Isabella - Lissa Seebauer - E-Book

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Lissa Seebauer

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Beschreibung

Lady Karen die Burgherrin macht sich berechtigte Sorgen um ihre Magd Isabella. Ihr Gemahl, Karl der Schreckliche will das junge Mädchen zu sich ins Bett holen. Er ist ein grausamer Herrscher und nimmt sich was er will. Für Lady Karen und Isabella bleibt nur noch die Flucht aus der Burg.

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Lissa Seebauer

Isabella

Überarbeitete und korrigierte Neuauflage 2013BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Die Flucht

Traurig schaute Isabella über die blühende Wiese. Würde bald all diese Schönheit vergangen sein? Krieg stand wie ein drohendes Ungeheuer vor den Toren der Burg. Wie sehr hatte sie sich auf dieses Jahr, auf den Frühling und den Sommer gefreut. Sie legte die Hand über die Augen, um die vielen kleinen Punkte am Horizont besser sehen zu können. Der Feind rückte an.

"Was machst du hier oben. Verschwinde und gehe an deine Arbeit“, herrschte sie eine kalte Stimme an. Das junge Mädchen zuckte erschrocken zusammen. Der Burgherr! Er war ein harter Herrscher und kannte kein Mitgefühl für andere Menschen. Besonders seine Bauern hatten darunter zu leiden und sie, die kleine unbedeutende Magd.

Eilig drehte sie sich um, verbeugte sich und rannte davon. Sie wusste aus Erfahrung dass es besser war, dem Herrn nicht unter die Augen zu kommen. Besonders für ein junges Mädchen war es gesünder, die Aufmerksamkeit der Ritter nicht auf sich zu lenken. Diese ungehobelten Burschen nahmen sich was ihnen gefiel und schon oft hatte Isabella nachts die verzweifelten Schreie von Bediensteten gehört, die gegen ihren Willen das Bett eines Ritters teilen mussten.

Außer Atem kam sie in den Gemächern ihrer Herrin an. "Isabella wo steckst du schon wieder. Sicher warst du oben auf den Zinnen. Wehe mein Gemahl erwischt dich dort."

"Er hat mich eben gesehen", gab sie zerknirscht zu, "bitte Seid mir nicht böse Herrin." Lady Karen lachte: "Wie könnte ich dir böse sein meine Kleine. Ordne mein Haar und halte dich in nächster Zeit von Karl dem Schrecklichen fern." Isabella machte sich mit einem erleichterten Seufzer an die Arbeit. So lange sie unter dem Schutz ihrer Herrin stand, konnte ihr nicht viel passieren. "Lady Karen wer hat Eurem Gemahl diesen Namen gegeben?"

"Das war ich, als er die Burg stürmte, mich raubte und alles niedermetzelte."

"Ich würde nie einen Mann nehmen, den ich nicht liebe."

"Ach Kindchen du bist noch so unverdorben und naiv. Du wirst genau so wenig gefragt werden wie ich. Bete zu Gott, dass wir diesen Krieg gewinnen, wenn ich mir auch nicht vorstellen kann, dass es uns unter diesem Ritter noch schlechter ergehen kann wie es jetzt schon ist."

Mit einem Knall schlug die Tür an die Wand. Karens Gemahl stand in der Öffnung und schaute mit finsterem Gesicht auf die beiden Frauen. "Ihr werdet diesen Raum nicht verlassen, bis ich Euch erlaube nach unten zu gehen. Eure Magd wird sich um Euer leibliches Wohl kümmern. Habt Ihr mich verstanden?"

Karen schaute furchtlos in das finstere Gesicht ihres Mannes und nickte: "Wenn Ihr meint? Sind Eure Feinde schon im Anmarsch oder stürmen sie bereits Eure altertümliche Burg."

"Frau! Haltet Eure spitze Zunge im Zaum oder ich schneide sie Euch eines Tages heraus."

"Auch gut, dann brauche ich mich mit Euch nicht mehr zu unterhalten“,  gab sie gleichmütig zur Antwort. “Vielleicht leistet mir dann Eure Lieblingsmagd ein wenig Gesellschaft. Wenn ich es mir recht überlege...“, sein Blick glitt aufreizend langsam über die schlanke Gestalt des Mädchens. Karen erhob sich und ergriff den Arm ihrer Magd: "Sie steht unter meinem Schutz, selbst Ihr müsst Euch danach richten. An Isabella kommt Ihr nur über meine Leiche. Oder gilt Euer Wort nichts mehr?"

Karl grinste seine Gemahlin hinterhältig an: "Wann ich mein Wort gebe und wann ich es zurück fordere, ist allein meine Entscheidung.  Aber über Euren Tod können wir uns unterhalten. Ihr geht mir mit Eurem schamhaften Getue schon lange auf die Nerven... und Kinder schenkt Ihr mir auch nicht. Glaubt Ihr, ich will nur Bastarde in die Welt setzen? Ich will einen Erben, doch dazu taugt Ihr auch nicht. Ihr seid für mich genauso wenig von Wert, wie die altertümliche Burg Eures Vaters."

"Ach“, tat Karen erstaunt, "Ihr wisst noch, dass die Burg meinem Vater gehörte?"

"Frau“, schrie er sie wütend an, "mir fällt sicher was ein damit ich Euch in den Kerker werfen kann. Wie dem auch sei. Erst muss ich diesen Bastard vertreiben, der mit Gewalt Einlass begehrt und mir meine Zeit stiehlt, dann komme ich auf Euer Angebot zurück. Macht Euren Frieden mit Gott, Ihr habt nur noch eine kurze Zeitspanne zu leben." Karen senkte den Kopf, um diesem verhassten Mann ihre Angst nicht zu zeigen. Sie wusste, nun konnte sie Isabella nicht mehr beschützen. Wenn er den Krieg gewann, würde sie sterben und das Mädchen seinen Brutalitäten schutzlos ausgeliefert sein.

„Lady Karen das meint er doch nicht ernst oder?"

"Dieses Ungeheuer meint immer was er sagt. Mein Leben ist verwirkt und auf dich kommt eine schlimme Zeit zu. Du musst aus der Burg verschwinden."

"Nein, nur wenn Ihr mich begleitet. Ohne Euch gehe ich nicht“, gab Isabella mit starker Stimme zurück und Karen wusste, dass sie das Mädchen nicht umstimmen konnte.

"Komm meine Kleine. Wir gehen in die Kapelle, dort sucht uns hoffentlich niemand."

"Aber... Ihr dürft diesen Raum nicht verlassen."

"Ich kenne einen Weg wie wir ungesehen dorthin gelangen. Isabella laufe in die Küche und bringe an Vorräten, was du tragen kannst. Ich warte auf dich."

Eine Stunde später schleppte das Mädchen einen riesigen Korb in Karens Gemach. "Hat dich jemand gesehen?"

"Nein keine Menschenseele."

"Gut dann komm." Karen trat an die der Türe gegenüberliegende Wand und legte eine Hand auf die wunderschönen Schnitzereien. Suchend glitten ihre Finger über die kleinen herausragenden Figuren. Endlich fand sie die winzige Einkerbung, die sich in der offenen Schnauze eines Jagdhundes befand. Mit dem Zeigefinger drückte sie kräftig und schon verschob sich ein kleiner Teil der Wand. Isabella schaute mit staunenden Augen auf die Öffnung, die gerade groß genug war, um einen Menschen hindurch klettern zu lassen. "Beeile dich Mädchen, ich reiche dir die Vorräte, dann folge ich dir."

"Geht Ihr doch zuerst Lady Karen. Ich verschließe die Zimmertüre und komme dann nach."

"Nein auf keinen Fall. Die Türe bleibt unverschlossen, sonst suchen sie den Raum genau ab und finden vielleicht die Geheimtüre. Ich weiß, dass mein Gemahl den Gang nicht kennt. Kurze Zeit später schob sich die Wand zurück und der Raum lag verlassen da. Karen und Isabella standen eng aneinander gedrängt in dem fast dunklen Gang. Die Kerze in der zitternden Hand von Isabella zeichnete flackernde Lichter an die Wände. "Dieses Licht verlöscht zu schnell. Irgendwo an der Wand muss eine Fackel sein“, flüsterte Karen und ihre Hände glitten suchend an den feuchten Steinen entlang.

"Ah hier, ich habe sie“, seufzte sie erleichtert. Vorsichtig Schritt für Schritt bewegten sie sich vorwärts. Der Gang wurde manchmal so eng, dass sie sich nur mit Mühe hindurchzwängen konnten. "Schon wieder eine Biegung, es geht immer bergauf, wo kommen wir hinaus“, wollte Isabella wissen. "Sprich nicht“, flüsterte Karen, "wir sind bald am Ziel."

Über zwei Stunden irrten sie schon durch den Gang, als Isabella plötzlich vor einer Wand stehen blieb: "Lady Karen, es geht nicht mehr weiter!"

"Dann haben wir es geschafft. Lass mich vorbei." Das Mädchen kauerte sich auf den Boden, damit ihre Herrin über sie hinwegsteigen konnte, was in der Enge gar nicht so leicht war. Endlich konnte Karen die Wand mit den Händen erreichen. Wieder glitten ihre Finger suchend über die nackten Steine, doch den Öffnungsmechanismus fand sie nicht. "Verdammt, er muss hier irgendwo sein!" Doch keine Öffnung wurde sichtbar. "Lady Karen, Ihr müsst Euch beeilen, die Fackel brennt nicht mehr lange."

"Ich weiß“, gab diese gereizt zur Antwort, "ich kann den Hebel nicht finden."

Das Licht verlöschte und tiefste Finsternis umgab sie. Isabella ließ sich entmutigt auf dem Boden nieder und Karen folgte ihrem Beispiel: "Meine Kleine verliere nicht den Mut. Wir ruhen uns aus, dann suche ich weiter. Ich werde den Hebel finden..., ich muss..."

Isabella zog die Beine an, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und schloss müde die Augen. "Aua mich hat etwas gestochen. Lady Karen ich habe Angst."

Karen griff hinter das Mädchen und lachte erleichtert auf: "Meine Kleine, ich glaube du hast den Hebel gefunden. Rück ein Stück zur Seite. So tief unten hätte ich niemals gesucht." Sie schob das kleine Stück Eisen nach links, dann nach rechts und wieder geschah nichts. Dann versuchte sie es nach unten, dann nach oben und diesmal hatte sie Glück. Ein großer Stein schob sich knirschend in die Wand und Karen spürte die frische Luft, die in den modrigen Gang drang. Ächzend zwängte sie den Oberkörper durch die Öffnung, zog die Beine nach, dann hatte sie es geschafft. Sie spürte felsigen Boden unter den Füßen und als sie sich aufrichtete und mit den Händen um sich griff, traf sie auf keinen Widerstand. Sie wusste, sie hatten die Höhle erreicht. "Isabella reiche mir den Korb, dann klettere durch." Erleichtert richtete sich das Mädchen auf und tastete in der undurchdringlichen Dunkelheit nach ihrer Herrin. "Wo sind wir hier. Ich kann nichts sehen." "Wir sind in einer Höhle und sicher gibt es hier ebenfalls eine Fackel. Entzünde die Kerze, dann sehen wir weiter.    Lady Karen hatte richtig vermutet, auch hier gab es eine Fackel die an der Wand befestigt war. Erstaunt leuchteten die Frauen die Höhle ab und Isabella hauchte ehrfürchtig: "Oh Herrin das ist ja hier so groß wie unser Rittersaal. Aber ich dachte wir würden in die Kapelle gehen?" Karen lächelte: "Sieht es nicht wie eine Kirche aus? Spürst du es nicht auch? Von irgendwoher kommt frische Luft. Gehen wir in diese Richtung, dann kommen wir sicher zu einem Ausgang. Es führte nur ein breiter Gang von der Höhle weg und dem folgten sie eine lange Zeitspanne.

"Hier rasten wir. Ich glaube wir sind bereits Stunden unterwegs und der Tunnel scheint noch immer kein Ende zu nehmen."

"Das ist die beste Idee, die Ihr heute hattet“, seufzte das Mädchen und ließ sich auf dem harten Boden nieder.  "Ich könnte im Sitzen einschlafen."

"Hm das ist gut. Schlafen wir. Uns läuft nichts davon. Ob wir jetzt oder in einem Tag das Ende erreichen, ist doch egal. Vor Verfolgern sind wir hier sicher. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn Karl der Schreckliche diesen Gang finden sollte."

"Woher wusstet Ihr von der Geheimtür und Euer Gemahl nicht?"

"Weil er der Eindringling ist und ich hier mein ganzes Leben verbracht habe mein Kind."

"Und wer hat noch eine Ahnung von diesem Versteck?"

"Das wussten nur meine Großeltern, die die Burg erbaut hatten. Sie gaben das Geheimnis an meine Eltern weiter. Und diese wiederum an mich, ihr einziges Kind."

"Aber Eure Eltern sind tot."

"Ja und wir beide sind die Einzigen, die davon wissen."

"Ich gehöre aber doch nicht zur Familie."

"Doch Isabella. Ich werde dir jetzt etwas sagen, was ich seit deiner Geburt vor siebzehn Jahren in meinem Herzen bewahre. Du bist meine Tochter, darum zeigte ich dir diesen Weg."

"Ich bin..., das stimmt nicht. Ihr hattet mich doch als Säugling gefunden."

"Das erzählte mein Vater. Er wollte mich vor der Schande bewahren. Ich habe dich geboren und aufgezogen. Hätte Karl der Schreckliche deine Abstammung gekannt, er hätte dich sofort ermordet."

"Ich glaube es noch immer nicht."

"Isabella du darfst es glauben. Du bist keine Magd, du bist meine Tochter und ich liebe dich wirklich."

"Ja, Ihr wart immer sehr gut zu mir. Oft warfen mir die anderen Mägde vor, ich wäre wohl etwas Besonderes, weil ich mir so viel erlauben konnte. Nie wart Ihr ernstlich böse mit mir. Warum sagtet Ihr mir erst jetzt die Wahrheit?"

"Meine Kleine, ich weiß nicht was die Zukunft bringt. Du sollst aber wissen, dass du nicht von niederer Geburt bist. Denke daran, was auch geschieht du stammst aus dem Geschlecht derer von Kleinsteiner."

"Aber wer ist mein Vater?"

"Dein Vater war ein edler Ritter aber ohne Vermögen. Ich durfte ihn nicht heiraten, obwohl ich ihn mehr als mein Leben liebte."

"Ihr sagtet war?"

"Ja er ist tot. Hinterrücks erstochen und das von meinem eigenen Cousin. Er sollte mein Gemahl werden doch das blieb mir erspart, da Karl der Schreckliche auftauchte. Niemanden aus meiner Familie ließ er am Leben. Von dir wusste er, dass du eine Waise bist und ich durfte dich behalten. So jetzt kennst du die ganze furchtbare Tragödie. Nun schlafe ein bisschen, wir haben noch einen weiten Weg vor uns."

Isabella legte sich auf den harten Steinboden, schob eine Decke unter den Kopf und schloss die Augen. Sie hatte eine Mutter. Oh Gott warum erfuhr sie das erst jetzt? Die Gedanken stürmten auf sie ein und in ihrem Kopf drehte sich alles. Ihre Herrin, nein ihre Mutter, hatte sie doch immer "meine Kleine" gerufen. Jetzt ergab das alles einen Sinn.

Isabella wach auf, wir müssen weiter. Das Glück das wir bisher hatten, sollten wir nicht überstrapazieren." Gähnend reckte und streckte sich das Mädchen. Hatte sie das alles geträumt? Lady Karen war ihre Mutter und...

"Steh auf und komm endlich. Wir müssen weiter“, drang die mahnende Stimme ihrer Mutter in ihre Gedanken. "Ja, ja ich komme schon." Sie ergriff den anderen Henkel des schweren Korbes und gemeinsam marschierten sie in die Freiheit. "Lady Karen, ich sehe einen Lichtschimmer!"

"Ja mein Kind, der Gang ist zu Ende. Hoffentlich auch unsere Sorgen."

Je mehr sie sich dem Ausgang näherten, desto heller wurde es. Dann hatten sie das Höhlenloch erreicht. Isabella bückte sich und schaute nach draußen: „Seltsam, ich sehe den Himmel und sonst nichts."

"Lass mich nachsehen“, Karen kniete nieder und kroch durch das Loch ins Freie. Ein Ausruf des Erstaunens kam über ihre Lippen: "Wunderbar! Isabella komme heraus und schaue dir das an." Eilig folgte das Mädchen ihrer Mutter und blieb überrascht auf den Knien liegen, als sie die herrliche Aussicht sah. Sie befanden sich hoch oben auf einem Berg. Weit schaute man ins Tal. Rechts ein langgezogener Wald ansonsten nur Felder und Wiesen, so weit der Blick reichte. "Ist das nicht wunderschön Lady K..."

"Nenne mich nicht mehr Lady. Ich bin deine Mutter."

"Ja... Mutter." Karen besah sich die Umgebung genauer und meinte: "Hier geht ein Pfad auf den Gipfel. Sieht aus als würde diese Höhle Tieren als Unterschlupf dienen. Mal sehen wohin der Weg führt." Wenig später standen sie auf dem Gipfel und schauten zurück, woher sie gekommen waren. Weit verstreut konnte man die Hütten der Bauern erkennen. "Mutter ist das unsere Burg?" Isabella zeigte mit dem Finger ins Tal. Fast am Horizont stand auf einem kleinen Berg, wie ein Fels die Burg ihrer Ahnen. "Ja das ist sie. Unsere Heimat. So nah und doch so fern. Siehst du die vielen Punkte rundherum?"

"Ja was ist das?"

"Das sind die Feinde von Karl dem Schrecklichen. Ich hoffe sie stürmen die Burg und nehmen meinen Gemahl gefangen."

"Aber dann können wir nie mehr zurück?"

"Isabella wollen wir das denn?"

"Nein Mutter. Ich will nicht dorthin zurück. Was sollen wir dann machen? Von was werden wir leben?"

"Daran habe ich gedacht. Wir geben uns als Bürgerliche aus. Ich werde mir als Hebamme Geld verdienen. Das ist das Einzige was ich kann und du wirst mir dabei helfen."

"Das ist eine gute Idee. Werdet Ihr..."

"Isabella“, unterbrach sie ihre Tochter, "vergiss nicht wir sind Bürgerliche."

"Mutter wirst du dich in der Welt der Kleinen auch zurechtfinden?"

Karen lachte hell auf: "Kind ich habe die letzten Jahre wie in einem Gefängnis gelebt. Ich werde mich in der Welt der Kleinen, wie du es nennst, bestimmt wohler fühlen." Isabella nickte. Sie wusste was ihre Mutter unter Karl dem Schrecklichen erlebt hatte. Oh sie hasste diesen Mann, der Karen zum Weinen gebracht hatte. Wie oft musste sie sich im Ankleidezimmer verstecken, wenn der Gemahl ihrer Mutter unverhofft in deren Räumen aufgetaucht war. Dann hörte sie wider Willen wie bösartig und jähzornig er sein konnte.

"Gehen wir ins Dorf zurück?" Als Karen nickte, setzte sie erschrocken hinzu: "Aber wenn dich jemand erkennt? Sicher lagern Soldaten unserer Feinde im Dorf und sie würden dich sofort gefangen nehmen."

"Das glaube ich nicht. Das letzte Mal war ich vor vierzehn Jahren im Ort. Mich kennt niemand mehr. Wir mieten uns ein Häuschen und richten uns wohnlich ein. Ich habe ein paar Goldstücke dabei, das müsste für einen neuen Anfang reichen."

"Gut! Wie du meinst. Ich hole unseren Korb."

"Nein der Korb bleibt in der Höhle stehen. Wir nehmen nur das notwendigste mit. Vielleicht müssen wir noch einmal fliehen, dann haben wir wenigstens Proviant. Man weiß nie im Vorhinein was geschieht. Und noch etwas. Wenn wir den Ort erreichen, dann halte deinen vorlauten Mund und lasse mich reden. Hast du mich verstanden?" Isabella schaute ihre Mutter überrascht an. So energisch kannte sie die Frau gar nicht. "Mama“, rief sie fassungslos aus. Karen lachte und nahm das Mädchen in die Arme: "Das gefällt mir schon besser. Wie oft habe ich davon geträumt, dass du mich eines Tages "Mama" nennst." Das kannst du jetzt immer haben“, lachte Isabella spitzbübisch, knotete ihre wenigen Habseligkeiten in zwei Tücher, reichte eines davon ihrer Mutter, das andere Bündel nahm sie selbst.

"Da werden wir die Nacht verbringen."

"Na gut in Gottes Namen, gehen wir einer hoffentlich besseren Zukunft entgegen, „ murmelte Lady Karen und marschierte los. Der Abstieg war beschwerlich und sie kamen nur sehr langsam voran. Gerade als es dunkel wurde, hatten sie die Ebene erreicht. "Mama ich bin müde und hungrig und die Füße tun mir weh. Wann machen wir endlich eine Pause."

"Gleich mein Kind, gleich. Siehst du die Hütte dort drüben?" Isabella nickte und ihre Mutter fuhr fort: "Da werden wir die Nacht verbringen."

 

 

 

Heimatlos

 

"Ich hätte nie gedacht, dass es sich in einem Heuschober so gut schlafen lässt“, gähnte Isabella und ihre Mutter fiel lachend ein, "ja und so sorglos und ohne Angst."

"Mama du hast mit dem Schrecklichen sehr viel Böses erlebt."

"Ja mein Kind und ich kann dir nur raten, gehe den Männern aus dem Weg. Es gibt ganz wenige, die ehrlich und gut sind."

"War mein Vater einer von den Guten?"

"Er war einer von den Besten mein Kind. Wäre er etwas misstrauischer gewesen, würde er sicher noch leben."

"Vielleicht hätte ihn dann der Schreckliche ermordet, wer weiß es schon“, spann Isabella den Faden weiter. "Es ist vorbei. Raus aus dem Heu. Vielleicht finden wir hier irgendwo einen Bach. Ich fühle mich so verschwitzt nicht wohl." Sie fanden eine klare Quelle und Karen seufzte vor Wohlbehagen, als sie das kalte Wasser auf ihrer Haut spürte. Isabella fand das Ganze weniger schön, doch um ihrer Mutter eine Freude zu machen, wusch sie sich ebenfalls. "So nun sehen wir wenigstens wieder aus wie normale Menschen“, schmunzelte Karen und packte ihre Habseligkeiten zusammen.

"Na ich weiß nicht, ich hätte auf das kalte Wasser verzichten können“, maulte Isabella und kämmte sich mit den Fingern ihre langen blonden Haare. "Du wirst es überleben und jetzt komm."

Sie wanderten den ganzen Vormittag und endlich, als die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, betraten sie müde und verschwitzt eine alte schäbige Gaststube. Die Magd hinter der Theke warf ihnen misstrauische Blicke zu und als Karen nach Essen und Getränken verlangte, nuschelte das Mädchen: "Ich weiß nicht ob der Wirt euch was gibt. Könnt ihr überhaupt bezahlten?"

"Das solltest du mal meine Sorge sein lassen. Jetzt spute dich oder muss ich dem Wirt sagen, dass du zu faul zum Arbeiten bist?"

"Bloß das nicht“, brummelte sie vor sich hin. "Mir reichen die Schläge von gestern." Karen bekam sofort Mitleid mit dem jungen Ding und meinte versöhnlich: "Komm zu mir. Ich bezahle dich im Voraus, dann kann dein Herr nicht böse mit dir werden."

"Das wollt Ihr wirklich tun?" Überrascht riss sie die Augen auf und zögernd näherte sie sich den beiden Frauen.

"Wie heißt du denn mein Kind?"

"Ich bin die Sophie. Jeder im Dorf kennt mich. Ihr seid wohl fremd hier?"

"Ja wir haben einen weiten Weg hinter uns. Ich bin Hebamme und meine Tochter steht mir fleißig zur Seite."

"Warum seid Ihr dann aus Eurem Dorf weggegangen?"

"Ach Sophie das ist eine traurige Geschichte. Mein Mann ist gestorben und das kleine Häuschen in dem wir wohnten mussten wir verlassen, weil seine Verwandtschaft Anspruch darauf erhob."

"So eine gemeine Bande“, schimpfte die Magd und säuberte mit einem stinkenden Lappen den Tisch.

"Wollt Ihr noch weiter wandern oder bleibt Ihr hier?"

"Ich weiß es nicht. Sicher gibt es hier schon eine Hebamme und..."

"Nein Lady die gibt es nicht. Die Soldaten haben unsere Geburtshelferin umgebracht. Wenn Ihr keine Angst vor diesen Lümmeln habt, könnt Ihr in unserem Dorf bleiben und das Haus der Verstorbenen mieten." Karen dachte angestrengt nach, dann meinte sie gleichmütig: "Ich werde es mir noch überlegen. Erst muss ich etwas essen, dann sehen wir weiter."

Isabella und ihre Mutter waren so sehr mit ihren Tellern beschäftigt, dass sie nicht bemerkten wie sich die Schankstube nach und nach mit Soldaten und Bauern füllte. Erst als Karen unsanft an der Schulter gepackt wurde, hob sie den Kopf und schaute in die begehrlich glitzernden Augen eines Soldaten. "He meine Schöne wo kommst du denn plötzlich her. Hat man dich und deine süße Begleiterin zu unserem Vergnügen geschickt?"

"Lasst mich augenblicklich los. Wir sind rechtschaffene Bürger und wollen unsere Ruhe." Der Mann lachte geringschätzig und sein Griff wurde noch fester. Karen hob den anderen Arm und stach ihm die Gabel in die Hand: "Ich sagte wir wollen beim Essen nicht gestört werden. Sind alle Soldaten taub oder von Eurem Herrn schlecht erzogen." Mit einem wütenden Schrei ließ er sie los, um dann mit beiden Händen zuzugreifen und die Frau von ihrem Sitz in die Höhe zu ziehen. "Du Schlange das wirst du mir büßen, ich werde dich lehren..."

"Und ich werde dich lehren eine Lady nicht zu belästigen“, ertönte eine dunkle Stimme. Erschrocken ließ der Soldat Karen los: "Ich habe doch nur Spaß gemacht."

"Dieser Spaß bringt dir fünfzig Schläge ein mein Freund. Hast du den strikten Befehl deines Herrn vergessen?"

"Nein habe ich nicht“, brummte der Angesprochene."

"Und wie lautet er?"

"Wir sollen unsere Finger von den Bürgerinnen der Dörfer lasse," gab er widerwillig zu.  "Du hast zuwidergehandelt. Ich kann dir die Strafe nicht erlassen, das weißt du?" Der Junge nickte und als der ältere Mann zwei Soldaten zuwinkte, die sich sofort erhoben und auf die beiden Männer zukamen, mischte sich Isabella ein: "Ihr werdet den Mann doch nicht wirklich verprügeln?"

Zwei dunkle Augen musterten das junge Mädchen erst verblüfft, dann lächelte er: "Du bist ein kleiner Naseweis und solltest dich in diese Dinge nicht einmischen."

"Meine Tochter hat Recht. Ihr könnt wegen einer solchen Kleinigkeit diesen Mann doch nicht auspeitschen lassen. Wenn Ihr gegen die Bauern ebenso hart verfahrt, dann kommen ja schlimme Zeiten auf uns zu."

Schweigen breitete sich in der Gaststube aus und der ältere Soldat öffnete den Mund zu einer harten Antwort, als sich eine andere Stimme einmischte: "Wulf wir sind keine Barbaren. Wenn die Lady sagt der Mann habe sie nicht beleidigt, dann erlass ihm die Strafe. Was sollen denn die Bürger von uns denken." Isabella schaute zu dem Tisch in der Ecke, konnte aber den Sprecher in dem Rauch nicht genau erkennen.

Der Mann der mit Wulf angesprochen worden war, schaute wieder in Karens Gesicht: "Seid Ihr beleidigt worden?" Sie schüttelte lächelnd den Kopf: "Nein bin ich nicht." Erstaunt bemerkte sie, dass er erleichtert aufatmete, als er sich seinem Untergebenen zuwandte: "Du hast es gehört Ragen. Entschuldige dich und verschwinde, ehe ich es mir anders überlege." Artig verbeugte er sich vor Karen und murmelte: "Ich entschuldige mich für mein ungebührliches Verhalten. Ich werde Euch das nie vergessen... und Euch“, setzte er mit einem Seitenblick auf Isabella zu. Dann eilte er mit langen Schritten davon. Wulf schaute dem Mann aus zusammengekniffenen Augen nach, dann wandte er sich wieder an Karen: "Darf ich mich zu Euch setzen?"

Ihr Blick wurde sofort misstrauisch und er hob beschwichtigend die Hände: "Nein, nein nicht was Ihr denkt. Ich möchte nur verhindern, dass Ihr noch einmal belästigt werdet."

"Dann seid an unserem Tisch willkommen. Ich bin Karen, das ist meine Tochter Isabella." Wulf verbeugte sich, nahm Platz und rief dem Wirt zu, er solle sein Essen an diesen Tisch bringen. "Nach der Zuvorkommenheit des Wirtes zu schließen, müsst Ihr ein wichtiger Mann sein," fragte Karen lächelnd, doch der Mann winkte ab: "Nicht so tragisch. Ich bin nur der Vorgesetzte dieser Bande."

"Aha dann seid Ihr der Kriegsherr der die Burg erobern will?" Jetzt lachte Wulf: "Sehe ich so aus? Oh nein, der oberste Kriegsherr Graf Breitenberg sitzt dahinten. Ich bin sein Freund und passe auf, dass ihm nichts geschieht."

"Und die Bürger lassen Euch einfach so gewähren?"

"Wie Ihr seht“, gab er kurz angebunden zur Antwort und widmete sich seinem Teller. Was für ein seltsamer Mann, dachte Karen. Hm eigentlich sieht er ganz sympathisch aus. Just in diesem Augenblick hob Wulf den Kopf und begegnete Karens prüfendem Blick. Donnerwetter was für Augen, dachte der Mann und starrte sie ein paar Sekunden lang an, bis Karen errötend den Blick senkte.

Isabella beobachtete belustigt die Beiden und sie konnte sich ein unverschämtes Grinsen nicht verkneifen. Hätte sie geahnt, dass ein Mann mit fast schwarzen Augen sie wiederum beobachtete, hätte sie sich sicher nicht so wenig damenhaft benommen.

Graf Breitenberg fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Was für ein Teufelsbraten, dachte er. Mutig hatte sich das kleine zierliche Ding für einen Fremden eingesetzt und das obwohl der Mann ihre Mutter in unverschämter Weise belästigt hatte. Wer sie wohl war? Sie sahen nicht aus, als seien sie Bürgerliche. Die ältere der Beiden war auch nicht zu verachten. Sie besaß die aristokratische Haltung einer noblen Dame. Mein Freund scheint sich prächtig zu unterhalten. In der Tat. Wulf fühlte sich in Karens Gesellschaft mehr als wohl. Er lehnte sich zufrieden zurück und studierte die feinen Gesichtszüge der Frau.

Wie kurz zuvor seinem Freund, fiel auch ihm das besondere Aussehen der Frauen auf und auch er fand, dass sie nicht wie gewöhnliche Bürgersleute aussahen. Er betrachtete das Gesicht des Mädchens und dachte, ob sie überhaupt ihre Tochter ist? Sie hatte auffallend blonde Haare und unsagbar blaue Augen die voller Unschuld in die Welt blickten. Mit wem hat das Fräulein nur eine so große Ähnlichkeit, grübelte er. Er kam einfach nicht darauf, obwohl die Lösung vielleicht ganz nah war.

Er wandte sein Augenmerk wieder Karen zu, die Isabella liebevoll zulächelte. Was für ein schön geschwungener Mund und diese rehbraunen Augen. Wulfs Finger zuckten. Zu gerne hätte er seine Hände in den prächtigen dunkelblonden Haaren vergraben, die unter der Haube hervorlugten. Isabella lachte über eine Bemerkung die ein Soldat am Nebentisch gemacht hatte. Wieder diese Ähnlichkeit mit..., ja mit wem den zum Donner.

"Worüber denkt Ihr so intensiv nach",  holte ihn Karens Frage aus seinen Überlegungen.

"Ach nichts Besonderes. Ich wundere mich, dass ich Euch hier noch nicht gesehen habe. So auffallend hübsche Frauen übersehe ich normalerweise nicht." Sie lachte ein helles perlendes Lachen, in das sich Wulf spontan verliebte. "Wulf Ihr seid ja ein richtiger Draufgänger."

"Ihr könnt uns gar nicht gesehen haben“, mischte sich Isabella ein, "wir sind eben erst hier angekommen."

"Wo seid Ihr denn zu Hause?"

"Überall und nirgendwo. Wir sind auf Wanderschaft“, sagte das Mädchen, was ihr einen strafenden Blick ihrer Mutter einbrachte. "So, so überall und nirgendwo“, wiederholte Wulf nachdenklich die Worte des Mädchens. Das passte nicht zu den Frauen. Sein gesundes Misstrauen war erwacht und er witterte sofort einen Hinterhalt. Ob sympathisch oder nicht, er würde auf der Hut sein und nicht eher ruhen, bis er wusste woher die Beiden stammten.

Karen spürte die Veränderung des Mannes sofort und meinte arglos: "Als Witwe und alleinerziehende Mutter hat man es nicht leicht mit einer so vorlauten Tochter."

"Ihr seid Witwe?"

"Ja mein Gemahl verstarb ganz plötzlich und unerwartet. Die Familie, insbesondere seine beiden Schwestern, waren mit der Heirat nie einverstanden."

"Das glaube ich gerne. Jede Frau muss in Ihnen eine Nebenbuhlerin sehen“, grinste er und wartete neugierig, dass sie in ihrer Geschichte fortfuhr. Als sie schwieg, drängte er: "Und was geschah dann? Erzählt doch weiter."

"Na ja das Übliche. Eine Hebamme in der Familie, war unter ihrer Würde und so wiesen sie uns aus dem Haus."

"Ihr seid also auf der Suche nach einem neuen Heim. Das dürfte für zwei Alleinstehende Frauen nicht ganz einfach sein."