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Dieser Sammelband enthält die Folgen 637: Nackt in der Hölle, Folge 663: Das Unheil erwacht I, Folge 664: Satan in Weiß II, Folge 665: Vampirstadt Berlin III, Folge 666: Das Lächeln einer Teufelin VI, Folge 667: Das Horrorhaus von Pratau V.
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Seitenzahl: 806
Cover
Impressum
Das Unheil erwacht I
Satan in Weiß II
Vampirstadt Berlin III
Das Lächeln einer Teufelin IV
Das Horrorhaus von Pratau V
Nackt in der Hölle
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Vicente Ballestar – Norma
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-8387-0291-9
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Das Unheil erwacht
(Teil 1)
FLÜSSIGES LEBEN!
Nur dieser eine Begriff beherrschte das Denken meines Freundes und ließ sich auch aus meinen Gedanken nicht vertreiben.
Wir wußten jetzt, wie wir Nadine Berger möglicherweise von ihrem Dasein als Blutsaugerin erlösen konnten, aber wir wußten noch immer nicht, wer oder was sich genau hinter dem Begriff verbarg.
War es tatsächlich Blut, war es so einfach?
Nein, es war nicht so einfach. Denn als wir die Spur fanden, erweckten wir gleichzeitig das Unheil …
»Bitte, Jade, ich flehe dich an. Verlasse das Haus nicht. Es … es ist so dunkel draußen, und ich spüre, nein, ich weiß genau, daß dort etwas lauert. Es ist böse, und es wird von der Dunkelheit beschützt. Die Finsternis ist sein Freund, sie ist …«
Jade unterbrach ihre blinde und sehr besorgte Mutter mit einem hellen Lachen. »Aber Ma, was du immer hast! Laß mich doch. Du weißt, daß ich die langen Spaziergänge an kühlen Herbstabenden liebe. Das ist für mich eine Erholung. Ich brauche die Natur, ich brauche die Stille, ich will einfach ich selbst sein.«
Obwohl Alma Prentiss nichts sehen konnte, nickte sie. Es hatte im Prinzip keinen Sinn, ihrer Tochter etwas auszureden. Jade würde ihren Kopf immer durchsetzen, doch als Mutter fühlte sie sich einfach verpflichtet, ihr die Sorgen mitzuteilen. Möglicherweise half es ein wenig. Daß draußen nicht alles geheuer war, davon ging sie aus. Sie hatte es nie gesehen, nur gespürt. Ihre anderen Sinne waren geschärft worden. Alma Prentiss gehörte zu den sehr sensiblen und sensitiven Menschen, die jeden Einfluß, sei er positiv oder negativ, sofort aufnahmen.
Ihr kleines Haus lag wunderschön, nahe am Wald. Das bedeutete Ruhe, keine Hektik, keinen Streß. Es war allerdings auch gefährlich, denn auch die Nacht besaß viele Augen, die das unter Kontrolle hielten, was tief im Dickicht verborgen blieb.
Das Böse eben …
Ein grauenvolles Etwas, furchtbar anzusehen, wie Alma Prentiss wußte, obwohl sie es nicht gesehen hatte. In ihren Träumen aber hatte sie es erkannt. Es war sehr groß und oval.
Sie hatte nie konkret mit ihrer Tochter darüber gesprochen, weil sie Jade nicht Angst machen wollte, an diesem Abend wollte sie es tun, denn die Gefahr hatte sich verdichtet, sie war einfach stärker geworden und würde über sie herfallen, wenn sie nicht achtgab.
Am Schleifen des Stoffs hörte Alma, wie ihre Tochter den Mantel überstreifte. Sie stand im Flur, umgeben von den Holzwänden, die bei warmem Wetter einen so natürlichen Geruch abgaben und bei kalter Witterung die Wärme im Haus hielten und schützten.
»Einen Moment noch, Kind.«
Jade wußte genau, daß sie jetzt nicht gehen konnte. Am Klang der Stimme hatte sie erkannt, daß ihre Mutter unbedingt mit ihr reden wollte. Wahrscheinlich hatte sie etwas auf dem Herzen, das sie einfach loswerden mußte.
Mit sehr bedächtigen Schritten betrat Jade den Wohnraum, der nach den Vorstellungen ihrer Mutter eingerichtet worden war. Er enthielt keine modernen Möbeln, sondern die Möbel, die Alma Prentiss von ihren Eltern bekommen hatte.
Das Sofa, der Schrank, der Tisch, auch die Stühle – sie alle waren für die Ewigkeit gebaut und so leicht nicht zu zertrümmern. Außerdem hatte sich Alma Prentiss an die Gegenstände gewöhnt, sie würde die Einrichtung niemals wechseln wollen.
Wie immer hatte sie ihren Platz in dem alten Schaukelstuhl gefunden, der dem TV-Gerät direkt gegenüberstand, obwohl Alma nicht sehen konnte, was sich auf dem Bildschirm abspielte. Für sie war es einfach nur wichtig, den Platz einzunehmen.
Die Frau trug ein violettes Kleid. Auf dem Stoff verteilten sich helle Punkte. Am Hals war es hochgeschlossen, über die Schultern hatte Alma eine helle Strickjacke gehängt, deren Farbe im glatten Gegensatz zu den dunklen Gläsern der Brille stand.
Das Gesicht zeigte zwar keine jugendliche Frische mehr, auch besaß das Haar nicht mehr die ursprüngliche rötlich-blonde Farbe, es hatte einen Stich ins Graue bekommen. Noch immer wirkte Alma sehr jung und auch irgendwie zerbrechlich.
»Was ist denn, Mutter?«
Alma Prentiss bewegte unruhig ihre Hände. »Das Böse ist sehr nahe, Tochter. Ich würde dir raten, sehr achtzugeben. Es hat sich entwickelt, es ist alt, jemand hat es zurückgelassen, das mußt du mir glauben. Komm näher, ich möchte deine Hände umfassen.«
Jade wunderte sich. So besorgt hatte sie ihre Mutter lange nicht mehr erlebt. Sie kannte ja deren Ahnungen, sie wußte genau Bescheid, aber so wie sie jetzt redete, hatte sie schon lange nicht mehr gesprochen. Ihre Hände umfaßten die Finger der Tochter, streichelten sie.
Jade stand vor ihr, sie legte den Kopf zurück, als wollte sie ihre Tochter anschauen. »Sei vorsichtig, Kind. Sei nur vorsichtig, das mußt du mir versprechen.«
Jade lächelte unsicher. Bisher hatte ihre Mutter in Rätseln gesprochen, und sie wollte wissen, wovor sie sich in achtnehmen sollte.
»Vor dem Bösen, Kind …« Die Antwort war nur mehr ein Flüstern, ein Hauch, aber sehr intensiv gesprochen worden, so daß Jade einige Male nickte.
»Aber Mutter …«
»Hast du es gehört, Jade?«
»Ja, das schon, doch …«
»Widersprich bitte nicht. Ich habe das Wissen, es steckt in mir. Du mußt achtgeben, Tochter. Du darfst ihm nicht zu nahe kommen, du mußt ihm ausweichen, wenn es dich locken will. Das alles kann ich dir sagen, aber helfen kann ich dir nicht.«
»Das brauchst du auch nicht, Ma.«
»Doch, Kind, doch. Du kannst noch so alt werden, du bleibst immer mein Kind. Eine Mutter denkt da anders. Vielleicht wirst auch du anders denken, wenn du einmal ein Kind geboren hast. Ich kenne mich aus. Ich mag zwar alt sein, aber …«
»Bitte, Ma. Kannst du mir nicht sagen, wovor ich mich in achtnehmen soll?«
»Ich sagte doch. Vor dem …«
»Nein, nein, das ist mir zu wenig. Das Böse ist zu allgemein, verstehst du?«
»Das ist klar, Jade. Leider kann ich dir nicht helfen. Ich bin blind, ich kann nur spüren, fühlen, sehen leider nicht. Wenigstens nicht konkret, doch mein Blick reicht aus, um in andere Ebenen hineinzutasten. Da fällt mir dann auf, wie gefährlich es für dich werden kann, wenn du dich nicht an meine Weisungen hältst.«
»Ich werde sie befolgen, Mutter, das verspreche ich dir. Ich gebe schon acht, wenn ich den Wald betrete. Außerdem ist es mein Weg, den ich immer gehe. Hast du das vergessen?«
»Nein, Kind. Nur waren meine Ahnungen nie so schlimm wie an diesem Abend. Ich habe schon oft etwas gespürt. Bisher ist alles gut gelaufen …«
»Und es wird auch weiterhin gutgehen«, sagte Jade. »Das verspreche ich dir hoch und heilig.«
Alma ließ die Hände ihrer Tochter los. »Ja, ich kann dich nicht umstimmen, Kind.«
»Bis gleich.«
Alma Prentiss nickte. »Wie lange bleibst du weg?«
»Heute nur eine halbe Stunde.«
»Du mußt wissen, was du tust, Jade.«
»Bis gleich.« Jade beugte sich ihrer Mutter entgegen und hauchte ihr einen Kuß auf die Wange. Etwas beunruhigt fühlte sie sich schon, als sie durch das Zimmer schritt und auf die Haustür zuging. Die Warnungen waren nicht ohne Eindruck auf sie geblieben. Jade fühlte sich plötzlich unsicher, obwohl sie die Umgebung genau kannte, damit schloß sie den Wald auch ein. Okay, ihre Mutter hatte sie stets davor gewarnt, ihn zu betreten, wenn doch, dann sehr vorsichtig, aber so schlimm wie an diesem Abend war es noch nie gewesen.
Sie öffnete die Haustür.
Nebel war aufgekommen, und kalt war es geworden. In den höheren Lagen hatte es schon geschneit. Jade und ihre Mutter waren bisher von der weißen Pracht verschont geblieben.
Die junge Frau zog die Tür hinter sich zu. Das dabei entstehende Geräusch machte ihr plötzlich Angst. Es hatte sich ihrer Meinung nach so endgültig angehört.
»Unsinn«, sagte sie, lachte und schleuderte den Schal schwungvoll um ihren Hals.
Dann ging sie.
Das ungute Gefühl aber blieb …
***
Es hatte tagsüber zwar nicht geregnet, dennoch war der Boden feucht und weich.
Jade kannte den Weg, den sie gehen mußte. Im Tageslicht hätte sie die Färbung der Blätter erkennen können, die bei einem kräftigen Gelb anfing, hinüber in ein helles Rot ging, das erst abgelöst wurde, als die Blätter ein dunkles Violett zeigten.
Wind wehte kaum. Dennoch trudelten einige Blätter zu Boden. Sie blieben auf der feuchten Oberfläche kleben und zerknirschten unter den Tritten der einsamen Spaziergängerin.
Einsam war sie tatsächlich. Jade hatte das Gefühl, das einzige Lebewesen innerhalb des Waldes zu sein. Ansonsten umgab sie nur die dumpfe Stille, die unter den Wipfeln der Bäume lastete. Sie hatte die Hände in die gefütterten Manteltaschen geschoben, den Kopf etwas gesenkt und schaute beim Gehen zu Boden, wobei sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen und über gewisse Probleme zu sinnieren, was ihr an diesem Abend leider nicht gelang. Zu tief steckte die Unruhe in ihr. Sie war wie ein Feuer, das sich festbrannte.
Jade wollte nicht direkt zugeben, daß sie die Warnungen der Mutter verrückt gemacht hatten, aber sehr weit weg wollte sie dies auch nicht schieben.
War der Wald anders als sonst?
Als der Pfad an Breite zunahm, die Bäume ein wenig in den Hintergrund traten und an den Rändern dichtem Buschwerk Platz schufen, stoppte sie ihre schlendernden Schritte, blieb stehen und schaute sich um, wobei sie sich auf der Stelle drehte und dem Knistern des Laubs unter ihren Schuhsohlen lauschte.
War diese Welt innerhalb des Waldes tatsächlich anders geworden als sonst? Hatten die Warnungen ihrer Mutter gefruchtet? Lauerte hier etwas? Hielten sich Menschen versteckt?
Das wollte Jade nicht akzeptieren. In diese Gegend verirrten sich kaum Menschen, und trotzdem hatte Almas Mutter von dem Bösen gesprochen. Wer oder was also war das Böse?
Konnte man es sehen? War es zu beschreiben, zu fassen? Besaß es eine Gestalt?
Jade wußte nichts, gar nichts. Sie erging sich in ihren Gedanken und stellte sehr bald fest, daß sie das Nachdenken über dieses Problem unruhiger machte.
Die Bäume waren kaum zu erkennen, denn sie verschwanden hinter den dünnen, grauen Tüchern, die aussahen, als wären sie mit ihren Unterseiten am Boden angehaftet worden. Sie bewegte sich, aber sie wehten nicht fort. Sie blieben genau dort, wo sie auch waren.
Tief atmete Jade durch. Die kühle Luft drang in ihre Lungen, sie hätte ihr eigentlich guttun müssen, diesmal aber war es anders. Jade empfand sie als zu kalt. Es kam ihr vor, als hätte sie Eiswürfel geschluckt.
Hing das mit ihrer Psyche zusammen? Waren es die ersten Anzeichen einer sich steigernden Furcht vor dem Unheimlichen, das sie mit Worten nicht beschreiben konnte?
Es hatte keinen Sinn, über die Warnungen der Mutter nachzudenken, sie machte sich sonst nur verrückt und würde irgendwann noch durchdrehen. Deshalb setzte sie ihren Weg fort und lauschte wieder dem Knistern der Blätter, wenn sie unter dem Druck der Schuhe zerbrachen.
Morgen früh würde der Wald ein weißes Gewand aus Rauhreif tragen.
Sie wußte, wann der Weg einen Bogen schlug und in die Richtung zurückkehrte, aus der sie gekommen war. Das war der kleine Rundkurs, den größeren wollte sie nicht nehmen, denn ihre Mutter hätte sich zu sehr gesorgt. Es waren ungefähr hundert Yards bis zu der Stelle, wo der Pfad die Kurve nach links schlug.
Auch an dieser Stelle stand das Unterholz sehr dicht beisammen und streckte seine Arme über den Weg hinweg, so daß Jade mit der Kleidung daran entlangstreifte.
Sogar das Rascheln hörte sich anders an. Viel geheimnisvoller als sonst, als säßen in den Büschen zahlreiche Geister, die sie mit ihren Stimmen begleiteten.
Einbildung, nichts als Einbildung, sagte sie sich und zurrte den Schal fester.
Bei den nächsten Schritten überkam sie das Gefühl, verfolgt zu werden. Hastig wandte sie den Kopf – und schaute ins Leere. Nur die Dunkelheit bedeckte den Wald.
Jade zwang sich zu einem Lachen. Es sollte ihr Mut machen, was allerdings nicht der Fall war. Die Unsicherheit wuchs und breitete sich in ihrem Innern aus.
Automatisch lief sie schneller, doch auch die schnelleren Schritte konnten die Furcht nicht vertreiben. Eine halbe Stunde ungefähr hatte sie fortbleiben wollen, das erschien ihr nur als viel zu lang.
Jade lief geduckt, den Kopf vorgestreckt, den Blick zu Boden gerichtet, als könnte sie dort etwas Besonderes entdecken, das für sie wichtig war.
Das helle Schimmern sah sie nicht auf dem Weg, es drang aus dem Wald, der links von ihr lag.
Jade blieb stehen. Sehr heftig hatte sie gestoppt und wäre beinahe noch ausgerutscht.
Plötzlich fühlte sich ihr Hals trocken an, als hätte jemand Sand hineingeschüttet. Der Druck kam von innen und steigerte sich, als die einsame Spaziergängerin den Kopf drehte, um dorthin zu schauen, wo das Licht seine Quelle besaß.
Es strahlte hellweiß mit einem leichten Schimmer ins Rote. Jade kannte den Wald, eigentlich jeden Flecken Erde. Sie wußte genau, wo es wilde Müllkippen gab.
Ein Licht wie dieses allerdings hatte sie auf ihren nächtlichen Spaziergängen noch nicht gesehen. Wäre es weich und schimmernd gewesen, hätte es möglicherweise in die Umgebung hineingepaßt, so aber leuchtete es in einer Kälte, die sie erschreckte.
War dieses Licht das Böse, vor der ihre Mutter sie gewarnt hatte? Jade wollte es nicht glauben, weil sie sich einfach nicht vorstellen konnte, das Helligkeit etwas Böses war. Dafür war eigentlich die Dunkelheit zuständig.
Als ungewöhnlich und nicht erklärbar fand sie es auch, daß diese Lichtquelle sie anzog wie ein Magnet das Eisen. Das Fremde wollte etwas von ihr und lockte sie herbei, ohne daß es sich durch Sprechen bemerkbar machte.
Jade hatte weitergehen wollen, doch wie unter einem fremden Einfluß stehend, drehte sie sich um, verließ den Pfad und schlug sich durch das Unterholz in die dichte Tiefe des Waldes hinein, wo die helle Insel lag und sich schemenhaft ausbreitete, so daß ihre Umgebung ebenfalls diesen blassen, gespenstischen Schein bekam, bevor er sich verlief und von der Dunkelheit aufgesaugt wurde.
Ihre Knie zitterten. Sie war nervös und reagierte hektisch, als sie die Zweige zur Seite drückte, um so rasch wie möglich an ihr Ziel zu gelangen, das wie verloren auf dem Waldboden lag.
Die Faszination war geblieben und hatte sich sogar verstärkt, je näher sie kam.
Ihr Magen lag wie ein Klumpen, das Atmen bereitete ihr Mühe, der Druck auf ihren Augen ließ sich nicht fortwischen, und sie hatte das Gefühl, in Tränen ausbrechen zu müssen.
Sehr schnell überwand sie die sperrigen Hindernisse, rutschte zweimal aus, fing sich wieder, lief weiter und sah das Zentrum der Helligkeit dicht vor sich.
War es eine Lampe?
Wenn ja, hätte es auch einen Stromanschluß geben müssen, der jedoch war nicht vorhanden. Dieses Gebilde leuchtete von innen, und es sah aus wie ein Riesenei.
Jade atmete heftig, als sie einen Schritt vor dem hellen Ei stehenblieb. Wenn sie direkt dagegen schaute, wurde sie geblendet, deshalb drehte sie den Kopf zur Seite, ohne daß sie dem direkten Lichtschein entweichen konnte.
Er leuchtete gegen ihr Gesicht, gab ihr einen zugleich milchigen und zerbrechlichen Ausdruck. Ihre Haut gehörte zu denjenigen, die nie sonnenbraun wurde. Dafür war sie einfach nicht der Typ. Sie besaß ein blasses Gesicht, das zu den rötlich-blonden Haaren paßte. Typen wie sie nahmen niemals eine Sommerbräune an. Durch das Licht wirkte ihr Gesicht noch feiner und zerbrechlicher. Sogar die Wangenknochen traten durch die Beleuchtung schärfer hervor, als würden sie sich wie ein Gebein unter der dünn wirkenden Haut abzeichnen.
Sie stand da wie jemand, der in eine Kirche gegangen war, um zu beten. Die Hände hatte sie übereinandergelegt.
Ihr Gesicht glich einer Maske. Nichts regte sich auf ihren Wangen, die Haut erinnerte an Papier, die Augen, eigentlich hell und bestehend aus einer Mischung zwischen Grün und Blau, sahen bei diesem bleichen Licht düster aus.
Jade dachte nach und fuhr mit der Zungenspitze über ihre Lippen. Dann traute sie sich, den Kopf zu senken und nach unten zu schauen, weil sie feststellen wollte, ob dieses ungewöhnlich große Ei auch Wärme ausstrahlte.
Nichts war zu spüren, auch dann nicht, als sie den Arm ausstreckte, ihre Hand mit den gespreizten Fingern über das erleuchtete Ei hielt. Aber sie hatte den Eindruck, als würden die Finger wie von Röntgenstrahlen durchleuchtet.
Warum?
Jade schluckte einige Male. War das die Gefahrenquelle, vor der sie ihre Mutter gewarnt hatte? Wäre sie jetzt angesprochen worden, sie hätte kaum etwas antworten können, denn ihre Kehle saß zu.
Dafür ging sie in die Knie.
Jade zeigte sich von dieser Umgebung seltsam berührt. Obwohl sie mitten im Wald stand, wurde sie mehr an eine Insel erinnert, die von irgend jemand erschaffen und zurückgelassen worden war. Der große, ovale Gegenstand sah zwar völlig normal aus, er wirkte trotzdem sehr fremd auf sie, als wäre er von einer fremden Macht hier im Wald einfach zurückgelassen oder vergessen worden.
Wahnsinn, welche Gedanken ihr plötzlich durch den Kopf strömten! Sie waren so absurd und fremd. Dennoch erschienen sie ihr nicht so weit hergeholt zu sein.
Noch hatte sie das ungewöhnliche Ei nicht berührt. Sie hockte davor, betrachtete es mit einem gewissen Schaudern und stellte dabei fest, daß sich das Licht geteilt hatte.
In der oberen Hälfte des Eis breitete sich das normale helle Licht aus, in der unteren herrschte die rötliche Farbe vor, und beides mischte sich an den Rändern.
War es schattenlos?
Es hätte so sein müssen, aber bei genauerem Hinsehen entdeckte Jade innerhalb des rötlichen Lichts einen geheimnisvollen Schatten, der gewisse Umrisse besaß, die für die Frau leider nicht nachvollziehbar waren, weil sie sich ständig veränderten.
Endlich traute sie sich mehr zu und berührte mit den Fingerspitzen die Oberfläche des Eis.
Zum erstenmal drang ein Laut aus ihren Mund, nachdem sie die Lippen ruckartig geöffnet hatte.
Etwas hatte sie berührt, es war wie ein kurzer Stromstoß durch die Hand gezuckt und hinein in den Arm. Jade zog die Hand wieder zurück und sah, daß sich zwischen ihr und dem Ei eine Funkenspur gebildet hatte, die sich wie ein Gitterwerk verteilte.
Die Verbindung war da, sie blieb auch stehen. Zwischen ihrem Gesicht und dem Ei breitete sich ein heller Fleck aus, der sie an und überstrahlte.
Dann war er wieder verschwunden.
Zitternd blieb die Frau hocken. Sie verstand die Welt nicht mehr, aber sie dachte an die Worte ihrer Mutter, die vom Bösen gesprochen hatte, das im Wald lauerte.
Doch war es tatsächlich so böse?
Jade selbst konnte und wollte daran nicht glauben, denn bisher hatte ihr das Ei nichts getan. An die ungewöhnliche Entladung dachte sie nicht mehr, ein anderer Gedanke hatte von ihr Besitz ergriffen.
Sie wollte das Fundstück nicht einfach im Wald liegenlassen, sondern es mitnehmen. Sehr vorsichtig umfaßte sie es von zwei verschiedenen Seiten. Sie legte die Hände dagegen und hielt für einen Moment den Atem an, weil sie davor Angst hatte, daß dieses Fundstück zerbrechen könnte. Die Haut war so dünn, und Jade befürchtete, daß sie beim leichtesten Druck, zerbrechen könnte.
Es hielt auch dann, als sie die Hände stärker gegen die Außenhaut des Eis preßte und nun mit behutsamen Schritten weiterging. Sie hatte eine Lücke zwischen zwei Baumstämmen entdeckt, gerade breit genug, um hindurchschreiten zu können.
Noch vor Minuten war ihr Gesicht vor Spannung verzerrt worden. Jetzt lag ein Lächeln auf ihren Lippen, als würde sie sich darüber freuen, daß sie dieses Ei gefunden hatte.
Wie im Märchen kam sich Jade vor. Das einsame Mädchen, das in den Wald ging, plötzlich ihr Glück fand und es nicht fassen konnte. War es auch das Glück?
Für wenige Augenblicke erinnerte sie sich wieder an die Warnungen ihrer blinden Mutter. Sie hatte vom Bösen gesprochen, doch damit mußte sie etwas anderes gemeint haben, denn dieses Fundstück konnte einfach nicht böse sein.
Nein! Durch ihren Körper floß ein gewaltiges Glücksgefühl. Sie fühlte sich viel leichter und beschwingter, als wäre sie auf Händen oder Flügeln durch den Wald getragen worden.
Sie empfand nichts Negatives mehr. Alles war so wunderbar. Dieses ungewöhnliche Ei gab ihr das gute Gefühl.
Ohne es direkt zu merken, erreichte sie den Weg, der sie wieder nach Hause führte. Er machte ihr nichts aus, die Arme vorgestreckt zu halten und das große Ei auf den Händen zu tragen. Sie spürte keine Steifheit, sie bekam keine Schmerzen in den Schultern, es lief alles normal weiter. Viel besser als früher.
Wenn sich die Mutter jemals in ihrem Leben geirrt hatte, war das an diesem Abend geschehen. Von einem bösen oder einem fremden negativen Einfluß merkte Jade nichts.
Auf einmal hörte sie Schritte.
Jetzt? Um diese Zeit?
Sie konnte es nicht fassen. Normalerweise kam ihr auf den Spaziergängen niemand entgegen. Wieso ausgerechnet an diesem späten Abend? Ob das mit dem Fund zusammenhing?
Vor ihr löste sich eine Gestalt aus der dichten Finsternis. Sie eilte auf Jade zu, sie erkannte den Mann und war beruhigt. Ernest Slaine war ein Bekannter. Er gehörte zur Forstverwaltung und hatte die Aufgabe, regelmäßige Inspektionsgänge durchzuführen. Der Wald, in dem sich Jade aufhielt, gehörte zu seinem Gebiet.
Slaine stand dicht vor der Pensionierung. Ein lustiger Mensch, klein, mit Bauch, ein Mann, der das Leben liebte und sich auf die Zeit des Ruhestands freute.
Er hatte stets einen Scherz auf den Lippen, wenn Jade ihn traf. An diesem Abend nicht. Da bekam er große Augen, die im bleichen Licht, das über sein Gesicht floß, sehr dunkel wirkten und auch den ängstlichen Ausdruck widergaben, der den Mann umklammert hielt.
Jade mußte lachen. »Was ist los mit Ihnen, Mr. Slaine? Geht es Ihnen nicht gut?«
»Doch«, flüsterte er, nickte dabei und flüsterte noch einmal. »Doch, es geht mir gut.«
»Bitte, dann …«
»Aber dir, Jade. Er duzte fast alle Menschen, die jünger waren als er. »Dir muß es …«
»Mir geht es blendend«, unterbrach Jade ihn lachend. »Wirklich, ich fühle mich pudelwohl.«
»Das kann ich nicht glauben.«
»Warum denn nicht?«
Slaine hob einen Arm an, streckte den Zeigefinger aus und deutete auf das übergroße Ei. »Deshalb geht es mir nicht gut. Das Ei ist daran schuld. Nur seinetwegen.«
Jade war überrascht. »Sorry, das verstehe ich nicht. Was soll das denn bedeuten?«
»Spürst du es nicht?«
»Was denn?«
Er schluckte, befeuchtete mit der Zunge seine Lippen. »Das … das komische Ei. Es strahlt etwas ab, etwas Grauenhaftes, Furchtbares. Es ist unwahrscheinlich. Es macht mir angst …«
So ähnlich hatte auch Jades Mutter gesprochen, aber längst nicht so extrem.
Sie begriff den Mann nicht und schüttelte den Kopf. »Mr. Slaine, ich glaube, Sie irren sich. Das kann ich nicht nachvollziehen, wirklich nicht. Ich spüre nichts …«
»Doch, Kind, doch.« Sein ausgestreckter Finger zitterte. »Es ist das Ei. Woher hast du es?«
»Hier im Wald gefunden.«
Slaine zog die Schultern hoch, als hätte jemand darüber hinweggestrichen. »Hier im Wald gefunden. Ich kenne den Wald, ja, ich kenne ihn. Aber ich habe diesen Gegenstand nie gesehen.«
»Dafür kann ich nichts. Vielleicht haben Sie auch nicht richtig hingeschaut. Es lag so abseits, wissen Sie? Etwas versteckt im Gebüsch. Da ist es auch schwer, so etwas zu entdecken. Zum Glück hat es geleuchtet. Ich sah das kalte Licht.«
Ernest Slaine nickte. »Ja, du hast es gesehen, du hast den Gegenstand an dich genommen. Jetzt wirf ihn weg!«
Jade tat, als hätte sie ihn nicht verstanden. »Was soll ich tun? Ihn wegwerfen?«
»Ja, zum Henker! Weg damit!«
»Nein, Mr. Slaine, das können Sie mir nicht befehlen. Das Ei gehört mir, verstehen Sie!« Jade nickte heftig. Sie fühlte sich aufgewühlt. In ihren Ohren rauschte es. So hatte Ernest Slaine noch nie mit ihr gesprochen. So nicht. Über ihre folgenden Worte wunderte sie sich selbst. »Und jetzt gehen Sie mir aus dem Weg!«
»Ach«, sagte er, und es hörte sich fast an wie ein Husten. »Du willst mir etwas befehlen?«
»Ich will nur, daß Sie den Weg freimachen und mich weitergehen lassen. Das ist alles!«
Ernest Slaine starrte die Frau aus schmal gewordenen Augen an. »Tut mir leid, Jade, ich denke gar nicht daran. Diesen Fund wirst du auf keinen Fall behalten.«
Jade blieb ruhig, obwohl sie Wut in sich hochsteigen spürte. Sie gehörte nicht zu den Menschen, die schnell aggressiv reagierten, in diesem Fall war es etwas anderes. Da stieg die kalte Wut in ihr hoch und verwandelte sich in Mordlust. Eigentlich hätte sie davor erschrecken müssen, sie aber fühlte sich plötzlich frei und besser. Nein, sie würde das Fundstück auf keinen Fall aus der Hand geben. Es gehörte ihr, und sie fühlte sich mit ihm verbunden.
Deshalb schüttelte sie den Kopf.
Slaine stand ihr gegenüber und ballte seine Hände. »Wenn du mir das Ding nicht freiwillig geben willst, werde ich es mir eben holen, zum Teufel!« brüllte er sie an.
»Da!« schrie sie zurück.
Jade wußte selbst nicht, weshalb sie so reagierte. Eine innere Stimme hatte sie dazu gezwungen, ihr den Befehl gegeben, es zu tun. Deshalb tat sie es.
Sie schleuderte das Ei auf den Mann zu, dessen Gesicht für einen winzigen Moment von der bleichen Helligkeit erfaßt wurde, bevor er mit beiden Händen zuschnappte.
Er hielt es fest, konnte es nicht mehr loslassen und begann plötzlich gellend zu schreien.
Was dann geschah, hatte die junge Frau niemals zuvor erlebt oder gesehen. Das war Horror hoch drei!
***
Ernest Slaine zitterte, als würde ein Schüttelfrost seinen Körper durchtosen. Von den Zehen- bis zu den Haarspitzen hinein fand sich keine ruhige Stelle an seinem Körper. Die Zähne schlugen aufeinander, der Mund öffnete und schloß sich krampfhaft, die Augen drangen aus den Höhlen, und einen Moment später stürzte ein Blutstrom aus seinem Mund, der das Ei zwischen den Händen überschwemmte.
Das Blut hörte nicht auf zu strömen. Es drang aus dem Mund, den Nasenlöchern, den Ohren, und das unheimliche Ei saugte es auf.
Jade Prentiss konnte es kaum fassen. Das Blut des Mannes verschwand in dem Ei, wo es zu Wolken verdampfte, und auch der letzte Tropfen sickerte durch die Oberfläche in das Innere.
Dann war nichts mehr zu sehen.
Nur Ernest Slaine stand noch auf dem Fleck, obwohl sich in seinem Körper kein Blut mehr befinden konnte. Er lebte und röchelte. Auf seinem Gesicht zeichneten sich die letzten, dunklen Flecken ab, und schmale Rinnsale liefen noch aus den Nasenlöchern in Richtung Kinn.
Dann fiel er hin.
Gleichzeitig ließ er das Ei los, das auf den Boden tickte wie ein dicker Ball, noch einen halben Schritt weiter rollte und liegenblieb, als wäre nichts geschehen.
Jade rührte sich nicht. Sekunden vergingen. Erst dann wagte die Frau es, sich in Bewegung zu setzen und lief mit zittrigen Schritten dorthin, wo der Mann auf den Rücken gefallen war.
War er tot?
Er mußte tot sein. Es fiel ihr schwer, dennoch wollte sie sich davon überzeugen.
Sie kniete neben ihm. Das Licht der Kugel reichte nicht aus, um seinen Körper zu überstrahlen, es lag deshalb im Schatten, die Augen weit geöffnet und in den Pupillen sowie an den inneren Rändern von kleinen Blutstreifen durchzogen. Auf der Kleidung malten sich ebenfalls dunkle Flecken ab, selbst die Haare waren nicht verschont geblieben.
Dieser Mann bot ein furchtbares Bild. In seinem Gesicht stand der Tod wie eingezeichnet.
Jade hatte bisher nur eine Leiche in ihrem Leben gesehen. Das war ihr Vater gewesen nach dem Autounfall, der ihre Mutter das Augenlicht gekostet hatte.
War der Mann tot?
Sie wollte es genau wissen und tastete mit der Hand dorthin, wo normalerweise das Herz schlägt. Sie fühlte auch an der Aorta nach, das hatte sie mal in einem Film gesehen. Eigentlich hätte sie sich erschrecken müssen, der Tod war immer etwas Furchtbares, aber dieses Gefühl blieb aus. Plötzlich ging sie mit dem Tod und den Begleitumständen völlig normal um, als hätte sie so etwas schon erlebt.
Er lebte nicht mehr. Er war nur noch eine Hülle, ohne Blut, ausgesaugt, völlig leer. Da gab es nichts mehr, was diesen Mann noch am Leben erhalten konnte.
Allmählich begann sie wieder zu denken, und zwar nachzudenken. Der Mann war gestorben, daran gab es nichts zu rütteln. Die Kugel oder das Ei hatte ihn umgebracht und nicht die Person, die jetzt neben ihm kniete und auf ihn herabstarrte.
Nur – wer würde ihr das glauben?
Wenn sie zur Polizei ging und den Beamten dort erklärte, was tatsächlich vorgefallen war, würden die sie nur auslachen, dann bestimmt einsperren, wenn sie sich mit der Leiche beschäftigt hatten. In den Knast wollte sie nicht. Da hatte sie einen wahnsinnigen Horror davor. Was kam also sonst in Frage?
Nichts sagen, nichts wissen, die Leiche möglichst verstecken, denn Deckung und Büsche gab es hier genug, hinter denen der Tote seinen Platz finden konnte.
Ja, das war die Lösung!
Bevor sie sich an die makabre Arbeit begab, schaute sie kurz zurück.
Die »Mordwaffe« lag völlig harmlos auf der Erde. Kein Blutspritzer oder Blutstropfen klebte noch an der Außenhaut des Eis. Sie war völlig glatt und lichterfüllt. Das Ei hatte das Blut verdaut.
Als Jade daran dachte, huschte ein Lächeln über ihre Lippen. Sie freute sich darüber, daß ihr Fund spurenlos »gearbeitet« hatte. Innerhalb kürzester Zeit war sie innerlich zu einer völlig anderen Person geworden. Sie sah noch aus wie sonst, aber ihre Psyche hatte sich verändert. Jetzt dachte sie anders als früher.
Obwohl der Körper kein Blut mehr besaß, wunderte sie sich über die Schwere. Jade mußte sich anstrengen, um den Mann vom Pfad weg an den Wegrand und in ein Gebüsch zu zerren, wo Zweige und krumme Farne so dicht standen, daß sie sich wie ein Fächer über den Körper der Leiche ausbreiten konnten.
Das war erledigt, und Jade atmete tief durch.
Sie stand wieder auf, rieb ihre Hände am Mantel ab, schaute nach, ob sich dort auch keine Blutflecken abzeichneten, war zufrieden und wandte sich dem Blutei zu.
Sie hob es an. Dabei trat in ihre Augen ein gewisser Glanz, den man auch mit Triumph umschreiben konnte. Es war für sie einfach wunderbar, als Siegerin dazustehen. Früher war sie sehr schüchtern gewesen, doch das hatte sich geändert.
»Ich glaube!« flüsterte sie und brachte ihren Mund dicht an das ungewöhnliche Ei, »daß wir noch Freunde werden können. Noch sehr gute Freunde, sogar …«
Sie ging weiter. Plötzlich war sie sogar froh darüber, daß ihre Mutter nichts sehen konnte. Alma hatte von einer Gefahr gesprochen. Darüber konnte ihre Tochter nur lachen …
***
Es war mir genau in der Erinnerung geblieben. Ein blasses Gesicht mit schwarzen, lockigen Haaren, ein ebenfalls sehr blasser Mund, zwei dunkle Augen, in denen nun ein größerer Optimismus funkelte, als noch drei Tage zuvor.
Und ich erinnerte mich an das Lächeln. Das erste, scheue, aber sehr ehrliche Lächeln.
Von wem ich rede?
Von Glenda Perkins natürlich, meiner und Sukos Sekretärin, die uns im Laufe der Zeit zu einer mehr als guten Freundin geworden war und die schon seit einiger Zeit im Krankenhaus lag, getroffen von einem Messerstich, der tief in ihren Körper eingedrungen war.
Dreimal hatten die Ärzte operieren müssen. Der letzte Eingriff hatte dann den entsprechenden Erfolg gezeigt, und Glenda befand sich wieder auf dem Weg der Besserung.
Ich hatte mit ihr sprechen können und auch das erste freie Lächeln erlebt.
Von der Verlegenheit hatten wir nicht geredet, auch nicht von der Attacke auf sie. Statt dessen hatte sie nach der Zukunft gefragt und sich erkundigt, wann sie wieder im Büro sein könnte.
Da hatte ich lachen müssen, war gegangen, um sie nicht zu sehr zu strapazieren. In ihrem Krankenzimmer stapelten sich sowieso die Geschenke, da hatte jeder etwas geschickt.
Die Ärzte hatten geraten, die Besuche noch zu reduzieren. Sie wollten jedenfalls kein Risiko eingehen, was ich auch gut fand. Sofern es meine Zeit erlaubte, mußte ich ins Krankenhaus.
Da stellte sich jedesmal die Frage. Was brachte man mit? Schon wieder Blumen oder irgendwelche Bücher, die nicht gelesen wurden, wenn, dann erst später.
Ich hatte Glenda gefragt und auch eine Antwort bekommen. Sie wollte Zeitschriften haben und etwas zu trinken.
Am liebsten Säfte aller Art. Da ich selbst ein Saftfan bin, hatte sie meine volle Zustimmung.
Ich war an diesem Tag früher aus dem Büro gegangen. Am gestrigen Tag war Suko bei Glenda gewesen. Heute ging ich hin. Auch nicht sorgenfrei, denn es ging nicht allein um Glenda Perkins, da war noch das Problem Nadine Berger, die von Mallmann zur Vampirin gemacht worden war, wobei wir versuchten, sie zu retten.
Angeblich sollte es eine Chance geben. Wir mußten nur das flüssige Leben finden.
Das war leichter gesagt als getan, denn eine Spur dorthin gab es nicht. Auch wenn unsere Computer noch so gut arbeiteten und sämtliche Möglichkeiten durchcheckten, ein Erfolg war uns bisher nicht beschienen worden. So konnten wir uns nur die Haare raufen und hoffen, daß der Drucker irgendwann einen Hinweis ausspuckte.
Der November hatte zunächst mit Regen und in den höheren Lagen mit Schnee begonnen. Danach wollte sich der Wettergott von seiner besseren Seite zeigen, hatte uns Kälte geschickt, die ersten Fröste, aber auch Sonnenschein am Tag.
London lag unter einer herrlichen Herbstsonne. Die Stadt war nahtlos von einem goldenen Oktober in einen beinahe goldenen November übergegangen. Die zahlreichen Parks und Grünflächen zeigten sich in den wunderschönsten Herbstfarben.
Das helle Gelb strahlte noch einmal auf, als es von den Strahlen der Sonne betupft wurde. Da schien die Natur noch einmal Atem holen zu wollen, bevor sie in ihren Winterschlaf fiel.
Der Himmel war hell, ich mußte die Sonnenbrille aufsetzen und dachte daran, daß es Säfte in einem bestimmten Geschäft gab, wo ich zudem noch Zeitschriften bekam.
Der Laden gehörte Massimo Strela, einem Italiener, der zudem noch Lebensmittel und Wein aus seiner Heimat verkaufte. Auch seine Grappas konnten sich sehen lassen. Sie besaßen eine Superqualität.
Massimo Strela war in der Straße ein geachteter Mann. Immer freundlich, vor allen Dingen zu den Kindern. Manchmal hatte er ein neapolitanisches Lied auf den Lippen, so kannte man ihn, und so war er zu einer Institution geworden.
Da ich dreimal bei ihm eingekauft hatte, weil sein Geschäft nicht weit vom Krankenhaus entfernt lag, wurde ich schon wie ein alter Stammkunde begrüßt.
Auch ich freute mich darauf, ihn zu sehen, und natürlich seine quirlige Frau Marietta mit den lackschwarzen Lockenhaaren und dem Feuer in den Augen.
Wer zu seinem Laden ging, konnte ihn gar nicht verfehlen, weil Massimo Strela vor dem Schaufenster stets seine Gemüsekisten aufgebaut hatte. Diesmal allerdings lagen sie am Boden. Salatköpfe, Schlangengurken, Auberginen und Avocados waren auf das Pflaster gerollt und wurden von dem Ehepaar aufgesammelt, was ich beim Heranschlendern erkennen konnte. Als ich eintraf, hob Massimo den letzten Salatkopf auf, seine Frau war bereits im Laden verschwunden.
Traurig schaute er den Salat an und sagte leise: »Den kann ich nicht mehr verkaufen. Alles muß ich wegwerfen, auch die Tomaten.«
»Das kann man abwaschen.«
Er hatte mich nicht gesehen. Jetzt hob er den Kopf und lachte mich an. »Sie sind es, Signore.«
»Ja, ich.«
»Kommen Sie in mein Geschäft.«
»Moment noch.« Ich hielt ihm am Ärmel seines weißen Kittels fest. Er war ein rundlicher Mann mit glatten Haaren, einem ebenfalls runden Gesicht und einem schmalen Bärtchen auf der Oberlippe. »Darf ich fragen, wer Ihnen diesen Streich gespielt hat?«
»Streich? Das war mehr als ein Streich.«
»Stimmt. Wer war es?«
Er überlegte eine Weile, bevor er sagte: »Das waren Rowdies. Leute, die andere quälen wollen.«
Damit hätte der Fall für mich erledigt sein können, das war er nicht. Die Antwort schien mir gelogen zu sein. Mir war die kalte Angst in den Augen des Italieners nicht entgangen, und ich dachte mir meinen Teil. Vor mir betrat er den Laden, schaute sich noch um, wobei er rechts und links über den Gehsteig hinwegblickte.
»Werden die Burschen noch einmal zurückkehren?« fragte ich ihn.
»Das weiß ich nicht.«
»Dann packen Sie lieber ein.«
»Später.«
Er ging. Hinter der Theke stand seine kleine Frau. Ich wußte, daß Marietta ihren Mann hin und wieder herumkommandierte.
»Ist alles wieder in Ordnung?«
»Si, Marietta. Aber sie werden wiederkommen und es härter machen, das weiß ich.«
Die Frau erbleichte. Sie wischte über das Glas der Theke, obwohl dort kein Staub lag. »Was … was sollen wir denn dann tun?«
»Ich kann es dir nicht sagen.«
Die beiden hatten italienisch gesprochen, nicht ahnend, daß ich die Sprache einigermaßen verstand. Ich hatte allerdings so getan, als wären ihre Worte für mich unverständlich gewesen und stand vor dem Regal, wo neben den Weinflaschen aus allen Regionen Italiens auch der Saft stand. Auch hier fiel mir die Wahl nicht leicht.
Ich nahm zwei Flaschen und stellte sie auf der Theke ab. Massimo Strela lächelte mir zu. »Wenn Sie noch mehr kaufen wollen, bitte, wir führen nur die besten Waren.«
»Das glaube ich Ihnen.« Ich schaute mich um. »Wissen Sie, es geht mir um einen Krankenbesuch. Eine Freundin von mir liegt im Krankenhaus, da ist es immer gut, wenn man flüssige Vitamine mitbringt.«
»Keinen Wein?«
Ich lachte. »Nein, den hole ich später, wenn sie wieder entlassen ist. Was haben Sie denn noch anzubieten?«
»Schauen Sie her: Mortadella und Schinken, dazu das herrliche Brot. So etwas wird auch Ihrer kranken Freundin schmecken.«
»Kann sein.« Ich war einige Schritte nach links gegangen. Natürlich dachte ich nicht daran, Glenda irgendwelchen Schinken mitzubringen, den würde ich für mich mitnehmen. Und noch ein anderer Grund hielt mich im Laden zurück.
Diese Vorgänge wollten mir einfach nicht gefallen. Das Abräumen der Waren ging mir gegen den Strich. Außerdem hatte mich die Unterhaltung des Ehepaars mißtrauisch gemacht.
»Suchen Sie ruhig aus, schauen Sie sich um, Signore. Wir sind davon überzeugt, daß Sie das Richtige finden werden.«
»Danke sehr.«
Eine Kundin betrat das Geschäft. Ebenfalls eine Italienerin, die sehr schnell redete, einiges an Lebensmitteln einkaufte und dann wieder verschwand.
Ich hatte mich noch nicht entschieden. Mir war allerdings die Ruhe in dem Geschäft nicht entgangen. Es war eine besondere Stille, nicht normal, mehr drückend und beängstigend. Zudem rann über meinen Körper ein leichter Schauer.
Ich drehte dem Eingang den Rücken zu. Daß ich dort trotzdem etwas erkennen konnte, lag an der Glasscheibe, die zwei Regale voneinander trennte.
Die Bewegung wirkte sehr schattenhaft und flach. Leider war meine Sicht ziemlich schlecht. Allerdings stellte ich fest, daß es sich nicht um das Ehepaar Strela handelte. Die beiden standen weiter hinten, und Marietta war hinter der Theke.
Das kalte Gefühl im Nacken verstärkte sich. Ich hörte Schritte, wollte herumfahren, als etwas mit einem häßlichen Geräusch zersplitterte, als es schwungvoll gegen die Wand geworfen worden war.
Ein großes Glas mit Gewürzgurken war zerplatzt, der Inhalt hatte sich auf dem Boden verteilt. Ein Glas mit Obst folgte, begleitet von den angststarren Blicken der Strelas, die sich nicht zu rühren wagten.
Ich als einziger Kunde hatte mich umgedreht. Zwei Männer hatten den Laden betreten. Sie waren noch jung, aber breitschultrig, als kämen sie direkt aus dem Bodybuilding-Center. Der Schmeißer trug schwarze Lederkleidung, sein Kumpan einen grauen Anzug, der sich vor dem mächtigen Bauch spannte.
Der Anzugträger grinste, strich über sein schwarzgraues Haar, zog dann blitzschnell ein Messer und legte den Zeigefinger seiner linken Hand auf die Lippen, um mir zu zeigen, daß ich den Mund halten sollte.
Sein Kumpan hatte sich mittlerweile auf die Suche nach anderen Wurfgegenständen gemacht, hielt eine große Büchse mit Bohnen in der Hand und visierte die Weinflaschen an, die dicht nebeneinander im Regal standen.
Bis jetzt war der Schaden nicht zu groß. Würde die Büchse das Regal und die Flaschen treffen, konnte es leicht zu einem mittleren Chaos kommen.
Mir war klar, daß die beiden Typen nichts anderes im Sinn hatten, und dem wollte ich einen Riegel vorschieben.
Okay, der Anzugträger hielt sein Messer in der Hand, aber ich war schneller, und er schaute, ebenso wie sein Kumpan, ziemlich dumm aus der Wäsche, als ich plötzlich die Beretta in der Hand hielt.
»Willst du noch werfen?«
Nicht nur die beiden Schläger schauten dumm aus der Wäsche, auch die Strelas wußten nicht, wie sie mich einordnen sollten. Daß ich eine Waffe trug, mußte ihnen sehr fremd vorkommen. Sie hatten mich für einen normalen Kunden gehalten, nun aber wußten sie nicht, was sie davon halten sollten.
»Laß es lieber«, sagte der Anzugträger. »Du würdest immer den kürzeren ziehen. Weißt du überhaupt, wie du mit einer Kanone umgehen mußt?«
»Ja klar. Außerdem hasse ich Schutzgeld-Erpresser. Diese Typen sind und waren mir ein Greuel. Ich würde Ihnen vorschlagen, Mr. Strela, daß Sie die Polizei anrufen. Ich halte unsere Freunde solange in Schach. Ist das ein Vorschlag?«
Eine Antwort bekam ich nicht. Sie schauten sich nur an, ein jeder verließ sich auf den anderen. Selbst Marietta Strela traute sich nicht, den Mund aufzumachen.
»Was ist?« fragte ich leise.
»Nein, Mister.« Massimo schüttelte den Kopf. »Es ist ja nicht viel passiert.«
»Aber es wird noch etwas passieren.«
Der Kerl im Anzug lachte. Er schielte auf seine Messerklinge. »Passieren wird etwas«, wiederholte er, »davon bin ich überzeugt. Sogar sehr viel. Nicht wahr, Massimo?«
»K … Kann sein …«
»Ganz sicher sogar. Auch wenn hier einer den Helden spielen will.«
»Von Heldentum kann keine Rede sein. Sie haben sich nur den Falschen ausgesucht. Hören Sie zu. Ich will Ihre Personalien haben. Sie werden mir die Ausweise zeigen und …«
Plötzlich lachten beide. Sehr laut, sehr unnatürlich. Und dann war da noch ein dritter Kerl.
Wie ein Phantom erschien er an der Tür. Leider ein bewaffnetes Phantom, denn der Kerl hatte sich mit einem dieser Schnellfeuergewehre bewaffnet, sprang über die Schwelle, sah mich, dann ging alles blitzschnell, und die Ereignisse überstürzten sich.
Als Polizist hat man Erfahrung mit Gangstern. Man ahnt, man weiß, wann sie schießen würden, und dieser Typ besaß einen Augenausdruck, der mir bewies, daß er über Leichen gehen würde.
Er schwang herum, die Waffe mit. Ich schaute in die Mündung, als ich abdrückte. Die Kugel warf den Bewaffneten zurück. Blut spritzte, dann peitschte die Salve aus der Mündung, aber sie richtete keinen Schaden an und perforierte nur die hell gestrichene Decke.
Der Messerwerfer schleuderte seine Waffe. Ich lag längst am Boden, die Klinge verfehlte mich, Marietta und ihr Mann waren hinter der Theke in Deckung gegangen, beide hörte ich schreien, dann wischten die ersten beiden Gangster aus dem Geschäft, bevor ich mich aufrappeln und die Verfolgung übernehmen konnte.
Sekunden später stand ich vor dem Laden, ohne sie zu entdecken. Sie mußten in einem der zahlreichen Häuser verschwunden sein. Ich hatte das Nachsehen.
Natürlich waren die Schüsse gehört worden. Menschen kamen herbei, manche schnell, andere zögernd. In den Gesichtern standen stumme Fragen. Ich scheuchte die Leute fort, ging in den Laden zurück und schloß die Tür.
Der Kerl mit dem Gewehr lag regungslos dicht hinter dem Eingang. Meine Kugel hatte ihn zweimal erwischt. Als Streifschuß an der Schulter und auch an der Wange, wo sie eine stark blutende Wunde hinterlassen hatte. Tot war er nicht.
Er atmete röchelnd, starrte mich an und sah, wie ich den Kopf schüttelte.
»So jung, Meister, und schon auf dem falschen Weg!«
»Fahr zur Hölle!«
»Das hatte ich nicht vor.« Ich winkte den Strelas zu. »Rufen Sie die Polizei an und einen Krankenwagen.«
»Si, si …«
Ich kümmerte mich um den Verletzten. Hinter der verschlossenen Tür drängten sich die Gaffer. Durch die Milchglasscheibe konnten sie kaum etwas erkennen.
»Keine Sorge, man wird Sie zusammenflicken, damit Sie uns einige Fragen beantworten können.«
Der Verletzte schaute mich starr an. »Nichts sage ich, nichts. Aber man wird mich rächen.«
Ich tupfte ihm Schweiß und Blut von der Stirn, damit nichts in die Augen rann. »Das habt ihr vor, ich weiß, nur seid ihr vom Pech verfolgt. Sich mit dem Yard anzulegen …«
»Wie?«
»Ich bin Yardbeamter.«
Er wollte es nicht glauben. Ich zeigte ihm meinen Ausweis, erst dann zuckten seine Lippen. »Aber auch das ist nicht schlimm. Ich bin … ich bin besser.«
»Ach so?«
»Ja, denn das hier bleibt nicht ungerächt, Bulle, das nicht. Ich habe mächtige Verbündete.«
»Costello?« Bewußt hatte ich den Namen des großen Londoner Mafiapaten angesprochen, denn er war derjenige, der das organisierte Verbrechen in den Händen hielt und die Fäden zog. Oft genug waren wir zusammengerasselt, denn Costello hatte auch mit schwarzmagischen Kräften paktiert, wobei er sich später hatte zurückziehen müssen, weil er eingesehen hatte, daß der Teufel stärker war als er und die Befehle erteilte. Außerdem wäre er an seinen Freunden, der Mordliga, damals fast zerbrochen.
»Wer ist das denn?«
»Dein großer Beschützer, der leider nicht zur Stelle war.«
Der Verletzte holte Luft und suchte nach Worten. »Wer oder was ist schon Costello?«
»Weiß ich genau. Er …«
»Nein, Bulle, nein.« Er kreischte plötzlich los. »Ich habe andere Beschützer.«
»Wie schön für dich. Und wen?«
»Das wirst du noch erleben, Bulle. Du wirst zittern, aber damit kommst du nicht durch.«
»Wovor?« In seinen Augen leuchtete etwas, über das ich mir meine Gedanken machte. Es war ein harter, wissender und gleichzeitig gefährlicher Glanz. Bei einem Verletzten hatte ich so etwas noch nicht gesehen. Hinter seinen Worten mußte mehr stecken. Sie waren bestimmt keine leere Drohung.
»Man wird mich rächen, Bulle. Ich habe Freunde, mächtige Freude. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Darf ich fragen, wie du heißt?«
»Ja, ich sage dir meinen Namen, den du dir sehr gut merken solltest. Ich bin Larry Prentiss.«
Beim Nachdenken schoben sich meine Augenbrauen zusammen. Mit Larry Prentiss konnte ich nichts anfangen. Diesen Namen hatte ich noch nie zuvor gehört.
»Denkst du jetzt nach, Bulle?« Er sprach jedes Wort sehr langsam und auch keuchend aus.
»Ja, das tue ich.«
»Und?«
Ich hob die Schultern. »Ich muß Ihnen ehrlich sagen, daß er mir fremd ist.«
»Stimmt.«
»Darf ich fragen …«
»Nein, du darfst nicht mehr, Bulle. Aber ich werde dir noch sagen, daß du dich in acht nehmen mußt. Es gibt Dinge, die wir beide nicht begreifen können, die zwischen der Realität liegen. Alles ist gefährlich, das Leben besonders. Doch noch gefährlicher ist es, die Mystik zu ignorieren. Ich weiß, wovon ich rede.«
»Ich nicht. Können Sie nicht konkreter werden?« Es wurde Zeit, denn von draußen hörte ich bereits die Sirenen. Auch das flackernde Licht huschte geisterhaft durch die Scheibe des Schaufensters. Der blaue Streifen sah aus, als wäre er von einer anderen Welt gekommen.
»Leben!« keuchte er plötzlich. »Flüssiges Leben und gleichzeitig totes, glaube ich …«
Ich saß da wie ein Eisklumpen. Der letzte Begriff hatte mich zu dem werden lassen.
Flüssiges Leben!
***
Prentiss sagte kein Wort mehr. Sein Blick war auf mein Gesicht gerichtet, auch dort regte sich nichts. Die Züge wirkten wie eingefroren, auf meinen Handflächen hatte sich der kalte Schweiß gebildet, in meinem Hirn überschlugen sich die Gedanken.
Brutal zerstörte jemand die ungewöhnliche Stille. Die Tür des Geschäfts flog auf, meine Kollegen und auch die Helfer aus dem Krankenwagen stürmten in den Laden.
Plötzlich waren sie der Mittelpunkt und natürlich der Verletzte, um den sich der Arzt kümmerte. Ich wurde ziemlich roh zur Seite gedrängt und schritt wie ein Schlafwandler dorthin, wo sich die Waren in den Regalen stapelten. Meine beiden Saftflaschen standen nach wie vor heil und unbeachtet.
Massimo Strela wollte mich ansprechen. Er hatte schon seinen Mund geöffnet, als ihn Marietta zurückzog. Sie hatte erkannt, daß ich allein bleiben wollte.
Flüssiges Leben!
Dieser Begriff wirbelte seit einiger Zeit durch meinen Kopf. Er bedeutete möglicherweise die Rettung für eine Person, die mir sehr ans Herz gewachsen war.
Nadine Berger, ehemals eine Wölfin mit der Seele eines Menschen, die dann gerettet wurde und in die Fänge des Vampirs Will Mallmann geriet. Angeblich gab es noch eine Rettung für sie. Wir hatten es auf ihrem persönlichen Palmblatt gelesen, das wir aus Indien, aus Bangalore, mitgebracht hatten. Leider war ein Teil des Palmblattes zerstört worden, doch etwas hatten wir noch lesen und in Erfahrung bringen können. Das Flüssige Leben!
Nach gemeinsamen Überlegungen mit meinen Freunden war ich davon ausgegangen, daß es sich dabei nur um Blut handeln konnte. Denn Blut war der Lebensträger für jede Kreatur, da gab es nicht einmal Ausnahmen, was einen Vampir anbetraf, denn auch sie ernährten sich vom Blut der Lebenden. Nadine Berger war zu einer Vampirin geworden. Ich fürchtete mich davor, daß sie Menschen biß und sie blutleer saugte. Deshalb mußten wir sie und Mallmann so rasch wie möglich finden, um noch etwas retten zu können.
Diese Rettung hatte mit dem Flüssigen Leben zu tun. Daß dieser angeschossene Gangster darüber Bescheid wußte, war für mich nicht faßbar. Da sah ich überhaupt keinen Hintergrund, aber ich würde auf jeden Fall mit ihm über das Thema sprechen.
Der Arzt und seine beiden Helfer hatten Vorrang. Sie transportierten den Verletzten auf einer Trage ab. Bevor sie ihn in den Krankenwagen schieben konnten, hatte ich das Geschäft ebenfalls verlassen und tippte dem Arzt auf die Schulter.
Der drehte sich um.
»Er wird überleben«, sagte der Weißkittel mit dem blassen Gesicht. »Das steht fest.«
»Darum geht es mir auch. Ich möchte nur von Ihnen wissen, wann ich mit ihm sprechen kann.«
»Sind Sie ein Verwandter?«
»Nein.« Ich zeigte ihm den Ausweis. »Ich habe auf ihn geschossen, bevor er mich töten konnte. Mordversuch an einen Polizeibeamten wird ihn einiges kosten.«
»Das ist mir egal. Für mich ist der Mann ein Patient wie jeder andere auch.«
»Ja, da haben Sie recht. Trotzdem möchte ich mich gern mit ihm unterhalten.«
»Rufen Sie mich morgen an.« Er drückte mir seine Visitenkarte zwischen die Finger. »Da weiß ich mehr. Schönen Tag noch.« Er ging und bestieg den Wagen.
Etwas sauer blieb ich zurück. Natürlich hatten die Kollegen Fragen an mich, bei deren Antworten ich auch nicht auswich. Sie zeigten sich nicht einmal überrascht, denn von einer Bande, die mit Schutzgeld-Erpressung Geschäftsleute einschüchterte, hatten sie gehört. Nur hatte bisher niemand gewagt, den Mund aufzumachen.
»Wer wird denn erpreßt?«
Der Kollege zog den Mantel enger. Es war in den letzten beiden Tagen kalt geworden. »Nur Geschäftsleute und auch nur italienische. Menschen, die ein Restaurant eröffnet haben oder einen Lebensmittelladen. Da sind sie wie Geier am Aas.«
»Wie stehen Ihre Chancen?«
»Nur gut, wenn die Leute reden.«
Er machte auf mich einen deprimierten Eindruck. Kein Wunder, wenn man alles gab und dabei auf kein Verständnis hoffen konnte. Die Mafia beschränkte sich bei ihren Aktivitäten leider nicht nur auf ihr Mutterland, sondern überschwemmte auch den Kontinent. »Ich hätte Ihnen gern geholfen, nur muß ich mich mit einem anderen Fall beschäftigen, der leider Vorrang hat.«
Er winkte ab. »Ich weiß, Kollege, was Sie machen. Wäre nicht mein Fall. Na ja, irgendwann könnte es ja sein, daß auch wir einen Erfolg erleben, was diese Gangster angeht.«
»Das hoffe und wünsche ich.«
Ich verabschiedete mich von den Strelas, die meinem Blick auswichen. Die Frau sagte schließlich: »Wir haben nicht gewußt, daß Sie von der Polizei sind.«
»Macht das denn einen großen Unterschied?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Sie sollten trotzdem über Ihren eigenen Schatten springen und aussagen«, schlug ich vor. »Einer muß den Anfang machen, glauben Sie mir. Wenn alle mitziehen, haben die Schutzgeld-Erpresser keine Chance.«
»Das sagt sich so leicht«, flüsterte die Frau.
»Denken Sie wenigstens darüber nach.«
»Versprochen.«
Ich reichte ihnen die Hand. Auf der Haut lag noch der Schweiß. Ob ich die beiden überzeugt hatte, wußte ich nicht. Ich hoffte aber, daß sie den Kreis aufbrechen würden.
Den Krankenbesuch verschob ich. Glenda würde bestimmt dafür Verständnis haben.
Statt dessen fuhr ich zurück in mein Büro. Von dort aus wollte ich meine Fäden ziehen …
***
Suko war noch da, nur Sir James, unseren Chef, traf ich nicht an. Der hockte in irgendeiner Konferenz, wo er sich bestimmt langweilen würde, denn die meisten Besprechungen brachten nichts.
Mein Freund wollte es kaum glauben, als ich ihm von meinem Glück berichtete. »Und du hast dich nicht verhört?« fragte er.
»Nein.«
»Das ist ein Hammer, das ist echt ein Hammer. Da rennt man herum wie ein Idiot, sucht, versucht Spuren zu finden, und plötzlich fällt einem alles in den Schoß.«
Ich wedelte mit der Hand. »Das weiß ich nicht, Suko. Ich würde es nicht unterschreiben, denn in den Schoß gefallen ist es mir nicht.«
»Wir haben diesen Prentiss.«
»Das ist auch alles.«
Er lachte mich an. »Und das Flüssige Leben, John? Du hast doch gehört, was …«
»Moment, Alter, Moment. So einfach ist es nicht. Ich habe nur davon gehört. Er hat mir leider nicht gesagt, wo wir es finden können. Uns bleibt nur die Hoffnung, der Fahnder.«
»Das klappt schon, keine Sorge.«
Wir waren beide froh, den Kollegen mit einem konkreten Detail dienen zu können. Wir hatten ihnen den Namen Larry Prentiss gesagt, und sie würden die Computer anheizen. Ich ging einfach davon aus, daß Prentiss kein unbeschriebenes Blatt war. In welch einem Zusammenhang er allerdings zu dem Flüssigen Leben stand, war mir unklar. Nach wie vor gingen wir davon aus, daß es sich dabei um Blut handelte, zu dem gerade Vampire eine besondere Beziehung besaßen.
Auch Suko war der Ansicht, fragte trotzdem nach. »Dann müssen wir also Blut suchen, nicht wahr?«
»Darauf könnte es hinauslaufen.«
»Und wo?« Er beugte sich über den Schreibtisch hinweg. »Bei unseren Freunden, der Mafia?«
Ich legte die Stirn in Falten. »Wie kommst du gerade darauf?«
»Wegen Prentiss. Er hat einer Schutzgelderpresser-Organisation angehört. Da steckt meistens die Mafia dahinter, und somit hängen wir wieder bei Costello fest.«
Ich gab ihm keine Antwort, blieb stumm und tickte nur das Ende eines Bleistiftes mehrmals und rhythmisch auf die Tischplatte, was Suko nicht gefiel, denn er legte seine Stirn in Falten.
»Was ist los?«
Mein Lächeln fiel breit aus. »Nichts ist los. Ich bin nur nicht davon überzeugt, daß die Mafia dahintersteckt.«
»Was spricht dagegen? Flüssiges Leben, und der Handel damit wäre doch mal etwas anderes.«
»Das mag schon sein, aber mir geht etwas anderes durch den Kopf.« Ich ließ den Bleistift los, er fiel auf die Tischplatte. »Es kann auch sein, daß dieser Prentiss das eine vom anderen getrennt hat. Daß er selbst noch so etwas wie ein Nebenjob hat. Oder liege ich da falsch?«
»Das ist nicht bewiesen.«
»Stimmt.« Ich räusperte mich. »Die Fahndung nach den anderen beiden Gangstern läuft. Wenn wir sie haben, dann werden wir möglicherweise erfahren, ob Costello das Flüssige Leben besitzt.«
Suko winkte unwirsch ab. »Ist mir alles zu weit hergeholt. Mir spukt eine ganz andere Idee durch den Kopf.«
»Raus damit!«
»Gentechnologie.«
Ich schluckte. Dieses Gebiet war brandheiß. Fluch und Segen konnte die Gentechnologie bringen, wobei ich eher dem Fluch zugeneigt war. Daß mir der Schweiß ausbrach, kam nicht von ungefähr.«
»Was sagst du?«
»Daran habe ich nicht gedacht.«
»Kann ich mir denken. Wäre aber für die Mafia ein neues Gebiet, auf dem es viel zu verdienen gibt.«
Mein Freund strich über seinen Nacken. »Wenn ich mir vorstelle, welches Unheil damit angerichtet werden kann, wird mir ganz anders. Gene und deren Manipulation durch die Mafia, das ist härter als hart, John.«
»Nur eine Vermutung.«
»Hoffentlich.«
Das Summen des Telefons unterbrach unsere Unterhaltung. Suko war schneller, meldete sich, lauschte und lächelte knapp. »Okay, Sie kommen dann hoch?«
»Ich schicke Ihnen die Unterlagen«, hörte ich über die Haussprechanlage mit.
»Bis gleich.« Suko legte auf, grinste breit. »Erfolgreich. Sie haben was über Prentiss.«
»Das habe ich mir gedacht.«
Die nächsten beiden Minuten vergingen, ohne daß wir über das Thema sprachen. Ich ging ins Vorzimmer und hatte die Tür kaum geöffnet, als der Kollege anklopfte. Er hielt einen Hefter und drückte ihn mir in die Hand.
Ich bedankte mich, verschwand in unserem Büro. Schon während des Gehens blätterte ich die Seiten in dem Hefter durch und warf einen ersten Blick auf die Seiten.
»Nun?«
Ich knallte den Hefter auf den Tisch. »Wahnsinn, Suko, das ist super, glaube ich.«
»Dann los!«
Wir lasen gemeinsam den ausgedruckten Text. Larry Prentiss gehörte zu den Londoner Unterwelt-Gewächsen. Über seine Eltern hatte man nichts in Erfahrung bringen können, dafür mehr über seine Vorstrafen, die schon in frühester Jugend begann, denn mit vierzehn hatte er zum erstenmal gesessen.
Diebstahl unter Anwendung von Gewalt. So ähnlich ging es dann weiter. Man hatte ihn noch zweimal festgenommen, ohne ihm allerdings etwas beweisen zu können. Er wurde stets freigesprochen.
Laut dieser Informationen rechnete man ihn zur Gruppe der sehr gewalttätigen Menschen. Das Wort Killer war auch ausgeschrieben worden, und man ging davon aus, daß er auch gewisse Aufträge annahm, um unliebsame Zeugen auszuschalten.
»Das war's wohl«, sagte Suko. »Keine Spur von unserem Flüssigen Leben.«
»Hast du damit gerechnet?«
»Irgendwo schon.« Er nahm mir die Akte aus der Hand und blätterte weiter. »Hier ist noch eine Seite.«
»Und?«
»Sie beschäftigt sich mit der Herkunft des Mannes. Larry Prentiss hat eine Schwester namens Jade, die nicht hier in London wohnt, sondern in Sussex.«
»Allein?«
»Zusammen mit ihrer Mutter.« Suko nickte vor sich hin. »Die haben die Familie hart durchleuchtet.«
»Mutter und Schwester«, murmelte ich. »Ob die Spur uns weiterhelfen kann, Suko?«
»Das weiß ich auch nicht.«
»Ist die genaue Adresse angegeben worden?«
»Leider nicht. Wenn du so fragst«, grinste er, »willst du sicherlich hinfahren.«
»Stimmt.«
Suko räusperte sich, sah nicht begeistert aus und hob die Schultern. »Ich kann mir kaum vorstellen, daß diese beiden Personen etwas von dem Flüssigen Leben wissen.«
»Ich auch nicht. Aber von wem sollte er es dann gewußt haben?«
»Das ist wahr.«
Der Inspektor schlug die schmale Akte zu. »Okay, John, ich bin dabei. Fahren wir hin.«
Ich schaute auf die Uhr. »Jetzt noch?«
»Aber immer.«
»Dann nehmen wir deinen BMW.«
»Nur wenn ich fahren darf.«
»Nichts dagegen!« rief ich.
***
Eigentlich hätten die folgenden Tage nach dem Fund für Jade Prentiss zu einem Alptraum werden müssen, das jedoch trat nicht ein. Sie hatte unwahrscheinlich an Sicherheit gewonnen. Nachts, wenn sie im Bett lag und nicht einschlafen konnte, weil sie »Besuch« von gewissen Stimmen bekam, da flüsterte man ihr ein, daß sie sich nie mehr zu fürchten brauchte, denn nun hielt sie das Flüssige Leben bei sich.
Der letzte Vergleich stimmte nicht. Sie trug es nicht immer bei sich, sondern hielt es versteckt. Das Haus besaß noch einen alten Keller, ein kleines Reich für sich, düster und modrig. Dort gab es zahlreiche Verstecke, die Jades Mutter nie besuchen würde, die für die junge Frau aber sehr wichtig waren. Und in einem der Verstecke hatte sie ihren unglaublichen Fund untergebracht.
Dann war die Leiche des Ernest Slaine gefunden worden. Spaziergänger hatten sie entdeckt und natürlich die Polizei alarmiert. In den nächsten beiden Tagen war die Ruhe dahin. Es wimmelte nur so von Polizisten, die Fragen stellten und natürlich wissen wollten, ob der Mörder gesehen worden war.
Alma Prentiss konnte ihnen nichts sagen, und ihre Tochter wollte nichts sagen.
Jade schaffte es sogar, sich zu verstellen. Sie spielte die Trauernde, denn sie hatte Ernest Slaine tatsächlich gekannt. In ihrem Innern aber lachte sie.
Schließlich waren die Polizisten wieder abgezogen. Sehr ratlos, denn mit einem Toten ohne Blut konnten sie nichts anfangen.
Jade und ihre Mutter hatten darüber gesprochen. Alma Prentiss wünschte, daß ihre Tochter nicht mehr allein in den Wald ging. Ihr sollte nicht das gleiche passieren wie dem Forstbeamten.
»Keine Sorge, ich bleibe. Mum.«
An das Versprechen hielt sich Jade auch, obwohl sie auch weiterhin mit der übrigen Welt in Kontakt stand, denn es gab noch den in London wohnenden Bruder Larry.
Der Kontakt zu ihm war nie abgerissen, obwohl Jade genau wußte, wie er sein Geld verdiente. Für sie spielte es keine Rolle, denn Larry war ihr Bruder.
Ihn hatte sie auch als einzigen eingeweiht. Er wußte von ihrem Fund und hatte es zunächst nicht glauben wollen. Nach dem dritten Anruf war er überzeugt worden, und sein Gehirn wollte er auf Hochtouren laufen lassen, denn so etwas durfte man nicht brach liegenlassen, wie er meinte. Er versprach dann, seine Schwester noch einmal anzurufen.
Darauf wartete sie voller Unruhe. Ihrer Mutter fiel es auf, und Jade wurde von ihr angesprochen. Sie hatte sich zwei Wochen Urlaub genommen, den Job in der Leihbücherei konnte eine Aushilfe machen. Zudem war ihr Chef noch da.
Beim Mittagessen, es gab Kartoffelbrei und Klopse, fast schon spießig, fragte Alma ihre Tochter direkt. »Was hast du, Jade? Was ist mit dir? Du hast dich in den letzten Tagen schrecklich verändert. Du bist nicht mehr wie früher.«
»Wirklich?«
»Ja.«
»Woher willst du das wissen, Mutter?« Jade hatte Mühe, ihrer Stimme einen normalen Klang zu geben.
»Das kann ich dir genau sagen, Kind. Du reagierst anders als sonst. Du bist zwar hier, doch gedanklich weit fort. Ich habe es genau gespürt, ich bin mir sicher.«
Mit der Gabel stocherte die junge Frau im Brei. Sie suchte blitzschnell nach einer Ausrede, wobei sie davon ausging, daß sie ihrer Mutter nichts vormachen konnte. »Im Prinzip hast du recht, Mum. Es ist etwas mit mir geschehen.«
Alma Prentiss atmete seufzend. »Kind, du weißt, daß ich alles dafür geben würde, mein Augenlicht zurückzubekommen. Das ist nicht mehr möglich. Meine anderen Sinne sind geschärft worden. Ich spüre genau, daß du Probleme hast, die für eine junge Frau ganz natürlich sind, wenn sie in der Einsamkeit wohnt.«