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Jakob Wolff taucht in einem Kloster unter, dass neben seiner christlichen Fassade auch einem satanischen Zirkel als Heimat dient. Mit Hilfe dieser dunklen Magie und einer Opferbeschwörung versucht er, seinen Fluch zu beseitigen. Dabei gerät er in eine Falle und in den Strudel einer Macht, welche ihn und seine Gefährtin Lilo zu hilflosen Marionetten werden lässt. Nach "Der Fluch" und "Die Täuschung" hier nun der dritte Kurzroman von Tanja Kummer über den Hexenmeister Jakob Wolff.
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Seitenzahl: 134
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Jakob Wolff
Rupes picarum
1497
von Tanja Kummer
Ein Roman aus der Jakob Wolff Reihe
Leseratten Verlag
Tanja Kummer
Jakob Wolff - Rupes picarum
ISBN 978-3-945230-10-7
1. Auflage, Allmersbach im Tal 2015
Copyright Leseratten Verlag, Marc Hamacher
71573 Allmersbach im Tal
© Alle Rechte vorbehalten
www.leserattenverlag.de
www.tanjakummer.de
1497
Der rituelle Gesang endete. Er spürte die Blicke der vier Männer auf sich, obwohl sie alle Kapuzen trugen, die ihre Gesichter verbargen. Das gelbe Licht der Fackeln erhellte die Szenerie nur notdürftig. Doch die Frau, die vor ihm gefesselt auf dem Boden lag, konnte er gut erkennen. Und die Angst in den Augen ihres jungfräulichen Opfers.
Seine Hand, in der er den Ritualdolch hielt, zitterte.
Jakob zögerte.
Das Leben war heilig. Vor Gott war jedes Wesen gleich. Oder nicht? Was also tat er hier? Sein Vorhaben würde niemals funktionieren.
Aber versprach dieses unschuldige Wesen, das bis auf ein dünnes, weißes Hemdchen an ihrem dürren, blassen Leib fast nackt vor ihm lag, nicht seine Erlösung? Würde ihr Opfer nicht seinen Fluch brechen? War es nicht das, was er sich nicht sehnlicher als irgendetwas sonst wünschte? Und war das nicht auch ein Leben wert?
Bisher hatte er gedacht, es würde einfach für ihn werden, diese fremde Frau zu töten. Er hatte schon getötet. Sich selbst. Doch andererseits hatte ihn sein Vater so erzogen, dass jedes Leben geschützt werden musste. Jedes Leben. Gleich welches. Er war nicht Gott. Kein Ankläger und kein Richter. Es war unrecht, Leben zu nehmen. Und auch der Zweck, warum man Leben nehmen wollte, spielte keine Rolle. Es war eine Sünde. Genauer gesagt eine Todsünde. Nach seinem Tod würde die Hölle auf ihn warten. Grausame Folter und Schmerzen bis in alle Ewigkeit.
Aber war es nicht genau das, was er im Leben bereits durchmachte? Er gehörte dem Teufel jetzt schon. Und der gefallene Engel aus Gottes Heerschar hatte sich einen besonders bösen Schmerz mit ihm erlaubt. Luzifer hatte ihm vor dem Tod bewahrt und zurück ins Leben gestoßen. So wie es sich seine Geliebte, Lieselotte Wagner, für ihn gewünscht hatte. Seither musste er jedes Jahr bis zum 28. August dem Teufel ein Opfer darbringen. Was machte es für einen Unterschied, sie jetzt zu töten, oder erst in ein paar Monaten? Den Fluch hier und heute zu brechen und für immer frei zu sein? Oder ihn wieder nur um ein Jahr zu verlängern und so dem Teufel gezwungenermaßen weiter zu dienen?
Jakob leckte sich über seine trockenen Lippen. Inzwischen zitterte er am ganzen Körper.
»Gott wird dich dafür belohnen. Du tust, was nötig ist, um seine Schäfchen zu schützen. Auch wenn das bedeutet, dem Wolf ab und an eines davon zu opfern, Bruder«, sagte eine der dunklen Gestalten neben ihm.
Er hatte schon früher bei Mönchen gelebt. Einen Winter lang, als er noch als Wanderer ziellos durch das Land gereist war. In einem vorangegangenen Leben. Einem ohne Fluch. Aber die Mönche dieses kleinen Klosters waren anders. Ihre freizügigen Auslegungen der Gebote der Bibel erschienen ihm gefährlich. Oder gar schändlich. Glaubten sie überhaupt an Gott und folgten der Heiligen Schrift?
»Wir haben dich auf diesen Moment vorbereitet, Bruder Jakob. Es jetzt nicht mehr zu tun, würde Luzifer erzürnen. Verderben, Krankheiten und Missernten wären seine Strafen. Aber wir wollen die Gemeinde schützen. Zudem wird ihre Jungfräulichkeit dem Teufel gefallen und er wird deshalb den Fluch von dir nehmen, Bruder Jakob.«
Die Worte des Mönches brachten eine trübe Erinnerung hervor. Lieselottes entsetzte Einwände hallten durch seinen Kopf.
»Jungfräulichkeit als Fluchbrecher?« Lieselotte hatte abfällig gelacht. »Jakob, das ist doch Unsinn! So eine Behauptung ist doch keine fundierte Studie, sondern reiner Aberglaube. Weshalb sollte das Opfer einer Jungfrau mehr wert sein?«
Doch wenn das wahr sein sollte, was tat er dann hier? Mitternacht war vorüber. Heute war Christi Himmelfahrt. Der Tag, an dem ihr Heiland ins Himmelreich zurückgekehrt war. Seine Wiedergeburt in ein neues, besseres Leben. Warum also sollte ihm das nicht auch gelingen?
An diesem von den Kelten angelegten, heidnischen Ort, der dann von der christlichen Kirche geweiht worden war, war die Magie sehr stark. Zumindest hielt er es für Magie. Er konnte sie spüren, wie nie zuvor. Sie betörte ihn wispernd und verführte ihn schmeichlerisch, an seine eigene Erlösung zu glauben.
»Du musst es selbst tun, Bruder Jakob. Ihr seid durch Blut miteinander verbunden. Wenn wir das Opfer bringen, ist es nutzlos.«
Jakob hörte den Wind um die hoch gelegenen Felsen peitschen. Es klang wie das Wehklagen der verdammten Seelen in der Unterwelt. Und er fühlte sich wirklich so, als wäre er bereits in der Hölle. Was also hatte er zu verlieren?
Er nickte, fasste den Griff fester und stach zu.
»Ich erbringe diese Opfer vor dir, meinem Herrscher«, krächzte Jakob mühsam auf Latein.
Dem Mann neben ihm entrann ein entsetztes Geräusch, welches im Gurgeln seines Blutes unterging, weil in seiner Kehle ein Dolch steckte. Langsam sank er auf den felsigen Boden, wobei er Jakob weiterhin ungläubig anstarrte.
Der Geruch von frischem, warmem Blut erfüllte die Luft. Er hörte die anderen Männer aufbrüllen. In ihren Fäusten glitzerte der Stahl ihrer Waffen und Jakob griff nach dem Ersatzdolch unter seinem Umhang. Seine Hand verhedderte sich in den losen Falten und er brachte die Waffe erst heraus, als es bereits zu spät war. Der erste Angreifer war heran und stach die Klinge in seine Schulter. Er verfehlte nur knapp die Hauptschlagader.
Ohne zu zögern, trieb Jakob seinen Dolch zwischen die Rippen seines Angreifers und durchbohrte von unten nach oben das Herz seines Gegners.
»Auf dass ihre verfehlte Vernunft keinen Schaden mehr unter deinen Dienern verursachen kann!«, sagte Jakob und stieß die Leiche von sich.
Die beiden anderen Mönche ergriffen die Flucht.
Er hetzte ihnen nach. Seine Sinne waren so scharf wie die eines Raubtieres. Selbst das leise Geräusch ihres Atems blieb ihm nicht verborgen. Zudem roch er ihren Angstschweiß und ein animalisches Grinsen breitete sich über seine Gesichtszüge.
Einen erwischte er direkt am Ausgang der nachfolgenden Höhenkammer. Er rammte den Dolch mehrfach von hinten durch dessen Organe. Mit zerfetzten Nieren und Leber ließ er ihn tödlich verwundet auf dem Felsen zurück.
»Auf dass ich meinem Herrn gerechter diene als ihr. Und dass ich vor ihm Vergebung finde.«
Jakob rannte weiter den schmalen Bergweg entlang. Er nahm die Stufen doppelt, bis seine Beute vor ihm in Sicht kam.
Jakob sprang vor und schubste den Mann von der herabführenden Treppe in die Tiefe. Der Angstschrei verklang abrupt mit dem tödlichen Aufschlag.
»Mögen eure Seelen für immer in der Hölle schmoren«, keuchte er atemlos und lief die Stufen rasch wieder hinauf.
Die Jungfrau lag vor dem Altar, wo er sie zurückgelassen hatte. Der Kräutertee, mit dem sie das Opfer gelähmt hatten, wirkte immer noch.
»Habt keine Angst!«, sagte Jakob und schob seine Kapuze zurück. »Ihr seid jetzt in Sicherheit.«
Er kniete nieder und löste ihre Fesseln, ehe er sie hochhob und von dem Opferfelsen hinab trug.
Sie hatte einen Schock und fror ganz erbärmlich, weshalb er seinen blutigen Wollumhang auszog und ihn ihr umlegte.
»Ich werde ein Feuer für Euch machen und dann gehen«, erklärte er sanft. Er konnte sehen, dass sie etwas sagen wollte, es aber nicht schaffte. »Seid ohne Furcht. Der Herr hat mich geschickt, um Euch zu befreien. Das ist alles, was Ihr wissen müsst.«
Er stand auf, entzündete ein paar rasch gesammelte, trockene Äste und machte sich auf den Weg.
Jakob gab es nicht gerne zu, doch es stimmte. Es war Zeitverschwendung gewesen, in dieses Kloster zu reisen.
Nach ihrer Flucht aus Speyer waren sie zuerst in südliche Richtung geflohen. Unterwegs trafen sie auf den Schmiedemeister Fabian, der ebenfalls von dort auf der Flucht war. Jakob erzählte ihm, dass es Wolfgang nicht geschafft hatte, die anderen Hexer vor dem Verrat und einer Anklage wegen Hexerei zu warnen. Wolfgang war verhaftet worden und inzwischen vermutlich tot. Fabian schien dies zu bedauern.
»Ich wollte ihm helfen, aber er lehnte es ab.« Das waren Fabians Worte gewesen. Doch die Wahrheit stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er hatte Angst gehabt und war lieber geflohen, als Wolfgang zu unterstützen. Jakob hatte weder damals darüber geurteilt, noch würde er es jetzt tun. Er hatte Wolfgang an jenem Abend ebenfalls allein gelassen. Jakob hatte sich aufgemacht, um seine Gefährtin Lieselotte zu warnen.
Zusammen mit Fabian, dessen Frau und Kinder waren sie zu Fabians Bruder gereist. Dieser war es gewesen, der ihm von dem Franziskanerorden in der Nähe von Heiligenkirchen erzählt hatte. Auch von dem in den letzten Monaten aufflammenden Verdacht, dass dort schlimme Dinge ihren Lauf nahmen und die Mönche ihre Machtposition missbrauchten. Man munkelte, dass sie Hexer wären. Und dass sie unter dem Deckmantel der Kirche dem Teufel dienten.
Jakob und Lieselotte blieben eine Woche bei der Familie des Schmiedemeisters. Als sie sich ausreichend erholt hatten, machten sie sich auf den Weg nach Heiligenkirchen. In einem Ort namens Horn ließ er seine vorgebliche Schwester zurück. Er selbst reiste weiter, um sich den Mönchen anzuschließen. Seither hatte er seine Gefährtin Lieselotte nur zwei Mal gesehen. Und bei diesen Gelegenheiten hatten sie keine Möglichkeit gefunden, mehr zu tun, als sich nur miteinander zu unterhalten. Aber in etwa einer halben Stunde würde er bei ihr sein und Jakobs Verlangen nach Lieselotte trieb ihn schneller voran.
Die Tür zu ihrem Quartier war nicht verschlossen und er trat einfach ein.
»Hast du bekommen, was du wolltest, Jakob?«, hörte er Lieselottes Stimme aus der Dunkelheit. Sie klang weder verschlafen noch müde, sondern nur feindselig und herablassend.
»Sie ist unversehrt. Ich habe mich dagegen entschieden.«
Er hörte sie erleichtert seufzen.
»Gut! Dann komm zu mir ins Bett.«
Mai 1497, in der Nähe von Heiligenkirchen
Die Pritschen, auf denen die Mönche schliefen, waren hart. Jakob erkannte die Absicht dahinter. So fiel ihnen das Aufstehen leichter, wenn sie zum Morgengebet mussten. Danach gab es im Refektorium ein karges Morgenmahl. Anschließend kam jeder seinen zugeteilten Aufgaben nach. Bis zum Mittagsmahl. Hiernach wieder Arbeit, Gottesdienst, Arbeit. Das Abendessen beendete die geschäftige Zeit. Nach der allabendlichen Messe verteilten die Mönche die anfallenden Aufgaben neu. Jakob jedoch war jeden Tag in der Schreibstube und half, sorgfältige Abschriften der Heiligen Schrift zu erstellen. Immerhin hatte Jakob eine klare und saubere Handschrift und einiges an Geschick für die bunten Verzierungen.
Jakob verspürte eine angespannte Erwartung, denn heute war es so weit. Sie würden das Ritual vollziehen und den Fluch brechen. Jedenfalls hoffte er das.
Es war nicht schwer gewesen, das Vertrauen der Mönche zu gewinnen. Sie vertrauten ihrem Abt Bruder Theodor. Und dieser verstand sich mit Jakob vom ersten Moment an. Denn sie beide, und nur sie beide, hatten etwas gegenüber den anderen Mönchen gemeinsam: Sie waren Hexer.
Obwohl das schon an sich ein Widerspruch war, der nicht zusammenpassen dürfte, stand Theodor Dreckler dem Kloster bereits seit Jahren vor. Der Mann sprach gottesfürchtig. Und auch wenn seine gelegentlichen, heidnischen und zum Teil satanischen Ausschweifungen nicht auf allgemeine Zustimmung der Mönche trafen, so wurde er doch respektiert. Was er wohl nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken hatte, dass er seit seiner Kindheit im Kloster war.
Theodor Dreckler stammte aus armen Verhältnissen. Seine sterbenskranke Mutter hatte es gerade noch geschafft, ihren Jungen in dem Kloster abzugeben. Nach ihrem Tod kümmerte sich der Orden um ihren zehn Jahre alten Sohn. Jetzt war der Mann über vierzig und kannte nichts anderes als diesen Ort und die Mönche.
Bruder Theodor war belesen. Ihm standen alle Bücher aus der Klosterbibliothek zur Verfügung. Sein Wissensstand vergrößerte sich ständig. So wusste der Mönch, der noch nie in einem Zirkel Mitglied gewesen war, alles, was in den Büchern über Hexen und Hexer stand. Doch nur wenig bis gar nichts darüber, was sie wirklich trieb. Jakob hatte das augenblicklich erkannt und Theodor mit seinem Hilfegesuch die Möglichkeit unterbreitet, ihn und den Hexenhammer studieren zu dürfen. So konnten sie beide nur gewinnen.
Bereits nach einem kurzen Blick in das Malleus Maleficarum hatte Theodor zugestimmt. Das in Leder gebundene Buch, welches das gesammelte Wissen über die Hexenverfolgung und deren Folterung enthielt, barg aber noch mehr Geheimnisse. Auf der Rückseite der beschriebenen Seiten fand sich die Sammlung aller Zaubersprüche und Kenntnisse von Hexengroßmeister Markus Wolff. Sein Vater hatte seine Aufzeichnungen für ihn darin hinterlassen. Und obwohl die Seiten des Buches längst nicht alle beschrieben waren, bot es doch einen wahren Reichtum an Sachverhalten. Genug für dieses Geschäft, denn Theodor war neugierig und wissenshungrig. Ihre zahlreichen Gespräche drehten sich oft um das einfache, normale Leben in einer Stadt. Denn obwohl Bruder Theodor mit der Führung des Klosters eine herausragende Menschenkenntnis erlangt hatte, war er in solch normalen Dingen unerwartet weltfremd. Doch mit jedem Tag mehr, den Jakob im Kloster verbrachte, verstand er das. Offenbar kam Theodor kaum aus seinem Refugium hinaus. Die Dinge hinter den Mauern verhielten sich anders als draußen, wo sich nicht alle dem Willen Gottes unterwarfen.
Waren sie zunächst zurückhaltend und voreingenommen gegenüber einander gewesen, so sprachen sie nun über alles. Und Jakob fand sich mit Theodor in einer tiefen Männerfreundschaft verbunden.
Heute aber ließ die Vorfreude auf die Nacht Jakob keine Ruhe. Seine Abschriften waren schlampig und er machte viele Fehler. Darum suchte er Zerstreuung im Klostergarten und setzte sich in die Sonne. Dort hing er seinen Gedanken nach.
»Das Wetter zeigt sich heute von seiner schönsten Seite. Es verführt zum Müßiggang.«
Jakob lächelte und öffnete die Augen.
»Verzeih mir, Bruder Theodor.«
Der Mönch vor ihm winkte ab.
»Ich stehe ebenfalls hier. Ist noch Platz auf der Bank?«
Jakob rutschte zur Antwort an den Rand der Sitzfläche.
»In meinem Arbeitszimmer gibt es zu wenig Sonne«, klagte Bruder Theodor. »An solchen Tagen suche ich gerne den Garten auf. Mit all seinen Düften und Farben.«
Jakob nickte, denn er konnte es gut verstehen.
»Ich habe Zweifel, Bruder Theodor«, sagte Jakob nun. »Ich zweifle am Gelingen des Rituals heute Nacht.«
»Zweifle nicht an Gott, Bruder Jakob. Wenn wir alles richtig machen, dann wird der Teufel die Seele der Jungfrau nehmen und dich freigeben.«
»Ich wünschte, ich würde diese Überzeugung teilen.«
»Warum tust du es nicht? Wir beide haben die Quellen studiert und waren uns einig.«
»Zu zweifeln liegt in der Natur des Menschen.«
»Wohl wahr.« Theodor nickte. »Dann lass mich für dich mit glauben. Und heute Nacht, wenn es so weit ist, werde ich dir meinen Glauben schenken. Mit ihm wirst du stark genug sein zu tun, was getan werden muss.«
»Ich werde morgen gehen. So oder so.«
»Ich weiß. Die Gespräche mit dir werden mir fehlen, Bruder.«
»Du musst vorsichtiger sein, Theodor. Es war leicht für mich dich hier zu finden. Die Gerüchte über das Kloster sind viel zu auffällig.«
»In deinen Kreisen?«
»Ja! Doch sei gewarnt, auch innerhalb dieser Mauern gibt es heilige Männer, die deine Herangehensweise nicht gut heißen. Achte darauf, dass es nur einzelne Stimmen bleiben.«
»Ich weiß diese Warnung zu schätzen, da sich auch Mönche gerne an kleinen Lästereien beteiligen. Doch ich kenne die Laster von ihnen allen«, sagte Theodor und machte eine kurze Sprechpause. »Ihnen vorweg steht Bruder Florianus. Und er ist eine berufene Seele. Er hat unzählige Abschriften des heiligen Wortes angefertigt und kennt die Bibel wie kein anderer. Er richtete sein gesamtes Leben nach dieser Lehre aus. Sei deswegen also ohne Sorge. Sein Herz ist rein.«
Jakob nickte.
»Das mag sein. Aber hat nicht jeder von uns ein Begehr? Und würden wir dafür nicht alles tun? Steht nicht auch das in der Bibel?«
»Ja, aber würde er dann nicht seinen Glauben verraten?«
»Du würdest dich wundern, Bruder Theodor. Die Menschen sind nicht so gut, wie du glaubst. Auch Bruder Florianus nicht.«
»Wohl möglich. Ich werde mich vorsehen.«
Nun saßen die beiden Männer einfach schweigend eine Zeit lang nebeneinander in der Sonne.
»Ich sollte zurück an die Arbeit«, seufzte Jakob dann.
»Bitte bleib noch, Bruder«, bat Theodor.
Jakob lächelte, schloss die Augen und genoss die wärmenden Strahlen auf seiner Haut.