»Ja, es ist Weihnachten!« - Rainer M. Schießler - E-Book

»Ja, es ist Weihnachten!« E-Book

Rainer M. Schießler

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Beschreibung

Weihnachten überraschend neu erleben

Für den bekanntesten Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler ist nicht nur Ostern das höchste Fest der Christenheit, sondern auch Weihnachten. Ohne Kind in der Krippe keine Auferstehung, ohne die Initialzündung der Liebe zu diesem winzigen Neugeborenen in der Krippe kein Christentum. Das müssen wir uns jedes Jahr vergegenwärtigen! Statt unserem weihnachtsmüden Shoppingtour-Frust freien Lauf zu lassen, sollten wir dieses Fest lieber mit positiven Gefühlen anreichern, uns bewusst machen, was hier eigentlich geschieht und warum uns das betrifft. Denn Weihnachten hält auch heute noch Wunder bereit.

Rainer Schießler jedenfalls ist absoluter Weihnachtsfan und teilt in diesem Buch seine persönlichsten und rührendsten Geschichten rund um den Advent, das Weihnachtsfest bis hin zum Dreikönigstag: Er erzählt vom Gefühlschaos, das er als Kind erlebte, wenn der Nikolaus sich ankündigte und von der tiefen Geborgenheit, wenn er am kleinen Küchenfenster kauernd, vom knisternden Ofen gewärmt, in den dunklen Advent hinausschaute. Er berichtet davon, dass es Plätzchen dieser Tage auch nicht leicht haben. Schießler weiß aber auch, was es bedeutet, wenn sich Weihnachtsfreuden in Tragödien wandeln, wenn er am 23.12. zu letzten Ölungen gerufen wird ...

Wer diese Geschichten liest, erlebt Weihnachten überraschend neu und lernt bekannte Figuren und Motive der Weihnachtszeit aus einem ganz anderen Blickwinkel kennen. Kalendarisch aufgebaut eignet sich das Buch als »Adventskalender«, zum Verschenken und natürlich auch zum täglichen (Vor-)Lesen in der Advents- und Weihnachtszeit.

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Seitenzahl: 249

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Für den bekanntesten Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler ist nicht nur Ostern das höchste Fest der Christenheit, sondern auch Weihnachten. Ohne Kind in der Krippe keine Auferstehung, ohne die Initialzündung der Liebe zu diesem winzigen Neugeborenen in der Krippe kein Christentum. Das müssen wir uns jedes Jahr vergegenwärtigen! Statt unserem weihnachtsmüden Shoppingtour-Frust freien Lauf zu lassen, sollten wir dieses Fest lieber mit positiven Gefühlen anreichern, uns bewusst machen, was hier eigentlich geschieht und warum uns das betrifft. Denn Weihnachten hält auch heute noch Wunder bereit.

Rainer Schießler jedenfalls ist absoluter Weihnachtsfan und teilt in diesem Buch seine persönlichsten und rührendsten Geschichten rund um den Advent, das Weihnachtsfest bis hin zum Dreikönigstag: Er erzählt vom Gefühlschaos, das er als Kind erlebte, wenn der Nikolaus sich ankündigte und von der tiefen Geborgenheit, wenn er am kleinen Küchenfenster kauernd, vom knisternden Ofen gewärmt, in den dunklen Advent hinausschaute. Er berichtet davon, dass es Plätzchen dieser Tage auch nicht leicht haben. Schießler weiß aber auch, was es bedeutet, wenn sich Weihnachtsfreuden in Tragödien wandeln, wenn er am 23.12. zu letzten Ölungen gerufen wird …

Wer diese Geschichten liest, erlebt Weihnachten überraschend neu und lernt bekannte Figuren und Motive der Weihnachtszeit aus einem ganz anderen Blickwinkel kennen. Kalendarisch aufgebaut eignet sich das Buch als »Adventskalender«, zum Verschenken und natürlich auch zum täglichen (Vor-)Lesen in der Advents- und Weihnachtszeit.

Rainer M. Schießler

»Ja, es ist Weihnachten!«

Meine schönsten Geschichten zum Fest aller Feste

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Copyright © 2024 Kösel-Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: zero-media.net, München

Umschlagfoto: © Frank Bauer

Illustrationen Inhalt: © Purrga/stock.adobe.comSatz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-32193-2V003

www.koesel.de

Inhalt

Zum Geleit  Glauben heißt Geschichten erzählen

1. Dezember  Der knisternde Küchenofen

2. Dezember  Hektischer Advent? Selber schuld!

3. Dezember  Das erste Engelamt

4. Dezember  Heilige Barbara – nicht nur, weil sie so schön war!

5. Dezember  Jesaja – der Mann des Advents

6. Dezember  Nikolaus – nur das Gute hat das letzte Wort

7. Dezember  Plätzchen-Rallye

8. Dezember  »Maria im Gefängnis«

9. Dezember  Tobias Reisers Adventsingen

10. Dezember  Erste Hirtenspielerfahrungen

11. Dezember  Kleines Lachsbrötchen – Gaudete

12. Dezember  Die Taufe von Anna-Viktoria

13. Dezember  Die Heilige Lucia »Licht, wir brauchen Licht«

14. Dezember  Adventstropfen

15. Dezember  Adventculture

16. Dezember  Der Heilige Sturmius und die Rollstuhlrampe

17. Dezember  Mülltonnen, Vorfahrtsschilder und kleine Kapellen

18. Dezember  Nachts auf dem Petersberg

19. Dezember  Frau Richter geht heim

20. Dezember  Die »Ärbgsuche«

21. Dezember  Weihnachten verwandelt alles – das Wohnzimmer putzt sich heraus

22. Dezember  Vom Frauentragen

23. Dezember  Die Krippe ist noch leer

24. Dezember  Das wahre Hochamt und die liebe Tante Anni

25. Dezember  Wenn Weihnachten auf einen Freitag fällt …

26. Dezember  »Praxer, heit is’ Stephanie!«

27. Dezember  Der berühmte Johanneswein-Plops

28. Dezember  Unschuldige Kinder im Libanon

29. Dezember  Vom Mann mit dem Hund in der Kirche

30. Dezember  Heilige Familie mal ganz anders

31. Dezember  Brot statt Böller, das Virus machts möglich

1. Januar  Loslassen und Hergeben am Neujahrstag

6. Januar  Viel guter Weihrauch im Bischofshaus

Fest der Taufe des Herrn  Die Geschichte von Max Grünfeld

Epilog

Über den Autor

Meinen lieben Eltern und allen, die mir so liebevolle Weihnachten beschert haben.

Zum Geleit Glauben heißt Geschichten erzählen

Am Anfang steht immer das Erzählen. Unser ganzes Leben ist ein einziges Erzählen von Geschichten. »Geschichten zu erzählen, offenbart Bedeutung, ohne den Fehler zu machen, sie zu definieren«, sagt Hannah Arendt und so berühren wir, wenn wir Geschichten erzählen, die Tiefe von Leben und Glauben. Wahrheiten, Traditionen, Überzeugungen, Erfahrungen, Erkenntnisse aus allen Lebensbereichen des Menschen werden weitergegeben durch das Erzählen von Geschichten. Bevor wir auch nur daran denken, alle Dinge dieser Welt in Weisheitssätze, strenge Lehrformeln oder Glaubensgrundsätze umzuwandeln und zu den Menschen zu bringen, steht das Erzählen. »Homo narrans« – der Mensch ist ein Erzählender, das unterscheidet ihn grundlegend vom ganzen Rest der Schöpfung, in der wir leben. Das betrifft natürlich auch und gerade den Glauben und die Weitergabe religiöser Überzeugungen und Traditionen. Religiöse Menschen sind von Natur aus erzählende Menschen.

Gerade die Weihnachtszeit macht uns das so sichtbar. Weihnachten selbst ist eine einzige Geschichte, hervorragend erzählt und zusammengefasst, allein schon in der Kindheitsgeschichte des Evangelisten Lukas, eine der ältesten Geschichten des Neuen Testaments und mit das früheste Zeugnis der Urkirche, das die Geburt Jesu von Nazareth als ein geschichtliches Ereignis darstellt. Dabei ist die Weihnachtsgeschichte eigentlich eine Gegengeschichte zur Weltgeschichte. Die Weltgeschichte ist die Geschichte von Macht, Ruhm und Einfluss, politischer und militärischer Gewalt, Unterdrückung und Verfolgung. Ihre Protagonisten heißen Kaiser Augustus, Statthalter Quirinius, König Herodes, viele sind auch namenlose, aber korrupte Gestalten. Niemand würde heute auch nur ein Wort über sie alle verlieren, gäbe es da nicht die berühmte Gegengeschichte der scheinbar Unbedeutenden. Es sind machtlose Leute ohne Einfluss und Beziehungen, die diese Geschichte erst zu einer Geschichte machen, die man sich erzählt: Maria, Josef, ein Kind in einer Futtergrube, gesetzeslose Hirten, unbekannte Magier aus dem Morgenland, namenlose Kinder, die getötet werden, Hannah und Simeon als die zwei alten Frommen im Tempel, ein Johannes der Täufer, der auf Jesus als Sohn Gottes zeigt. Ihre Geschichte wird seit über 2000 Jahren weitererzählt und gefeiert. Nur wegen ihrer Geschichte kommen auch die eigentlich Mächtigen mit ihrer Geschichte in unseren Erzählungen überhaupt vor. Alle Geschichten um Weihnachten herum kreisen um diesen Glutkern der Verkündigung.

Unser Geschichtenerzählen zu Weihnachten setzt die Weihnachtsgeschichte fort. Bei Advents- und Weihnachtsfeiern, in Hausgottesdiensten oder beim gegenseitigen Besuch beim Frauentragen, in Religionsstunden oder Jugendandachten – überall werden Geschichten erzählt, die das Weihnachtsgeschehen weitertragen, umschreiben und umranken wie ein blühender Rosenzweig. Es sind humorvolle, lustige, aber auch nachdenkliche und berührende Erlebnisse, die wir uns gemeinschaftlich anhören und die uns auf einem anderen, zusätzlichen Weg an das Weihnachtsgeheimnis heranführen möchten. Wir werden zurückgeführt beim Zuhören in unsere früheste Kinderzeit, als man uns beim Einschlafen und zum Abschluss eines Tages, vielleicht auch als kleine Stärkung und Ermutigung vor der Dunkelheit der Nacht, noch eine Geschichte vorlas. Sie musste uns einfach nur guttun, sollte uns ruhige und zufriedene Träume schenken und die nötige Entspannung für die Nacht ermöglichen.

Die Weihnachtsgeschichten in diesem Buch wollen auch guttun, etwas nachdenklich machen, durchaus auch aufklären, informieren und vielleicht Unbekanntes neu erklären, vor allem aber wollen sie vorbereiten und begleiten in der Advents- und Weihnachtszeit. Wie ein Adventskalender möchten sie den Leser vom 1. Dezember bis zum Heiligen Abend führen, über die Weihnachtsfesttage und den Jahreswechsel hinaus bis zum Fest der Taufe des Herrn, dem offiziellen Abschluss der Weihnachtszeit. Für jeden Tag habe ich Geschichten zusammengestellt, solche, die echt und dem wirklichen Leben entnommen sind, absolut authentisch und ehrlich. Es sind auch Geschichten, die uns selber erzählt wurden, die die Bräuche und wichtige Gestalten der Advents- und Weihnachtszeit erklären, kommentieren und beschreiben und die den Kern dieses Festes aller Feste berühren. Weihnachten ist heute zu Unrecht in den Verruf eines lästigen Familienfestes gekommen, das jeder nur schnell hinter sich bringen will. »Schon wieder Weihnachten«, denkt vielleicht mancher und fühlt sich taub für den Zauber, der durch Kommerz und Geschenkewut übertüncht ist und gar nicht mehr wirken kann. Mit diesem Buch will ich dagegenhalten: »Ja, es ist Weihnachten!«, rufe ich dir, lieber Leser, liebe Leserin zu! »Mach was draus!« Die Geschichten möchten dich beschenken, berühren, aber auch aufrütteln, zum Weiterdenken einladen und dir einen Funken Freude schenken – genau das, was die Advents- und Weihnachtszeit in uns jedes Jahr aufs Neue erreichen will.

1. Dezember Der knisternde Küchenofen

Für die meisten Menschen sind Weihnachtserinnerungen in erster Linie Kindheitserinnerungen. All die Güte und Wärme, die Geborgenheit und das Vertrauen, die Herrlichkeit und das Liebevolle stecken in diesen Erinnerungen. Aber unser Weihnachtsgefühl bleibt nie stehen, es entwickelt sich immer weiter, wird erwachsener, durchaus auch ernster, streift vielleicht auch störend Kindliches darin ab, legt es aber niemals ganz zur Seite. Irgendwie greifen alle unsere Weihnachtserzählungen in unsere Kindheit hinein. Eigentlich kein Wunder, steht doch ein Kind – das Jesuskind – im Stall von Bethlehem im Mittelpunkt.

Nicht anders ergeht es mir mit meinen Weihnachtserinnerungen und den Erzählungen darüber. Am Anfang war ein kleines Stück Himmelreich, das es in seiner ganzen Einfachheit vermochte, alle Gefühle und Sehnsüchte eines kleinen Kindes zu konzentrieren. Mein Elternhaus war eine für heutige Verhältnisse bescheidene, überschaubare Dreizimmerwohnung im Münchener Stadtteil Laim, im dritten Stockwerk eines Bauwerks einer Nachkriegssiedlung, in dem vor allem Angehörige der Deutschen Bundespost und deren Familien günstigen Wohnraum fanden. Die Stadt München entwickelte sich gerade zur Millionenstadt. 1957 war es dann auch so weit. Mein Bruder Wolfgang wäre es beinahe geworden – der millionste Münchner. Aber wie sagt man so schön: Knapp vorbei ist auch daneben. Überhaupt war damals schon das einzig Wichtige, was es auch heute noch sein soll: Hauptsache, das Kind ist gesund! Drei Jahre später durfte ich das Licht der Welt erblicken und wurde in eine einfache, aber durch und durch liebevolle und damit heile Welt hineingeboren. Man war nicht reich oder vermögend, aber es war alles da, was es zu einem zufriedenen und erfüllten Leben braucht. Als Postbeamter im höheren und später sogar gehobenen Dienst genügte ein Gehalt, um eine vierköpfige Familie zu ernähren, für die beste Ausbildung der Kinder zu sorgen und sich auch den bescheidenen Luxus eines eigenen Pkw und eines jährlichen, einwöchigen Familienurlaubs in Bayern oder im benachbarten Tirol zu leisten. Möglich machte das auch die Fähigkeit zur Sparsamkeit, mit der meine Eltern, die die ganze Not der Kriegsjahre, Verlust und Zerstörung, Armut und Hunger erleben mussten, unseren Alltag bewerkstelligten. Es war alles da, was die Familie brauchte, und nichts wurde angeschafft, was nicht unbedingt sein musste. Im Vordergrund standen dabei in erster Linie wir Kinder. Nach den Jahren der totalen Zerstörung, des Zusammenbruchs und der Vernichtung konnte es für meine Eltern nur eine Zukunft geben, nämlich die, die Kinder verkörperten. Es galt, ein Land wieder aus den Trümmern aufzubauen, mit einfachen Mitteln und vor allem mit viel Fleiß wieder ein ganz normales Leben herzustellen. Diese Zukunft aber ist nur möglich, wenn die Vergangenheit nicht geleugnet, sondern mitgenommen und verwandelt wird. Nie wieder darf das eintreten, was die Kriegsjahre diesen beiden Menschen genommen haben: Ein Zuhause, die Familie, Geborgenheit, Heimat und die Hoffnung auf dauernden Frieden.

Bescheiden und demütig haben sich meine Eltern so Tag für Tag bemüht, uns ein Heim zu schaffen, das mehr ist als ein Dach überm Kopf. Unser Zuhause in diesem Siedlungsgebäude war für uns wie eine Höhle, in der wir uns sicher und beschützt wissen durften. Man hat sich immer um uns und für uns gesorgt, ohne uns die Freiheit zu nehmen, uns selbst zu eigenständigen Menschen zu entwickeln. Wir wurden gefördert in allen schulischen Belangen, haben Musikinstrumente schon als Grundschüler gelernt, waren immer anständig bekleidet – die berufliche Profession meiner Mutter als gelernte Schneidermeisterin half auch hierbei, nicht allzu viel Geld dafür ausgeben zu müssen.

Der größte Reichtum bei uns zu Hause aber war, dass wir nie allein waren. Unsere Mutter hat diese Höhle unserer Kindertage immer bewahrt, sie ausgestattet zu den verschiedenen Jahreszeiten und sie so für uns zur scheinbar unvergänglichen Zukunftsstätte gemacht. Sie hat uns den ganzen Tag über begleitet, angefangen beim morgendlichen Aufstehen und In-den-Tag-starten, hat uns mit einem Kreuzzeichen auf der Stirn mit Weihwasser verabschiedet, wenn wir das Haus verließen, hat uns wieder empfangen, wenn wir mittags von der Schule nach Hause kamen, und immer war der Tisch mit einfachen, aber besten Speisen gedeckt. Manchmal frage ich mich, ob mir der Reichtum dieser Tage überhaupt so bewusst gewesen war.

Vor allem aber war es die religiöse Prägung, die wir in diesen Jahren so selbstverständlich und so liebevoll empfangen durften. Da war keine Spur von Fanatismus oder Bigotterie, es war ein ganz behutsames Hinführen zu all den Geheimnissen, die uns der christliche Glaube schenkt. Wir mussten nichts leisten, keine Gebete auswendig lernen, keine Gebote pauken oder Vorschriften auswendig lernen. Es war das Gebot der »freien Verbindlichkeit«, die unser Zusammenleben prägte, was bedeutet: Es gibt Regeln, die für uns alle gelten und die nicht dazu bestimmt sind, unsere Freiheit zu beschneiden, sondern frei machen wollen. Das galt auch für christliche Traditionen wie den Fleischverzicht am Freitag, der ja auch gesundheitlich nicht abzustreiten ist, oder aber das Erwarten-können, bis das Weihnachtsfest wirklich da ist. Wir durften das Leben und den Glauben feiern, den Jahresablauf und die christlichen Feste erleben, abends im Bett mit Vater oder Mutter beten, bei Tisch für das Geschenk der Speisen danken, Hausliturgie an Weihnachten und Ostern feiern, wir wurden mit all ihren Bräuchen in das Leben der Kirche eingeführt, indem man uns zu den Sakramenten führte und begleitete.

Neben all diesen – man möchte sagen – selbstverständlichen Riten und Gebräuchen in einer christlichen Familie, für die ich so unendlich dankbar bin, gibt es da aber eben noch die eher verborgenen, eher im Hintergrund, oder besser gesagt, nur im Herzen eines kleinen Buben zu findenden Gefühle, Erfahrungen und Wahrnehmungen, die sich in dieser Höhle der Liebe und Wärme für immer in mir eingebrannt haben. Dass das Kirchenjahr mit dem ersten Advent beginnt, musste bei uns zu Hause nicht extra groß erklärt oder thematisiert werden. Unser Zuhause bot uns einen Religionsunterricht der ganz besonderen Art. Es war die perfekte Einübung, ganz einfach durch ein gemeinsames Miteinander. Wir spürten es von ganz alleine, dass jetzt mit dem Advent und beginnend mit dem 1. Dezember eine neue, ganz wichtige Zeit beginnt. Die Welt draußen hat sich verändert, die langen Nächte und die Dunkelheit waren bestimmend geworden. Umso gemütlicher wurde es im Inneren unserer Höhle. Die Accessoires einer liebevollen Adventszeit nahmen ihre Plätze ein: der selbstgebundene Adventskranz mit seinen roten Kerzen, der an vier roten Bändern an einem hölzernen Ständer hing; der Adventskalender – selbstverständlich noch ohne Schokolade drin – am Küchenschrank angebracht; der adventliche Schmuck in der Wohnung mit Tannengrün, roten Schleifen und Kerzen im Wohnzimmer und überhaupt roch es nur in dieser Zeit so intensiv nach Gebäck und milden Gewürzen in der Wohnung. Plätzchen wurden damals wirklich nur gebacken, damit man sie an Weihnachten auf einem wunderschönen Porzellanteller anbieten konnte. Das war alles ganz biblisch gemacht, auch wenn es niemand vorher theologisch dahingehend untersucht hätte: Wenn der Messias kommt, werden die Flüsse Milch und Honig führen und es wird ein Festmahl stattfinden, so drückt es schon der alttestamentliche Prophet Jesaja aus. Auf dieses Festmahl mit den besten Plätzchen der ganzen Welt hat man sich bei uns zu Hause so auch den ganzen Advent vorbereiten können.

Und dann war da noch so ein Detail. Meine Eltern selbst würden nicht darauf kommen, könnte ich sie noch fragen. Aber es ist ein Detail, das mich den Zauber dieser Tage – den ich nur in unserer Höhle daheim und seither nie mehr wieder irgendwo anders gefunden habe – so unvergesslich hat spüren lassen: Es war dieses kleine rechteckige Fenster in unserer Küche. Wie alle Fenster und die Balkontüren unserer Wohnung wurden sie mit einer schaumstoffgefüllten Stoffwurst, die unsere Mutter selbst nähte und am unteren Rand ablegte, abgefüttert gegen Zugluft und Kälte im Winter. Wärmedämmung und Energiesparmethoden wurden natürlich noch nicht derart beachtet wie heute, aber man behalf sich mit solchen praktischen Methoden, um Heizung und Strom zu sparen. Dabei war das Küchenfenster das kleinste von allen Fenstern in unserer Wohnung. Früher hat man ganz anders gebaut. Ein Küchenfenster war nicht zum Hinausschauen und Beobachten der Außenwelt gedacht. Ein kurzes Lüften, weil darin gekocht wurde, dafür musste eine Fensteröffnung zur Verfügung stehen und dafür musste diese auch nicht sehr groß sein. Aber sie war groß genug für einen kleinen Buben, um sich an diesen ganz besonderen Wintertagen in der Zeit vor Weihnachten mit angezogenen Knien auf das innen liegende Fensterbrett regelrecht hineinzusetzen. Mein ganzer kleiner Körper füllte so den halben Fensterbereich aus und wie durch ein Bullauge eines mächtigen Schiffes konnte ich in das Dunkel des anbrechenden Morgens hinausschauen. Es war das wichtigste Ritual in diesen Tagen des Advents, sofort nach dem Aufstehen, noch im Schlafanzug: in die Küche laufen, mich in das Küchenfenster wie in eine zweite Höhle in der großen Höhlenwohnung hineinzusetzen und die Welt da draußen zu betrachten.

Perfektioniert wurde dieses morgendliche Aufstehen im Advent mit einem weiteren Merkmal unserer Wohnung: dem Holzküchenofen. Wir hatten in den 1960-er Jahren wirklich noch einen Holzofen in der Küche und meine Mutter war eine Meisterin darin, mit diesem für uns heute wohl umständlichen Kochwerkzeug die besten Gerichte zu zaubern. Neben dem Kochen und Backen war dieser Ofen aber auch die wichtigste Wärmequelle in der ganzen Wohnung und er besaß dabei diesen unvergleichlichen Charme und eine Eindringlichkeit, mit der es kein Elektro- oder Gasherd aufnehmen kann. Entscheidend dafür war einfach nur das Holz. Jeden Morgen, bevor uns unsere Mutter weckte, begann sie, den Ofen anzuschüren. Das trockene Holz, das genauso geliefert und im Keller aufbewahrt wurde wie die Kohlen, wurde mit einem Stück altem Zeitungspapier angezündet und begann sofort so unvergleichlich hüpfend und belebend zu knistern. Ich hörte dieses Knistern bis in unser Kinderzimmer und das war mein Wecksignal, sofort das Bett zu verlassen, in die Küche zu laufen und mich in das Küchenfenster hinein zu verkriechen. In wenigen Minuten spürte ich die aufkommende Wärme des verbrennenden Holzes, das Knistern verlieh dem ganzen Raum eine Behaglichkeit und Geborgenheit, die ihn zu einem alles beschützenden Schutzraum verwandelte. Der Ofen und das verbrennende Holz erwärmte den kleinen Küchenraum und erfüllte diesen Raum mit mehr als nur seiner Wärme. Ich spürte es jedes Mal ganz deutlich, wie er vor allem mein Herz erwärmte, meine tief darin sitzende Gewissheit, dass ich hier, hineingekauert in das kleine Fenster, am sichersten Ort der Welt bin. Draußen war es stockdunkel und kalt, aber hier herinnen wurde es immer wärmer und gemütlicher. Das Zischen und Knistern des trockenen Holzes waren teilweise so laut, dass man schon lauter sprechen musste, wollte man sich unterhalten. Aber genau das tat in diesen ersten Minuten des Tages im Advent niemand. Es war eine ungebrochene laute Stille, die keiner Worte bedurfte. Es war ein Staunen und Fühlen, eigentlich ein Beten mit allen Sinnen und dazu das tiefe innere Wissen, dass wir auf dem Weg sind auf etwas ganz Großes hin.

In diesen Momenten habe ich erfahren und gelernt, was es bedeutet, wortlos zu verstehen. Zu verstehen, wie sehr gelebter Glaube pure Empathie und Gefühl ist und wie viel wir mit unserem Herzen begreifen und weitergeben können. Nie mehr werde ich das unendlich bergende Gefühl der Beheimatung vergessen, das mich damals ganz und gar durchdrungen hat in der Stille unserer kleinen Küche und wie ich es – im Küchenfenster sitzend – am ganzen Leib spüren konnte, wie das knisternde Holz im Ofen mit seinem Geruch und seiner Wärme den Raum, mich selbst und mein kleines Herz ganz und gar erfüllte. All die Liebe, die in diesem Moment spürbar wurde, ist bis heute geblieben. Nie mehr werde ich in diesem Fenster jemals wieder sitzen – schon aus Platzgründen wäre es nicht möglich. Aber all die Sehnsucht nach Geborgenheit, die in diesem Moment in mir gestillt wurde, und der Blick in die Dunkelheit und Kälte draußen, die plötzlich gar nicht mehr so dunkel und kalt waren, weil es ja hier um mich herum so wärmend und liebevoll wurde, all das ist bis heute geblieben und mit dieser Erinnerung bleibt auch die tiefe Dankbarkeit für diese wunderbaren Menschen, die das alles für uns so wunderbar bereitet haben. In diesem Moment wusste ich schon längst, was Weihnachten bedeutet: dass niemand allein sein wird, der Herrgott immer bei uns ist, uns behütet, beschützt und bewahrt. Meine Mutter jedenfalls brauchte kein katechetisches Handbuch, um uns diese Wahrheit nahe zu bringen. Ein kleines Küchenfenster und ein einfacher Küchenofen, ein paar Holzscheite und ein Stück altes Zeitungspapier haben meine kleine Welt jeden Adventmorgen verwandelt in ein Stück Himmelreich.

2. Dezember Hektischer Advent? Selber schuld!

Es ist wohl eines der bekanntesten und ganz sicher ein unvergessliches Sprichwort des Münchner Querdenkers Karl Valentin. Seine Einschätzung der Adventszeit lautet nur kurz: »Wenn die stade Zeit vorüber ist, dann wird’s auch wieder ruhiger«!

Damit spielt er auf die alljährliche Hektik und den Stress an, der sich mit schöner Regelmäßigkeit zeitgleich mit der Freude über das herannahende Weihnachtsfest bei den Menschen einstellt und über die allerorten geklagt und gejammert wird, als wenn das ein unabwendbares Naturereignis wäre. Natürlich ist es das nicht! Eine kleine Geschichte verdeutlicht es sehr eindringlich: Ein völlig gestresstes, berufstätiges Ehepaar eilt kurz vor Weihnachten in ein Spielwarengeschäft. Es schnappt sich eine Verkäuferin und redet auf sie heftig gestikulierend ein: »Wir sind den ganzen Tag weg von zu Hause und haben eine kleine Tochter. Jetzt brauchen wir unbedingt ein Geschenk, das ihr an Weihnachten große Freude macht, die Kleine möglichst lange beschäftigt und das Gefühl des Alleinseins erst gar nicht aufkommen lässt«. – »Damit kann ich Ihnen leider nicht dienen«, meint jedoch die Verkäuferin freundlich: »Eltern führen wir hier nicht in unserem Sortiment!« Das hat gesessen.

Den berühmten Weihnachtsstress machen wir uns also schon ganz alleine, der ist uns nicht aufgesetzt und er ist auch kein unabwendbares Naturphänomen. Aber so sind die Leute halt, es soll einfach alles perfekt sein und die Werbung tut ihr Übriges dazu, wenn sie schon im Herbst beginnt, uns daran zu erinnern, was wir noch alles kaufen, besorgen, herrichten und organisieren müssen, damit es wirklich ein Fest wird, vom feinsten Essen über die Geschenke bis hin zur glücklichen Familie. Und dann sind da noch die unendlich vielen Termine und Veranstaltungen, Advents- und Weihnachtsfeiern hier und dort, Christkindlmärkte überall, Einladungen über Einladungen. »Wir eilen von Besinnung zu Besinnung«, nannte das einmal ein alter weiser Pfarrer.

Spätestens am Heiligen Abend aber muss Weihnachten dann still und beschaulich rüberkommen. »Schlaf in himmlischer Ruh’.« Was wir jedoch vergessen: Schon das erste Weihnachten war ja absolut turbulent! Römische Militärkolonnen, eine Volkszählung zur Steuererfassung als reine Schikane der kleinen Leute, an jeder Ecke Partisanenkämpfe und terroristische Anschläge, überfüllte Hotels mit Wucherpreisen, skrupellose Spekulanten und Ausbeuter. Exakt in diese Welt wird Jesus hineingeboren. Und diese Welt ist kein Regiefehler Gottes. Und sie ist so bis heute.

Nein, Gott ist eben nicht Mensch geworden, um sentimentale Stimmungen unter uns zu unterfüttern, sondern weil er uns in unserer unerträglichen Not begegnen will! Gerade weil Familien und ganze Völker vom Hass zerrissen werden, brauchen wir nicht plötzlich auf heile Welt machen. Aber wenn uns in unserer tiefen Zerrüttung Heilung angeboten wird, wäre es doch grundfalsch, dies einfach abzulehnen und immer so zu tun, als sei alles in Ordnung.

Nur weil Weihnachten ist, hört heute die Hektik oder der Stress nicht auf, die vielen Kriege in der Welt gehen weiter und auch das schier unbezähmbare Unrecht und die Gewalt, die tagtäglich auf dieser Erde passieren. Aber: Weihnachten hält dagegen. Hass und Vergeltung, Lüge und Verleumdung, Gewalt, Schuld und Resignation – all das kann überwunden werden: durch gegenseitige Vergebung. Inmitten des ganzen Schlamassels von verlorenen Träumen und vergifteten Stimmungen, Hoffnungslosigkeiten und Niedertracht versucht Gott es mit dem zerbrechlichsten, liebenswertesten, schätzenswertesten und überzeugendsten Argument schlechthin, um uns Menschen zu verwandeln: Ein kleines Kind, das uns heilen und zu neuen Menschen machen kann.

Wohl dem, der mit Menschen umgeben ist, die es verstehen, sich und die anderen in Ruhe und Ausgeglichenheit auf das große Fest vorzubereiten. So wie sich die Menschen in den Wintermonaten zurückziehen in ihre Wohnstatt, so durften wir als Kinder all diese Vorbereitungen ohne großes Durcheinander zu Hause erleben. Alle Räume waren erfüllt von herrlichem Plätzchenduft und man nahm sich die Zeit, füreinander da zu sein. Der Adventskranz war keine Zimmerdekoration, sondern ständiger Begleiter. Jeden Tag wurde er angezündet, Texte, Geschichten und Gebete dabei vorgelesen und man nahm sich die Zeit, adventliche Musik zu hören. Weihnachtliche Harmonie hieß bei uns nun einmal auch, dass man wieder Wert darauf legt, dieses Miteinander zu leben, versäumte Zuwendungen mal wieder nachzuholen und mitunter sogar Versöhnung und Frieden zu stiften und miteinander einen Neuanfang zu wagen.

Und das soll alles in knapp vier Wochen möglich sein? Das wird sich sicher der eine oder andere jetzt fragen. Respekt! Aber das ist durchaus machbar. Unsere Eltern zeigten dabei immer nur auf die Geburt des Jesuskindes, dieses unglaubliche Wunder, mit dem uns Gottes Zuwendung unwiderruflich geschenkt wird. Dieser Moment hat auch nach 2000 Jahren noch die Kraft, Menschen zu verändern, wollten sie uns damit beibringen. So ist eben nicht alles Routine, was in diesen Tagen geschieht und wir uns zumuten, sondern es ist gut, den Ball, den uns Gott an Weihnachten zuwirft, aufzufangen und weiterzugeben: Seine Zuwendung zum Menschen. Und genau das feiern wir an Weihnachten und stellen uns so gegen das ganze Grauen, die Not und die Gewalt auf unserer Erde. Und dann? Dann könnten wir sie auf das ganze Jahr, das vor uns liegt, verteilen.

Als Kinder durften wir diese Zuwendung unserer Eltern konsequent entgegennehmen. Plötzlich war da viel mehr Zeit übrig als sonst, Zeit, die man ganz bewusst mit- und füreinander verbrachte. Es wurden wirklich nur die Termine und Veranstaltungen angenommen, die ganz wichtig waren, ansonsten kümmerte man sich um sich selbst und seinen Lebensraum, in den der Heiland bald eintreten würde. Niemals rannten meine Eltern hektisch von Geschäft zu Geschäft oder von Veranstaltung zu Veranstaltung, weil man dieses oder jenes Geschenk noch brauchte oder unbedingt dabei sein musste. Was man brauchte, war schon da, nämlich wir selbst.

So spürten wir deutlich, dass dieses Miteinander ein einziges Geschenk ist. Selbst die Geschenke, die man für Weihnachten vorbereitete, waren ausgewählt und sollten etwas ganz Besonderes sein. Nicht ihre Anzahl war wichtig, sondern der Überraschungseffekt, die Idee, die man hatte, den Wunsch des anderen, den man irgendwie erahnte! Am Heiligen Abend geht es nicht um einen Warenaustausch, sondern um die Überraschung der Liebe. All das hat man uns so erklärt. Das weihnachtliche Geschenkpapier und die bunten Schleifen wollen uns nur daran erinnern, dass doch eigentlich das ganze Leben Geschenke für uns bereithält, auch wenn sie keine goldenen Schleifen tragen: die Freundschaft zu einem Menschen, die Versöhnung mit einem Partner, das erste Lächeln des Kindes. Das alles sind keine machbaren oder planbaren Leistungen. Es sind Geschenke wie ein klarer, kalter Wintertag oder ein gutes, heilsames Wort. Nichts davon gibt es in den Regalen eines Supermarktes zu finden, obwohl es eigentlich ganz gewöhnliche Dinge sind. Liebe in Windeln gewickelt.

Nein, Weihnachten ist viel mehr als nur ein Fest der Erledigungen, Besorgungen, Einladungen oder Geschenke. Es ist ein Fest unserer Dankbarkeit. Wir dürfen uns einfach nur glücklich schätzen und Gott dafür danken, weil er sich an uns selbst verschenkt und Mensch wird, damit wir menschlich miteinander umgehen. Dazu gehört auch der Dank für die vielen Dinge, die uns das Leben schenkt. Mag sein, dass uns nach den Festtagen statt Geschenkschleifen auch Knoten und oftmals Unentwirrbares begegnet. Die eigentliche Überraschung – Gott ist mit uns – wird uns nie mehr genommen! In der Geburt Jesu wird uns Gottes Zuwendung unwiderruflich geschenkt und dieser Moment hat offenbar auch nach 2000 Jahren noch die Kraft, Menschen zu verändern. Es ist eben nicht alles Geschäft, was in diesen Tagen geschieht und wir uns zumuten. Es ist gut, den Ball, den uns Gott an Weihnachten zuwirft, aufzufangen und weiterzugeben. An uns hängt es, ob es ein kurzfristiges Spiel wird, oder ob es uns gelingt, diese Zuwendung Gottes auf das ganze Jahr, das vor uns liegt, zu verteilen. Unsere Mitmenschen und wir alle hätten mehr davon und vor allem wüssten wir besser, worauf es an Weihnachten wirklich ankommt: »Mach’s wie Gott, werde Mensch!«

3. Dezember Das erste Engelamt

Es hat relativ lange gedauert, bis ich mit dem wunderschönen Brauch des Engelamtes, auch Rorateamt genannt, vertraut gemacht wurde. »Rorate« kommt vom lateinischen »rorare« und heißt wörtlich übersetzt »Tauet«. Es ist dem Adventslied »Tauet, Himmel, den Gerechten« als Titel entnommen. Im zweiten Teil des Liedanfangs kommt die Textzeile »regnet herab«, womit »Rorate« auch häufig übersetzt wird. In ländlichen Gegenden sind diese Rorateämter heute noch verbreiteter und besser besucht als bei uns in der Großstadt. Nachvollziehbar: Es stand auch bei uns zu Hause einfach nicht auf dem Plan, unter der Woche noch vor der Fahrt in die Schule eine frühmorgendliche Messe in der Pfarrkirche zu besuchen. Schul- und Kirchensprengel sind nun mal nicht immer identisch im städtischen Leben, auch heute nicht. Und damals mussten vor allem für den Schulweg weitere Strecken in Kauf genommen werden.