1,99 €
Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1980 - 1989!
Der Junge von Stonehenge.
Das Geräusch war nicht mehr als ein dünner Hauch, kaum zu hören, dennoch wachte Kara auf.
Es war bei ihr wohl mehr das Unterbewusstsein gewesen, das die Gefahr gemeldet und Kara mitten in der Nacht hellwach gemacht hatte. Sie blieb für einen Augenblick starr liegen, konzentrierte sich und dachte auch darüber nach, ob der Laut von einem Tier hätte stammen können. Das kam nicht infrage, ein Tier hätte sie nicht gestört oder beunruhigt.
Myxin, der kleine Magier, der das einfache Haus zusammen mit Kara teilte, schlief weiter. Auch er gehörte zu den außergewöhnlichen Personen, die mit besonderen Fähigkeiten ausgerüstet waren. Von ihm sah Kara nur den Schatten.
Möglicherweise hatte sie sich getäuscht. Ein anderer wäre mit dieser Vorstellung wieder eingeschlafen, nicht so Kara, die immer alles sehr genau wissen wollte ...
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 139
John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.
Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.
Das Geräusch war nicht mehr als ein dünner Hauch, kaum zu hören, dennoch wachte Kara auf.
Es war bei ihr wohl mehr das Unterbewusstsein gewesen, das die Gefahr gemeldet und Kara mitten in der Nacht hellwach gemacht hatte. Sie blieb für einen Augenblick starr liegen, konzentrierte sich und dachte auch darüber nach, ob der Laut von einem Tier hätte stammen können. Das kam nicht infrage, ein Tier hätte sie nicht gestört oder beunruhigt.
Myxin, der kleine Magier, der das einfache Haus zusammen mit Kara teilte, schlief weiter. Auch er gehörte zu den außergewöhnlichen Personen, die mit besonderen Fähigkeiten ausgerüstet waren. Von ihm sah Kara nur den Schatten.
Möglicherweise hatte sie sich getäuscht. Ein anderer wäre mit dieser Vorstellung wieder eingeschlafen, nicht so Kara, die immer alles sehr genau wissen wollte …
Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve
ISBN 978-3-8387-0199-8
www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de
Das Geräusch war nicht mehr als ein dünner Hauch, kaum zu hören, dennoch wachte Kara auf.
Es war bei ihr wohl mehr das Unterbewusstsein gewesen, das die Gefahr gemeldet und Kara mitten in der Nacht hellwach gemacht hatte. Sie blieb für einen Augenblick starr liegen, konzentrierte sich und dachte auch darüber nach, ob der Laut von einem Tier hätte stammen können. Das kam nicht infrage, ein Tier hätte sie nicht gestört oder beunruhigt.
Myxin, der kleine Magier, der das einfache Haus zusammen mit Kara teilte, schlief weiter. Auch er gehörte zu den außergewöhnlichen Personen, die mit besonderen Fähigkeiten ausgerüstet waren. Von ihm sah Kara nur den Schatten.
Möglicherweise hatte sie sich getäuscht. Ein anderer wäre mit dieser Vorstellung wieder eingeschlafen, nicht so Kara, die immer alles sehr genau wissen wollte …
Aus welcher Richtung sie den Laut vernommen hatte, wusste sie nicht zu sagen. Deshalb glitt ihr Blick durch den Raum, bis er schließlich an einem der quadratischen Fenster hängenblieb.
Genau dort sah sie die Bewegung!
Der rundliche Gegenstand hatte sich für einen Moment in dem gegen die Scheibe fallenden Mondlicht abgezeichnet, und Kara hatte ihn sogar erkannt.
Es war ein Gesicht gewesen!
Blass, nicht sehr groß, eher das Gegenteil, aber das Gesicht einer fremden Person.
Die Schöne aus dem Totenreich spürte das kalte Rieseln auf ihrem Rücken. Sie stand auf. Der nackte Umriss ihres Körpers verschwand, als sie einen langen Mantel überstreifte und ihn vor dem Bauch zusammenknotete. Sie schlüpfte nahezu lautlos in die schmalen Schuhe und fasste nach dem Griff des Schwerts mit der goldenen Klinge, dessen Gurt über einem neben dem Bett stehenden Stuhl hing.
Mit der Waffe in der Hand ging Kara auf den Ausgang zu und dachte über das Gesehene nach.
War tatsächlich ein Gesicht am Fenster gewesen? Oder hatte sie sich das nur eingebildet?
Bevor sie das Haus verließ, warf sie einen letzten Blick auf Myxin. Er lag noch immer bewegungslos auf seinem Bett und schlief den Schlaf des Gerechten.
Glücklicherweise konnte Kara die Tür lautlos öffnen. Allerdings nur so weit, dass sie sich durch die Lücke schieben konnte und die Welt betrat, die ihr und dem kleinen Magier eine Heimat gegeben hatte.
Es war die Umgebung der flaming stones!
Als geheimnisvoll und wunderbar konnte dieses Gebiet angesehen werden. Die Flammenden Steine waren Wegweiser in andere Dimensionen und Zeiten. Zu viert ragten sie aus dem saftigen Gras in die Höhe und markierten diesen magischen Ort.
Das Refugium lag mitten in England. Für Menschen aber war es nicht sichtbar. Wer darüber hinwegflog, mochte es auch noch so niedrig sein, hätte nichts erkennen können.
Kara blieb zwei Schritte vor der Tür stehen. Sie wollte herausfinden, ob eine Veränderung eingetreten war.
Erkennen konnte sie nichts. Nur der schmale Bach, der ebenfalls durch das Gebiet floss, gab seine rauschenden und murmelnden Geräusche ab. Das Wasser sprang über die Steine, sah im Mondlicht hell aus, wie auch die Steine, die von einem feinen, vom Himmel fallenden Schleier übergossen wurden und den vier kantigen Klötzen ein geheimnisvolles, blasses Aussehen gab.
Ruhe umgab sie.
Für Kara war dies eine trügerische Ruhe. Normalerweise gelang es keinem normalen Menschen, das Refugium hier zu betreten. Wer es trotzdem schaffte, der musste schon zu den besonderen Personen zählen und auch mit anderen Mächten oder anderen Welten in Verbindung stehen. Wie die Person, deren Gesicht Kara für einen Moment am Fenster gesehen hatte.
Aber jetzt nicht mehr.
Sie ging durch das Gras. Das Schwert hielt sie in der rechten Hand, die glänzende Goldklinge wies mit ihrer Spitze schräg zu Boden und berührte hin und wieder die Halme, als wollte sie für Kara eine Gasse schaffen.
Das Gesicht der dunkelhaarigen Schönen zeigte eine gewisse Anspannung. Sie schritt in einer schrägen Linie auf die Steine zu. Wenn ihr jemand eine Antwort geben konnte, dann waren sie es. Kara wollte sich in den Mittelpunkt des Quadrates stellen, wo sich die Magie am stärksten konzentrierte. Wenn sie überhaupt eine Antwort bekam, dann war es an dieser Stelle.
Es war eine wunderschöne, laue Sommernacht, beinahe schon kitschig. Der Westwind brachte ebenfalls die entsprechende Wärme mit und streichelte die Haut der Frau.
Kara nahm die Gerüche auf, die sie umgaben. Es roch, es duftete, es atmete. Blumen und in der Nähe wachsende Pflanzen wirkten so wunderbar sauber und rein, als gäbe es den sauren Regen und die Luftverschmutzung überhaupt nicht.
Vor ihr ragten die Steine hoch. Uralte Zeugen einer längst vergangenen Zeit. Steine, die einmal in Atlantis gestanden und als magische Transporter gedient hatten. Wobei es zudem noch eine Verbindung zu denen in Stonehenge gab.
Durch diese Steine gelang es Kara und Myxin, Kontakt zu ihrem früheren Leben in Atlantis aufzunehmen. Sie ermöglichten die gewaltigen Zeitreisen. Beiden war es mehr als einmal gelungen, Probleme, die in der Gegenwart aufgetreten waren, durch eine Reise in die Vergangenheit zu lösen.
Aber nur ihnen beiden gelang dies. Oder denjenigen Menschen, die ihnen nahestanden und die sie an die Steine herangebracht hatten. Keinen Fremden allerdings.
Und doch war jemand da. Je länger Kara darüber nachdachte, umso überzeugter war sie, dass sie sich nicht getäuscht hatte. Nur war der Unbekannte jetzt nicht mehr zu sehen. Dass er sich verborgen hielt, ärgerte und irritierte sie zugleich. Sie fühlte sich zum Narren gehalten, ausgerechnet in ihrem ureigenen Gebiet.
So etwas passte Kara nicht.
Sie ging nicht direkt bis zu den Steinen. Vor diesem Zentrum der Kraft blieb sie stehen.
Nichts rührte sich in ihrer unmittelbaren Umgebung. Die weiter entfernt stehenden Hügel erinnerten in ihrer Formation an die dunklen Buckel irgendwelcher geheimnisvoller Tiere. Der Himmel über dem Land sah aus wie mit schwarzem Samt beklebt. Das Millionenheer der Sterne lag hinter einer Dunstschicht verborgen und schimmerte nur schwach.
Aber da war noch etwas, das sich nicht verbergen konnte und deshalb sehr genau von Kara wahrgenommen wurde.
Das Fremde, das nicht in diese Umgebung hineingehörte. Eine unbekannte Ausstrahlung, nicht direkt gefährlich und böse, aber fremd. Gleichzeitig damit spürte Kara auch die Übereinstimmung mit dem Fremden, also konnte es so schlimm nicht sein.
Das bereitete ihr Sorgen.
Fremd und bekannt? Sie schaffte es nicht, dieses Paradoxon zu erklären. Es war auch schwer genug, darauf eine Antwort zu finden, beides rückte zusammen und bildete in ihrer Nähe eine Last.
Kara drehte sich auf der Stelle. Die Bewegung war nicht einmal von ihr bewusst gesteuert worden, sie hatte es einfach tun müssen und sah, dass sie ins Schwarze getroffen hatte.
Aus den nahen Büschen löste sich die Gestalt. Ein Fremder, nicht sehr groß, viel kleiner als Kara.
Kein Mann, ein Junge, fast noch ein Kind. Und ausgerechnet er hatte es geschafft, die magische Grenze, die über diesem Refugium lag, zu durchbrechen.
Wieso?
*
Kara stellte nicht dem Jungen die Frage, sondern sich selbst. Natürlich schaffte sie es nicht, eine Antwort zu finden, die konnte ihr der Junge allein geben, der so ungewöhnlich aussah, nicht in die Gegenwart hineinpasste, aber auch innerhalb dieser Insel fremd wirkte. Er kam ihr vor, als wäre er soeben aus der Vergangenheit entstiegen, um sich in der Gegenwart zurechtzufinden.
Karas rechter Arm hatte beim Anblick des fremden Jungen gezuckt. Doch sie hob das Schwert nicht an und stellte die Spitze weiterhin schräg gegen den Boden.
Da der Junge nicht redete, blieb auch sie stumm und ließ ihn langsam näher kommen. Nicht sie wollte etwas von ihm, es war umgekehrt. Schließlich hatte er das Gebiet betreten.
Er fiel auch wegen seiner Kleidung auf. Die Schäfte der braunen Stiefel reichten hoch bis zu den Waden. Wo das Schuhwerk endete, falteten sich die Ränder der mit einem schwarzen und weißen Würfelmuster bedeckten Hosenbeine zusammen. Der Stoff sah aus wie ein Schachbrett, im Gegensatz dazu die braune, kragenlose Hemdjacke, die am Hals endete. Das dunkle Haar des Jungen wuchs halblang, flog über seine Ohren hinweg und auch bis in den Nacken hinein. In Höhe der Taille trug er einen schlichten Gürtel, gegen dessen Schnalle er die linke Hand seines angewinkelten Arms gelegt hatte.
Das Gesicht war fein geschnitten, es hätte auch einem Mädchen gehören können. Dazu passten irgendwie die vollen Lippen, die dunklen Augen, die vollen Wangen, die allesamt für diesen weichen Ausdruck sorgten.
Kara erkannte die Einzelheiten trotz der relativen Dunkelheit. Das Mondlicht schien es besonders gut mit dem fremden Jungen zu meinen, denn es ließ ihn hervortreten wie auf einer Bühne, deren Hintergrund noch im Dunkeln lag.
Er sagte nichts, er stand da und schaute Kara an.
Auch sie sprach kein Wort. Längst hatte sie bemerkt, dass dieser Junge ein besonderer Mensch war, denn ihn umwebte das Flair des Geheimnisvollen.
Nicht nur das. Die Schöne aus dem Totenreich weigerte sich, auf den Besucher zuzugehen. Etwas hielt sie davon ab. Es war wie eine innere Warnung, denn als einen Freund konnte sie den höchstens vierzehnjährigen Besucher nicht akzeptieren.
Sie war plötzlich froh, das Schwert mitgenommen zu haben, obwohl der andere nicht bewaffnet war. Jedenfalls trug er die Waffen nicht offen.
»Wer bist du?«
Kara hatte die Worte sehr langsam ausgesprochen, damit der andere auch alles verstand. Als Antwort erntete sie nur ein Achselzucken. Dann aber drehte der Junge den Kopf, als wollte er ihr ein Zeichen geben. Er hatte zu den Steinen hingeschaut, demnach mussten sie etwas mit seinem Erscheinen hier zu tun haben.
»Kannst du nicht reden?«
Der Junge hob den rechten Arm. Er spreizte die Hand, strich durch sein Haar, und plötzlich fingen Funken an zu knistern, als sie durch die Strähnen huschten. Auch das Gesicht erhellte sich, als wäre es von einem Sonnenstrahl getroffen worden.
Danach war alles wieder normal.
»Sag mir deinen Namen!«
Der Junge schüttelte den Kopf. Er hob die Schultern, drehte sich um und ging einfach weg.
Kara schüttelte den Kopf. Sie war fassungslos, denn damit hätte sie nicht gerechnet. Mit lockeren Schritten bewegte sich der Besucher auf den Buschgürtel am Rand des Refugiums zu, gefolgt von Kara, die ihm mit langsameren Schritten folgte.
Sie blieb hinter ihm stehen, als er sich gebückt hatte und mit einer Hand einen Strauch umklammerte, als wollte er ihn herausreißen und Kara überreichen.
Mit einer einzigen Bewegung zog er ihn hervor und fuhr so schnell herum, dass Kara unwillkürlich einen Schritt zurückwich. So sehr hatte sie sich erschreckt.
Der Junge stand wieder vor ihr, den Strauch in der Hand, den Arm von sich gestreckt. Er hielt seine Beute in der Hand, mit der er sie auch aus der Erde gerissen hatte.
Für einen Erwachsenen wäre diese Geste mit einer großen Kraftanstrengung verbunden gewesen, aber nicht für ihn. Er hatte es ganz locker getan.
»Was soll das?«, fragte sie.
Der Junge kam auf sie zu, mit dem Strauch, der sich plötzlich veränderte.
Selbst Kara, die vieles gewohnt war, erlebte eine Überraschung, denn der Strauch verdorrte in der Hand des Jungen, verlor seine gesunde, grüne Farbe und nahm die von grauer Asche an. Als er die Finger bewegte und dabei die Hand noch stärker zur Faust schloss, rieselte Staub aus seiner Faust und breitete sich auf dem Boden aus.
Jetzt verstand Kara nichts mehr. Eines allerdings wurde ihr trotzdem klar. Dieser Junge besaß magische Kräfte. Er war plötzlich zu einer Gefahr geworden.
Als die letzte Asche auf dem Grasteppich lag, klopfte er gegen seine Hände, um sie zu säubern. Noch immer blieb sein Gesicht dabei ohne Regung. Die dunklen Augen waren auf Kara gerichtet, als wollten sie in ihrem Gesicht nachforschen, wie sie in den nächsten Sekunden reagieren würde.
Sie blieb zunächst stehen, aber die Gefahr, die der Junge ausströmte, war gleichgeblieben.
Zum ersten Mal lächelte er. Kein Lächeln, das freundlich war und irgendwie auch seinem Alter entsprach, es kam Kara triumphierend und gleichzeitig auch böse vor.
Er hatte gewonnen …
Und er drehte ihr den Rücken zu, ging nach rechts, denn er wollte sein neues Ziel anvisieren.
Darüber brauchte Kara nicht lange zu raten, denn es war ausgerechnet das Zentrum des Areals, die Steine.
Der Junge kümmerte sich nicht um die Frau. Er ging seinen Weg, wobei Kara Schlimmes befürchtete. Sie dachte darüber nach, dass er es geschafft hatte, den Strauch vor ihren Augen zu Asche verbrennen zu lassen, ohne dass ein Feuer dabei entstanden war. Allein diese Tatsache war ungeheuerlich und zeugte von seinen gewaltigen Kräften. Wenn er zwischen die Steine ging – und alles wies darauf hin –, konnte es gut möglich sein, dass er sie manipulierte und im schlimmsten Fall sogar zerstören wollte. Das konnte Kara nicht zulassen.
»Bleib stehen!«
Der Junge hatte sie gehört, doch er rührte sich nicht. Er ging weiter, als wäre nichts geschehen.
Da er sein Tempo beibehielt, fiel es Kara leicht, ihn zu erreichen. Auch nach dem zweiten Angriff stoppte er seine Schritte nicht, so blieb Kara nur die Möglichkeit der Gewalt.
Sie bewegte sich noch schneller, hatte den linken Arm erhoben, weil sie die Hand auf die Schulter des Jungen legen wollte, um ihn herumzureißen, dazu kam es nicht mehr.
Plötzlich umzitterte die Gestalt eine helle, bleiche Aura, die den Körper genau nachzeichnete. Eine instinktive Abwehrbewegung des Jungen überraschte Kara derart, dass sie stoppte und ihre Hand zurückzog.
Da drehte sich der Junge.
Eingehüllt in diese helle Aura stand er vor der dunkelhaarigen Frau und schaute sie aus völlig veränderten Augen an. Die Pupillen wirkten wie die kleinen Zielpunkte von Taschenlampenstrahlen. Seine Lippen waren bleich, lagen fest zusammen, und durch seine dunklen Haare flirrten und zitterten die Funken. Der Ausdruck in dem Gesicht hatte gewechselt.
Böse, verschlagen und hasserfüllt starrte er Kara an, der jetzt bewusst geworden war, dass in Greifweite ein kleiner Junge stand, der gleichzeitig ein kleiner, böser Teufel war.
Diese Gestalt brachte Unruhe in das Refugium. Alles konnten sie gebrauchen, nur das nicht.
Deshalb handelte Kara. Sie hob das Schwert mit der goldenen Klinge an, weil sie mit der Spitze gegen die Brust des Jungen zielen wollte. Diese Warnung hätte eigentlich reichen sollen, nur kehrte sie sich diesmal um.
Kara wurde von heftigen Stößen getroffen, die sich über das Schwert bis zum Arm fortpflanzten.
Was ihr noch nie passiert war, geschah in diesem Augenblick. Sie konnte das Erbstück ihres Vaters nicht mehr festhalten. Zwangsläufig öffnete sie die Faust, und die Waffe fiel zu Boden, wo sie im dunklen Gras liegen blieb.
Wieder lächelte der Junge, nickte dabei und bewegte die rechte Hand vor seinem Gesicht hin und her.
»Es war ein erster Versuch. Ich werde zurückkehren. Ganz bestimmt sogar kehre ich zurück …«
Die konsternierte Kara war nicht in der Lage, eine Antwort zu geben. So schaute sie zu, wie sich der Junge umdrehte und direkt in das Gebiet zwischen die Steine hineinschritt. Er machte sich sogar noch den Spaß, ihr zuzuwinken. Es war ein letzter Gruß. Dann hatte er das Zentrum erreicht, wo die magischen Linien zusammenliefen, blieb für einen Moment stehen – und löste sich auf.
Von einem Atemzug zum anderen war er verschwunden, als hätte es ihn nie zuvor gegeben.