John Sinclair Großband 45 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair Großband 45 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

10 gruselige Folgen der Kultserie zum Sparpreis in einem Band!

Mit über 300 Millionen verkauften Romanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen verkauften Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horror-Serie der Welt.
Begleite John Sinclair auf seinen gruseligen Abenteuern aus den Jahren 1978 - 1989 und ziehe mit ihm in den Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit. Erlebe mit, wie John Sinclair zum Schrecken der Finsternis wurde und die Serie Kultstatus erreichte.

Tausende Fans können nicht irren - über 640 Seiten Horrorspaß garantiert!
Dieser Sammelband enthält die Folgen 441 - 450.Jetzt herunterladen und losgruseln!

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Seitenzahl: 1326

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Jason Dark
John Sinclair Großband 45

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben

Für die Originalausgaben:

Copyright © 2015 by

Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln

Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2024 by

Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln

Covermotiv: © Vicente B. Ballestar

ISBN: 978-3-7517-6518-3

https://www.bastei.de

https://www.sinclair.de

https://www.luebbe.de

https://www.lesejury.de

John Sinclair Großband 45

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

John Sinclair 441

John Sinclair – Die Serie

Die Beerdigung (2.Teil)

John Sinclair 442

John Sinclair – Die Serie

Der Blick ins Jenseits (3.Teil)

John Sinclair 443

John Sinclair – Die Serie

Lady Panthera

John Sinclair 444

John Sinclair – Die Serie

Die Nonne mit der Teufelsklaue

John Sinclair 445

John Sinclair – Die Serie

Horror-Quiz

John Sinclair 446

John Sinclair – Die Serie

Der Fluch aus dem Grab

John Sinclair 447

John Sinclair – Die Serie

Totenschiff der Templer

John Sinclair 448

John Sinclair – Die Serie

Salomos Omen

John Sinclair 449

John Sinclair – Die Serie

Das Schreckgespenst

John Sinclair 450

John Sinclair – Die Serie

Sukos Totenfeier (1. Teil)

Guide

Start Reading

Contents

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Die Beerdigung (2.Teil)

Der Mann mit dem blutverschmierten Gesicht lag auf dem Rücken. Der starre Blick seiner Augen bewies, dass kein Leben mehr in ihm steckte.

Der Mann war tot.

Und er hieß – John Sinclair!

Der oder die Killer hatten dem Geisterjäger keine Chance gelassen. Aus einem fahrenden Auto heraus hatten sie ihn mit ihrer geballten Feuerkraft umgemäht …

Nicht durch die Attacke eines Dämons oder eines anderen Schwarzblütlers war er gestorben, sondern durch diese verdammte MP-Garbe. Auf Gangsterart vernichtet, furchtbar, vielleicht eine Rache der Londoner Unterwelt, die sich auch hin und wieder mit dem Teufel verbündete.

Neben der Leiche kniete ein Mann mit einem maskenhaften Gesicht.

Suko, John Sinclairs Freund!

Er hatte den Mord hautnah miterleben müssen, ebenso wie Jane Collins, die ehemalige Hexe. Sie und Suko hatten Glück gehabt, nicht von einer zweiten Garbe getroffen worden zu sein, aber das wäre dem Chinesen in diesen langen, schrecklichen Augenblicken auch egal gewesen. Er kniete da wie eine Steinfigur, und wehe dem, der es wagte, sich ihm zu nähern. Niemand sollte an den Toten herankommen. Suko wehrte alles ab, was der Leiche hätte schaden können.

Und so hatten die Polizisten einen weiten Ring aus Leibern um den Ort des Geschehens gezogen. Sie warteten darauf, dass jemand vom Yard kam und die Initiative ergriff.

Die Straße war abgesperrt worden. In einem der Polizeiwagen hockte Jane Collins. Ohne es recht zu merken, hatte sie ihre Angaben gemacht und von einem blauen Mercedes gesprochen, aus dem die Schüsse gefallen waren.

Dieser Wagen existierte nicht mehr. Nahe des Hyde Parks war er in die Luft gesprengt worden.

Also gab es keine Spuren mehr …«

Fast 30 Minuten waren seit John Sinclairs Tod vergangen, und Suko hockte noch immer mit starrem Gesicht neben der Leiche, ohne überhaupt an etwas denken zu können. Er wollte nur einfach da sein und seinen toten Freund anschauen.

Er hatte auch keinen Blick für die Umgebung und bekam deshalb nicht mit, dass sich am Ende der Straße die Absperrung für einen Moment öffnete, um eine große dunkle Limousine durchzulassen, hinter deren getönten Scheiben Fahrer und Fahrgast so gut wie nicht zu erkennen waren.

Die Limousine gehörte zum Fuhrpark von Scotland Yard, und in ihr saß kein anderer als Sir James Powell, John Sinclairs ehemaliger Vorgesetzter.

Die Hiobsbotschaft hatte ihn während einer Konferenz erreicht. Sir James hatte sich entschuldigt und war sofort losgefahren.

Sein Chauffeur ließ die Limousine so nahe wie möglich an den Tatort heranrollen. Erst dann stoppte er. Der Mann war es gewohnt, seinem Chef den Wagenschlag zu öffnen, das erledigte Sir James in diesem Fall selbst. Er stieg aus dem Wagen, lief um die Kühlerhaube herum, und seine Schritte wurden plötzlich langsamer, als hätte er Angst davor, sich dem Tatort zu nähern.

Neben Suko blieb er stehen.

Der Chinese schaute nicht einmal auf, als der Schatten des Superintendenten auf ihn fiel.

Und Sir James sah ebenfalls auf den Toten nieder, der einmal sein bester Mann gewesen war. Sehr langsam nahm Sir James die Brille ab. Mit seinem weißen Taschentuch wischte er sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Auch dieser Mann, der jahrelang in den Diensten des Yard gestanden hatte, schämte sich seiner Tränen nicht. Es war etwas Wind aufgekommen, der auch dunklere Wolken herantrieb, die davon zeugten, dass sich allmählich das Ende des frühsommerlichen Wetters anbahnte. Dieses Grau passte zu der Stimmung, in der sich die Menschen befanden, denen John Sinclair etwas bedeutet hatte.

Für alle Zeiten konnte Sir James nicht stehen bleiben. Es kostete ihn Überwindung, sich zu bewegen, die Hand auszustrecken und Sukos Schulter zu berühren.

»Gehen Sie!«, sagte der Inspektor nur.

»Suko, Sie müssen sich von ihm losreißen!«, flüsterte Sir James. »Sie müssen es einfach.«

Erst jetzt zuckte der Chinese zusammen. Er schien aus einem tiefen Traum zu erwachen, hob den Kopf, und so etwas wie Interesse flackerte in seinem Blick.

»Sie, Sir James?«

»Ja.«

Der Inspektor nickte. »Wir werden ihn mitnehmen!«, flüsterte er, »und ich werde Totenwache halten, so wie ich es gelernt habe. Erst wenn John unter der Erde ist, hole ich mir seine Mörder, und ich werde keine Rücksicht kennen.«

»Suko, Sie reden jetzt im Zorn und in der ersten Verbitterung.«

»Nein, Sir!« Plötzlich klang Sukos Stimme laut. »Auf keinen Fall lasse ich das zu. Ich werde neben der Leiche sitzen und Wache halten, Totenwache. John soll so beerdigt werden, wie er auch erschossen wurde. Kommt man meinen Wünschen nicht nach, werde ich den Dienst quittieren und sofort mit meiner Rache beginnen.«

Sir James konnte jetzt keine konkreten Versprechungen geben. Er hoffte auf eine spätere Einsicht des Inspektors, wenn der erste glühende Schmerz vorbei war.

Durch die Gestalt des Chinesen lief ein Ruck. Aber Suko stand nicht auf, sondern schob die Arme unter den Körper seines toten Freundes und hob ihn an.

Bevor er sich jedoch hinstellen konnte, musste er den Leichnam etwas zurechtrücken, und da rutschte aus John Sinclairs Jackettasche etwas hervor und fiel auf die Straße.

Es war ein Messer!

Sofort ließ Suko die Leiche wieder sinken. Er starrte die Waffe an und hörte die fragende Stimme seines Chefs: »Was bedeutet dieses Messer, Inspektor?«

Suko gab keine Antwort. Seine Lippen zuckten, im Hals saß der dicke Kloß, denn er wusste genau Bescheid, als er auf die blutige Klinge schaute.

Das war ein Killermesser!

Also hatte John Sinclair den Jungen doch getötet, und Lilian Whyler hatte mit ihrer Zeugenaussage recht gehabt.

Plötzlich kreiste die Leiche vor Sukos Augen. Er fiel nach vorn und stützte sich ab. »Das … das kann doch nicht wahr sein!«, hauchte er. »Das ist doch unmöglich. Das … das …« Er wusste nicht mehr, wie er reagieren sollte. Suko war völlig fertig.

»Was haben Sie denn?«

Der Inspektor gab keine Antwort. Er sah nicht mehr den Toten, sein Blick war nur auf das Messer mit der blutigen Klinge konzentriert. Ein Mördermesser.

John Sinclair war ein Mörder! Er hatte kurz vor seinem Ableben noch einen halbwüchsigen Jungen getötet. Weshalb? Warum hatte ein Mann wie John Sinclair so etwas getan? Hatte es der Teufel vielleicht geschafft, ihn auf seine Seite zu ziehen?

Das konnte sich Suko auf keinen Fall vorstellen. Nein, das war einfach zu viel für ihn. Nicht nach dem, was er alles zusammen mit John erlebt hatte.

Irgendetwas konnte da nicht stimmen …

»Suko!« Die Stimme des Superintendenten war drängend geworden. »Was hat das Messer zu bedeuten?«

Der Inspektor merkte selbst kaum, dass er sich hochstemmte und leicht schwankend stehen blieb. »Es muss John Sinclair gehört haben, Sir.«

»Wie?«

Suko nickte. »Ja, Sir, es hat ihm wohl gehört. Und wahrscheinlich hat er mit diesem Messer auch einen Mord an einem halbwüchsigen Jungen namens Peter Whyler begangen.«

In diesem Augenblick verlor Sir James die Fassung. Er hämmerte seine Hand auf Sukos Schulter. »Sie lügen!« rief er laut. »Sagen Sie mir, dass Sie lügen!«

»Nein, Sir, ich lüge leider nicht!« erklärte Suko mit allmählich brechender Stimme.

Sir James aber wurde fahl und grau wie eine alte Zimmerdecke …

*

Glenda Perkins saß wie immer an ihrem Schreibtisch. Nur eines war anders als sonst.

Sie weinte.

Sir James hatte ihr die schreckliche Nachricht kurz mitgeteilt, und Glenda hatte einen Schock bekommen.

Zuerst hatte sie sich wie eine Schlafwandlerin gefühlt. Sie war in ihrem Büro auf- und abgegangen, hatte die Tür zu Johns Zimmer geöffnet, hineingeschaut, als hoffte sie darauf, ihn an seinem Schreibtisch sitzen zu sehen, aber er war nicht da.

Tot – endgültig …

Ihr Zusammenbruch stand dicht bevor. Sie hatte sich hinter die Maschine gesetzt und ihren Gefühlen freien Lauf gelassen. Ihr Gesicht war vom Weinen angeschwollen, die Augen gerötet, sie schwammen zudem in Tränen. Glenda nahm nichts von der Umgebung wahr. Man hätte sie auch packen und irgendwo anders hinsetzen können, das wäre ihr egal gewesen.

Erst als die Bürotür aufgestoßen wurde, zuckte sie zusammen. Jane Collins, Sir James Powell und Suko betraten das Office. Die Männer waren totenblass, Jane weinte.

Suko und Sir James gingen sofort durch, Jane blieb stehen, hatte die Finger ineinander verkampft und schaute Glenda an.

»Ist es wahr?«, fragte diese.

»Ja.«

Glenda nickte, ohne es eigentlich zu merken. »Dann … dann ist er also tot.«

Jane erwiderte nichts. Sie presste die Lippen hart aufeinander, sodass diese einen blassen Strich bildeten.

»Wie ist es denn geschehen?«, flüsterte Glenda.

»Durch Kugeln.«

»Erschossen?«

»Ja. Die Garbe aus einer Maschinenpistole. Er hatte keine Chance. Sie mähte ihn buchstäblich nieder. Die Täter fuhren einen blauen Mercedes.«

»Hat man einen Verdacht?«

»Nein, leider nicht.« Jane hob die Schultern. »Wie ich hörte, existiert das Fahrzeug nicht mehr. Es soll per Fernzündung in die Luft gejagt worden sein.«

»Also alles weg?«

»Ja.«

Glenda räusperte sich. »Habt ihr euch schon darüber Gedanken gemacht, wie es weitergehen soll?«

»Natürlich nicht. Alles wird darangesetzt werden müssen, um Johns Mörder zu finden. Wenn sie ihn dann haben …« Jane hob die Schultern. »Ich weiß nicht, ob die andere Seite nicht mit John den Anfang gemacht hat. Andere werden möglicherweise folgen.«

»Da schließt du dich mit ein?«

»Sicher.«

Glenda hob die Schultern. »Es hört sich zwar dumm an und ist vielleicht auch völlig irrig, aber ich muss einfach etwas tun. Ich werde uns einen Kaffee machen.«

»Lass dich nicht aufhalten.«

Jane betrat das Büro, das Suko mit seinem Freund John Sinclair teilte.

Der Inspektor und sein Chef saßen sich gegenüber. Sir James auf Johns Platz kam Jane Collins wie ein Fremdkörper vor. Die beiden schauten nur kurz hin, als die ehemalige Hexe den Raum betrat und sich auf die Kante des Besucherstuhls niedersinken ließ. Da hatte vor Kurzem noch Mrs. Whyler gesessen.

Sir James hatte seine Rede nur kurz unterbrochen. Er nahm jetzt den Faden wieder auf. »Ich kann es mir kaum vorstellen, dass John ein Mörder gewesen sein soll.«

»Die Tatsachen sprechen dagegen, Sir. Er trug das Messer bei sich, mit dem Peter Whyler höchstwahrscheinlich getötet wurde.«

Sir James nickte gedankenverloren. »Welchen Grund sollte er gehabt haben?«

»Für einen Mord?« Suko hob die Schultern. »Ich kann mir keinen vorstellen, wirklich nicht.«

»Er hat doch mit Ihnen alles besprochen.«

»Anscheinend nicht.«

»Wir werden uns auf diese Sache konzentrieren«, sagte Sir James. »Zwischen Johns Tod und dem Mord an Peter Whyler muss es einen Zusammenhang geben.« Sir James hob die Schultern. »Es ist mir auch nach wie vor ein Rätsel, aus welch einem Grund er nicht nach Belgien gefahren ist. Dabei war er von dieser Reise überzeugt. Was hat ihn daran gehindert, überhaupt zu fliegen? Das müssen wir ebenfalls herausbekommen.«

Da stimmte Suko seinem Chef zu. Er schaute auch auf Jane Collins. Sie aber konnte keine Antwort geben. »Ich habe ihn nur auf der Straße gesehen.«

»Wo war das?«

»Schon in der Victoria Street, glaube ich. Auch nur kurz. Ich winkte noch, aber er reagierte nicht.«

Der Superintendent nickte. »Dort kommt er auf dem Weg zum Flughafen nicht vorbei. Frage: Weshalb hat er sich in dieser Gegend überhaupt aufgehalten? Das möchte ich wissen.«

»Vielleicht wollte er etwas besorgen.«

»Schon möglich, Miss Collins, aber was?«

Sir James rückte seine Brille zurecht. »Es hat keinen Sinn, dass wir herumsitzen. Wir müssen etwas tun. Und zwar nehmen wir die Spur bei den Whylers auf.«

»Ich nicht!« erklärte Suko mit tonloser Stimme.

»Weshalb nicht?«

»Ich werde bei John so lange Totenwache halten, bis er unter der Erde ist.«

Sir James legte indirekten Widerspruch ein. »Aber wir wollen seine Leiche obduzieren.«

»Wann?«

»Heute klappt es nicht. Die Ärzte sind überlastet. Morgen, nehme ich an.«

»Dann bleibe ich in der Nacht bei ihm. Wo wird die Leiche aufgebahrt?«

»Bei uns.«

Suko schüttelte den Kopf. »Das will ich nicht. »Er soll für die erste Nacht einen anderen Platz bekommen.«

»Das wird schwer sein.«

»Nein, und ich weiß schon, wohin ich ihn schaffe. An einen würdigen Ort.«

»Dann bitte.«

»Ich werde den Toten in die Templer-Kapelle bringen, wo auch die anderen Ritter liegen. Dort soll er seine erste Nacht als Toter verbringen, und ich bleibe bei ihm.«

Sir James räusperte sich. »Meinen Sie, dass es rechtens ist, was Sie da tun?«

»Davon bin ich überzeugt. John hat schon mehrere Male gelebt, wie wir wissen.«

»Dann kann er ja wiedergeboren werden!«, sagte Jane schnell.

»Das glaube ich auch. Nur stellt sich die Frage, wann das geschehen wird. Wie viele Jahrhunderte können dazwischen liegen? Eins, zwei oder noch mehr?« Suko hob die Schultern. »Da kann man nichts Konkretes zu sagen.«

»Ich bin einverstanden«, erklärte Sir James. »Aber nur in diesem einen besonderen Fall.«

»Danke.«

Sir James hob die Schultern und schüttelte sich dabei, als wollte er etwas abwehren. »Wen müssen wir noch alles von Johns Tod informieren? Wer stand ihm nahe?«

»Seine Eltern«, sagte Jane.

»Stimmt.«

»Wissen die Conollys Bescheid?«

»Ich habe sie noch nicht informiert«, erklärte Sir James. »Sie, Suko?«

»Nein. Auch Shao weiß noch nichts.«

»Sarah Goldwyn auch, Kommissar Mallmann!« Jane zählte die Namen auf. »Das sind seine engsten Freunde.«

»Wer übernimmt das?«, fragte der Superintendent.

Keiner wollte so recht. »Vielleicht sollten Sie das mit den Eltern übernehmen, Sir«, sagte Suko.

»Ja, das ist wohl meine Pflicht. Auch der letzte Dienst an einen Mann, den ich zu schätzen gelernt habe.« Die Stimme des Superintendenten versagte bei den letzten Worten. Er starrte auf seine Knie und schien in die Ferne zu lauschen.

Glenda kam. Sie hatte den Kaffee gekocht. Das Tablett stand auf einem Stuhl, den sie in das Büro schob. Sie und Jane verteilten die Tassen, während Glenda einschenkte. Dass die beiden Frauen Hand in Hand arbeiteten, zeigte, dass sie ihren Streit begraben hatten.

Das Telefonklingeln unterbrach die drückende Stille. Es war Sukos Büro, er hob auch ab und meldete sich mit einem knappen »Ja?«

Sofort danach schaltete er den Lautsprecher ein, sodass alle Anwesenden mithören konnten.

»Na, wie fühlst du dich, Chinese?«

»Wenn ich Ihre Stimme höre, Costello, mehr als schlecht.«

»Kann ich mir denken, jetzt, wo sie allein sind.«

»Was hat das zu bedeuten?«

»Ach, ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich es erfreulich finde, einen Gegner weniger zu haben. Sinclair hat es erwischt. Endlich, muss man sagen.« Er fügte ein kratziges Lachen hinzu, das allen unangenehm in den Ohren hallte.

Sukos Gesicht war zu einer Maske erstarrt. Er hielt so fest, als wollte er den Kunststoff zerbrechen. Seine Halsschlagader, die sich unter der dünnen Haut abzeichnete, zuckte, auf der Stirn erschienen hektische Flecken, und den anderen erging es ähnlich.

»Na, noch da?«

»Ja, Costello.«

»Wann ist die Beerdigung?«, höhnte der Mafioso. »Ich will gern einen Kranz schicken. Schön groß, wissen Sie. Den lasse ich mir auch etwas kosten. Er soll besonders auffällig sein. Ich denke noch über einen Spruch nach, den ich auf die Schleife schreiben lasse. Fällt Ihnen keiner ein, Chinese? Sie waren doch lange genug mit ihm …«

»Halten Sie Ihr Maul, Costello!«

»So nervös?«

»Hören Sie zu! Ich werde Ihnen persönlich etwas auf den Pelz brennen, wenn ich merke, dass Sie mit Johns Tod zu tun haben. Das schwöre ich Ihnen.

Und dann helfen Ihnen Ihre Killer auch nichts. Keine Mauer kann hoch genug sein, als dass ich sie nicht übersteige. Merken Sie sich das, Costello.«

»Halten Sie mich für den Killer?«

»Nicht Sie persönlich, Costello. Sie machen sich die Hände ja nicht schmutzig. Und glauben Sie nicht, dass mit John Sinclairs Tod für Sie alles beendet wäre. Ich werde seine Stelle einnehmen, ich werde Sie jagen …«

Costello hatte aufgelegt, und auch Suko schmetterte den Hörer zurück. Er schaute die anderen an. »Er hat etwas gewusst!«, flüsterte der Inspektor. »Verdammt, er hat etwas gewusst.« Suko ballte die Hände. »Ich bin mir sicher.«

Glenda und Jane nickten, nur Sir James fragte: »Aber haben wir Beweise?«

»Sir, die werde ich besorgen.«

Der Superintendent wiegte den Kopf. »Ich weiß nicht so recht. Verrennen Sie sich nicht.«

»Keine Sorge, Sir.«

»Sie sind voreingenommen, Suko. Gehen Sie bitte mit Bedacht an den Fall heran.«

»Ich werde Helfer haben. Das mache ich nicht allein. Yakup muss kommen. Wir werden hier gemeinsam aufräumen.

Sir James legte Suko die Hand auf den Arm. »Warten Sie erst einmal ab, halten Sie ihre Totenwache bei John. Da haben Sie dann Zeit genug, in Ruhe nachzudenken.«

»Darf ich vielleicht eine Bitte aussprechen?« meldete sich Jane Collins.

»Gern.«

Sie wandte sich direkt an Sir James. Ihre Stimme zitterte, als sie redete. »Ich wäre dafür, dass wir Johns Eltern noch nicht sofort informieren. Lassen Sie uns noch etwas warten.«

Die anderen schauten sie überrascht an. »Weshalb sollen wir das?«

»Wissen Sie, Sir, man handelt oft gefühlsmäßig. Auch John tat es. Ich kann Ihnen den genauen Grund nicht nennen, aber ich bin der Ansicht, dass wir noch einige Tage verstreichen lassen sollen, bevor wir einen Schlussstrich unter das Kapitel John Sinclair ziehen.«

Sir James runzelte die Stirn. »Ihre Bitte überrascht mich, Miss Collins. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Und Sie können den Grund wirklich nicht nennen?«

»Es gibt ihn nicht.«

»Nur das Gefühl?« hakte Suko nach.

»So ist es.«

Der Inspektor schlug sich auf Janes Seite, als er seinen Chef anschaute. »Wenn Miss Collins von dieser Sache so überzeugt ist, sollten wir ihrem Vorschlag nicht ablehnend gegenüberstehen.«

Sir James gab sich geschlagen. »Ich bin zwar gewohnt, auf Fakten zu achten, in diesem Fall allerdings gebe ich Ihnen recht.«

Sie hörten die Schritte aus dem anderen Büro, dann wurde die Tür aufgestoßen. Ein Mann stand auf der Schwelle, keuchend, außer Atem und nass geschwitzt.

Man sah ihm die Angst an, die Hände waren geballt, er schaute in die Gesichter und flüsterte: »Das darf doch nicht wahr sein, verdammt. Sagt, dass es nicht stimmt.«

»Doch, es ist wahr. John Sinclair ist tot, Bill …«

*

Bill Conolly wankte. Er wirkte so, als würde er jeden Augenblick fallen, doch er konnte sich noch an der Türfassung festhalten. Aus seinem Gesicht wich das Blut. Der Reporter und Johns ältester Freund sah aus wie eine Leiche.

»Ich … ich hörte es, als ich unterwegs war. Polizeifunk, wisst ihr? Die Meldungen überschlugen sich ja. Hat man ihn tatsächlich erschossen? Ist er durch eine Kugel …?«

»Es war eine Kugelgarbe«, erklärte Suko. »Sie wurde aus einem fahrenden Wagen abgegeben, der aber auch nicht mehr existiert.«

Bill schüttelte den Kopf, bevor er die Stirn gegen die Holzfüllung presste. »Erschossen. Verdammt noch mal, man hat ihn erschossen. Einfach so. Kein Asmodis, kein Dämon, kein Geist, kein Gespenst«, seine Stimme steigerte sich immer mehr. »Eine verdammte Kugelgarbe hat ihn von den Beinen geholt.« Er drehte sich hastig. »Wer, zum Henker? Wer hat es getan? Wer hat ihn gekillt?«

»Wir wissen es nicht«, sagte Sir James.

»Warum nicht?«, schrie Bill.

»Bitte«, sagte Suko. »Es ist erst vor kurzem passiert. Sei vernünftig, Bill.«

Der Reporter nickte. »Vernünftig«, flüsterte er. O ja, ich bin vernünftig. Wißt ihr eigentlich, wie lange ich mit John zusammen war? Wie lange ich ihn gekannt habe?«

»Das wissen wir, Bill.«

»Dann ist es gut, und deshalb kann ich nicht vernünftig sein. Ich drehe bald durch.«

»Das hilft uns nicht.«

»Was dann?«

»Wir müssen einen klaren Kopf behalten«, sagte Sir James. »Ich weiß, dass ich mich wiederhole, aber ich kann nicht anders. Wir werden alles daransetzen, um den oder die Killer zu finden.«

»Ja, und ich bin dabei.«

Niemand widersprach. Alle verstanden Bills Beweggründe. »Sheila weiß nichts davon«, sagte er mehr zu sich selbst. »Meine Güte, wie soll ich ihr das beibringen? Und auch dem Jungen …«

Niemand konnte dem Reporter einen Rat geben, sie alle hätten selbst einen gebraucht. Das Wissen um Johns Tod und auch das Schweigen waren so schlimm. Sie fühlten sich wie Verdammte, wie Ausgestoßene oder benutzte Menschen, die das schäbige Spiel, das man mit ihnen trieb, lange nicht durchschaut hatten.

Jane Collins machte schließlich den Anfang. »Ich kann nicht mehr«, sagte sie leise. »Ich muss hier aus dem Büro weg. Zu viele Erinnerungen belasten mich gerade jetzt. Ich hoffe, man hat dafür Verständnis.«

»Natürlich«, sagte Sir James. »Das ist uns allen klar.«

»Dass er nicht mehr da sein soll«, murmelte Bill, »ist für mich unfassbar. Ich kann es einfach nicht glauben. Ich habe das Gefühl, als würde er jeden Moment durch das Vorzimmer in dieses Büro hier treten. Obwohl es so voll ist, kommt es mir doch leer vor.«

»Das stimmt!«, hauchte Glenda.

Sir James sah sie an. »Ich bin der Meinung, Glenda, dass Sie nach Hause gehen sollten und erst zurückkommen, wenn Sie sich erholt haben. Es ist etwas Besonderes eingetreten, und diese Dinge erfordern auch besondere Maßnahmen, meine ich.«

»Ich kann Sie jetzt nicht im Stich lassen.«

»So sehe ich das auch nicht, Miss Perkins. Dann machen Sie wenigstens für heute Schluss.«

Glenda sah den auffordernden und bittenden Blick des Superintendenten und nickte.

»Du könntest mit mir gehen, wenn du damit einverstanden bist«, schlug Jane Collins vor.

Glendas Blick zeigte Überraschung. »Ich … ich soll mit dir wohin gehen?« hauchte sie.

»Wir werden etwas trinken und gemeinsam über gewisse Dinge reden. Einverstanden?«

»Ja, ja …«, hauchte Glenda. »Ich werde gehen. Es ist wohl auch besser so.« Sie führte mit der Hand eine kreisförmige Bewegung durch. »In diesen Räumen kann ich nicht mehr bleiben. Es hängen für mich zu viele Erinnerungen daran. Das ist schlimm, nicht?«

»Normal«, erklärte Sir James. Er und die anderen schauten zu, wie Glenda aufstand, noch einmal nickte und vor Jane Collins das Büro verließ. Sie hörten auch die andere Tür ins Schloss fallen und schwiegen. Niemand wusste, was er sagen sollte.

Bill Conolly hatte sich eine Zigarette angezündet und rauchte nervös. »Kann ich Ihn sehen?«, fragte er plötzlich.

»Natürlich.«

»Wo haben Sie ihn aufgebahrt, Sir?«

»Im Leichenkeller.«

Bill zuckte zusammen, als er die Antwort hörte. John als Toter im Leichenkeller. So etwas zu hören, war schon grausam. »Willst du mit?«, fragte er Suko.

»Sicher.«

Schweigend verließen die Männer den Raum. Mit dem Lift fuhren sie in die unter der Erde liegenden Räume. Noch nie zuvor war Bill die Kälte so stark aufgefallen wie in diesen schrecklichen Augenblicken. Er spürte die Gänsehaut auf seinem Rücken, die einfach nicht weichen wollte. Die Schritte der Männer waren zögernd gesetzt. Sie wollten zu dem Toten, aber sie schienen sich nicht so recht zu trauen.

Auch äußerlich war die Umgebung kalt. Die kahlen Wände, die glatten Türen, das bleiche, helle Licht der Leuchstoffröhren, dann die Räume, in denen die Ärzte die Leichen obduzierten.

Moderne Frankenstein-Labors, die in eine nahezu grausame Helligkeit getaucht waren. Tote lagen auf den wannenartigen Seziertischen, die allesamt mit einer Abflussrinne versehen waren. An jedem Kopfende eines Tisches befand sich ein Waschbecken mit verschiedenen Kränen.

Ein Mann im hellgrauen Kittel war ihnen entgegengekommen und begleitete sie zu dem Platz, wo John Sinclair lag.

Auch er hatte seinen Platz auf einem dieser Tische gefunden. Ein Tuch lag über ihm. Man hatte den Geisterjäger noch nicht ausgezogen. So trug er nach wie vor seine Kleidung, in der er auch erschossen worden war.

Weder Suko noch Sir James hatten dem Reporter etwas von dem bei John gefundenen Messer erzählt. Bill sollte nicht noch mehr ins Grübeln geraten.

Das Tuch bedeckte auch Johns Kopf. »Kann ich es wegnehmen?«, fragte der Graukittel.

Sir James nickte.

Für den Mann, den hier unten arbeitete, war dies Routine. Das Gesicht des Geisterjägers war jetzt zu sehen:

Verzerrte Züge, der Mund stand halb offen.

Bill Conolly stand nahe an der Leiche. Auf seinem Gesicht zeichnete sich der Schmerz ab. Wasser trat in seine Augen, sehr bald schon rannen die Tränen an den Wangen herab.

»Ja!«, flüsterte er, »das ist er. Ich konnte es bisher nicht glauben, aber jetzt …«

Er drehte sich um und presste seine Hand vor die obere Gesichtshälfte. Der Reporter war erschüttert.

»Decken Sie den Toten wieder zu«, sagte Sir James. »Und lassen Sie ihn hier liegen, bis wir ihn abholen.«

»Vor der Obduktion noch?«

»So ist es.«

Der Graukittel war überrascht, gab aber keinen weiteren Kommentar ab und hob nur die Schultern.

Suko legte Bill eine Hand auf die Schulter. »Wir werden gemeinsam seine Mörder suchen.«

»Ja, das machen wir«, erwiderte Conolly erstickt und hob in einer hilflos wirkenden Geste die Arme. »Eines sage ich dir, Suko. Es mag kommen, was kommt, nichts wird mehr so sein wie früher. Verstehst du? Nichts wird mehr so sein …«

»Ja, das weiß ich auch.«

Abrupt drehte sich Bill herum. Er sah das Gesicht nicht mehr. Sein Mund öffnete sich. Noch einmal formulierte er den Namen seines Freundes, der wie ein Hauch durch die kalte Halle glitt.

»Good bye, John …«

*

»Fahren kann ich im Augenblick nicht. Lass uns deshalb zu Fuße gehen«, schlug Jane Collins vor.

»Ist mir recht. Wo willst du hin?«

»In ein Lokal.«

»Jetzt?«

»Ja, ich möchte mit dir reden, Glenda. Du kennst dich doch aus. Gibt es hier in der Nähe ein Lokal, in das man sich setzen und ungestört reden kann?«

»Ein Bistro.«

»Lass uns dorthin gehen.«

Die beiden Frauen hatten das Gefühl, inmitten der City allein zu sein. Sie sahen nicht, was um sie vorging. Ihre Blicke waren ins Leere gerichtet.

Das Wetter war umgeschlagen. Kühle Luft fegte vom Atlantik her über London. Um mehr als zehn Grad waren die Temperaturen gesunken. Die Menschen hatten wieder Pullover übergestreift. Auch an dem kleinen Bistro, das durch eine Einfahrt zu erreichen war und in einem Hinterhof lag, hatte man den veränderten Wetterbedingungen Rechnung getragen und Stühle und Tische wieder ins Haus gestellt. Vor dem Eingang war auf eine Tafel das aktuelle Speiseangebot geschrieben worden. Keine der beiden Frauen nahm es zur Kenntnis.

Männer und Frauen waren ungefähr im gleichen Prozentsatz vertreten. Es gab auch noch zwei freie Tische. Sie standen beiden nahe der Toilettentür, wo es ziemlich düster war.

»Genau der richtige Platz für uns«, sagte Jane. »Da kann uns niemand belauschen.«

Sie nahmen auf den braunen Stühlen Platz und saßen kaum, als schon der Kellner vor ihnen stand.

»Sie wünschen?«

»Zwei Cognac und zwei Kaffee«, bestellte Glenda. »Du trinkst doch noch einen Kaffee?«

»Ja.«

Die Getränke kamen sehr schnell. Von den beiden Frauen sprach niemand. Sie wussten, dass zwischen ihnen eine Wand stand. Beide hatten sich um John Sinclair bemüht, und beide hatten auch irgendwie Erfolg gehabt. Jane noch vor Glenda, weil sie den Geisterjäger länger kannte.

Sie hatten sich nie offen befehdet, dafür waren sie einfach zu stolz gewesen, aber die verdeckten Spitzen hatten sie sich schon gegenseitig untergeschoben.

Wie nebensächlich waren diese Dinge jetzt geworden, wo es keinen John Sinclair mehr gab.

Kaffee und Cognac wurden vor ihnen auf den Tisch gestellt. Der Kellner grinste sie noch an und verzog sich.

Jane Collins nahm das scharfe Getränk und goss es in den Kaffee. Sie rührte um und ließ auch ein kleines Stück Würfelzucker in die scharfe braune Brühe fallen.

Glenda nippte am Cognac. Ihr Blick war an Jane Collins vorbeigeglitten, und ihre Augen hatten einen weltfremden Ausdruck angenommen. Manchmal zuckten ihre Lippen, immer dann, wenn sie an John Sinclair dachte, aber sie hielt sich unter Kontrolle und brach nicht in Tränen aus. Schließlich gab sie sich selbst einen Ruck und flüsterte: »Wann wird denn die Beerdigung sein?«

»Ich weiß es noch nicht. Vielleicht in drei Tagen.«

»Davor fürchte ich mich, Jane.«

»Ich ebenfalls.« Die ehemalige Hexe trank einen Schluck von dem veredelten Kaffee.

Glenda hob die Schultern. »Weißt du, Jane, es geht mich ja nichts an, aber ich wollte dich schon immer etwas fragen, und vielleicht ist jetzt ein günstiger Moment.«

»Bitte.«

»Es geht um dich und John. Bist du eigentlich wegen ihm damals aus Frisco zurückgekehrt?«

Jane Collins lächelte knapp. »Glaubst du das denn?«

»Ich rechne damit.«

»Nein, Glenda, das stimmt nicht. Ich bin zurückgekehrt, weil ich es einfach nicht mehr aushielt. Kannst du das begreifen? Ich bekam Heimweh nach London.

Und mit John wäre es nach den Vorfällen nie mehr so geworden wie früher. Denk daran, dass ich es gewesen bin, die nicht gezögert hätte, ihn zu töten. Ich war praktisch eine andere und stand unter dem Einfluss des Bösen. Auch wenn das jetzt nicht mehr so ist, liegt diese Vergangenheit leider wie ein Schatten auf mir. Ich fühle oder fühlte für John viel, aber Liebe ist es nicht mehr.«

Glenda richtete ihren Blick auf Janes Gesicht. »Und das ist nicht gelogen?«

»Nein.«

»Dann kann ich beruhigt sein.«

»Sicher. Nur frage ich dich jetzt: »Hast du dir Hoffnungen auf ihn gemacht?«

Glenda breitete für einen Moment die Arme aus. »Manchmal habe ich daran gedacht, mich aber dann wieder als dumme Kuh ausgeschimpft. Das konnte nicht sein. John ist kein Mann zum Heiraten. Wer einen solchen Beruf ausübt …« Sie schluckte. »Ausgeübt hat.« Sie räusperte sich. »Aber das ist jetzt vorbei. Es liegt zurück, ist Vergangenheit, uns bleibt nur die Erinnerung.«

»Eine gute?«

»Ja, Jane.«

»Bei mir nicht.«

Nach dieser Antwort setzte sich Glenda Perkins steif hin. »Wie kannst du so etwas behaupten? Denkst du nicht an die Zeiten, die ihr miteinander verbracht habt. Wie oft hat John dir das Leben gerettet?« Glenda sprach auch noch weiter, als sie bemerkte, dass Jane ihren Redefluss stoppen wollte. »Hast du das alles vergessen? Auch damals die Herztransplantation. Ich glaube nicht, dass du ohne ihn noch am Leben wärst.«

»Das könnte stimmen.«

»Es könnte nicht nur, es stimmt.«

Jane schüttelte den Kopf. Beide Frauen nahmen von der Umgebung nichts wahr. Sie kamen sich vor wie auf einer Insel. Der Trubel störte sie nicht. Musik, Stimmen und das Zischen der Espresso-Maschine waren weit zurückgedrängt worden. »Dennoch war John anders, als du ihn beschrieben hast, Glenda.«

»Willst du sein Andenken in den Schmutz zerren?«

Jane legte ihre Hand auf Glendas Unterarm. »Beherrsche dich, Glenda. Unterdrücke deine Gefühle. Ich gebe zu, dass ist schwer …«

»Du verlangst viel von mir, nach dem, was du mir alles über John gesagt hast.«

»Ich sage dir sogar noch mehr, und es wird für dich verflixt hart sein, Glenda.«

»Tu dir keinen Zwang an.«

»John mag gewesen sein wie immer. Aber am letzten Tag seines Lebens ist er zu einem Mörder geworden!«

Der Satz stand im Raum. Die Behauptung war von Glenda gehört worden, und plötzlich veränderte sie sich. Ihr Gesicht versteinerte. Die Augen zogen sich zusammen. Sie hob den rechten Arm und machte den Eindruck, als wollte sie Jane Collins die Faust ins Gesicht schlagen. »Was hast du da …?« Sie holte noch einmal Atem, »ungeheuerliches über John Sinclair behauptet? Er soll ein Mörder gewesen sein?«

»Er war ein Mörder!«

»Und wen brachte er um?«

Jane hob die Tasse mit beiden Händen an. Glenda saß ihr gegenüber, als hätte sie Fieber. Die hektischen, roten Flecken tanzten auf ihren Wangen. »Ein Junge namens Peter Whyler starb durch ihn.«

»Nein!«

Jane hob die Schultern und ließ die Tasse wieder sinken. »Doch, er wurde von Mrs. Whyler erkannt. Du hast sie selbst erlebt, als sie zum Yard kam. Sie ist nur deswegen gekommen.«

»Dann hat sie sich eben geirrt!«

»Leider nicht. Es war Suko, der das Mordmesser bei dem toten John Sinclair fand.«

Glenda Perkins schüttelte den Kopf. » Weshalb lügst du? John hätte so etwas nie getan? Was hätte er auch für ein Motiv haben sollen, einen Halbwüchsigen zu töten?«

»Das ist die Frage.«

»Und aus diesem Grunde kann ich dir nicht glauben, Jane. Ich weiß nicht, was dich dazu veranlasst, sein Andenken so in den Schmutz zu ziehen, aber ich kann dir nicht glauben. Da kannst du sagen, was du willst.«

Jane Collins hob die Schultern. »Schade, gerade bei dir hätte ich auf Verständnis gehofft.«

»Nein, nicht bei mir. Das hättest du doch wissen sollen. Auch wenn wir nicht gerade Freundinnen sind, so weit müsstest du mich eigentlich kennen, Jane Collins.«

Die ehemalige Hexe nickte nachdenklich und schaute starr auf ihr Getränk. »Im Prinzip hast du recht. Ich hätte mit dir auch nie darüber gesprochen, wenn es nicht Gründe gäbe.«

»Und welche?«

»Da muss ich etwas weiter ausholen, Glenda.«

»Bitte ich habe Zeit.« Die Antwort der Sekretärin klang ein wenig pikiert oder auch förmlich.

»Möchten Sie noch etwas bestellen?« fragte der Kellner, der lautlos neben ihrem Tisch erschienen war.

»Du, Glenda?«

»Ein Wasser.«

»Bringen Sie bitte zwei«, sagte Jane.

Sie warteten so lange, bis die Getränke vor ihnen standen, dann erst fing Jane Collins an.

»Du kennst mein Leben als Hexe und kannst dir sicherlich vorstellen, dass ich in der Zeit einiges mitbekommen habe. Man gewährte mir tatsächlich einen Einblick in zentrale Dinge der Schwarzen Magie. Ich stand ja voll auf der Seite des Teufels. Asmodis war für mich ein und alles. Ich gehorchte ihm, ich tat alles für ihn, und er stattete mich mit ebenfalls starken Kräften aus.«

»Das weiß ich alles«, unterbrach Glenda ihren Gegenüber. »Was hat es mit John Sinclair zu tun?«

»Ich will nur einen gewissen Hintergrund aufarbeiten«, erklärte Jane Collins.

»Beeil dich.«

Jane blieb gelassen. Glendas Unmut war verständlich. Sie hätte bestimmt nicht anders gehandelt. »Es kam die Zeit, da holte man mich wieder in das normale Leben zurück. Die Herzverpflanzung wurde durchgeführt, der Geist des Rippers ausgetrieben, ich gehörte wieder zu euch. Nicht so wie früher, aber immerhin. Dann erschien, als ich mich entschlossen hatte, nach London zurückzukehren, Magico. Er war mächtig, er zerstörte die flaming stones, Shao und ich gerieten in seine Gewalt, wir kamen frei, und noch etwas war wichtig, was ich auch feststellen konnte, als sich später das Hexentor öffnete und Menschen in eine andere Zeit zog. Ich bin zwar keine Hexe mehr, aber tief in mir schlummern latent gewisse Kräfte, die ich mal als schwarzmagisch bezeichnen will.«

Glendas Augen waren schmal geworden. »Das alles hat doch mit John nichts zu tun.«

»Aber ja.«

Glenda trank einen Schluck. »Bitte, komm endlich zur Sache! Nicht du stehst im Mittelpunkt.«

Jane lächelte verständnisvoll. »Diese Kräfte in meinem Innern sind gar nicht mal so unübel. Ich habe die Absicht, sie zu nützen. Darüber sprach ich auch schon mit John, der sich auf meine Seite stellte. Er war dafür. Kurz vor seinem Tod war ich ja mit ihm zusammen, und da ist mir etwas aufgefallen.«

»Wirklich?«

Jane schüttelte den Kopf. »Lass den Spott beiseite, Glenda. Was ich jetzt sage, erzähle ich nur dir , und ich möchte, dass du es auch für dich behältst. Versprichst du mir das?«

Glenda Perkins spürte, wie ernst es Jane war. Auch sie drückte ihren Spott zurück und dachte auch nicht mehr daran, dass Jane den Geisterjäger als Mörder bezeichnet hatte. »Ja, das verspreche ich dir, wenn es so wichtig ist.«

»Enorm wichtig, das kann sich alles schlagartig ändern, falls ich recht haben werde.«

»Sag es endlich.«

»Wie schon erwähnt, ich hielt mich kurz vor Johns Tod in seiner Nähe auf. Und ich spürte gewisse Strömungen, die von ihm ausgingen. Jeder Mensch besitzt ein Od, eine Strömung. Die meisten davon geben eine positive ab, so auch John, aber vor seinem Tod war es anders. Er benahm sich nicht nur außergewöhnlich aggressiv, mir gefiel auch die Strömung nicht, die er abstrahlte. Sie passte einfach nicht zu ihm, weil sie negativ war, als würde er auf einer anderen Seite stehen.«

»Daran glaube ich einfach nicht«, sagte Glenda laut.

»Ich auch nicht. Ich konnte und wollte es nicht glauben, aber ich durfte darüber auch nicht hinwegsehen und machte mir meine entsprechenden Gedanken.«

»Wie waren die denn?«

»Ungewöhnlich.« Jane lächelte. »Ich beobachtete John, sein Verhalten blieb, es war also kein Ausrutscher. Das gab mir noch mehr zu denken, sodass ich anfing, die Tatsachen zu addieren. Ich zählte also alles zusammen und kam zu folgendem Entschluss.« Jane beugte sich vor und senkte ihre Stimme. Dabei sprach sie noch so laut, dass Glenda sie deutlich verstehen konnte. »Für mich ist der Mann, der starb, nicht der echte John Sinclair!«

*

Es klingelte!

Das war keine Schelle, sondern die Eiswürfel im Glas der Glenda Perkins, das sie in der linken Hand hielt. Sie zitterte dabei, sodass die Eiswürfel gegeneinander stießen. Sprechen konnte sie nicht. Die Behauptung hatte sie getroffen wie eine Betäubung.

»Nun?«, fragte Jane.

»Du … du willst mich doch reinlegen – oder?«

»Nein, ich habe es ernst gemeint. Deshalb setzte ich mich mit dir zusammen. Du bist die einzige Person, der ich von meinem Verdacht berichtet habe.«

Glenda hob die Schultern. Auf ihrem Gesicht lag eine Gänsehaut. Einige Male schluckte sie, trank hastig und wusste noch immer nicht, was sie antworten sollte.

»Du bist überrascht, nicht?«

»Und wie.«

»Das kann ich mir vorstellen, aber denke über meine Worte nach und gib erst dann deinen Kommentar ab. Und denke vor allen Dingen daran, dass John kurz vor seinem Tod noch zum Mörder geworden ist. Das passt einfach nicht zu ihm.«

Glenda nickte. »Da hast du recht.« Sie lachte völlig unmotiviert. »Aber was geschieht nun mit der Leiche?«

»Suko hält die Totenwache.«

»Wo?«

»Er will den Toten, das hörte ich, in eine alte Templer-Kirche bringen, die es hier in Soho gibt. Für mich ist es ein zwiespältiger Ort. Man hat mich mal aus diesem Bau entführt, und meine Erinnerung daran ist nicht die Beste.«

»Weshalb tut Suko so etwas?«

Jane hob die Schultern. »Ich kann es mir nur so erklären, dass er an Johns vorheriges Leben denkt. Dort hat er ja unmittelbar mit den Templern zu tun gehabt. Möglicherweise will Suko den Kreis wieder schließen oder auch eine Wiedergeburt forcieren.«

»Kann man das denn?«

»Ich weiß es nicht, Glenda.«

»Und was haben wir damit zu tun?« fragte die Sekretärin nach einer Weile des Nachdenkens.

»Ich möchte in der folgenden Nacht dabei sein, wenn Suko die Totenwache hält.«

Glenda erschrak. »In der Kirche?«

»Ja.«

»Und dann?«

»Werden wir Suko einweihen und den Toten genau untersuchen, damit wir einen endgültigen Beweis bekommen. Das ist mein Vorschlag, Glenda. Du kannst natürlich ablehnen, aber ich glaube nicht, dass du so reagieren wirst – oder?«

Glenda überlegte. Sie entschuldigte sich quasi, dass sie noch nicht sofort eine Antwort gab. »Weißt du, das hat mich alles ein wenig überrascht. Ich bin da hineingerutscht und muss zunächst einmal nachdenken, wie ich da wieder rauskomme.«

»Zusammen mit mir.«

»Ja, ja, schon richtig.« Glenda runzelte die Stirn und dachte nach. »Haben wir denn eine Chance?«

»Ich verlasse mich da voll und ganz auf meine alten Kräfte, die zum Glück noch nicht verschwunden sind.«

»Jedenfalls hast du es geschafft, mich unsicher zu machen«, gab Glenda zu. »Wenn du es dabei noch ehrlich meinst …«

»Traust du mir nicht?«

Glenda hob die Schultern. »So kann man es nicht sagen. Es ist einfach anders als früher. Da waren wir Konkurrentinnen, und ich muss mich zunächst an die neue Situation gewöhnen.«

»Das wirst du schon.«

Glenda nahm noch einen Schluck. Sie trank so lange, bis das Glas leer war. »Eines interessiert mich dennoch«, sagte sie leise. »Wenn du tatsächlich recht haben solltest, Jane, dann frage ich mich natürlich, wer zeigt sich für die neuen Vorgänge verantwortlich? Wer steckt dahinter? Wer hat dafür gesorgt, dass so etwas geschehen konnte? Und wem war es möglich, einen perfekten Doppelgänger von John Sinclair zu schaffen? Das sollten wir uns fragen.«

»Richtig, Glenda, und ich habe mir auch schon eine Antwort zurechtgelegt.«

»Da bin ich gespannt.«

»Du warst nicht im Büro, der Anruf kam direkt durch, als Suko, Sir James und ich zusammen waren. Jemand, der sich über John Sinclairs Tod diebisch freute, musste diese Freude einfach los werden. Es war Logan Costello, der anrief.«

Glenda verlor die gesunde Hautfarbe. »Er also«, flüsterte sie. »Das musste ja mal so kommen. Lange haben wir nichts mehr von ihm gehört. Aber wie ist es diesem Menschen möglich, von John Sinclair einen Doppelgänger zu schaffen?«

»Das frage ich mich auch«, sagte Jane. »Aber gab es nicht schon einmal einen Doppelgänger? Hat John nicht davon seine Narbe auf der rechten Wange bekommen, weil man ihm dort ein Stück Haut abschälte, um daraus einen zweiten Geisterjäger herzustellen?«

»Das stimmt.«

»Könnte sich das wiederholt haben?«

Glenda schüttelte den Kopf. »Das war damals Dr. Tod, und der ist längst vernichtet.«

»Sein endgültiges Verschwinden hat aber nichts mit der Tat zu tun, die bestimmt wiederholbar ist.«

»Durch Costello?«

Jane winkte ab. »Er ist in gewisser Hinsicht nur Staffage. Ein anderer wird den Plan eingefädelt haben. Und zwar der Teufel. Asmodis ist die Person im Hintergrund.«

»Weshalb hat er das getan?«, fragte Glenda.

Danach darfst du nicht fragen. Asmodis wird dich nie in seine Pläne einweihen, wenn du nicht auf seiner Seite stehst. Aber raffiniert ist es schon. Er schafft möglicherweise einen Doppelgänger, lässt ihn vor unseren Augen erschießen, sodass jeder denkt, dass es keinen Geisterjäger John Sinclair mehr gibt. Also hat Costello zusammen mit dem Teufel freie Bahn. Wir sind zersplittert, besitzen nicht mehr die Nerven, uns um ihn zu kümmern, und er kann jetzt seinen eigentlichen Plänen nachkommen, weil es ja keinen John Sinclair mehr gibt.«

»Offiziell«, sagte Glenda. »Deine Vermutungen in allen Ehren, Jane. Wenn es tatsächlich ein Doppelgänger gewesen ist, der umgebracht wurde, dann frage ich mich, wo sich dann der echte John Sinclair befindet.«

Auch Jane Collins trank den Rest des Wassers aus ihrem Glas. »Genau das, meine liebe Glenda, ist die große Frage. Wo steckt der echte John Sinclair?«

*

Es kam selten vor, dass Costello, das Granitgesicht, einmal lächelte. An diesem Tag jedoch schien die Sonne auf seinem Gesicht aufgegangen zu sein und hatte selbst die graue Hautfarbe vertrieben. In seinen Augen stand ein kaltes Leuchten, das den Triumph ausdrückte, den er empfand. Und er musste zugeben, dass der Plan des Satans einmalig gewesen war. So etwas hatte sich nur der Teufel ausdenken können. Mit einer Raffinesse versehen, die das menschliche Gehirn nicht produzieren konnte.

John Sinclair war tot!

Costello hätte sich totlachen können. Und wie seine Freunde darauf reingefallen waren, so etwas hätte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht vorgestellt. Sie waren viel zu beschäftigt, um nach dem echten zu suchen, der ebenfalls nicht mehr lange leben würde.

Costello wusste Bescheid. Er hatte mitgeholfen, die Spur nach Belgien zu legen, natürlich auch auf Anweisung des Teufels. Alles war so sorgfältig einstudiert worden, wie es ein Regisseur nicht hätte besser machen können.

Ob der rechte Sinclair noch lebte oder nicht, interessierte ihn im Augenblick nicht. Er musste jetzt den zweiten Teil des Plans in Angriff nehmen, denn mit der Ermordung des Doppelgängers war es nicht getan. Das Team um Sinclair musste in Atem gehalten werden, damit es keinen von ihnen einfiel, nach Belgien zu reisen und die alte Komturei zu besuchen.

Er hatte auch anrufen und seinen Triumph hinausposaunen müssen. Das war er sich einfach schuldig gewesen, und der Teufel hatte auch nichts dagegen gehabt.

Klar, dass der Chinese sauer gewesen war. Ihn durfte Costello keinesfalls unterschätzen. Wenn der einmal die Beherrschung verlor, reagierte er noch wie ein zweiter Rambo, und in dessen Mühle wollte der Mafioso keinesfalls geraten.

Er hatte sich in eines seiner alten Häuser zurückgezogen. Der Raum war mit Möbeln aus seiner sizilianischen Heimat überladen. Hier fühlte er sich am wohlsten, hier konnte er nachdenken und sich auf bestimmte Dinge konzentrieren.

Und hier bekam er auch hin und wieder Besuch von seinem großen Mentor, dem Teufel.

Wie jetzt.

Costello sah ihn nicht, er spürte ihn nur. Durch die halbdunkle Atmosphäre des Zimmers glitt ein kalter Hauch. Er streifte nicht nur an den Möbelstücken vorbei, auch strich er über sein Gesicht und hinterließ die entsprechenden Schauder.

Langsam drehte sich Costello um.

Die Gestalt stand an der Tür, obwohl sie durch sie nicht erschienen war, denn sie war nach wie vor geschlossen.

Asmodis war als Mensch erschienen. Als Jüngling, schön und charmant, aber das böse Lächeln passte nicht dazu. Beim Gehen zog er das linke Bein nach.

»Nun?«

Costello griff zum Weinglas. Der Rote darin stammte ebenfalls aus Italien. Es war ein kostbarer Wein, trocken und gehaltvoll. »Es hat alles geklappt.«

»Ich weiß.«

Costello schüttelte den Kopf. »Mir ist noch immer unbegreiflich, wie die anderen darauf reinfallen konnten. Ich wäre nicht so dumm gewesen, das kannst du mir glauben.«

»Vielleicht war es der Schock.«

»Ja, so muss man es wohl sehen.«

»Aber der wird vorbeigehen«, erklärte der Teufel mit einer seidenweichen Stimme. »Dann fangen sie an, nachzudenken. Noch sind sie gelähmt, das müssen wir ausnutzen.«

Costello nickte. »Ich habe bereits meine Entscheidungen getroffen. Die Leute sind ausgesucht worden.«

»Kann man ihnen vertrauen?«

»Natürlich.«

»Das hoffe ich. Sie werden sich wundern, wenn die Leiche plötzlich verschwunden ist. Wir werden den Toten verscharren und …«

»Was ist mit dem echten Sinclair?«

Asmodis winkte ab. »Er hat nicht nur Belgien erreicht, auch die alte Komturei, die sein Grab werden wird. Ich überwache seine Vernichtung nur hin und wieder, ansonsten lasse ich Baphometh schalten und walten. Er hat es verdient. Die Vergangenheit, die Sinclair in seinem Leben gespeichert hat, wird ihm nun zum Fluch werden.«

»Und du greifst nicht mehr selbst ein?«

»Nur mehr im Notfall.«

»Das kann ich mir vorstellen.« Costello lachte und schaute auf seine Uhr. »Es wird Zeit, ich muss meine Männer informieren.«

»Tu das!«, flüsterte der Teufel. »Ich warte auf die nächste Erfolgsnachricht.«

»Die kommt, darauf kannst du dich verlassen …«

*

Als die beiden Männer den Sarg in den kalten Obduktionsraum trugen, spürte Suko einen Stich in seiner Brust. Er schaute in die glatten Gesichter der Träger, für die dieser Job Routine war. Bei ihnen spielte es keine Rolle, ob sie einen Bettler abholten oder eine Millionär. Im Tod waren alle gleich.

Der eine von ihnen hielt noch den Zipfel des Tuchs in der Hand und schüttelte den Kopf. »Sollen wir die überhaupt mitnehmen?«, fragte er mit whiskyrauer Stimme.

»So war es angeordnet!« erklärte Suko.

»Aber angezogen …?«

Suko schob den Mann zur Seite. Zwei Ärzte standen im Hintergrund und beobachteten den Inspektor, der es nicht wollte, dass andere seinen Freund anfassten.

»Öffnen Sie den Sarg, ich werde den Toten selbst hineinlegen!« herrschte er die Träger an.

Die beiden kamen der Aufforderung achselzuckend nach. Ihnen war es egal. Als der Deckel hochkant stand, fasste Suko die Leiche seines Freundes unter. Er wandte den Blick ab, um nicht in das verzerrte Gesicht schauen zu müssen.

Sehr behutsam, als würde John noch leben, legte Suko ihn in den ausgepolsterten Sarg. Eine schmale Matte lag auf dem Boden, ein Kissen war nicht vorhanden.

»Können wir den Deckel schließen?«

Suko trat zurück und nickte. Dann drehte er sich um, weil er Schritte gehört hatte.

Sir James kam. Sein Gesicht zeigte. einen verkrampften Ausdruck, und es zuckte, als er noch einen Blick auf den Toten erhaschte, bevor sich der Deckel schloss.

»Sie wollen also die Totenwache halten?«, fragte er.

»Ja, Sir.«

Der Superintendent nickte. »Gut, ich habe meine Zustimmung gegeben und werde sie auch nicht zurückziehen. Fahren Sie selbst den Leichenwagen?«

»Auch das.«

»Noch eines. Was ist mit Johns Waffen?«

»Ich werde sie in der Nacht an mich nehmen. John hat zwar kein Testament hinterlassen, aber ich bin mir sicher, dass er mir seine Waffe vererbt hätte.«

»Ja, davon können wir ausgehen.«

»Wir sind fertig, Sir!« meldeten die Träger.

»Ich gehe auch mit!« entschied Sir James.«

Suko nickte nur. »Haben Sie den anderen Bescheid gegeben, Sir? Shao weiß es inzwischen, sie brach fast zusammen, aber was ist mit Myxin und Kara?«

»Die haben keine Ahnung.«

»Wir werden uns, da John nicht mehr da ist, auf sie verlassen müssen. Ich hoffe, dass sie uns nicht im Stich lassen, obwohl sie ihre eigenen Probleme haben.«

»Ja«, sagte Sir James stöhnend. »Vieles wird sich ändern.« Er presste die Hand gegen seine Stirn. »Auch ich bin in den letzten Stunden ein anderer geworden. Ich habe das Gefühl, als würde ein Schleier über meinem Gehirn liegen. Ich bin kaum in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Wenn ich laufe, kommt es mir vor, in einen luftleeren Raum zu treten. Das ist einfach schlimm.«

»Mir ergeht es ebenso.«

»Vielleicht können wir erst nach der Beerdigung einen klaren Gedanken fassen.« Die Worte sagte Sir James, als sie vor einem der großen Aufzüge stehen geblieben waren. In die Kabine passten auch Gegenstände, wie zum Beispiel dieser Sarg.

Sie schwiegen auf der Fahrt nach oben. Im Hof wartete der Leichenwagen.

Der Himmel hatte sich bedeckt. Es war Abend geworden. Der kühle Wind strich durch die Straßen und brachte den Geruch der Autoabgase mit. Das alles war dem Inspektor egal. Es gab keinen John Sinclair mehr, das zählte, und natürlich auch der letzte Dienst, dem er dem Toten erweisen wollte.

Die hintere Ladeklappe des Leichenwagens stand offen. Den Sarg konnte man auf Schienen festklemmen. Es rumpelte, als die beiden Träger ihn hineinschoben, sich die Hände an den Kitteln abwischten und einer von ihnen Suko den Autoschlüssel übergab.

»Gute Fahrt, Sir.«

»Danke.«

Auch Sir James reichte Suko die Hand. »Alles Gute für Sie«, sagte er. »Ich möchte in Ihrer Haut nicht stecken. Es wird schlimm sein, in der Kapelle die Totenwache zu halten.«

»Ich muss es tun.«

»Ich weiß.« Sir James drehte sich um. Die Klappe war wieder verschlossen worden. Einen letzten, Abschied nehmenden Blick warf der Superintendent noch auf den Wagen, dann verschwand er im Innern des Hauses.

Suko aber stieg ein. Er startete noch nicht, denn er musste sich erst mit der Tatsache vertraut machen, dass er eine bestimmte Fracht fuhr. Einen toten Freund, seinen besten Freund.

Es war nicht weit von der Victoria Street nach Soho. Auch bei dichtem Verkehr konnte er es in einer guten Zeit schaffen. Der Stadtteil lebte, er pulsierte. Obwohl das Wetter sich nicht von der allerbesten Seite zeigte, waren zahlreiche Menschen unterwegs, die am Abend und in der Nacht ihr Vergnügen suchten.

Wenn Suko mit seinem Leichenwagen an einer der zahlreichen Ampeln halten musste, wurden dem Fahrzeug scheue Blicke zugeworfen. Ein Leichenwagen bedeutete nichts Gutes. Der hatte mit Tod und Vergänglichkeit zu tun, er wirkte so endgültig.

In Sukos Gesicht zuckte nicht ein Muskel. Er konzentrierte sich auf die Fahrerei, nur nicht an denjenigen denken, den er auf der Ladefläche transportierte.

Die Straßen verengten sich. Aus ihnen wurden schmale Gassen, eingeklemmt zwischen Häuserfronten, auf denen die Leuchtreklame der zahlreichen Lokale und Bars ihre tanzenden Muster hinterließ oder die bunten Schatten auf die Fahrbahn warf.

Ein Betrunkener klopfte mit der Faust gegen den Aufbau, schrie etwas, das Suko nicht verstand. Es interessierte ihn auch nicht. Seine Gedanken drehten sich um den Freund.

John war tot …

Der Inspektor hob die Schultern, als könnte er es noch nicht begreifen. Längst hatte er die Scheinwerfer eingeschaltet, und die schmalen Lichtbahnen huschten geisterhaft über den Asphalt. Sie tauchten ein in den Widerschein der Reklameleuchten, der ebenfalls über das Pflaster huschte. Bis zu seinem Ziel würde ihn das heiße Leben des Stadtteils nicht begleiten. Es gab auch andere Flecken in Soho. Ruhige, regelrechte Inseln inmitten der Hektik.

Und auf einer dieser Inseln lag die alte Kirche der Templer, wo Suko die nächtliche Totenwache halten wollte. Er musste dort einfach hin. Irgendwie hatte er das Gefühl, es seinem Freund schuldig sein zu müssen. John hatte schon zweimal gelebt, und jedes Mal hatten die Templer dabei eine große Rolle gespielt.

Als Hector de Valois und als Richard Löwenherz, dessen Templer-Siegel von John gefunden worden war und jetzt bei Hectors silbernem Skelett im Süden Frankreichs lag, wo die Templer-Magie sehr stark gewesen war.

Suko traute sich auch zu, den Sarg allein zu tragen. Er war nicht sehr schwer, ein aus Tannenholz bestehendes Provisorium.

Die Nacht würde lang werden, verdammt lang sogar, und bestimmt auch schrecklich.

Doch für Suko gab es kein Zurück. Er musste eine Pflicht erfüllen und würde dies auch tun. Dann erst konnte er sich um die Mörder des Geisterjägers kümmern …

*

Die beiden Frauen waren nicht mehr im Lokal geblieben. Glenda zeigte sich über Janes Vermutung erschüttert. Sie wusste überhaupt nicht, welch einen Kommentar sie noch geben sollte. Vielleicht war alles falsch, was sie dachte und hoffte. Jedenfalls kreiste es in ihrem Kopf wie in einem Bienenhaus.

Jane Collins sah die Sache realistischer. Sie gab jedoch keinen Kommentar mehr ab und überließ Glenda ihren Gedanken. Die Sekretärin kam wieder richtig zu sich, als sie sich an einem Ort befand, den sie sehr gut kannte. Es war der Eingang des Yard Building.

Sie erwachte wie aus einem Traum, wischte über ihr Gesicht und blickte Jane an. »Was sollen wir hier?«

»Kannst du dir das nicht denken?«

»Nein …«

»Ich möchte wissen, was mit John ist. Das Gefühl habe ich, aber der Beweis fehlt mir.«

»Du willst ihn dir ansehen?«

»So ist es.«

»Aber du hast ihn doch gesehen.« Glenda wirkte nervös. Sie knetete ihre Finger.

Die ehemalige Hexe nickte. »Sicher, ich habe ihn gesehen, aber nicht untersuchen können. Ich weiß nicht, ob man einen Menschen so perfekt nachmachen kann, dass er dem Original tatsächlich bis aufs Haar gleicht. Das ist die große Frage.«

»Und wenn sich dein Verdacht bestätigt?« , fragte Glenda nach einer Weile des Nachdenkens.

»Werden wir Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um den echten John Sinclair zu finden.«

Glendas Augen wurden groß. »Als Leiche oder …?«

Jane nickte. »Ich hoffe nur, dass er noch lebt. Sollten wir tatsächlich zwei Leichen finden, ist eine sicherlich die echte. Und das wäre einfach grauenhaft.«

»Sir James wird sicherlich noch da sein und uns auch erlauben, einen Blick auf John zu werfen.« Glenda nickte. »Ich übernehme das.«

Die beiden Frauen betraten die Halle. Man kannte sie. Johns Tod hatte sich natürlich in Windeseile herumgesprochen. Keiner der Anwesenden verlor jedoch ein Wort darüber. Ihre Blicke allerdings sagten genug.

»Ist Sir James noch im Haus?«, fragte Glenda den Kollegen am Empfang, der sich erst räusperte, bevor er eine Antwort gab.

»Ja, soviel ich weiß.«

»Darf ich mal telefonieren?«

»Bitte.«

Glenda bekam den Hörer gereicht. Die Nummer war schon gewählt worden, und Sir James hob auch sehr schnell ab. Er zeigte sich erstaunt, Glendas Stimme zu hören. »Sie sind noch hier?«

»Ja, zusammen mit Jane Collins.«

»Haben Sie einen besonderen Grund?«

»Eine Bitte«, erwiderte Glenda rau. Sie hatte Mühe, die nächsten Worte zu formulieren. »Jane und ich wollen Abschied von John nehmen. Können wir ihn noch einmal sehen?«

Sir James räusperte sich. »Das …das wird wohl schlecht möglich sein, Miss Perkins. Er ist nicht mehr bei uns.«

»Wo denn?«, fragte sie schnell.

»Suko hat John mitgenommen.« Da Glenda schwieg sagte Sir James: »Kommen Sie doch bitte zu mir, dann erkläre ich es Ihnen.«

»Natürlich, Sir.« Sie legte auf, drehte sich um und gab Jane Collins ein Zeichen.

»Was ist?«

»John ist nicht mehr da!« erklärte sie. »Wir müssen hoch in Sir James Powells Büro.«

Auch Jane zeigte sich irritiert. »Wo befindet er sich denn?«

»Suko hat eine Leiche mitgenommen.«

»Weshalb?«

»Wahrscheinlich will er Totenwache halten. Ich glaube jedenfalls, so etwas von ihm gehört zu haben.«

»Totenwache?«, hauchte die ehemalige Hexe. »Hat er vielleicht den gleichen Verdacht wie ich.«

»Das wäre ein Hoffnungsschimmer. Willst du Sir James denn etwas davon sagen?«

»Auf keinen Fall. Ich will hier nicht die Pferde scheu machen. Du bist die einzige, die ich ins Vertrauen gezogen habe. Tu mir auch den Gefallen und erwähne nichts von unserem Verdacht. Wenn wir herausbekommen haben, wo Suko die Leiche hingeschafft hat, sehen wir uns die beiden an. Dann ist es früh genug, Suko ins Vertrauen zu ziehen.«

»Auch Bill?«

»Erst später.«

»Ich vertraue dir«, erklärte Glenda, »und ich freue mich auch, dass du es mir gesagt hast.«

»Ich musste einfach mit jemandem darüber reden.«

»Das kann ich verstehen.«

Die beiden Frauen hatten Sir James’ Büro erreicht und klopften. Nach dem »Come in« fanden sie den Superintendenten hinter seinem Schreibtisch sitzen. Vor ihm stand ein Glas mit kohlensäurefreiem Wasser. Sir James hatte sein Kinn auf beide Hände gestützt, er schaute ins Leere, seine Lippen zuckten.

»Kommen Sie«, sagte er mit einer schwach klingenden Stimme. »Ich denke nach, und diese Gedanken sind sehr trübe. Vielleicht lasse ich mich pensionieren. Jetzt, wo John nicht mehr da ist, sehe ich keinen Sinn mehr in meiner Arbeit. Das hört sich zwar schlimm an, aber es ist nun mal so. Tut mir schrecklich leid.«

»Sie werden gebraucht, Sir.«

»Das sagt sich so leicht, Glenda. Jeder ist zu ersetzen. Ich bin es erst recht.« Er atmete tief ein. »Aber hier geht es nicht um mich, sondern um John Sinclair. Deswegen sind Sie gekommen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass er nicht hier ist.«

»Suko nahm seine Leiche mit, nicht?«

»Ja, Miss Perkins.«

»Und wohin?«

Sir James schaute auf. Mit zwei Fingern strich er über seine Stirn. »Totenwache wollte Suko halten. Ich weiß, dass es gegen die Verordnungen ist, aber ich habe zugestimmt. Er nahm die Leiche mit, nachdem sie eingesargt worden war.«

Glenda stellte die entscheidende Frage. »Wohin, Sir?«

Der Superintendent war misstrauisch geworden. »Weshalb wollen Sie das so genau wissen?«

»Ich möchte ihn noch einmal sehen!« platzte es aus ihr hervor. »Sie wissen selbst, dass mir John Sinclair einiges bedeutet hat. Ich kann nicht einfach so von ihm Abschied nehmen, verstehen Sie das? Ich muss ihn sehen, es … es gehört dazu.«

»Ja, das begreife ich.« Sir James schaute Jane Collins an. »Geht es Ihnen auch so?«

»Selbstverständlich, Sir.«

»Aber Suko will doch allein bleiben.«

»Wir stören ihn nicht lange.«

Sir James lehnte sich zurück. Er focht einen innerlichen Kampf aus. »Telefonisch kann ich ihn leider nicht erreichen, dann hätten wir anfragen können. Sie machen es mir schwer. Zudem ist es kein Ort, zu dem man wohl freiwillig hingeht.«

»Sagen Sie es uns!« drängte Glenda.

Sir James beugte sich vor und legte die Hände übereinander. »Steckt nicht mehr dahinter als das Motiv, das Sie uns angegeben haben?«

»Nein.«

Glenda war keine Frau, die lügen konnte. In diesem Fall sprang sie über ihren eigenen Schatten.

Sir James nickte. Da wussten beide Frauen, dass sie schon gewonnen hatten. »All right«, sagte er mit leiser Stimme. »Was nutzt es, wenn ich es Ihnen verschweige. Wir machen den Geisterjäger nicht mehr lebendig, das können wir drehen und wenden. Suko hat die Leiche in eine alte Kirche in Soho gebracht.«

»Was will er denn dort?«, fragte Glenda überrascht und spontan.

Sir James hob die Schultern. »Totenwache halten, das wissen Sie doch. Aber es ist eine besondere Kirche.«

»Ist es die alte Templer-Kirche?«

»Ja.«

»Dort bin ich einmal entführt worden. Meine Güte.« Sie presste ihre Hand vor den Mund. »Weshalb gerade dort? Welchen Grund sollte es für Suko geben, John gerade an diesen Ort zu bringen und dort die Totenwache zu halten? Das begreife ich nicht.«

»Hat John nicht schon mehrere Male gelebt, und war der Schicksalsfaden nicht sehr eng mit denen der Templer verbunden?«

»Das stimmt.«

»Dann hatte er also einen Grund. Vielleicht gibt er sich der Illusion hin, in dieser alten Kirche mit John Kontakt aufnehmen zu können. Über das Reich der Toten. Sie wissen genau, welch eine Magie sich dort ausgebreitet hat. Oder zumindest weiß es Jane Collins.«

»Ja, das war zum Teil ein verfluchter Ort, den Baphometh in seinen Besitz bringen wollte.«

»Da haben wir es.« Sir James lächelte knapp. »Wollen Sie noch immer hinfahren?«

Glenda nickte. »Ich finde, dass wir jetzt erst recht fahren sollten, Sir.«

»Wieso?«

»Für mich scheint da etwas zu laufen.« Flüsternd fügte sie hinzu. »Schwarze Magie möglicherweise, die Suko einsetzen will.«

Sir James’Haltung wurde starr. »Glauben Sie, dass Suko seinen Freund durch eine geheimnisvolle Totenmagie wieder zum Leben erwecken will und dass John als Zombie durch London irrt?«

»Ich weiß nicht, was ich glauben soll, Sir, aber ungewöhnlich ist dieser Ort schon.«