauen: Sie fuhren an dem Flugplatz entlang, und sie gewahrte erstaunt, dass die flache Talebene um die Landepisten herum sich als Steppe erwies. Aus der Höhe hatte die wie ein braungrauer Holzteller ausgesehen, nun bemerkte sie das Leben darauf: Akazienbüsche, Grasnaben, rote und gelbe Blumen und gelblichen Staub, der darüberhin getrieben wurde. Als sie in die Stadt einfuhren, sah sie hinweg über das Bild, das sie aus unzähligen Städten und Siedlungen dieses sibirischen Kontinents kannte: hinweg über die immer gleichen drei- und viergeschossigen Wohnblöcke aus weißen Ziegeln, die mit brandroten Steinornamenten abgesetzt waren und sich glichen wie ein Ei dem anderen. Nur selten tauchte ein älterer gelber Bau zwischen ihnen auf, hin und wieder ein säulenverziertes Gebäude in dem üblichen hellgrauen Regierungsbeton. Ach, Philipp hatte ihr etwas von Jurten vorgeschwärmt, vom Land der Araten und Jäger, von schwarzen Karakulschafen und weißen Kamelen! Sie sah nur grüne Motorräder mit Beiwagen, die zu Dutzenden von jungen Burschen über die breiten Beton- und Asphaltbahnen gejagt wurden, hupende Laster, die üblichen blau-weißen Milchtransporter, gelbe und staubgraue Jeeps, hin und wieder Personenwagen, deren Typen sie nie würde bestimmen können.

Die Stadt versteckte sich hinter rauschendem Grün. Die Straßen waren Alleen, gesäumt von weißstämmigen Birken, deren Kronen im Wind zirpten, und ausladenden, hochragenden Pappeln, deren weiße Wollsamen Fahrbahnen und Plätze bedeckten wie erster flaumiger Schnee.

Sie hatte den Eindruck, durch einen bewohnten Garten zu fahren: Schwarzhaarige Kinder spielten hinter Sand- und Rotdornhecken, weiß gekleidete Eisverkäuferinnen schoben ihre Aluminiumkarren in den Schatten von Akazien, und auf den grüngestrichenen Bänken am Rande blassrot schimmernder Azaleen-Flächen schwatzten alte Leute und junge Paare. Von einem blauen Verkaufslastwagen leuchteten gelbe Zuckermelonen und feuerrote Riesentomaten. Die Sonne ließ alle Farben strahlen, und selbst das satte sommerliche Grün der Bäume schien in helles Licht getaucht.

Hätten sie nicht in diesem Wagen gesessen, Fremde unter Fremden, sie hätte Philipp umarmen können für die Mühen, die er beim Erklimmen bürokratischer Gebirge auf sich genommen hatte, um sie in dieses Land zu bringen.

Als sie endlich den Wagen verließen vor einem ockerfarbenen Haus, das von einem Blütengarten und hohen Birken halb verdeckt war, traf die Hitze sie wie ein Faustschlag. Der Wind, der von den Bergen kam, war hier nicht mehr zu spüren, und aus dem weißen Himmel knallte die Sonne ohne Linderung auf den heißen Asphalt.

Mein Gott! sagte sie, aber Gott half ihr nicht, und der informationslüsterne Philipp erklärte ihr nur, dass zurzeit 30 0 im Schatten seien und es vielleicht gut wäre, wenn sie dorthin gehen würden. Und den hatte sie gerade umarmen wollen!

Sie flüchteten in die klimatisierte Kühle des Hauses, von dem Philipp ihr zuraunte, dass es sich um ein Gästehaus der Regierung handele, denn das Hotel der Stadt sei gegenwärtig »in Remont«, wie Pjotr Michailowitsch ihm anvertraut habe, und nun seien sie erst mal in Sicherheit vor der Sonne Asiens.

Die Sicherheit war eine Pracht und versöhnte sie mit dem Hitzeschlag vor der Tür. Sie bezogen eine Zimmerflucht wie nie zuvor auf ihrem monatelangen Weg durch diesen Teil der Welt, und natürlich unkte Philipp: Das können wir überhaupt nicht bezahlen! Lass doch, sagte sie fröhlich, umrundete zielbewusst den fast mannshohen knurrenden Kühlschrank, zog die weißen Stores beiseite, hinter denen sich an der Fensterfront die summende Klimaanlage versteckte, und trat hinaus auf den lang gestreckten Balkon, von wo aus sie endlich ungestört schauen konnte in dieses unbekannte Land: schauen auf die hohen Berge im Hintergrund, die Gipfel versteckt in seidigem Dunst, auf die dichten Wälder zu ihren Füßen und vor allem: auf den Fluss, auf das sonnendurchflirrte Wasser, das zum Greifen nahe war, das unter ihren Fenstern dahinfloss, lockend und verführerisch. Wenn sie den Blick schweifen ließ entlang der hügeligen, grasgrünen Ufer, sah sie, nur wenige Hundert Meter entfernt, den Fluss entstehen aus zwei kleinen Flüssen, direkt vor ihren Augen, an dieser Stelle, an die sie gekommen war aus schier unendlicher Entfernung: Sie stand an dem Ort, an dem der Jenissej seinen Anfang nahm, von wo aus er durch Steppen und Gebirge zog, durch Urwald und Tundra bis ins eisige nördliche Meer. Hier stand sie, wirklich und tatsächlich, und die Freude breitete sich in ihr aus wie ungebändigtes Feuer.

Philipp nannte das »Eules Spitzentick«, und manchmal machte er sich lustig über ihre Sucht nach dem A und O, nach dem Anfang von etwas oder dessen Ende, nach dem Höchsten oder Tiefsten, auf jeden Fall nach dem Äußersten. Was war das, das sie trieb? Wo sie nur konnte, erstieg sie die Spitze eines Berges, trat an den Rand eines Felsens, strebte nach dem Ende einer Landzunge, an die Quelle eines Flusses - immer an die äußerste Stelle, selbst wenn es Mühen kostete und sie in Gefahr brachte. Manchmal hatte Philipp versucht, sie davon abzubringen, bisweilen hatte er geflucht und getobt, weil er sie nicht zurückhalten konnte, aber er hatte sie nie allein gelassen. Selbst auf den Gipfelgrat des Petrovac in Montenegro war er ihr gefolgt an die Ränder der dreihundert Meter tiefen Abgründe. Immer hatte sie seine Nähe gespürt und ein wenig Sicherheit im Rücken.

Wenn Philipp von jenen Reisen berichtete, auf denen ihm ihre Begleitung versagt blieb, so waren es stets historische Denkmale, von denen er schwärmte, die waren sein »Spitzentick«. Er musste die Dammkrone des größten Kraftwerkes der Welt erstiegen, die Tempelruinen von Babylon berührt, den Löwen von Waterloo gesehen und neben Napoleons Sarg im Invalidendom gestanden haben. Noch immer sehnte er sich nach der Akropolis und den Zinnen der Engelsburg.

Für sie aber war die Landschaft das Entscheidende. Für sie wäre wichtig gewesen, an der Meerenge von Gibraltar zu stehen und nicht auf den Mauern der Festung. Nach ihrem Verständnis war die Historie auch ein Ergebnis der Geografie, das Primat der letzteren stand außer Zweifel: Zuerst war der Fluss da und dann die Fähre, am Anfang war der Berg und dann erst die Burg, und jeder Staudamm bedurfte eines Stromes. Es gäbe keine Kraftwerke am Jenissej, wenn diese Stelle nicht wäre, an der sie stand, dieser Ort, an dem zwei kleine Flüsschen den großen Strom erst hervorbrachten und alles, was aus dem wurde und wird auf seinem langen Weg ins nördliche Meer. Nein, sie war glücklich über ihren »Spitzentick« und voller Freude, dass sie hier weilen konnte.

Na, sagte Philipp hinter ihr, sind wir wieder mal so weit?

Sie wirbelte herum und küsste ihn und konnte ihren Wunsch nicht länger bezähmen: Gehen wir zum Fluss?

Und sie wusste vorher, dass er lächeln und antworten würde: Du meinst, gehen wir hinein?

Das kannte er. Das war auch so ein Tick von ihr: die Füße in jedes Gewässer tauchen, das sie auf dieser langen Reise erreichten. Nicht Münzen hineinwerfen, als bezahlte man die Natur, nein, ihrer teilhaftig werden: das Wasser spüren wie den Boden, den es bedeckte, beides schmecken mit der bloßen Haut. Das hatte sie alles schon hinter sich: die dunklen Wellen des Amur, die eisige Kälte des Baikalsees, die behäbig gleitenden Wasser des Ob, die spiegelnde Flut der meergleichen Lena, die wilden Wogen des Wiljui. Und nun dies: der Ursprung des Jenissej!

Jaja, sagte Philipp, wir werden sehen.

Das war wieder dieser ständig zielgerichtete Geist, der ihn antrieb und sie mit. Was Philipp sah, das sah er genau, aber für Dinge, die ihm nicht wichtig schienen, nahm er sich gar keine Zeit. Es blieb ihr nichts übrig, als ihm zu folgen, ihm, der bereits die Treppe hinuntersprang in das kühle, dunkle Vestibül des Hauses und ihr von unten zurief: Vergiss die Kamera nicht, und beeil dich!

Als sie in die Hitze hinaustrat, stand Philipp schon neben Pjotr Michailowitsch im Schatten einer Pappel, der schwarze Wolga und sein Fahrer Wenjamin waren verschwunden. Pjotr Michailowitsch erklärte gestenreich, dass er sie nunmehr mit dem Restaurant bekannt machen werde, in dem sie während ihres Aufenthaltes in der Stadt essen müssten, denn in dem Gästehaus, sagte er und lachte, gebe es zwar reichlich Geschirr in allen Appartements, aber keinerlei gastronomische Versorgung, für die müsse der Gast eben selber sorgen, und sie seien ja, meinte er, nicht hierhergekommen, um von einem Laden zum anderen zu laufen. Sie gingen, um der brennenden Hitze zu entkommen, durch die schattigen Laubengänge der Alleen und gelangten unvermutet in eine staubige Helle.

In diesem Lichtfleck stand die Gaststätte Nummer drei, einem heimischen Kaufhallenblock nicht unähnlich. Die betraten sie durch eine Hintertür und gelangten in ein Separee. Sie hätte gern den wirklichen Gastraum gesehen, sie hätte gern unter den Leuten gesessen, die dort ihre Mahlzeit einnahmen, aber sie ahnte, dass Pjotr Michailowitschs Rang und die Stellung, die sie und Philipp selbst auf dieser Reise einnahmen, solche volkstümlichen Neigungen ausschloss. Zumindest am ersten Tag und wenigstens in Sichtweite und Entscheidungsbereich der leitenden Behörden.

Außerdem war ihr wohl in diesem kleinen Raum, aus dem surrende Ventilatoren die Hitze hinausschleuderten und Jalousien hinter duftigen Tüllgardinen das weiße Licht der Sonne dämpften.

Auf ihren wochenlangen sibirischen Streifzügen hatte sie festgestellt, dass solche Hinterzimmer sich glichen in ihrer prachtvollen Gediegenheit. Dieses war ausgeschlagen mit weißer und roter Damasttapete voll eingearbeiteter Blumenmuster. Die Armstühle um die schneeweiß gedeckten Tische hätten einem Wiener Kaffeehaus entliehen sein können. Sie speisten allein mit Pjotr Michailowitsch in solcher heiligen Halle.

Eine blonde Walküre servierte Tuwinischen Tee in schüsselähnlichen Steingutschalen. Es war ein seltsames, heißes Getränk, das zur Hälfte aus schwarzem Tee und zum anderen Teil aus Milch bestand und dessen Geschmack an ungezuckerten Kakaotrunk erinnerte. Während sie ihre erste Mahlzeit in dieser Stadt einnahmen - kaltes Hammelfleisch mit Lauch, die üblichen Frikadellen, zum Nachtisch Quark mit Zucker und Sahne, dazu ein Mischgetränk aus Preiselbeer- und Apfelsaft -, erzählte Pjotr Michailowitsch kleine Geschichten von Land und Leuten, und es war ihr angenehm, dass er Statistiken und die Aufzählung all dessen vermied, was gewöhnlich Errungenschaft genannt werden musste. Je länger er sprach mit einer weichen Stimme und unaufdringlichem Tonfall, desto sympathischer wurde er ihr. Einmal, erzählte er, sei er in seinem Boot gemeinsam mit seiner Frau den Fluss hinuntergefahren, das tue er oft, und am Ufer, kaum fünfzig Meter entfernt, sei ein Bär aufgetaucht, der sich badete. Seine Frau, berichtete er lächelnd, habe sofort angefangen zu schreien, und der Bär sei so schnell geflohen, dass man nur noch das Knacken im Gesträuch wahrgenommen habe.

Unsere Frauen, sagte Philipp und lachte, wenn wir die nicht hätten, aber sie fand Philipps Bemerkung nicht besonders gut.

Haben Sie, sagte sie und suchte nach den rechten Worten, nichts befürchtet in solcher Lage?

Ach, wissen Sie, sagte Pjotr Michailowitsch, und es schien ihr, als wehe ein Hauch von Resignation über sein bräunliches Gesicht, die Tiere fliehen den Menschen, selbst die Bären. Wo er auftaucht, da räumen sie das Feld.

Auch die Wölfe? fragte Philipp.

Die Wölfe, sagte Pjotr Michailowitsch, sind ein trauriges Kapitel. Prämien haben wir ausgesetzt, damit sie dezimiert wurden, aber was will man machen: Sie fallen in die Schafherden ein und reißen die Lämmer, und wie es ihre Gewohnheit ist, töten sie ein Dutzend Tiere, bevor sie eines fressen - ein trauriges Kapitel, wie gesagt.

Und Sie? fragte Philipp, beteiligen Sie sich an solchen Unternehmen?

Nein, sagte Pjotr Michailowitsch, an solchen nicht und an anderen auch nicht - ich gehe nie zur Jagd, das bringe ich nicht fertig.

Sie fühlte sich, als hätte ihr jemand ein Geschenk gemacht. In ihrer Heimat kannte sie keinen Menschen in Pjotr Michailowitschs Stellung, der die Jagd nicht als ein ihm gemäßes Vergnügen betrachtet hätte. Das finde ich schön, sagte sie und hätte dies gern ausführlicher erklärt, aber sie suchte vergeblich nach entsprechenden Ausdrücken. Da sagte Pjotr Michailowitsch: Ich gehe gern in die Taiga, wissen Sie. Sie ist mein Zuhause sozusagen, ich habe als Holzfäller gearbeitet in meiner Jugend, als ich in einem Dorf lebte m nördlichen Wald. Da kennt man die Tiere und ist vertraut mit ihnen.

Jetzt, sagte sie und lächelte ihn an, würde ich gern einen Kognak trinken. Philipp trat ihr auf die Zehen, aber es war ihr egal - sie freute sich. Schon früher war sie eine mit Misstrauen betrachtete Ausnahme unter den Dorfkindern gewesen: Wenn im Herbst die Schweine und zum Fest die Gänse geschlachtet wurden, hatte sie sich mit ihrem Hund Asta fluchtartig in den Wald oder auf die Wiesen am Flussufer zurückgezogen. Nie hatte sie die Todesschreie der Tiere ertragen können, wenn Dorfschlächter oder Vater ihnen an die Gurgel gingen. Die Kinder hatten sie gehänselt, weil sie kein Blut rühren konnte und tagelang weinte, als der besoffene Gastwirt bei herbstlicher Hasenpirsch ihrer Asta ein Auge ausgeschossen hatte. Seither hasste sie die Jäger. Selbst die Füchse taten ihr leid, wenn sie hungrig in die Hühnerhoffallen ihres Vaters gerieten, und sie war nie imstande gewesen, Fische auszunehmen oder auch nur einen Blick in die Emaillewanne zu werfen, wo sich die Aale im Salzbad zu Tode ringelten.

Manchmal hatte ihr Philipp, der ebenfalls keiner Fliege etwas zuleide tun, dies aber hinter burschikosen Gegenteilsbehauptungen verstecken konnte, den Ratschlag gegeben, Vegetarier zu werden, vorausgesetzt, ihr täten nicht auch die Kohlköpfe leid. Nun also trat er ihr auf die Zehen, weil er die sichtliche Freude über Pjotr Michailowitschs Jagdabneigung ein wenig und ihren daraus abgeleiteten Kognak-Wunsch erheblich übertrieben fand.

Die Walküre erklärte jedoch, dass kein Kognak vorhanden sei und sie nur Wodka zu bieten hätte, nichts außer Wodka. Pjotr Michailowitsch flüsterte mit der Walküre, aber auch das Flüstern schaffte keinen Kognak herbei. Pjotr Michailowitsch bedauerte, aber ihr war es recht: immerhin ein Stück Übereinstimmung zwischen dem Separee und der öffentlichen Speisungsstätte, ein Stück Gemeinsamkeit zwischen hinten und vorn - oder hätte es oben und unten heißen müssen?

Es macht nichts, sagte sie zu Pjotr Michailowitsch, es ist unwichtig.

Aber Philipp kramte aus seinen tief greifenden landeskundlichen Vorbereitungen den Einfall hervor, sie sollten Tarassun trinken zur Feier des Tages.

Tarassun? sagte Pjotr Michailowitsch und schüttelte lächelnd den Kopf, Tarassun ist ein burjatisches Wort, und wir sind hier in Tuwa, bei uns sagt man Aragy dazu.

Nein, nein, widersprach Philipp, ich meine keinen Arrak, ich meine richtigen echten Milchbranntwein.

Ja, sagte Pjotr Michailowitsch, den meine ich auch, der heißt Aragy bei uns und hat nach dem ersten Brennen 13 Prozent, keine Jurte gibt’s ohne Aragy.

Dann schlug er vor, sie sollten Schafskäse dazu essen, und winkte die Walküre herbei. Aber die schüttelte den Kopf bei Milchbranntwein und Schafskäse und anderen tuwinischen Gerichten, die Pjotr Michailowitsch erfragte, und bot holländischen Edamer an und Wodka.

Pjotr Michailowitsch hob entschuldigend die Hände, und er tat ihr leid in seiner Hilflosigkeit. Sie hätte ihn gern über seine Verlegenheit hinweggetröstet, aber ihr fehlten die Worte, und Pjotr Michailowitsch sagte: Wissen Sie, ich bin aus einer Mischehe; mein Vater war Russe und ist bei Stalingrad gefallen, aber meine Mutter ist eine Tochter Tuwas, und mein Leben lang hab ich hier gelebt - nun ja, sagte er, als hätte beides irgendetwas miteinander zu tun, und jetzt muss ich Ihnen erklären, dass es keinen Aragy gibt in unserer Hauptstadt und keinen Schafskäse. Nur draußen im Lande bekommen Sie so was, in jeder Jurte und bei jedem Hirten, aber hier sind wir eben in einem städtischen Restaurant, so ist das. Nehmen wir Wodka? Natürlich, sagte sie, obwohl sie dieses Wässerchen nicht ausstehen konnte, nehmen wir Wodka.