Irische Märchen - Gerard Carpenter - E-Book

Irische Märchen E-Book

Gerard Carpenter

0,0

Beschreibung

Klassische Kollektion von irischen Mythen und Legenden. Märchen über Riesen, Elfen und anderen Fabelwesen. Die Kunst des Geschichtenerzählens hat in Irland eine lange Tradition. Dadurch konnten sich bis in die heutige Zeit, wunderschöne traditionelle Erzählungen erhalten. Fünf davon sind in diesem Buch festgehalten und entführen Sie in die mythische irische Sagenwelt.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 79

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



EINE LEGENDE VON KNOCKMANY

Welch‘ irisches Kind, Mann oder Frau hat noch nicht von dem renommierten hibernischen Hercules gehört, dem großen und glorreichen Fin M’Coul? Es gibt nicht einen, vom Cape Clear bis zum Giant’s Causeway und wieder zurück zum Cape Clear. Und – wo wir gerade vom Giant’s Causeway sprechen, bringt uns dies, ohne Umweg, direkt an den Anfang dieser Geschichte.

Es begab sich eines Tages, dass Fin und seine anderen gigantischen Freunde gerade zusammen am Giant’s Causeway arbeiteten, um eine Brücke zu bauen oder, was vielleicht noch viel besser war, um einen guten stabilen Pfad zu bauen, hinüber nach Schottland, als Fin, der seit jeher sehr von seiner Frau Oonagh angetan war, in den Kopf kam, er könnte eigentlich nach Hause gehen und sehen wie seine arme, alte Frau ohne ihn zurechtkam. Man kann sicher sein, Fin war ein wahrhaft gutmütiger Riese und es war die Sorge, um die dunkle Seite des Lebens, die ihn zurücktrieb, nur um zu sehen, dass es ihr gutging. Vor allen Dingen wollte er, dass sie es gemütlich hatte und dass sie in den Nächten genug Schlaf bekam – wusste er doch, dass, wenn er bei ihr war, sie seine nächtliche Gesprächspartnerin über die Bedenken und Sorgen war, die ihm, dem anständigen Fin, kamen, wenn er darüber nachdachte, wie er die gute Gesundheit und die tiefe Liebe, die sie beide kurz nach ihrer Hochzeit gefühlt hatten, aufrecht erhalten konnte.

Also, seinem Vorhaben folgend, riss er eine Tanne aus dem Boden und machte sich, nachdem er sie von all ihren Ästen und Wurzeln befreit hatte, einen guten Wanderstock daraus, um sich auf den Weg zu seiner Oonagh zu machen.

Oonagh, eher gesagt eigentlich Fin und Oonagh, lebten zu dieser Zeit auf der allerobersten Spitze des Knockmany Hill, welcher gegenüber seinem Cousin, dem Cullamore Hill, wiederrum, halb Berg, halb Hügel, aufragt – süd-süd-östlich, wie die Seeleute sagen , wenn sie einen Landsmann verwirren wollen.

Nun, und das muss nun mal irgendwann einmal gesagt werden, war es so, dass Fin’s liebevolle Zuneigung zu seiner Frau, obgleich aufrichtig genug, unter keinen Umständen der alleinige Grund für seine Reise nach Hause war. Es gab, zur damaligen Zeit, einen besonderen Riesen. Sein Name war Cucullin – manche sagen, er war irisch, andere sagen er war schottisch – aber egal ob nun irisch oder schottisch, es gibt keinen Zweifel daran, dass er der absolut unausstehlichste, widerlichste, anstößigste, streitsüchtigste Riese, kurzgesagt ein Targer, war. Jedoch war kein anderer Riese seiner Zeit stärker als er, seine Kraft war so groß, dass, wenn er mit seinem Fuß auf den Boden stampfte, das ganze umliegende Land einem Zittern unterlag. Sein Ruhm und sein Name eilten ihm voraus, landein und landaus, und nichts was die Form eines Mannes hatte, so sagte man sich jedenfalls, hätte in einem Kampf auch nur den Hauch einer Chance gegen ihn gehabt. Darüber hinaus, ob die Geschichte nun wahr ist oder nicht, vermag ich nicht recht zu sagen, wurde berichtet, dass Cucullin einen Blitzstrahl mit einem einzigen Hieb seiner Fäuste zerdrückt hätte und diesen nun, flach wie einen Pfannkuchen zusammengedrückt, in seiner Hosentasche mit sich herumtrug, um ihn jedem Feind zu zeigen, der es wagen wollte sich mit ihm anzulegen.

Es besteht kein Zweifel daran, dass er jedem Riesen Irlands eine denkwürdige Tracht Prügel verpasst hatte, außer jedoch Fin M’Coul und er schwor sich, bei den heiligen Überresten seiner Vorfahren, dass er nicht ruhen würde, Tag oder Nacht, Winter oder Sommer, bis er Fin eine Portion derselben Lebenswürze serviert hatte, die er auch den andern verabreicht hatte. Nun war Fin zwar ohne Frage der stolze Hahn auf dem Pfad seines eigenen Dunghügels, er hatte jedoch eine ausgeprägte Unlust einen Riesen zu treffen, der in der Lage war ein junges Erdbeben auszulösen oder aber einen Blitz mit seinen Händen zu erdrücken, wenn er wütend war, also blieb Fin immerzu in Bewegung und waberte von hier nach dort um in Sicherheit zu sein, wann immer er wusste, dass der Riese Cucullin seine Fährte aufgenommen hatte. Dies also war der Grund für all seine Beweglichkeiten an jenem Tage, obgleich er doch versuchte, diese mit dem Verlangen nach seiner Frau Oonagh zu erklären, wobei ich nicht behaupten möchte, dass nicht auch in diesem Punkt etwas Wahrheit steckt.

Trotzdem, das Lange und das Kurze an dieser Geschichte war, dass er, mit Ehrfurcht sei dies gesagt, gehört hatte, das Cucullin auf dem Weg nach Causeway war, um mit ihm einen kleinen Kräftewettstreit auszutragen und er, zwar ausreichend groß, ein sehr plötzliches, warmes Gefühl der Zuneigung für seine Frau fühlte, das arme Ding, so delikat in ihrer Gesundheit und so einsam und untröstlich, wenn er nicht bei ihr war, so versicherte er jedenfalls den anderen Riesen. Also riss er, wie bereits erwähnt, die Tanne aus dem Boden, entlaubte sie zu einem Wanderstock und machte sich auf seinen Weg, um seine Frau Oonagh, auf der Spitze des Knockmany-Berges, aufzusuchen.

Hinter seinem Rücken jedoch, um das Misstrauen das zur damaligen Zeit in dem Land herrschte zu attestieren, machten sich alle sehr viele Gedanken darum, warum es war, dass Fin sich einen solch windigen und einsamen Ort für sein Wohnhaus ausgesucht hatte. Manche gingen auch soweit, ihn dies selbst zu fragen, um ihre galoppierende Gedanken wieder einzufangen.

„Was kannst du denken, Fin M’Coul“, sagten sie „wenn du dein Zelt auf der Spitze des Knockmany-Berges errichtest, wo du doch dort niemals, Tag oder Nacht, Sommer oder Winter, ohne Wind sein wirst und wo du doch dort oft der Erste und genauso oft der Letzte im ganzen Land bist, der den Regen bekommt. Und, aye, wo du, neben diesen Dingen, keine Möglichkeit hast das Verlangen nach frischem Wasser zu bedienen“

„Warum?“, sagte Fin „Seit ich ungefähr die Größe eines Rundturms erreicht habe, bin ich bekannt dafür, gerne meine eigene schöne Aussicht zu haben und, wo zum Dickens, sollte ich wohl eine bessere Aussicht finden, als auf der Spitze des Knockmany? Und zum Trinkwasser: Ich bringe gerade eine Pumpe in den Berg ein1, welche ich, Gott ist mein Zeuge, fertig stellen werde, sobald wir hier den Causeway beendet haben“.

Nun, dies war natürlich mehr Fin’s Philosophie, als alles andere. Der wahre Grund dafür, dass er sein Haus auf die Spitze des Knockmany gepflanzt hatte war der, dass es ihm so möglich war, es früh zu sehen, wenn Cucullin sich auf den Weg zu ihm machte und natürlich, damit er es früh sehen konnte, wenn andere, entferntere, Verwandten von ihm in Situationen waren, in denen er ihnen lieber persönlich beistehen würde, als gegen Cucullin – ach, wir wollen nicht allzu hart mit Fin sein. Alles was wir sagen müssen ist, dass wenn er einen Ort haben wollte, von dem aus er einen scharfen Überblick hatte, er keinen schöneren oder komfortableren Ort finden würde, als die Spitze dieses Berges in einer der schönsten Provinzen von Ulster.

„Gott segne alle hier lebenden!“, rief Fin, fabelhaft gelaunt, als er sein ehrlich freudiges Gesicht durch seine eigene Tür streckte.

„Sei willkommen zurück zu Hause Fin, bei deiner eigenen Oonagh, deiner liebsten Rüpelin“, sagte seine Frau, die diesen Spitznamen schon seit ihrer frühsten Kindheit trug und diesem folgend, nun zu einem Hieb gegen Fin’s Arm ausholte, von dem gesagt wurde, dass er das Wasser in dem Bach am Fuße des Berges erzittern ließ, aber mindestens ebenso voll mit Güte und Sympathie war. „Wie geht es dir?“

„Wundervoll!“, freute sich Fin „Aber sage mir, wie hast du, während meiner Abwesenheit, deiner Gestalt die Zeit versüßt, meine Heidelbeere?“

„Niemals besser – so freudig wie eine Strohwitwe, wie jemals sie war in ‚Tyrone among the bushes‘ 2“, sagte sieund zitierte dabei ihr Lieblingsgedicht.

Fin gab eine kurzes, lachendes Husten von sich und ging dann in ein lautes herzliches Lachen über, um ihr zu zeigen, wie überaus glücklich er war, dass sie sich offensichtlich eine schöne Zeit gemacht hatte, während er abwesend war.

„Und was brachte dich so früh nach Hause, Fin?“, fragte sie

„Ach“, sagte Fin, während er seine Antwort vernünftig sortierte, „niemals etwas anderes, als die wahrhaftigste aller Liebe und Zuneigung zu dir. Sicher kanntest du die Wahrheit doch sowieso, Oonagh“.

So verbrachte Fin zwei oder drei glückliche Tage mit seiner geliebten Oonagh und fühlte sich dabei sehr glücklich, wenn man die Furcht bedenkt, die er wegen Cucullin hatte. Diese jedoch, nichtsdestotrotz, wuchs und gedieh in seinem Kopf in solch einem Ausmaß, dass seine Frau nicht anders konnte, als zu bemerken, dass ihm etwas auf der Seele brannte, was er in seinem eigenen Kopf für sich alleine zusammenhielt. Oonagh aber war eine wahre Meisterin darin, Dinge, die Fin sich in seinem Kopf zusammenhielt auf direktem Wege aus eben jenem zu extrahieren. Und so dauerte es nicht lange, bis Fin ihr die Geschichte erzählte.

„Es ist dieser Cucullin“, sagte er, „der mir Sorgen macht. Wenn der Kerl wütend wird und mit dem Fuß aufstampft, wird er dir eine ganze Stadt zum Wackeln bringen; und es ist wohlbekannt, dass er einen Blitzschlag aufhalten kann, denn er trägt einen in der Form eines Pfannkuchens mit sich herum, um ihn jederzeit einem jeden zu zeigen, der dies anzweifelt“

Als er sprach, legte er seine linke Hand auf die Stirn, was er immer tat, wenn er etwas prophezeien wollte. Seine Frau, die das wusste, sagte sehr süßlich:

„Ich hoffe du legst nicht wegen ihm deine Hand auf die Stirn?“

„Nein“, sagte Fin „nicht wegen ihm – und trotzdem nagt es an mir“ und dann, einer plötzlichen Eingebung seiner prophetischen Gabe folgend, rief er, lauter als er es wollte aus: „Er kommt! Ich kann ihn bei Dungannon sehen“

„Du meine Güte! Und ist er es?“