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In diesem Band der Reihe Improvisationstheater wenden wir uns dem großen Ganzen zu - den Impro-Shows. Wie findet man passende Show-Format für die eigene Gruppe? Wie lässt sich eine Show sinnvoll aufbauen? Wie kommunizieren wir mit dem Publikum und welche Rolle spielen Publikumsvorschläge? Wie sollte man sich als Team im Backstage verhalten? Welche Formen von improvisierten Aufführungen gibt es jenseits der klassischen Impro-Show? Welche Shows sind bei Firmen-Events und Galas sinnvoll?
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Seitenzahl: 251
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SHOW-AUFBAU
MODERATION
SHOW-FORMATE
DAS PUBLIKUM
BÜHNENVERHALTEN
BACKSTAGE
INTERNES SHOW-FEEDBACK
ZUBEHÖR
GEBUCHTE SHOWS
VERZEICHNIS DER ERWÄHNTEN SPIELE UND FORMATE
LITERATURVERZEICHNIS
IMPROVISATIONSTHEATER. ALLE BÄNDE
DANK
SHOW-AUFBAU
1.1 Zweistündige Show mit Pause
1.1.1 Games, Szenen, Mini-Storys – Die energetische Kurzform-Show
1.1.2 Games plus Langform
1.1.3 Zwei Langformen
1.1.4 Eine Langform über zwei Hälften
1.2 Einstündige Shows
1.3 Impro-Marathons
1.4 Kurz-Auftritte
1.5 Konventionen einer Impro-Show
1.5.1 Sensation oder Selbstverständlichkeit?
1.5.2 Moderation und Animation
1.5.3 Einzählen
1.5.4 Selbstpräsentation
1.6 Das Drumherum und Zwischendrin
1.6.1 Einlass- und Intro-Musik
1.6.2 Vorspiel/Teaser
1.6.3 Warm-Up-Nischen/Slots
MODERATION
2.1 Es geht um die Show
2.2 Liebe dein Publikum
2.3 Bühnenpräsenz
2.3.1 Ankommen
2.3.2 Kontakt zum Publikum
2.3.3 Arme und Hände
2.3.4 Rede
2.3.5 Charme und Verbundenheit
2.3.6 Sich aufs Publikum einstellen
2.4 Die Anmoderation
2.4.1 Begrüßung
2.4.2 Warm Up
2.4.3 Aufwärm-Spiele
2.4.4 Erklärung der Show oder des Formats
2.5 Nach Vorschlägen und Vorgaben fragen
2.5.1 Kollektives Einrufen
2.5.2 Persönlich Fragen
2.5.3 Die Zuschauer sollen sich melden
2.6 Abkühlen
2.7 Abmoderation
2.8 Moderationen zu zweit oder als Gruppe
SHOW-FORMATE
3.1 Theatersport – Der Klassiker
3.1.1 Show in der Show – Das aufgefangene Scheitern
3.1.2 Ablauf
3.1.3 Impro- und Schauspieltugenden auf dem Prüfstand
3.1.4 Freude, Spaß, Zirkus, heiße Luft
3.1.5 Gewinnen wollen, ohne gewinnen zu wollen
3.1.6 Lizenz für Theatersport
3.2 Maestro – Erster unter Gleichen
3.2.1 Ablauf
3.2.2 Herausforderungen an Show und Spieler
3.2.3 Varianten
3.3 Impro-Shows für Kinder – Interaktion total
3.4 Dunkeltheater
3.5 Konversations-Impro
3.5.1 Zwei Typen. Das Beispiel „Bassprov“
3.5.2 Wahre Dialoge. Das Beispiel „Chaussee der Enthusiasten“
3.6 Open Stage – Die offene Bühne
3.6.1 Grundsätzliches
3.6.2 Besondere Spielweise bei der Open Stage
3.7 Improtheater im öffentlichen Raum
3.7.1 Flashmobs
3.7.2 Improvisiertes Straßentheater
3.7.3 Walking Acts
3.7.4 Das Theater der Unterdrückten und seine Verwandten
3.8 Playbacktheater
DAS PUBLIKUM
4.1 Haltung zum Publikum
4.1.1 Resonanz beim Publikum!
4.1.2 Was will das Publikum?
4.2 „Glotzt nicht so romantisch!“
4.3 Vorschläge und Vorgaben
4.3.1 Brauchen wir überhaupt Vorschläge?
4.3.2 Nach Vorschlägen fragen
4.3.3 Alternative Möglichkeiten, Vorschläge einzuholen
4.3.4 Dildo, Puff und Bahnhofsklo – Vorschläge annehmen oder ablehnen
4.3.5 Umsetzen von Vorschlägen
4.4 Zuschauer in die Szene einbauen
4.4.1 Freiwilligkeit und Anstupsbarkeit
4.4.2 Umgang mit Zuschauern auf der Bühne
4.4.3 Einbindung des Gesamtpublikums ins Stück oder die Szene
4.5 Feedback vom Publikum
4.5.1 Einordnung des Feedbacks
4.5.2 Zuschauer-Primat des Entertainment
4.5.3 Produktives Aufnehmen von Zuschauer-Feedback
4.5.4 Mündliches Feedback – Sag einfach Danke!
4.5.5 Feedback von Technikern und Musikern
4.6 „Schwierige“ Zuschauer
4.7 Auf Dauer hat man das Publikum, das man verdient
4.8 Das Lachen des Publikums… und das Räuspern
4.9 Zugabe! Zugabe!
4.9.1 Zugabe? Wozu?
4.9.2 Gute und schlechte Zugaben
4.9.3 Zugabe herbeiprovozieren – oder verhindern
BÜHNENVERHALTEN
5.1 Freundlichkeit
5.2 Fähigkeiten nutzen
5.3 Einander glänzen lassen
5.4 Männer und Frauen
5.4.1 Tipps für Frauen
5.4.2 Tips für Männer
5.4.3 Sexismen auf der Bühne
BACKSTAGE
6.1 Vor der Show
6.1.1 Geplauder
6.1.2 Vorbesprechung der Show
6.1.3 Technische Vorbereitungen
6.1.4 Persönliche Vorbereitungen
6.1.5 Gruppen-Aufwärmen
6.1.6 Unmittelbar vor der Show
6.2 In der Pause
6.3 Nach der Show ist vor der Show
INTERNES SHOW-FEEDBACK
7.1 Das ideale Feedback
7.2 Feedback-Grundregeln
7.3 Feedbacks unmittelbar nach der Show
7.4 Spezialfall der großen Gruppe
7.5 Spezialfall Duo
ZUBEHÖR
8.1 Kostüme
8.2 Masken und Perücken
8.3 Bühnenbild und Bühnen-Elemente
8.3.1 Fixes Bühnenbild
8.3.2 Flexible Bühnen-Elemente
8.3.3 Reduzierte Varianten
8.4 Requisiten
8.5 Technik
8.5.1 Bühne
8.5.2 Beleuchtung
8.5.3 Sound
8.5.4 Projektionen, Streaming, Multimedia
GEBUCHTE SHOWS
9.1 Auf Rahmenbedingungen achten
9.1.1 Bühne
9.1.2 Essen und Trinken
9.1.3 Dauer
9.2 Veranstaltungs-Typologie bei gebuchten Shows
9.2.1 Betriebs-Veranstaltungen
9.2.2 Kreuzfahrten
9.2.3 Kommunale Veranstaltungen
9.2.4 Hochzeiten und Geburtstagsfeiern
9.2.5 Benefiz-Shows
9.3 Showaufbau und -inhalte
9.3.1 Vorabsprachen und Anwesenheit auf Konferenzen
9.3.2 Inhalte
9.3.3 Showaufbau
9.4 Verhandlungen und Verträge
9.4.1 Du bist Berater
9.4.2 Mündlichkeit und Schriftlichkeit
9.4.3 Kennt euren Mindestpreis
9.4.4 Gagenhöhe
9.4.5 Nicht unter Wert verkaufen
9.4.6 Budget abchecken
9.4.7 Kalkulationskriterien
9.4.8 Wo kann man wieviel Geld erwarten?
9.4.9 Wie man mit unanständigen Anfragen umgeht
9.4.10 Der Vertrag
VERZEICHNIS DER ERWÄHNTEN SPIELE UND FORMATE
10.1 Übungen und Aufwärm-Spiele
10.2 Spiele
10.3 Langformen und Spezialformate
LITERATURVERZEICHNIS
IMPROVISATIONSTHEATER. ALLE BÄNDE
12.1 Veröffentlichungsplan
12.2 Inhalt der Bände
DANK
Improtheater-Spieler widmen einen Großteil ihrer Workshops und Proben den Szenen, dem Schauspiel und dem Storytelling. Wie aber bauen wir aus diesem Elementen eine sehenswerte Show? Im neunten Band der Reihe „Improvisationstheater“ wollen wir uns anschauen, wie wir Games, Szenen und Langformen zu einer sehenswerten Show zusammenfügen. Wir werden Formate betrachten, die den Impro-Aspekt besonders betonen, zum Beispiel weil sie das Scheitern heiter auffangen und solche, die spezielle Aspekte auf die Bühne bringen, zum Beispiel Open Stages oder Playbacktheater. Wie können wir uns im Backstage angemessen aufeinander und auf die Show einstellen? Wie moderiert man eine Show? Wie gehen wir mit dem Publikum um? Welche Rolle spielen Technik, Requisiten, Masken, Bühnenbild? Inwiefern unterscheiden sich reguläre Shows von Kurz Auftritten in Mixed Shows oder bei Firmen-Galas? Wie verhandelt man einen Show-Vertrag.
Ich hoffe, mit diesem Buch den vielen Gruppen und Spielern Antworten auf diese Fragen zu geben und möchte sie anregen, neue Show-Formate auszuprobieren, Konventionen zu überdenken und das Verhältnis zum Publikum zu verfeinern.
Rechtlichen Fragen habe ich in diesem Werk nach bestem Wissen behandelt. Da inhaltliche Fehler trotzdem nicht auszuschließen sind, erfolgen diese Angaben ohne jegliche Verpflichtung des Verlages oder des Autors. Beide übernehmen daher keine Haftung für eventuelle Unrichtigkeiten.
Um flüssiges Lesen zu erleichtern, wird in diesem Werk überwiegend das generische Maskulinum verwendet.
Ich widme dieses Buch allen, die den Improspielern hinter der Bühne helfen – den Technikern, den Barleuten, Kassierern, Spielstätten-Betreibern – sowie den treuen Impro-Stammzuschauern.
1.1 Zweistündige Show mit Pause
1.2 Einstündige Shows
1.3 Impro-Marathons
1.4 Kurz-Auftritte
1.5 Konventionen einer Impro-Show
1.6 Das Drumherum und Zwischendrin
Man hat geübt, geprobt, gefeilt. Man hat Impro-Techniken internalisiert, Schauspiel trainiert. Man kennt viele Games und eine Handvoll Langformen. Und man will vor allem eines: Auf die Bühne! Die Frage stellt sich nur: Was für eine Art von Show wollen wir spielen?
Die in Deutschland häufigste Grundstruktur einer Show besteht aus zwei Teilen in zirka zwei Stunden inklusive Pause. Diese Struktur eignet sich für verschiedene Show-Formate:
Wenn ihr eure Show hauptsächlich mit kurzen Szenen und Impro-Games bestreitet, solltet ihr euch vom Prinzip von Vielfalt und Abwechslungsreichtum leiten lassen. Wechselt zwischen erzählerischen Spielen (zum Beispiel „Schreibmaschine1“) und energievollen Spielen, die verschiedene Impro-Tugenden wie Tempo oder Rechtfertigen betonen. Man kann sich eine solche Show wie ein Menü vorstellen: Man will ja bei einem Dinner nicht nur Dessert speisen, sondern auch etwas Kraftvolles.
Als Eröffnung bieten sich simple Games an, die das Phänomen Improvisation aus sich selbst heraus erklären. Jeder, der zum Beispiel eine Ein-Wort-Geschichte2 sieht, versteht sofort, wie Improvisation funktioniert, und jede Erklärung erübrigt sich.
Die Spiele sollten kurz und klar erklärt werden. Man vermeide Jargon, den außerhalb der Impro-Gemeinde niemand versteht. Also statt „Wir spielen jetzt eine Genre-Achterbahn“, sage man lieber: „Die folgende Szene wird in wechselnden Genres gespielt.“
Reine Impro-Game-Shows bergen die Gefahr, sich zu wiederholen. Man spielt dann immer wieder dieselben Spiele, die man gut beherrscht oder die das Publikum liebt. Es geht aber nicht um Game-Beherrschung, sondern um Risiko. Nur wenn das Publikum das mögliche Scheitern eines Spiels erkennt, wird es euren Mut bewundern. Das heißt aber nicht, dass man absichtlich schlecht spielen sollte, wie um zu „beweisen“, dass man improvisiert, sondern, sich schwierigen Herausforderungen zu stellen. Nichts ist so langweilig wie eine perfekt gespielte ABC-Szene3, nichts ist so spannend wie einem Team dabei zuzusehen, wie es eine ABC-Szene zum ersten Mal spielt. Eine schöne Herausforderung für Profis ist es auch, Spiele aufzuführen, die man seit Jahren nicht mehr gespielt hat, etwa weil man sie in die Schublade „Übungs-Games für Anfänger“ abgelegt hat.
Haltet das Überraschungsmoment des Abends sowohl für die Zuschauer als auch für die Spieler hoch. Wenn ihr Theatersport4 spielt, sprecht euch nicht vorher über die Games ab, zu denen ihr euch herausfordert. Wenn ihr eine nicht-kompetitive Show spielt, sollte euch der Moderator überraschen oder – wenn ihr ohne Moderator spielt – ihr überrascht euch gegenseitig.
Wechselt auch ab in puncto Tempo und Dauer der Szenen. Albernes und Ernstes können in einer Game-Show ihren Platz haben.
Für das Ende der Show bieten sich Games an, mit denen man brillieren kann und die das gesamte Ensemble noch einmal zusammenführen. Gebt dem Publikum etwas mit auf den Weg nach Hause: Etwas zum Lachen (flotte Games), etwas Herzzerreißendes (schöne Szenen), etwas zum Staunen (Szenen mit Gesang).
Die Zeit auf der Bühne erscheint Spielern oft kürzer als den Zuschauern. Schenkt eurem Publikum (und euch selbst) eine Verschnaufpause. Game- und Kurzform-Shows, zu denen auch Theatersport zu zählen ist, sind oft ziemlich gag-orientiert. Die Sequenzen und Storys sind rasch vorbei, Szene folgt auf Szene. Als Zuschauer möchte man auch ein bisschen Zeit haben, die kurzen Szenen zu „verdauen“, besonders schöne Szenen besprechen, vielleicht ein Getränk an der Bar nehmen und seinem Rücken ein wenig Entlastung verschaffen.
Aber auch die Spieler selbst sollten die Pause nicht unterschätzen. Tankt Energie, sammelt euch innerlich, kommt wieder zueinander.
In einer Show mit zwei Hälften bietet es sich an, Games und Langform zu kombinieren. Ich liebe diese Shows, da sie dem Publikum zwei Seiten des Improvisierens zeigen: Einerseits Tempo und die amüsante Demonstration der Technik des Improvisierens, andererseits Entwicklung von Figuren, längeren Szenen, Storys und Collagen.
Wenn man sich für die Kombination Games und Langform entscheidet, liegt es nahe, die Games im ersten Teil der Show zu spielen. Das Publikum wird auf diese Weise zuerst mit dem Impro-Prinzip vertraut gemacht. Außerdem wirken die Games wie ein Aperitif: Man ist erheitert und freut sich auf das, was folgt. Die Langform im zweiten Teil zeigt dann, was man mit der Technik des Improvisierens erschaffen kann. Wenn man mit Games beginnt, lässt sich auch leichter die Skepsis einiger Zuschauer („Ist das auch wirklich improvisiert?“) zerstreuen. Anschließend kann man in der Langform von diesem Vertrauensvorschuss zehren.
Die Reihenfolge „erst Games, dann Langform“ ist eine Faustregel und man sollte sie nicht zum Dogma erheben. Wenn es euch aus irgendeinem Grund umgekehrt sinnvoller erscheint, dann probiert es aus. Viel hängt auch von der Art der Langform und der Games ab, aber auch von der Art und Weise, wie eure Show strukturiert ist. Letztlich zählt hier eure Erfahrung.
Die Show-Struktur „Erste Hälfte Games, zweite Hälfte Langform“ ist für viele Gruppen so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie glauben, man müsse das Publikum mit Games aufwärmen, mit zwei Langformen pro Abend würde man es überfordern. Das stimmt natürlich nicht. Wenn ihr Langformen liebt und Games eher auf Proben und Workshops, nicht aber auf der Bühne spielen wollt, dann tut euch keinen Zwang an. Tatsächlich assoziieren die meisten Fans Improtheater immer noch mit Games.5 Solche Einzelstimmen gibt es meistens, wenn man Langformen in einer Impro-Community einführt, die sehr von Games und Theatersport geprägt ist, oder von Zuschauern, die Impro aus dem Fernsehen kennen. Vergesst nicht: Ihr spielt die Show, die ihr selber gerne sehen würdet.6 Das entsprechende Publikum wird euch folgen.
Dies vorausgeschickt, kann man aber auch hier wieder eine Faustregel anwenden: Wenn ihr zwei Langformen spielt, ist es tendenziell sinnvoll, diejenige als erstes aufzuführen, bei der ihr das Publikum mehr einbindet. Ein anderes Kriterium wäre, dass man diejenige Langform als zweites spielt, die vom Publikum etwas geistige Vorbereitung erfordert (zum Beispiel sich an eine persönliche mysteriöse Geschichte zu erinnern) oder bei der das Publikum etwas in der Pause tun muss (Zettel ausfüllen, einen Gegenstand auf die Bühne legen usw.)
Eine Langform über zwei Hälften scheint für einige Gruppen ein völliges Tabu zu sein. Und tatsächlich gibt es Gründe, die dagegen sprechen: Man kann bei einer Langform mit weniger formaler Vielfalt rechnen. Das Risiko des echten Scheiterns ist ungleich höher: Wer will schon den zweiten Teil einer Langform sehen, die bereits im ersten Teil dermaßen versemmelt wurde, dass weder Zuschauer noch Spieler nach der Pause noch Lust drauf haben!
Aber: Einige der schönsten Shows, die ich gesehen und die ich gespielt habe, waren Langformen über zwei Hälften. Und hat sich schon mal jemand bei Shakespeares „Hamlet“ beschwert, dass die Schauspieler nach der Pause noch immer dasselbe Stück spielten?
Eine Show auf diese Weise zu spielen, ist momentan nicht gerade üblich. Ich glaube aber, dass sich das sehr bald ändern wird. Um die Jahrtausendwende hat in Deutschland fast niemand Langform-Impro gespielt. Inzwischen sind sie normaler Bestandteil der Impro-Szene geworden. Dasselbe wird bald auch auf diese „langen Langformen“ zutreffen. Wenn ihr also nicht gerade die eine Impro-Gruppe in der Stadt seid, die ohnehin andauernd diese Art von Langform-Shows spielt, liegt es nahe, das Publikum, das vielleicht beim Kartenkauf, etwas anderes erwartet hat, kurz zu konditionieren. Man muss keine ausführlichen Erklärungen abgeben. Kündigt kurz und bündig an, was ihr vorhabt, holt euch eure Inspirationen, wünscht den Zuschauern viel Spaß dabei, und los geht’s.
Einstündige Shows sind hierzulande eher unüblich, in den USA hingegen quasi Standard, da diese Kürze dort auch der Publikumserwartung in Bezug auf Unterhaltungsshows entspricht: Man geht nach der Arbeit noch kurz sich amüsieren, um dann den Abend auf einer Party, im Restaurant oder vor dem Fernseher zu verbringen. Ich vermute, dass sich auch bei uns hier und da auch kürzere Showformen einschleichen werden, einfach weil sie oft den Bedürfnissen des Publikums, der Spieler und der Betreiber besser entsprechen. Einstündige Shows bieten sich an,
wenn das Publikum auf Kurzweiligkeit gepolt ist. Im Uni-Café nach den Vorlesungen, in der Innenstadt am frühen Abend, im Theater nach der Hauptvorstellung.
wenn die Spieler selbst eher eine kurze, knackige Show bevorzugen.
wenn die Räumlichkeit selbst eher für kurze Formate geeignet ist. Das trifft besonders auf Cafés, Bars usw. zu.
Bei einstündigen Shows gilt vor allem eine Regel: In der Kürze liegt die Würze. Kommt rasch zum Punkt. Keine langen Anmoderationen, kein überflüssiger Show-Schnick-Schnack.
Eine einstündige Show ist weder für Kurzformen noch für Langformen reserviert. Beides kann funktionieren. Zur Not kann man sogar ein Theatersport-Match in eine Stunde quetschen, wobei dann sowohl Szenen als auch Moderation und Abstimmung zeitlich ungeheuer gekürzt werden müssen, was zu einer gewissen Kurzatmigkeit der Show führen kann.
Von einem Marathon sprechen wir bei einer Impro-Show ab sechs Stunden. Der längste Marathon, in den ich als Zuschauer reinschnupperte, hatte eine Dauer von 48 Stunden.
Wie man sich leicht vorstellen kann, ist so ein Marathon eine an den Wahnsinn grenzende Unternehmung. Jedem ist klar, dass kaum ein Zuschauer sich eine derartige Show durchgehend anschauen will. Kein Spieler ist in der Lage, vierundzwanzig Stunden zu improvisieren. Selbst bei einer länger als vier Stunden dauernden Show werden sich psychische und physische Abnutzungserscheinungen bemerkbar machen. Und trotzdem haben solche Shows natürlich ihren Reiz.
Zunächst ist ein Impro-Marathon eine schöne Möglichkeit, Spieler zusammenzubringen – aus verschiedenen Gruppen, aus verschiedenen Städten, man kann die Bühne für Impro-Schüler öffnen oder auch für das Publikum als Open Stage.
Häufig werden Impro-Marathons zu bestimmten Anlässen gespielt: Als Benefiz, als Mini-Festival, als jährliches Zusammentreffen oder als Gedenkveranstaltung7.
Die Belastung, einen Marathon zu organisieren, bei ihm aufzutreten und letztlich auch, ihn anzuschauen, ist enorm. Wenn ihr mutig seid und ein solches Unterfangen tatsächlich stemmen wollt, dann solltet ihr folgende Punkte bedenken:
Sorgt für Vielfalt! Ein Marathon, bei dem auf einer Bühne stundenlang immer nur dieselben Games aufgeführt werden, lockt kein Publikum, sondern ermüdet auch die Spieler selbst. Die Länge des Marathons eröffnet Möglichkeiten, die ihr bei einer normalen Show nicht unbedingt habt. Nutzt das aus. Vor allem für die theaterunüblichen Stunden (wie 5 Uhr morgens) sollte man sich gut überlegen, was man aufführt.
Sorgt für üppiges Catering. Wer stundenlang spielt, braucht mehr als nur Cola und Erdnüsse für die Energieversorgung.
Werbung, Werbung, Werbung! Eine Impro-Show, zu der fünfzehn Besucher kommen, ist verkraftbar. Aber wenn man für 24 Stunden fünfzig Impro-Spieler zusammengetrommelt hat, und
dann
nur fünfzehn Zuschauer kommen, wirkt das ein bisschen jämmerlich und ist für die Spieler frustrierend.
Portioniert den Marathon fürs Publikum. Vielleicht mag es für den einen oder anderen Impro-Enthusiasten ein Erlebnis sein, sich mehrere Stunden hintereinander Improtheater anzuschauen. Die meisten Zuschauer werden aber vermutlich noch andere Pläne haben (oder einen Job, eine Familie, ein Haustier). Veröffentlicht, wann die Zuschauer welche Show zu erwarten haben. Gib den Game-Fans ihre Games, den Langform-Fans ihre Langform, den Trash-Fans ihren Trash. Seid großzügig. Gebt Rabatte für den kompletten Marathon, niedrigere Preise für einzelne Shows.
Findet Sponsoren für einzelne Kostenpunkte. Selbst wenn alle Impro-Spieler ohne Gage auftreten, werden die Kosten wahrscheinlich ziemlich hoch sein: Catering, Werbung, Theatermiete, Versicherung. Da kann ein Benefiz-Marathon schnell mehr Geld kosten als er einnimmt.
Noch eine Bemerkung zum psychologischen Faktor: Vielfach schwärmen Marathonspieler davon, nach vielen Stunden Non-Stop-Improvisierens komme man in einen positiven Spielflow, in dem jegliches Forcieren, jegliche Bewertung, alles Ego wegfällt. Man „surft“ quasi auf einer Impro-Welle. Subjektiv ist für den Spieler sicherlich etwas Wahres dran. Als Zuschauer erlebt man aber auch die Kehrseite: Ein Sich-Gehenlassen der Spieler, Energielosigkeit, mangelnde Aufmerksamkeit für Details des Bühnengeschehens, der Story und der Angebote, sowie schwaches darstellerisches Spiel.8 Ich weiß nicht, ob das Eine das Andere aufwiegt. Immerhin sollte man sich dieses Problems bewusst sein. Gönnt euch zwischendurch Pausen. Oder, liebe Marathon-Organisatoren: Gebt den Spielern bequeme Sessel für ein nettes kleines Nickerchen im Backstage. Spieler: Gönnt euch das Nickerchen! Denn im Moment kann nur sein, wer wach ist für den Moment.
In größeren Städten gibt es oft die Möglichkeit für kleinere Auftritte in gemischten Comedy-Shows, Offenen Bühnen oder Ähnlichem. Wenn es sich nicht gerade um eine große Varieté-Bühne handelt, werden solche Auftritte schlecht oder gar nicht bezahlt. Aber ihr habt die Chance, euch in der Comedy-Szene bekannt zu machen, andere Comedy-Aktivisten kennenzulernen und eure Kurz-Auftritte als Werbung zu nutzen.
Baut auf der Bühne auf eure Stärken. Für Kurz-Auftritte werden euch selten mehr als fünf bis zehn Minuten zur Verfügung stehen. Also werdet ihr nicht viel Zeit haben, um eure gesamte Vielfalt und das Spektrum des Improvisationstheaters abzubilden. Wenn ihr etwa gute Sänger seid, dann verplempert eure Zeit nicht mit Publikums-Warm Ups oder Freeze Tags9; lasst euch einen Vorschlag für eure Mini-Oper geben und legt los! Habt mehr als nur ein einziges Game in petto, vor allem wenn ihr in der Show nicht die einzige Impro-Gruppe seid. Wenn ihr unter mehreren Games auswählen wollt, dann wählt solche, die das Impro-Prinzip in den Vordergrund stellen: Ein-Wort-Geschichte10, Sätze vervollständigen, Möp, Szenen mit Zuschauer-Beteiligung.11 Auf diese Weise spart ihr Erklärungs-Zeit. Games dieser Art sind selbsterklärend.
Eine gemischte Show nimmt leicht eine unvorhersehbare Dynamik an, oft stärker als eine ohnehin unvorhersehbare Impro-Show, da verschiedene Show-Elemente, Comedy-Themen und Interaktionen vermischt werden, die dem Abend eine bestimmte Färbung geben. Das ist eure Chance. Greift Themen der anderen Künstler auf und beleuchtet sie von einer anderen Seite.12 Umgekehrt: Wenn eine Show zu einseitig wird, zum Beispiel weil der Abend von Comedians geprägt ist, die am Mikro stehen und etwas erzählen, dann setzt Kontraste. Werdet körperlich, wenn der Abend zu verbal ist. Werdet erzählerisch, wenn musikalische Nummern dominieren. Werdet interaktiv, wenn die Nummern zu frontal dargeboten werden.
Wenn ihr werbt, seid kurz und prägnant! Niemand mag langes Reklame-Gefasel. Euer Auftritt selbst ist die beste Werbung, die ihr haben könnt. Der Rest ist Information: Wo kann man euch wann sehen? Setzt die Werbung immer ans Ende eures Auftritts oder lasst den Moderator diese Informationen ansagen.
Seid freundlich und kollegial zu denen, die mit euch auftreten, auch wenn ihr mit ihren Nummern nichts anfangen könnt. Schließlich sitzt ihr im selben Boot. Widersteht der im Backstage oft anzutreffenden Versuchung, über abwesende Kollegen zu lästern. Seid loyal. Nutzt die Möglichkeiten, die euch die Offenen Bühnen geben.
„So was haben Sie noch nicht gesehen! So was werden Sie nie wieder sehen! Denn alles, was auf dieser Bühne geschieht, entsteht in diesem Moment. Ob Krimi oder Oper, ob Märchen oder Shakespeare-Drama – wir schütteln alles aus dem Ärmel! Ein Feuerwerk an Premieren! Ein Blumenstrauß berührender und zwerchfellerschütternder Szenen…“
Kommt dir das bekannt vor? Seit über dreißig Jahren wird Improtheater in Deutschland gespielt. Es wird in Volkshochschulen und Manager-Seminaren improvisiert, es gibt in fast jeder deutschen Großstadt mindestens eine regelmäßig auftretende Impro-Gruppe, selbst im deutschen Fernsehen wird improvisiert. Sollen wir in einer Zeit, in der Improtheater längst aus der Nische herausgefunden hat, es immer noch ankündigen, als käme der Feuerschlucker ins verlassene Städtchen?
Andererseits ist Improtheater tatsächlich ein bemerkenswertes Handwerk und in vielen Fällen eine bewundernswerte Kunst. Sollte man diese erstaunliche Fähigkeit nicht entsprechend präsentieren?
Dabei geht es um mehr als um Präsentation und Werbung. Es geht um die Frage, was für ein Verständnis wir von der Show haben, in der wir spielen, die wir planen und der wir ein Format geben.
Wir genießen Improtheater auf verschiedenen Ebenen:
Wir genießen die Spontaneität als eigenen Wert. Es ist einfach unterhaltsam, jemandem zuzusehen, wie er im Moment kreativ wird, wie er mit Spielregeln und formalen Grenzen umgeht.
Wir erfreuen uns an dem dabei entstehenden Inhalt, sei er absurd oder herzzerreißend, schlicht komisch oder sozial ambitioniert.
13
Beide Ebenen können künstlerisch wertvoll oder grottig sein. Die Frage ist nur, welche Ebene in den Vordergrund gerückt wird, sei es in der Werbung oder in der Show selbst.
Als Faustregel kann man sagen: Je game-lastiger eine Show ist, umso sinnvoller ist es auf den spontanen Charakter der Show hinzuweisen. Wenn ihr klassische Impro-Spiele aufführt, die eure Spontaneität betonen, wie Armrede, Ein-Wort-Geschichte, Sitzen/Stehen/Liegen,14 könnt ihr das ruhig auch in den Fokus rücken. Niemand wird in einer Klau-den-Hut-Szene15 einen tiefsinnigen sozialen Kommentar erwarten. Wenn ihr andererseits scharfe Comedy aufführt, wenn ihr Storys, tanzorientiertes Improtheater oder Langform-Impro spielt, kurz, wenn Improvisation ein Vehikel ist, das Storys, ästhetische Formen, Kabarett, absurdes Theater usw. erschafft, dann könnt ihr das auch ruhig benennen.16
Wir werden später noch das Thema Moderation diskutieren. An dieser Stelle möchte ich fragen: Warum werden 99 Prozent der Impro-Shows überhaupt anmoderiert? Warum wird selbst in Shows, bei denen das Publikum höchstens zwei, drei Mal etwas beizusteuern hat, ein so großer Wert auf langandauernde Publikums-Animation gelegt?
Moderation und teilweise auch Animation sind durchaus sinnvolle Techniken in bestimmten Shows. Theatersport etwa ist ohne Moderation überhaupt nicht denkbar. Und wenn man den Eindruck hat, dass das Publikum steif oder müde ist, lohnt sich eine kurze Animation.
Allerdings sind Moderation und Animation durch die Verwandtschaft des Improtheaters mit Comedy und durch die langjährige Dominanz von Theatersport oder extrem interaktiven Formaten vielfach zu einem Selbstläufer geworden. Es „gehört eben dazu“. Fragt euch zuerst, welche Show ihr spielen wollt und richtet daran euren Auftritt aus. Wenn ihr eine Langform spielen möchtet, für die nur zwei, drei Vorschläge vom Publikum nötig sind, dann braucht ihr auch kein Ruft-uns-Vorschläge-rein-Aufwärmen.
Applaus-Warm-Up sehe ich in zwei Situationen angemessen:
wenn das Publikum durch differenziertes Klatschen Szenen oder Spieler bewerten soll,
wenn Improtheater im Rahmen einer Gala oder eines größeren Events stattfindet, mit anderen Worten, wenn wir es mit einem besonders großen und/oder steifen Publikum zu tun haben.
Vielleicht kommt ihr sogar an einen Punkt, an dem ihr euch sagt: Wir brauchen überhaupt keine Moderation. Besonders bei Langform-Impro ohne Publikumsbeteiligung erübrigt sich im Grunde eine Aufwärm-Moderation. Das Chicagoer Duo TJ & Dave begrüßt lediglich kurz das Publikum und beginnt dann unmittelbar mit der Improvisation. Die inzwischen aufgelöste Berliner Impro-Gruppe Zen tá B., die in ihren Shows völlig dem Flow des Entstehens vertraute, verzichtete auf jegliche Ansage und begann stattdessen unmittelbar aus der Bewegung der im Publikum verteilt sitzenden Spieler. Bewegungsorientierte Sub-Genres wie Tanztheater-Impro oder „Action Theater“ werden ebenfalls nur selten anmoderiert.
Aus der Theatersport-Forderung, die Spieler mögen nicht zu viel Zeit mit dem Suchen von Requisiten oder gar mit Überlegen verschwenden, entstand die Konvention, die Jury fünf Sekunden einzählen zu lassen – eine Aufgabe, die später dem Publikum übertragen wurde. Keith Johnstone hat sich über dieses Ritual ambivalent geäußert.
Jeder, der es mal erlebt hat, wie ein ganzer Saal kraftvoll gemeinsam einzählt, hat diese Wucht schätzen gelernt. Es schweißt das Publikum zusammen, ähnlich wie das Applaudieren oder überhaupt jede gemeinsame Aktion. Ich sehe aber auch Nachteile:
Das Ritual ermüdet sich im Laufe des Abends. Der zehnte Countdown ist meist längst nicht mehr so kräftig wie der erste.
Wenn man längere Szenen oder Storys spielt, wirkt das Einzählen etwas künstlich.
Einzählen versetzt unter Umständen sowohl den Spieler als auch das Publikum selbst unter Stress. Wenn etwa ein Spieler eine ruhige Szene beginnen möchte, die sich langsam, wortlos und aus kleinen Gesten heraus entwickeln soll, dann könnte er bei einem derartig gewaltigen Count Down entmutigt werden und in sinnlose Hektik verfallen.
Die Art, wie man die Bühne betritt, sollte mit der Show korrespondieren, die man spielt. Im Theatersport und bei game-orientierten Shows, die die Spontaneität selbst in den Vordergrund rücken, kann man ruhig etwas von seiner überbordenden Energie, seinem Mut und seiner guten Laune zeigen. Strahlt, lächelt, seid beweglich! Nicht umsonst heißt es Theatersport.
Diese Form der Selbstdarstellung kann aber auch zu einem Selbstläufer geraten, der in bestimmten Show-Formaten unangemessen wirkt. So sah ich vor einer Weile eine Impro-Show, die komplett im Horror-Genre aufgeführt wurde. Alles war wunderbar gespielt, das Genre sehr gut getroffen, man fieberte mit den Charakteren mit. Aber die schaurige Schönheit wurde völlig inadäquat von der Präsentation kontrastiert: Ein lustiger Impro-Jingle leitete die Show ein, die Spieler sprangen mit Akrobaten-Gestus auf die Bühne, das Publikum wurde wie für ein Theatersport-Match aufgeheizt. Wozu? Nichts davon korrespondierte mit dem, was man danach zu sehen bekam.
In manchen Fällen präsentieren sich Gruppen steif und übermäßig formell. Abgesehen von völlig verschüchterten Anfängergruppen gibt es dieses Problem eher im Rahmen von Businesstheater oder wenn Impro-Gruppen sich auf Galas oder Ähnliches begeben. Auch wenn ihr vor Anzugträgern auftretet, heißt das nicht, dass ihr so aussehen müsst. Banker erwarten auf der Bühne keine Leute, die wie Banker aussehen, sondern Schauspieler. Grundregel: Bleibt beweglich.
Scannt eure Show nach überflüssigen Elementen ab. Entschlackt und trennt euch von allem, was ihr nicht braucht. Passt eure Selbstdarstellung an das an, was eure Show benötigt. Beobachtet, was bei anderen Gruppen funktioniert. Probiert aus, verwerft und probiert neu. Prüft und entscheidet dann, was zu euch passt. Solch einen Show-Scan kann man wie eine Betriebsinventur in regelmäßigen Abständen als Gruppe durchziehen. Was hat sich bewährt? Womit fühlen wir uns wohl? Was können wir über Bord werfen? Hat sich unser Spielen vielleicht so geändert, dass wir eine neue Art der Präsentation brauchen?
Eine Show besteht nicht nur aus dem, was präsentiert wird, sondern auch aus dem, wie es präsentiert wird. Dazu gehören kleine Dinge wie die Einlassmusik, wiederkehrende kleine Show-Elemente, die Selbstdarstellung. Wenn wir die Show als das Geschenk fürs Publikum verstehen, so sind diese Teile das Geschenkpapier und die Dekoration.
Weniger ist hier oft mehr. Wenn ihr euch um das Drumherum Gedanken macht, geht es also nicht unbedingt darum, möglichst viele kleine Dinge zu finden, mit denen man die Show aufhübschen kann, sondern den Rahmen möglichst passend zur Form der Show und zu den Möglichkeiten zu gestalten.
Die Berliner Impro-Gruppe „Die Gorillas“ standen bei ihrer Show „Gurke oder Banane“ (eine Variante des Johnstoneschen Formats „Gorilla Theater“) vor dem Problem, dass sie – entgegen dem originalen Format – nur zu dritt auftreten wollten, d.h. ohne zusätzlichen Moderator. Andererseits verlangt das Format einen Moderator. Sie lösten das elegant, mit Humor und genau der angemessenen Prise Albernheit: Einer der Spieler betritt zu Beginn der Show mit extravagantem Jackett, riesiger Brille und blonder Perücke als „Ihr Moderator“ die Bühne. Im Laufe des Abends wechseln sich die Spieler mit diesem Kostüm ab und suggerieren augenzwinkernd eine scheinbare Kontinuität des Moderators.
Viele Gruppen, vor allem solche, die in Cafés spielen, überlassen die Auswahl der Einlassmusik dem Barpersonal, die dann eine Playlist, die dort sowieso immer läuft, einlegen. Die Musik, die der Zuschauer hört, wenn er die Räumlichkeit betritt, ist einer seiner ersten Eindrücke. Sie stimmt ihn ein auf das, was ihn erwartet. Seid ruhig ein bisschen wählerisch und zeigt Geschmack. Einlassmusik sollte das Publikum heiter stimmen. Vermeidet deprimierende Indie-Musik oder komplizierten Jazz.
Als Intro-Jingle, d.h. als kleines einläutendes Musik-Stück vor der Show, eignen sich kurze, vielleicht signalartige Stücke, die sich musikalisch von der Einlassmusik abheben. Wenn man einen Impro-Musiker im Team hat, der das Intro spielen möchte, umso besser. Theater kommt natürlich auch gut und gern ohne Intro-Musik aus. Man halte das nicht für zwingend. Aber gerade bei komödiantischen und interaktiven Formaten wird man als Zuschauer durch musikalische Intros gut eingestimmt.
Musikalisch sollte man von allem die Finger lassen, was als Intro abgegriffen ist oder zu Tode geritten wurde, insbesondere bekannte Fernseh-Jingles, aber auch tausend Mal genutzte Stücke wie „Oh Fortuna!“ aus Orffs Carmina Burana und „Sonnenaufgang“ aus Also sprach Zarathustra von Richard Strauß. Wenn ihr nach Themen sucht, wird man rasch fündig in kurzen, schnellen Stücken der Wiener Klassik – Haydn oder Mozart – oder bei unbekannteren Perlen des Instrumental-Pop&Rock.