Wiesn-Glück - Rainer M. Schießler - E-Book

Wiesn-Glück E-Book

Rainer M. Schießler

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Beschreibung

Zehn Jahre lang arbeitete der bekannte Münchner Pfarrer Rainer M. Schießler als Bedienung auf dem Oktoberfest, trug unzählig viele Maßkrüge und Hendl-Teller an die Festzelt-Tische. In dieser Zeit hat er jede Menge Lustiges, Ernsthaftes und Turbulentes erlebt. Die schönsten Oktoberfest-Geschichten seiner Wiesn-Zeit erzählt Rainer M. Schießler in diesem Buch. Immer mit einem Augenzwinkern und oft mit einem Blick nach oben. Ein Münchner Original im (Wiesn-)Himmel … Mit Beiträgen der aktuellen Schottenhamel-Festzelt-Wirte Christian und Michael sowie von langjährigen Kolleginnen, die die Wiesn-Zeit von Rainer M. Schießler ebenfalls miterlebt haben. »Als ich das erste Mal auf der Wiesn als Bedienung gearbeitet habe, hat mir Peter Schottenhamel, der damalige Wirt, gleich zu Beginn sehr schön bildhaft beschrieben, dass ein Tag auf der Wiesn wie eine große Meereswelle ist. Frühmorgens baut sich die Welle auf. Das Gefühl, das sich dabei einstellt, ist angenehmen und leicht, aber doch unverwechselbar erhaben – besonders zur Mittagszeit, wenn man gemütlich in einem Biergarten sitzt. Am Nachmittag beginnt das Ganze unruhiger zu werden, ein leichtes Kräuseln zeigt sich an der Oberfläche, die Musik schwenkt langsam um, von gediegener Blasmusik hin zu Schlager- und Discotiteln. Gegen Abend kann es eine herrliche, turbulente Party werden. Dann wird getanzt und gefeiert, die Menschen im Zelt stehen zum Teil auf Tischen und Bänken; die Luft ist getränkt von Bier und Hendlduft, vom Schweiß der Tanzenden und dem duftenden Parfum der Mädels. Echte Wiesnfans lieben das! Aber erklären kann man das Phänomen nicht. Man muss es erleben. So ist es aber immer mit der Liebe: Da gibt's nichts zu erklären. Man kann sie sich nur schenken lassen.« Rainer M. Schießler *** Eine Leserstimme: »Ein Buch, aus dem der Lebenssinn, die Härte, wie die Lust am Leben nur so schäumt. Ein Stück Apostelgeschichte an der Bavaria, samt den kurzen Berichten der Mitarbeiter.« Klaus Hamburger

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Seitenzahl: 125

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Pfarrer Rainer M. Schießler

Wiesn-Glück

Eine Liebeserklärung

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Zehn Jahre lang arbeitete der bekannte Münchner Pfarrer Rainer M. Schießler als Bedienung auf dem Oktoberfest, trug ­unzählig viele Maßkrüge und Hendl-Teller an die Festzelt-Tische. In dieser Zeit hat er jede Menge Lustiges, Ernsthaftes und Turbulentes erlebt. Die schönsten Geschichten seiner Wiesn-Zeit erzählt Rainer M. Schießler in diesem Buch. Immer mit einem Augenzwinkern und oft mit einem Blick nach oben. Ein Münchner Original im (Wiesn-)Himmel.

 

Mit Beiträgen der aktuellen Schottenhamel-Festzelt-Wirte Christian und Michael F. sowie von langjährigen Kolleginnen, die die aktive Wiesn-Zeit von Rainer M. Schießler ebenfalls miterlebt haben..

Inhaltsübersicht

Dieses Buch ist gewidmet [...]

Vorwort und Dank

O’zapft is!

1 Du wirst es nicht glauben!

Es setzt sich etwas in Bewegung

Ein Fest für sich

Die Wiesn-Welle

Kindheits- und Jugenderinnerungen

Langsames Aufbäumen

Die Bestimmung des Menschen

Umwege

Mit dem Taxi auf der Wiesn-welle

Volksfestschule

2 Viel zu hart der Start – erste Wiesn-Erfahrungen

Einschreibungstag

O’zapft is!

Wunderbarer Knochenjob

3 Der Aufstieg – vom Klogang zum Haupteingang

Der vordere Garten

Teamgeist

Ein leibhaftiger Pfarrer bedient

4 Komisches und Tragisches – die menschliche Wiesn

Sprachbarrieren und Aufklärung

Wer ist der Bapp?

A Maß, a Hendl und a Taufe

Gib mir a Gabel

Wachteleier statt halber Ente

300 Euro für ein Bier und die Spenden

5 Ausstieg und Neubeginn –ganz oben auf der Galerie

Rücktritt vom Rücktritt

WIESN-BEGEGNUNGEN

Erste Begegnung

Gino

Nine eleven

Heiliger Moment

Gäste aus Kiew

Herberge

Die Wiesn, ein Lebensgefühl

Dieses Buch ist gewidmet Anton Pichler, seiner ganzen Familie und dem gesamten »Helferkreis Anton« in Moosinning, denen wir mit unserem Buch ein wenig Stütze und Hilfe in einer schweren Zeit sein möchten.

Vorwort und Dank

Wie so oft im Leben war es auch hier keine Liebe auf den ersten Blick. Meine Beziehung zum Münchner Oktoberfest ist über die Jahre hin gewachsen und gereift und hat in verschiedenen Stadien immer wieder andere Formen angenommen. Aber immer war es eine ehrliche, eine aufrichtige und nach Fortschritten strebende Beziehung. Das Oktoberfest in München bedarf keiner weiteren Existenzberechtigungserklärung. Dieses Fest ist purer Kult und weltweit ein Begriff. Was es aber bedeutet, selbst ein Teil dieses Festes zu sein, und was das aus einem macht, welche Schätze sich da auftun und wie man selbst mit dem Fest mitwächst – davon erzählt dieses Buch.

Gemeinsam mit meinen ehemaligen Mitstreiterinnen im Bedienungsgewerbe Anni, Inge und Gitti und unseren Festwirten, der Familie Schottenhamel, möchte ich Ihnen ein paar Innenansichten unserer Wiesn präsentieren. Es sind sehr persönliche Einblicke und Bekenntnisse, die auch ans Herz gehen dürfen.

Zugleich wollen wir mit diesem Büchlein unserer Freude ein wenig Ausdruck verleihen, dass es nach zwei »wiesnlosen« Jahren nun heuer endlich wieder heißt: »O’zapft is!« Auch den schärfsten Skeptikern müsste aufgefallen sein, wie sehr uns in dieser Zeit der Pandemie die Wiesn gefehlt hat. Es ist ein Stück Kulturgut, das uns da geraubt wurde. Man sagt, die Wiesn habe nur Freunde oder Gegner. Vielleicht kann dieses Buch auch ein wenig dazu beitragen, beide Seiten ein wenig zueinander zu bringen, mal mehr mit Gefühlen als mit Argumenten.

Mit den Erlösen dieses Buches wird eine Familie in Moosinning bei München unterstützt. Durch einen schrecklichen Unfall in der heimischen Landwirtschaft hat sich für diese Familie von einem Moment zum anderen ihr ganzes Leben verändert. Sofort hat sich ein Helferkreis aus dem Ort gebildet, um der Familie beizustehen. Ihnen wollen wir auf diesem Weg unseren Respekt und auch ein Zeichen der Ermutigung und der Solidarität übermitteln. Ich danke allen meinen Mitstreitern, dass sie diesem Projekt sofort zugestimmt haben und Feuer und Flamme für diese Idee waren. Allen Lesern wünsche ich viel Freude mit unserer Liebeserklärung an unsere Wiesn!

 

Rainer M. Schießler, Pfarrer

O’zapft is!

Seit 1810 wird auf der Theresienwiese im Herbst ein großes Volksfest gefeiert. Generationen von Menschen sind damit groß geworden. Unsere Familie ist seit 1867 ganz eng mit dem Oktoberfest verbunden. Denn in diesem Jahr stand Michael Schottenhamel das erste Mal mit einer hölzernen »Bierbude« auf der Wiesn.

Unser Ur-Großvater war sieben Jahre zuvor als Schreinergeselle auf der Walz nach München gekommen und hatte dort Arbeit gefunden. 1867 heiratete er seine Rosalie, eine gute Köchin. Die beiden übernahmen kurz darauf das Wirtshaus »Zu den drei Mohren« in der Luitpoldstraße 13. Und Michael Schottenhamel bewarb sich wenig später bei den Stadtoberen um die Erlaubnis, im Rahmen des Oktoberfestes auf der Theresienwiese einen Bierausschank eröffnen zu dürfen. Der Antrag wurde mit der Auflage genehmigt, dass die Bude eine maximale Breite von 25 Fuß haben darf (die Maßeinheit entspricht etwa 29 Zentimetern, das Ganze war also etwa 7,30 Meter breit). Etwa 50 Gäste fanden auf der Schankfläche Platz. Als Beleuchtung dienten damals Windlichter mit Kerzen und Petroleumlaternen. Erst ab 1885 gibt es auf der Wiesn elektrisches Licht. Es ist übrigens historisch belegt, dass Albert Einstein als kleiner Junge geholfen hat, für die Beleuchtung der Festwiese Glühbirnen einzudrehen. 

 

Der Betrieb expandiert im Laufe der Jahre. 1896 übernimmt Michael Schottenhamel schließlich als Pächter auf der Wiesn eine große Bierhalle, ziemlich genau dort, wo auch noch heute das Festzelt der Familie zu finden ist. Bis zu 1500 Gäste finden in dieser Bierhalle Platz. 1913 wird die Festhalle noch einmal wesentlich vergrößert – von der Fläche her fast verdoppelt. Auf zwei Bühnen wird nun Musik gemacht.

Das heutige Festzelt beherbergt auf einer Fläche von etwa 5000 Quadratmetern rund 6000 Gäste. Im angrenzenden Wirtsgarten gibt es weitere 3000 Plätze. Es ist das größte Oktoberfestzelt im Familienbesitz – und wir blicken auf die längste Tradition zurück. Der Aufbau des Festzeltes und dessen Einrichtung dauert trotz aller Erfahrung jedes Mal rund zehn Wochen. Es ist eine Freude, mitzuerleben, wie es wächst. Und dann geht es in der zweiten Septemberhälfte endlich los! Die Besucher kommen in Scharen. Der Tag beginnt während der Wiesn bereits früh um 7Uhr und erst nach 23 Uhr gehen die letzten Gäste. Anschließend wird aufgeräumt, oft kehrt erst gegen 4 Uhr in der Früh Ruhe im Festzelt ein.

 

Die Wiesn ist für die Menschen beglückend, ein wunderbares Gemeinschaftserlebnis. Viele ziehen sich besonders schön an, alle feiern miteinander das Leben. Es gibt gutes Essen, dazu eine Maß Bier in einem traditionellen Krug. Und es wird von früh bis spät gesungen und getanzt, gelacht, gejubelt, umarmt und geküsst. Viele Menschen haben sich auf dem Oktoberfest kennen- und lieben gelernt. Unzählige Paare haben hier zueinander gefunden und sind ein Leben lang zusammengeblieben. Die Wiesn ist ein Lebensgefühl, das man begeistert teilt. Auch uns reißt es immer wieder mit. Es ist schön, zu sehen, wie die Gäste sich freuen!

Musik ist ganz entscheidend dafür, dass das Oktoberfest gelingt. Denn die Sprache der Musik versteht jeder, sie bringt die Menschen zueinander. Unser Kapellmeister, Otto Schwarzfischer, hat vor 30 Jahren angefangen, mitreißende Medleys zu schreiben. Die Gäste lieben diese Art der Musik! Die Menschen stehen im Festzelt auf den Bänken und singen mit, wenn die altbekannten Ohrwürmer oder moderne Songs gespielt werden.

 

Für eine Weile kann man auf dem Oktoberfest den Alltag vergessen. Das tut so gut! Die Wiesn ist eine Zeit der Leichtigkeit. Am Ende sind alle traurig, dass es schon wieder vorbei ist. Und man freut sich auf das nächste Jahr!

Aber es ist natürlich auch jedes Mal für uns als Wiesn-Wirte eine große Herausforderung, so viele tausend Menschen an einem Tag möglichst perfekt zu bedienen, dafür zu sorgen, dass es an nichts fehlt. Und es ist beglückend, zu erleben, dass es gelingt. Dazu tragen vor allem auch die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei, die sich engagiert einbringen und unglaublich viel leisten. Viele übrigens auch schon in der zweiten oder dritten Generation. Wenn am letzten Abend, nachdem alle Gäste gegangen sind, alle Mitarbeitenden mit einer Polonaise durchs Zelt ziehen und dabei ein Lied singen, ist dies immer ein ganz wunderbarer Augenblick. Ganz zum Schluss wird das Licht heruntergedimmt, Wunderkerzen werden angezündet. Ein unglaublich schöner Moment.

Rainer M. Schießler gehörte zehn Jahre lang zu unserem Team. Dafür sind wir sehr dankbar. Mit seiner den Menschen zugewandten, wunderbaren Art begeistert er viele – und das nicht nur auf der Wiesn! Als Pfarrer von St. Maximilian ist er stadtbekannt; durch seine Bücher auch bundesweit. In den Geschichten, die er in diesem Buch erzählt, wird deutlich, was die Wiesn in ihrem Kern ausmacht.

*

Im Laufe von mehr als 150 Jahren Wiesn-Tradition haben wir als (Wirts-)Familie viel erlebt. Wunderbare, beglückende, verrückte, emotionale Momente. Schon als Kinder und später als Jugendliche haben wir beide meist oben auf »dem Fasserl« gesessen, wenn der Münchner Oberbürgermeister den Bier-Anstich gemacht hat. Am Ende heißt es immer: »O’zapft is!«

 

Wir sind nach wie vor ein Familienbetrieb, versuchen gemeinsam die Tradition zu bewahren und dabei gleichzeitig die Zukunft in den Blick zu nehmen, auch die nächste Generation einzubeziehen. Jede und jeder, der sich für das Oktoberfest engagiert, ist wichtig, ein wichtiges Mosaiksteinchen in einem großen Bild. Dieses Gefühl haben zum Glück auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Bedienungen, die Schankleute und alle, die im Hintergrund daran mitwirken, damit das Ganze gelingt.

Nach monatelangen Vorbereitungen ist es immer ein besonderer Moment, mit den anderen Wiesn-Wirten freudig auf der Theresienwiese einzuziehen. Ein prächtiger, bunt schillernder Zug aus festlich geschmückten Kutschen und Brauereigespannen, Musikkapellen und Gruppen von Bedienungen. Vorneweg das Münchner Kindl, dann folgt die Kutsche der Landeshauptstadt München – und als drittes der Schottenhamel-Zweispänner, in dem traditionell auch der Oberbürgermeister und seine Frau mitfahren.

Auf dem Weg zur Theresienwiese machen wir beide mit einem Teil unserer Familien an der Damenstiftskirche in der gleichnamigen Straße, Ecke Hospitalstraße Halt. Nach der ganzen Vorbereitungshektik treten wir bewusst einen Schritt zurück und kommen für eine Weile zur Ruhe, um um Bewahrung und Schutz zu beten und eine Kerze anzuzünden – für ein friedliches Miteinander der zahlreichen Gäste und das Gelingen der Wiesn. Das ist uns immer ganz besonders wichtig. Denn du kannst alles noch so gründlich vorbereiten, du kannst planen und machen, so viel du willst – am Ende ist die Wiesn trotz allem ein Wagnis. Da sind Hunderttausende von Menschen, die auf engstem Raum miteinander feiern und Spaß haben. Junge und Alte, die zum Teil von weit her angereist kommen, quasi aus der ganzen Welt. Eine Wahnsinnsmischung unterschiedlichster Kulturen, Sprachen und Lebensstile – und trotz allem »passt’s am Ende«.

Beim Oktoberfest geht es hoch her. Und doch passiert zum Glück meist relativ wenig. Aber es gab im Laufe der Jahre natürlich auch schon sehr ernste, manchmal sogar dramatische Momente auf der Wiesn. So sind wir jedes Mal froh, wenn wir am Ende dankbar feststellen können, dass es wieder ein friedliches Fest war.

Nach zwei Jahren Pandemie-bedingter Pause erscheint dieses Buch zur Wiederöffnung der Münchner Wiesn. Wie schön, dass Rainer M. Schießler und einige andere ehemalige Bedienungen ihre Erlebnisse festgehalten haben, um anderen eine Freude zu machen.

Christian und Michael F. Schottenhamel, Wiesn-Wirte

1 Du wirst es nicht glauben!

Jetzt mal ganz ehrlich: Was macht das Leben eigentlich aus? Sind es die selbstgemachten Pläne, die wie ein Drehbuch funktionieren? Ist es die Hoheit über unsere Vorstellungen davon, was letztlich wirklich wichtig und richtig ist?

Und was fällt uns als Erstes ein, wenn wir aus unserem Leben erzählen? Oft ist es gerade das, was wir nicht geplant haben, das, was uns einfach so widerfahren ist – ob es auf den ersten Blick gut war oder schlecht. All die Ereignisse und Entwicklungen, die einfach so passiert sind – ohne großes Zutun oder ein Mitwirken. Situationen, die ungeplant regelrecht in unser Leben eingebrochen sind und die Wende brachten.

Das Leben passiert! Behindere es nicht! Lass es geschehen, lass dich darauf ein! Das hat mir mein enger priesterlicher Freund Roland Breitenbach aus Schweinfurt immer wieder eingeschärft. Und es war gut, seinem Rat zu folgen. Denn das Überraschende, das Ungeplante, macht die Würze des Lebens erst aus.

Auch wenn etwas auf den ersten Blick noch so verrückt zu sein scheint – probiere es einfach aus, greife beherzt zu, denn du weißt nie, als wie beglückend es sich herausstellen kann. Und du weißt auch nicht, wie sehr du einer solchen Gelegenheit später nachtrauern würdest.

Aus eigener Erfahrung kann ich berichten: Selbst, wenn etwas unerwartet und ungewöhnlich daherkommt und von einem Besitz ergreift, hat im Leben fast alles seinen Sinn. Und es findet hoffentlich guten Boden in dir, damit es wachsen und reifen kann. Von nichts kommt nichts!

Davon erzähle ich in diesem Buch. Erst im Rückblick ist mir die Bedeutung mancher Ereignisse bewusst geworden.

Ich schreibe so etwas wie eine Liebeserklärung, auch wenn meine persönliche Geschichte mit der Wiesn alles andere als störungsfrei und geradlinig verlaufen ist. Im Gegenteil: Die Anfänge meiner Beziehung zum vermutlich größten Volksfest der Welt waren mitunter etwas schwierig, durchaus anstrengend und herausfordernd. Doch nachdem ich lange Zeit mit dem fröhlich-bunten Treiben gefremdelt hatte, nahm das Ganze eine überraschende Wendung.

Es setzt sich etwas in Bewegung

Mit einer Freundin besuchte ich am Abend des letzten Wiesn-Tages das Schützenzelt neben der weltberühmten Bavaria-Statue an der Ruhmeshalle und löste noch schnell zwei Biermarken ein. Angesichts des baldigen Festendes herrschte eine Mischung aus ausgelassener Freude und Wehmut. Während meine Begleitung sich von der Musik anstecken ließ, geschwind auf die Bierbank hüpfte, lauthals mitsang und ausgelassen tanzte, blieb ich eisern daneben sitzen und ging in mich versunken meinen Gedanken nach.

»Da hast aber einen schönen Langweiler dabei!«, sagte die Bedienung, die uns neues Bier brachte, zu meiner Begleiterin und deutete dabei auf mich. Und was soll ich sagen – die Frau hatte recht. Im Rückblick betrachtet gab das den Anstoß, mich noch einmal ganz anders ins Leben zu werfen. 17 Jahre ist das mittlerweile her.

Wie gesagt: Das Wichtigste im Leben passiert einfach. Nur wenig können wir bewusst steuern oder gar erzwingen. Absolut unplanbar aber sind die Geschenke, die einem gemacht werden. Als ein solches Geschenk ordne ich das ein, was wenige Monate nach jener denkwürdigen »Langweiler«-Ansage im Festzelt geschah.

Als Pfarrer von St. Maximilian in München war ich zum Neujahrsempfang der Münchner CSU