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Stanislaw Lem hat in seinem Schaffen eine deutliche Entwicklung vollzogen: von abenteuerlichen Science Fiction-Romanen und -Erzählungen schritt er fort zu immer komplexeren sprachlichen und gedanklichen Strukturen. Er hat so eine eigene Mischform von erzählender Prosa und diskursivem Essay gefunden, eine Art Metaliteratur.
Während Lem in Die vollkommene Leere Rezensionen nicht existierender Bücher verfaßt hat, so sucht er in Imaginäre Größe die Kunst des Vorwortschreibens aus der Sklaverei der Werke, an die sie gefesselt sind, zu erlösen: »Niemand unternimmt es, die Vorwortschreiberei aus dem Zwinger der Unfreiheit, aus der Tretmühle des Frondienstes herauszuführen. Also gibt es keinen anderen Rat: Ich muß selbst, obschon eher aus Pflichtgefühl denn aus einer Regung des Herzens, der Introduktionistik zu Hilfe eilen - um ihr Befreier und Geburtshelfer zu werden«. Das erklärt Lem im Vorwort seiner Sammlung imaginärer Vorworte.
Das erste Vorwort gilt einem pornographischen Bildband einer ganz neuen Art, bei dem es der Leser sicher bedauert, daß er in diesem Fall mit der Einführung vorliebnehmen muß. Weitere Vorworte erläutern, wie den Bakterien die Sprache beigebracht wurde – die Eruntik ist die Lehre von den sprechenden Bakterien –, oder führen ein in die »Geschichte der bitischen Literatur«, der computergenerierten Literatur, so benannt nach den bits, den Einheiten der Information. Abschluß und Höhepunkt des Bandes ist eine einleitende Rede des Supercomputers GOLEM XIV, der der Menschheit in bombastischer Rhetorik einen Spiegel vorhält und ihr auseinandersetzt, wie mißlungen der Mensch als Produkt der Evolution ist, wie gering seine geistigen Qualitäten, gesehen aus der Position eines wahrhaft intelligenten Wesens.
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Seitenzahl: 228
Stanisław Lem wurde am 12. September 1921 im polnischen Lwów (Lemberg) geboren, lebte zuletzt in Krakau, wo er am 27. März 2006 starb. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er als Übersetzer und freier Schriftsteller. Er wandte sich früh dem Genre Science-fiction zu, verfaßte aber auch gewichtige theoretische Abhandlungen und Essays zur Kybernetik, Literaturtheorie und Futurologie. Stanisław Lem zählt zu den bekanntesten und meistübersetzten Autoren Polens. Viele seiner Werke wurden verfilmt.
»Die Kunst, Vorworte zu schreiben, erhebt schon lange Anspruch auf ein Heimatrecht. Und ich spüre schon längst das Bedürfnis, diesem okkupierten Schrifttum Genüge zu tun, das seit vierzig Jahrhunderten in der Sklaverei der Werke, an die es gefesselt ist, über sich selbst schweigt.« Mit diesem ironischen Motto beginnt das Vorwort des Autors zu seiner Sammlung imaginärer Vorworte. Das erste Buch, zu dem wir eine Einführung von Stanisław Estel lesen, ist ein Bildband mit 139 Reproduktionen. Der Leser wird es sicher bedauern, in diesem Fall nur mit dem Vorwort vorlieb nehmen zu müssen. Weitere Vorworte geben Einführungen in die Eruntik, das ist die Lehre von den sprechenden Bakterien, in die Geschichte der Britischen Literatur – entstanden aus bits, den »Informationshäppchen«, mit denen Großcomputer in ihrer »Ruhezeit« frei assoziieren. Die letzte Einführung gilt dem Wirken des amerikanischen Großcomputers Golem XIV, der einer Generation von Prozeßrechnern mit Verstandesqualitäten angehört.
Stanisław Lem
Imaginäre Größe
Aus dem Polnischen vonCaesar Rymarowicz und Jens Reuter
Phantastische BibliothekBand 47
Suhrkamp
Redaktion und Beratung: Franz Rottensteiner
Titel des Originals: Wielkość urojona
Warszawa: Czytelnik 1973
Für die Übersetzung Golems Antrittsvorlesung
© Insel Verlag Frankfurt am Main 1976
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2013
© by Stanisław Lem 1973
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Umschlag nach Entwürfen von Willy Fleckhaus und Rolf Staudt
eISBN 978-3-518-74323-2
www.suhrkamp.de
Einführung
Cezary Strzybisz: Nekrobien
Reginald Gulliver: Eruntik
Juan Rambellais: Geschichte der bitischen Literatur
Vestrands Extelopädie in 44 Magnetbänden
Vestrands Extelopädie: Probebogen gratis!
Golem XIV
Vorrede
Vorwort
Belehrung
Golems Antrittsvorlesung
Die Kunst, Vorworte zu schreiben, erhebt schon lange Anspruch auf ein Heimatrecht. Und ich spüre schon längst das Bedürfnis, diesem okkupierten Schrifttum Genüge zu tun, das seit vierzig Jahrhunderten in der Sklaverei der Werke, an die es gefesselt ist, über sich selbst schweigt. Wann, wenn nicht in der Epoche der Ökumenisierung, das heißt der Ära der Allgründe, sollte man diese edle, bereits in der Entstehung gehemmte Gattung endlich mit Unabhängigkeit bedecken? Ich hatte zwar damit gerechnet, daß ein anderer diese Pflicht erfüllen würde, die nicht nur ästhetisch mit der Entwicklung der Kunst übereinstimmt, sondern auch moralisch dringlich geboten scheint. Leider habe ich mich verrechnet. So schaue ich vergebens und warte: Niemand unternimmt es, die Vorwortschreiberei aus dem Zwinger der Unfreiheit, aus der Tretmühle des Frondienstes herauszuführen. Also gibt es keinen anderen Rat: Ich muß selbst, obschon eher aus Pflichtgefühl denn aus einer Regung des Herzens, der Introduktionistik zu Hilfe eilen – um ihr Befreier und Geburtshelfer zu werden.
Dieses schwer geprüfte Gebiet hat sein niederes Reich, das der gedungenen Vorworte, der wergleinenen Zug- und Soldleistungen, da Sklaverei demoralisiert. Es kennt aber auch Hochnäsigkeit und Launenhaftigkeit, die banale Geste und die jerichonische Aufgeblasenheit. Neben den serienmäßigen Vorworten gibt es auch Chargen – Vorreden und Einleitungen, und auch die gewöhnlichen Vorworte sind einander nicht gleich, denn ein Vorwort zum eigenen Buch ist etwas anderes als das zu einem fremden. Auch ist es nicht dasselbe, ob man es einer ersten Auflage voranstellt oder ob man Mühe darauf verwendet, Vorworte für mehrere aufeinanderfolgende Auflagen zu vervielfältigen. Die Macht einer Sammlung selbst nichtssagender Vorworte, die ein Werk annimmt, das mit steter Zudringlichkeit verlegt worden ist, verwandelt das Papier in einen Felsen, der die Anschläge von Eiferern zunichte macht – wer nämlich wird es wagen, ein Buch mit einem solchen Brustpanzer anzugreifen, hinter dem man bereits nicht so sehr den Inhalt als vielmehr seine unantastbare Respektabilität erkennen kann.
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